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Unabh/ingigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertdn yon der Zahlungsweise Edgar Neuburger (Mfinchen) 1. Problemstellung Bekanntlich spielt bei der Bewertung laufender Renten durch den Barwert die Zahlungs- weise der Renten eine nicht unerhebliche Rolle. Bei einem groBen Rentenbetrag ist es f/Jr den Barwert durchaus erheblich, ob die Rente j/ihrlich vorschiissig oder monatlich vor- schiissig zu zahlen ist. Wie unmittelbar die beiden Grenzf'~ille ,,j~ihrlich vorschiissig" und ,,j/ihrlich nachschiissig" zeigen, ist bei einer lebensl/inglich zahlbaren Rente von gleichen Jahresbetr/igen der Unterschied der beiden Barwerte genau eine Jahresrente. Um so erstaunlicher erscheint damit z.B. der Barwert der einseitigen Oberlebensrente eines Paares eines Mannes und einer Frau, bei dem die unterj/ihrliche Zahlungsweise von t Raten pro Jahr bei dem iiblichen Ansatz gem/il3 a~ t) = ay - k it) und -xyatt) = axy -- kit) mit k(t) geeignet gew~ihlt (z. B. k0) = t- 1 t2--1 .( i) spielt: 2---t--+~x 1--~ , vgl. [1], [2]) keine Rolle act) = a~t) _ act) Vt (1) x/y --xy = a~t/y t bedeutet hier wie iiblich die Anzahl der Rentenraten pro Jahr, oct) der Barwert einer O'-x/y Oberlebensrente ffir die iiberlebende Frau bei einer Zahlungsweise von j/ihrlich t Renten- raten der H6he 1/t ab Tod des Mannes. Damit stellt sich die Frage, inwieweit dieses Ergebnis verallgemeinert werden kann: gibt es noch weitere Rentenbarwerte, auf die die Zahlungsweise keinen Einflu8 hat? Nun, analysieren wir oct) dann fiillt auf, dab die F/illigkeitszeitpunkte der Renten "x/y, vorgegeben sind, derart, dal3 bei vereinbarter Zahlungsweise von t Rentenraten pro Jahr das Jahr in t/iquidistante F/illigkeitszeitpunkte eingeteilt ist, und dab zu jedem F/illig- keitszeitpunkt geprfift wird, ob die Rentenrate fiillig ist: Leben zu diesem Zeitpunkt noch beide Personen oder allein der Mann oder sind beide Personen verstorben, dannist keine Rente fiillig, lebt jedoch zu diesem Zeitpunkt lediglich noch die Frau, dannist zu diesem Zeitpunkt eine Rente f'~illig. Entscheidend ist, dab die Rente nicht unmittelbar ab dem Zeitpunkt des Todes des Mannes l/iuft, sondern erst ab dem darauf folgenden n/ichsten F/illigkeitszeitpunkt; letztmalig wird die Rente zum Beginn des Zeitabschnittes bezahlt, in dem die Frau stirbt (vgl. auch [3]). Die F~illigkeitszeitpunkte sind also vorgegeben, often ist jeweils zu den einzelnen F/illigkeitszeitpunkten lediglich, ob eine Rente zu zahlen ist oder nicht. Wir sprechen in diesem Fall yon ,,determinierter F/illigkeit". Diese Verh~iltnisse gelten ganz offensichtlich bei unserem einfachen Beispiel der ein- seitigen Oberlebensrente eines Paares. Interessant ist nun, dab allein durch die Eigen- schaft der determinierten F/illigkeit eine Klasse von Barwerten von Rentenverpflichtun- gen erfaBt wird, bei denen die Zahlungsweise keine Rolle spielt, wie der folgende Satz zeigt: Satz (lnvarianzsatz j~r Anwartschaftsbarwerte) : Anwartschaftsbarwerte laufender Ren- ten mit gleichbleibender Rentenh6he und determinierter F/illigkeit h/ingen nicht vonder Zahlungsweise ab, wenn sowohl der Zeitpunkt des die Rente ausl6senden Ereignisses als 257

Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

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Unabh/ingigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertdn yon der Zahlungsweise

Edgar Neuburger (Mfinchen)

1. P r o b l e m s t e l l u n g

Bekanntlich spielt bei der Bewertung laufender Renten durch den Barwert die Zahlungs- weise der Renten eine nicht unerhebliche Rolle. Bei einem groBen Rentenbetrag ist es f/Jr den Barwert durchaus erheblich, ob die Rente j/ihrlich vorschiissig oder monatlich vor- schiissig zu zahlen ist. Wie unmittelbar die beiden Grenzf'~ille ,,j~ihrlich vorschiissig" und ,,j/ihrlich nachschiissig" zeigen, ist bei einer lebensl/inglich zahlbaren Rente von gleichen Jahresbetr/igen der Unterschied der beiden Barwerte genau eine Jahresrente. Um so erstaunlicher erscheint damit z.B. der Barwert der einseitigen Oberlebensrente eines Paares eines Mannes und einer Frau, bei dem die unterj/ihrliche Zahlungsweise von t Raten pro Jahr bei dem iiblichen Ansatz gem/il3

a~ t) = ay - k it) und -xyatt) = axy - - ki t )

mit k(t) geeignet gew~ihlt (z. B. k0) = t - 1 t2--1 . ( i ) spielt: 2 - - - t - - + ~ x 1 - -~ , vgl. [1], [2]) keine Rolle

act) = a~t) _ act) Vt (1) x/y --xy = a~t/y

t bedeutet hier wie iiblich die Anzahl der Rentenraten pro Jahr, oct) der Barwert einer O'-x/y Oberlebensrente ffir die iiberlebende Frau bei einer Zahlungsweise von j/ihrlich t Renten- raten der H6he 1/t ab Tod des Mannes. Damit stellt sich die Frage, inwieweit dieses Ergebnis verallgemeinert werden kann: gibt es noch weitere Rentenbarwerte, auf die die Zahlungsweise keinen Einflu8 hat? Nun, analysieren wir oct) dann fiillt auf, dab die F/illigkeitszeitpunkte der Renten " x / y , vorgegeben sind, derart, dal3 bei vereinbarter Zahlungsweise von t Rentenraten pro Jahr das Jahr in t/iquidistante F/illigkeitszeitpunkte eingeteilt ist, und dab zu jedem F/illig- keitszeitpunkt geprfift wird, ob die Rentenrate fiillig ist: Leben zu diesem Zeitpunkt noch beide Personen oder allein der Mann oder sind beide Personen verstorben, dannist keine Rente fiillig, lebt jedoch zu diesem Zeitpunkt lediglich noch die Frau, dannist zu diesem Zeitpunkt eine Rente f'~illig. Entscheidend ist, dab die Rente nicht unmittelbar ab dem Zeitpunkt des Todes des Mannes l/iuft, sondern erst ab dem darauf folgenden n/ichsten F/illigkeitszeitpunkt; letztmalig wird die Rente zum Beginn des Zeitabschnittes bezahlt, in dem die Frau stirbt (vgl. auch [3]). Die F~illigkeitszeitpunkte sind also vorgegeben, often ist jeweils zu den einzelnen F/illigkeitszeitpunkten lediglich, ob eine Rente zu zahlen ist oder nicht. Wir sprechen in diesem Fall yon ,,determinierter F/illigkeit". Diese Verh~iltnisse gelten ganz offensichtlich bei unserem einfachen Beispiel der ein- seitigen Oberlebensrente eines Paares. Interessant ist nun, dab allein durch die Eigen- schaft der determinierten F/illigkeit eine Klasse von Barwerten von Rentenverpflichtun- gen erfaBt wird, bei denen die Zahlungsweise keine Rolle spielt, wie der folgende Satz zeigt:

Satz (lnvarianzsatz j~r Anwartschaftsbarwerte) : Anwartschaftsbarwerte laufender Ren- ten mit gleichbleibender Rentenh6he und determinierter F/illigkeit h/ingen nicht vonder Zahlungsweise ab, wenn sowohl der Zeitpunkt des die Rente ausl6senden Ereignisses als

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auch der Zeitpunkt des die Rente beendigenden Ereignisses innerhalb eines Jahres gleichverteilt sind.

Offensichtlich ist in praxi die Vereinbarung von determinierter F~illigkeit nicht ein Aus- nahmefall, sondern der Normalfall: gemeinhin beginnen Rentenzahlungen zum ersten eines Monats oder eines sonstigen vereinbarten Zeitabschnitts und werden letztmalig zum Ende eines solchen Zeitabschnitts gezahlt; ganz selten wird vereinbart, dab eine Rente genau ab dem ausl6senden Ereignis zu laufen beginnt. Damit erstrecken sich die Auswirkungen auf aUe in der Regel in praxi benutzten Rentenanwartschaftsbarwerte: z.B. gilt fiir Anwartschaftsbarwerte der Pensionsversicherungsmathematik:

(Oaxai =a,] i (t)a~aW = a~ aw

(~ = a~iW fiir alle t (')a~ w = a~ w ( t ) a ~ _ w

- - a x (t)a~ _-- axiW

Die gleichen Beziehungen gelten auch fiir Witwenrentenanwartschaftsbarwerte bei indi- vidueller Berechnungsweise. Es geniigt damit, diese Anwartschaftsbarwerte z.B. fiir j~hrliche Rentenzahlungen zu berechnen: damit sind sie fiir beliebige Zahlungsweisen gegeben. Bei den bier angegebenen Barwerten mit j/ihrlicher Rentenzahlung ist allerdings die determinierte F/illigkeit zu beachten, also der Sachverhalt, dab bei j/ihrlicher Zahlungs- weise die Zahlungen jeweils am Jahresanfang = Jahresende stattfinden. So lautet z. B. die Formel fiir aai:

11-1 axai__ ~ v k + l a" i i kPx Ix + k ~px+~ a~+ x

k=O

1 z - 1 Dxa Y~ D ~ i

k=x

mit

-Dx i~ 1 v - a x + 1

unter Ansatz der N~iherung

�89189 = 1- 2

(vgl. [1], II.a.1, 3. Formel). Im folgenden soil nun der Invarianzsatz bewiesen werden. Dabei werden wir nicht die iibliche N~iherung unterstellen, dab die Zinsgutschriften bei unterj~ihrlicher Zahlungs- weise auch unterj~ihrlich erfolgen, sondern wie in der Finanzmathematik gel/iufig, den Sachverhalt beriicksichtigen, dab die Zahlungen zwar unterj~ihrlich erfolgen, Zinsgut- schriften jedoch j~ihrlich, so dab also innerhalb eines Jahres keine Zinseszinseffekte auf- treten. Zuvor m6chte ich noch bemerken, dab als Nebenergebnis des Beweises ein auch fiir sich interessantes Resultat gewonnen wurde: unter den Voraussetzungen des Satzes gilt

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streng, dab ein nur vonder Zahlungsweise t, nicht jedoch vom Alter x abh/ingiges ktt) existiert, so dab fiir die Barwerte vorschiJssig zahlbarer Renten von t Raten pro Jahr gilt:

a~ '~ = a~ - ktt) Vx und t. 1

Wegen a~ t~ = a~ ~ - t gilt eine entsprechende Aussage auch fiir die Barwerte nachschiissig

zahlbarer Renten von t Raten pro Jahr. Zusiitzlich kann k t~ exakt angegeben werden (vgl. GI. (6)). SchlieBlich m6chte ich noch auf folgendes hinweisen: meiner Kenntnis nach hat Heubeck als erster darauf hingewiesen, dab Rentenzahlungen in der Regel nicht unmittelbar ab Eintritt des ausl6senden Ereignisses zu laufen beginnen; er hat konsequenterweise den Anwartschaftsbarwerten seiner ,,Richttafeln" [2] Formeln zugrundegelegt, die diesen Sachverhalt berficksichtigen. Dieser Ansatz erfiillt den Invarianzsatz lediglich n/ihe- rungsweise. Es mag jedoch von Interesse sein, z.B. wegen der Berechnung von Anwart- schaftsbarwerten mit variabler Rentenh6he, oder auch nur wegen der Weiterverwendung programmierter Algorithmen, das von Heubeck vorgestellte Formelwerk weiter zu be- nutzen. Dies ist auch m6glich, wenn der Rentenbarwert einer ,,in der Jahresmitte f'allig

1 werdenden Rente" und das von Heubeck eingefiihrte Abzugsglied - - leicht modifiziert werden, wie in Abschnitt 3 gezeigt werden soil. 2 t

2. Beweis des I n v a r i a n z s a t z e s

Der Beweis des Satzes kann recht elementar geffihrt werden, l~berlegen wir zun/ichst, wie in einem konkreten Fall die Abwicklung einer Rente vonder betrachteten Art erfolgt: zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu dem wir den Beginn der Zeitachse festsetzen wollen (Zeitpunkt 0), einigen sich ein Berechtigter und ein Verpflichteter zur Zahlung einer Rente vom Jahresbetrag 1. Desweiteren wird vereinbart, dab die Jahresrente in j~ihrlich t Raten der H6he 1/t gezahlt wird. Hierffir werden die einzelnen Jahre in t, t E N, gleich groBe Zeitabschnitte eingeteilt, wodurch die F/illigkeitszeitpunkte der Rentenraten ver- einbart sind. Im folgenden wollen wir den Beginn des Jahres dazuz~ihlen, das Ende jedoch nicht. Damit existieren in einem Jahr t auf den Anfang des Jahres bezogene Zeitpunkte, n~imlich die Zeitpunkte 1 2 t - 1

0 7 - - - - t ' t ' " " t

die als Zeitpunkte fiir die Zahlung der Rente in Frage kommen. Wir nennen diese Zeitpunkte F~illigkeitszeitpunkte. Weiter wird ein i.a. vom Zufall abh/ingiges Ereignis vereinbart, das die Rentenzahlung ausl6st; wir wollen den Zeitpunkt des Eintritts dieses Ereignisses den ,,ausl6senden Zeitpunkt" nennen. Die 1. Rentenrate wird zu dem F/illig- keitszeitpunkt bezahlt, der dem ausl6senden Zeitpunkt unmittelbar folgt, und von da ab zu den weiteren F/illigkeitszeitpunkten. Zudem wird ein i.a. vom Zufall abh~ingiges Ereignis vereinbart, das die Rentenzahlung beendet; wir wollen den Zeitpunkt des Eintritts dieses Ereignisses den ,,beendigenden Zeitpunkt" nennen. Die letzte Rentenrate wird dann zu dem F/illigkeitszeitpunkt gezahlt, der dem beendigenden Zeitpunkt unmittelbar vorangeht. Es interessiert nun der Barwert der so vereinbarten Rente zum Zeitpunkt 0. Behauptet wird, dab dieser Barwert nicht v o n d e r Anzahl t der vereinbarten Jahresrentenraten abh~ingt (wir sprechen kurz , ,vonder Zahlungsweise t"), wenn sowohl der ausl6sende Zeitpunkt als auch der beendigende Zeitpunkt innerhalb eines Jahres gleichverteilt sind.

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Es bezeichne k

(%,k~No) mit s k = - - t

die Folge der F/illigkeitszeitpunkte. Nachdem die Zeitpunkte, an denen Renten f~illig werden k6nnen, definiert sind, wollen wir uns nun mit den zu zahlenden Rentenraten selbst besch~iftigen. Zu jedem Zeitpunkt sk kann offenbar eine Rente zu zahlen sein oder auch nicht; ob eine Rente zu zahlen ist, h/ingt vom Zufall ab, in welcher H6he sie zu zahlen ist, wenn sie f'~illig ist, ist vereinbart, n/imlich jeweils in H6he von 1/t. Damit fiihren wir die Rente zum Zeitpunkt sk als diskrete Zufallsgr6~ R k ein, die die beiden Werte 0 oder 1/t annehmen kann. Auf diese Weise beschreibt eine Realisierung der Folge

((sk, RO, k e No)

einen der m6glichen Zahlungsstrfme, die infolge der getroffenen Vereinbarung auftreten k6nnen. Wir nennen das Objekt

S: = ((Sk, Rk) , k e No) einen Rentenstrom. Wir wollen nun den Rentenstrom S bewerten, also seinen Barwert errnitteln. Zun/ichst stellt sich der Wert eines zum Zeitpunkt s~ zahlbaren Betrags 1 zum Zeit- punkt 0 auf

vtxl bk=v(%) mit v ( x ) - l + i ( x _ [ x ] ) , x ~ R

wobei fiir x e R [x] die gr6Bte ganze Zahl ist mit [x] < x. Hier bedeutet wie iiblich v den Diskontierungsfaktor:

1 l + i

mit i=Zinsfug pro anno. i sei wie iiblich als konstant und vorgegeben (vereinbart) angesetzt. Bei diesem Ansatz ist also beriicksichtigt, dab die Zinsgutschriften jeweils zum Ende des Jahres erfolgen, dab also innerhalb eines Jahres keine Zinseszinseffekte auf- treten. Die Zufallsgr6Be ,,finanzmathematischer Barwert der zum Zeitpunkt s k zahlbaren Rente Rk" stellt sich offenbar auf

B k = v(s~) R k ,

und damit die Zufallsgr6Be ,,finanzmathematischer Barwert des Rentenstromes" auf

B = ~ Bk= ~ v(sk) R k. k~No k~lNo

Der Barwert einer Rente b stellt nun gerade den Erwartungswert dieser ZufallsgrSl3e dar (vgl. [4], Abschn. 2; [5], Abschn. 1), anschaulich gesprochen also den mit der Wahr- scheinlichkeit seines Eintreffens gewichteten Mittelwert aller mSglichen RentenstrSme, in Zeichen:

b = EB.

F/Jr das Folgende ist die Kennzeichnung der Anzahl der F/iltgkeitszeitpunkte eines Jahres notwendig, also t. Wir fiigen diese Kennzeichnung wie iiblich als oberen Index an,

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Page 5: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

also in der Form b (t) mit b = b (1).

Wir wollen nun nachweisen, daB b (t) = b V t

gilt, also EB (t) = EB Vt .

Hierzu ffihren wir zwei neue Zufallsgr6gen T 1 und T 2 ein:

T1 : Ausl6sender Zeitpunkt T 2: Beendigender Zei tpunkt .

Fiir diese Zufallsgr613en k6nnen wir stets T 1 < T 2 voraussetzen. Zum Beispiel wird ein Aktiver erst invalide, bevor er als Invalider stirbt. Mit Hilfe dieser Zufallsgr6Ben k6nnen wir R k wie folgt schreiben:

(1)

1 Rk = t ( I ( T ~ } - l{Ta__.sk}) �9

Hier bedeutet 1A die Indikatorfunkt ion von A: Auf A nimmt 1A den Wert 1 an, ansonsten den Wert 0. Damit lfil3t sich B darstellen gem/il3:

B t0= ~ v ( sk )1 k e n 0 7 (ltT~-~s~}- l~T~-Z~}) = B ~ ) - B~) (2)

mit

1 B~') = T y V(Sk) l{wv_~Sk } , V = 1, 2 .

keNo

B 1 stellt den Barwert einer sofort beginnenden Rente dar, die 1/t-vorschiissig in j/ihrlich t Raten zu zahlen ist, zum letzten Mal zu dem F/illigkeitszeitpunkt Sk, der dem ausl6sen- den Zeitpunkt unmittelbar vorangeht. Analog fiir B 2. Nun gilt unter den Voraussetzungen des Invarianzsatzes:

Lemma: E ( B ~ ) ) = E ( B , ) - k (t), k( t )ER, t E N , v = l , 2 .

Mit Hilfe dieses Lemmas l/iBt sich der Invarianzsatz sofort beweisen: Fiir beliebiges t E N gilt unter Beachtung von G1. (2):

EB0) = EB~ ) - EBb)

= E B 2 - k ") - (EB 1 - k ~t)) gem/iB Lemma

= E B ,

womit der Invarianzsatz bewiesen ist. Wir haben noch das Lemma zu beweisen.

Sei 1 T = T 1 oder T = T 2 sowie B ' ~ ~ V(Sk) l~T_~sk }.

t k~No

Wir haben zu zeigen: EB t~ = EB - ktt) .

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Page 6: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

Sei nun N : = [T],

wobei, wie erwfihnt, ffir a ~ R [a] die gr6Bte ganze Zahl ist mit [a] __< a. Die Zufallsgr6Br N stellt also die Anzahl der vollendeten Jahre bis zum Zeitpunkt T dar. Ffir das Weitere wfihlen wir ffir den Erwartungswert EB eine iterierte Form gemfiB

EB = E (E (B [ N)).

E(B[N) stellt eine bedingte Erwartung dar, also eine Zufallsgr6Be, hier speziell eine diskrete Zufallsgr6Be mit den Realisierungen

E(BIN = n), n ~ N .

Dieser Ausdruck stellt also den Erwartungswert des finanzmathematisc~en Wertes des mit dem Zeitpunkt 0 beginnenden Rentenverlaufs dar, bei dem das die Rente beendi- gende Ereignis im Jahr [n, n + 1) stattfindet. Wir behaupten nun, dab unter den getroffenen Voraussetzungen ffir beliebiges t ~ N sogar gilt:

E(B(t)[ N = n) = E(B IN =n ) - k (t) . (3)

Diese Aussage ist offenbar sch/irfer als die des Lemmas. Mit ihr ist damit auch das Lemma bewiesen.

Den Beweis ffihren wir in 3 Schritten durch.

1. Es sei n E N o beliebig gew/ihlt. Im Jahr [n, n + 1) gibt es t m6gliche F/illigkeitszeitpunkte, zu denen die Rentenzahlungen zum letzten Mal erfolgen k6nnen, n/imlich die Zeitpunkte

k n + - - , k = 0 , 1 . . . . . t - 1 .

t

Diese Zeitpunkte des letzten F/illigwerdens der laufenden Rente treten nach Voraus- setzung innerhalb eines Jahres mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf, also jeweils mit der Wahrscheinlichkeit 1/t. Zum Beginn des Jahres n, also zum Zeitpunkt n, haben die einzelnen Rentenraten den finanzmathematischen Wert

1 2 = 0 , 1 , . . t - 1

1 + - - i t

wenn sie zum Zeitpunkt n + 2/t erfolgen. Damit stellt sich der finanzmathematische Wert der Rentenzahlungen dieses Jahres, die zum Zeitpunkt n + k/t letztmalig t'~illig werden, zum Zeitpunkt n auf

1 ~ 1 ~o 1 k = 0 , 1 t _ l . - . . . . . t ~=o 2 = t + 2 i '

l + - - i t

Diese finanzmathematischen Werte werden mit gleicher Wahrscheinlichkeit 1/t ange- nommen. Mithin stellt sich der Erwartungswert dieser finanzmathematischen Werte des

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Page 7: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

Jahres n zum Beginn dieses Jahres, also zum Zeitpunkt n, auf

1 t - i k 1 1 t-1 t - -2 T Z Z Z

k=O 4=0 t + 2 i t 4=0 t + 2 i

und damit der Erwartungswert der finanzmathematischen Wcrte der Rentenzahlungen des Jahres n zum Zeitpunkt 0 auf

v" t~l t - 2

t - - 4=o t + 2 i (4)

2. Wir berechnen nun den Erwartungswert der finanzmathematischen Werte zum Zeit- punkt 0 der Rentenzahlungen der Jahre 0, 1 . . . . , n - 1 , also des Zeitraumes [0, n). Zu den Zeitpunkten

2 1+ n - l + 2 = 0 , 1 , t - 1 t ' t - ' "' t

ist jeweils eine Rentenrate in HShe von 1/t f'~illig. Der finanzmathematische Wert dieser Rentenzahlungen zum Zeitpunkt 0 stellt sich f/Jr jedes 2 = 0, 1 . . . . . t - 1 auf

1 1 n - 1 1 n - 1 . - E v ' = Z v ' .

2 t ~=o t + 2 i ~ = o l + - - i

t

Damit stellt sich der finanzmathematische Wert aller Rentenzahlungen des Zeitraumes [0, n) zum Zeitpunkt 0 auf

t - 1 1 n - 1

Z Y v ~. (5) 4=0 t + 2 i ~=o

Dieser Wert entspricht auch dem Erwartungswert der finanzmathematischen Werte der Rentenzahlungen des Zeitraumes [0, n).

3. Die Summe der Ausdriicke (4) und (5) ergibt gerade den Erwartungswert der finanz- mathematischen Werte der Rentenzahlungen des gesamten betrachteten Zeitraumes [0, n + 1) zum Zeitpunkt 0, also E (B (t) I N = n):

1 F t-1 t "-~ t-1 t - 2 7 = / Z Z v ~ + v ~ Z t-~-~J E(B( t ) IN=n) t L a = O t + 2 i ~=o 4=o

= - : Z 0 t 4 t ~ + t 2 v ' + v ~ ( t - 2 + c mit c = - -

= ~=o t a=o t + 2 i

= - - 2 ~ Z v ' + ( t - 2 ) v + c . t 4 v=o v

Wegen o-1 ~] v v = (1 + i ) v v erhalten wir weiter:

v = O v = l

1 t-1 1 ( 2 + 2 i + t - 2 ) ~ v~+ c E (B(') I N = n) = t 4~o t + 2------i v = o

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Page 8: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

also schlieBlich:

E (Bt t ) IN=n)= ~ v ' + c = ~ v ' - l + c = E ( B l N = n ) - k ~ v=O v=O

mit

k (') = 1 - c = 1 _ _ i t~, t t a=o t + 2 i (6)

Damit ist Aussage (3), mithin das Lemma und damit auch der Invarianzsatz vollst/indig bewiesen.

Bem.: Das oben angefiihrte Lemma verdient auch fiir sich selbst Interesse. Seine Vor- aussetzungen sind lediglich: - das Ereignis, das die Rentenzahlung ausl6st, ist innerhalb des Jahres gleichverteilt, - die Zinsgutschriften erfolgen am Ende des Jahres. Seine Aussage lautet: die Barwerte laufender Renten unterscheiden sich bei unterschied- lichen Zahlungsweisen um einen Betrag, der lediglich vonder Zahlungsweise und dem Zinssatz abh/ingt, nicht aber vom Alter x. Es gilt unter diesen Voraussetzungen exakt:

1 a ~ t) = a , - k (t) , a ~ t) = a ~ - - - - - - k (t)

mit t k (t) = 1 _ _1 t~-, t 2

t a=o t + 2 i

Die Unterschiede dieser k (t) im Vergleich z.B. zu den yon Heubeck [2] benutzten sind natiirlich gering.

3. Das I n v a r i a n z p r i n z i p fi ir A n w a r t s c h a f t s b a r w e r t e und de r R e c h e n a l g o r i t h m u s der , , R i c h t t a f e l n "

Die Bewertung des Sachverhalts, dab i.a. die Rentenzahlungen nicht unmittelbar ab Eintritt des auslSsenden Ereignisses beginnen, sondern mit dem Beginn des darauf- folgenden F/illigkeitszeitpunktes, hat, wie erw/ihnt, zum ersten Mal Heubeck in den ,,Richttafeln" [2] durchgefiihrt. Sein Ansatz ist einleuchtend: die Formel fiir einen An- wartschaftsbarwert der 1. Stufe, also bei einem 12bergang zu einer laufenden Rente, lautet:

, , ~ [ ~ ( t ) . ~ ( t ) "~ (~ = 3Z v k kP, q,+k V ~"x(u+k)+] -- ~x(u+k)+~J (7) k~O

Dabei bedeuten u das Alter des Berechtigten in der Ausgangsgesamtheit, x das Alter des Berechtigten in tier neuen Gesamtheit, q', die Ausscheidewahrscheinlichkeiten der Aus- gangsgesamtheit, a~~ der Barwert der Leistungen in der neuen Gesamtheit zur Jahres- mitte unter der Annahme, dab der Obergang genau in der Mitte des Jahres stattfindet und unmittelbar ab da Rentenzahlungen einsetzen und g~)+ ~ das Abzugsglied zur Beriick- sichtigung des Sachverhalts, dab die 1. Rentenrate erst zum Beginn des n/ichsten F/illig- keitszeitpunktes f~illig wird. Heubeck setzt nun an:

1 a ( t ) , _ i ~+~ _ ~ (a~) • ~(t) -~ und ,,(t)

" ~ x + 1)' 5X+~ ~ ~ - "

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Page 9: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

Bei diesen Ans/itzen handelt es sich offenbar um N~iherungen, so dab eine Abh/ingigkeit v o n d e r jeweils gew/ihlten unterj/ihrlichen Zahlungsweise bestehen bleibt: dieser Ansatz gehorcht dem Invarianzsatz nicht streng. Man erh/ilt jedoch mit diesem Ansatz die

o(o i und .(o ~ wie folgt ansetzt: Unabh/ingigkeit von der Zahlungsweise, wenn man ,,x+~ ~x+~

~(t) i a~t) + ~ I-, ~(t) -ldx "x+l (8)

-x+~ - 2v�89 �89

und

g(t) ~ 1 -- k(t)(1 + Vpx ) x + i - - 2 v�89 �89 (9)

G1. (8) erh/ilt man unter der Annahme der linearen Interpolation zwischen a~ t) und v p, -,§ 1 und der zus~itzlichen Annahme, dab der Zeitpunkt des Obergangs innerhalb des Jahres gleichverteilt ist (vgl. Aufgabe 4 der Priifung fiber Pensionsversicherungsmathe- matik 1986 [6]; vgl. auch G1. (8.5) in [7] Kapiel 4, der statt der linearen Interpolation zwischen a, und v px a,+ 1 die lineare Interpolation zwischen a, und p , ax+ 1 zugrunde liegt). Das Heubecksche Abzugsglied 1/2t stellt eine N/iherung von ,(t) i nach G1. (9) dar: es ~ b x + i

folgt aus GI. (9) mit den N/iherungen

k(t) = t - 1 und v�89 �89 = v�89 Px+�89 = 1. 2 t

Offensichtlich ist bei Ansatz von a~xt)+~ und g~x~ gem/iB Gin. (8) und (9) der Renten- anwartschaftsbarwert gem/iB GI. (7) v o n d e r Zahlungsweise unabh/ingig: Aus der aus den Gin. (8) und (9) folgenden Beziehung

! t 2W �89176189 - o (t) ~ x + � 8 9

erhalten wir

= a~ ) + v Px -x+~(t) 1 - - I + k (t) -I- V p~ k (t)

= a,, - k (t) + v Px ax + ~ - v Pk k(t) -- 1 + k (t) + v Px k(t)

= 2 v p , , a x+~ wegen a ~ = l + v p x a x +

a(t) ~ ,.,(t) ~ x x+~ -- ~x+~ = v 2 ~Px+~ ax+ 1

und G1. (7) wird fiir beliebige Zahlungsweisen t zu

(t)a'u E k , , = V k P u q u + k V ~ p x ( u + k ) + � 8 9 ,

k > 0

in Ubereinstimmung mit dem Invarianzsatz also unbh~ingig v o n d e r Zahlungsweise t. Setzt man in Obereinstimmung mit Gerber [7], Kapitel 7

= qx 1 - qx 1 ~Px 1 - ~ - und ~ P x + � 8 9 l - 2 q x

so erh~ilt man n~iherungsweise ffir G1. (8)

~(t) ~(t) , __ a(xt) + v P x ~ x + l

~ x + i - -

265

Page 10: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

und ffir G1. (9)

g(t) ~ 1 -- k(t)(1 + vpx ) x + i

0 Auch unter dieser N/iherung gilt der Invarianzsatz. Unter Ansatz des Rentenbarwertes zur Jahresmitte nach G1. (10) und eines Abzugs- gliedes nach G1. (11) 1/igt sich mithin der yon Heubeck eingef~hrte Rechenalgorithmus unter Wahrung des bewiesenen Invarianzprinzips beibehalten. Fiir einen Anwartschaftsbarwert h6herer Stufe yon der Form

k l~p P 1 {~ = E v ke~ %+k V~ a~'tu+k)+~

k_>O

bei dem a~ ') selbst ein Anwartschaftsbarwert ist, folgt die Unabh~ngigkeit von (')a'~ von der Zahlungsweise t unmittelbar aus der Unabhfingigkeit yon a~ t) von der Zahlungs- weise t.

Herrn Dr. Rainer von Chossy, Universit~it der Bundeswehr Mfinchen, danke ich herzlich f/Jr die kritische Durchsicht des Manuskripts und seine Diskussionsbeitr/ige.

LITERATUR

[1] Strohmeier, Herbert." Versicherungsmathematische Formelsammlung ffir die Praxis der Lebens- versicherung, 4. Auflage, Karlsruhe 1967.

[2] Heubeck, Klaus: Richttafeln (Textband), Kfln 1983. [3] Vgl. Aufgabe 4 der Prfifung fiber Pensionsversicherungsmathematik 1988, B1/itter DGVM

Bd. XIX (1989), S. 96f. [4] Neuburger, Edgar: Pensionsriickstellungen: M6gliche Ans~itze aus versicherungsmathemati-

scher Sicht, B1/itter DGVM Bd. XVIII (1988), S. 345 ff. [5] Neuburger, Edgar: Neuere Entwicklungen der Pensionsversicherungsmathematik, Mitteilungen

der Aktuarvereinigung (3sterreichs, Nov. 89, S. 59ff. [6] Vgl. Aufgabe 4 der Prfifung fiber Pensionsversicherungsmathematik 1986, Bl~itter DGVM

Bd. XVIII (1987), S. 103f. [7] Gerber, Hans U.: Lebensversicherungsmathematik, Berlin-Heidelberg 1986.

Zusammenfassung

Seit neuem wird in der Pensionsversicherungsmathematik der Sachverhalt beriicksichtigt, dab Witwen- und Invalidenrenten nicht sofort ab dem ausl6senden Ereignis zu laufen beginnen, sondern erst ab dem Beginn des folgenden Zahlungsabschnittes (determinierte F/illigkeit). In dieser Arbeit wird gezeigt, dab ganz generell Anwartschaftsbarwerte von Renten mit determinierter F/illigkeit nicht yon der Zahlungsweise abh/ingen, wenn sowohl der Zeitpunkt des die Rente ausl6senden Ereignisses als auch der Zeitpunkt des die Rente beendigenden Ereignisses innerhalb eines Jahres gleichverteilt sind. Als interessantes Nebenergebnis ergibt sich, dab unter diesen Voraussetzungen in Strenge ein von x unabh/ingiges k (t) ~ R existiert mit a~ ) = a~ - k (t), wobei k ~~ formelm~iBig exakt angegeben werden kann; hierbei bedeutet wie fiblich t die Anzahl der Rentenraten pro Jahr.

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Page 11: Unabhängigkeit von Rentenanwartschaftsbarwertén von der Zahlungsweise

Summary

Under most recent developments, actuarial valuations aim to reflect situations where disability and survivors' pensions are not paid immediately as of the date of the claim, but only as of the next following due date of the pension. The paper shows that the present values of such deferred titles do not depend on the frequency of pension payments provided that throughout the year there is an equal distribution of the dates of the claim and of the dates of the termination of pension payments. Under the given conditions, an interesting by-product is proven, conclusively and without recur- rence to approximations, namely the existence and the formula of k ~0 E Fx independent of x and only depending on t the number of pension instalments throughout the year which produces ~itt) = ak - k(t) for the present values of immediate annuities

- /i, due immediately with annual payments, and - fi~ due immediately with t instalments per year.

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