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Umschlag als Montage auf Seite 22-23

Umschlag als Montage auf Seite 22-23 - Sperre Online · 2019. 9. 2. · den Herausgeber). Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder

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  • Umschlag alsMontage auf Seite22-23

  • SPERRE 12 2005EDITORIAL2

    Der deutsche Haushalt liegt darnieder. Der deutschen Wirt-schaft geht es gut. Zwischen diesen Zahnrädern werden diesozialen Errungenschaften zermahlen. Die Propaganda da-für machen Politiker, Wirtschaftslobbyisten und Medien: Die erste-ren, um ihre verfehlte Haushalts-Politik zu kaschieren, die zweiteren,um mehr Kohle zu machen, die letzteren, weil.. naja, so sind sie eben.Propagandaspruch 2006: Der Arbeitslose ist ein fauler Schmarotzerund Betrüger. Ganz offensichtlich ist; zwar wurde mit den Sparpake-ten der vorherigen Regierung das Soziale auf Sparflamme gesetzt,weiter runterdrehen läßt sich das Gas kaum noch - aber Clement mußja klarmachen, warum sein Wirken so erfolglos war: Die Arbeitslo-sen wollen nämlich gar nicht arbeiten!

    Na gut, mal’ne andere Frage: Wie lange wollen die Arbeiter ei-gentlich noch arbeiten? Wie weit lassen sie sich noch ausbeuten? Ent-lohnung! Unbezahlte Mehrarbeit! Abbau des Kündigungsschutzes!Streichung von Feiertagen und sozialen Leistungen! Sonntagsarbeit!Schuften bis zum Sonnenuntergang! Die Arbeiter werden aus dem

    Liebe Leserin,lieber Leser!

    Gebüsch und von hinten anvisiert. Sie sind die zukünftigen Melk-kühe der Nation. Die Propaganda dafür ist schon lange auf dem Tisch:Arbeit macht frei! Die Strategie im Zusammenhang: Arbeitslose undArbeitshabende werden gegeneinander ausgespielt. Die Arbeitsha-benden wollen keine arbeitslosen Parasiten sein und ertragen jeglicheKürzung und Schmach, nur um nicht arbeitslos zu werden. Die Ar-beitslosen werden zu Parasiten stilisiert, sie werden diskriminiert undrufgemordet, damit klar ist, wo in der Gesellschaft die Prügelhundezu finden sind, wer schuld ist. Zwei Tanzbären werden an der Naserumgeführt. Am anderen Ende der Kette: Die Weihnachtsmänner ausPolitik, Wirtschaft und Medien - mit dem Sektglas in der Hand.

    (zur Zeit maskiert)Stefan Rißmann

  • 01 2006 SPERRE WAS DRIN ISS 3

    Seite 4 ZUM LEBEN ZU WENIGArbeitslosengeld für ÄltereIch-AG und Co. KG58er Regelung

    Seite 6 ARBEITSFÖRDERUNGDie Perfektion des ChaosprinzipsÜberlebenskünstler ParasitWas ist möglich bei Hartz IV?

    Seite 12 FRAUEN

    Seite 13 JIB

    Seite 14 ALLES WAS RECHT ISTUrteileAus dem Koalitionsvertrag

    Seite 16 DATENSCHMUTZTatbestand Biometrische VerfälschungTerror! Telefonalarm

    Seite 18 INTERVIEWSozialamtsleiter Michael Willamowski zu den neuen Mietobergrenzen

    Seite 21 Harrrtz IV – das SpielDie Regeln

    Seite 22 AUFGEMISCHT

    IMPRESSUM

    Herausgeber:abm.e.V. (Arbeitslose brauchen Medien)Achtermannnstr. 7, 48143 Münster

    Telefon: (0251) 511121E-Mail: [email protected]

    [email protected]: www.muenster.org/sperre

    Redaktion:Norbert Attermeyer (noa)Anna Bolika (ab)Peer Denzer (pad)Stefan Rißmann (sr)Arnold Voskamp (avo)

    Mitarbeit:Lars Brühmann (lb)Hartmut GieskeUlrike GojAnne Neugebauer (an)

    Layout, Satz:Stefan Rißmann, Peer Denzer

    Titelbild:Stefan Rißmann

    Anzeigen/Spenden:Maria Hamers, Ulrich WienersBankverbindung/Spendenkonto:Sparkasse MünsterBLZ 400 501 50, Kto. 4011797

    Druck:Erdnuß-Druck, Sendenhorst

    Auflage: 6.000Bezug: per Versand zum Selbstkosten-preis / als FörderabonnementVerteilung: Kostenfrei an Auslagestellenim Innenstadtgebiet Münsters (neue In-teressentInnen wenden sich bitte an den Herausgeber).

    Namentlich gekennzeichnete Artikelgeben nicht unbedingt die Meinung derRedaktion wieder. Das Urheberrecht für Text- und Bild-beiträge liegt bei den Autorinnen und Autoren. Jedwede Nutzung, auch aus-zugsweiser Nachdruck, bedarf derGenehmigung.Leserbriefe an den Herausgeber. Wirfreuen uns über jede Zuschrift. AnonymeLeserbriefe veröffentlichen wir nicht. DasRecht, zu kürzen, behalten wir uns vor.

    Nächste Ausgabe (Karneval 2006)Redaktionsschluß: 22. Januar 2006Anzeigenschluß: 25. Januar 2006

  • SPERRE 12 2005ZUM LEBEN ZU WENIG4

    Ich-AG und Co. KG

    Existenzgründung aus der Arbeitslosig-keit wird vom Arbeitsamt gefördert.Inzwischen ist keine Arbeitsförderung sowirksam wie Überbrückungsgeld und Ich-AG. Überbrückungsgeld ist die kräftige Start-spritze für 6 Monate. Der Ich-AG-Zuschuss

    Arbeitslosengeld für Ältere

    Ältere Arbeitslose ab 47 Jahre erhalten bis zu32 Monate lang Arbeitslosengeld, wenn sieüber lange Zeit Beiträge eingezahlt haben. Noch.Wer sich ab dem 1. Februar 2006 arbeitslosmeldet, wird in der Regel nach 12 Monaten insArbeitslosengeld II (Hartz IV) rutschen, wenn eroder sie bis dahin keine Arbeit gefunden hat, über55-jährige nach 15 oder 18 Monaten.Das liegt nicht daran, dass Ältere jetzt wieder bes-sere Arbeitsmarktchancen haben, sondern esgeht ums Geld: So kann auf dem höchsten Standder Nachkriegsarbeitslosigkeit die Arbeitslo-senversicherung geschätzte 10 Milliarden Euroeinsparen und die Betriebe bei den Lohnne-benkosten entlasten. Unser Rat: Für ältere Arbeitnehmer, bei denenin absehbarer Zeit das Ende des Arbeitsver-hältnisses ansteht, ist als Beginn der Arbeitslo-sigkeit ein Termin im Dezember oder Januar gün-stiger. Denn dann gelten noch die alten Bedin-gungen. Die Frage ist, ob nicht eine Sperrzeit droht,wenn Kündigungsfristen nicht eingehalten sind.Wer wichtige Gründe anführt und belegt, wer alsoetwa aus gesundheitlichen Gründen die Arbeitnicht mehr ausführen kann, oder wer drängen-de Probleme hat, die Betreuung von Kindern oderpflegebedürftigen Angehörigen mit den Arbeits-zeiten zu vereinbaren, erhält selbst dann keineSperrzeit, wenn die Kündigungsfrist nicht ein-gehalten ist. Und wer schon zu einem etwas

    Arbeitslosenberatung,Fon:511929

    Offene Beratung ohne VoranmeldungMontag und Donnerstag: 15:00 bis 17:00 UhrDienstag und Donnerstag: 09:00 bis 12:00 Uhrund nach Vereinbarung.

    sic -Sozialhilfeberatung im cuba,Fon:58856Dienstag bis Freitag: 09:00 bis 12:00 UhrDonnerstag: 15:00 bis 17:00 Uhrnach Termin.

    Beratung für Schwangere und Al-leinerziehende, Fon:58856Donnerstag: 09:00 bis 12:00 Uhrnach Termin.

    Sozialhilfetelefon, Fon:43544Montag: 15:00 bis 17:00 Uhr

    Sozialberatungenim cuba

    Achtermannstrasse 10-1248153 Münster

    Kinderhauser

    Arbeitslosen

    Initiative e.V.KAI

    Beratung und Begleitung vonArbeitslosen und Ihren Angehörigen

    Ansprechpartnerin: Angela Vrbanec

    dienstags: 8:30 bis 12:30 Uhrmittwochs: 14:30 bis 17:00 Uhrdonnerstags: 9:30 bis 11:30 Uhrund nach Vereinbarung

    Fon: 263689Fax: 26529607Josef-Beckmann-Str.548159 Münster

    KAI e.V. ist eine gemeinnützige Initiative imStadtteil Kinderhaus, die umfassende sozialeBegleitung und Beratung anbietet und dabei engmit anderen Einrichtungen zusammenarbeitet.

    Münster-PassDer „vorläufige Münster-Pass“verschafft Erwerbslosen und

    anderen Bedürftigen Ermäßigungen bei verschiede-nen Anbietern von Bildungs-,Kultur oder Sportangeboten.

    Wo gibt es ihn?cuba - Arbeitslosenberatung und Sozialbüro

    Malta - Münsters ArbeitslosenzentrumBegegnungszentrum SprickmannstraßeKAI - Kinderhauser Arbeitsloseninitiative

    Der vorläufige

    späteren Zeitpunkt gekündigt ist, mag mit einerkurzfristigen Eigenkündigung den Beginn derArbeitslosigkeit vorziehen, allerdings unter demRisiko einer Sperrzeit.

    wendet sich an Gründer, die zwar schon klei-ne Einnahmen erzielen, aber insgesamt sehr viellänger brauchen für einen tragfähige selb-ständige Existenz, bis drei Jahre gibt es Geld.Überbrückungsgeld und Ich-AG-Zuschusssind Pflichtleistungen. Das Arbeitsamt kann nichtsagen, wir haben kein Geld mehr, wir för-dern nicht. Dies wird sich ändern. Das Arbeitsministeriumhatte schon beklagt, dass die Arbeitsämterzuviel Geld für Existenzgründungen ausgeben.Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeitbeklagt, dass es zu viele Förderwege gibt, erschlägt vor, Ich-AG und Überbrückungsgeldzusammenzulegen. Die Union ist mit dem

    Vom ALG II - Empfänger zum Börsennotierten Unternehmen... (Bild: web/pad)

    „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – zu leben, überein-

  • ZUM LEBEN ZU WENIG 501 2006 SPERRE

    58er Regelung läuft aus

    Versprechen in den Wahlkampf gezogen, dassdie Ich-AGs nicht mehr gefördert werden.Handwerksverbände beklagen einen starkenNachfragerückgang bei ihren Betrieben, schulddaran sei die Verdrängung durch Ich-AGsmit ihren Dumping-Preisen. Neue Anträge für Ich-AGs sind laut Gesetz nurnoch bis zum 31.12.05 möglich. Die neueRegierung will das bis zum 30.Juni 2006verlängern, so soll das Gesetz kurzfristig ver-ändert werden. Mehr passiert aber wohl nicht.Also bleibt nur das Überbrückungsgeld, daswird aber wohl angepasst. Ob es noch drei-jährige Förderzeiträume wie jetzt bei der Ich-AG geben wird, ist zu bezweifeln. Die Zuschüs-se werden keine Pflichtleistungen bleiben.Es ist zu erwarten, dass die Arbeitsämter imnächsten Jahr neue Selbständige nur noch inbegrenzter Zahl fördern. Das Geld wird knappgemacht, das Amt wird abwägen müssen,wen es fördert und wen nicht. Sozialversicherte Arbeitsplätze werden weni-ger. Das fangen die Ich-AGs nicht auf. Dieinländische Nachfrage ist die entscheidendeSchwäche der deutschen Konjunktur, daranändern ein paar zusätzliche oder ein paarweniger Kleinunternehmen nichts. Aber Ich-AGs sind besser als ihr Ruf, sie bieten einerReihe von Arbeitslosen einen beruflichenEinstieg, die sonst untätig wären. Wenn die neueBundespolitik neue Arbeitsplätze will, dann sindNeugründungen von Arbeitslosen ein erfolg-reicher Weg. Für viele sind sie der einzigmögliche Weg aus der Arbeitslosigkeit. Unser Rat, wenn Sie Arbeitslosengeld bezie-hen und sich in absehbarer Zeit selbständigmachen wollen: Fragen Sie sofort nach einemBeratungstermin im Arbeitsamt über dieaktuellen und künftigen Förderungsmög-lichkeiten. Drängen Sie auf eine verlässlicheAuskunft, denn die brauchen Sie.

    Zum Ausgleich der Nachteile Älterer amArbeitsmarkt gibt es bislang im Arbeits-losenrecht (§ 428 SGB III und § 65 Abs.4 SGBII) die 58er-Regelung. Sie bedeutet: ÄltereArbeitslose können weiter ungekürzt Arbeits-losenunterstützung erhalten, auch wenn sie nichtmehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung ste-hen. Sie dürfen Arbeitsangebote ohne Sperr-zeit ablehnen, auch Feststellungsmaßnahmenund ähnliche Scherze, sie dürfen 17 Wochen

    im Jahr (statt drei Wochen) vom Wohnortabwesend sein. Sie müssen dafür unter-schreiben, dass sie zum frühestmöglichenZeitpunkt in Rente gehen, und zwar in die unge-kürzte Rente. Die Zusage der Arbeitsämter giltbis zur Rente. Ab dem 1.1.2006 ist Ihnen derNeueintritt in die 58er Regelung nur nochmöglich, wenn Sie vor dem 1.1.2006 erstensschon 58 geworden sind und zweitens einenAnspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeits-losengeld II (Hartz IV) hatten.

    Wer die 58er Regelung unterschreibt, muss früh-zeitig in den Ruhestand gehen, aber nichtvorzeitig mit Rentenabschlägen. VorzeitigeAltersrente bedeutet, es gibt bis zu 18 %Abzüge von der monatlichen Rente, wennman eher als mit 65 in die Rente geht. Ohnedie 58er Regelung kommen Bezieher vonHartz IV unter Druck. Wer Hartz IV (Arbeits-losengeld II oder Alg II) beantragt, musslaut Gesetz alle anderen Möglichkeiten zurSicherung des Lebensunterhalts ausschöp-fen, bevor Alg II gezahlt wird. Das kann auchheißen, dass man zu einer vorzeitigen, gekürz-ten Rente gezwungen ist (SGB II, § 2 und §5). Der Zwang wurde bislang nicht ausge-übt, weil Ältere immer noch sagen konnten:nee, dann unterschreibe ich lieber die 58er Ver-einbarung und meine ungekürzte Rente istsicher. Laut interner Anweisung aus demBundesarbeitsministerium sollten die Hartz IV-Empfänger ohne 58er-Vereinbarung nicht

    schlechter gestellt sein als die mit 58er Ver-einbarung. Aber ab 2006 hat nur noch eine immer klei-ner werdende Zahl von älteren Arbeitslosen die-sen Schutz gegen den Zwang zur vorzeiti-gen Rente. Wer erst nach 2005 seine Arbeit ver-liert oder wer erst danach arbeitslos wird,kann die 58er Vereinbarung nicht mehr unter-schreiben. In der Regel werden diese Arbeits-losen gezwungen sein, eine gekürzte Rente zubeantragen, indem das Hartz IV-Amt die Zah-

    lungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein-stellt.Zur Zeit laden die Arbeitsämter ältere Arbeits-lose ein zu Gruppeninformationen, in denenauf darauf verwiesen wird, dass die Erklärungnur noch bis zum 1.1.2006 unterschriebenwerden kann. Das sagt das Gesetz jedochnicht, dort heißt es nur, man muss vorher 58geworden sein und den Anspruch auf Algbzw Alg II erworden haben. Ältere, jetztschon arbeitslose Menschen können also nochnach 2005 in den 58er Schutz kommen. Nochnicht ganz so alte Arbeitslose und spätereArbeitsplatzverlierer dagegen können sichschon mal auf Rentenabschläge gefasst machen.

    Demnächst wieder weniger Frühschwimmer in Deutschlands Freibädern? (Bild:web)

    er Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – zu leben, überein-

    avo

  • ARBEITSFÖRDERUNG6 SPERRE 12 2005

    Oder: Die Perfektion

    des Chaosprinzips

    Bereits in den 90er Jahren wurde deut-lich, dass die Systeme des Wohlfahrts-staates nicht mehr in gewohnter Weise trag-bar waren. Das Gesellschaftsbild ändertesich in eine nicht geahnte Richtung. Sinken-de Geburtenraten, höhere Lebenserwartung,steigende Arbeitslosigkeit, Osterweiterungund weltweite Globalisierung erfordern ei-nen Wandel. Der gigantische Schuldenbergder BRD, der durch die anfallenden Zinsen

    einen guten Happen der Nettostaatseinnah-men verschlingt und nicht zuletzt die Droh-gebärden der Europäischen Union wegen derwachsenden Staatsverschuldung erzwangenein umgreifendes „Reformpaket“. Das hier-von nicht zuletzt, sondern von Anfang an, dieSicherungssyteme betroffen sind, war abzu-sehen. Eine Neustrukturierung und ein Um-denken in sozial-, verwaltungs- und wirt-schaftspolitischen Sektoren erschien spätes-tens nach der deutlichen, wirtschaftlichenFolgen des 11. Septembers 2001 unumgäng-lich. Und promptwurden von den Regieren-den zwei neue Protagonisten in die Schlachtum das goldene Kalb „Vollbeschäftigung“geschickt.

    Der eine, seines Zeichens studierterPsychologe und Betriebswirt, übernahm das

    Förderung bedeutet Unterstützung, Hilfe und

    Zuwendung. Arbeitsförderung meint dem-

    entsprechend, Hilfe und Unterstützung bei der

    Suche nach einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle...

    Ruder des angeschlagenen Verwaltungsmo-lochs „Arbeitsamt“ mit dem Ziel einer Ver-einfachung der verkrusteten Strukturen.Zeitgleich wurde ein unternehmensnaherManager und seinerzeit Personalchef derVolkswagen AG mit der Entwicklung vonReformen für den Deutschen Arbeitsmarktbeauftragt. Florian Gerster verdoppelte zu-nächst sein Gehalt und das Spesenkonto desVorstandes des Arbeitsamtes und wurde 2Jahre später wegen der Verschwendung vonMillionenbeträgen für den geplanten Total-umbau zur „Agentur für Arbeit“ für die Re-gierung untragbar. Wir erinnern uns dunkelan den 1,3 Millionen Euro teuren Internet-auftritt der Agentur und die 38 MillionenEuro für nicht ausgeschriebene Beraterver-träge. Als er von Bundesminister Clement

    entlassen wurde stand ihm noch eine Fortzah-lung seiner üppigen Bezüge bis zum Vertrag-sende zu. Gegenwärtig bezeichnet er seineberufliche Tätigkeit als Unternehmensberaterund ist eines der Gründungsmitglieder der ar-beitgebernahen Initiative für Neue SozialeMarktwirtschaft.

    Der andere hat seinen Namen nachhaltigerin den Geschichtsbüchern des „Sozialstaa-tes“ Deutschland fixiert. In Form der nachihm benannten Hartz-Kommission, desHartz-Konzeptes und der ReformschritteHartz I-IV wird er uns auf ewig in unser so-ziales Gedächtnis eingebrannt bleiben. Derdeutsche Top-Manager und bis zuletzt Per-sonalchef der Volkswagen AG, hat mit sei-nen in großen Teilen umgesetzten Vorschlä-gen, den Großteil der Verantwortung für dasderzeit herrschende Chaos in Agenturen, Ar-gen und Sozialämtern mit zu verantworten.

    Die Verstrickung in den millionenschwerenKorruptionsskandal rund um den Skoda-Ma-nager Helmuth Schuster bescherten PeterHartz im Juli dieses Jahres, den Abschied inden mit 15.000,- Euro monatlich versüßtenRuhestand. Aber sein Einfluss wirkt sich täg-lich bei Menschen aus, die nicht wissen, wiesie von ihrem Hartz IV-Geld (auch ALGII ge-nannt) ihr Überleben bestreiten sollen.Schließlich hat sein Credo „fördern und for-dern“ nicht einen einzigen neuen Arbeitsplatzin Deutschland geschaffen. Im Gegenteil, sei-ne auf empirischen Studien beruhenden Re-formvorschläge haben nahezu zu einem Still-

    Arbeitsförderung?

    Unendliche Geschichten oder parasitäres Verhalten??? (Bild Copyright: M.C. Esher)

    stimmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Le-

  • 01 2006 SPERRE ARBEITSFÖRDERUNG 7

    stand beim Fördern und zu einem an Unzu-mutbarkeit grenzenden Fordern geführt.Sachbearbeiter in den Agenturen sehen sichimmer häufiger außer Stande eine individuel-le Entscheidung zu treffen, sie verschiebenlieber die Zuständigkeit an andere Stellenoder lehnen pauschal Anträge ab.

    Ergebnis: Die Arbeitsförderung und Ein-gliederungsförderungen tendieren gegenNull und werden systematisch durch dieSchaffung sogenannter Ein-Euro-Jobs abge-löst. Und auch wenn allerorts betont wird,dass Ein-Euro-Jobs keine vorhandenen Ar-beitsplätze gefährden sollen, ist es doch zurgängigen Praxis geworden, auf städtischenBauhöfen, bei der Stadtreinigung oder beimGartenbauamt bisherige 400,- Euro Stellendurch Ein-Euro-Jobber zu ersetzen.

    Logisch, hier ein kurzes Rechenbeispiel:Bisher arbeitete Hans Kunz für einen

    Stundenlohn von 10,- Euro (Baumindest-lohn) auf dem städtischen Bauhof. Das be-deutet, er hatte eine monatliche Regelar-beitszeit von 40 Stunden. Nun bekommt dieStadt Ein-Euro-Stellen, in denen jeder Ein-Euro-Jobber 80 Stunden Arbeit im Monatleistet! Und dies vollständig durch die Agen-tur für Arbeit finanziert! Weshalb also andem 400 Euro Job festhalten?

    Das neueste Programm der Agentur fürArbeitslosigkeitsverwaltung trägt nun denNamen „Job Plus“. Es soll Langzeitarbeits-losen, die auch nach sechs Monaten im Ein-Euro-Job noch keine Anstellung gefundenhaben, eine berufliche „Neuorientierung“und eine „Teilqualifizierung“ ermöglichen.Damit profitieren wenigstens die Bildungs-institute für weitere sechs Monate an denLangzeitarbeitslosen. In dieser Zeit sollenNeigungen und Fähigkeiten des Erwerbslo-sen gefunden und vertieft werden, um siedann in der Praxis einsetzen zu können... ineiner Wirtschaft, die täglich nach hochquali-fizierten Fachkräften schreit.

    Aber es kommt noch härter. Erwerbslosemüssen sich natürlich um einen Arbeitsplatzbemühen, dass ist unbestritten und dies soll-te auch gefördert werden. Die Zusage einerFörderung von 5,- Euro je geschriebener Be-werbung (nach Einreichung eines Antrages

    auf Erstattung von Bewerbungskosten) istabsolut ein Schritt in die richtige Richtung.Wahnwitzig ist es jedoch, erstens vom Er-werbslosen eine Mindestanzahl an monat-lichen Bewerbungen zu fordern (völlig un-kritisch, ob es denn überhaupt Angebote gab)und zweitens, ehemalige Dozenten für Buch-haltungswesen in Bildungsinstituten zu Be-werbungstrainern zu befördern. Schließlichsind es die gleichen Institute, die bis vor Jah-resfrist noch, unkritisch dem tatsächlichenBedarf des Marktes gegenüber, Bürofachan-gestellte und Mediendesinger ausgebildet ha-ben. Nichts gegen Schulungsunternehmen,aber sollte sich eine Arbeitsförderungsmaß-nahme nicht auch am Bedarf des Marktesorientieren? Schließlich ist kaum etwas un-produktiver als eine unqualifizierte Qualifi-zierungsmaßnahme.

    Förderung bedeutet Unterstützung, Hilfeund Zuwendung. Arbeitsförderung meintdementsprechend, Hilfe und Unterstützungbei der Suche nach einer Arbeits- oder Aus-bildungsstelle und Zuwendung des mit die-ser Aufgabe betrauten „Sachbearbeiters“(oder auf Neudeutsch Profilers oder Case-managers) an den Arbeitslosen oder von Ar-beitslosigkeit Bedrohten. So weit und so ein-fach die Definition.

    Selbst der Text im Sozial-Gesetzbuch 3 § 77 liest sich in diesem Punkt recht ein-deutig und verständlich:

    Arbeitnehmer können bei beruflicherWeiterbildung durch Übernahme der Weiter-

    bildungskosten gefördert werden, wenn:11.. die Weiterbildung notwendig ist, um siebei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern,eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzu-wenden oder weil bei ihnen wegen fehlendenBerufsabschlusses die Notwendigkeit derWeiterbildung anerkannt ist,

    22.. vor Beginn der Teilnahme eine Beratungdurch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und

    33.. die Maßnahme und der Träger der Maß-nahme für die Förderung zugelassen sind.

    Trauen wir doch auch den Antragstellernselbst ein wenig Selbstbewusstsein zu undfördern damit ihre Eigenverantwortlichkeit.An Position eins der von Arbeitgebern ge-forderten Eigenschaften von Bewerbernsteht „eigenverantwortliches Handeln“, diessollte kultiviert und gefördert werden. EinFördern setzt jedoch ein Erkennen vorausund dies wiederum ein Einlassen auf das In-dividuum „Arbeitsloser“.

    Zwei Beispiele, wie durch die „indivi-duelle“ Beratung und Förderung, wie sietagtäglich in den Agenturen für Arbeit undden Arbeitsgemeinschaften zwischen Sozi-alamt und Arbeitsamt (Arge) geschieht,Menschen entmündigt und in Arbeitslosig-keit oder Notlagen gedrängt werden, lesensie in den Leserbriefen, die unsere Redak-tion erreicht haben, auf der nächsten Seite.

    Wenn Paragraphen im Halse stecken bleiben(Bild:web)

    Ein Parasit ist wer

    sich drückt und

    niemals bückt

    wobei ihm doch

    sein Leben glückt.(pad)

    tweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Le-

    pad

  • SPERRE 12 2005

    Leser zum ThemaArbeitsförderung

    JAMMERTAL8

    Es gibt immer mehr Menschen, die inAngst um ihre Zukunft leben. Mit dieser Angst versuche ich auch seit län-gerer Zeit zu leben. Ich bin eine 36-jährigealleinerziehende Mutter einer 16-jährigenTochter. Noch vor einigen Jahren ging es unsfinanziell gut, wir hatten kaum etwas auszu-stehen. Mittlerweile hat sich dies aber dras-tisch verändert.

    Vor einiger Zeit verlor ich meinen Ar-beitsplatz als Automobilverkäuferin, seit-dem arbeite ich fast Vollzeit in einem Senio-renheim als Altenpflegehelferin. Sicherlichrichtige gesetzliche Vorgaben besagen je-doch, dass es ein bestimmtes Verhältnis vonexaminierten Kräften zu Pflegehelferinnengeben muss. Also stellte mich die Leitungder Einrichtung vor die Wahl: absolviereneiner Ausbildung zur Altenpflegerin oderKündigung des Arbeitsvertrages.

    Um meinen Arbeitsplatz zu sichern, besu-che ich seit einem halben Jahr nebenberuf-lich eine Schule, die Altenpfleger ausbildetund hole mein Examen nach. Ein Antrag aufÜbernahme der Schulkosten in Höhe von 75€ monatlich (für mich eine große Belas-tung!!!) durch die Agentur für Arbeit, sowieein Antrag auf Wohngeld beim Landkreis,wurden leider abgelehnt. Meine monat-lichen Fixkosten steigen durch sämtliche Er-höhungen der Bundesregierung fast täglich,aber mein monatliches Gehalt leider nicht.Im Gegenteil. Um meinen Arbeitsplatz unddamit meinen Unterhalt zu sichern, muss ichdiese Ausbildung absolvieren, aber auchmeine monatlichen Stunden in der Einrich-tung erbringen, die sich durch die Ausbil-dung logischerweise verringert haben. So-mit habe ich monatlich weniger Gehalt, aberzusätzliche Kosten durch die Schule. Ichfrage mich allen Ernstes, warum solcheMaßnahmen nicht gefördert werden. Ich tuedoch schon alles, um meinen Arbeitsplatz zusichern, bekomme aber leider keinerleiUnterstützung, nicht mal einen einzigenCent. Anderen Menschen werden solche

    Wirtschaftsenglisch bei der DAA

    Im August 2005 erkundigte ich mich beimeinem Fallmanager der Arge Münsternach einer Weiterbildungsmaßnahme, ummein Englisch aufzubessern und nach einerFinanzierung durch die Arge. Nach kurzemÜberfliegen meiner Akte bewilligte mir derSachbearbeiter einen Bildungsgutschein undriet mir mich zunächst bei der DAA nacheinem entsprechenden Angebot zu erkundigen.

    In einem Vorgespräch bei der DAA fragteich u.a. nach den Lehrinhalten und den ver-schiedenen Lernmodulen des Fortbildungs-seminars. Frau B. (Geschäftsführerin) erklär-te mir, die Inhalte werde ich erst erfahren,wenn ich erfolgreich an einem Einstufung-

    Maßnahmen, obwohl sie keine Lust dazu ha-ben, richtig aufgebürdet. Die machen sichallerdings keine Gedanken über jeden ein-zelnen Monat. Ich schon.

    Ich lebe mittlerweile in großer Angst, diefinanzielle Situation nicht mehr zu bewälti-gen. Und das gilt nicht nur für heute, sondernleider auch für morgen und übermorgen. Da-bei erwarte ich doch nicht mehr als ein we-nig Arbeitsförderung...

    Kathi H. aus L. bei Bremen

    Dabei erwarte ich doch nicht mehr,als ein wenig Arbeitsförderung...

    Wenn Förderung nicht fördert... Foto: (web)

    bewesen – ihren Wirten – zu leben, übereinstimmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nah-

  • 01 2006 SPERRE

    ÜberlebenskünstlerParasit

    ALLES PARASITEN 9

    stest teilgenommen habe. Und das auchnicht direkt, sondern erst auf einer Einfüh-rungsveranstaltung bei Beginn des Kurses.Zu diesem Zeitpunkt müsse ich bei der DAAmeinen Bildungsgutschein abgeben. MeinenEinwand, das auf diese Weise gezwungenwürde, an einem Kurs teilzunehmen, ohnezu wissen, worum es in ihm geht, wurdenvon Frau B ignoriert.

    Mit Schreiben vom September lud manmich zu dem Test ein. Diesen Termin sagteich telefonisch ab. Noch am selben Tag er-hielt ich einen Anruf von Frau B., sie fragtenach den Grund meiner Absage und lud michzum nächsten Test ein. Ohne Abmeldunghabe ich diesen neuen Termin ebenfalls nichtwahrgenommen. Einige Tage später schriebmich mein Fallmanager und bat mich per-sönlich bei ihm zu erscheinen. Hier erklärteer mir, dass Frau B, ihm mein Nichterschei-nen mitgeteilt hatte (schon nach der 1. Absa-ge) und befragte mich nach meiner man-gelnden Motivation.

    Da ich nicht nachvollziehen konnte, wohier das generelle Problem lag, erklärte ichihm, dass ich weder mit ihm noch mit derDAA schriftlich vereinbart hätte an derWeiterbildungsmaßnahme teilzunehmen.Lediglich zur Information suchte ich zu-nächst als erste Anlaufstelle die DAA auf.Unklar wäre mir auch, warum Frau B. michzwar privat anrufen würde mir aber keinerleiAuskünfte über die Lehrinhalte des Kursesgeben kann. Darüber hinaus, fände ich eshöchst fraglich, dass sie sich auch noch mitder Arge in Verbindung setze. Für mich be-stünde hier eindeutig eine Verletzung desDatenschutzes. Mein Fallmanager sah diesjedoch etwas anders. Die Arge hätte mit derDAA schließlich einen Vertrag geschlossenund ich müsse verstehen, dass die DAA einebestimmte Anzahl von Teilnehmern einkal-kulieren müsse. Mit den Lehrinhalten... dassei sicherlich so eine Sache.

    L. G. aus Münster

    Im Laufe der Evolution haben die Parasi-ten ausgeklügelte Systeme, Verhaltens-weisen und Überlebenstrategien entwickelt.Besonders erfinderisch waren die Blutsau-ger unter den Parasiten. So gehören dieunterschiedlichsten Stilette, Dornen oderZähne zur Grundausstattung. Mit diesenStrukturen wird die Haut angeritzt und dasaustretende Blut aufgesogen. Bei den feinenSaugsystemen wäre die Freude aber nurkurz, da das Blut durch schnell verklumpenwürde. Daher haben viele Parasiten zur Flüs-sighaltung des Blutes einen Trick. Mücken,Fliegen, Flöhe, Läuse Wanzen, Zecken, Mil-ben und Blutegel injizieren Stoffe in dieWunde, die das Blut flüssig halten.

    Parasiten, die im Inneren eines fremdenKörpers schmarotzen, sind den ständigen At-tacken des Immunsystems des Wirtes ausge-setzt. Sie können nur überleben, wenn siesich gegen die Abwehrmechanismen vertei-digen. Der Saugwurm Schistosoma, der Er-reger der Bilharziose, tarnt sich, indem erSubstanzen seines Wirtes in seine Oberflä-che einbaut. Er wird so vom Immunsystemnicht erkannt. Der Erreger der Schlafkrank-heit hat einen anderen Trick. Er verändertständig seine Oberfläche, so dass der Wirtmit der Produktion der richtigen Abwehr-waffen immer nachhinkt. Andere Parasiten,wie der Toxoplasmose Erreger, bilden Zys-ten, in denen sie weitgehend unangreifbarsind.

    Ein Beispiel dafür, wie ausgeklügelt dieÜberlebensstrategie einiger Parasiten ist, lie-fert der kleine Leberegel. Er lebt in der Le-ber von Schafen und anderen Weidetieren.

    Seine Eier werden mit dem Schafkot ausge-schieden, und der wird wiederum vonSchnecken verzehrt. In deren Verdauungs-system schlüpfen die Larven, die dannwiederum ausgeschieden werden, einge-packt in eine schleimige Hülle. Eine Ameisefrisst das Schleimpaket samt mehrerer Lar-ven und in ihrem Körper entwickeln sichdiese weiter. Dann kommt das Problem: Umsich zu einem erwachsenen Leberegel zu

    entwickeln, müssen die Larven wieder insSchaf gelangen. Eine am Boden krabbelndeAmeise wird vom Schaf kaum verschluckt.Der Trick: Eine Larve wandert ins Gehirnder Ameise und bringt das Tier derart durch-einander, dass es - ganz gegen seine Ge-wohnheit - an einem Grashalm emporkrab-belt und sich dort festbeißt. Das Schaf frisstden Grashalm samt Ameise. In seiner Leberreift die Larve zum Wurm heran. Mit Wurm-Paarung und Eiablage beginnt der Kreislaufvon neuem.

    Parasiten, die im Inneren eines fremden Körpers

    schmarotzen, sind den ständigen Attacken des

    Immunsystems des Wirtes ausgesetzt.

    Die gemeine Milbe Foto: (web)

    ologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nah-

  • SPERRE 12 2005ARBEITSFÖRDERUNG10

    Arbeitsförderung

    Was ist möglich beiHartz IV?

    Kurz etwas zum Hintergrund: Arbeitsför-derung für Bezieher von Arbeitslosengeld II(Alg II) unterscheidet sich nur wenig von derfür das klassische Arbeitslosengeld. DieLeistungen zur Arbeitsförderung sind alles-amt „Kann-Leistungen“, d.h. das Amt mussnicht, kann aber unterstützen. Gleichzeitigwerden aber die Fördergelder insgesamtknapp gehalten. Das heißt, oft geht es umsgute Verhandeln, wenn man etwas will. Hilf-reich (und ausdrücklich erlaubt) ist es, wennman einen Bekannten als Beistand mitnimmtzum Amt, dann kann man ruhiger in das Ge-spräch gehen.

    Einige der folgenden Maßnahmen habenzu Unstimmigkeiten geführt, in dieser Auf-zählung geht es weniger um die Probleme,das ist immer wieder Thema der SPERRE.Es geht darum, wie man positiv Hilfen be-kommen kann.

    Eingliederungsvereinbarung

    Vor dem Finanzieren von Eingliederungs-hilfen soll eigentlich eine Vereinbarung zwi-schen Arbeitsvermittler und Arbeitslosenüber die notwendigen Schritte in den Ar-beitsmarkt stehen, die Eingliederungsver-einbarung und davor soll „zwingend“ eineausführliche Untersuchung über Chancen,Interessen und Risiken auf dem beruflichenWeg stattfinden, das sogenannte „Profiling“.Daraus soll in einem längeren Gespräch eineVereinbarung über die Aktivitäten von Ar-beitsvermittlung und von Arbeitslosen bera-ten und beschlossen werden, die Eingliede-rungsvereinbarung. Man kann sich gutvorbereiten und Unterstützung für die eige-nen Ideen und Bedarfe suchen. Die Einglie-derungsvereinbarung umfasst auch Vertrags-strafen, wenn man das Vereinbarte nichteinhält. Wer nicht unterschreibt, dem ver-spricht das Gesetz eine Kürzung. Ein solcherVertrag braucht natürlich seine Zeit, manmuss nicht sofort unterschreiben, sonderndarf sich auch Zeit zum Überlegen nehmen(Vertragsfreiheit). Über rechtliche Problememit der Vereinbarung berichtete die SPER-RE vom Juli/August 2005.

    Bewerbungskosten

    Qualifizierte Bewerbungsschreiben sindnicht billig, das Arbeitsamt Münster zahltnach vorherigem Antrag 5 Euro Zuschusspro Bewerbung, im Jahr bis zu 260 Eurooder 52 Stück. Reisekosten zu Vorstellungs-terminen werden übernommen, wenn derArbeitgeber nicht zahlt.

    Hilfen bei Arbeitsaufnahme

    Das Amt kann übernehmen: Umzugskos-ten, Fahrtkosten zur Arbeit, Ausrüstungskos-ten oder Übergangsbeihilfen für den Fall,wenn der Lohn erst viel später kommt

    Einstiegsgeld

    Wenn ich eine sozialversicherte Arbeitaufnehme, deren Lohn nicht genug ist, umohne Alg II auszukommen, dann kann ich ei-nen zusätzlichen Zuschuss zum Alg II be-kommen, in der Regel für 12 Monate. Er be-trägt in der Regel 50 % vom Regelsatz, also172,50 Euro, und für die zweite und jedeweitere Person in der Familie zusätzlich 10 % oder 34,50 Euro.

    Einstiegsgeld für Existenzgründer

    Den gleichen Zuschuss erhalten Existenz-gründer. Sie müssen ein Firmenkonzept vor-legen sowie eine fachkundige Stellungnah-me, dass sich das Vorhaben voraussichtlichauf Dauer trägt. Anders als bei Ich-AG undÜberbrückungsgeld, die den Arbeitslosen-geldbezug beenden, wird das Alg II nebendem Einstiegsgeld weiter gezahlt.

    Berufliche Weiterbildung

    Qualifizierung galt früher als der Schlüs-sel zur Überwindung der Arbeitslosigkeit,das war einmal. Die Dauer von förderfähi-gen Weiterbildungen ist heute kurz, es gehtnicht um komplette Ausbildungen, sondernum kleinere Bausteine von beruflichenKenntnissen. Weil sie dennoch teurer sindals fast alles andere, halten die Arbeitsver-mittler sich gern damit zurück, man mussalso gut um sie verhandeln. Es gibt eine Lis-te von vor Ort anerkannten Bildungsmaß-nahmen und es gibt das Portal „KURS“ un-ter www.Arbeitsagentur.de, dort findet man

    fast alles. Wer einen Ausbildungsbetrieb fin-det, kann sich eine betriebliche Umschulungunterstützen lassen.

    Trainingsmaßnahmen

    Trainingsmaßnahmen werden zu verschie-denen Zwecken eingesetzt: Kurze Weiterbil-dungen, bis zu 12 Wochen (auch dafür gibt eseine Liste im Arbeitsamt), oder betrieblichePraktika, in der Regel 8 Wochen, kann mansich selbst suchen oder wird dem Arbeitgeberzur Erprobung eines Arbeitslosen angeboten,oder Kurzmaßnahmen, die die Arbeitsbereit-schaft überprüfen oder das Bewerben übensollen.

    Freie Förderung

    Qualifizierungen und andere Hilfen, diezur Einstellung in einem Betrieb fehlen undnach anderen Maßstäben nicht zu fördernsind, können im kleinen Umfang (bis 3000Euro) frei unterstützt werden.

    Was geht, um aus der Masse heraus zu kommen? Foto (web)

    rungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – zu leben, übereinstimmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise

  • ARBEITSFÖRDERUNG 1101 2006 SPERRE

    Eingliederungszuschüsse fürArbeitgeber

    Auch Arbeitgeber können bei der unbe-fristeten Einstellung eines Alg II-Beziehersgefördert werden, bis 6 Monate bis 40 % derLohnkosten, für Jugendliche noch mehr.

    Weitere Hilfen gibt es bei neugegründetenBetrieben, bei Altersteilzeitmodellen undbei Vertretung eines Mitarbeiters in Fortbil-dung.

    Vermittlungsgutschein

    Arbeitsuchende können für die Beauftra-gung eines privaten Vermittlers einen Ver-mittlungsgutschein erhalten, mit dem sie beiErfolg dessen Vermittlungsprovision bezah-len können.

    Private Träger in der Vermittlung

    Das Amt kann auch private Träger beauf-tragen, die Arbeitsvermittlung bestimmterArbeitsloser für die völlig überlasteten Ar-beitsvermittler zu übernehmen, in Münsterdie TAV.

    Arbeitsbeschaffungs-maßnahmen (ABM)

    ABM sind nahezu richtige Jobs mit Sozi-alversicherung und mit Lohn vom Arbeitge-ber für richtige Arbeit, nur befristet (maximal24 Monate) und ohne Arbeitslosenversiche-rung. Der Lohn ist meist nicht viel höher alsdas Alg II. Man ist aber erst mal raus aus demAlg II. Vielleicht hat man Glück, findet Be-stätigung in der Arbeit und erwirbt sich Be-rufserfahrung. Jugendliche können in einerABM den Hauptschulabschuss nachholen.

    Arbeitssuche im europäischenAusland – E 303

    Wer im Alg II den Zuschlag nach vorheri-gem höheren Arbeitslosengeld erhält, kannfür bis zu 12 Wochen in einem anderen EU-Staat nach Arbeit suchen und dann dort vomArbeitsamt Arbeitslosengeld II bekommen.Der Fachausdruck dafür heißt E 303.

    Ein-Euro-Jobs

    Sie haben viele Namen, z.B. auch Zusatz-job, Plusjob, Brückenjob, Arbeitsgelegen-heiten mit Mehraufwandsentschädigung. Esgibt sie bei der Stadt, bei Kirchen, Vereinenund Verbänden, es gibt eine Liste von Trä-gern. Zusätzlich zum Alg II erhalten Sie progeleisteter Arbeitsstunde mindestens einen

    Euro, in Münster 1,50 Euro. Die Jobs dür-fen keine reguläre Arbeit verdrängen. Siesollen helfen, in eine reguläre Arbeit zukommen, sollen Arbeitserfahrung vermittelnund Kontakte schaffen. Arbeitslose sollenihr Selbstbewusstsein in der Arbeit stärken.Ein-Euro-Jobs sind absolut nachrangig, vor-her werden die Chancen für den regulärenArbeitsmarkt sowie für alle anderen hier be-schriebenen Maßnahmen durchgeprüft, fürdiese Überprüfung sollte man sich einsetzen.

    Spezialangebote für Jugend-liche und für Alleinerziehende

    Für Alleinerziehende sowie Jugendlichegibt es besondere Programmpakete und be-sondere Arbeitsvermittler zur Unterstützungdes beruflichen Einstiegs.

    Rehabilitation für Behinderte

    Personen mit gesundheitlichen Einschrän-kungen können für ihre berufliche Neu-orientierung auf das umfassendere Pro-gramm zur beruflichen Rehabilitationzurückgreifen.

    Soziale Dienste

    Neben den direkt arbeitsbezogenen Hilfensollen die Fallmanager und Arbeitsvermittler

    nach Bedarf soziale Unterstützungen anbie-ten, wenn bestimmte Probleme eine Arbeits-aufnahme behindern, z.B. Unterstützung beider Betreuung kleiner Kinder, psychosozialeBeratung, Suchtberatung, Schuldenberatung.Diese Hilfen werden in Münster unter-schiedslos gewährt, egal ob Hartz IV-Kundenoder nicht.

    Gute Frage... nächste Frage? Foto (web)

    avo

    mmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise

  • FRAUEN12 SPERRE 12 2005

    Hartz

    In der Erklärung „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit - Christliche Werte und der Umbau des Sozialstaates“ heißt es:

    Wir stellen grundsätzlich an den letzten Arbeitsmarktreformen fest:

    Die Grundannahme bei diesen Gesetzen, es gäbe genügend Arbeitsplätze, aber nicht genügend Arbeitswillige, ist falsch.Der permanente Missbrauchsverdacht kennzeichnet die Gesetze und deren Umsetzungen.Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ist kein Instrument zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.Die Marktorientierung nach neoliberalem Ansatz ist in Frage zu stellen.Die Arbeitsmarktreformen fördern eine so genannte „Versorger-Ehe“ durch die Bedarfsgemeinschaften. Frauen werden vermehrt in Abhängigkeit von Partnern und Familie gedrängt.Die Vorstellung von Vollbeschäftigung, wie sie in den Arbeitsmarktreformen enthalten sind, basieren nicht auf Realität. Daher sind die Arbeitsmarktreformen nicht zukunftsfähig.Die Vielfalt von Leben ist auf Erwerbsarbeit reduziert. Alle Beratungs- und Integrationsleistungen (siehe SGB II) werden auf Erwerbsarbeit reduziert.Altersarmut wird durch die Festlegungen in SGB II wieder weiblich.SGB II enthält die Vernichtung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen durch die überhöhte Förderung von Ein-Euro-Jobs und Ich-AGs. Damit werden Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen vernichtet. Vor allem sozialversicherungspflichtige Teilzeittätigkeiten von Frauen, etwa im Handel und Gastgewerbe und bei den sozialen Diensten, werden durch Mini- und Midi-Jobs sowie Ein-Euro-Jobs ersetzt.Soziale Dienstleistungen werden als einfache Dienste abqualifiziert. Als Wachstums- und Beschäftigungsmotor fallen sie aus. Die sozialen Dienste werden qualitativ nicht gesichert und die Löhne abgesenkt.Bislang stellen Frauen in Deutschland die große Mehrheit der Beschäftigten im Niedriglohnsegment. Das Ziel eines Ausbaus des Niedriglohnsektors ist deshalb gleichbedeutend mit mehr Lohndiskriminierung.Die Mehraufwandsentschädigung ist Mangelverwaltung und schafft keine Arbeitsplätze.Die Mehraufwandsentschädigung (MAE, so genannte Ein-Euro-Jobs) kann nur ein nachrangiger Baustein bei Qualifizierung und Beschäftigung sein.

    Wir fordern mindestens Nachbesserungen der Arbeitsmarktreformen in folgenden Punkten:

    Eine eigenständige Absicherung von Frauen ist sicherzustellen.Eine Existenzsicherung außerhalb der Erwerbsarbeit muss gesichert sein, sonst droht Altersarmut, „Working poor“, etc..Es sollen mehr aktive Arbeitsmarktsinstrumente entwickelt werden, um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auszubauen.Mittel- und längerfristige Beschäftigungsmöglichkeiten sollen für Menschen entwickelt werden, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chancen haben.Alle Nichtleistungsbezieherinnen, die arbeitssuchend sind, müssen in die aktive Förderung.Kindererziehungs- und Pflegezeiten sollen bei Renten- und Sozialleistungen in ihren Anwartszeiten anerkannt werden.Die sozialpädagogische Betreuung der Mitarbeitenden in Ein-Euro-Jobs soll ausgebaut und qualifiziert werden. Sie muss regelmäßig evaluiert werden.Die geschlechtsspezifische Aufarbeitung von Daten ist von der Bundesagentur vorzunehmen und dem Controlling zuzuführen.Der Ombudsrat für die Arbeitsmarktreformen darf nicht zum Ende 2005 die Arbeit beenden, sondern muss um ein Jahr verlängert werden.Die persönlichen Ansprechpartner (PaP/Fallmanager) müssen von den Empfängerinnen und Empfänger wählbar sein – also auch abgelehnt werden können.Die PaPs sollen ein flächendeckendes Gender-Training erhalten.Die Zielvereinbarungen der Job-Center bzw. ARGes müssen öffentlich gemacht werden.Die Verantwortung für die Mittel, das Controlling und die Richtlinien müssen zentral – z.B. bei der Bundesagentur – bleiben und nicht an die Kommunen delegiert werden. Dabei müssen die Wohlfahrtsverbände bei Controlling und Richtlinien einbezogen werden.Härtefallregelungen in SGB II und SGB XII müssen formuliert werden. Eine Gewährung von Härtefallregelungen auf Darlehnsbasis ist abzulehnen.Beiräte der ARGe/ Job-Center sollen flächendeckend eingerichtet werden.Beiräte der ARGes bzw. Job-Center sind u.a. von Wohlfahrtsverbänden zu besetzen.

    Verabschiedet 25. Oktober 2005 in SoestIn der Herbstkonferenz der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

    Die Grundannahme, es gäbe genügend

    Arbeitsplätze, aber nicht genügend

    Arbeitswillige, ist falsch!

    In der diesjährigen Herbstkonferenz der Ev. Frauenhilfe in Westfalen

    e.V. haben sich die Teilnehmerinnen Ende Oktober intensiv mit den

    Arbeitsmarkreformen, den sog. Hartz-Gesetzen auseinanderge-

    setzt. In der Abschlusserklärung werden in 14 Punkten die Fehlan-

    nahmen dieser sog. Reformen herausgestellt und 16 Forderungen

    zur Nachbesserung beschlossen, die den MinisterInnen Wolfgang

    Clement und Renate Schmidt, sowie dem Ombudsrat zur Kenntnis

    und Umsetzung übermittelt worden sind.

    Anne Neugebauer

  • 01 2006 SPERRE JIB 13

    Münsteraner Netzwerk Gewaltprävention beteiligtsich an der bundesweiten

    „Aktion Noteingang“

    Verschiedene Institutionsvertreter aus demNetzwerk Gewaltprävention trafen sich imJugendinformations- und beratungszentrum(Jib), einer Einrichtung des Amtes für Kin-der, Jugendliche und Familien der Stadt Mün-ster. „Das Netzwerk Gewaltprävention & Kon-fliktregelung schafft neue Optionen für gewalt-präventive Einstellungen und Handlungen,damit war klar, dass wir uns an einer solchenAktion natürlich beteiligen“, so ein Netz-werkvertreter.

    Die bundesweite Aktion Noteingang wur-de 1998 in Brandenburg aufgrund von Über-griffen aus dem rechten Spektrum gegründet

    und im Jahr 2000 mit dem Aachener Frie-denspreis ausgezeichnet. Neben zahlreichenJugendeinrichtungen, Beratungsstellen undder Gaststätte „Loge“, beteiligen sich nunauch die Ev. Beratungsdienste, Zartbitter

    Münster e.V., Dojo-Team, Arbeitskreis kon-struktive Konfliktkultur (AKKKU), der Ver-ein sozialintegrativer Projekte (VIP), pro fa-

    AUPAIR

    Interkultureller Anti-rassismuskalender 2006

    Noteingänge für Mitbürger

    Münster. Im Informations- und Bera-tungsbereich des Jugendinformations- undberatungszentrums (Jib), einer Einrichtungdes Amtes für Kinder, Jugendliche und Fami-lien der Stadt Münster, gibt es einige Neuerungen.So hat die Reiseinformation veränderte Bera-tungszeiten und eine neue Mitarbeiterin. Stattdonnerstags und freitags gibt es jetzt dienstagsvon 17:30 bis 20 Uhr und donnerstags von13:30 bis 16 Uhr eine Vielzahl von Informationenrund ums Thema Ausland. Ob es um Work-camps, Praktika, Ferienfreizeiten oder Sprach-reisen geht, Indra Bünz steht für alle Fragenbereit. Die 24jährige studiert Sozialpädago-gik und hat vor allem im Bereich Workcampsreichhaltige Erfahrungen.

    „Mit den veränderten Öffnungszeiten undeinem Nachmittags- und einem Abendterminist die Reiseinformation besser erreichbar“,erläutert Fachbereichsleiter Alli van Dornickden Hauptvorteil der Neuerung. Und wer sichnicht sicher ist, ob er doch lieber als Aupairins Ausland möchte, kann dienstags gleichzwei Angebote hintereinander wahrnehmen.Denn die Au-pair-Vermittlung ist nicht nurdienstags und donnerstags von 9 bis 11 Uhr,sondern ebenfalls jeden Dienstag von 16:30bis 17:30 geöffnet. Unterstützt wird Angelika

    milia und auch die Hausmeister der Friedens-schule an der Aktion Noteingang. Diese sech-ste Schulung im Jugendinformations- und be-ratungszentrum (Jib) des Amtes für Kinder,Jugendliche und Familien versetzt die Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen In-stitutionen in die Lage, Mitmenschen in Be-drohungs- und Gewaltsituationen qualifiziertSchutz anzubieten. „Zivilcourage sollte ei-gentlich eine selbstverständliche Sache sein“,meinen die beiden Villigster Deeskalation-strainer Marco Hannak und Michael Gering-hoff, „aber leider erleben wir doch noch zuhäufig das Gegenteil.“

    Aufgerufen, sich an dieser Aktion zu betei-ligen, sind neben sozialen (Jugend-) Einrich-tungen auch sonstige Institutionen, auch ausder freien Wirtschaft. “Es freut mich, dass zurnächsten Schulung bereits weitere Institutio-nen und Beratungsstellen ihr Interesse signa-lisiert haben“, erläutert Michael Geringhoffals Leiter des Jib abschließend.

    Wer mehr zur Aktion Noteingang erfahrenoder sich aktiv beteiligen möchte kann sichvia E-Mail ([email protected]) oder tele-fonisch unter 0251 / 4 92 58 58 informieren.

    Ernst dabei jetzt von Ursula Volk. UrsulaVolk ist im Jib schon seit zwei Jahren in derKonfliktberatung tätig. Die Konfliktberatungselber ist dienstags von 13 bis 16 Uhr und nunauch in den Abendstunden donnerstags von16-19 Uhr zu erreichen. „Mit dieser Verlage-rung in den Abend hinein haben nun auch jun-ge Berufstätige die Möglichkeit, die Reisein-formation und die Konfliktberatung aufzu-suchen“, so Michael Geringhoff, Leiter desJugendinformations- und beratungszentrums.Weitere Informationen zu den Angeboten desJib gibt es im Internet unter www.stadt-muen-ster.de/jib oder telefonisch unter 4 92 58 58.

    Menschen, die schon immer mal gerne überden eigenen Horizont geblickt haben. Dasideale interkulturelle Geschenk für jungeLeute zum Jahreswechsel. DIN A 6/208 Seiten Preis: 4,00 EuroZu erhalten im Jugendinformations- und beratungszentrum (Jib)Hafenstrasse 3448153 MünsterTel. 0251-492 58 58

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  • SPERRE 12 2005ALLES WAS RECHT IST14

    RechtRReecchhttArbeitslose mit 58er-Regelung und Erreichbarkeit

    Für die Erreichbarkeit eines älteren Arbeitslosen, der die 58er Rege-lung unterschrieben hat, reicht es, wenn er beim Umzug einen Nach-sendeantrag gestellt hat, er muss nicht unverzüglich seine neueAdresse bei der Arbeitsagentur gemeldet haben, um durchgehend Ar-beitslosengeld zu beziehen.Bundessozialgericht, B 7a/7 AL 98/04 R vom 30.6.05, Pressemitteilung des Gerichts

    Werbungskosten können die Berufsausbildungsbeihilfe erhöhen

    Das Einkommen einer Auszubildenden mindert den Anspruch aufBerufsausbildungsbeihilfe. Sie kann aber Werbungskosten vondiesem Einkommen absetzen, soweit diese nicht extra gefördert wer-den.Bundessozialgericht, B 7a/7 AL 74/04 R vom 30.6.05, Pressemitteilung des Gerichts

    Angemessene Unterkunftskosten

    Wenn Unterkunftskosten für längere Zeit zu übernehmen sind, mussdie Prüfung, ob diese angemessen sind, die Frage einschließen, ob fürden Leistungsempfänger eine andere bedarfsgerechte Wohnung kon-kret verfügbar und zugänglich ist.Landessozialgericht NRW, L 19 B 21/05 AS ER vom 1.8.05, Tacheles-Sozialhilfe.de

    Unwissenheit reicht

    Wenn der Arbeitnehmer von der Pflicht zur unverzüglichen Meldungnichts weiß, so kann ihm das Arbeitslosengeld nicht gekürzt werden,wenn er sich zu spät meldet.Bundessozialgericht 11. Senat, B 11a/11 AL 81/04 R vom 25.5.05,Pressemitteilung des Gerichts

    Unwissenheit reicht nicht

    Die Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldungkann auch gegen solche Arbeitslose verhängt werden, die sich alleinauf ihre Unkenntnis der Meldepflicht berufen. Wem es aber aufgrundseiner persönlichen Fähigkeiten oder seiner Situation nachzusehenist, dass er diese Pflicht nicht kannte, dem ist das Arbeitslosengeldnicht zu kürzen.Bundessozialgericht 7. Senat, B 7a AL 4/05 R vom 18.8.05, Pressemitteilung des Gerichts

    (Anmerkung der Redaktion: Diesebeiden letzten Urteile aus zwei verschiedenen Kammern des höchstendeutschen Sozialgerichts sind gegen-sätzlich. Das belegt noch mal die feh-lende Verlässlichkeit des Rechtssys-tems gerade für Arbeitslose. Mansollte sich jedoch nicht bange machenlassen. Das erste Urteil, also dasjeni-ge, das für die Arbeitslosen spricht, istjuristisch viel sorgfältiger ausgear-beitet. Es gibt gegen hemdsärmelige,von oben herab verkündete Entschei-dungen gewichtige Argumente in dieHand.)

    Eheähnliche Gemeinschaft

    Auch wer schon lange als Paar zusammenwohnt, ist nicht automa-tisch eine eheähnliche Gemeinschaft nach dem Alg II. Ein Ehebett istkein Beweis für eine eheähnliche Gemeinschaft. Die Intimsphäre ei-nes Arbeitssuchenden darf zur Feststellung einer eheähnlichen Ge-meinschaft nicht ausgeforscht werden, denn geschlechtliche Bezie-hungen sind für eine eheähnliche Gemeinschaft nicht maßgebend. SG Detmold, S 12 AS 63/05 ER vom 8.8.05, nach www.tacheles-sozialhilfe.de

    Unterkunftskosten und Kabelgebühren

    Wenn die Kabelgebühren in einem Mietvertrag individuell nicht ver-meidbar sind, sind sie als Unterkunftskosten im Alg II zu berück-sichtigen.SG Hannover, S 47 AS 264/05 vom 18.8.05, nach www.tacheles-sozialhilfe.de

    Angemessenes Auto

    Ein Auto mit einem Wert von über 5000,- Euro ist nicht automatischVermögen, das dem Bezug von Alg II entgegensteht. Die Behördedarf keine Obergrenze von 5000,- Euro für ein angemessenes Autofestlegen, vielmehr sind die Bedingungen im Einzelfall zu überprü-fen. Ein Klein- oder Mittelklassewagen dürfte im allgemeinen ange-messen sein, zumindest wenn er vor der Arbeitslosigkeit angeschafftworden ist.LSG Niedersachsen-Bremen, L8 B 67/05 vom 11.8.05, nach www.tacheles-sozialhilfe.de

    Gleiches Weihnachtsgeld für Arbeiter und Angestellte

    Wenn der Arbeitgeber keinen wichtigen Grund für eine unterschied-liche Höhe beim Weihnachtsgeld für Arbeiter und Angestellte ange-ben kann, dann muss er gleiches Weihnachtsgeld zahlen.BAG, 10 AZR 640/04 vom 12. Oktober 2005, nach Pressemitteilung des Gerichts

    Zeugnisunterschrift

    Ein Arbeitnehmer hat Anspruch darauf, dass sein Arbeitszeugnis voneinem ranghöheren Vorgesetzten unterzeichnet wird. Es reicht nicht,wenn allein eine Vertreterin der Verwaltung unterschreibt.BAG, 9 AZR 507/04 vom 4.10.05, nach Pressemitteilung des Gerichts

    Abstandszahlung für Einrichtungsgegenstände

    Wenn der Preis für eine eingebaute Küche und andere Einrichtungs-gegenstände um mehr als 50 % über ihrem Wert liegt, dann ist dieVereinbarung über die Abstandszahlung unwirksam. Der überhöhtePreis muss nicht gezahlt oder das überzahlte kann zurückgefordertwerden. BGH VIII ZR 212/96

    Web-Designer haben Zugang zur Künstler-Sozialkasse

    Wer als Web-Designer arbeitet, ist einem Graphiker oder Layoutervergleichbar, auch wenn er keine Ausbildung als Graphiker durch-laufen hat. Eine Web-Designerin erfüllt damit die Voraussetzungen,sich in der Künstlersozialkasse zu versichernBundessozialgericht, B 3 KR 37/04 R vom 7.7.05, Pressemitteilung des Gerichts

  • ALLES WAS RECHT IST 1501 2006 SPERRE

    Die große Koalition bekennt sichzu Hartz IV. Es wird mehr oder weniger kleine Änderungen geben

    Bei Hartz IV werden 3,8 Mrd Euro eingespart, davon 2 Milliardenweniger Beitrag für Langzeitarbeitslose an die Rentenkasse, 1,2Milliarden weniger Verwaltungskosten und 0,6 Milliarden wenigerfür junge ErwachseneJunge Erwachsene sollen zur Bedarfsgemeinschaft der Ältern gehö-ren, sie sollen keinen eigenen Antrag stellen können. Wenn sie aus-ziehen wollen und weiter auf Hartz IV angewiesen sind, brauchensie die Erlaubnis des Hartz IV-Amtes.Für eheähnliche Gemeinschaften soll es eine neue Definition geben,die Nachweispflicht soll nicht mehr beim Hartz IV-Amt liegen.Die Freibeträge bei Altersvorsorgevermögen sollen steigen, der all-gemeine Freibetrag soll sinken, auch Immobilienvermögen sollenals Altersvorsorge geschützt sein. EU-Ausländer erhalten kein Hartz IV, wenn sie hier noch nicht gear-beitet haben. Das ostdeutsche Hartz IV steigt auf Westniveau.Für Erwerbsgeminderte soll es einen besonderen 3. Arbeitsmarktgeben, Billigjobs sollen attraktiver werden mit Kombilohn ausergänzendem Alg II, Einstiegsgeld und Kinderzuschlag, Das Hartz IV-Amt bekommt einen finanziellen Anreiz für jede Ver-mittlung in Arbeit.

    Leistungsmissbrauch strenger kontrollieren- Telefonabfrage wird verpflichtend- Außendienst wird gesetzlich geregelt- Auslandsvermögen der Arbeitslosen wird strenger überwacht- Sofortangebote an Maßnahmen und Arbeitsplätzen direkt bei

    Antragstellung- Sanktionen werden nicht mehr so starr gehandhabt- Krankenkassen sollen Leistungsausschluss aus Hartz IV

    beantragen können

    Sonstige Änderungen für Arbeitslose, Arbeitnehmer, Ältere und andere Arbeitslose- Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 6,5 % auf 4,5 % senken, trotz

    stabiler Arbeitslosigkeit - Arbeitsförderung „zielgenauer, sparsamer und effizienter“ machen- Ich-AG wird bis zum 30.6.06 verlängert, dann neu geregelt, sprich

    kleingespart- Wintergeldregelung für Branchen, die saisonbedingt entlassen, wie

    im Baugewerbe- mehr Arbeitslose, weniger angeworbene Ausländer in

    Saisonarbeiten- Arbeitslosenstatistik reformieren: Wer eine Stunde arbeitet, gilt

    nicht mehr als arbeitslos!

    Ältere- Rentenbeginn steigt auf 67- ältere Langzeitarbeitslose bekommen 3 Jahre lang 1-Euro-Jobs- Ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverträge sind für Ältere

    unbegrenzt möglich- Arbeitszeitkonten sollen gegen Insolvenz des Betriebes gesichert

    werden

    Arbeitnehmerrechte- in den ersten 24 Monaten der Beschäftigung darf ohne Grund

    gekündigt werden- Sonntagsarbeit wird einfacher möglich- Entsendegesetz mit Mindestlohn für ausländische

    Gebäudereinigungsbetriebe

    Kinder- Elterngeld ersetzt Erziehungsgeld, 12 Monate in Höhe von 67 %

    des Lohnes, mindestens 300 und höchstens 1800 Euro, - hohe Ablehnungsquote beim Kinderzuschlag (90 %) senken - Bafög und Berufsausbildungsbeihilfe so anheben, so dass Hartz IV

    nicht ergänzend nötig ist

    SScchhwwaarrzzAus dem KoalitionsvertragRotDer schwarz-rote Plan

    Paul DemelRechtsanwalt

    Bahnhofstraße 548143 Münster

    Fon:0251-4140505Fax: 0251-4140506

    ANZEIGEERDNUSS

  • DATENSCHMUTZ16 SPERRE 12 2005

    Biometrische Verfälschung

    Tatbestand

    Seit dem 1.11.2005 hat der Bürger

    das Recht in Anspruch zu nehmen,

    sein Konterfei biometrisch vermes-

    sen lassen dürfen zu müssen. Das

    ganze für 59 Euro und schwupp findet

    sich die Bemaßung elektronisch gesi-

    chert im Reisepass. Schilys teurer

    Schnellschuß wird von Datenschüt-

    zern kritisiert. Eine einwandfreie Ge-

    Wenn Sie das Gesicht

    verfälschen, versagt

    die Biometrie!

    Leichte Verzerrungen

    mit Hilfe einer

    Bildbearbeitungssoft-

    ware fallen einem

    Menschen nicht auf.

    Aber in mathemati-

    scher Hinsicht ist

    ein anderes Gesicht

    entstanden.

    Kameras mit elektroni-

    scher Gesichtserken-

    nung können Sie nicht

    mehr identifizieren.

    sichtserkennung ist noch gar nicht

    möglich. Die willkürliche Verwen-

    dung der Daten kann nicht ausge-

    schlossen werden. Der unbescholte-

    ne Bürger wird immer vollkommener

    kontrolliert und gesteuert. Doch soll

    man das noch ernstnehmen? Nein!

    Lachen Sie sich subversiv schlapp

    mit unserem sperrigem Workshop!

    Scannen Sie ihr Passfoto ein. Verzerren Sie mit Hil-fe geeigneter Filter (Photoshop) die Gesichtspar-tien. Verringern Sie die Höhe des Kinns, die Ab-stände der Augen, die Höhe der Ohren. Bei denManipulationen geht es darum, die Abstände zwi-schen den Gesichtsmerkmalen leicht zu verändern,aber nur so leicht, dass der Charakter des Gesichtesbestehen bleibt. Eine gewisse künstlerische Sensi-biliät für eine solche Arbeit ist nicht von Nachteil.Speichern Sie das Bild ab und lassen Sie es in ei-nem Fotogeschäft in Passbildgröße ausbelichten.Reichen Sie das Bild beim Amt ein. Schon auf-grund der Verkleinerung wird man die Manipula-tion nicht erkennen. Versuchen Sie, sich ein drittesAuge auf die Stirn zu manipulieren. Vielleichtmerkt es keiner.

    Mit dem unmöglichen Gesicht in ihrem nunwertlosen Reisepaß werden Sie z.B. auf FlughäfenIhren Spaß haben. Sollten Sie ernsthaft verreisenwollen, so nehmen Sie ihre Geburtsurkunde mit.Vollautomatische Gesichtserkennung mit Überwa-chungskameras wird ein voller Erfolg – Sie könnensich frei bewegen, da Sie nicht existieren.

    Workshop!

    OR

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    Schema der Gesichtserkennung

  • 01 2006 SPERRE DATENSCHMUTZ 17

    Der anzunehmende Hintergrund dieserSache ist jedoch die schlichte Anwe-senheitsprüfung des ALG II-Beziehers mitdem Ziel, mehrmalige vergebliche telefoni-sche Kontaktversuche als Anlaß für eine Kür-zung oder gar Sperre des ALG II zu nehmen.Wolfgang Clement, ehemaliger Minister fürWirtschaft und Arbeit, ist sicherlich sehrinteressiert daran, Bezieher von ALG II ausdem Leistungsbezug zu drängen. DiesenSchluß legt auch seine pamphletartige Schrift„Vorrang für die Anständigen – gegen Miß-brauch, ‚Abzocke’ und Selbstbedienung imSozialstaat“1

    In das traurige Gesamtbild dieser Stim-mungsmache gegen Erwerbslose passt auchdie telefonische Großoffensive der Bundes-agentur für Arbeit.

    Die Unionsparteien und die SPD habensich in dem neuen Koalitionsvertrag daraufverständigt, „eine gesetzliche Grundlage da-für zu schaffen, dass Leistungsempfängerzur Teilnahme an einer Telefonabfrage ver-pflichtet werden, in der die aktuellen Le-benssituationen überprüft werden“.2 Bis-lang existiert diese gesetzliche Grundlagejedoch nicht, insofern kann an dieser Stelleauch nicht näher darauf eingegangen wer-den, wie sie unter Berücksichtigung desGrundrechtes auf informationelle Selbstbe-stimmung, welches vom Bundesverfas-

    sungsgericht im Volkszählungsurteil vom15.12.1983 erstmals anerkannt wurde, aus-sehen wird. Ausführungen des Gerichteshierzu:

    "Das Grundrecht gewährleistet insoweitdie Befugnis des Einzelnen, grundsätzlichselbst über die Preisgabe und Verwendungseiner persönlichen Daten zu bestimmen.”

    Weiterhin heißt es dort:„Einschränkungen dieses Rechts auf "in-

    formationelle Selbstbestimmung" sind nurim überwiegenden Allgemeininteresse zuläs-sig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßengesetzlichen Grundlage, die dem rechts-staatlichen Gebot der Normenklarheit ent-sprechen muß. Bei seinen Regelungen hatder Gesetzgeber ferner den Grundsatz derVerhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hater organisatorische und verfahrensrechtli-che Vorkehrungen zu treffen, welche der Ge-fahr einer Verletzung des Persönlichkeits-rechts entgegenwirken.“3

    Allen Spekulationen über die Erfolgsaussich-ten der Gesetzesvorlage, durch das Gesetzge-bungsverfahren zu kommen, ihre endgültigeAusformulierung und Grundrechtskonfor-mität (man erinnere sich an die zahlreichenNachbesserungen der Hartz IV-Bögen wegendatenschutzrechtlicher Verstöße) zum Trotz istder derzeitige Stand wie folgt:

    Ein ALG II-Empfänger ist rechtlich nichtverpflichtet, rund um die Uhr und jeden Tagfür die Sachbearbeiter der ARGEn (Arbeits-gemeinschaften aus örtlichen Sozial- undArbeitsämtern, die mit der Betreuung vonALG II-Beziehern betraut sind) oder gar ei-nem Callcenter-Telefonisten telefonisch zurVerfügung zu stehen. Der ALG II-Beziehermuß lediglich werktäglich postalisch er-

    Terror!

    reichbar sein, im Klartext: An jedem Werk-tag seinen Briefkasten leeren. Hiermit istseiner Verfügbarkeitspflicht für die Arbeits-vermittlung absolut Genüge getan. Ebensohat weder die ARGE noch ein Callcenter-Mitarbeiter das Recht auf die telefonischeEinholung privater Daten. Die bei diesen Te-lefoninterviews gerne vorgeschobene Be-gründung, man müsse einen Datenabgleichvornehmen, da die Hartz IV-Software „A2ll“fehlerhaft arbeite, klingt zwar plausibel auf-grund der nicht enden wollenden Fehlerlisteder Software der Telekom-Tochter T-Sys-tems, rechtfertigt jedoch keine telefonischeErhebung sensibler und persönlicher Daten.4

    d Seit August dieses Jahreswerden gezielt Bezieher vonALG II telefonisch kontak-tiert, laut Bundesministerium

    für Wirtschaft und Arbeit zum

    Zwecke des Datenabgleiches.

    Diese Anrufe werden von ei-

    nem privaten Dienstleistungs-

    unternehmen, einem Callcen-

    ter mit Namen „Vivento

    Customer Service“ durchge-

    führt, welches den Auftrag

    und die notwendigen Daten-

    sätze von der Bundesagentur

    für Arbeit erhalten hat.

    Telefonalarm

    1) http://www.bmwa.bund.de

    2) http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2005/koalitionsvertrag.html

    3) http://www.datenschutz.de/recht/grundlagen/

    4) eine Auflistung der Softwarefehler: http://www.heise.de/newsticker/meldung/62595

    sen – ihren Wirten – zu leben, übereinstimmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen

    Fortsetzung Seite 22

  • INTERVIEW18 SPERRE 12 2005

    Sperre: Herr Willamowski, die StadtMünster hat mit einigem Aufwand unter-sucht, welche Wohnungskosten bei ihrenHartz IV-Kunden anfallen. Warum?Willamowski: Es war uns klar, dass dieRegelungen, die für die Sozialhilfe galten,nicht eins zu eins auf den gegenüber der bis-herigen Sozialhilfe in etwa verdoppeltenPersonenkreis beim Arbeitslosengeld IIübertragen werden können, weil nun einesehr viel größere Nachfrage nach billigemWohnraum besteht. Von daher mussten wir

    eine Menge Daten aus den Anträgen der bis-herigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe sam-meln und auswerten, um dann zu sehen, wiesich neue Sätze in den Münsterschen Woh-nungsmarkt einbinden lassen. Wir könnenvon den Menschen nichts Unmögliches ver-langen, also keinen Umzug in eine billigereWohnung, wenn es diese Wohnung nichtgibt. Mit dem Ergebnis der Untersuchungbin ich sehr zufrieden. Wir ändern das Ver-fahren in einigen Punkten maßgeblich.Sperre: Bislang hieß es in der Sozialhilfe,

    Neue Mietobergrenzen

    ein Einpersonenhaushalt beispielsweise darfnur ein Zimmer, Küche, Bad haben. Nachden neuen Richtlinien soll es vorwiegend umdie Kosten und weniger um die Raumzahlgehen. Willamowski: Das ist richtig. Der Ge-setzgeber spricht von den Kosten der Unter-kunft, nicht von Wohnungsgröße oder Zim-merzahl. Wir gehen also zunächst nur vonden Kosten aus, die für eine Wohnung ent-stehen und prüfen, ob diese angemessensind, wir orientieren uns nicht in erster Liniean Quadratmetern und Raumzahl. Für dieBerechnung der neuen Höchstwerte warendas natürlich Faktoren, wir können ja nichtlosgelöst von der Wohnungsgröße Beträgefestsetzen. Die Leistungsberechtigten kön-nen zukünftig entscheiden, ob sie eine klei-nere Wohnung zu einem höheren Quadrat-meterpreis anmieten oder eine größere, dievielleicht älter ist, wobei aber der Mietpreisniedriger ist.. Sperre: Bei der alten Regelung ist es damanchmal zu widersinnigen Ergebnissen ge-kommen, wenn einer vom Quadratmeter-preis eine günstige Wohnung hatte, aber mitzu vielen Quadratmetern. Wenn er dann um-zog, stimmte die Fläche, aber die Gesamt-miete war höher. Willamowski: Die Ergebnisse warennicht immer zufriedenstellend, das stimmt.Wir hatten aber damals häufiger die Situa-tion, dass relativ kleine Wohnungen zu über-höhten Preisen angeboten wurden. Das warunsere Sorge in der Vergangenheit. Es gabdas eine oder andere unrühmliche Beispiel,dass Zimmer zu recht hohen Quadratmeter-sätzen vermietet wurden. Wir haben deshalbauch bei unseren neuen Regeln eine Kon-trollrechnung eingeführt, um überhöhteMietzahlungen im Einzelfall vermeiden zukönnen. Wir berechnen, ob ein Quadratme-terpreis erreicht wird, der in den Bereich derSittenwidrigkeit, des Wuchers reicht undverhindern damit, dass jemand eine Woh-nung aufteilt und für die einzeln vermietetenZimmer einen exorbitant hohen Quadratme-terpreis bekommt, auch wenn die Miete desHilfeberechtigten den sonst anerkannten An-gemessenheitsbetrag noch nicht übersteigt.Sperre: Und ist das ein größeres Problemgewesen?

    Michael Willamowski im Gespräch mit der SPERRE

    Die Unterkunftskosten machen einen gro-ßen Batzen im Arbeitslosengeld II (Hart-zIV), in der Sozialhilfe und der Grundsiche-rung aus. Nicht jede Miete wird vom Sozialamtin voller Höhe übernommen. Viele Antragstel-ler fürchten, ihre Wohnung nicht behalten zukönnen. Zum 1.November hat die Stadt Mün-ster die Obergrenzen der Mieten angepasst. DieÄnderung besteht im Wesentlichen aus vier

    Punkten. Erstens wird die Mietobergrenze angehoben, je nach Wohnungsgröße um einenunterschiedlichen Satz. Wer neu in den Leistungsbezug rutscht und seine Wohnung seit län-gerem bewohnt, dem wird zudem eine höhere Miete zugestanden. Drittens kommt es jetzt we-niger auf die Wohnungsgröße und mehr auf die Gesamtkosten der Unterkunft an. Und im letz-ten Schritt wird auf überhöhte Quadratmetermieten kontrolliert. Über die Beweggründe dieserAnpassungen sprach die Sperre mit dem Sozialamtsleiter Michael Willamowski. Das Inter-view führten Norbert Attermeyer und Arnold Voskamp.

    Zum 1.November hat die

    Stadt Münster die Obergren-

    zen der Mieten angepasst.

    Die Änderung besteht im We-

    sentlichen aus vier Punkten.

    verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – zu leben, übereinstimmend die

  • INTERVIEW 1901 2006 SPERRE

    Willamowski: Ja, das hat uns Schwierig-keiten bereitet. Die jetzt abgelöste Regelungwar kompliziert, machte aber Sinn. Sie hatnach unserer Beobachtung zu einer Verände-rung am Wohnungsmarkt geführt. Also dieVermieter haben schon darauf geachtet, dassdie Quadratmeterwerte nicht überschrittenwurden. Wir stellen nun wieder um auf einSystem, dass wir bis vor vier Jahren schonmal hatten, allerdings in modifizierter Form,um die geschilderten Effekte auch zukünftigzu vermeiden. Unsere Entscheidungen wer-den wieder unkomplizierter und es soll trans-parenter werden, die Menschen wollenschließlich wissen, wie wir zu unseren Ent-scheidungen kommen..Sperre: Wollen Sie dann die neuen Zahlenveröffentlichen? Ich frage deshalb, weil manauch schon mal gehört hat, dass Vermietereinfach die Obergrenze des Sozialamtes inden Mietvertrag übernommen haben. Willamowski: Sie werden von mir in die-sem Interview keine Zahlen hören. Das hatseinen Grund. Wir geben als Sozialamt undals Arbeitsgemeinschaft Münster pro Jahr ca.60 Millionen in den örtlichen Wohnungs-markt. 140 000 Wohnungen gibt es in Mün-ster, 14 000 davon bewohnen die Leistungs-berechtigten von Hartz IV, Grundsicherungund Sozialhilfe, also jede zehnte Wohnung inMünster. Das heißt, wir sind ein wichtigerFaktor am Wohnungsmarkt. Ich habe natür-lich ein Interesse daran, dass unsere Ent-scheidungen von den Leistungsberechtigtennichts Unmögliches fordern und nachvoll-ziehbar bleiben. Andererseits möchte ichnicht, dass jemand in die Versuchungkommt, unsere Höchstmieten als Mindest-miete zu verstehen, darum wollen wir dieZahlen nicht veröffentlichen.Sperre: Für alte Mietverträge haben Sieeinen besonderen Puffer eingebaut, dieseMieter sollen weniger unter Druck stehen.Willamowski: Ja, es gibt noch einen wei-teren Aspekt. Wer seine Wohnung schon zuZeiten angemietet hat, wo er noch ein Ar-beitseinkommen hatte und sich mehr leistenkonnte, soll nach Möglichkeit in seiner Woh-nung bleiben können, wenn er arbeitsloswird. Wir müssen da den Einsparmöglich-keiten eines Umzugs die Kosten des Umzugsgegenüber stellen. Aber auch die persönliche

    Stabilität der Menschen, die durch ein ver-trautes Umfeld gestärkt wird, ist von Bedeu-tung, und nicht zuletzt dürfen die Stadtteilenicht durch Entmischung der Bevölkerungs-gruppen unter Druck geraten. Menschenohne Arbeit und Leistungsberechtigte in derSozialhilfe und Grundsicherung sollen imganzen Stadtgebiet wohnen können. Wenndie Menschen mit wenig Geld sich in be-stimmten Stadtteilen konzentrieren würden,entständen nur neue Probleme und neueKosten. Wir denken da perspektivisch undweniger auf den Moment bezogen. Sperre: Wie viele Menschen sind nun voneiner Umzugsaufforderung betroffen?

    Willamowski: Wir wollten natürlich ver-meiden, dass wir in großer Zahl Menschenzum Umzug auffordern müssen, die garnicht möglich wären, weil der Markt freieWohnungen in größerer Zahl nicht bereit-hält. Wir haben verschiedene Modellrech-nungen durchgeführt und mussten entschei-den, was ist vertretbar, was geht noch,sowohl aus Sicht der städtischen Finanzenaber auch aus der Sicht, was bietet der Woh-nungsmarkt an Möglichkeiten, da wir mitunseren Richtlinien nicht losgelöst vomWohnungsmarkt in Münster agieren können.Münster hat neben München und Düsseldorfein ausgesprochen hohes Mietniveau undwir können nicht so tun, als wenn das fürLeistungsberechtigte nicht gilt. Gleichwohlwerden wir uns 200 Mietverhältnisse genau-er ansehen müssen, bei denen nach unsererAuswertung die Miete hoch ist. Wir wissenaber nicht, wie die Umstände im Einzelfallsind. Da können zum Beispiel Menschendarunter sein, die aufgrund einer Behinde-

    rung einen zusätzlichen Raum benötigen.Den erkennen wir auch an. Das konnten wirjetzt aus den gespeicherten Daten nicht her-ausfiltern. Wie viele Leistungsberechtigtedann letztlich umziehen müssen, bleibt ab-zuwarten. Wir haben mit dem Amt für Woh-nungswesen vereinbart, dass wir die Men-schen fragen, ob wir sie dorthin meldendürfen, und würden dann gemeinsam mög-lichst schnell versuchen, neue preisgünstige-re Wohnungen zu finden..Sperre: Was ist mit denen, deren Mieteüber der Mietobergrenze liegt?Willamowski: Wir reduzieren dann nachspätestens sechs Monaten die Zahlung aufdie angemessene Miete. Wenn die Über-schreitung einen relativ geringen Betrag aus-macht, entscheiden sich viele Menschen, inder Wohnung zu bleiben, und stellen ihre an-deren Ausgaben, z.B. für einmalige Anschaf-fungen darauf ab. Der Regelbedarf ist ja hö-her als die Grundbedürfnisse. Wenn derBetrag über einen längeren Zeitraum höherist, dann entsteht ein Problem. Entwedersammeln sich Schulden an oder aber wirmüssen uns überlegen, ob es vielleicht ande-re Einnahmen gibt, die wir bisher nicht ken-nen. Das sind dann Einzelfälle, die man sichin aller Ruhe angucken muss. Sperre: In der Neuregelung sprechen Sievon einem weiteren Schritt, um überteuerteMieten zu vermeiden.Willamowski: Ja. Es gibt noch eine ganzwichtige Neuerung, die wir zum 1.Novem-ber in Kraft setzen. Das betrifft Wohnungen,die unsere Höchstsätze nicht erreichen, dieaber am Markt zu geringeren Preisen gehan-delt werden, weil sie in nichtrenovierten Zu-stand vermietet sind. Bei diesen Wohnungenwerden wir nur den am Markt erzielbarenPreis ansetzen. Es handelt sich um eine ge-ringe Zahl von Wohnungen, die wir haus-nummernscharf ermitteln. Wir wollen damitInstandhaltungsrückstau in den Häusern ver-meiden, wo vorrangig hohe Renditen erzieltwerden. Wir werden Listen mit den betref-fenden Objekten den Kolleginnen und Kol-legen in den Leistungsbereichen an die Handgeben und auch Kontakt zu den betreffendenVermietern aufnehmen und sagen, dass dasgeforderte Preisniveau nicht dem entspricht,was die Wohnung tatsächlich wert ist.

    Amtswunsch und Realität Foto: (web)

    bedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – zu leben, übereinstimmend die

  • INTERVIEW20 SPERRE 12 2005

    Sperre: Das erfordert aber ziemlich um-fassende Ermittlungen. Willamowski: Das erfordert insbeson-dere eine enge Zusammenarbeit mit demAmt für Wohnungswesen – aber die üb-lichen Verdächtigen sind uns bekannt.Sperre: Sie sprachen vorhin vom Einflussder von Ihnen bezahlten Wohnungskostenauf Münsters Wohnungsmarkt. Jetzt geht jagerade eine wesentliche Änderung am Woh-nungsmarkt vor sich, das Land verkauft sei-nen Wohnungsbestand. In Münster hat esmit den WGM-Wohnungen in Kinderhausbegonnen. Welche Auswirkungen erwartenSie da?Willamowski: Die Stadt Münster hat einInteresse an öffentlich geförderten und da-mit preiswerten Wohnungen, das hat derRat in seiner Resolution zu dem WGM-Ver-kauf deutlich gemacht. Wichtig für uns ist,dass die Wohnungen für Leistungsberech-tigte bezahlbar bleiben, dies ist in der Regelbei öffentlich geförderten Wohnungen gege-ben. Wir haben natürlich ein Interesse daran,dass der neue Vermieter bei der öffentlichenFörderung bleibt. Wenn Wohnungen in die-ser Größenordnung verkauft werden, hat dasschnell Einfluss auf die Struktur eines Stadt-teils. Im Moment erwarten wir aber keineweiteren Auswirkungen. Sperre: Nun sind aber insgesamt die So-zialwohnungen stark auf dem Rückzug.Gibt es künftig noch genügend günstigenWohnraum?Willamowski: Unsere Planungsverwal-tung und das Wohnungsamt weisen daraufhin, dass die Zahl der öffentlich gefördertenWohnungen in Münster drastisch sinkt. Dar-aus kann ein Problem für das untere Seg-ment der Mieten entstehen. Ich sage „kann“,weil ich hoffe, dass auch frei finanzierteWohnungen zu günstigen Mieten angebotenwerden können. Von daher heißt es nichtzwingend, dass die Mieten dann steigen,wenn die öffentliche Förderung endet, weilder Markt die Mietpreissteigerungen auchhergeben muss. Wir haben auch heute freifi-nanzierte Wohnungen zu ausgesprochen an-gemessenen Preisen, die von Leistungsbe-rechtigten bewohnt werden.Sperre: Sicher darf man nicht unterschät-zen, dass es sozial denkende Vermieter gibt,die nicht auf schnellen Profit aus sind. Mit

    einer nicht geringen Anzahl öffentlich geför-derter Wohnungen hat man aber schon einengewissen Einfluss auf die örtliche Mietsitua-tion. Mit dem Abbau der Sozialwohnungengibt man aber dieses Instrument aus der Hand.Willamowski: Ja, das ist so.Sperre: Vielen Dank für das Gespräch.

    W.A.S.unser Radiotip

    auf RADIO ANTENNE MÜNSTER jeden 4. Samstag im Monat

    von 19:04 bis 20:00 Uhr ...

    Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren

    Sozialamtsleiter Michael Willamowski

    Montag 10:00 - 12:00 Einführung in das InternetStellensuche und Bewerbungen

    Dienstag 10:00 - 12:00 Gesundheitstreff

    Mittwoch 14:00 - 17:00 Arbeitsloseninitiative „Wehrt Euch“17:00 - 19:00 Chor

    Donnerstag 10:00 - 12:00 Frauentreff12:00 - 14:00 Offene Beratung zu den Themen Arbeit,

    Recht und Reform14:00 - 16:00 Sozialabbau (Agenda 2010 Hartzgesetze etc.)

    und seine Hintergründe

    Freitag 11:00 - 13:00 Schreibwerkstatt

    laufend Stellensuche in Tageszeitungen und InternetHilfestellung beim Bewerbungen verfassen und schreiben

    MÜNSTERS ARBEITSLOSENTREFF ACHTERMANNSTRASSEAchterrmannstrasse 10 • 48 153 Münster

    Fon: 02 51 - 41 40 553www..muenster.org/wehrene-mail: [email protected]

  • HARRRTZ IV - DAS SPIEL 2101 2006 SPERRE

    Arbeitsplatz-FeldAuswürfeln was passiert

    1 Du hast neben Deinem 400,- €-Arbeitsplatznoch einen Mini-Arbeitsplatz gesucht. Dannwurdest Du bei der ersten Stelle gefeuert.Alles geht von vorn los – Gehe auf „Start“

    2 Ihr Arbeitsplatz ist bei näherem Hinsehenein Honorar-Arbeitsplatz. Es gibt was zu tun– aber nicht immer.... Leider passen sichDeine Essensgewohnheiten nicht DeinemArbeitsplatz an. Du musst kürzer treten –und zwar 1 Auge weniger als gewürfelt. Diesgilt für Deinen nächsten Zug.

    3 Aus 1 mach 2: Dein alter Arbeitsplatz wirdin zwei 1-Euro-Jobs umgewandelt. Pech gehabt !! Zurück zum Start.

    4 Die Bundesregierung macht’s möglich:Du kannst jetzt unbefristet befristet arbei-ten und wirst nicht mehr von Kündigungsschutzu.ä. belästigt. Das findet Dein Arbeitgeber auch:Ziehe unbehelligt weiter.

    5 Du wirst als Lehrer eingestellt. Zwar nichtin den Ferien, aber immerhin in der Schulzeit.Leider sind gerade Ferien. Es passiert also nichts ...

    6 Wahnsinn! Du hast den Jackpot! Endlich einunbefristeter Arbeitsplatz. Yeepeeh!! Du darfst den Thron besteigen und hastGEWONNEN !

    Behörden

    B1: JugendamtSie können Ihren Unterhalt nicht mehr zah-len. Das Jugendamt lädt Sie vor. 1x Ausset-zen.

    B2: WohngeldamtEs muss geklärt werden, ob Sie Hartz-IVoder Wohngeld bekommen. Das dauert. 3 Felder zurück.

    B3: KindergeldkasseKindergelderhöhung. 1 Feld vor.

    B4: Amt für AusländerangelegenheitenDu wirst zu einem Sprachtest vorgeladen.Da Du ihn spielend bewähltigst, nur 1 Feldzurück.

    B5: Bürgeramt (gilt für alle Filialen)Sie haben den neuen Reisepass beantragt;der Computer erkennt Sie als Neugebore-nen: Sie erhalten die Babyerstausstattung.Sie dürfen 3 Felder vor, müssen aber trotzdemaussetzen.

    Reformfelder

    R1 Bayern wird dem Ausland zugeordnet undSie erhalten den Regelsatz für Asylbewerber:Bis zum nächsten R-Feld wird zwar gewür-felt, aber nur, um den Sozialdetektiv zubewegen. Gezogen wird in 1-er-Schritten!

    R2 Jugendliche unter 40 Jahren haben keinAnrecht auf eine eigene Wohnung. Du ziehstwieder nach Hause („Start“).

    R3 Das Arbeitsamt heißt von nun an Agenturfür Arbeit. Arbeitslosengeld II gibt es aber imSozialamt. Arbeitsberatung macht die Arbeits-gemeinschaft; die sitzt im Arbeitsamt. Dubist verwirrt: Gehe 2 Felder vor und in der näch-sten Runde 3 Felder zurück. Würfeln musst Dutrotzdem, um den Sozialdetektiv zu setzen.

    R4 Du bist ein Auto. Autos von ALG II-Bezieher dürfen künftig auch ohne TÜV fah-ren, aber nur rückwärts und bis zum nächstenArbeitsamt: Gehe soweit zurück.

    R5 Statt Arbeitsplatz mit 50 gibt’s Renteerst mit 67. Rücke vorwärts auf Start undlauf die Runde noch mal.

    R6 Aktiv genießen: Du rauchst wieder (deineLieblingsmarke „R6“). Wer schneller lebt istlänger tot: Du entlastest die Rentenversiche-rung. Rücke 2 Felder vor.

    R7 Der Nummernautomat im Arbeitsamt istkaputt („wird reformiert“). Nummernvergabeist nur noch zwischen 7:00 Uhr und 7:15Uhr. („Eher 7 als Viertelnach ..“). Rücke aufdas 7. Feld des Spielbretts.

    R8 Die nächste Mehrwertsteuererhöhungführt zu einer direkten Ausgabenentlastung. Ladedeine Mitspieler zu einer Runde aktivemKonsumverzicht ein: Setzt alle einmal aus.

    R9 Die Senkung der Lohnnebenkosten sollneue Arbeitsplätze bringen. Und da die Welteine Scheibe ist, verläufst Du Dich prompt.Rücke 4 Felder vor.

    Sozialdetektiv

    Kommt der Sozialdetektiv auf Dein Feld,musst Du würfeln, was weiter passiert:

    Bei 1 oder 2: - Der Sozialdetektiv entdeckt,dass Ihr Bett noch warm ist. Sie werden füreinen Arbeitsgewöhnungskurs vorgesehen. 2 x Aussetzen.

    Bei 3 oder 4: - Dein Kühlschrank istrandvoll. Der Sozialdetektiv vermutet einNebeneinkommen. Du musst beweisen, wasDu nicht beweisen kannst. Gehe 3 Felderzurück.

    Bei 5 oder 6: - Der Sozialdetektiv endecktdreckige Wäsche bei Dir und bescheinigt Dirden Bedarf für eine Waschmaschine. Die steht Dir zwar zu, aber Du musst dasGeld dafür aus dem Regelbedarf ansparen. Gehe3 Felder vor und in der nächsten Runde wie-der 3 Felder zurück. Würfeln musst Du trotz-dem, um den Sozialdetektiv zu setzen.

    Copyright: Die SPERRE, Münster Monats-magazin für Arbeit, Soziales & Kultur 2005/06- abm.E.V. - www.muenster.org/sperreIdee & Realisisation: Norbert Attermeyer,Claudia Csiszér, Hartmut Gieske, ArnoldVoskamp, Peer Denzer. Layout: Ulrike Goj

    uerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren

    Das Spiel kann mit einer beliebigen Anzahl von Spielern gespielt werden (Alleine ist’s ein weniglangweilig ...). Jeder Spieler bekommt eine Spielfigur. Zusätzlich wird eine Figur für den Sozialdetektiv benötigt, sowie ein Würfel.Ausgehend vom „Start“-Feld würfeln und setzen die Spieler im Uhrzeigersinn und müssen dastun, was auf dem Feld steht. Der Sozialdetektiv rückt ebenfalls die jeweilige Augenzahl vor– jedoch gegen den Uhrzeigersinn. Wenn jemand auf dem Feld steht, auf dem der Sozialdetektivankommt, werden die Konsequenzen für ihn ausgewürfelt (siehe Liste „ Sozialdetektiv “). Ana-log wird verfahren, wenn jemand auf ein „Arbeitsplatz“-Feld kommt. Auf diesen Feldern hatman auch die Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen (siehe Liste „Arbeitsplatz“-Feld).Natürlich gibt es wie im richtigen Leben auch ab und zu lustige Reformen. Die „R“-Felder sindnummeriert und die Folgen – die bei Reformen auch manchmal alle Spieler betreffen können– aufgelistet. Kommt man auf ein „Arbeitsplatz 2“-Feld, muss man solange dort stehen blei-ben („arbeiten“), bis ein anderer Spieler irgendwo auf ein Feld „Arbeitsplatz 2“ kommt, d.h. esmuss nicht das selbe Feld sein. Wenn man an der Reihe ist, muss man trotzdem würfeln, um denSozialdetektiv zu bewegen. Ein Behördenbesuch ist oft mit Wartezeiten verbunden. Was Sie aufdem Amt erwartet, ist ebenfalls aufgelistet. Ziel des Spiels ist es, einen festen Arbeitsplatz zuergattern und den Thron zu besteigen. Wenn Du den Thron bestiegen hast, darfst Du weiter mit-spielen. Außer den Sozialdetektiv zu bewegen, darfst Dich dann am Existenzkampf der ande-ren Spieler ergötzen und kräftig ablästern.So, und nun viel Spaß beim Spielen. Für Verbesserungsvorschläge haben wir natürlich ein offe-nes Ohr. Die besten werden in der nächsten Sperre-Ausgabe veröffentlicht und prämiert.(Natürlich nicht mit einem „ordentlichen“ Arbeitsplatz – den haben wir selbst nicht ...)

    Die Regeln zum Spiel im Mittelteil

  • AUFGEMISCHT22 SPERRE 12 2005

    Regelmäßige Treffen füralle erwerbsarbeitslosen und

    -suchenden Frauen:Austausch von Ansichten,

    Anregungen und Auswegen

    Donnerstag 10.00 - 11.30 Uhrim Arbeitslosenzentrum „Malta“

    Kontakt:Arbeitslose brauchen Medien e.V.Achtermannstr. 7, 48143 Münster

    Tel.: 4 140 553(Maria Hamers, Anne Neugebauer)

    Achtermannstr. 10-12 (cuba-Innenhof)

    FRAUEN-LOSFRAUEN-LOSlos FRAUENlos FRAUEN

    KEINKEIN STILLSTSTILLSTANDAND OHNEOHNE STELLESTELLE

    erwerbslos, ausbildungslos, mittellos...erwerbslos, ausbildungslos, mittellos...

    schrieben. Auf der dem Reiseführer beilie-genden CD finden sich die Texte auch alsAudio-Dateien, die auf handelsüblichenCD-Spielern abgespielt werden können. Diegroße Schrift und die zahlreichen Abbildun-gen erleichtern die Orientierung und machenLust auf einen Spaziergang durch das an Se-henswürdigkeiten reiche Münster. Es wärewünschenswert, dass es einen solchen Rei-seführer auch für andere Städte und Gegen-den Deutschlands gäbe. Dieses kleine undkostengünstige Buch ist ein wunderschönesBeispiel für kulturelle Integration von seh-behinderten Mitmenschen, dass auf Nachah-mung hofen lässt.

    Münster

    Ein Reiseführer in

    leichter Sprache

    Autorinnen: Gisela Holtz und Kirsten FaustHerausgeber: Zugvogel e.V.Verlag Ulrike Wellige, MünsterISBN 3-9810253-7-7Preis: 10,- Euro (inkl. CD)

    Der von der Aktion Mensch unter-stützte und geförderte Reiseführer inleichter Sprache richtet sich an Menschen,die nicht gut schwierige Texte lesen und ver-stehen können. Es werden sechs Tourendurch Münster angeboten und die Sehens-würdigkeiten gut und leicht verständlich be-

    Ein Datenabgleich hat schriftlich zu erfol-gen, dies – und nur dies - sollte man auchdem Telefonisten am anderen Ende der Lei-tung mitteilen. Auch die Aussage des Call-center-Mitarbeiters, er sei von der Bundes-agentur zur Durchführung der Umfrageermächtigt worden, ist barer Unsinn, da gel-tendes Recht den ARGEn keine Ermächti-gungsgrundlage hierfür bietet. So brauchtman sich dann auch nicht zu fürchten, wennder Callcenter-Mitarbeiter am anderen Endeder Leitung mit einer „Aufnahme in die Lis-te der Gesprächsverweigerer“ droht. Alle fürdie ARGEn wichtigen Informationen wur-den schließlich mit dem Ausfüllen der HartzIV-Bögen bereitgestellt, und ebenso ver-pflichtet der Erwerbslose sich mit seinerUnterschrift, Änderungen in den persön-lichen Verhältnissen den ARGEn zu melden,sofern die Änderungen für den Leistungsbe-zug relevant sind. Ergo gibt es keine Not-wendigkeit für eine solche Telefonbefra-gung.

    Nun fragt man sich, weshalb unter diesenGesichtspunkten eine Telefonbefragung die-ser Art überhaupt gemacht wird. Die Erklä-rungen liegen auf der Hand:

    Die Bundesagentur verläßt sich darauf,daß ein angerufener ALG II-Bezieher grund-sätzlich eingeschüchtert genug ist, daß erdem Anrufenden willfährig alle Daten mit-teilt, die dieser haben möchte.

    Man hofft darauf, daß ein ALG II-Bezie-

    her sich widerstandslos aus dem Bezug drän-gen läßt, weil er mehrfach telefonisch nichterreichbar war.

    Der Bundesdatenschutzbeauftragte PeterSchaar warnt eindringlich vor der Preisgabepersönlicher Daten. Schließlich bestehe dieGefahr, daß sich Trittbrettfahrer im Zuge derTelefon-Großoffensive als Mitarbeiter einesCallcenters, welches von den ARGEn beauf-tragt wurde, tarnen, um so an sensible Sozi-aldaten der Angerufenen heranzukommen.Die Schlußfolgerung für den ALG II-Emp-

    fänger kann also nur lauten: Auf schriftlicheKommunikation mit den Ämtern bestehen.Ein Telefoninterview mit dem Hinweis aufden schriftlichen Datenabgleich abwehren.Oder besser: Man geht gar nicht erst an’s Te-lefon, wenn man die Nummer des Anrufen-den nicht identifizieren kann. Dies darf keinenegativen Folgen für den ALG II-Bezieherhaben, denn das eigene Telefonverhaltengeht niemanden etwas an. Generell gilt: Jeg-liche Teilnahme an dieser Datenerhebungs-aktion ist absolut freiwillig.

    Wirten – zu leben, übereinstimmend die Bezeichnung ‚Parasiten’.“ ··· „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen

    pad

    Fortsetzung von Seite 17

    lb

  • AUFGEMISCHT 2301 2006 SPERRE

    S o z i a l a g e n t u rim cuba

    Die Beratung in dercuba-Sozialagenturist kostenlos, freiwilligund vertraulich.

    Achtermann