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Pettchem. Umschau 193:l. Heft A 115 wiirde dann also ein Isomeres der Linolensaure auf- treten, das sich in seinen Eigenschaften der C 4 laostea- '. rimlure nahert, die ja auch bei normaler Jodzahl- bestimmung nur zwei ihrer Doppelbindungen erken- nen laDt und keine Hexabromidzahl gibt. Man miiBte wohl auch einen hoheren Schmelzpunkt dieser Saure crwarten, sowie einen hohen Breehungsexponenten. DaE eine holier schmelzende Fettsaure im V2-Gebiet erscheint, glauben wir schon jetzt mit einiger Sicher- heit sagen zu konnen. Wahrend die Fettsauren des Leinols namlich bei Zimmertemperatur trotz der aus- kristallisierten gesattigten Fettsauren noch relativ leicht flieEen, erstarren die Fettsauren der V2-Oele zu einem Kristallbrei, der bei Zimmertemperatur nicht mehr fliellt. Erst bei weiterem Steigen der Viscositat nimmt die Menge der kristallisierenden Sauren wieder ersichtlich ab. Diese Erscheinung ist bei verschiedenen Versuchen bestatigt worden. Wir sind augenblicklich clamit beschaftigt, die beim Erhitzen neu entstandene Fettsaure zu isolieren. Abbt 2. - Jodzahl --- Viscositiit in Centipoisen Die Vorgange bei der Standolbildung stellen sich jedenfalls jetzt etwas anders dar, als es bisher den Anschein hatte. Wir hatten friiher einmal gezeigt, daS zunachst die Jodzahl stark abnimmt, wahrend die Viscositat anfangs langsam ansteigt; dann erst erfolgt eine starke Steigerung der Viscositat bei nunmehr nur noch wenig sinkender Jodzahl. Dies wurde auch von anderen Autoren mehrmals bestatigt. Abb. 2 zeigt, daI3 das auch hier der Fall ist, wenn man das enge V?-Gebiet iiberspringt. Tatsachlich ver- lauft der Vorgang aher so, daE zuerst eine srhnellere Senkung der Jodzahl um etwa 10 Einheiten statt- findet, darauf die J d z a h l bis zum volligen Verschwin- den der Hexabromidzahl langsam sinkt, um nun zu- ngchst wieder bei noch immer ma@ steigender Vis- cositat schnell zu fallen. Dann erst erfolgt der schnelle Viscositatsanstieg bei wenig fallender Jodzahl. Man kann also vorlaufig wolil annehmen, daE die Standolbildung in zwei vollig getrennten Abschnitten vor sich geht (wie dies auch schon friiher von einigen Autoren angenommen wurde): Im ersten Teile (dem auch durch die Viscositatsverhaltnisse und den Abfall des kritischen Oelgehaltes gekennzeichneten ,,VZ-Ge- biet" 4, findet eine Veranderung der Linolensaure statt (Polymerisationf - Stereoisomerisation? - Wande- rung der Doppelbindungen?). Dann beginnt erst die eigentliche Standolbildung, bei der es nun aufier- ordentlich zahlreiche MSglichkeiten gibt, da weitere Veranderungen der neu gebildeten ,,VZ - S a u r errein- treten konnen und die Linolsaure, schliefllich auch die Oelsaure in die Veranderung einbezogen werden kann, ganz abgeselien von den vielleicht erfolgenden Umesterungen. Z us am m en fa s s u ng. Eswird gezeigt,daPrlie E r h i t z u n g uon Lein- 6 1 zzinachst zu Oelen der etwn doppelten Viscositat fiihrt, bei denen der k r i t i s c h e O e l g e h n l t der rnit ihnen nngeriebenen Oelfnrben niedriger liegt nls bei den entsprechenden Leindfnrben. Die k r i t is c' h e V i s c o s i t i i t ist dnbei ebenso wie bei den Leinol- tnrben abhangig %tom Expojienten zinsercr Viscositats- qleichzing. Dnnn erst erfolgt die eigentliche S t a n d - b. 1 b i 1 d zi n g , die sich dndiirch chnrnkterisieren laBt, daO die kritische Viscositat nicht nzehr ?ion n abhangt, sondern nzir noch von der Oelviscositat. Chemisch charakterisiert sich das Antnngsgebiet dzirch schnelle Abnnhme der Hexnbrornidznhl ztnd eine Abnnhme der Jodznhl, die dent Verschwinden orler der Innktivie- rung einer Doppelbindiing der Linolensaure ent- sprechen wiirde. Dnbei entsteht offenbnr eine deR- rsierte, hbher schmelzende Fettsazire. Die chemischen Veranderungen stehen in Einklang mit zinserer Hypo- fhme vom Wesen des kritischen Oelgehaltes uls eineT bestimmten Anordnzing der von Oelhiillen zimgebenen Pigmentteilchen (Beriihrmg der Oelhiillen bei kubi- scher Packzing de-r isodispers zind kugelig gedachten Teilchen), wobei die Erniedrigung des ,,kritischen Punktes" der Innlotivierung von Doppel bindzcngen entspricht, wuhrend bei der Erhohzing im eigentlichen Standolgebiet del' EinflitB der illolekiil- oder Aggregat- vetgrolerung iiberwiegt. 4, Wir machen darauf aufmerksam, daR die Verwen- dung dieser ,,V,-Oele" fur Anstrichzwecke zum Patent angemeldet ist. Ueber die VerBndernngen des Leinols beim Erhifzen. 11. Von H. Wolff und J. Rabinowicz, Berlin. (Eingegangen am 22.5.33.) In der vorhergehenden Mitteilung konnten wir zei- Verminderung der Hexabromide entsprieht. Voraus- gen, daI3 zu Beginn der Verdickung beim Erhitzen von setzung war die Annahme, dal3 beide Kennzahlen Leino1 auf 290° sich ein chemischer ProzeE abspielt, durch Inaktivierung einer Doppelbindung der Lino- bei dem die Hexabromidzahl bis auf 0 sinkt und die lensaure verandert werden. tJodzahl urn einen Betrag verringert wird, der dieser Unsere weiteren Vntersuchungen zeigen jedoch, daB

Ueber die Veränderungen des Leinöls beim Erhitzen. II

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Page 1: Ueber die Veränderungen des Leinöls beim Erhitzen. II

Pettchem. Umschau 193:l. Heft A 115

wiirde dann also ein Isomeres der Linolensaure auf- treten, das sich in seinen Eigenschaften der C 4 laostea- '. r imlure nahert, die ja auch bei normaler Jodzahl- bestimmung nur zwei ihrer Doppelbindungen erken- nen laDt und keine Hexabromidzahl gibt. Man miiBte wohl auch einen hoheren Schmelzpunkt dieser Saure crwarten, sowie einen hohen Breehungsexponenten.

DaE eine holier schmelzende Fettsaure im V2-Gebiet erscheint, glauben wir schon jetzt mit einiger Sicher- heit sagen zu konnen. Wahrend die Fettsauren des Leinols namlich bei Zimmertemperatur trotz der aus- kristallisierten gesattigten Fettsauren noch relativ leicht flieEen, erstarren die Fettsauren der V2-Oele zu einem Kristallbrei, der bei Zimmertemperatur nicht mehr fliellt. Erst bei weiterem Steigen der Viscositat nimmt die Menge der kristallisierenden Sauren wieder ersichtlich ab. Diese Erscheinung ist bei verschiedenen Versuchen bestatigt worden. Wir sind augenblicklich clamit beschaftigt, die beim Erhitzen neu entstandene Fettsaure zu isolieren.

Abbt 2.

- Jodzahl - - - Viscositiit in Centipoisen

Die V o r g a n g e bei d e r S t a n d o l b i l d u n g stellen sich jedenfalls jetzt etwas anders dar, als es bisher den Anschein hatte. Wir hatten friiher einmal gezeigt, daS zunachst die Jodzahl stark abnimmt, wahrend die Viscositat anfangs langsam ansteigt; dann erst erfolgt eine starke Steigerung der Viscositat bei nunmehr nur noch wenig sinkender Jodzahl. Dies wurde auch von anderen Autoren mehrmals bestatigt. A b b . 2 zeigt, daI3 das auch hier der Fall ist, wenn

man das enge V?-Gebiet iiberspringt. Tatsachlich ver- lauft der Vorgang aher so, daE zuerst eine srhnellere Senkung der Jodzahl um etwa 10 Einheiten statt- findet, darauf die J d z a h l bis zum volligen Verschwin- den der Hexabromidzahl langsam sinkt, um nun zu- ngchst wieder bei noch immer ma@ steigender Vis- cositat schnell zu fallen. Dann erst erfolgt der schnelle Viscositatsanstieg bei wenig fallender Jodzahl.

Man kann also vorlaufig wolil annehmen, daE die Standolbildung in zwei vollig getrennten Abschnitten vor sich geht (wie dies auch schon friiher von einigen Autoren angenommen wurde): Im ersten Teile (dem auch durch die Viscositatsverhaltnisse und den Abfall des kritischen Oelgehaltes gekennzeichneten ,,VZ-Ge- biet" 4, findet eine Veranderung der Linolensaure statt (Polymerisationf - Stereoisomerisation? - Wande- rung der Doppelbindungen?). Dann beginnt erst die eigentliche Standolbildung, bei der es nun aufier- ordentlich zahlreiche MSglichkeiten gibt, da weitere Veranderungen der neu gebildeten ,,VZ - S a u r err ein- treten konnen und die Linolsaure, schliefllich auch die Oelsaure in die Veranderung einbezogen werden kann, ganz abgeselien von den vielleicht erfolgenden Umesterungen.

Z u s a m m e n f a s s u ng. Eswird gezeigt,daPrlie E r h i t z u n g u o n L e i n -

6 1 zzinachst zu Oelen der etwn doppelten Viscositat fiihrt, bei denen der k r i t i s c h e O e l g e h n l t der rnit ihnen nngeriebenen Oelfnrben niedriger liegt nls bei den entsprechenden Leindfnrben. Die k r i t i s c' h e V i s c o s i t i i t ist dnbei ebenso wie bei den Leinol- tnrben abhangig %tom Expojienten zinsercr Viscositats- qleichzing. Dnnn erst erfolgt die eigentliche S t a n d - b. 1 b i 1 d zi n g , die sich dndiirch chnrnkterisieren l a B t , daO die kritische Viscositat nicht nzehr ?ion n abhangt, sondern nzir noch von der Oelviscositat. Chemisch charakterisiert sich das Antnngsgebiet dzirch schnelle Abnnhme der Hexnbrornidznhl ztnd eine Abnnhme der Jodznhl, die dent Verschwinden orler der Innktivie- rung einer Doppelbindiing der Linolensaure ent- sprechen wiirde. Dnbei entsteht offenbnr eine deR- rsierte, hbher schmelzende Fettsazire. Die chemischen Veranderungen stehen in Einklang mit zinserer Hypo- fhme vom Wesen des kritischen Oelgehaltes uls eineT bestimmten Anordnzing der von Oelhiillen zimgebenen Pigmentteilchen (Beriihrmg der Oelhiillen bei kubi- scher Packzing de-r isodispers zind kugelig gedachten Teilchen), wobei die Erniedrigung des ,,kritischen Punktes" der Innlotivierung von Doppel bindzcngen entspricht, wuhrend bei der Erhohzing im eigentlichen Standolgebiet del' EinflitB der illolekiil- oder Aggregat- vetgrolerung iiberwiegt.

4, Wir machen darauf aufmerksam, daR die Verwen- dung dieser ,,V,-Oele" fur Anstrichzwecke zum Patent angemeldet ist.

Ueber die VerBndernngen des Leinols beim Erhifzen. 11.

Von H. Wolff und J. Rabinowicz, Berlin. (Eingegangen am 22.5.33.)

In der vorhergehenden Mitteilung konnten wir zei- Verminderung der Hexabromide entsprieht. Voraus- gen, daI3 zu Beginn der Verdickung beim Erhitzen von setzung war die Annahme, dal3 beide Kennzahlen Leino1 auf 290° sich ein chemischer ProzeE abspielt, durch Inaktivierung einer Doppelbindung der Lino- bei dem die Hexabromidzahl bis auf 0 sinkt und die lensaure verandert werden. tJodzahl urn einen Betrag verringert wird, der dieser Unsere weiteren Vntersuchungen zeigen jedoch, daB

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116 Fettchem. Umschau 1933, HeFt 6

diese Voraussetzung nicht zutrifft. Wir haben be- obachtet, daS die Fettsauren aus einem auf die dop- pelte Viscositat gebrachten Leinol bei Zimmertempe- ratur eine reichlichere Kristallisation geben als die Leinolfettsauren. Wir gingen zunachst so vor, daS wir die Fettsauren ein wenig mit etwa 7Oproz. Alkohol verdiinnten und die ausgeschiedenen Sauren abfil- trierten. Diese hatten nach dem Umkristallisieren den Schmelzpunkt und den Brechungsindex nahezu reiner Stearinsaure.

Aus den Mutterlaugen der isolierten Stearinsaure versuchten wir nun durch fraktionierte Fallung mit Magnesiumacetat die anscheinend neu gebildete feste Fettsaure zu fallen. Wir erhielten jedoch keine Fal- lung. Bei dem Versuch, aus der Magnesiumsalz ent- haltenden Losung die festen Fettsauren wiederzu- gewinnen, verharzten sie, so da6 dieser Versuch nur 31s eine Bestatigung des Korhandenseins einer festen ungesattigten Fettsaure gewertet werden konnte.

Wir hatten nun beobachtet, daS die vermehrte Kri- stallisation sich erst nach einiger Zeit bemerkbar macht, wahrend sich die gesattigten Fettsauren sehr schnell ausscheiden. Darauf griindeten wir nun fol- gende Isolierungsmethode der neuen Fettsaure:

Die gerade bis zum Schmelzen erwarmten Fettsauren wurden schnell auf Zimmertemperatur abgekuhlt und nach der sofort erfolgenden Ausscheidung fester Sau- ren auf einer Nutsche abgesaugt. Die ausgeschiedenen Sauren hatten ohne weitere Reinigung einen Brech- ungsindex n: = 1,431. Dieser liegt dem der Stearin- siiure so nahe (1,427), daB dieser Fettsaurefraktion nur verh5ltnismaBig kleine Mengen anderer Sauren bei- geinengt sein konnen. Da die Ausbeute rund 10% be- trug (eine Menge, die dem normalen Gehalt an gesattig- ten Fettsiiuren in Leinol gerade entspricht), kann also i m Filtrat Stearinsaure hochstens noch i n Spuren ent- halten sein.

Das Filtrat wurde nun auf 50 abgekiihlt, und bei an- nahernd der gleichen Temperatur wurden die ausgefal- lenen Sauren abgesaugt. Deren Menge betrug rund 8%. Da jede zur volligen Reindarstellung iibliche Reaktion wie Bromierung oder Esterifizierung zu einer Umlage- rung fiihren kann, verzichteten wir auf eine weitere Reinigung und benutzten fur die anschIieRenden Unter- suchungen die ausgefallene Saure unmittelbar.

Der Schmelzpunkt war 430. Um festzustellen, ob etwa ein Polymerisationsprodukt

der Linolensaure vorliegt, wurde das Molekulargewicht nach R a s t bestimmt. Die Konzentration betrug 3,6%. Die Schmelzpunktsdepression ergab ein Molekular- gewicht von rund 260. Es liegt also kein Dimeres vor. Eine gleichzeitig untersuchte Stearinsaure ergab ein bis auf wenige Einheiten gleiches Molekulargewicht.

Die Zahl der Doppelbindungen wurde nach der von R o R m a n n 1) modifizierten B e c k e r schen Brom- dampf-Additionsmethode bestimmt. Unter Annahme eines Molekulargewichtes von 280 ergaben sich bei drei Bestimmungen 1,75 bis 1,95 Doppelbindungen. Es liegt also zweifellos ein Isomeres der Linolsaure und nicht der Linolensaure vor.

Die Bestimmung der Jodzahl nach W i j s ergab je- doch einen Wert von 109, also einen Wert, der nur wenig uber dem fur eine Doppelbindung zutreffenden liegt. Eine der Doppelbindungen ist also inaktiviert. (Bei langerer Einwirkung und grol3erer Jodkonzen- tration ergaben sich demgemiiB auch hohere Jodzahlen).

Als Ursache der Inaktivierung durfte eine' Wande- rung der Doppelbindungen in konjugierte Stellung in Frage kommen, wie sie S c h e i b e r angenommen hat. Es ware aber auch denkbar, daR die Inaktivierung auf eine besondere sterische Anordnung zuriickzufiihren ist. Einen gewissen Hinweis konnte die Molekularrefraktion geben. Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes und der Refraktion bei 600 ergab:

ddp = 0,875

nt = 1,4550

Die Molekularref raktion berechnet sicli daraus zu 87,O. Der gefundene Wert weicht so wenig von dem be- rechneten (86,3) ab, daB eine Exaltation unwahrschein- lich ist. Da aber die Konjugation nicht unbedingt niit einer Exaltation verbunden ist, ist eine Entscheidung hierdurch nicht zu treffen.

Nach diesen Versuchen, die weiter auszudehnen wir uns zur Zeit leider versagen miissen, durfte folgendes als festgestellt angesehen werden konnen:

Bei der Erhitzung von Leinol tritt unter Erhohung der Viscositat auf das Doppelte ein hochschmelzendes Isomeres der Linolsaure auf, bei dem eine Doppelbin- dung inaktiviert ist. Die Linolensaure wird in dieser Phase nur so weit verandert, daS die Bromadditions- produkte in Aether liislich werden. Eine Inaktivierung der Doppelbindungen diirfte dabei kaum eintreten. Der in der vorhergehende? Mitteilung hervorgehobene Zusammenhang zwischen Jodzahl- und Hexabromid- schwund ist nur zufallig. Er besteht, wie ein Stich- versuch ergab, ubrigens schon nicht mehr in dem gleichen MaBe, wenn bei einer anderen Temperatur gearbeitet wird. DaS die Inaktivierung der einen Dop- pelbindung bei der isolierten Saure erst wahrend der Gewinnung, etwa durch EinfluS der Salzsiiure beim Ausscheiden der Saure aus der Seifenlijsung, erfolgt, ist zwar denkbar, jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Die Veranderung der Linolensaure in dem Anfangs- gebiet hat aber zur Folge, daS bei weiterem Erhitzen nun die Jodzahl schnell abfallt (s. A b b. 1 der vorigen Mitteilung).

Man darf bis auf weiteres daher wohl annehmen, daS zuerst die Linolensaure und die Linolsaure iso- merisiert; werden, die erstere so, daB die Bromide atherloslich werden, jedoch alle Doppelbindungen noch in normaler Weise gegen Jod reagieren. Die Linolsaure wird in ein hochschmelzendes Isomeres iibergefiihrt, bei dem eine der Doppelbindungen nicht mehr normal reagiert. Bei der zweiten Phase wird die Linolensaure dann weiter unter starkem Abfall der Jodzahl verandert, und schlieSlich erfolgt in einer dritten Phase der schnelle Viscositatsanstieg bei nur noch geringer Aenderung der Jodzahl. I n der zweiten und dritten Phase des Prozesses treten auch Neben- reaktionen ein, die zur Abspaltung freier Sauren fiih- ren. In der ersten Phase tritt eine solche Spaltung jedoch bei vorsichtigem Erhitzen nicht ein.

Wenn auch das Problem der Standolbildung durch unsere Versuche keineswegs geklart werden konnte, scheinen diese uns aus zwei Griinden doch nicht ohne Interesse. Erstens zeigen unsere Versuche, daS es moglich ist, durch unmittelbare praparative Bearbei- tung die primaren Reaktionsprodukte zu fassen, ein Weg, der vielleicht zu sichereren Ergebnissen fiihren konnte als der indirekter Schliisse auf Grund noch so geistvoller Theorien. Zweitens wird die Bedeutung der Linolsaure klargestellt, die bisher ein wenig hinter der Linolensaure zuruckstand.

Es sol1 schlieSlich ohne weitere SchluSfolgerungen noch darauf hingewiesen werden, daB B 0 e s e k e n 2,

durch Hydrierung der Elaostearinsaure eine doppelt ungesattigte Fettsaure erhielt, deren Brechungsindex dem der unseren sehr nahe liegt und die gleichfalls eine nur wenig hohere Jodzahl gab, als der Oelsaure entspricht. Der Schmelzpunkt dieser Saure lag aller- dings nach Reinigung durch Destillation noch etwa loo tiefer als der unserer Saure. Leider teilt B o e s e -

1) E. R o B m a n n , Ber. dtsch. chem. Ges. 65, 1847 (1N2).

2, J. R o e s e k e n , J. v a n K r i m p e n und P. L. B 1 a 11 k e n, Chem. Zbl. 1930, I, 2233.

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Fettchcm. Umschau 1933, Heft 6 117

k e n das spezifische Gewicht nicht mit, so da% die Molekularrefraktion nicht berechnet werden kann, die vielleicht e inen Hinweis auf Ident i ta t oder Verschie denhei t e r laubt hatte. S c h e i b e r s Hypothese von der W a n d e r u n g der Doppelbindungen in Konjugation bleibt also noch als moglich bestehen, es sei denn, da% man aus theoretischen Grunden d ie Wanderung in die Konjugation f u r unwahrscheinlicher halt als das Gegenteil. F u r beides Iassen sich Grunde anfuhren.

Eine Diskussion daruber erscheint u n s aber nicht am Platze, da sie nicht der Tendenz dieser Untersuchung entspricht: die Moglichkeit aufzuzeigen, das Problem d e r Standolbildung i n anderer Weise a l s bisher zu be- arbeiten. Die Beziehungen dieses Problems zu techno- logischen Fragen gehen j a d a r a u s hervor, da% wir zu diesen Untersuchungen gleichsam zwangslaufig ge- fuhrt wurden d u r c h unsere Untersuchungen uber den kritischen OeIbedarf d e r Oel- und Standolfarben.

Zar Xenntnis der Eliiostearinsanren. 11. Polymerisation bei den EllostearinsHnren.

Von Ernst RoBmann. (AUS der Versuchranstatt fiir Maltcchnik an der Technischm Hochschrrle Mhdben.)

(Eingegangen am 30. 3. 33.)

(Fortsettung rind Schtuj con S. 96-102, Heft 5.)

11. HeiSpolymerisationen. Die von C l o e z z e ) und J e a n " ) fur Oxydation ge-

haltene Hitzeumwandlung des chinesischen Holzols wurde schon von F a h r i o n ' 8 ) als Polymerisation ge- deutet. Reiche Bestatigung dieser Ansicht erwuchs durch die Arbeiten anderer Forscher29). Die stets ge- fundenen erhohten Molekulargewichte des verdickten IIolzols oder der Sauren daraus beweisen, daB wenig- stens ein Teil des Holzols zum bimolekularen Glycerid wird, wenn auch nach W o l f fm) noch andere Fak- toren bei der Verdickung mitwirken.

Vereinfachung der Untersuchung der Holzolpolymeri- sation wurde angestrebt durch S c h a p r i n g e r at), B a u e r und H u g e 1 3 z ) u. a., d ie d ie freien Eliio- stearinsauren erhitzten und priiften, dann durch N a g e 1 und G r u B w ) , B a u e r und H e r b e r t s s a ) , M a z u m e und S a g a o 35) u. a., welche die reinen Elaostearin- saure-Methyl- und Aethyl-Ester heranzogen. Alle For- scher haben erhohte bfolekulargewichte bis zum doppel- ten Molekul gefunden. Nur von B a u e r und H u g e l sind bedeutend hohere Molekulargewichte angegeben worden.

28) C. R. hebd. Seances Acad. Sci. 83, 945 (1876). 27) Chemiker-Ztg. 22, 183 (1898). 28) Z. ang. Chem. 6, 172 (1892). 29) J e n k i n s : Z. ang. Chem. 11, 566 (1898). - K i t t :

Chemiker-Ztg. 23, 38 (1899). - K r o n s t c i n : 2. ang. Chem. 14, 1023 (1901); Ber. dtsch. chem. Ges. 35, 4150 (1902). - N o r m a n n : Chemiker-Ztg. 31, 188 (1907). - U b b e l o h d e und von S c h a p r i n g e r : ,,Handhuch der Oele und Fette" von U b b e l o h d e , G o l d s c h m i d t iind H a r t m s n n , Bd. IV, S. 85 (1926). - M o r r e l l : .J. Soc. chem. Ind., Chem. QL Ind. 34, 140 (1915); 37, 181 (1918); 43, 362 (1924). - S c h u m a n n : Ind. Engng. Chem. 8, 5 (1916). - K r u m b h a a r : Chemiker-Ztg. 40, 937 (1916). - S e a t o n und S a w y e r : Tnd. -Engng. Chem. 8, 490 (1917); Chem. Umschau Fette 1918, 65. - M a r c u s s o n : Z. ang. Chem. 33, 231 (1920); 35, 543 (1922); 38, 148 (1925); 39, 476 (1926). - S c h e i b e r und N o u v e l : Diss. Leipzig 1921. - E i b n e r : Chem. Um- schau Fette 1926, 381. - F o n r o b e r t und P a l l a u f : Ebenda 1926, 42; 1927, 5. - R h o d e s und W e l z : Ind. Engng. Chem. 19, 68 (1927); Chem. Umschau Fette 1927, 152. - M a z u ni e und N a g a o : J. SOC. &em. Ind. Japan [Suppl.] 1928, 114 B; Chem. Umschau Fette 1928, 278.

30) Fnrben-Ztg. 18, 1172 (1912/13); 30, 1263 (1924/?51; Chem. Umschau Fette 1924,98; 1926, 70.

31) Dim. Karlsruhe 1912. 32) Chern. Umschau Fette 1925, 14. 33) Wissenschaftliche Veroffentlichungen des Sierneus-

34) Chem. Umschau Fette 1922, 231. 3 9 Siehe Note 29, 31 a z u m e und N a g a 0.

Konzerns 1925,II, 281; Z. ang. Chem. 39, 13 (1926,.

Zu Beginn der folgenden Untersuchungen waren also weder die maximale Grenze der Elaostearinsaure-Poly- merisationen noch ihre Spielarten oder deren chemische Formulierung genau bekannt; auch die erstmalig von K r o n s t e i n 38) beschriebene und a19 Depolymerisation bezeichnete Wiederverfliissigung von Eolzolgallerte war noch umstrittenj').

C J c 1 o - b i -E 1 ii o s t e a r i n 8 a u r e (C8,,H6,,0,). Zunachst wurden die hohen, von B a u e r und

H u g e 1 38) angegebenen Molekulargewichte der poly- meren Elaostearinsiiuren zu .reproduzieren versucht, da sie in der Li teratur gesondert dastehen. B a u e r , H e r - b e r t s und H u g e 1 haben, nach langer Erhitzung von a- und 8-Elaostearinsaure i m Kohlensaurestrom auf 200°, bei a-Elaostearinsaure das Molekulargewicht 996 bzw. 486, bei der 8-Saure 4610 bzw. 2256 erhalten. Sie konnten erstere zu Stearinsaure hydrieren, letztere nicht. Dabei sind Anhydridbildungen von B a u e r nachgewiesen worden. Diese und moglicherweise doch nicht ganz unterdruckte Autoxydationen konnten vielleicht mole- kiilvergroflernd gewirkt haben.

Um daher Nebenreaktionen durch die Carboxylgruppe zu erkennen, wurden neben den reinen Sauren auch die Methylester miteinbezogen. Zur Ausschaltung aller wei- teren Nebenreaktionen wurden samtliche Proben Im Vacuum eingeschmolzen. Nach einer Erhitzungsdauer von 38 Stunden bei 2200 waren aus den Estern gelbe, diinnfliisige, aus den Sauren rotgelbe, dicke Oele ent- standen. Bei den Sauren zeigte sich an der Glaswand des Einschmelzrohres ein Wasserbeschlag, der durch ge- ringfiigige Anhydridbildung entstanden war. Zersetzun- gen waren nicht eingetreten, da in keinem Falle Ueber- druck zu beobachten war. AlIe Produkte waren nach dem Verseifen frei von kristallisierten Anteilen; unver- anderte Elaostearinsaure w a r also nicht mehr vorhan- den. Die nahere chemische Charakterisierung ist in T a b e l l e 3 zu finded.

Wie man sieht, ist das Molekulargewicht der Ester nur b is zur doppelten I-Iohe angestiegen, das der an- hydridhaltigen Siiuren geringfugig weiter erhoht wor- den. Der von B a u e r und IT e r b e r t s bei polymerer a-Elaostearinsaure in Campher gefundene tiefere Mole- kulargewichtswert ist davon nicht sehr verschieden. Der Ansicht B a u e r s , daB die i n Campher gefundenen, halb so hohen Molekulargewichte durch Depolymerisation entstanden seien, kann nicht beigepflichtet werden, da

$8) Ber. dtsch. chem. Ges. 49, 722 (1916). 37) ,,Handbuch der Oele und Fette" von U b b e 1 o h d e -

G o l d s c h m i d t - H a r t n a n n : Bd. IV, S. 112 (19"ii); S e e l i g m a n n - Z i e c k e : Handbuch der Lack- und Fir- nisindustrie, 4. Aufl. (1930), S. 382.

38) Siehe Note 32.