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468 H. Kiliani u. A. Windaus: Digitalein. auch eine neue Formel fiir das Digitalin. Bei der Analgse dieses Glykosides haben nun sowohl S c h m i e d e b e r g als ich Zahlen erhalten, welche sehr gut zu (C5H~Oa)x passen. Diesem Schema entspricht (x = 7) CssH5,, 014, und dann ergiebt sich fur die Spaltung die Gleichung: Csa Haa Oia = cza Hso oa + ce &a 06 + c7 Hi4 OFY Moglich wwe auch fur Digitalin Cat3 HS8 OI4 und fiir Digitaligenin CsBHsaOe. Immerhin darf jedoch bebauptet werden, dass jetzt die Zusammensetzung des Digitalins innerhalb sehr enger Grenzen fixiert ist. In obiger Gleichung gelangt ferner die zweifellos stattfindende Beteilignng des Wasqers an der Reaktion nicht zum Ausdruck. Hochst wahrscheinlich werden bei der Spaltung die Bestandteile von 2 Mol. Wasser zuerst aiifgenommen und dann aus den entstaridenen Zwischenprodukten wieder ausgeschieden. In dieser Beziehung scheint der successive Abbau des Digitoxins zum Digitoxigenin und Anhydro- Digitosigenin, welcher vollstaudig bei gewohnlicher Temperatur erfolgt, einen Fingerzeig zu bieten. Vermutlich enthalt auch das urspriingliche Spaltungsprodukt des Digitalins 1 Mol. Wasser mehr als das Digitaligenin ; jenev erste Produkt ist aber nicht fassbar, wed die Spaltung des Digitalins lediglich bei Kochhitze durchgefiihrt werden kann, und unter diesen Verhaltnissen diirfte die verdiinnte Saure die gleiche Wirkung erzielen, wie sie die konzentrierte bei gewohnlicher Temperatur auf das Digitoxigenin ausiibt. Molekulargewichtsbestimmungen in Eisessig ergaben beim Digitalin ebenso wie beiui Digitoxin hochst fragwiirdige Werte (z. B. 1123; ber. f. Cs5 Ha,, 014 i00). In geschmolzenem Naphtalin, das sich sonst vortrefflich fiir solche Bestimiiiungen eignet, ist das Digitalin unloslich. Mitteilung aus der medizinischen Abteilung des Universiats- Laboratoriums Freiburg i. B. Ueber Digitalein. Von H. Kiliani und A. Windaus. (Eingegangen den 30. VII. 1899.) Gelegentlich einer umfangreichen Untersuchung des Dig. pur. pulv. germunic. I) war festgestellt worden, dass dasjenige Material, welches Schmiedeberg als ,,Digitalgin'' beschrieben hatte, sicher ein Gemenge war, aus welchem insbesondere regelmassig noch DQi- 1) K i l i a n i , dieses Archiv 230, 250. - 233, 299.

Ueber Digitalëin

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468 H. Kiliani u. A. Windaus: Digitalein.

auch eine neue Formel fiir das Digitalin. Bei der Analgse dieses Glykosides haben nun sowohl S c h m i e d e b e r g als ich Zahlen erhalten, welche sehr gut zu (C5H~Oa)x passen. Diesem Schema entspricht (x = 7) CssH5,, 0 1 4 , und dann ergiebt sich fur die Spaltung die Gleichung:

Csa Haa Oia = cza Hso oa + ce &a 0 6 + c7 Hi4 OFY Moglich wwe auch fur Digitalin Cat3 HS8 OI4 und fiir Digitaligenin

CsBHsaOe. Immerhin darf jedoch bebauptet werden, dass jetzt die Zusammensetzung des Digitalins innerhalb sehr enger Grenzen fixiert ist. In obiger Gleichung gelangt ferner die zweifellos stattfindende Beteilignng des Wasqers an der Reaktion nicht zum Ausdruck. Hochst wahrscheinlich werden bei der Spaltung die Bestandteile von 2 Mol. Wasser zuerst aiifgenommen und dann aus den entstaridenen Zwischenprodukten wieder ausgeschieden. In dieser Beziehung scheint der successive Abbau des Digitoxins zum Digitoxigenin und Anhydro- Digitosigenin, welcher vollstaudig bei gewohnlicher Temperatur erfolgt, einen Fingerzeig zu bieten. Vermutlich enthalt auch das urspriingliche Spaltungsprodukt des Digitalins 1 Mol. Wasser mehr als das Digitaligenin ; jenev erste Produkt ist aber nicht fassbar, wed die Spaltung des Digitalins lediglich bei Kochhitze durchgefiihrt werden kann, und unter diesen Verhaltnissen diirfte die verdiinnte Saure die gleiche Wirkung erzielen, wie sie die konzentrierte bei gewohnlicher Temperatur auf das Digitoxigenin ausiibt.

Molekulargewichtsbestimmungen in Eisessig ergaben beim Digitalin ebenso wie beiui Digitoxin hochst fragwiirdige Werte (z. B. 1123; ber. f. Cs5 Ha,, 0 1 4 i00). In geschmolzenem Naphtalin, das sich sonst vortrefflich fiir solche Bestimiiiungen eignet, ist das Digitalin unloslich.

Mitteilung aus der medizinischen Abteilung des Universiats- Laboratoriums Freiburg i. B.

Ueber Digitalein. Von H. Ki l i an i und A. Windaus.

(Eingegangen den 30. VII. 1899.)

Gelegentlich einer umfangreichen Untersuchung des Dig. pur. pulv. germunic. I) war festgestellt worden, dass dasjenige Material, welches Schmiedebe rg als , ,Digitalgin' ' beschrieben hatte, sicher ein Gemenge war, aus welchem insbesondere regelmassig noch DQi-

1) Kiliani , dieses Archiv 230, 250. - 233, 299.

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talinuln v m m isoliert werden kann; die betr. Abhandlungen enthalten deshalb die Aeusserungen :

.Das Digitalein Schmiedeberg's ist sicher ein Gemenge. dessen Wirkung auf die Eerzthztigkeit v ie l le ich t durch seinen Gehalt an einem besonderen, bie jetzt noch nicht rein zu erhaltenden Glpkoside, vielleicht aber auch nur durch eine schwer ganz zu beseitigende Bei- mengung von Digitalin bedingt wird".

Ferner: ,,Die Existenz des Digitaleins ist mindestens fraglich". Verschiedene neuere Beobachtungen liessen es uns ah hochst

wiinschenswert erscheinen, diese Frage wieder aufzugreifen und einer einwandfreien, experimentellen Losung entgegenzufuhren, wobei nicht nur die Digitalissamen, sondern auch die praktisch wichtigeren BlBtter berucksichtigt werden sollten. Es se i gleich h i e r bemerkt , dass d u r c h unsere Versuche d i e E x i s t e n z eines in W a s s e r l e i c h t losl ichen und s i c h e r d ig i ta l inf re ien Harzgi f tes - also eines ,,Digitaleins im Sinne Schmiedeberg's" zweifellos f e s t - g e s t e 11 t w u r d e , wenn auch dabei abermals konstatiert werden musste, dass Schmiedeberg's Material noch lange kein chemisches Individuum reprlsentierte.

1. Untersuchung der Samenglykoside. Aus 1 kg Dig. pur. germanic. wurden nach Kil iani ' s Vorschrift *)

mittelst Aether das Digitonin, sowie ein grosser Teil der schmierigen Stoffe und endlich durch Wasser die Hauptmenge des Digitalins ab- geschieden; das F i l t r a t vom Digi ta l inurn verum diente dann als Ausgangsmater ia l fiir die weitere Untersuchung. Eine von Alkohol und Aether vollig befreite Probe desselben erzeugte bei Runa eswlenta erst mit 7 mg Trockensubstanz dauernde Herzsystole, wirkte also relativ recht schwach. Da aber diese Mutterlaugen, wie Ki l ian i ge- zeigt hatte, erhebliche Mengen harzartiger Substanzen enthalten, durfte man eine wesentliche Reinigung derselben von der Anwendung d e r D i a1 y s e erhoffen, weshalb in folgender Weise verfahren wurde:

In eine vertikal befestigte Glasrohre von ca. 4 cm Durchmesser und 150cm Lange, welche unten mit einem Glashahne versehen war, wurde ein unten zugebundener Pergamentsohlauch gehgngt; sein Durch- messer war so gewlhlt, dass der Schlauch in gefiilltem Zustande un- gefghr den halben Inhalt der Rohre einnahm. Da bei der Dialyse das Volumen der inneren FlIlssigkeit stark zunimmt, wurde das Filtrat vom Digitalinurn v m m zunachst in S o x hle t 's Vakuumapparat bei niedriger Temperatur auf ein kleines Volumen eingedampft. Sodann

1) Dieses Archiv 233, 309.

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m d e die konzentrierte Losung mit Aether geszttigt, um Schiplmel- bildung zu verhuten, in den Pergamentschlauch gebraucht und aussen ebenfalls atherhaltiges Wasser hinzugefugt, welches alle 12 Stunden erneuert m d e und zwar im ganzen 12 mal. WZihrend des Dialysierens wurde die innere Fliissigkeit triibe; die Dialysate wurden gesammelt, im Vakuum konzentriert und schliesslich ilber Schwefelsaure aus- getrocknet. Der so aus 1 kg Dig. gmunic . gewonnene Trockenruck- stand wog ca. 40 g und zeigte folgende Eigenschaften:

Er war hygroskopisch, hellrot) uud erzeugte zu 3 mg vollige Systole ; die gewitnschte Anreicherung an wirksamer Substanz war also eingetreten, aber ein einheitliches Material war noch lange nicht erzielt ; denn schon durch einfaches Schiitteln der wasserigen Losung mit Chloroform, Aether oder Benzol konnte die Beimengung harziger Stoffe nachgewiesen werden und eine probeweise fraktionierte Fallung der alkoholischen Losung durch Aether liess niit freiem Auge die mogliche Zerlegung in ungleichartige Bestandteile erkennen. Da unter diesen Umstlinden direkte Krystallisationsversuche wenig Erfolg ver- sprachen, benutzten wir jetzt z u r wei t e r e n R e i n i g u n g die F g l l u n g m i t Gerbsaure.

Die Hauptmenge der aus dern Dialysate gewonnenen Glykoside wurde wieder in Wasser geltist, das Harz soweit als moglich durch Schiitteln mit Aether entfernt, dann 10 I ige Gerbsaurelosung in moglichst geringem Ueberschusse zugegeben und das gut abgesetzte Tannat von der Muiterlauge getrennt. Nach dem Malaxieren mit Wasser wurde es mit Zinkoxyd seines Gewichtes) gut verrieben, das Gemisch bei gewiihnlicher Temperatur im Vakuum getrocknet und zweimal mit dem gleichen Gewichte Methylalkohol ausgezogen. Der Alkohol hinter- liess beim Verdunsten ca. 15 g Glykoside. Diese losten sich jetzt nicht mehr klar in Wasser, die Ausscheidung vermehrte sich nocli beim Sattigen der wasserigen Losung mit Aether, und sie verhielt sich nach jeder Richtung wie Digitalinum verum. Die Anwendung der Gerbsaure- methode hatta demnach wenigstens den Vorteil gehabt, dass ein Teil jener Substanzen beseitigt wurde, welche vorher die vollige Abscheidung des Digitalins verhinderten.

Schliesslich benutzten wir zur weiteren Reinigung noch die f r a k t i o n i e r t e Fl l l lung d u r c h A e t h e r . Die wlisserige Losung, welche in eben beschriebener Weise von den letzten Resten des Di- gitalins moglichst vollstandig befreit war, wurde neuerdings im Vakuum eingetrocknet, der Ruckstand in 4 T. 96 xigem Alkohol aufgenommen und die alkoholischen Losungen zweimal nach einander mit je 2 T. Aether fraktioniert geftillt. Niederschlag I war braunlich, in Wasser loslich; er erzeugte keine Systole, bewirkte aber beim Frosche schon

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in einer Dosis von 1 mg Lahmung und Tod unter Erscheinungen, wie 3ie Schmiedeberg fiir das Digitaliresin beschreibt’). Niederschlag I1 wurde nicht physiologisch untersucht ; d age g e n e r w i e s sic h die V e r - mutung, dass die von II abgegossene a lkohol i sch- I ther i sche L o s u n g das gesuchte H e r z g i f t en tha l ten dur f te , a ls r ichtig. I h r Trockenri ickstand erzeugte schon bei 0,4 mg dauernde Systole . D a das re ine , in W a s s e r s e h r schwer losl iche Dig i ta l inum verum nach Boehm e r s t zu 0,5 mg Vol lwirkung h e r v o r r u f t , da f e r n e r u n s e r P r l p a r a t s ich t insserst l e ich t a n d bleibend k l a r i n reinem wie in a therha l t igem W a s s e r l o s t e , so i s t durch diesen physiologischen V e r s u c h d e r s i c h e r e Beweis e r b r a c h t , dass e in Dig i ta le in im Sinne Schmiedeberg’s , d. h. ein i n W a s s e r le ich t losl iches und s t a r k wirksames H e r z g i f t aus den Samen der D i g i t a l i s p u r p n r e a t h a t s a c h l i c h gewonnen werden kann.

Das so erhaltene Digitalein ist weiss, fast unloslich in Chloroform, Aether, Benzol und in reinem Aceton, sehr leicht loslich in Wasser, Alkohol und in einem Gemisch von 3 T. Aceton mit 1 T. Wasser. Mehrmals wurde beobachtet, dass sich aus einer so bereiteten Wasser- Aceton-Losung nach Zusatz von Aceton bis zur Triibnng Krysttillchen ausschieden, doch gelang es trotz aller Bemtihugen nicht, die Be- dingungen ausfindig zu machen, welche erforderlich sind , um eine grossere Menge Substanz zum Krystallisieren zu bringen. Dieses Problem diirfte wohl nur dann zu losen sein, wenn man mit grosseren Mengen von Material operieren und die Fraktionierung noch weiter treiben kann. Mit welchen erheblichen Verlusten die beschriebenen umfangreichen Reinigungsverfahren verbunden sind, erhellt aus nach- atehender Tabelle:

Ausgangsmaterial 1 kg Dig. germanic. Ausbeute: Wirkung:.

. . . . . . Filtrat von Dig. verum. nicht bestimmt 7 mg Dialysat 40 g 3 n

Digitalein . . . . . . . . . . . 4-5 0,4 mg.

. . . . . . . . . . . . Rohprodukt nach der Gerbsaurefiillung 15 n nicht besthmt

Die geringe Menge Substanz, welche zur Verfiigung stand, ge- stattete naturgemlss auch nur wenige Versuche zur naheren chemischen Charakterisierung.

0,2073 g vakuumtr. Sbst.: 0,4551 g C03, 0,1495 g H30. 0,8862 n n 0,4975 COa, 0,159 H20.

Gef. C 59,87, H 8,Ol. n 59,98. n 7,78.

1) Arch. exper. Pathol. 3, 16.

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Eine Formel aus diesen Zahlen abzuleiten, erscheint zwecklos, solange nicht weitere Anhaltspunkte vorliegen; es sei nur darauf hin- gewiesen, dass die Werte merkwiirdiger Weise identisch sind mit jenen, welche das Dig. verum liefert.

Das Digitalein ist ein Glykosid ; krystallisierte Spaltungsprndukte konnten bisher nicht gefasst werden.

I n hohem G r a d e a u f f a l l i g i s t das S a u e r w e r d e n d e r w a s s e r i g e n Dig i t a l e in losungen . Das aus dem Tannat gewonnene Glykosid muss ursprunglich neutral gewesen sein, da es mittelst Zink- oxyd bereitet wurde; thatsachlich wurden auch wiederholt zuerst neutrale, dann nach einiger Zeit saure Reaktion beobachtet. Dabei blieben die betreffenden Losungen (zumeist Wasser-Alkohol oder Wasser- Aceton mit ilberwiegendem Wassergehalte) vollig klar, an eine etwaige tiefergehende Spaltung des Glykosids war deshalb nicht zu denken; auch V eranderungen durch Pilzvegetationen waren schon durch die Natur der Losungsmittel in Uebereinstimmung mit der direkten Be- obachtung ausgeschlossen.

Bur Erklkung der iiberraschenden Erscheinung blieben demnach vorwiegend zwei Moglichkeiten in Erwagung zu ziehen :

1. war denkbar, dass das Digitalein ein Lakton sei, welches sich durch Hydrolyse langsam in die entsprechende Slure umwandle:

2. schien moglich das Vorliegen eines Aldehyds, welches durch den Sauerstoff der Luft zu der entsprechenden Saure oxydiert wurde.

Zur Priifung der Annahme 1. wurde ein Salz dargestellt. Eine wasserige Losung des Digitaleins, welche zur Verhutung des Schimmelns einige Prozent Alkohol enthielt, wurde mehrere Tage mit Calcium- karbonat unter haufigem Umschiitteln behandelt '), dann filtriert, im Vakuum eingetrocknet, der Ruckstand fein zerrieben und mit Alkohol ubergossen. Es blieb ein wesentlicher Anteil ungelost, der aus eineni Kalksalze bestand. Letzteres wurde durch Oxalslure genau zersetzt und die Losung der Saure physiologisch untersucht. Aber selbst 3 mg (Trockensubstanz) zeigten noch nicht die geringste Wirkung auf das Froschherz. Die von dem Ralksalze getrennte, alkoholische Digitalein- losung lieferte dagegen beim Eintrocknen einen Ruckstand, welcher ebenso stark wirksam war wie das ursprungliche Material. Besonders bemerkenswert erscheint dabei, dass die wasserige L6sung des wieder- gewonnenen Digitaleins nach kurzer Zeit abermals sauer wurde.

Diese Beobachtungen, welche naturlich noch der Bekraftigung durch weitere Versuche bedilrfen, geben Anlass zu verschiedenen Ver- mutungen. E s s c h e i n t demnach, a l s ob d a s D i g i t a l e i n w i r k l i c h

1) Erhitzung wurde vermieden, urn Nebenreaktionen auszuschliessen.

H. Kiliani u. A. Windaus: Digitalein. 463

e in L a k t o n w l r e , und dass n u r d i e ses , n i c h t a b e r d i e z u - g e h o r i g e S a u r e e in H e r z g i f t r e p r l s e n t i e r t . V e r h a t sich die Sache wirklich in dieser Weise, so wiirde dadurch auch Folgendes seine naturgemLsse Erklarung finden. Die Reinigung dieser leicht lijslichen Glykoside dnrch Falllung mit Gerbsaure , Zersetzung des Tannats mittelst Metalloxyd und darauffolgender Extraktion durch Alkohol ist auch bei sorgfaltigster Arbeit immer mit ganz abnormen Verlusten verbunden. und diese werden um so grosser, j e mehr Metalloxyd an- gemendet wird *). Besitzen nun die fraglichen Glykoside Laktoncharakter, bo wird obige Erscheinung leicht verstidlich: Beim Verreiben des feuchten Tannats mit Metalloxyd wird letzteres zweifellos an einzelnen Stellen der Mischung zeitweise im Ueberschusse vorliegen, es wird dsnn ein Salz der GlykosidsLure entstehen, vermutlich sogar ein solches basischen Charakters und damit ist dieser Anteil des Glykosids natiir- lich fu r die Wiedergewinnung verloren. Dies sind vorllufig freilich nur Vermutungen, sie diirften aber zu weiteren Versuchen anregen.

Bur Priifung der oben erwahnten Annahme 2., dass ein leicht oxydabler Aldehyd vorliegen konnte, wurde das Digitalein in wgsseriger Losung mit essigsaurem Phenylhydrazin behandelt und zwar eine Portion unter kurzem Erhitzen in kochendem Wasser, eine zweite bei gewtihnlicher Temperatur, diese aber mehrere Tage lang. Xm ersteren Falle erfolgt keine Ausscheidung, im zweiten konnte durch ofteres Schiitteln mit Aether das Phenylhydrazin leicht wieder entfernt werden und der Trockenriickstand der verbleibenden Digitaleinlijsung erwies sich als stickstofffrei. Ein Aldehyd liegt demnach n i c h t vor.

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Da die Firma E. M e r c k ein Digitalgin in den Handel bringt, welches vermutlich nach S chmied eb e r g ’ s Angaben dargestellt wird, haben wir schliesslich auch dieses Material untersucht.

Dasselbe ruft genau, wie es S c h m i e d e b e r g und K o p p e an- gebens), bei 1-1,5 mg Systole am Froschherz hervor. Mittelst der oben erwahnten Wasser-Aceton-Mischung sowie durch ltherhaltiges Wasser lassen sich darans wesentliche Mengen von Digitalinum vernm abscheiden. Das Merck’sche Digitalsin ist also ohne Frage noch ein Gemenge verschiedener wirksamer und unwirksamer Stoffe, es konnte aber vielleicht geeignet sein, als Ausgangsmaterial fiir die Darstellung wirklich reinen Digitaleins zu dienen. - ~~~

1) Wir haben deshalb die Menge des Metalloxyds, welche in der des Tannats angegeben wird, aof 1/10 rednziert, womit Litteratur meist zu

man bei richtiger Manipulation den gewiinschten Zweck erreichen kann. 4) Arch. f. exper. Pathol. 3, 16, 274.

H. Kil iani u. A. Windaus: Digitalein. 466

F r a k t i o n e n zerkgt: die Glykoside worden in 4 T. 96%igem Alkohol ge16st und 2 T. Aether zugegeben. Der entstandene Niederschlag I bewirkte Systole zu 2 mg; er war in Wasser loslich, braun gefbbt und wog 16 g. Durch Zusatz von weiteren 4 T. Aether fie1 Nieder- schlag I1 aus, ebenfalls wasserlhlich und braun, aber schon zu 1 mg Vollwirkung erzeugend. Die alkoholisch - Etherische Losung lieferte beim Verdunsten zwar 20 g Rlickstand, hiervon waren jedoch nur 2 g wasserloslich; dafiir zeigte dieser Anteil aber - selbst als er zur Vor- sorge noch mittelst Chloroform und Aether gereinigt worden war - Vollwirkung schon zu 0,6 mg. H i e r a u s fo lg t unzweideut ig , dass a u c h d i e B l a t t e r e in in W a s s e r l e i c h t losl iches H e r z g i f t - ein Dig i ta le in - enthal ten. Natiirlich konnte aber nicht daran gedacht werden, irgend grossere Mengen dieses Stoffes auf dem be- schriebenen miihsamen und verlustreichen Wege darzustellen. Wir schritten deshalb zur

2. E x t r a k t i o n der BlEt te r mit Alkohol. Die BlEtter wurden zu diesem Zwecke zunlchst in dunner Schicht

auf Sieben ausgebreitet, um sie dnrch Austrocknen moglichst sprode and annahernd pulverisierbar werden zu lassen. Dann wurden sie direkt auf den Sieben zerdriickt und nur der durchfallende, a160 moglichst zerkleinerte Anteil zur Extraktion verwendet. Wir benutzten die dreifache Gewichtsmenge 96 %igen Alkohol und 24 stiindige Digestion bei gewohnlicber Temperatur. Der ausgepresste Extrakt wurde im Vakuum zum Sirup gebracht, dieser mittelst absoluten Alkohoh ge- reinigt, die zweite alkoholische Losung abermals destilliert, der Rtick- stand mit Wasser versetzt, die Losung von ausgeschiedenen, harzigen Stoffen getrennt und schliesslich mit Aether sowie mit Chloroform geschilttelt, um Harae, ferner Digitoxin und Digitophyllin vollstiindig zu entfernen. Die wasserige Losung war dann immer noch braun gefubt, ihr Trockenriickstand (aus 1 kg Blatter 15 g) ergab aber schon zu 1,6 mg Vollwirkung. Sgttigt man nun diese Losung mit Magnesium- sulfat, so wird dadurch eine betriichtliche Menge von organischer Snbstanz gefiillt und zwar einerseits siimtlicher Farbstoff, aber anderer- seits auch die Hauptmenge des DigitalBins. Denn aus dem Nieder- schlage liess sich durch Behandlung mit absolutem Alkohol eine Substanz vom Wirkungsgrade 0,6 mg ausziehen, das in Losung gebliebene organische Material dagegen bewirkte - nach v6lliger Entfernung des Magnesiumsulfats - selbst mit 2,5 mg noch keine vollstlndige Systole und liess in unzweideutiger Weise die Gegenwart von Zncker erkennen.

Alle Versuche, das nach diesem Verfahren gewonnene, stark ge- fiirbte Digitalein aus Bltittern weiter zu reinigen, flihrten bisher zu keinem giinstigen Ergebnisse.

Aroh. d. Phsrm. CCXXXVII. Bds. 6. Heft. 30

466 H. Kiliani u. A. Windaus: Digitogenin und seine Derivate.

Jedenfalls bietet aber fiir die weitere Verfolgung der Sache die direkte Extraktion der Blatter durch Alkohol wesentliche Vorteile vor dem Infusionsverfahren, wie sich am besten aus folgender Uebersicht ergiebt :

Ausgangsmater ia l j e 10 kg Blatter. 1. Extraktion mit kochendem Wasser.

Ausbeute: Extrakt. . . . . - Nach ReGgung mit adsoi. Alkohol;

Fiillnng mit Gerbsaure . . . . Tannat 190 g Daraus . . . . . . . . Glykoside 40

Fraktion I1 . . WasserlBslicher Teil von Fraktion I11

Nach Fallung mit absolut. Alkohol, Reinigung mittelst Aether und Chloroform . . . . . . . . . wasserloslich 150 g

Organ. Subst. im Magnesiumuieder- schlage . . . . . . . . . . nicht bestimmt

Fiillnng mit Aeiher, Frakiion I . . 1: g

2 : 2. Extraktion mit Alkohol in der Kalte.

Hieraus folgt 1. dass die Blatter zweifellos ein

Vollwirknng: 7-8 mg - -

2 mg 1 .

095 n

195 mg

0,6 n

Digitakin in betrachtlicher Menge enthalten, 2. dass man bei Anwendung der Alkoholextraktion in relativ einfacher Weise aus 10 kg Blgttern ca. 150 g eines Gemenges gewinnen kann, welches schon zu 1,5 mg beim Frosche Vollwirkung erzeugt und welches allen Anschein nach ein treffliches Ausgangsmaterial fu r die Gewinnung des reinen Digitaleins darstellen diirfte. Freilich sind zur Losung dieser Aufgabe unbedingt grossere Mengen solchen Rohstoffes erforderlich. wie sie wohl nur eine Fabrik mit ihren Hilfsmitteln erzeugen kann. Die Aussicht auf Erfolg - beziiglich der e r s t e n Gewinnung der gesuchten Substanz - wird nur die systematische weitere Fraktionierung hieten; wenn irgendwo. so gilt gerade bei solcher Arbeit der Wahlspruch: Divide et impern.

Etteilung aus der medizinischen Abteilung des Universitilts- Laboratoriums Freiburg i. B.

Ueber Digitogenin und seine Derivate. Ton H. K i l i a n i und A. Windaus .

(Eingegangen den .W. VII. 1899.) E d i n g e r hat vor kurzem gezeigt'). dass dem Digitogenin und

seinen Derivaten ungefahr ein doppelt so hohes Molekulargewicht zu- kommt, nls friiher angenommen wurde. Hierdurch ist das Studium der fraglichen Substanzen in eine ganz neue Richtung gelenkt worden.

1) Ber. 32, 339.