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5. FEBRUAR x9~3 KLINISCHE WOCHENSCH1RIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 6 257 strich (nach BECKER) festgehalten. Diese Exemplare zeigten die ldassische Form der Pallida, die absolute Regelm/tl3igkeit und Steilheit der Prim~Lrspiralen, die zugespitzten Enden, eine viel geringere L~Lnge und viel geringere Dicke als gew6hnliche t~efringensformen, auffallend gerade Form der ganzen L~ngs- achse ohne jede Krfimmung und eine aul3erordentlich zarte Fitrbung im Ausstrichpr~parat. Auch im Dunkelfeld waren sie nach Form und Bewegung in keiner Weise yon der Syphilis- spirochete des Menschen oder des Kaninchens zu unter- scheiden. Dieser Versuch zeigt, daf3 es eine Spirochfi.te vom Pallida- typ gibt, die nicht nur durch Ansteckung yon Tier zu Tier fibertragen wird, sondern die auch Ms harmloser Parasit in banalen Wunden auftreten kann. Allerdings scheint es, worauf schon KNORR") und M. ZUELZER ~) hingewiesen haben, dab ge- wisse Spiroch~ten erst eine Vorbereitung des N~hrbodens durch andere Mikroorganismen n6tig haben, ehe sie gfinstige Be- dingungen fiir ihre Ansiedlung und Weiterentwicklung finden. Durch den Versuch finden auch die paradoxen Ergebnisse frfiherer TierexperimenteT), bei denen es gelang mit spirochg- ten]relemAusgangsmaterial (Blur, Sperma, Milch) kranker und gesunder Menschen spiroch~tenhaltige Impfeffekte beim Kaninchen zu erzielen, ihre zwanglose Erkl/irung und die Zweifel SCHERESCHEWSKIS 3) und KLARENBECKS $) an dem Wert des Kaninchens ats Versuchstier zur Erkennung der mensch- lichen Syphilis werden unterstrichen. Nachdem zahlreiche Autoren schon fr/iher [u. a. W~IITE 9) und PR6SCHEI~~ tier fffihere Assistent EHRLICHS] auch bei nicht-luetischen Menschen (z. B. Pseudoleuk~mischen) massen- haft Spirocb/~ten won ~ausgesprochenem Pallidacharakter nachgewiesen haben, scheint die Frage nicht unberechtigt: Genfigt das Vorhandensein yon Spirochgten des Pallidatyps, um den Verdacht auf Syphilis auszusprechen? L i t e r a t u r: 1) ARZT 11. t(ERL, Wie11. klin. Wochenschr. 1914, Nr. 29. -- ~) ARZ~, Dermatolog. Zeitschr. (zit. nach RUl'PERT, Berl. tier~rztl. Wochenschr. 1921 , Nr. 42). -- ~) SCHERESCHEWSKI Und WORMS, Befl. Mill. Wochenschr. 1921, Nr. 44- -- *) UHLEN- HUTH 11. ZUELZRR, Zentralbl. f. Bakt. I. Abt., Orig. 1921, Bd. 85, Heft 6/7. -- ~) M. ZUELZEI~, Zentralbl. f. Bakt., I. Abt., Orig. 192I , Bd. 85, Heft 6/7. -- s) KI~ORR, ZentralbI. f. Bakt., I. Abt., Orig. 1921, Bd. 87, Heft 7/8. --~) Zit. nach HEIM, Lehrb. d. Bakt., 5. Aufl. 1918, S. 317 . -- s) KLARENBECK, Zentralbl. f. Bakt., i. Abt., Orig. 1921, Bd. 86, S. 472. -- ") WHITE, Journ. of the Americ. reed. Ass. Vol. 49, Nr. 9. 19o 7 (zit. nach Zentralbl. f. Bakt., I. Abt., Ref. Bd. 42, S. 276 ). -- ~0) WHI~E and PR6SCHER, Journ. of the Americ. reed. Ass., Vol. 49, Nr. 13 (zit. wie 9). UBER SCHWIERIGKEITEN DER DIFFERENTIAL- DIAGNOSE ZWISCHEN GRAVIDITAT, EXTRA- UTERINGRAVIDITAT UND OVARIALHAMATOMEN. Yon Dr. MAx SAMUEL, K61n a. Rh. Durch einen Zufall wurde ich zuerst auf die Beziehungen yon pathologischen Blutungen in den Follikel und das Corpus luteum zum graviden bzw. nicht graviden Uterus aufmerksam. Die besondere Bedeutung dieser Beobachtung lag darin, dab hierdurch Laparotomien fiberflfissig wurden, welche ich bei der sonst sicheren Annahme einer Extranteringravidit~t ge- macht hAtte. Der erste Fall dieser Art war anamnestiseh kurz der, dab 6 Tage zu sp~t die Menses einsetzten, sehr schwach waren, und links starke, anfallsweise auftretende Schmerzen mit Brechneigung sich zeigten. Links neben dem normal liegenden, etwas weichen Uterus ffihlte man bei der innerlichen Untersllchung deutlich einen ei- groBen, druckempfindlichen, weiehen Tumor. Ich schickte die Patientin sofort wegen Extrauteringravidit~t ins Krankenhaus und lieB alles zur Laparotomie herriehten. Inzwischen wurde ich dringend zu einer Geburt wegen einer schweren Blutung gerufen, deren Erledigung reich etwa 4 Stllnden festhielt. Die telephonische Anfrage bei der Stationsschwester nach einer Stunde brachte den Bescheid, dab es der Patientin gut gehe, sie keine Schmerzen habe, keine Temperaturerh6hung rektal gemessen und der Puls normal sei. Ich instruierte die Schwester, reich bei irgendwelchei1 bedrohlichen Symptomen, seien es leichte Ohnmachten oder Schmerzen, sofort zu benachrichtige11, um zu laparotomieren. Als ich abends die Patientin wieder sah, hatte sie keinerlei Beschwerden. Die Blutung blieb 2 Tage l~nger und war etwas starker wie sonst. Schmerzen waren nicht mehr vorhanden. Ich dachte zuns daran, daB es sich um eillen Tubenabort-oder mole gehandelt habe, bei dem mit dem Absterben des Eies sich die bedrohlichen Erscheinullgen zurfickbildeten. Die Patientin, welche sich ganz gesund ffihlte, war trotz meines dringenden Anratens nicht mehr im Krankenhause zu halten. Ich entlieB sie mit der Weisung, reich bei auftretenden Schmerzen oder Ohnmachtsanf~kllen sofort holen zu lassen. Nach 14 Tagen war der Tumor gut walnuBgroB, die n~chste Periode trat genau 4 Wochen sp~ter ein, und nach wei. teren 6 Wochen war vorn Tumor nichts mehr zu fflhlen. W/ihrend dieser Beobachtungszeit zog reich Kollege L. zu einem Fall zu, zwecks Operation, bei welchem er mit Bestimmtheit eine linksseitige Extrauteringraviditgt diagnostiziert hatte. Auch in diesem Falle sprach Anamnese wie Untersuchungsbefund ffir die Diagnose. Ich kl~rte dell sehr zuverl~ssigen, gewissenhaften Kollegen fiber meineMutmaBung auf und bat ihn, mit mir zusammen den Fall zu beobachten. Auch hier bildete sich der etwa hfihnerei- groBe Tumor nach sechs Wochen v611ig zurfick. Drei Monate sp~ter wurde die Patientin gravid u11d trug aus. Der dritte hierhin geh6rige Fall Joetrifft Frau F., bei welcher zw61f Tage nach Sistieren der Menses sehr starke kolikartige Schmerzen auftrate11. Auch hier ffihlte ich neben dem weichen, etwas vergr6[3erten, normal liegenden Uterus eine teigig weiche, fast g~nseeigroBe bewegliche Geschwulst, welche sehr druckempfind- lich war. Infolge einer pl6tzlichen Reise mul3te ich die Patientin nach 14 t~giger Beobachtung aus der Hand geben. Den reich ver- tretenden Kollegen machte ich ebenfalls auf meine Beobachtung aufmerksam und bat ihn, nut bei absoluter Indikatio11 zu laparoto- mieren. Der Kollege wurde eines Tages gerufen und nahm eine ExtrauteringraviditAt an. Die Patientin wollte aber bis zu meiner 1Rfickkehr warten und nur bei lebensbedrohlichen Erscheinungen sich operieren lassen. Als ich 3 Wochen sp~ter zurfickkehrte, war der linksseitige Tumor verschwullden, und die Patientin hatte eine normale Geburt. Frau M. konsultierte mich wegen kaum zu ertragender, anfalls- weise auftretender Schmerzen im rechten Unterbauch. Menses waren drei Wochen ausgeblieben. Neben dem normal liegenden, weichen etwas vergr62erten Uterus fflhlte man deutlich eine fiber wallnuBgroBe, sehr schmerzhafte Resistenz. lch machte auf die M6glichkeit einer vorhandenen Bauchschwangerschaft aufmerksam und riet zur Aufnahme in die Klinik. Anstatt dessen ging die Pa- tientin zu einem a11deren Gyn/ikologeI~, welcher in Narkose unter- suchte und wege11 einer bestehenden Bauchschwangerschaft die sofortige Operation ffir n6tig erachtete. Tags darauf war Patientin wieder in meiner Sprechstunde. Ich empfahl ihr wiederum Be- obachtung und sie hat jetzt ihre normale Gravidit~t fiberstanden. Diese verschiedenen KrankheitsfAlle brachten reich auf den Gedanken, ob nicht pathologische Blutungen ins Corpus luteum oder den FoIlikel anfallsweise auftretende wehenartige Schmerzen wie bei Extrauteringravidit~t machen k6nnten. Ich sah dann innerhalb eines Jabres 12 F~lle, bei denen durch eine pathologische Blutung ins Corpus luteum oder dell Folli- kel ante- oder postponierende Blutungen ausgel6st wurden, und schliel31ich 4 F~lle, bei denen eine normale Schwanger- schaft bestand, aber durch pathologische Blutungen ins Corpus luteum oder den Follikel eine Extrauteringravidit~t vor- get~uscht wurde. Die Tragweite dieser Beobachtungen ist nur dann ein- wandfrei erwiesen, wenn sie durch den pathologischen Befund best~tigt wird. Ist es andrerseits m6glich, aus den klinischen Anzeichen so sichere diagnostische Merkmale zu gewinnen, dab eine Diagnosenstellung vor der Operation m6glich und damit die Operation entbehrlich wird ? Die erste Frage ist mir vom Pathologen beantworfet, -und zwar ist mir yon Professor DIETRICH, Pathologisches Institut der Universit~t K61n, bestatigt worden, dab ihm solche Be- obachtungen bekannt sind. Diese pathologischen Befunde haben dann noch einen besonderen Wert, wenn sie ldinisch eine sichere Diagnose erm6glichen. Leider sind die Forschungen fiber die Bedeutung und den Einflul3 des Corpus ]uteum noch zu sehr in FIuB, um aus seinen pathologischen und physiologischen Verrichtungen irgendeine Handhabe zur Diagnosenst.']lung zu gewinnen. Ich well3 kein sicheres Anzeichen, welches uns die Differentialdiagnose durch irgendeine Ontersuchungsmethode gestattet. Und ]eder

Über Schwierigkeiten der Differential-Diagnose Zwischen Gravidität, Extrauteringravidität und Ovarialhämatomen

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5. FEBRUAR x9~3 K L I N I S C H E W O C H E N S C H 1 R I F T . 2. J A H R G A N G . N r . 6 257

s t r i ch (nach BECKER) fes tgeha l t en . Diese E x e m p l a r e ze ig ten die ldass ische F o r m der Pal l ida , die abso lu te Regelm/tl3igkeit u n d S te i lhe i t der Prim~Lrspiralen, die zugesp i t z t en E n d e n , eine viel ger ingere L~Lnge u n d viel ger ingere Dicke als gew6hnl iche t~ef r ingensformen, auf fa l l end gerade F o r m der g a n z e n L~ngs- achse ohne jede K r f i m m u n g u n d eine au l3erordent l ich za r t e F i t rbung i m A u s s t r i c h p r ~ p a r a t . A u c h i m Dunke l f e ld w a r e n sie n a c h F o r m u n d B e w e g u n g in ke ine r Weise yon der Syphi l is - sp i roche te des Menschen oder des K a n i n c h e n s zu u n t e r - scheiden.

Dieser Ve r such zeigt , daf3 es e ine Spirochfi.te v o m Pal l ida- t y p g ib t , die n i c h t n u r d u r c h A n s t e c k u n g yon Tier zu Tier f ibe r t ragen wird, s o n d e r n die a u c h Ms h a r m l o s e r P a r a s i t in b a n a l e n W u n d e n a u f t r e t e n kann . Al lerd ings s che in t es, worauf schon KNORR") u n d M. ZUELZER ~) h ingewiesen h a b e n , d a b ge- wisse Sp i roch~ ten e rs t e ine V o r b e r e i t u n g des N ~ h r b o d e n s d u r c h ande re Mik roo rgan i s m en n6 t ig h a b e n , ehe sie gfinst ige Be- d i n g u n g e n fiir i h re Ans i ed lung u n d W e i t e r e n t w i c k l u n g f inden.

D u r c h den Ver such f inden a u c h die p a r a d o x e n Ergebn i s se frf iherer Tierexper imenteT) , bei denen es ge lang m i t sp i rochg- ten]relemAusgangsmaterial (Blur , Sperma, Milch) k r a n k e r und gesunder Menschen spiroch~tenhaltige Impfe f fek te b e i m K a n i n c h e n zu erzielen, ih re zwanglose Erk l / i rung u n d die Zweifel SCHERESCHEWSKIS 3) u n d KLARENBECKS $) an d e m W e r t des K a n i n c h e n s ats Ve r suchs t i e r zur E r k e n n u n g der mensch - l i chen Syphi l i s werden u n t e r s t r i c h e n .

N a c h d e m zah l re iche A u t o r e n schon f r / iher [u. a. W~IITE 9) u n d PR6SCHEI~~ tier fff ihere Ass i s ten t EHRLICHS] auch bei n i ch t - l ue t i s chen Menschen (z. B. P seudo leuk~mischen ) massen- h a f t Spirocb/~ten w on ~ausgesprochenem P a l l i d a c h a r a k t e r nachgewiesen h a b e n , s che i n t die F rage n i c h t u n b e r e c h t i g t : Genf ig t das V o r h a n d e n s e i n y o n S p i r o c h g t e n des Pa l l i da typs , u m den V e r d a c h t au f Syphi l is a u s z u s p r e c h e n ?

L i t e r a t u r: 1) ARZT 11. t(ERL, Wie11. klin. Wochenschr. 1914, Nr. 29. - - ~) ARZ~, Dermatolog. Zeitschr. (zit. nach RUl'PERT, Berl. tier~rztl. Wochenschr. 1921 , Nr. 42). - - ~) SCHERESCHEWSKI Und WORMS, Befl. Mill. Wochenschr. 1921, Nr. 44- - - *) UHLEN- HUTH 11. ZUELZRR, Zentralbl. f. Bakt . I. Abt., Orig. 1921, Bd. 85, Heft 6/7. - - ~) M. ZUELZEI~, Zentralbl. f. Bakt., I. Abt., Orig. 192I , Bd. 85, Heft 6/7. - - s) KI~ORR, ZentralbI. f. Bakt., I. Abt., Orig. 1921, Bd. 87, Heft 7/8. - -~) Zit. nach HEIM, Lehrb. d. Bakt., 5. Aufl. 1918, S. 317 . - - s) KLARENBECK, Zentralbl. f. Bakt., i. Abt., Orig. 1921, Bd. 86, S. 472. - - ") WHITE, Journ. of the Americ. reed. Ass. Vol. 49, Nr. 9. 19o 7 (zit. nach Zentralbl. f. Bakt., I. Abt., Ref. Bd. 42, S. 276 ). - - ~0) WHI~E and PR6SCHER, Journ. of the Americ. reed. Ass., Vol. 49, Nr. 13 (zit. wie 9).

UBER SCHWIERIGKEITEN DER DIFFERENTIAL- DIAGNOSE ZWISCHEN GRAVIDITAT, EXTRA-

UTERINGRAVIDITAT UND OVARIALHAMATOMEN. Yon

Dr. MAx SAMUEL, K61n a. Rh.

D u r c h e inen Zufal l w u r d e ich zuers t au f die Bez i ehungen yon pa tho log i s chen B l u t u n g e n in den Fol l ikel u n d das Corpus l u t e u m z u m g r a v i d e n bzw. n i c h t g r a v i d e n U t e r u s a u f m e r k s a m . Die be sonde re B e d e u t u n g dieser B e o b a c h t u n g lag dar in , d a b h i e r d u r c h L a p a r o t o m i e n fiberflfissig wurden , welche ich bei d e r sons t s i che ren A n n a h m e e iner E x t r a n t e r i n g r a v i d i t ~ t ge- m a c h t hAtte.

Der erste Fall dieser Art war anamnest iseh kurz der, dab 6 Tage zu sp~t die Menses einsetzten, sehr schwach waren, und links starke, anfallsweise auf t re tende Schmerzen mit Brechneigung sich zeigten. Links neben dem normal liegenden, etwas weichen Uterus ffihlte man bei der innerlichen Untersl lchung deutlich einen ei- groBen, druckempfindlichen, weiehen Tumor. Ich schickte die Pa t ien t in sofort wegen Extrauter ingravidi t~t ins Krankenhaus und lieB alles zur Laparotomie herriehten. Inzwischen wurde ich dringend zu einer Geburt wegen einer schweren Blutung gerufen, deren Erledigung reich etwa 4 Stllnden festhielt. Die telephonische Anfrage bei der Stationsschwester nach einer Stunde brachte den Bescheid, dab es der Pat ient in gut gehe, sie keine Schmerzen habe, keine Temperaturerh6hung rektal gemessen und der Puls normal sei. Ich instruierte die Schwester, reich bei irgendwelchei1

bedrohlichen Symptomen, seien es leichte Ohnmachten oder Schmerzen, sofort zu benachrichtige11, um zu laparotomieren. Als ich abends die Pat ient in wieder sah, ha t te sie keinerlei Beschwerden. Die Blu tung blieb 2 Tage l~nger und war etwas s tarker wie sonst. Schmerzen waren nicht mehr vorhanden. Ich dachte zuns daran, daB es sich um eillen T u b e n a b o r t - o d e r mole gehandelt habe, bei dem mit dem Absterben des Eies sich die bedrohlichen Erscheinullgen zurfickbildeten. Die Pat ient in, welche sich ganz gesund ffihlte, war trotz meines dringenden Anratens nicht mehr im Krankenhause zu halten. Ich entlieB sie mit der Weisung, reich bei auf t re tenden Schmerzen oder Ohnmachtsanf~kllen sofort holen zu lassen. Nach 14 Tagen war der Tumor gut walnuBgroB, die n~chste Periode t ra t genau 4 Wochen sp~ter ein, und nach wei. teren 6 Wochen war vorn Tumor nichts mehr zu fflhlen.

W/ihrend dieser Beobachtungszeit zog reich Kollege L. zu einem Fall zu, zwecks Operation, bei welchem er mit Best immthei t eine linksseitige Extrauter ingravidi tg t diagnostiziert hatte. Auch in diesem Falle sprach Anamnese wie Untersuchungsbefund ffir die Diagnose. Ich kl~rte dell sehr zuverl~ssigen, gewissenhaften Kollegen fiber meineMutmaBung auf und ba t ihn, mit mir zusammen den Fall zu beobachten. Auch hier bildete sich der etwa hfihnerei- groBe Tumor nach sechs Wochen v611ig zurfick. Drei Monate sp~ter wurde die Pat ient in gravid u11d trug aus.

Der dri t te hierhin geh6rige Fall Joetrifft Frau F., bei welcher zw61f Tage nach Sistieren der Menses sehr starke kolikartige Schmerzen auftrate11. Auch hier ffihlte ich neben dem weichen, etwas vergr6[3erten, normal liegenden Uterus eine teigig weiche, fast g~nseeigroBe bewegliche Geschwulst, welche sehr druckempfind- lich war. Infolge einer pl6tzlichen Reise mul3te ich die Pat ient in nach 14 t~giger Beobachtung aus der Hand geben. Den reich ver- t retenden Kollegen machte ich ebenfalls auf meine Beobachtung aufmerksam und bat ihn, nu t bei absoluter Indikatio11 zu laparoto- mieren. Der Kollege wurde eines Tages gerufen und nahm eine ExtrauteringraviditAt an. Die Pat ient in wollte aber bis zu meiner 1Rfickkehr warten und nur bei lebensbedrohlichen Erscheinungen sich operieren lassen. Als ich 3 Wochen sp~ter zurfickkehrte, war der linksseitige Tumor verschwullden, und die Pa t ien t in ha t te eine normale Geburt.

Frau M. konsultierte mich wegen kaum zu ertragender, anfalls- weise auftretender Schmerzen im rechten Unterbauch. Menses waren drei Wochen ausgeblieben. Neben dem normal liegenden, weichen etwas vergr62erten Uterus fflhlte man deutlich eine fiber wallnuBgroBe, sehr schmerzhafte Resistenz. l ch machte auf die M6glichkeit einer vorhandenen Bauchschwangerschaft aufmerksam und riet zur Aufnahme in die Klinik. Ans ta t t dessen ging die Pa- t ientin zu einem a11deren Gyn/ikologeI~, welcher in Narkose unter- suchte und wege11 einer bestehenden Bauchschwangerschaft die sofortige Operation ffir n6tig erachtete. Tags darauf war Pat ient in wieder in meiner Sprechstunde. Ich empfahl ihr wiederum Be- obachtung und sie hat jetzt ihre normale Gravidi t~t fiberstanden.

Diese v e r s c h i e d e n e n Krankhe i t s fAl le b r a c h t e n re ich au f den Gedanken , ob n i c h t pa tho log ische B l u t u n g e n ins Corpus l u t e u m oder den FoIlikel anfal lsweise a u f t r e t e n d e wehena r t ige Schmerzen wie bei E x t r a u t e r i n g r a v i d i t ~ t m a c h e n k 6 n n t e n . I ch sah d a n n i n n e r h a l b eines J a b r e s 12 F~lle, bei d e n e n du rch eine pa tho log ische B l u t u n g ins Corpus l u t e u m oder dell Folli- kel an te - oder p o s t p o n i e r e n d e B l u t u n g e n ausgel6s t wurden , und schliel31ich 4 F~lle, bei d e n e n eine no rma le Schwanger - scha f t bes t and , aber d u r c h pa tho log ische B l u t u n g e n ins Corpus l u t e u m oder den Foll ikel e ine E x t r a u t e r i n g r a v i d i t ~ t vor- ge t~usch t wurde .

Die Tragwe i t e dieser B e o b a c h t u n g e n i s t n u r d a n n ein- wandf re i erwiesen, w e n n sie d u r c h den pa tho log i schen Befund bes t~ t i g t wird. I s t es and re r se i t s m6glich, aus den k l in ischen Anze i chen so s ichere d iagnos t i sche Merkma le zu gewinnen , d a b eine Diagnosens te l lung vor der O p e r a t i o n m6gl ich u n d d a m i t die Ope ra t i on e n t b e h r l i c h wird ?

Die ers te F rage is t m i r v o m P a t h o l o g e n b e a n t w o r f e t , -und zwar i s t mi r yon Professor DIETRICH, Pa tho log i sches I n s t i t u t der U n i v e r s i t ~ t K61n, b e s t a t i g t worden, d a b i h m solche Be- o b a c h t u n g e n b e k a n n t s ind. Diese pa tho log i schen Be funde h a b e n d a n n noch e inen b e s o n d e r e n W e r t , w e n n sie ld in i sch eine sichere Diagnose e rm6gl ichen .

Le ider s ind die F o r s c h u n g e n fiber die B e d e u t u n g u n d den Einflul3 des Corpus ] u t e u m noch zu sehr in FIuB, u m aus se inen pa tho log i schen u n d phys io log i schen V e r r i c h t u n g e n i rgende ine H a n d h a b e zu r Diagnosens t . ' ] lung zu gewinnen. I ch well3 ke in s icheres Anzeichen, welches uns die Di f fe ren t i a ld iagnose d u r c h i rgende ine O n t e r s u c h u n g s m e t h o d e g e s t a t t e t . U n d ]eder

258 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 6 5. FEBRUAR 19e3

Frauenarzt , der sich selbst gegenfiber ehrlich ist, ~ i rd s0gar zugeben, das er nach sorgf/~ltigster Beobachtung eine Extra- uteringravidit~t operierte, die sich t rotzdem als cine einseitige Adnexerkrankung bei der Operation herausstellte. Es ist also schon oft schwierig, die Diagnose Extrauteringravidi t / i t oder Adnexerkrankung zu stellen; erst recht kann es schwer sein, auch die Diagnose Ovarialh/imatom mit heranzuziehen.

Wie sichere ich am besten die Diagnose? Jeder Tall, welcher difterentialdiagnostische Sch~ierig-

keit bietet, geh6rt am zweckmgBigsten in die Klinik. Hier bin ich stets sicher, dab genau rectal gemessen wird und alle

MaBregeln zur Krankenbeobachtung durchgefiihrt werden; zudem babe ich fiir eine pl6tzlich notwendig werdende Opera- tioil alles zur Hand.

Ich m6chte ausdriicklich betonen, dab ich in keinem Falle, bei dem ich an die M6glichkeit einer Extrauteringravidit~it gedacht habe, durch das abwartende Verhalten etwas ver- s~iumt babe. Selbst in den F/illen, welche trotz eifrigen Zu- redens nicbt zur Aufnahme ins Hospital zu bewegen waren, habe ich auch bei pl6tzlicher Ruptur stets in der GroBstadt rechtzeitig operieren k6nnen. Ich wfirde auf dem Lande wohl sicher nicht das gleiche riskieren, da bier oft der Transport zu lange dauert. Bei jeder Patientin, ~ elche differentialdia- gnostisch ffir Extrauteringravidit/~t mit in Frage kommt, mache ich im Privathause auBer der Pat ient in eine der An- geh6rigen, im Krankenhause die Stationsschwester stets dar- auf aufmerksam, reich bei auftretenden, pl6tzlichen Schmer- zen, Brechneigung oder Ohnmachtsanf~llen sofort dringend zu rufen. Ist eine Adnexerkrankung differentialdiagnostisch aus- zuschlieBen auf Grund einer sicheren Anamnese und ich ffihle bei einem Krankheitsfalle, welcher d'ie Menses nicht gehabt hat, an einer Seite einen beweglichei1 Tumor yon WalnuB- bis etwa Eigr6Be, und dieser Tumor 16st wehenartige Schmerzen aus, so beobachte ich genau im Krankenhause. Ich betone nochmals, niemals habe ich hierbei den richtigen Zeitpunkt zur Operation verpaBt; sehr unangenehm ist es aber, wenn man operiert und sieht dann eine normale Gravidit/~t mit Ovarian h~matom, wodurch das Unn6tige des Eingriffes erwiesen wird. Genau so wichtig ist eine best immte Beobachtungszeit in

_Fiillen, wo ante- oder postponierende Blutungen einsetzten und man eine Extrauteringravidi t / i t vermutet , welche weder eine H~matocele gemacht hat, noch sich vergr613ert. Best immt aber wird dutch dieses abwartende VerhMten die Diagnose eines Ovarialh/imatoms oft gesichert, wo man sonst wegen einer Extrauteringravidi t / i t operiert haben wfirde ; man mul3 eben an die M6glichkeit eines Ovarialhgmatoms denken. Es kann auch ein Ovarialh/imatom gleichzeitig mit H~imatocele vorkommen.

Ubrigens m6chte ich nicht unerw~ihnt lassen, dal? auch in den ersten Monaten der Gravidit/it meiner Uberzeugung nach oft wehenartige Schmerzen dadurch sich zeigen, dab das Eichen in der Tubeneeke sitzt, oder durch die ungleichm/iBige Ver- gr6Barung des Uterus dadurch, dab das Ei an der Seiten- wand sitzt, diese einseitige Ausdehnung Wehen auf der be- treffenden Seite durch die besondere Verlagerung und Durch- blutung der Adnexe hervorruft.

Differentialdiagnostisch ist noch zu berficksichtigen, dab es auch F/ille gibt von Tubenabort bzw. Tubenmole, welche sich, ohne zu bedrohlichen Ersctleinungen zu fiihren, doch langsam resorbieren.

SchlieBlich ist bier das Kapitel der Corpus luteum-Cysten zu er6rtern, fiber welche wir speziell HALBAN manche F6rde- rung unserer Erkenntnis verdanken, und welche ~ihnliche Er- scheinungen ausl6sen k6nnen wie Ovarialh~imatome. Jeder Pathologe hat wohl 6fter Corpus luteum-Cysten gesehen, woes eine pl6tzliche Blutung in die Cyste gab und dann wegen der Annahme einer Extrauteringraviditf i t operiert wurde. Ich zitiere bier vor allem HALBANS Arbeit im Zentralbl. f. Gyn~ikol. Nr. 24, i9 i 5, ,,zur Symptomatologie der Corpus luteum- Cysteu". Andererseits hat P. STRASSMANN in der Zeitsehrift fiir Geburtshilfe und Gyn5kologie zu Berlin 1918, Band 80, seinen "Vortrag ver6ffentlicht, welchen er in der Gesellschaft fiir Geburtshilfe und Gyn/ikologie gehalten hat. Hier finder man eine kritische Darstellung des Themas ,, Ovarialblutungen".

METHODE DER QUANTITATIVEN SCHATZUNG DES BILIRUBINGEHALTS IM HARN.

Von

Dr. A. ADLER, Assis tent der Klinik,

und Dr. ELSE MEYEIL Volont~rassis tent in.

Aus der Medizinischen Universit~itsklinik Leipzig. (Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. v. STROMPELL.)

Der Klinik mangelt es g~nzlich an einer quant i ta t iven Methodik der Bilirubinbestimmung im Harn, ein Mangel, der sick empfindlich bemerkbar macht, und fiber den auch jiingst auf dem V~iesbadener KongreB bei Abhandlung des Ikterus- themas yon verschiedenen Seiten geklagt wurde. Die sch6ne yon H. v. D. BEXGH angegebene Bilirubinbestimmungsmethode l~Bt bei ihrer Ubertragung auf Harn g~nzlich im Stich. In der Klinik wird meist die Gmelinsche oder Chloroformreaktion als quali tat ive Bilirubinharnreaktion benfitzt. Beide Metho- den sind in gleicher Weise durchaus unzuverl~ssig, und man kann kaum verstehen, wie es kommt, dab sie sich in diesem MaBe eingebfirgert haben. Eine sehr sch6ne, ebenso exakte wie empfindliche Bilirubinprobe im Harn ist die alte, schein- bar bei den Fachgenossen meist ganz ill Vergessenheit ge- ratene Bilirubinprobe yon GRIMBERT1), die auch yon den Che- mikern als Identifizierungsnachweis hgufig benutzt wird. Die Ausffihrung der Methodik ist einfach. Irrtfimer sind aus- geschlossen; da die fibrigen evtl. in Betracht kommenden Harnfarbstoffe mit dieser Reaktion gar keine oder ganz Farb- erscheinungen liefern (s. u.).

5 ccm Harn werden mit o,25 g Bariumchlorid versetzt, der ent- standene Niederschlag am besten durch Zentrifugierei1 yon der fiberstehenden Flfissigkeit getrennt. Es genfigt ganz kurzes Zentri- fugieren, da der Niederschlag sehr grobflockig ist. Steht keine Zentri- ,fuge zur Verffigung, so kalm man auch filtrieren. Die fiberstehende Flfissigkeit wird abgegossen und der Niederschlag mit IO ccm 4 proz. salzsaurem Alkohol versetzt, tfichtig umgeschfittelt oder mit einem GlasstAbchen umgeriihrt und Iiir einige Minuten in ein Becherglas mit Wasser yon 7o--8o3 gebracht. In den allermeisten F~llen entsteht schon jetzt eine sch6ne Griinfgrbung der iiberslehen- den Flfissigkeit, wo diese ausbleibt, ist sie sofort zu erzielen dutch .Hinzuffigung einiger Tropfen Wasserstoffsuperoxyd. Diese Grfin- f/irbung ist charakteristisch fiir die Anwesenheit von Bilirubin, und ihre Intensit~t ein MaBstab fiir den Gehalf an diesem Farb-

stoff2). (Urobilin gibt bei dieser Reak• einen rosa violetten Farbton.)

Um nun einen Anhaltspunkt zu haben fiber den wirklichen Farbstoffgehalt, versuchten wir an einer Bilirubinl6sung die- selbe Farbe zu erhalten, das gelang auch mittels der Hammar- stenschen Reaktion, aber die Grfinf/irbung blieb nur wenige Augenblicke bestehen, wandelte sich bald fiber blau nach lila. Dieser Weg war also ffir Farbvergleiche nicht gangbar. Wir wghlten daher einen anderen. Galle gibt die H. v. d. Bergh- sche Diazoreaktion und kann auch durch die eben beschrie- bene Reaktion auf ihren Bilirubingehalt gepriift werden. Wir stellten nun wiederholt yon einer Fistelgalle 2 ganz genau gleiche Verdiinnungsserien her, verarbeiteten die eine nach der H. v. d. Bergttschen Methodik, Thannhauserscher Modifikation, die andere nach der eben beschriebenen Metho- dik ; hat ten also damit eine Skala dieser grfinen Gallenfarb- stoffarbeS), deren Gehalt an Bilirubin durch Vergleich mit den bei der H. v. d. Berghsehen Methodik erhaltenen Werten be- kannt war. Von dieser grfin gef/irbten Bilirubinskala wurde in dem Colorimeter (s. Nr. 39 dies. Wochenschr., S. I942) eine Eich- tabelle aufgestellt, mittels derer nun die Harnbilirubin- best immung quant i ta t iv erm6glicht ist.

Die Ausffihrung der Methodik erfolgt wie ob: n beschrieben, nur die entstandene grfine Farbe wird durch Vorschaltung des Tilters 2a im Colorimeter bestimmt. Die erste Rubrik der Tabelle (s. Schichtdicke) enthfilt die In tens i t i t der Grfin-

1) Vgl. BRULE, Recherches sur les Io~res. Paris, Massoa. D:ux'~me Ed. I) Um zum Fexbvergleich eine Mare LSsung zu haben, muB man genfigend lange stehen lassen, oder aber zentr;fugieren, oder yore Niederschlag abLltrieren. Das mittlere ist das Empfehlenswerteste. 3) Diese ist tibrig~ns nut mehrere Stunden haltbar, so dab auch hierfiir wteder under Colorimeter sehr gute Dienste leistet.