5
103 Wasser in allen Verh~ltnissen mischen, wle z. B. Azeton, ~ihnlich wie Alkohol, also ent- wiissernd auf Eiweit~teilchen und rufen dem- gem~it3 zun~ichst eine reversible Koagulation hervor, die sich bald in die irreversible ver- wandeR. Auch Chloralhydrat wirkt in fthnlicher Weise. Eine Ausnahme stellt in dieser Be- ziehung Glyzerin dar, das keine Koagulation des Eiweiges hervorruft. Die Ursache dieser Erscheinung liegt vielleicht in der hohen inneren Reibung von Glyzerm, worin keine Brown'sche Bewegur~g stattfinden kann; die entw~issernden Eiweigteilchen, obwohl sie hydrophob-kotloide Eigenschaften erlangen, k6nnen niche zu- sammenkleben und einen Niederschlag bilden. Glyzerin hemm~ auch die Koagulation des dena- turierten Albumins und anderer Suspensions- kolloide. Die Koagulation des denaturierten Ei- weii3es wird auch durch Harnstoff gehemmt, wobei sich dieser Stoff als Aetzalkali verh~ilt. Dement- sprechend ruft er auch keine Koagulation der Albuminl6sungen hervor Zucker ruft bekannt- lich auch keine Koagulation hervor. Die Ur- sache lie~t abet in diesem Falle dariri, dat3 Zucker sich leich~ in kolloiden EiweiBteilchen 15st, so dag keine Bedingungen ftir eine Ent- w/isserung derselben geschaffen werden. Dementsprechend tuft Zucker auch keine Be- schleunigung der Eiweigdenaturation hervor, obwohl er die hydrolytische Dissoziation,un- beeinflufit lfit~t. Zum Schlusse m6chte ich noch darauf auf- merksam machen, daf~ Alkohol nicht nur die Denaturation, sondern auch die Koagulation des denaturierten Eiweit3es beschleunigL So verlangte die Koagulation des filtrferten Eiweiges, das vorher durch eine lange dauernde Dialyse unf~ihig zur Hitzekoagulation gemacht worden war und das nachher mit vier Volumina von Wasser verdfinnt, gekocht und nach der Abkfih- lung mit 0,1 Mol Ammoniumsulfat versetzt wurde, bei 40oc 1380 Sekunden. Sie ver- langte aber 780 Sekunden, wenn" die L6sung aufierdem 1 Proz. Alkohol enthielt. Wenn aber die Konzentration yon Alkohol 15 Proz. war, verlangte sie nur 20 Sekunden. Die Ursache solcher Einwi~kung yon Alkohol auf die Ko- agulation konnte tNlweise in der Erniedrigung der Dielektrizitfitskonstante (Wasser =80, A1- kohol =33) und daher in der Erh6hung der elektrischen Attraktion zwischen Kolloidteilchen, teilweise in der Beschleunigung der Adsorption yon Salzen. welche in Alkohol unl6slieh sind, liegen. Aether, welcher in Wasser keine molekulare L6sung bildet und daher die Dielektrizit~ts- konstante ~1) yon Salzen in Wasser nicht findert, beeinflufit die Koagulationsgeschwindigkeit yon denaturierten Eiweifistoffen nicht, obwohl er, wie wir sahen, die Denaturationsgeschwindig- keit Vergr6gert. 11} Die Dielektrizit~itskonstante von AetherlOsungen in Wasser ist, meinen Untersuchungen nach, derienigen yon Wasser gleich (die L/inge der elektrischen Wellen ist in beiden FNlen gleich). Ueber einige preparative Darstellungsmethoden yon ultravisiblen FMeiBsolen und die Bedeutung dieser ffir Rolloidchemie und Biologie. Von A. Fodor (Halle). ~Aus dem Physio!og!schen Institut der Universit~it Halle.) IV. Mitteilung fiber Proteine, Bekanntlich wurden die Proteine bislang so gut wie ausschlieglich als rein elektrolytische K6rper Betrachtungen unterworfen und auf ihre L6sungen die Prfimissen der Ionengesetze in verdfinnten L6sungen angewandt. R. Liese- gang 1) trifft aber mit seiner Ansicht meines Erachtens den Nagel nicht auf dem Kopf, wenn er zur Behauptung gelangt, dag sich der Kampf 1) WissenschaftI. Forschungsberichte 6, Kolloid- chemie 1 (Dresden u. Leipzig 1922). zwischen J. Loeb, Wo. Pauli und seiner Schiller mit den Kolloidchemikern jetzt ent- wickeR, weft diese die ,angeblichen" kolloid- dhemischen Reaktionen der Proteine als solche der klassischen Chemie hinstellen. Richtiger w~ire zu sagen, dag diese Forscher ]ene Protein- zust~inde (bzw. auch Proteintypen), in welchen die st6chiometrischen Verhaltnisse aufh6ren ihre alleinige Existenz zu ftihren, die Gleichgewichte und Reaktionsffihigkeiten vielmehr in Abhfingig- keit vom Dispersittitsgrade geraten, von ihren

Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

  • Upload
    a-fodor

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

103

Wasser in allen Verh~ltnissen mischen, wle z. B. Azeton, ~ihnlich wie Alkohol, also ent- wiissernd auf Eiweit~teilchen und rufen dem- gem~it3 zun~ichst eine reversible Koagulation hervor, die sich bald in die irreversible ver- wandeR. Auch Chloralhydrat wirkt in fthnlicher Weise. Eine Ausnahme stellt in dieser Be- ziehung Glyzerin dar, das keine Koagulation des Eiweiges hervorruft. Die Ursache dieser Erscheinung liegt vielleicht in der hohen inneren Reibung von Glyzerm, worin keine Brown ' sche Bewegur~g stattfinden kann; die entw~issernden Eiweigteilchen, obwohl sie hydrophob-kotloide Eigenschaften erlangen, k6nnen niche zu- sammenkleben und einen Niederschlag bilden. Glyzerin hemm~ auch die Koagulation des dena- turierten Albumins und anderer Suspensions- kolloide. Die Koagulation des denaturierten Ei- weii3es wird auch durch Harnstoff gehemmt, wobei sich dieser Stoff als Aetzalkali verh~ilt. Dement- sprechend ruft er auch keine Koagulation der Albuminl6sungen hervor Zucker ruft bekannt- lich auch keine Koagulation hervor. Die Ur- sache lie~t abet in diesem Falle dariri, dat3 Zucker sich leich~ in kolloiden EiweiBteilchen 15st, so dag keine Bedingungen ftir eine Ent- w/isserung derselben geschaffen werden. Dementsprechend tuft Zucker auch keine Be- schleunigung der Eiweigdenaturation hervor, obwohl er die hydrolytische Dissoziation,un- beeinflufit lfit~t.

Zum Schlusse m6chte ich noch darauf auf- merksam machen, daf~ Alkohol nicht nur die

Denaturation, sondern auch die Koagulation des denaturierten Eiweit3es beschleunigL So verlangte die Koagulation des filtrferten Eiweiges, das vorher durch eine lange dauernde Dialyse unf~ihig zur Hitzekoagulation gemacht worden war und das nachher mit vier Volumina von Wasser verdfinnt, gekocht und nach der Abkfih- lung mit 0,1 Mol Ammoniumsulfat versetzt wurde, bei 4 0 o c 1380 Sekunden. Sie ver- langte aber 780 Sekunden, wenn" die L6sung aufierdem 1 Proz. Alkohol enthielt. Wenn aber die Konzentration yon Alkohol 15 Proz. war,

ver langte sie nur 20 Sekunden. Die Ursache solcher Einwi~kung yon Alkohol auf die Ko- agulation konnte tNlweise in der Erniedrigung der Dielektrizitfitskonstante (Wasser = 8 0 , A1- kohol = 3 3 ) und daher in der Erh6hung der elektrischen Attraktion zwischen Kolloidteilchen, teilweise in der Beschleunigung der Adsorption yon Salzen. welche in Alkohol unl6slieh sind, liegen.

Aether, welcher in Wasser keine molekulare L6sung bildet und daher die Dielektrizit~ts- konstante ~1) yon Salzen in Wasser nicht findert, beeinflufit die Koagulationsgeschwindigkeit yon denaturierten Eiweifistoffen nicht, obwohl er, wie wir sahen, die Denaturationsgeschwindig- keit Vergr6gert.

11} Die Dielektrizit~itskonstante von AetherlOsungen in Wasser ist, meinen Untersuchungen nach, derienigen yon Wasser gleich (die L/inge der elektrischen Wellen ist in beiden FNlen gleich).

Ueber einige preparative Darstellungsmethoden yon ultravisiblen FMeiBsolen

und die Bedeutung dieser ffir Rolloidchemie und Biologie. Von A. F o d o r (Halle).

~Aus dem Physio!og!schen Institut der Universit~it Halle.)

IV. Mitteilung fiber Proteine, Bekanntlich wurden die Proteine bislang so

gut wie ausschlieglich als rein elektrolytische K6rper Betrachtungen unterworfen und auf ihre L6sungen die Prfimissen der Ionengesetze in verdfinnten L6sungen angewandt. R. L i e s e - g a n g 1) trifft aber mit seiner Ansicht meines Erachtens den Nagel nicht auf dem Kopf, wenn er zur Behauptung gelangt, dag sich der Kampf

1) WissenschaftI. Forschungsberichte 6, Kolloid- chemie 1 (Dresden u. Leipzig 1922).

zwischen J. L o e b , Wo. P a u l i und seiner Schiller mit den Kolloidchemikern jetzt ent- wickeR, weft diese die ,angeblichen" kolloid- dhemischen Reaktionen der Proteine als solche der klassischen Chemie hinstellen. Richtiger w~ire zu sagen, dag diese Forscher ]ene Protein- zust~inde (bzw. auch Proteintypen), in welchen die st6chiometrischen Verhaltnisse aufh6ren ihre alleinige Existenz zu ftihren, die Gleichgewichte und Reaktionsffihigkeiten vielmehr in Abhfingig- keit vom Dispersittitsgrade geraten, von ihren

Page 2: Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

104

Versuchen ausgeschaltet haben. Zugegeben, daft eine unter Innehaltung bgstimmter Vorsichts- mafregeln dialysierte Albuminl6sung, dem Charakter dieses Proteins entsprechend, eine weitgehende Bestg.ndigkeit und auch eine Kon- stanz in Zahlenergebnissen aufweist, so daft durch diesen Umstand doch nicht vergessen werden, daft der Uebergang yon Eiwei fge len in den S o 1 zustand, ferner die Variabilit~it im polydispersen Stadium usw. gleichfalls mit in den Komplex der Albumineigenschaften geh6ren. Denjenigen, die den Einfluf des polydispersen Cbarakters zurfickzuweisen geneigt sind, bleibt rlur die Wahl /ibrig, entweder diese Zust/inde und Zustands~inderungen als nicht existierend aus dem Rahmen ihrer Erw/igungen auszu- schliet~en, oder abet anzunehmen, daft das aus dem G e l - i n den Solzustande /ibergeffihrte Proteinteilchen, in letzterem angelangt, sich einen kfihnen Sprung aus dem Reiche der un- gewissen Dimensionen ins Land der klassischen Beharrlichkeit gestattet und pl6.tzlich zum wahr- gel6sten Elektrolyt wird. Denn in diesem Sol- Gel-Uebergangsintervall und mit ibm verwandten Gebieten, so auch f/Jr die Quellungsvorgange strukturierter Proteine, irgendwelche ,,klassische Gesetze" anwenden zu wollen, h~itte keinen

�9 Sinn mehr. Der g~'ofe Sprung w/ire also ein grotesker Gedanke, wenn man erw/igt, daft dieser Uebergang sich u. U. vor unserem ultra- mikroskopisch bewaffneten Auge abspielt, dab wir in der Lage sind zu beobachten, wie aggregierte Teilchen in Prim/irteilchen zerfallen, ein Vorgang, der sich sodann nach aut~en bin als Gel ---* Sol-Uebergang kundgibt .

Ich darf hier die Meinung aussprechen, daft diese letztgenannten Umwandlungen der Proteine viel zu wenig studiert worden sind, und dat~ auch die Anwendung der Dunkelfeld- beleuchtung bisher zu sp~rlich war, um erstere hinlangiich zu wfirdigen. Lehnt man katastro- phale SprUnghaftigkeiten oben genannter Art ab, zu denen uns heute gar nichts zwingen dfirfte, dann werden wit im S o l z u s t a n d e z u n ~ i c h s t d i e d e r D i s p e r s i H i t u n d i h r e r K o r r e l a t e n a c h u n t e r s c h i e d l i c h e F o r t s e t z u n g d e s G e l z u s t a n d e s s e h e n . Die Hydratisierung gr6berer, wenn auch bereits bis zur merkbaren Eigenbewegung suspendierter Solteilchen wird yon jener der Alkali- und S~iureproteinteilchen in quantitativer Hinsicht noch bedeutend abweichen, und auch qualitativ sind es zwei verschiedene Hydratisierungs- foi'men, die hier den L6sungscharakter des Proteins bestimmen. Ueber diesen Gegenstand

wurde in einer fr~heren Mitteilung z) n/iheres gesagt. Hier m6ehte ieb auf einige Methoden hinweisen, nach welchen es gelingt, Proteine im Zustande ultravisibler Sole darzustellen, und zwar unter Umst/inden sogar im Zustande sehr best~indiger, unbegrenzte Zeit haltbarer Sole. Die Versuche wurden bis heute auf Albumin, Globulin und Kasein ausgedehnt. Das Theo- retische findet m a n in der zitierten Abhand- lung.

A l b u m i n .

Hier handelt es sich darum, die aut~er- ordentlich stark solvatisierten, gegen reines Wasser kataphoretisch wandernden Enhydronen dieses Proteins, die f/it gew6hnlich seine ultra- mikroskopische Unsichtbarkeit bedingen, in der Weise und in dem Male zu dehydratisieren, dat~ die Teilchen bei Dunkelfeldbeleuchtung. sichtbar werden. Dies kann durch K o n d e n - s a t i o n bewirkt werden, wobei eine endg(iltige Aflsflockung verhindert werden muf.

Eine filtrierte L6sung yon Htihnereiweif (hergestellt durch Aufl6sung yon Eiweif in der zehnfachen Wassermenge) wird unter Zusatz yon einigen Th ym o lkristallen mehrere Monate im Eisschrank stehen gelassen, wobei sie sehr stark opak wird und zum kleinsten Teil sogar ausflockt. Filtriert man vom Thymol und vom Gerinnsel ab, so erh~ilt man ein Filtrat, das bei Anwendung des Paraboloidkondensors (Zeiss) lediglich stark aggregierte Gebilde ohne rnerk- bare Brown 'sche Bewegung zeigt. Macht man nunmehr mit einer optisch m6glichst reinen Natronlauge, die man aus einer Pipette zufliet~en l/ift, schwach lackmusalkalisch, so erreicht man die .Dispersion der Aggregate zum gr6t~ten Teit zu Prim~irteilchen, die durch ihre Brown ' sche Bewegung dem Auge ein pracbtvolles Bild unter dem ~Ultramikroskop bieten.

Erhitzt man die so gewonnenen Enhydronen des Albumins, so wird das Dunkelfeld in Balde so gut wie optisch leer. In diesem Felde finder eine beschleunigte Ekhydronisierung durch die Lauge statt, ein Vorgang, der in der K/ilte nach lfingerem Stehen gleichfalls zu erkennen ist. Im Laufe einer Woche haben die sicht- baren Enhydronen an Zahl bedeutend abge- nommen. Durch l/ingeres Aufbewahren im Eisschrank unter Zusatz yon Thym01 konnten wieder ultravisible Teilchen in gr6t~erer Zahl erhalten werden, insbesondere in ]enem Falle, in welchem die L6sung sichtbar alkalisch blieb,

r

2) A. Fodor, Koll.-Zeitsehr. 30, 313 (1922).

Page 3: Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

105

was nicht immer eintritt, wenn sehr schwach alkalische LSsungen Ringere Zeit unter den an- gegebenen Bedingungen aufbewahrt werden. Wurde die L6sung neutral beim Stehen, so entsfanden die grSberen Aggregate, die zuerst beobachtet wurden, und die erst nach Zusatz von Laugespuren in einen h6her dispersen Zu- stand und demnach in schwingende Bewegung gerieten.

Es gelingt als0, das unter gewShnlichen Bedingungen sich in Wasser stark hydratisierende optisch homogene EiereiweiB durch Zusatz einer kondensierenden Substanz, wie sie das Thymol darstellt, in optisch heterogene Sole fiberzuffihren, die den Uebergang zum Gelzustande vermitteln. Durch HinzufLigung von Lauge l~t~t sich die Aenderung des Dispersit~itsgrades ultramikro- skopisch glatt verfolgen.

G l o b u l i n . Ein Volumen Rinderblutserum wird mit einem

Volumen einer ges~ittigten AmmonsulfatlSsung gef~illt, die F/illung abfiltriert und der Globulin- rfickstand am Filter mit Wasser zur LSsung gebracht. Das zum zweiten Male in gleicher Weise gef~illte Globulin wird wieder abfiltriert und der Rfickstand in Wasser dispergiert. Es

entsteht so eine durch das Filter milchig laufende Fl/issigkeit, die an sich bereits ein prachtvolles Dunkelfeldbild bietet. Neben vielen gr6t~eren Aggregaten erblickt m a n auch schwingende Prim~irteilchen. Um sie vom Neutralsalz zu befreien, wird sie mit Wasser auf etwa doppeltes Volumen gebracht und die LSsung mit 1/1 n Natronlauge eben lackmusalkalisch gemacht. Man dialysiert in einem Apparat nach Wegel in , bis das Dialysat frei yon Sulfationen ist. Da das Alkali gleichfalls mit hinausdiffundiert, bilden sich im Dialysator Globulinflocken, die sich jedoch beim abermaligen schwachen Alkalisieren dispergiel:en. Diese L6sung weist ein pdich- tiges ultramikroskopisches Bild auf, indes sie makroskopisch milchig erscheint. Wie in der frfiheren Mitteilung bereits gesagt wurde, be- wirkt ein Zusatz yon fiberschfissiger verdtinnter Lauge ein partielles Leererwerden des Dunkel- feldes, ohne dal~ eine vollst~ndige Verdunklung gelingt, eine Erscheinung, die auf eine gewisse Widerstandsfiihigkeit mancher Globulinbestand- teile zurfickgeffihrt wurde, insbesondere auf die ,,Euglobulinfraktion", die diese F/ihigkeit gegen eine Ekhydronisierung (d. h,.Bildung von ~ Alkali- globulin") in hervorragendem MaBe aufweist.

Diese Globulinsole s i n d recht bestandig, obwohl sie beim 1/ingeren Stehen im alkalisierten

Zustande ebenfalls mehr und mehr einer Auf- hellung entgegengehen und den milchigen Habitus einbtil~en. Mit Vuzinl6sung lassen sie sich steril aufbewahren.

W~ihrend also beim Albumin ein Konden- sationsvo~rgang die hydratisierten Teilchen erst der optischen Sichtbarkeit entgegenftihrt (Ent- stehung grober Enhydronen), verhindert beim Globulin das Neutralsalz ab ovo eine weitgehende Hydratisierung und Erh6hung des Dispersit/~ts- grades. Erst die vorsichtige Alkalisierung be- wirkt bei beiden die weitere Zerteilung der groben Aggregate in feinere und intensiv schwin- gende Teilchen. Dort, beim Albumin, haben wir die Kombination eines Kondensationsvor- ganges mit nachtr/iglicher Dispersion; beim Globulin f~illt der k~nstlich herbeJgeffihrte Kon- densationsprozefi fort, da es in der Natur seiner Salzaufl6sungen gelegen ist, der Dispersions- mSgliehkeit enge Schranken zu setzen (siehe dartiber die bereits zifierte frtihere Mitteilung).

K a s e i n .

Dieses Phosphorprotein konnte man bis ]etzt leicht im ultravisiblenZustande herstellen, nament- lich indem man entsprechende L6sungen in Kalkhydrat herstellte. Das stark milchig aus- sehende Kalziumkaseinat ist ja bekannt. Diese L6sungen sind jedoch weitgehend unbest~indig, da sie ein ,Unterwegs" vom Kalkhydrat-Alkali- protein zum geflockten Gel des Kaseins vorstellen, also die Zwischenphase eines Kondensations- vorganges, der beim vorsichtigen Ans/iuern des gallertartig hydratisierten Kalkhydratproteins ( : Ekhydronen des Ca-Kaseins) auftritt. Nach L'. L. van S l y k e und A. W. B o s w o r t h 3) ist diese Zwischenphase sogar st6chiometrisch defi- nierbar und enth~ilt konstante Mengen Kal- ziums (als ,monobasisches Kalziumkaseinat" bezeichnet).

Es handelt sich hier also darum, den Kon- densationsvorgang in der Weise zu leiten, dab es nicht zur Ausflockung des Kaseins komme, um die es sich beim Ans~iuern yon Kaseinat- 16sungen handelt und ebensowenig zur Bildung einer Adsorptionsverbindung zwischen den Kaseinatflocken und der Katziumbase, um die es sich offenbar beim ,monobasischen" Kalzium- kaseinat handeln mul~.

Man erreicht diesesZiel durch Neutralisation einer alkalischen Kalziumkaseinatl6sung m i t P e p t o n e n statt mit st~irkeren S/iuren, ferner

s) L. L. van Slyke u. A.W. Boswor th , Joum. of biol. Chem. 14, 207 (1913).

Page 4: Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

106

durch Dialyse der beim Peptonzusatz entstan- denen Milch bis an das Dialysat nichts Nach- weisbares rnehr abgegeben wird.

Die Vorschrift, die sich als die geeignetste erwies, ist die. folgende:

2 g Kasein nach H a m m a r s t e n 16st man in etwa 70 ccm Kalkwasser auf und f/igt zur klaren, nicht opaleszenten L6sung ca. 20 ccm

,einer ffinfprozentigen filtrierten Peptonl6sung (es kann Kaseinpepton oder auch Seidenpepton sein). Sof0rt entsteht eine typische, starkkol- loide L6sung yon auffallender optischen Hetero- genit/it, die durch alle gew6hnlichen Filter un- ver/~ndert l/iuft. Nach der Filtration dialysiert man im Apparat yon W e g e l i n (Zusatz eines Thymolkrist~illchens n6tig!) mehrere Tage, bis das Dialysat absolut farblos ist und keine posi- tive Flammenprobe auf Kalzium gibt. Das dialysierte Kaseinatsol ist sehr best/indig und l~iBt sich, besonders nach Hinzuf/igung yon zwei Tropfen Normallauge zu etwa 100 ccm,

rech t gut aufkochen und sterilisieren. Eine positiveKalziumflammenprobe konnte nicht beob- achtet Werden. Das Dunkelfeldbild ist prachtvoll.

Mit Natriumkaseinat gelingt die Darstellung eines Sols von obigen Eigenschaften durch Peptonzusatz nicht, da offenbar die Dimensionen, die eine optische Heterogenit~t schon dem blofien Auge darbieten (opake MilCh usw.), hier beiPept0nzusatz noch nicht entstehen, und zwar aus dem Grunde nicht , weil es offenbar auch auf die dehydralisierende Wirkung der Kalzium- ionen sthrk ankommt. Entsteht n~imlich auf Peptonzusatz zum Kalziumkaseinat infolge teil- weisen Entzugs der Base durch das letztere bindende Pepton ~ unges~ittigtes" Kalziumkaseinat, so wfirde dieses an sich hinreichend grob .be- schaffen sein, um (wie dies beim ,monobasischen ~ Salz geschieht) auszuflocken, woran es jedoch dutch die Schutzwirkung des Peptons gehindert wird. Bei der darauffolgenden ersch6pfenden Dialyse werden sowohl F/illungs- als auch Schutz- mittel entfernt, so dab Kasein-Enhydronen ver- bleiben, deren Stabilisierung durch Spuren yon Natronhydroxyd, die man zuffigt, gesichert wird. Das Wesen der Herstellung von Enhvdronen des Kaseins ist somit auf einen dehydratisierenden Kondensationsvorgang zurfickzuffihren, dessen extremstes Stadium, die Flockung, durch die Anwesenheit einesSchutzkolloids, welches jedoch g l e i c h z e i t i g auch die Ro l l e d e s F M l u n g s - m i t t e l s fibernimmt, vermieden wird. Eine ~ihnliche Doppelnatur als F~illungs- und gleich- zeitig Schutzmitfel tragen auch die P f l a n z e n - s c h ~ e ira-e, so z, B. Caraghenextrakt, zur Schau.

Es konnte anlafllich anderer Untersuchungen 4) beobachtet werden, dab neutrale Caraghen- schleimzusiitze zu OrganpreBs~iften (z .B. Pan- kreaspreBsaft) geffigt, in diesen Zustandsiinde- rungen der Proteine erzeugt, die im Gegensatz zur Einwirkung stiirkerer S/iuren nicht in einer Flockung, sondern lediglich in einer Teilchen- vergr6berung bis zu ultravisiblen Dimensionen bestehen.

Im Vergleich zu diesen letzten zwei, durch die Vorbehandlung 'partiell oder weitgehend denaturierten Proteinen (Globulin, Kasein), lassen

sich Eiweit~k6rper, die dem natfirlichen Sol- zustand recht nahe sfehen und nicht wesentlich vefiindert worden sind, leichterhand direkt zu ausgepr~igt kolloiden Solen dispergieren. So gen/igt es, dab aus Hefemazerationss~iften unter subtilen MaBregeln ausgeflockte Phosphor- protein (Zusatz yon n/1-HC1 oder Essigs~iure

bis ca, ( ~ ) = 10 -~) nach dem grfindlichen Aus-

waschen auf dem Filter mit Wasser mit diesem in einer Reibschale zu verreiben, um recht bestandige Sole zu erhalten. Ob nun hierbei geringe, sich der direkten Beobachtung ent- ziehende Lipoidmengen als Schutzmittel mit- helfen, ist nicht ausgeschlossen, wenn man in Erw~igung zieht, dab das gleiche Verfahren bei PankreaspreBs/iften angewendet, die nachweisbar Lipoide enthalten, zu Solen des Phosphorproteins ffihrt, deren Best~indigkeit wesentlich gr6Ber ist, obgleich auch hier die Menge der beteiligten Lipoide im Vergleich zur Proteinmasse recht verschwindend genannt werden kann.

Wahrend a l s o - mit Ausnahme des Albumins- die meisten Proteine bisher entweder in relativ betr~ichtlich sauren, alkalischen oder salzhaltigen L6sungen untersucht werden muBten, da diese Elektrolyte zu 'ihrer A u f 16 s u n g notwendig sind, wird es durch die obigen Verfahren er- mOglicht, relativ recht best~indige L6sungen mehrerer EiweiBarten herzustellen, die einerseits in sehr schwachem MaBe elektrolythaltig sind und anderseits wahre kolloide Systeme mi t nichtsolvatisierten, sondern lediglich enhydro- nisierten Teilchen vorstellen. Sie reagieren somit neutral oder sehr schwach alkalisch und sind ultravisibel.

Die M6glichkeit der Darstellung ultravisibler Proteinsole bietet zun/ichst insofern ein theo- retisches Interesse, als man nunmehr imstande sein wird, die Eigenschaften der EiweiBkOrper in einem Intervalle zu untersuchen, in welchem

4) A. Fo d or, Fermentforschung 6, Heft 4 (gegen, w~rtig J m Dmck).

Page 5: Ueber einige präparative Darstellungsmethoden von ultravisiblen Eiweißsolen und die Bedeutung dieser für Kolloidchemie und Biologie

lo7

einerseits der polydisperse Charakter vorwiegt und anderseits die Ueberg~inge vom Gel in den Solzustand gut verfolgbar und abstufbar sind. Bis heute wurden zu den Untersuchungen stets s t a r k h y d r a t i s i e r t e Proteinzustande heran- gezogen; nunmehr ergibt sich der technische Weg, um auch m i t t l e r e H y d r a t i s i e r u n g s - s t u f e n festzuhalten. Bereits in frfiheren Mit- teilungen 5) wurde auf die grofie Abhtingigkeit der Adsorbierbarkeit, des BindungsvermSgens ffir Elektrolyte, ferner der evil. vorhandenen Eigenschaften als Fermentkolloid vain Hydra- tationsgrade hingewiesen und dargetan, dab ge- rade diesen mittleren Hydratisierungszust~inden gewisse optimale Charaktere eigen sind. Die Ultravisibilit~it erm6glicht die Kontrolle dieser Verhfiltnisse, und zwar in ihrem Zusammenhange mit dem Dispersitatsgrade.

Aber ebenso, wie man sich bei rein theo- retischen Untersuchungen bislang auf den stark hydratisierten Proteinzustand beschfiinkt hatte, geschah es auf dem Gebiete der Praxis Ich erinnere daran, daft bei Anwendung der Pro- teine in der , P r o t e i n t h e r a p i e " bis heu te ausschliefilich Handelspraparate in Betracht kommen, die diesem Zustande entsprechen. In der yon mir benutzten Terminologie wfirde dies besagen, dab gegenw~irtig lediglich die Wirkung yon Proteinekhydronen bekannt ist, und es be- darf keiner besonderen Begrfindung, dab man selbstverst~indlicherweise aus den gemachten Befunden auf die dutch schwachhydratisierte

5) A. Fodor , Koll.~Zeitschr. 27, 58 (1920).

(Enhydronen-) Komplexe ausgel6sten Wirkungen nicht schlieBen darf. DaB diese mittleren Hydra- tisierungszustande auch in b i o 1 o g i s c h e r Be- ziehung die Rolle von o p t i m a 1 e n Verh~iltnissen spielen, geht nicht allein aus dem Verhalten der als Proteine erkannten Fermentkolloide her- vor, sondern auch aus den Befunden und Ansichten von M. H. F i s c h e r 6) fiber den 6 d e m a t 6 s e n Z u s t a n d des Organismus, die in der jfingsten Zeit von A. F o d o r und H. G. Fischer~ 7) durch den Nachweis best~.tigt werden konnten, dat3 die S~iureretention im hydropischen Zustande gesteigert ist, eine Tatsache, die sich im Hin- blick auf die Wasserretention und Elektrolyt- retention des erkrankten Organismus nur dutch die S~iurequellung in den affizierten atmenden Zellen erklaren lfi~t. Die pathologische Hydra- tisierung infolge S~iureretention" bedingt abet die gr6fiten St6rungen im fiesamthaushalt ' des K6rpers.

Es ware zu wfinschen, dab die zukfinftige Eiweifichemie ihre Aufmerksamkeit neben dem bydratisierten Zustand mit seinem mehr stetigen Charakter, der sich gerade infolge dieser Stetig- ke[t oftmals dem wahrgel6stenZustande iiuBer- lich stark nfihert, auch dem polydispersen und polyhydratisierten Intervall, mit seinem optisch- heterogenen, bedeutend sprunghaheren und da- her auch viel kolloideren Charakter zuwenden wfirde.

6) M. H. F i s che r , Oedem and Nephritis (New- York 1921).

71 A. Fodor u. H. G. Fischer , Zeitschr. L exper. Medizin; H. G, F i s c h e r u. A. Fodor , ebenda.

Cleber ein antagonistisches Verhalten yon Von G. A. B r o s s a .

Die nachfolgende Untersuchung knfipft an filtere Arbeiten an, die von dem Bestreben ge- leitet waren, das/iberaus mannigfache Verhalten eines Qemenges verschiedenartiger Kolloide bei Gegenwart von Elektrolyten aufzukl~iren. Dat~ die S c h u t z w i r k u n g hydrophiler Sole auf hydrophobe nicht die einzige Erscheinung ist, mit der man hier zu rechnen hat, war schon seit langem bekannt. Unter anderen haben Wo. Pau l i und F l e c k e r l) darauf hingewiesen, dat~ z. B. elektrolyffreies Serumalbumin mit einem elektrolytfreien Fe~O3-Sol Vermengt, dies nicht etwa schfitzt, sondern es vielmehr empfind-

1) W o. P a u 1 i u. L. F 1 e c k e r, Biochem. Zeitschr. 41, 470 (1912).

Rlbumin zu Globulin. (Eingegangen am 18. :November 1922.)

licher gegen Elektrolyte macht, es sensibilisiert. G .A. B r o s s a und H. F r e u n d l i c h 2) haben diese S e n s i b i 1 i s i e r u n g durch hydrophile Sole eingehend untersucht. Sie fanden, daft das Albumin die kataphoretische Wanderungs- geschwindigkeit der Fe203-Mizellen verkleinert, und sie schlossen daraus, dat~ diese Entladung der Fe~O3-Teilchen die Ursache der Sensibili- sierung sei. Demgem~iB glaubten H. F r e u n d , l ich und E. L o e n i n g 3) auch auf G r u n d v o n weiteren Untersuchungen der Wechselwirkung

3) O. A. B r o s s a u. H. F r e u n d l i c h , Zeitschr. f. physik. Chem. 89, 306 (1915).

8) H. F reund l i eh u, E. Loeni-ng, Kolloidchem. Beih. 16, 1 (1922).

8*