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450 Berthelot: Zuckernrtige Substanzen 3) die Holzfaser kann ein zweites losliches Produkt bilden, dieses hat B r a c o n n o t Gummi genannt, spater wurde es a19 Dextrin bezeichnet, es hat aber ein. vie1 kleineres Dre- hungsvermogen, weshalb ich es Holzdextrin nenne ; 4) diese loslichen Produkte wandeln sich durch Einwirkung von verdiinnter Schwefelsaure und Warme in Zucker urn. Die Holzfaser giebt also eine mit den Produkten der Starlte parallele Reihe von Produkten. Jedoch ist dabei hauptsachlich zu bemerken, dass das Rotationsvermogen der loslichen Starke als das grdsste be- kannt ist, wahrend das deF loslichen Holzfaser Ndl ist. Die losliche Holzfaser, welche an sich optisch inactiv ist, wird aber durch Umbildung in Dextrin und Zucker activ und nach rechts drehend. Die Inactivitlt scheint auch der unloslichen Holzfaser eigen zu sein, drt eine Auflosung von Bauinwolle in rauchender SalzsBure, aus der die unlosliche Faser durch Wasser in gelatirioser Form ausgeschieden wird, die Polarisationsebene nicht dreht. LXVII. Ueber die Verbindungen der zuckerartigen Substanzen mit Sauren. Von Berthelot. [Compl. renp. t. XLII, 1856. (No. 23) p. 1111.) (Fortsetzung yon Bd. LXVII, p. 235 dies. Journ.) Aus den Versuchen welche ich friiher uber das Gly- cerin *) veroffentlicht hnbe, geht hervor, dass zwischen diesem und den zuckernrtigen Stoffen eine gewisse Aehn- lichkeit stattfindet ; beide sind neutral, suss, sehr loslich *) Dies. Journ. LX, 193, LXII, 133 u. 451.

Ueber die Verbindungen der zuckerartigen Substanzen mit Säuren

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Page 1: Ueber die Verbindungen der zuckerartigen Substanzen mit Säuren

450 Berthelot : Z u c k e r n r t i g e Subs tanzen

3) die Holzfaser kann ein zweites losliches Produkt bilden, dieses hat B r a c o n n o t Gummi genannt, spater wurde es a19 Dextrin bezeichnet, es hat aber ein. vie1 kleineres Dre- hungsvermogen, weshalb ich es Holzdextrin nenne ; 4) diese loslichen Produkte wandeln sich durch Einwirkung von verdiinnter Schwefelsaure und Warme in Zucker urn. Die Holzfaser giebt also eine mit den Produkten der Starlte parallele Reihe von Produkten.

Jedoch ist dabei hauptsachlich zu bemerken, dass das Rotationsvermogen der loslichen Starke als das grdsste be- kannt ist, wahrend das deF loslichen Holzfaser N d l ist. Die losliche Holzfaser, welche an sich optisch inactiv ist, wird aber durch Umbildung in Dextrin und Zucker activ und nach rechts drehend. Die Inactivitlt scheint auch der unloslichen Holzfaser eigen zu sein, drt eine Auflosung von Bauinwolle in rauchender SalzsBure, aus der die unlosliche Faser durch Wasser in gelatirioser Form ausgeschieden wird, die Polarisationsebene nicht dreht.

LXVII. Ueber die Verbindungen der zuckerartigen

Substanzen mit Sauren. Von

Berthelot.

[Compl. renp. t. XLII, 1856. (No. 23) p. 1111.)

(Fortsetzung yon Bd. LXVII, p. 235 dies. Journ.)

Aus den Versuchen welche ich friiher uber das Gly- cerin *) veroffentlicht hnbe, geht hervor, dass zwischen diesem und den zuckernrtigen Stoffen eine gewisse Aehn- lichkeit stattfindet ; beide sind neutral, suss, sehr loslich

*) Dies. Journ. LX, 193, LXII, 133 u. 451.

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in Wasser und werden durch Warme, Alkalien oder Sal- petersaure auf eine ahnliche Weise zersetzt. Sie enthalten den Kohlenstoff in einem Multiplum \-on 6, ungefjhr die HBlfte ihres Gewichts an Sauerstoff und bald soviel Wasser- stoff als zur Wasserbildung nothwendig ist, bald etwas mehr als ihre Sauerstoffmenge erfordert. Alle zuckerarti- gen KBrper bilden mit starken Basen bestiminte Verbin- dungen, sie geben mit SIuren den Fetten analoge neutrale Verbindungen, welche irn Allgemeinen 1 Aeq. Siiure auf jedes Doppelatom des in den Korpern enthaltenen Kohlen- stoffs enthalten.

Hiernach scheinen mir die zuckerartigen Stoffe,, ihre Derivate und die neutralen Kiirper des Pflanzenreichs an die sie sich anschliessen eine naturliche Gruppe che- mischer Verbindungen zu bilden, Hhnlich der Gruppe cler Derivnte des Kohlenwasserstoffs und der Alkohole.

Die Zuckerarten konnen hinsichtlich ihrer Stabilitiit in zwei grosse Klassen getheilt werden ; zur ersten dieser Klnssen gehoren dns Glycerin, der Mannit, Dulcin, Pinit, Quercit, Erythroglycin etc. Alle diese Verbindungen sind mehr oder weniger fluchtig, widerstehen einer Teniperstur von 2OO--25On, so wie der Einwirkung der Sauren und Alkalien bei looa. Sie enthalten alle rnehr Wasserstoff als zur Wasserbildung mit ihrern Sauerstoff nothwendig ist.

Die zweite Klasse umschliesst die gahrungsfihigen Zuckerarten (Rohnucker, Fruchtzucker, die Glucosen, Milch- zucker, Lactose, Melitose etc.) und die isomeren iiicht g5h- rungsfshigen zuckerartigen Korper (Sorbin, Eucalyn etc.). Alle diese werden hei 'LOOo zersetzt, durch stiirkere Mine- ralsiiuren schon bei INo, die meisten auch durch Alkalien bei dieser Temperatur. Sie enthalten alle Wasserstoff und Sauerstoff in dem Verhaltnies wie irn Wasser.

Ich werde im Nachfolgenden die Verbindungen eiries Korpers aus der ersten Klasse, namlich die des Mannits heschreiben. Ich habe folgende Kijrper untersucht : Man- nit C&06, Mannitan CsNsOJ, Mannitin (mcl?mide) C&O4 ; die Verbindungen des Mannits rnit den Sauren hahe ich

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friiher (dies. J. LXVII, 235) schon beschrieben.*) Die Schlusssatze zu welchen mich meine ganze Arbeit gefuhrt hat sind folgende :

1) Die Mannitverbindungen erhalt man durch directes Zusammenbringen der Saure mit dem Mannit und lange- res Erhitzen beider auf 2oO-250° im verschlossenen Gefasse. Uiiter den gleichen Umstanden habe ich bekanntlich die neutralen Fette und die Aether dargestellt. - Dieselben Verbindungen erhalt man auch durch Behandeln des Manni- tans mit Sauren.

2) Alle Mannitverbindungen spalten sich unter den verschiedensten Einfliissen , namentlich. durch Alkalien, Wasser oder durch ein Gemisch yon Allrohol und Salzsaure ; man erhalt die ursprungliche Saure und das Mannitan unter Wasseraufnahme.

Die Bildung des Mannitan bei der Zersetzung der Mannitverbindungen tritt stets ein, nur nimmt allmahlich das regenerirte Mannitan die Elemente des Wassers auf und verwandelt sich zum Theil in krystallisirten Mannit. Man sieht dass das Mannitan die Rolle des Glycerins spielt , was auch die Formeln der Mannitverbindungen zeigen.

3) Hiernsch zeigen die Mannitrerbindungen eine auf- fallende Analogie mit den neutralen Fetten. Die Verbin- dungen des Glycerins oder des Mannits mit derselben Saure sind sich in ihren physikalischen und chemischen Eigen- schaften so ahnlich, dass man sie verwechseln kann.

4) Es zeigen also die Mannitverbindungen, die neu- tralen Fette und die Aether grosse Aehnlichkeiten ; ihre neutralen Verbindungen entstehen bei 200° durch Vereini- gung einersaure mit dem Mannit, dem Glycerin oder mit Alkohol , wahrend gleichzeitig die Elemente des Wassers sustreten. Durch Alkalien, Wasser oder Sauren werden aus diesen Verbindungen die Saure, das Mannitan, das Glycerin oder der Alkohol wieder abgeschieden. Die neu- tralen Fette und die Mannitverbindungen werden durch

*) Ich habe auoh die Glucoweins5ure und Glucocitronensaure dargestellt.

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Alkohol zersetzt, es entsteht in beiden Fiillen ein Aether, wahrend der zuclcerartige Korper frei wird.

Wahrend nun einerseits sich der Mannit dem Alkohol anreiht, hinsichtlich seiner Verbindungen mit den Sauren, so begrundet andererseits die Bildung mehrer neutraler Verbin- dungen von Mannit rnit derselben Saure eine Verschiedenheit zwischen dem Mannit und dem Alkohol. Aber hierbei zeigt sich wieder zwischen Mannit und Glycerin eine An- niiherung, denn wiihrend der Alkohol mit der Saure nur eine Reihe neutraler Verbindungen bildet, giebt der Mannit drei verschiedene Reihen, analog den drei Glycerinreihen.

Die eine dieser Reihen ist den Aethern analog, sie entsteht durch Vereinigung von 1 Aeq. SHure rnit 1 Aeq. Mannitan unter gleichzeitigem Austreten von 2 Aeq. Wasser: monobuttersaurer, monobenzoesaurer, salzsaurer Mannit etc Die andere Reihe entsteht durch Vereinigung von 2 Aeq. SIure mit 1 Aeq. Mannitan, wahrend entweder 4 oder 2 Aeq. Wasser austreten : zweifach buttersaurer, zweifach stesrinsaurer Mannit etc. Die dritte Reihe, analog den natiirlichen Fetten, entsteht durch Vereinigung von 3 Aeq. Saure mit 1 Aeq. Mannitan, unter Austreten yon 6 Aeq. Wasser : dreifach stearinsaurer, dreifach benzoesaurer Man- nit, Mannitweinsaure.

Demnach verhalt sich Mannit und Glycerin zu Alko- hol, wie die Phosphorsaure zur Salpetersaure. Die Phos- phorsaure bildet drei Reihen neutraler Salze, die Salpeter- saure nur eine Reihe, sie ist einbasisch.

Der Alkohol giebt bekanntlich nur eine Reihe neutra- ler Aether, der Mannit dagegen drei bestimmte Reihen neutraler Verbindungen, die bei ihrer Zersetzung in Ge- genwart von Wasser alle denselben Korper, das Mannitan geben. Letzteres ist daher, wie das Glycerin, eine Art dreiatomiger Alkohol, wenn man, jede Substanz, die sich rnit den Sauren der neutralen, den Aethern analogen, Kor- pern verbinden kann, als Alkohol bezeichnet.

Die Theorie der Aether gewinnt hierdurch eine Ver- anderung und Erweiterung. Man muss annehmen, dass der Mannit, das Glycerin und die analogen zuckerartigen Korper ebenso zahlreiche und mannichfaltige Reihen geben

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konnen, wie die Arnide und die Basen deren Ausgangspunkt das Amrnoniuk bildet. SO knupfen sich nn die zuckerar- tigen Substanzen viele natiirliche Verbindungen, deren Con- stitution man spater kennen ternen wird. Betrachtet mnn den Mannit und das Glycerin als dreiatomige Alkohole, so konnen die Verbindungen ihrer erstern Reihe (entstanden durch Vereinigung von 1 Aeq. Mannit oder Glycerin mit 1 Aeq. Saure) in gewigset. Hinsicht als zweiatomige Alko- hole angesehen werden *). Die Verbindungen der zweiten Reihe (dut-ch Vereinigung von 2 Aeq. Saure mit 1 Aeq, Mannit odet Glyterin entstanden) stellen gewissermassen eine Art von einatomigem Alkohol dar, analog dem ge- wohnlichen Alkohol.

LXVIII. Ueber die Gahrung.

Von

Berthelot.

(Coinpf. rend. 1. XLIII. 1856 five. 4) p . 238.)

1) Der Mannit liefert, wenn derselbe einige Wochen mit Kreide und Kase gemischt bei 40° stehen bleibt, eine grosse Menge Alkohol unter Entwickelung yon Kohlen- s iure und Wasserstoff. Gleichzeitig entsteht MilchsHure. Fast aller Stickstoff des Ferments entweicht in Gasform. Es konnte keine Bildung von Hefenzellen nachgewiesen werden. A l e thierischen Gewebe und stickstoff haltigen Korper wirken fast ebenso wie Kase.

2) Das Dulcin giebt unter denselben Umstanden eine grosse hlenge von gewohnlichem Alkohol.

*) Die Existenz dcs Benzochlorhydrin, Stcarochlorhydrin, Buty- rochlorhydriii , diejenige dcs natiirlichen Oleomargarin spredicn f i r dieae Ansicht.