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Ueber einige Derivate dea Diphenyls ; von Rudolph Fittig. - Z w e i t e A b h a n d 1 u n g. Sowohl diejenigen Zersetzungsproducte des Phenyls, welche ich in einer friiheren Abhandlung *) beschrieb, als auch diejenigen iiber welche ich im Nachfolgenden Mit- theilungen machen werde, zcigen dcutlich, dab dieser Kohlen- wasserstoff weder das isolirte Radical der Phenylverbindungen ist, noch zu diesen in einer einfachen Rclation steht. Durch die innige Aneinanderlagerung der beiden gleichen Atom- complexe CGHj ist eine Verbindung entstanden, welche voll- stlndig aus der Phenylgruppe lierausgetreten ist und zu einer ganz aridercn chemischen Gruppe gehiirt. Es crscheint mir defshalb zweckmsbig, den Namen ,,Phenyl' in Riicksichl auf Zusammensetzung und Bildung in ,,Diphenyl" umzulndern, urn so dem sonst unvermeidlichen Uebelstande zu entgehen, den Derivaten desselben gleiche Benennung mil den vom Benzol und Phenol abgeleiteten Verbindungen geben und in die Nomenclatur der aromatischen Verbindungen noch grbfsere Verwirrung bringen zu mussen, als jetzl schon vorhanden ist. Darstell~ing und E(yensclta$en des Diphetiyls. - Bei der Bereitung grbfserer Quantiliiten von Diphenyl erwies sich die Methode, welche ich fruher **) beschrieb, zu zeitraubend und unbequem. lcli habe dehhalb das Verftlhren auf man- nigfaltige Weise modificirt und schliefslich gefunden dat man den Kohlenwasserstoff am Einfachsten und in beliebig groker Quantitiit rein erhalt, wenn man auf folgende Weise operirt. *) Diesc Annalen CXXIV, 275. **) Diese Annalen CXXI, 361. Annal. P. Chem. 11. Pharm. CXXXU. Hd. 9. Heft. i4

Ueber einige Derivate des Diphenyls

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Ueber einige Derivate dea Diphenyls ; von Rudolph Fittig. -

Z w e i t e A b h a n d 1 u n g.

Sowohl diejenigen Zersetzungsproducte des Phenyls, welche ich in einer friiheren Abhandlung *) beschrieb, als auch diejenigen iiber welche ich im Nachfolgenden Mit- theilungen machen werde, zcigen dcutlich, d a b dieser Kohlen- wasserstoff weder das isolirte Radical der Phenylverbindungen ist, noch zu diesen in einer einfachen Rclation steht. Durch die innige Aneinanderlagerung der beiden gleichen Atom- complexe CGHj ist eine Verbindung entstanden, welche voll- stlndig aus der Phenylgruppe lierausgetreten ist und zu einer ganz aridercn chemischen Gruppe gehiirt. Es crscheint mir defshalb zweckmsbig, den Namen ,,Phenyl' in Riicksichl auf Zusammensetzung und Bildung in ,,Diphenyl" umzulndern, urn so dem sonst unvermeidlichen Uebelstande zu entgehen, den Derivaten desselben gleiche Benennung mil den vom Benzol und Phenol abgeleiteten Verbindungen geben und in die Nomenclatur der aromatischen Verbindungen noch grbfsere Verwirrung bringen zu mussen, als jetzl schon vorhanden ist.

Darstell~ing und E(yensclta$en des Diphetiyls. - Bei der Bereitung grbfserer Quantiliiten von Diphenyl erwies sich die Methode, welche ich fruher **) beschrieb, zu zeitraubend und unbequem. lcli habe dehhalb das Verftlhren auf man- nigfaltige Weise modificirt und schliefslich gefunden d a t man den Kohlenwasserstoff am Einfachsten und in beliebig groker Quantitiit rein erhalt, wenn man auf folgende Weise operirt.

*) Diesc Annalen CXXIV, 275.

**) Diese Annalen C X X I , 361.

Annal. P. Chem. 11. Pharm. CXXXU. Hd. 9. Heft. i4

202 Fittig, iiber einigc

Gleiche Molecule Brom und Benzol werden in einer Retorte gemischt und diese , um die Bromwasserstoffsiure wieder zu gewinnen, rnit einer Wasser entlialtenden Vorlage verbunden. Anfilngs, besonders beitn Eingiefsen des Broms in das Bcnzol, ist es gut, die Retorte niit kaltcin Wasser zu umgeben. Nach eiriigen Stundcn enlfernt man das Kuhl- wasscr und lafst Retorte und Vorlage IBiigere Zeit irir zer- streuten Tageslicht stehen. Im directen Sonnenlicht wird die Einwirkung des Broms beschleunigt, aber man erhllt eine geringere Ausbeute an Moriobroiribenzol, weil sich d a n n in der Fliissigkcit uiid zumal itn Hals der Retorte v ide lange nadelfoririige Krystalle bildcn, welche wahrscheinlich das von M i t s c 11 e r I i c h entdeckte G,J16Br6 sind , deren Bi ldung im zerstreuten Liclite nicht odcr doch nur spureriwcise stall-

findet. Es gelingt nicht a u f tliese Weise, sclbst bei Anwen- d u n g cines grofsen Ueberschusses von B e n d , alles Brom zu binden. Als ich ein solches Geinisch zwei Munate stehen liefs, Iialte die Einwirkung vollsliintlig aufgehiirt , es ent- wickelte sich keine ~ romwasse r s lo l au re melir, aber trotz- dcm WiIr es noch von freiein Brom gefiirbt. Ich l ids d e b halb in der Rrgcl nur so lange stehcn, bis nach dcr Ellifer- nung der Vorluge kcine Nt:bel von Bi.ornwasserstoff~~urc itielir auftratcn, wozu jc nach der Tcinperalur 8 bis i 4 'rage cr- forderlich sind. Dann wird der Rctorteninlialt in die Vorlage destillirt, das Ganze niit Natronlauge bis zur Enlfarbung ge- schiillelt, die wiisscrige Flussigkeit eiitfernt, das Oel i n i t Clilor- calcium sorgfiiltig gclrocknel u n d rcctilicirt. \Venn das ange- wandte Bcnzol vdllig w i n war, geht bis i60" die ganze Fliis- sigkcit iiber ; sonst unterbricht iriiln bei dicser Tcttipcrntur die Deslillation und bringt ohiie Weitwcs diescs Dtrstillat, wcl- chcs n u r aus Beneol und Monobromlmzol bcstcht, in einer Rvtorte mit iitwrscliiissigcin , i n tliinnc Bllltclien zcrscliliit- tenem Natrium zusainnien und l i lbt die Retorte 24 Sturiden

Derivatc des D iph enyb. 203

in kaltem Wasser stehen. Hierauf wird abdestillirt, so lange noch etwas tibergeht. Durch einmalige Fractionirung Ififst sich das Destillat leicht in Benzol und reines, sofort erstarren- des Diphenyl zerlegen. DRS Benzol dient hier statt des friiher angewandten wasserfreien Aethers als Verdiinnungs- mittel.

Bei dieser Darslellungsmethode hat man hesonders darauf cu achten, dafs das Gemisch von Benzol und Brotnbenzol vor der Behandlung mil Natrium vollstindig entwissert und frei von Bromwasserstotrsiiure ist. Ich habe wiederholt gefunden, dafs geringe Mengen von Wasser die Ausbeute an Diphenyl wesentlich beeintrichtigen, indem sich offenbar das freiwer- dende C6H5 init dern vom Wasser stammenden Wasserstoff wieder zu Benzol vereinigt.

Das freie Diphenyl verbindet sich mit Wasserstoff im status nascendi freilich nicht. Ich habe die alkoholische Losung desselben lange Zeit mil Natriumamalgam behandelt, ohne dafs auch nur eine Spur von Benzol entstand, aber es lafst sich nicht verhennen, dafs bei der Bildung des Diphenyls diese Vereinigung vie1 leichter vor sich gehen kann. Wie To1 l e n s und ich vor Kurzem zeigten , entsteht , wenn zu- gleich ein anderes Alkoholredical im status nascendi vorhan- den ist, ebenfalls kein Diphenyl, soridern das Radical GtiHs verbindet sich im Momente des Freiwerdens mit diesem. Die Entslehung von Benzol ist diesem Processe vollstandig analog. Das freiwcrdende Radical Gb€lj, welches fur sich nicht exi- stiren kann, hat sehr wahrscheinlich grorsere Neigung , sich mit einem Atom M’asserston, als mit einem zweiten Atom G,H5 zu vereinigen, und es mufs dekhalb bei Gegenwart von Wtlsser Benzol regenerirt werden.

Darin scheint mir der Grund zu liegen, dars R i c h e bei der Einwirkung von Natrium auf das aus Phenol mil Brorn- phosphor erhaltene Product, welches ohne Zweifel idenlisch

14 *

204 Fittig, iibn c h i p

mit Blonobrombenzol ist , kein Diphenyl, sondern nur Benzol erhiult und dafs auch C h u r c h *) bei der Wiederholung ineiner Versuche neben Diphenyl betrjichtlichc Mcngen von Benzol fand. Bei eineni Processe, der so glatt und ohne dafs sons t ip Nehenprotlucte auftrttlen vor sicli geht, wic die Bil- dung des Diphenyls, iiii,clite die Entslehung von Benzol schwcr anders zu erkllren w i n .

Bei meinen f r ~ h e r e n Vcrsuchcn halte ich nur kleine Mengeii yon Diplicriyl zu nieinctr Disposilion und icli konnte dcfshalb den Sicdepunkt dcssttlhen nicht liinreichend gcnau beslimmen. Mcine fruliere Anpbt: 245" ist zwar seiltleni yon C h u r ch bcslaligt worden, aber trotzdem ist sie niclit ganz riclilig. Das reine Diphenyl siedet conslant zwisclien 239 und 240".

Dihromdiplien~y1 C,,H,Br,. - Brorn wirkt schr cnergisch unter Entwickelung VOII Brornwasscrsloffsaure a u f d i l s Diplienyl eiii. Rliifsigt nian die Iieaclion diidiirch, dars inan uberschus- sigvs Brorn niit Dipheiiyl unter Wusser zusarnrrienrcibt , so erlihlt man einc teipige Masse, welchc nach dcr Entfernung dus uberscliussigen b o m s durcli Wtischen niit Natronlauge fest w i d unt l nncli cinnialigem Uinkrystnllisiren uus sicden- &in Bcnzol vollkoirimen rein ist.

0,3355 Grm. Sttbstmz gnben 0,570 Koblenalure = 0,15555 6 und 0,088 Wusser = 0,009778 11.

0,1933 Crm. GuLstnnz gabeii 0,2331 Bromdber = 0,099192

berechnct gcfundcn -- -

6 L P 144 46.16 46,36

118 8 2,57 2,91

Br1 160 51,27 50,80

Br.

~-

312 100,oo.

*) Dietie Annnalen CSXVIU, 220.

Derivate des DiphmTls. 205

Das Dibrorndiphenyl lrryslallisirt aus Benzol in zicnilich grofscri furbloscn , conccnlrisch vereinigtcn Prisrnen; welche mit einem prachtvollcn Glaiize und sliirkem Liclilbrechungs- verm6gcn bcgabt sind. Es ist unli,slich in Wasser u n d kaltem Alkohol, schwerliislicli i n sicdendcm , lcicht in Bcnzol. Es schinilzt bei 164" zu eincr wasserhcllen Fliissigkeit, die unter i50° abgekulilt wcrden k a n n , bcvor sie wiedcr erstarrt. In hijhercr Teniperalur lifst cs sicli ohnc Zcrsclzung dcslilliren.

Das Dibi*oindiphenyl k a n n RIS ths Bromiir des im Ben- zidin enthalterien zwcialoniigen Radicals CI,H8 betrachtet werden. Icli lioflle daraus eincn Diplienylalkol~ol C-12Hlo0s zu erhallen, cler viellcicht identiscli mit der VerbinJung sein konnlc, wclche G r i c f s *) vor Kurzcm durch Einwirkung von salpelriger Sarire auf dus salpelcrsaure Bcnzidin und Zersrlzung der dilllei enlstelientlen Verbiiidung ClSH,N4,

2NHOj mit kocliendem Wasser erhielt, aber alle meine Ver- suche schtiterteii an der grofsen Bestindigkeit der Bromver- bindung. Ich habe dieselbe zwei Tage lang mit eincr con- cenlrirtcn alkoholisclien Kalilijsung und vier Tuge lang init einer Ldsuiig von essigsaurcrri Ktili in Alkohol gekoclit, ohne dafs sich weder in deni ciiieii, iiocli in dem andcren Falle auch nur eirie nachweisbare Spur VOII Bromkalium gebildet hatle.

Ein Versuch, aus dieser Bromverbindung den zweialo- migen Kolilenwassers~off C,:H,, dcr mijglichcr Wcisc identisch init derri Chryscn sein korinte, zu isoliren , blicb eberifalls erfolglos, d a such metallischcs Natrium nicht in, Stande ist, das Band zu Ibscn, mil tlern das Brom gebundcn ist. Ich habc die Ltisiing tlos Dihroindiphcnyls i n Benzol niit mctalli- scheni N~triuiri cincri Iialbcn 'rag lang t i n 1 uingekelirlcii Lie- big'schen Kuhler in1 Sicdcn erliallcn, aher das Nalriuin ver- . . - - . - -

*) Zeitschrift f. Chem. u. Phurm. 1862, 449.

206 Fi t t ig , Qbsr einigc

lnderte sich nicht. Als ich darauf die trockene Bromver- bindung uber metallischem Natriurn destillirte , schien es, als ob bei der Siedctemperatur der Verbindung Einwirkung statt- fand; cs verkohlte ein Theil, der bei weitern grbbere aber verfluchtigte sich und erslarrle iiii Halse des Destillations- gefiifscs. Bei naherer Unlersuchung erwies sich diefs iridefs als unverandcrtes Dibromdiphenyl , dem keinc Spur eines anderen Kbrpers heigernengt war.

Nacli den bisherigen Untersuchungen scheint ubrigens das Chrysen nicht das diesen Verbiiidungen zu Grunde lie- gende Radical zu sein, denn es verbindct sich nach La II r e n t nicht direct mit Brorn, sondern unter Entwickelung von B r o w wasserstoffsaure , und liefert auch mil Salpeterslure kein Dinitrodiphenyl, sondcrii ein Substitutionsproduct.

.nl‘bromd~~~ilrot l i~)henyl C12H,.Br,(N02)2. - Rauchende Salpetersiure wirkt in der Kllte auf das Dibronidiphenyl nicht e in , bei gelindem Erwiirmen liist es sich aber dariri unter ziemlich starker Reaction und nach wenigen Augen- blivken erstarrt die ganze Flussigkeit zu einern aus sehr feinen Nadeln bestehenden Krystallbrei. Nach dem Waschen mit Wasser wurden sie aus heifseni Benzol umkrystallisirt.

0,2493 Grm. Substariz gabcn 0,2345 Bromsilber = 0,0998 Grm. =

0,1342 Grrn. Substanz gaben 8,6CC. Stickgas bei 14O und 752,1m”

Die Formel 6,,H,Br2(N8,)1 vcrlangt 39,EO pc‘. Br und 7,O pC. N.

40,03 pC. Br.

Druck = 0,010 = 7,45 pC. N.

Das Dibrorrrdinilrodiphenyl ist in Wasser vollstandig un- Idslich, in Alkohol, selbst in siedeiidem, sehr schwcr, leichter in heihem Benzol Iiislich und krystallisirt besondcrs aus der letzteren Lbsung in prachtvollen zolllangen. schwach gelblich gefiirbten, haarfeinen Nadeln. Es gleicht irn Aeufseren sehr dem Dinitrodiphenyl und ist nicht unzersetzt fluchtig.

Deriuate des Diphenqls. 207

Dihrorndiornidorlip~enyl, Brombenzidin G1?HIOBr2NP. - Diese Base lafst sich niclit durch Reduction der Nitroverbin- dung mit Schwcfelammonium darstellen. Man erlriilt nach dieser Metliode nur braune, harzige, in Snlzsiure unitistiche Producte. Behandclt inan die Nilroverbindung aber mi! Zinn und concentrirtcr Salzsaure, so 1Bst sie sich nacli langwem Erliitzen vollstandig; vcrdiirint man darauf mit Wasscr und Iiltrirt, so scheiden sich atis dein fiirbloscn Filtrat nach einiger Zeit hartu wnrzenfijrrnige Krystallgruppcn aus, die eine Ver- bindung des salzsauren Siilzes der Base mit Chlorzinn sind. Durch Umkrystallisiren Ififst sich diese Verbindung nicht reinigen, da sir! durch Wasser zersetzl wird und auch nach dem Losen in Salzsiiurc sicli nicht unverlndert, sondern ge- men@. niit dein ziniifreicn salzsauren Salze abscheidet. LBst man in verdirnntcr Salzsiure und setzt zu der heifsen Fliis- sigkeit concentrirte Salesaure, so scheiden sich fast nur nadel- f6rmige Krystalle des reiiien salzsauren Salzes ab.

Die freie Base l a t t sich aus der Zinnverbindring am Leichteslen durcb ErwCrnien init vertliinntem Aminoniak er- haltcn. Sic schoidet sich i n dcr Hihe als ein schwixh gelb geftirbtcs Oel ab, welchcs beirn Erkalten zu einer amorphen klebrigen Masse erstorrt. Durch Liken in Alkohol wird sie von dcm gleichzeitig abgeschicdenen Zinnoxydulhydrat ge- trennt. Die anfangs fast v6llig farblose alkoholische LBsung f l rb t sich nach wenig Augenbliclten an der Luft erst gelb und dann braun, und uach cinigcr h i t schcidet sich die Base in braiinen Kryslalleri ah. Es .ist rnir durch wiederlioltes Urakrystallisiren, durcli Ucberfiihrung in das' salzsaure Sulz und Wiederabscheiduiig niit Animoniak nicht gelungen, sie ganz farblos zu crlralien, weii die mil Thierkohle entfiirbte Lasung sich regclmlifsig beim Erkalten wieder farbte.

I

0,2966 Grm. Substanz g;ibcn 0,3208 Ilrornsilber = 0,137 Br.

208 E z t tdg , tZbn tinige

0,2814 Grm. Substam gaben 0,4361 Kohlendlore = 0,11894 6 nnd 3,0801 Wasser = 0,0089 H.

Berechoct Gefunden - -- G,, 144 42 , l l 42,26

%I 10 2,92 3,16

Br, 160 46,78 46,16 28 8,19 -

____. NO

342 100,OO.

Das Dibrombenzidin krystallisirt aus Alkohol in kleinen harten, zu halbkugelformigen Aggregaten vereinigten Kry- stallen, die im Aeufseren grofse Aehnlichkeit mit C~ndiszucker haben. Es ist in Wasser vollstandig unloslich, schmilzt bei 89O und zersetzt sich in hiiherer Temperatur uiiter Ent- wickelung von Bromwasserstoff und Abscheidung von vieler Kohle. Vom Benzidin unterscheidet es sich wesentlich durch seine weit geringeren basischen Eigenschaften. Es ldst sich leicht beim Erwarmen mil ubcrschiissiger verdunnter Salz- s h e , aber beim Erkallen scheidet es sich zum Theil unver- lndert wieder ab.

Das reine salzsaure Salz erhllt man in farblosen kleinen Prismen, wenn man zu der heifsen Lasung der Base in ver- diinnter Salzsaure concentrirte Saure setzt. Beim LBsen in Wasser erleidet es thtilweise Zcrsetzung, unter Abscheidung der freicn Base; auch beimLiegen an trockener Luft scheint es allmalig ctwas Salzsiure zu verlieren.

Es gaben nlmlich 0,2731 Grm. Substanz 0,1804 Chlor- silber, entsprcchend t6,’7? pC. Salzslure, wlhrend die Formel GjrHloBr2N1, 2 HC1 t7,59 pC. Salzsiiure verlangt.

Pie Ldsung des salzsauren Salzes in vcrdiinnter Solz- s lure giebt init Platinchlorid einen braunen voluminijsen Kie- derschlag , der sicli nicht durch Umkrystallisiren reinigen liifst. Ammoniak fallt aus der salzsauren LBsung die Base in Form tines rein weifsen amorphen Niederschlags.

Derivate des Dzjlhenyls. 209

Das schwefelsaure Salz des Dibromhenzidins ist in Was- ser loslich; wenigstens entsteht in der Losung des salzsauren Salzes mit verdiinnter Schwefelsaure kein Niederschlag.

DisuZfodi;ol,en?/Zsuure GIeHloS2Bc. - Das Diphenyl lBst sich beim Eintragen in erwarmte concentrirte englische Schwefelsaure leicht auf, unter Bildung dieser Saure. Beim Erkalten erstarrt die braunlich gefarbte FlGssigkeit zu einem aus kleinen, sehr feinen Nadeln bestehenden Krystallbrei, der im offenen Gefafs nach kurzer Zeit durch Anziehung von Wasser aus der Luft wieder zerfliefst. Von der iiberschus- sigen Schwefelsaure kann die Sulfosaure nicht auf die ge- wohnliche Weise getrennt werden , weil sie merkwurdiger- weise sich mit allen Basen, deren schwefelsaure Salze in Wasser unloslich sind, ebenfalls zu vollig unloslichen Salzen vereinigt. Durch Neutralisiren mit kohlensaurem Baryt, kohlen- saurcm Kalk oder kohlensaurem Blei erhalt man selbst bei Anwendung grofser Mengen von Wasser kaum Spuren ge- loster S a h Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es mir, durch Darstellung dcs Iialisalzes eine vortreffliche Reini- gungsmethode der Saure aufzufinden. Wenn die niit ziem- lich vielem Wasser verdunnte Losung des Diphenyls in con- centrirter SchwefelsPure in der Warrne rnit kohlensaurem Kali ncutralisirt wird, so scheidet sich beim Erkalten eine reichliche Mcnge von Krystallen ab, welche aus dem Kalisalz der Sulfosaure bestehen, verunreinigt mit einer nur kleinen Menge von schwefelsaurem Hali. Da das erstere Salz in kaltem Wasser schwerer loslich ist , als das schwefelsaure Kali, lafst es sich durch ein- oder zweimaliges C~nkrystalli- siren sehr leicht rein erhalten. Es krysfallisirt in farblosen und vollstandig durchsichtigen zolllangcn zienilich dicken Saulen , haufig in Zwillingen rnit einspringenden Winkeln. In trockener Luft verwittert es rasch. Es ist schwer 1Bslich in kaltem Wasser, leichter in heirsem, unloslicb in Alhohol.

2fO Fittig, lhcr Biniga

Sehr anffiillig ist die Bestandigkeit dieses Salzes in h6herer Tempcratur, die so groh ist, dofs man ES bei oberflachlicher Priifung kaurn fiir das Salz einer organischen Saure halt. Beim Erliitzcn im Porcullantiepel heginnt es erst sich lang- mrn ZII schwarzen, wenn derselbe vollstandig rolhglfihend ist, und bci der Elerncntaranalyse findet erst dann eine regel- mafsige Entwickclung von Iiohlcnsaure statt, wenn das ganze Rohr gliiht und dils chromsaurr: Blei zu schmelzen beginnt, ein Umstand, der die Analyse auf ganz ungewblinliche Weise ersch wert.

0,2277 Gym. Suhstnnz verloren bcim Erbitzen aiif 150° 0,0247 =

Die Formel 6,,H,Kn,S2C), f 2 ' i , H 2 0 verlrngt 10,35 pC. Wasser. I. 0,2662 Grm. des wwserfreicn Salzes gaben 0,357 KotilensLure

0,2867 Gym. gaben 0,1278 schwefelsaures Kali = 0,05729 Ka. 0,2496 Grm. mit Soda uiid Gnlpeter gegliilit gaben 0,2931

0,1968 Grm. galen 0,0878 schwefelsaures Kali = 0,0394 Ka.

10,85 pc'. Kasscr.

= 0,09766 6 iind 0,056 Wasser = 0,00622 H.

scliwrfclsauren Bilryt = 0,04025 S.

11.

Berechnet Gefunden -.- - .-c 0-

1. 2. 6,, 144 36,92 36,58 -

8 2,05 2,22 - H8

64 16,41 16,13 - 8, 96 24,62 - - 0,

Ka, 78 20,oo 19,98 20,02

390 100,OO.

Bisweilen wurde ohne irgend eine Abanderung in der Dar- stellungsinethotle ein Iialisalz erhalten, welches im Aeufseren sehr verschieden von dern eben beschriebencn war. Es kry- stallisirte i n grofsen , wasserklaren, stark glinzenden Ttifeln, die an zwei Seiten abgerundct warcn und i n ihrcr Form die gr6fste Aehnlichkeit mil llechtschuppen zeigten. Da diese Krystalle durch einfaches Unikrystallisiren aus Wasser nicht in jene saulenfijrmigen verwandelt werden konnten, hick ich

Dcrivaie dea Diphenyls. 21 i

sie anfinglich fcr ein anderes Salz, aber ich konnte weder in der Zusammensetzung noch im cliemischen Verhalten Yer- schiedcnheiten wahrnehmen, und als ich aus rliesem Salze das Bleisalz darstellte, dieses mit Schwefelwasserstoff zerlegte und die freie Saure wieder mit kohlensaurem Kali neutrali- sirte, erhielt ich wieder die characteristischcn Saulen.

0,2567 Grrn. der tafelfiirmigen Krystalle, die zwei Tage an der Luft gelegen hxtten iind wahrdieinlich etmas rcrmittert waren, verlorcn bei 100° 0,0238 = 9,27 pC. Wasser.

Die Forinel 6,2H8Ka26,88 + 21J2 €1,8 verlangt 10,35 pC. Die Formel 612H8Ka&08 + 2 H,O verlnngt 8,45 pC. 0,2329 Grm. des wasserfreien Salres gaben 0,1035 schwefelsaures

Die Formel 61PHBKapS408 erfordert 20,OO pC. Ka. Kali = 0,0464 = 19,92 pC. Ka.

Mshrere Versuche, ein saures Kalisalz darzustellen, waren vergeblich. Als die Losung der freien Siiure zur Hilfte mit kohlensaurem Kali genau ncutralisirt und dann die andere Halfte hinzugefugt wurde. kryslallisirte nach dem Verdunsten nur neutrales Salz. Aus einer Liisung des KalisHlzes in einem grofsen Ueberschufs der frcien Saure schicd sich frei- lich beim freiwilligen Verdunsten ubcr Schwefelslure erst nachdem die Fliissigkeit auf ein sehr kleines Volumen ein- geengt war ein in grol'sen Rliombokidern krystallisirendes Salz ah, aber dieses wtlr ebenfalls neutrales Salz und unter- schicd sic11 von dem oben beschriebenen nur dadurch, dafs es nur 2 Molecule Krystallwasser enthielt.

0,2377 Grm. verloren 0.0203 =I 8,56 pC. Wasrer. 0,2174 Grm. gaben 0,0947 achwsfelsaures Kali = 0,04245 =

19,62 pC. Ka.

Das Burytsalz wurde aus dem Kalisalze durch Fillung mit Chlorbaryum dargestellt. Die sicdend heifse Losung des Kalisalzes giebt mit Chlorbaryum einen weifscri , krystallini- schen Niedersclilag , der in Wasser und Mineralsauren fast so unlBslich wie der schwefelsaure Baryt ist und auf dem Filtruin mit siedendem Wasser ausgewaschen werden kann.

2i2 P’iti iy, iiber sinige

Dasselbe SaIz ftillt auch aus der LBsung der freien %re, selbst wenn diese vorlter init vie1 Salesaure versefzt ist, auf Zusatz von Chlorbaryuin sofort Bus. Es steht in seitier Be- standigkeit dem Kalisalzc nicht n w h und zerselzt sich eben- falls erst, wenn es titiige Zeit einer starken Rolligluhhitze ausgesetzt isl.

1 . 0,409 tirm. das getrocknoten Sslzee gabeii 0,4669 Kolileiisiiure

0,4.547 Grm. gaben 0,2365 schwafelsaut.cn Baryt := 0,13906 Ma.

0,2208 Grm. gabcn 0,1142 schwelclsanren Baryt = 0,06715 Ea. 0,3821 Grm. gaben 0,1991 echwefelssnreri Baryt = 0,11707 Ba.

= 0.12734 6 und 0,080 Wasser = 0,00889 13.

11.

111.

Berechnet --

6,, 144 32,07

H* 8 1.79

Ba, 137 30,5 1

8 0 64 14.25

449 100,00

c), 96 21,38 ~

Gefundeii - - 1. 11. 111.

- 31.43 - 2,19 - -

30,58 30,4 1 30,64 - - -

Das KaZksaL wurde auf dieselbe Weise wic das Baryt- balz dargestellt. 111 der knlten LDsung tles Kalisalzes entskht iritlefs auf Zusatz voii Clilorcalcium kein Kiederschlag, selbst nicht nach langerem Stehen. Eiwir.int inan aber die mil Chlorcalcium vermischte Ltisung oder sctzt man zu der sie- dend heifsen L6sung Chlorcalciuni, so entstelit sogleich ein weifser krystalliriischer Niedcrschlng , der in kallem wie in siedendem Wasser wi ir wenig Jiislich ist und wie das Baryt- salz auf dem Filtrum init siedcndein Wasser ausgewaschcn wcrdeit kann. Dieses Verhalten des Kalksalzcs ist so chnrac- teristisch, dafs es sich sehr gut zur Nachweisung kleiner Mengcn von Disulfoodililic.iiylslure eignet.

0,2894 Grm. dea getrockneten Salzes gaberi 0,1 t16 dwefe1s;ruren

Die Formvl C,,H,(‘a,S20, verlangt 11,36 pC. Ca Kalk = 0,032823 Grill. = 11,34 pC. Cs.

Derivate des Diphenyla. 2i3

Das Silbcrsalz krystallisirt , wenn man die heirs ge- siittigte Losung des Kalisalzes mit Silherldsung versetzt, beim Erkalten in kleinen farblosen Blattchen. Es ist in kaltein Wasser leichter Ioslich, als das Kalisalz, und liifsl sich nicht gut durch Umkrystallisiren reinigen, weil es ill heirsem Wasser kaum mehr als in kallem loslich ist.

Das Bleisalz ist ein schwerer krystallinischer Nieder- schlag, der auf Zusatz von salpetersaurem Blei zu der Lo- sung des Kalisalzes entsteht. Es ist unloslich in Wasser, aber IBslich in Sauren.

Die ubrigenMetallsalze sind fast sammtlich inWasser leichter loslich, als das Kalisalz; wenigstens werden in der kalten con- centrirlen Losung des letzteren durch Eisen-, Zink-, Kobalt-, Kupfer - und Quecksilbersalze keine Niederschlage erzcugt.

In der Liislichkeit ihrer Salze zeigt demnach die Disulfo- diphenylsaure cine so grofse Aehnlichkeit mit der Schwcfel- saure, dafs es sehr schwierig ist, eine Verunreinigung der- selben niit schwefelsauren Salzen zu erkennen. Am Besten gelingt dicfs bei den loslichcn Salzen niit einer iiberschiissige Essigsaure eritholtendcn Bleizuckerlosung , durch welche die LBsung der disulfodiphenylsauren Salze nicht gefallt wird.

Die ,freie Disulfvdiplrenylsaure wurde durch Zersetzung des in Wasser suspendirten Bleisalzes mit Schwefelwasser- stoff dargestellt. Ihre wlsserige Lasung lafst sich ohne Zersetzung im Wasserbade zu einem farblosen syrupdicken Liquidurn verdunsten, welches iiber Schwefelsaure zu langen farblosen prismatischen Krystallen erstarrt. Diese schmelzen bei 72O,5 und konnen bis iiber 200° erhitzt werden, ohne sich zu schwarzen oder sonstige Vcrinderung zu erleiden. 111 hoherer Temperatur findet vollstandige Zersetzung rrtatt. Es scheidet sich eine grofse &ledge Kohle ab und man erhiilt nur eine sehr geringe Quantitat cines fliichtigen wcirsen Kiirpers, der Diphenyl zu sein scheint. In Wasser ist die

214 Fitrig, &her einz'qe

freie S u r e in jedem Verhtiltnifs 16slich; Rn der Lnft zerfliefst sie zu einer sehr sauren, der concentrirten Schwcfelsiiure tauschend ahnlichen Fliissigkeit.

Die Zusammensetzung der Disulfodiphenylsaurc und ihrer Salze, sowie ihre Entstehung aus dem Diphenyl nach der Gleichung :

zeigen. dafs sie eine zwcibasischc SIure is t wenngleich es niclit gclang , mure Salze derselben darzuslellen. Sic enthalt onenbar das zweiatomige Radical des Benzidins C,*HS und ist der Disulfonietholsiiure vollip analog zusammengesetzt.

GipHlo + 2 SHrQI = 619H1,S*86 + 2 A s 8

Gl'lfr, I SOJ Ihre rationelle Forinel ist und sie steht zu der 14 1

s'Q*)e,

Gl';H8

. welche ich vor Hurzem*) durch Zer-

setzung des Phenylathers mil concentrirter Schwefelslure erhielt, in demselben Vcrhaltnifs, wie die Sulfobenzolslure

Saiirc 8 b , b 6 B l p , H*

G'f1'5 I Q

Ii p HY} 0 zur Phenylschwefelslure {Q I . Beide Sauren un-

terscheiden sich durch die auffallend grofse Bestandigkeit ilirer Salze und durcti die Schwerliislichkeit ihrer Barylsalze von fast allen anderen organischen Sulfosauren.

Es ist nrir bis jetzt iiiclit gelungen, das Diphenyl durch Oxydalion in eine Saure zu vcrwandeln. Concentrirte Sal- petersiure wirkt, wenn man auch lange Zeit dainit korht, nur nilrirend, aber nicht oxydirend. Dcr Einwirkung ver- dunnter Salpetersiure odcr eines Gemisches von chromsaurem Kali und Schwefelsaurr! setzen die Eigcnscliaften des Di- -. ..

*) Diese Annalen CXXV, 328.

Derivate des Diphen yls. 2i5

pbenyls grolse Hindernisse mtgegen. Es ist namlich trotz seines hohen Siedepunktes so aufserordenllich leicht rnit den Wasscrdiirnpfen flilchtig, dafs, wenn man das Kochen am uingekehrten L i e b i g’schen Kuhler vornirnmt, nach wenigen l inu ten fast die ganze Menge von Diphcnyl irn Rohr des Kiihlers erstarrt ist. Durch mchrtagiges Erhitzen mit einem Geniisch von 1 Theil concentrirtcr Salpetersaure und 2 Theilen Wasser in zugeschmolzenen Rohren in1 Wasserbade wird das Diphenyl nicht verandert.

Laboratorium in G i i t t i n g e n , 2. Juni 1864.

Ueber die quantitative Bestimmuug der Salpetersaure in Wassern ;

von C. M’eltaien.

Wegen einer zu errichtenderi Wasserleitung wurde ich veraiilafst, eine Reihe von Wasseranalysen der Brunnen der Shd t Carlsruhe und ihrer Urngebungen vorzunehrnen oder durch mvine Assistenten ausfiihren zu lassen.

In den Brunncn der Stadt, welche voiri Horizontalwasser gespcist werden, fiiidet sich eine bedeutcndc Quaiititat von Nitraten. Bei den Bestiinmunpen derselben nach den bisher ublichen Methoden erliielt ich keine gutcii, iibereinshnienden Rcsullato, iind so kaiii ich scliliefdich zur Anweridung eines Verlahrens, welches selir genaue Werlhe picbt. Dieses be- steht in der Bestirnrnung der Salpeterslure als Stickgas.

Das zu unlersuchendc Wasser wird eingedarnpft , durch vorsichtigen Zusatz vori Natriumcarbonat das Calcium und Magnesium als Carbonate gefallt uiid die vorhaiidenen Cal- cium- und BIagiiesiuiiroitrate in Xatriurnnilrat iibergefuhrt.