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Ueber ein neues Mikrotom nebst Bemerkungen tiber einige neuere InstrumentedieserArt. Yon Dr. P . Schiefferdeeker, Assistenten an dora physiologischen Institute zu Strassburg i. E. Hierzu vier Holzsehnitte. Wean sich fi'iiher Mikrotome hauptsiichlich in den Hiinden yon Pr~iparateuren und Dilettanten befandea, wahrend die Mikroskopiker yon Fach sie grSssteatheils verschmiihten, no hat sich dieses Ver- hiiltniss jetzt schon bedeutend geiindert, und iindert sich yon Jahr zu Jahr mehr. Die bedeutende Ersparniss an Zeit uad Arbeitskraft, die Herstelluag von grossea Serien aufeinanderfolgeader Schnitte, die Anfertigung sehr grosser gleichmitssig durchsiehtiger Flachen- schnitte sind in der That zu bedeutende Vortheile, als dass man sie leichthin verschmithen sollte. Selbstverstiindlich wird ein Mikro- skopiker yon bestimmten Priiparaten, auch wean er nich im Besitze des vorztiglichsten Mikrotoms befindet, immer noch vorziehen Schnitte aus freier Hand zu machen, dan hindert iadessea nicht den grensen Nutzen der Maschine in anderen FiiUen. En sind nun in der letzten Zeit eine Menge yon Mikrotomen construirt und beschrieben worden. Die besten derselben habe ich bier in Strassburg in den versehiedenen Instituten selbst zu sehen Gelegenheit gehabt. Ich muss indessen sagen, dass mir keines der- selben, mit einziger Ausnahme des ganz grossen Gudden'nchen, wie ich spitter: noeh niiher erSrtera werde, eigentlich zweckmiissig erschienen ist. Ich babe daher nach einem schon frfiher yon einem Engliinder J a m e s S m i t h benutzten Principe ein neuen Mikrotom construirt, welches mir alas his jetzt zweckmiissigste zu sein scheint.

Ueber ein neues Mikrotom

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Page 1: Ueber ein neues Mikrotom

Ueber e in n e u e s Mikrotom

n e b s t B e m e r k u n g e n t i b e r e i n i g e n e u e r e I n s t r u m e n t e d i e s e r A r t .

Yon

Dr. P . Schiefferdeeker, Assistenten an dora physiologischen Insti tute zu Strassburg i. E.

Hierzu vier Holzsehnitte.

Wean sich fi'iiher Mikrotome hauptsiichlich in den Hiinden yon Pr~iparateuren und Dilettanten befandea, wahrend die Mikroskopiker yon Fach sie grSssteatheils verschmiihten, no hat sich dieses Ver- hiiltniss jetzt schon bedeutend geiindert, und iindert sich yon Jahr zu Jahr mehr. Die bedeutende Ersparniss an Zeit uad Arbeitskraft, die Herstelluag von grossea Serien aufeinanderfolgeader Schnitte, die Anfertigung sehr grosser gleichmitssig durchsiehtiger Flachen- schnitte sind in der That zu bedeutende Vortheile, als dass man sie leichthin verschmithen sollte. Selbstverstiindlich wird ein Mikro- skopiker yon bestimmten Priiparaten, auch wean er nich im Besitze des vorztiglichsten Mikrotoms befindet, immer noch vorziehen Schnitte aus freier Hand zu machen, dan hindert iadessea nicht den grensen Nutzen der Maschine in anderen FiiUen.

En sind nun in der letzten Zeit eine Menge yon Mikrotomen construirt und beschrieben worden. Die besten derselben habe ich bier in Strassburg in den versehiedenen Instituten selbst zu sehen Gelegenheit gehabt. Ich muss indessen sagen, dass mir keines der- selben, mit einziger Ausnahme des ganz grossen Gudden 'nchen, wie ich spitter: noeh niiher erSrtera werde, eigentlich zweckmiissig erschienen ist. Ich babe daher nach einem schon frfiher yon einem Engliinder J a m e s S m i t h benutzten Principe ein neuen Mikrotom construirt, welches mir alas his jetzt zweckmiissigste zu sein scheint.

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Zun~ichst sei es mir gestattet, diejenigen Mikrotome, welche ich entweder in natura oder nach guten Abbildungen in letzter Zeit kennen gelernt habe, einer n~theren Besprechung zu unterziehen.

Wenn man sich a priori fiberlegt, auf welche Weise man ein Mikrotom construiren kiinne, so sieht man leicht, dass eine ziemliche Menge verschiedener Constructionen m(iglich sind.

Erstens kann man das zu schneidende Pr~iparat an dem schnei- denden Theile, am zweckm~ssigsten also wohl einem Messer hin- f~hren oder umgekehrt.

Zweitens kann man die HShenverschiebung, welche nSthig ist, um nacheinander Schnitte abzutrennen, entweder an dem Praparat oder dem Messer.ausfiihren.

Drittens kann man das Messer, d. h. den eigentlich schnei- denden Theil desselben, entweder frei in der Luft fiihren, oder auf einer Ebene hingleiten lassen.

Endlich sind noch verschiedene Arten der Befestigung des Priiparats, der Gestalt des Messers, verschiedene Vorrichtungen zur Verringerung der Reibung zwischen Messer und Priiparat u. s. w. miiglich. So klein diese Unterschiede zu sein scheinen, so bedeutsam sind dieselben doch ftir die ganze Form und Brauchbarkeit des Apparats.

Von Mikrotomen, bei denen das Pr~iparat an dem Messer vor- beibewegt, wird, kenne ich nur eines, es ist zuf'~llig das neueste, r yon W. K r a u s e in GSttingen, und yon ibm beschrieben im 2. Hefte des XI. Bandes dieses Archivs. An einem Metallge- stell befinden sich zwei senkrecht zu einander stehende Schrauben, yon denen eine die Vorbeibewegung des Pr~iparats parallel der Klinge eines feststehenden Rasirmessers, die andere die HShenverschiebung des Pr~iparates bewirkt. Dieses letztere ist eingeschlossen in eine M~ssingklammer mit durch Schrauben veriinderlichem Lumen. Die Verringerung der Reibung wird durch Auftr~iufeln yon Flfissigkeit bewirkt.

Nach dem zweiten Hauptprincip: Vorbeibewegung des Messers an dem ruhenden Pr~parate sind eine ganze Menge yon Mikrotomen construirt worden.

Wir wollen beginnen mit dem yon Ley se r in Leipzig ver- fertigten Instrumente. Bei diesem wird das Messer gegen das Prii- parat bewegt, das Pr~iparat wird der Hiihe nach verschoben, das Messer wird frei in der Luft gefiihrt. Ich habe dieses Mikrotom

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bei den IIerren Proff. v. R e c k l i n g h a u s e n und L e y d e n kennen zu lernen Gelegenheit gehabt. Die mechanische Vorrichtung, durch welche sowohl die Verschiebung des Messers als auch die tIiihen- verschiebung des Pdtparates bewirkt wird, ist sehr hiibsch ausgedacht. An einer auf horizontalem Grundbrette senkrecht stehenden Me- tallplatte laufen auf den beiden Seiten derselben zwei schmale, schiefe Ebenen bildende Metallplatten hin, in einem spitzen Winkel gegen die Mittelplatte geneigt. Diese schiefen Ebenen, welche nicht einander parallel laufen, sondern sich unter ziemlich spitzemWinkel schneiden, tragen je einen Metallschlitten, deren einer mit einer dutch Schrauben im Lumen ver~inderlichen Metallklemme zur huf- nahme des Priiparats versehen ist, w~ihrend der andere ein durch eine Schraube festklemmbares Rasirmesser tr~igt. Durch die ver- schiedene Stellung des ersten Schlittens gegen den zweiten, welche man an einer auf dem oberen Rande der Mittelplatte befindlichen Eintheilung ablesen kann, ist es nun miiglich verschieden dicke Schnitte yon dem eingeklemmten Pri~parate abzutrennen. Man schneidet entweder trocken oder benetzt das Messer mit Fltissigkeit.

Sodann kommen wir zu einer Gruppe yon vier Mikrotomen, welche alle nach demselben Principe gebaut sind, und sich nur in Kleinigkeiten yon einander unterscheiden. Es sind das die Instru- mente yon O s c h a t z , W e l c k e r , R u t h e r f o r d , Gudden. Das Mikrotom yon Oscha tz , welches ich nicht kenne, fiihre ich hier an auf Autoritiit des Buches von Dr. Benecke : Die Photo- graphie als Hilfsmittel mikroskopischer Forschung. Braun- schweig 1868. Ebendaher ist mir durch Abbildung und Beschrei- bung das von W e l c k e r bekannt geworden. Die Instrumente yon R u t h e r f o r d and G u d den waren die Herren Professoren W al- deye r und J o l l y so gtitig mir zu zeigen. Bei allen diesen Instru- menten wird das Messer gegen das Priiparat bewegt, das Praparat der Hiihe nach verschoben, das Messer gleitet auf einer Fl~iche hin.

Den Haupttheil des Apparats bildet ein senkrecht stehender hohler Metallcylinder, welcher an seiner oberen Oeffnung yon einer mehr oder weniger breiten, verschieden gestalteten horizontalen Metallplatte umgeben ist, auf der das Messer hingleitet. Durch die Bodenplatte dieses Cylinders geht eine Schraube, welche eine in dem Cylinder befindliche Metallplatte auf und nieder bewegen kann; a uf dieser Platte ruht das Priiparat. Dasselbe wird bei dem In- strument yon W el c k e r in eine besondere Metallriihre, tiber welche

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es nur wenig hervorragt, durch Kork etc. eingeklemmt, bei R u t h e r- fo rd muss man es in dem Cylinder einfrieren lassen, zu welchem Zwecke sich ein den Cylinder auf drei Seiten umgebender Blech- kasten zur Aufnahme der K~tltemischung a n dem Instrumente be- findet, bei G u d d e n muss man das Pr~parat vermittelst einer Ein- bettungsmasse in den Cylinder fest eingiessen. !In Folge dessen schneider man bei R u t h e r f o r d trocken, wiihrend bei W e l c k e r u n d G u d d e n ein Teller den oberen Rand des Cylinders umgiebt, dessen Fttllung mit Fliissigkeit ein Schneiden des Pr~iparats unter derselben er- mSglicht. Der ganze Apparat ruht bei W e l c k e r und Gudden auf einem schweren Dreifusse, bei R u t h e r re r d wird er durch eine Schraubenklemme an dem Tische befestigt. Die Schraube triigt bei R u t h e r f o r d und W e l c k e r eine Gradeintheilung, bei G u d d e n nicht. Das Messer wird bei allen Instrumenten mit der Hand ge- fiihrt, und besitzt bei den grossen Gudden'schen Instrumenten eine ziemlich bedeutende Liinge und zwei Griffe.

Wir wenden uns nun zu den beiden letzten Mikrotomen, welche wit hier besprechen wollen: dem yon J a m e s Smi th und dem yon mir construirten, welches letztere eine Modification des ersteren ist, ebenso wie das Gudden 'sche eine solche des Welckerschen. Bei diesen wird das Messer gegen das Priiparat bewegt, das Messer wird der H(ihe nach verschoben, das Messer gleitet auf einer Flache hin.

DasMikrotom yon S m i t h kenne ich nur aus einer Abbildung und Beschreibung in dem schon oben citirten Buche yon Benecke. Als ich reich vor ungef~ihr zwei Jahren mit der Mikrotornfrage zu beschaftigen begann, schien mir dieses Instrument recht zweck- mRssig zu sein. Es handelte sich damals nur urn kleine Schnitte, und so nahm ich es mit wenigen Modificationen an. bIebenstehende Fig. IA, B zeigt dieses kleine yon mir gebrauchte Instrument, wie es jetzt yon dern Mechaniker Maier in Strassburg geliefert wird, und welches im Wesentlichen mit dem S mith'schen iibereinstimmt. Die hb~tnderungen bestehen hier nur darin, dass ich dem alten In- strumente den hufeisenfiirmigen Fuss nahm und es zum Halten in der Hand einrichtete, was fiir kleinere Schnitte sehr angenehm ist, und dass ich die den oberen Rand umgebende, die Eintheilung tra- gende Platte in eine Schnittplatte und eine die Eintheilung tra- gende trennte, welche beide mit einander einen stumpfen Winkel bilden, um das Messer beimSchnitte nicht durch die Theilstriche zu hindern. Wie man sieht, besteht das Instrument aus einem Messing-

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~t

M

Ueber ein neuos Mikrotom.

Fig. I.

A.

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L~ngsschnitt des Mikro- toms in natdrlicherGrSsse; a ~usserer, b innere~ Cy- linder, c Schrauben, d be-

wegliche Platte, e Einthei- lungsplatte, e* Schneide-

platte, f Dome, g Zeiger.

Fig. I. B.

hnsicht des Mikrotoms yon oben. Die Buchstabe~ sind

dieselben wie bei A.

cylinder, der aus zwei iibereinanderliegeaden and zum griissten Theile mit einander durch LSthung verbundenen Messingr~ihren a und b zu-

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sammengesetzt ist. Im oberen Theile lassen dieselben einen Zwischen- raum, sind mit Schraubeng~ngen'versehen und nehmen eine dritte kurze, ebenfalls mit Schraubeng~tngen versehene RShre a' auf, welche oben yon einem Messingkragen e' und e umgeben ist. Dieser 2 Ctm. ( e ' : 1 Ctm. und e ebenfalls) breite kragenartige Rand ist ein- getheilt in 100 Theile. Da die Sehraube so gewiihlt ist, dass bei einer vollst~ndigen Umdrehung die Platte um 1 Mm. gehoben resp. gesenkt wird, so eatspricht die Verschiebung um einen Theilstrich einer HShenver~tnderung yon 1/lOO Mm. In dem I Cylinder befindet sich sodann eine schmale gekriimmte l~Iessingptatte d, welche durch zwei Schrauben in dem Cylinder hin und her bewegt werden kann. Dieser Platte gegeniiber sind an der Wand des Cylinders kleine Dorne f, f angebracht. In diesem Cylinder nun, der bei dem vor- liegenden hpparate 2,5 Cent. Durchmesser hat, wird das Pritparat in Kork, Hollundermark, Paraffin etc. eingebettet, hineingebracht und vermittelst der Platte d festgeklemmt. Sodann werden mit einem gewShnlichen Rasirmesser, welches mit einer gewii.hlten Fltissig- keit befeuchtet wird, resp. trocken bleibt, das Priiparat Schnitt ftir Schnitt unter allmiihlicher Herabdrehung der Kopfscheibe abge- tragen.

Naehdem ieh reich yon der ausserordentlichen Brauchbarkeit dieses Apparats und der Zweckmiissigkeit des angewandten Prineips tiberzeugt hatte, versuchte ich den hpparat in der Weise zu modi- ficiren, dass man ausser kleinen auch ziemlich grosse Fl~chenschnitte damit anfertigen konnte. Die Gestalt dieses Instruments, welche mir nach liingeren Versuchen die zweckmiissigste zu sein schien, zeigt nebenstehende Fig. II, a. b, welche auf den dritten Theil verkleinert ist. Die Grundlage des Mikrotoms bildet ein schwerer (12 Pfd. wiegender) mit Blei ausgegossener Messingteller a, mit ziemlich hohem Rande. (Durchmesser des Tellerbodens 21 Ctm., des Randes 24 Ctm., HShe des Randes yore Tisch 5,5 Ctm.). Dicht am Rande liiuft ein sehmaler, oben abgeschliffener, iiber den Teller etwas erhabener Messingring chin, auf dem eine unten abgeschliffene Glasglocke b aufruht. In der Mitte des Tellers befindet sich eine kreisf~irmige Vertiefung, in welche der den Mikrotomtopf d wasserdicht abschliessende, abschraub- bare und mit vorspringendem Rande versehene Boden e hineinpasst. Derselbe hat 8,5 Ctm. Durchmesser. huf diesem erhebt sich nun der 9 Ctm. hohe Mikrotomtopf, yon derselben Construction, wie das vorige Mikrotom. Derselbe hat 7,5 Ctm. Durchmesser. Die Kopf-

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Ueber ein neues Mikrotom.

Fig. II a.

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, /

L~ngendurch-

schnitt des grossen Mikro-

toms; a Mes-

singteller, b Glasglocke,

c abgeschlif- fener Messing- ring, d Mikro-

tomtopf, e abschraub-

barer Boden desselben,

f Schrauben,

g die Einthei- lung tragender

Rand, h beweg-

liohe Platte,

i Dorn, k Zeiger,

l Klemme,

m Stopf'vfichse um die Schrau-

ben f.

Fig. II b.

Ansicht des Mi- krotoms yon

oben, ohne Glocke. Buch- staben wie auf

Fig. I I a.

Archly f. mikrnsk Ana~omie. Bd. 12. 7

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platte bildet bei diesem Mikrotom zuerst eine zum Cylinder senk- recht stehende glatte Schnittebene von 1,5 Ctm. Breite, an welche sich dann der schriig abfallende, die Eintheilung tragende Rand (0,5 Ctm. breit) anschliesst. Die imInnern des Cylinders bewegliche Platte bildet bei diesem Instrument einen Theil eines dem Durch- messer des Cylinders entsprechenden Kreisbogens, und hat eine Breite yon I/4--1/5 der Peripherie eines solchen. Die Schrauben sind mit Stopfbtichsen m, m versehen, um das Durchtreten yon Fliissigkeit zu verhindern. Das Priiparat wird nun wie bei dem vorigen auf beliebige Weise eingebettet, und dutch die Platte h festgeklemmt. Darauf wird der ~Iikrotomtopf, falls man nicht trocken schneiden will, mit einer gew~hlten Fliissigkeit, Wasser, Mkohol, Nelkeniil etc. bis zum Rande gefiillt. Sodann stelle ich ein bis zwei Tropfriihren fiber dem Apparate auf, um einmal das Messer auch auf der oberen Seite stetig zu benetzen, und zweitens, um das Niveau con- stant zu erhalten. Will man eine noch st~rkere Befeuchtung erzielen, so braucht man den ganzen hpparat nur in eine beliebige, grosse Wanne zu setzen, und diese mit Flfissigkeit zu ftillen. Hat man eins geniigende Anzahl yon Schnitten angefertigt, wiinscht aber das Pr~iparat spi~ter noch welter abzutragen, so setzt man einfach die Glasglocke dariiber, und kann den Apparat so langere Zeit stehen lassen. Die Eintheilung der Kopfplatte ist dieslbe, wie bei dem vorigen hpparat. Ich habs mir zu diesem Instrument zwei Messer machen lassen, deren Klingen grade, etwa 27 Ctm. fang, auf der oberen Seite stark, auf der untern nur sehr schwach concav sind, und deren Rtlcken stark ist. Die Breite der K!inge des einen betr~gt 3 Ctm., die des anderen 5 Ctm. An dem einen Ends befindet sich ein Griff, auf das Ende der Klinge legt man beim Schnei- den die anders Hand. Ich hare diese Art der Messerftihrung flit sicherer, als wenn man zwei Griffe anwendet. Die L~inge der Klinge ist hinreichend, um mit einem Zuge den grSsstmiiglichen Schnitt abzutragen.

Noch mSchte ieh bier gleich hinzufilgen, dass ich dis Ftihrung des Messers durch die menschliche Hand bei einem Mikrotom ffir be- deutend vortheilhafter und zweckm~ssiger erachte, als die yon der Hand unabh~ngige Leitung dutch Schlitten oder Schraube, obgleich dies ,con vorn herein wunderbar erscheinen kSnnte, da man sonst ja grade alle Maschinen so viel wie mSglich yon der menschlichen individuellen Geschicklichkeit unabh~tngig zu machen sucht, wie das

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auch K r a u s e hervorhebt. Der Grund daffir ist folgender: Die Pr~parate, welche man zu schneiden hat, sind, besonders, wenn sie eine gewisse Griisse erreichen, fast hie ganz gleichm~issig gehitrtet. Gelangt das Messer nun, nachdem es eine Strecke hin- durch durch gut gehiirtete Masse hindurch gedrungen ist, an weichere, so reisst der Schnitt regelmiissig entzwei. Diesen Uebelstand kann man indessen vermeiden, wenn man den Riicken des Messers in dem Augenblick, wo die Schneide die weiche Stelle beriihrt, was man nach einiger Uebung sofort merkt, ein wenig hebt. Ist die Stelle voraber, so senkt man ihn wieder. Solche feine Modificationen der Messerfiihrung kann abet nur die menschliche Hand ausf0hren.

Fragen wir uns nun nach dem Werthe, welchen diese ver- schiedenen Mikrotome ftir den Mikroskopiker yon Fach haben, so hiingt dieser natiirlich yon den Leistungen des Instruments, yon seiner Brauchbarkeit ab; welche hnforderungen mtissen wir also an ein Mikrotom stellen? Es sin4 deren mehrere.

1. Das Mikrotom muss bei richtiger Handhabung ausreichend diinne, gleichmassige Schnitte yon dem Pr~parat zu machen erlauben, und ausserdem die Anfertigung von Serien yon Schnitten ermiig- lichen.

Diese Anforderung erf[illen wohl alle diese Mikrotome, denn sonst wtirden sie wohl niemals yon ihren Erfindern der Oeffentlich- keit iibergeben worden sein.

2. Die richtige Handhabung muss leicht zu eflernen sein. huch hierin finden sich keine bedeutenderen Unterschiede. 3. Das Mikrotom muss ein miiglichst grosses hppassungsver-

miigen besitzen. a) Man muss mit demselben Mikrotom m(igliehst verschieden

grosse Schnitte herstellen kiinnen. b) Man muss mit demselbem Mikrotom yon miiglichst ver-

schiedenen Priiparaten Schnitte herstellen kSnnen. Es ist dieses cine, meiner Meinung nach, ungemein wichtige

hnforderung, welcher bis jetzt noch viel zu wenig, ja eigentlieh fast gar nicht Rechnung getragen worden ist. Man hat bis jetzt die Leistungen eines Mikrotoms immer nur nach den beiden ersten Forderungen bestimmt, was hilft das aber dem Histologen, der sich mit den verschiedensten Organen und Geweben beschiiftigt? Er kann sich doch unmiiglich far jedes derselben ein besonderes In- strument halten. Und dieses war wohl auch der Hauptgrnnd, wess-

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hall) die Mikrotome yon den eigentlichen Forscheru bisher nicht ge- n~igeud gewfirdigt wurdeu.

Die Bedingung 3a ist ftir das Krause ' s che und Leyser ' sche Mikrotom bereits ein uniiberwindlicher Stein des hnstosses, denn beide sind nur bei kleinen Objecten anwendbar. Es bleiben nun noch tibrig das R u t h e r f o r d ' s c h e , Gudden ' s che und das meinige, denn auch das urspriingliche, yon J a m e s S m i t h r Instrument und das kleine yon mir modificirte erreichen ihre Leistungsgrenze bei Objecten yon 2,5--3 Ctm. Durchmesser.

SteUen wir die Bedingung 3 b, so fallen auch alas Gudden- sche und R u t h e r f o r d ' s c h e M i k r o t o m fort und nur das meinige bleibt ~ibrig. Das R u t h e r f o r d ' s c h e Mikrotom hat den grossen Uebelstand, dass man es eben nut als Gefriermikrotom benutzen kann, weil dieses die einzige Art ist, um Pr~parate in ihm so zu befestigen, class man dieselben zweckmiissig schneiden kann.

Erstens ist nun aber fiir die meisten Gewebe, wenigstens wenn es sich um den feineren Ban handelt, das Gefrieren durchaus nicht gleichgtiltig, und dieses ist schon ein grosser Nachtheil, zweitens aber sind die Umstiindliehkeiten bei dem Gebrauche sehr gross, denn es ist in der That gar nicht leicht, ein Object yon mehreren Ctm. Durehmesser zum gleiehm~issigen Gefrieren zu bringen und dann beim Schneiden in diesem Zustande zu erhalten, namentlich im Sommer; jedenfaUs kostet es immer stundenlange u

An eiuem ahnlichen Fehler leidet auch das Gudden ' s che Mikrotom, ein so brauchbares Instrument es sonst auch ist. Man muss bei demselben e in j e d e s Prii.parat eingiessen, um es zu be- festigen. Auch dieses geht nicht schnell, denn da die erste Masse beim Erkalteu sich zusammenzieht, so muss man immer noch ein zweites oder gar drittes Mal yon der Masse nachgiessen, his das Priiparat dem Cylinder anliegt, huch bier geht also viel Zeit und Miihe verloren. Es ist aber auch sonst durchaus nicht immer ange- nehm, ein Priiparat mit einer bestimmtenEinbettungsmasse umgeben zu mtissen, weil dasselbe darunter leiden kann. Da ferner die meisten Einbettungsmassen, wie Paraffin, Wachs und Oel, Flemmigsche Seife etc. sich in hlkohol l(isen, die hnwendung yon Leim und Gummi- lilsungen abet sowohl wegen tier Haftens dieser an dem Metallcylinder, als auch wegen ihrer in vielen F~illen unbequemen Consistenz sich verbietet, so ist man bei G u d d en stets genSthigt, den oberen Teller mit Wasser zu ftiIIen und unter diesem zu schneiden, w~ihrend hl-

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kohol, unter dem sich so viel besser schneidet, ausgeschlossen ist. In der That zeigen die k~uflichen Gudden ' schen Mikrotome (bei H e r m a n n K a t s c h in Miinchen), dadurch, dass der Teller innen laekirt ist, an, dass der Erfinder nur auf den Gebrauch vonWasser gerechnet hat. Der einzige Fall, in dem ieh ein Gudden'sehes Mikrotom anwenden wiirde, w~irde der sein, um Schnitte aus mensch- lichen oder grossen Thierhirnen zu machen, weil hier eben nur ein specieller Fall vorliegt und jedes Anpassungsverm~gen unn~thig wird. Doch auch bei dieser Art der Anwendung, bei der das In- strument, wie ich aus eigner Anschauung weiss, ausgezeichnetes leistet, ist es immer unangenehm, den Alkohol entbehren zu miissen.

Bei meinem Mikrotom dagegen kann man das Pr'~parat, welches sehr verschiedene GrSsse haben kann, auf die verschiedenste Weise befestigen; sei es mit Leber oder Kork, oder I-Iollundermark etc., oder dass man es in einer Form in eine beliebige Masse eingiesst und dann festklemmt. Ebenso kann man die Fltissigkeit beliebig w~thlen, und kann unter einem Tropfglase oder unter einem Fliissigkeits- niveau schneiden. Einen Nachtheil hat dieses Mikrotom gegen das G u d d e n s c h e : man ist genSthigt, sobald die Kopfplatte vSllig bis zum Rande des inneren Cylinders herabgeschraubt ist, das Praparat zu lockern, hSher einzuspannen, und die Kopfplatte wieder herauf- zuschrauben, doch kaun ich aus vielfacher Erfahrung versichern, dass diese Unbequemlichkeit nur eine sehr unbedeutende ist, und auf die hnfertigung yon Serienschnitten nur sehr unbedeutenden Einfluss austtbt.

4. Ein Mikrotom muss so billig als mSglich sein. Der Kostenpunkt ist in der That yon durchaus nicht unter-

geordneter Wichtigkeit, falls die Mikrotome, wie ich es far wfinschens- werth hare, an Universit~ts-Instituten allgemein in Gebrauch ge- zogen werden. Ein solches Institut, an dem viele Practicanten ar- beiten, muss doch immer eine gewisse Anzahl Instrumente besitzen, und bei dem meist nicht sehr grossen Etat der Institute muss der Kostenpunkt wohl erwogen werden.

Ich will hier nachfolgend eine Zusammenstellung der Preise der hier besprochenen Mikrotome geben.

Es kostet nebst Messer ein Mikrotom yon: K r a u s e (geliefert yon Mechanikus A p el in GSt-

tingen mit 7 Ctm. langem Messer) . . . . . . . . 144 Mk. L e y s e r (in Leipzig) . . . . . . . . . . . 48 ))

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G u d d e n (gel ief .vonHermann K a t s c h in Miinchen) griisster hpparat yon 15,5 Ctm. Cylinder-Durchmesser 252 Mk.

Mittlerer hpparat yon 6,5 Ctm. Cylinder-Durchmesser 100 )) Kleiner hpparat yon 3,5 Ctm. Cylinder-Durchmesser 72 )~ R ut h e r f o r d (geliefert yon Baker inHolborn(London) 52 )) J a m e s S m i t h (yon mir modificirt, geliefert yon

~echanikus l~Iaier in Strassburg i. E., Kriimergasse 9, ohne Messe5 da jedes Rasirmesser dazu zu gebrauchen, Cylinder~iffnung 2,5 Ctm.) . . . . . . . . . . . 18 ))

S c h i e f f e r d e c k e r (geliefert yon demselben Me- chanikus, CylinderSffnung 7,5 Ctm. also entspreehend dem mittleren G u d d e n'schen, mit Messer yon 27 Ctm. L~tnge uud 5 Ctm. Breite der Klinge, in Etui) . . . . . . 68 ~)

Dazu, aufWunsch, ein zweites kleineres Messer yon 27 Ctm. Liinge und 3 Ctm. Breite der Klinge . . . . 12 ))

Dazu ferner verschiedene grosse Blechformen zum Eingiessen yon Priiparaten in Einbettungsmassen zu verschiedenen Preisen.

Mso auch in Bezug auf den Preis stellen sich die beiden letzten bei Weitem am besten.

Nach dem bisher Gesagten glaube ich also berechtigt zu sein, meine Ansicht dahin anszusprechen, dass die ftir einen Histologen zweckmiissigsten Instrumente die beiden letztgenannten sein diifften. Er wird mit denselben fast in allen Fallen ausreichen. Wtinscht man speciell Sehnitte yon Mensehenhirnen oder grossen Thierhirnen (Rind, Pferd etc.) zu machen, so hare ich fiir das beste Instrument das gr(isste G u d d e n ' s c h e mit 15,5 Ctm. Cylinderdurchmesser, da ich reich yon den ausgezeichneten Leistungen persSnlich tiberzeugt babe, und nicht weiss, ob mein Instrument auch bei einer VergrSsserung bis zu diesem Cylinderdurchmesser noch gute Schnitte liefern wird.

Zum Schlnsse miiehte ich noch erwiihnen, dass in dem hiesigen anatomischen Institute von Prof. W a 1 d e y e r das kleine modificirte Instrument yon J a m e s S m i t h und das meinige, und in der Irren- anstalt Stephansfeld bei Strassburg das letztere bei Hrn. Dr. S t a r k seit liingerer Zeit mit giinstigem Erfolge in Gebrauch sind.