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Einleitung Als zentraler Venendruck (ZVD) wird der Druck in der oberen Hohlvene (V. cava superior) sowie im rechten Vorhof bezeichnet. Dieser entspricht annähernd dem Füllungsdruck des rechten Ventrikels. Der ZVD wird auf Intensivstationen in der Regel mit einem invasiven Messverfahren bestimmt. Wird der ZVD zur Beurtei- lung pathologischer Zustände herangezogen, muss bedacht werden, dass multiple Faktoren Einfluss auf ihn ausüben (z.B. Funktion des rechten Ventrikels, Flüssigkeitshaushalt, intrathorakale Druckverhältnisse und Venentonus) [1]. In den zurückliegenden Jahren wurde eine teils emotionale Diskussion über die Bedeutung des ZVD als Surrogatparameter der Vorlast oder zur Beurteilung der Volumenreagibilität geführt [2 4]. Diese Diskussion hat dazu geführt, dass der Parameter ZVD selbst unter Druck geraten ist und sein Image gelitten hat. Vorausgesetzt der ZVD wird korrekt bestimmt, kann man durch die Messung des ZVD bzw. die Beurteilung der Druckkurve jedoch auch heute noch relevante Informationen über den Patienten gewinnen, unabhängig von seiner Eignung als Para- meter der Volumenreagibilität. Die vorliegende Über- sichtsarbeit diskutiert anhand der aktuellen Evidenz den Stellenwert des ZVD in der Intensivmedizin. Die Bestimmung des zentralen Venendrucks Historische Entwicklung. Etwa 100 Jahre nach der Beschreibung des Blutkreislaufs durch den englischen Arzt William Harvey (1578 1657) und der Veröffent- lichung seines epochalen Werks De Motu Cordisim Jahr 1628 wurde erstmals über eine erfolgreiche Katheterisierung einer zentralen Vene berichtet. Der englische Geistliche Stephen Hales platzierte bei einem liegenden Pferd ein dünnes Metallröhrchen in der lin- ken Jugularvene und verband dieses mit einem auf- rechten Glasrohr. Mit dieser Versuchsanordnung konn- te Hales den Venendruck des Pferdes messen [5,6]. Die ersten zentralvenösen Kanülierungen beim Menschen wurden von Bleichröder im Jahr 1905 durchgeführt [7]. Vermehrtes Interesse jedoch erhielt seine Methode erst mit neuen medizinischen Erkenntnissen, die es not- wendig machten, Medikamente zentralvenös geben zu können. Pionier auf diesem Gebiet war der Deutsche Werner Forssmann, der zentralvenöse Katheter ab den 1920er-Jahren zuerst im Selbstversuch über die Fossa cubiti einführte und schon damals Röntgenstrahlen zur Lagekontrolle der Katheter verwendete. Für seine Arbeiten zur zentralvenösen Kanülierung wurde Forss- mann schließlich 1956 zusammen mit André Cournand und Dickinson Richards mit dem Nobelpreis für Medi- zin ausgezeichnet [6]. Intensivmedizin up2date 11 ê 2015 ê DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1392645 ê VNR 2760512015147125047 Allgemeine Prinzipien der Intensivmedizin Die Steuerung einer Volumentherapie einzig am zentralen Venendruck ist obsolet und wahr- scheinlich sogar schädlich. ZVD und zentrale Venenpulskurve liefern aber wichtige Informatio- nen. Nur zur ZVD-Messung sollte man jedoch keinen ZVK anlegen. Under pressure Der Stellenwert des zentralen Venendrucks in der modernen Intensivmedizin Michael Heßler, Philip-Helge Arnemann, Christian Ertmer 197 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Under pressure DerStellenwert des zentralen Venendrucks

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Einleitung

Als zentraler Venendruck (ZVD) wird der Druck in deroberen Hohlvene (V. cava superior) sowie im rechtenVorhof bezeichnet. Dieser entspricht annähernd demFüllungsdruck des rechten Ventrikels. Der ZVDwird aufIntensivstationen in der Regel mit einem invasivenMessverfahren bestimmt. Wird der ZVD zur Beurtei-lung pathologischer Zustände herangezogen, mussbedacht werden, dass multiple Faktoren Einfluss aufihn ausüben (z.B. Funktion des rechten Ventrikels,Flüssigkeitshaushalt, intrathorakale Druckverhältnisseund Venentonus) [1]. In den zurückliegenden Jahrenwurde eine teils emotionale Diskussion über dieBedeutung des ZVD als Surrogatparameter der Vorlastoder zur Beurteilung der Volumenreagibilität geführt[2–4]. Diese Diskussion hat dazu geführt, dass derParameter ZVD selbst unter Druck geraten ist und seinImage gelitten hat. Vorausgesetzt der ZVD wird korrektbestimmt, kann man durch die Messung des ZVD bzw.die Beurteilung der Druckkurve jedoch auch heutenoch relevante Informationen über den Patientengewinnen, unabhängig von seiner Eignung als Para-meter der Volumenreagibilität. Die vorliegende Über-sichtsarbeit diskutiert anhand der aktuellen Evidenzden Stellenwert des ZVD in der Intensivmedizin.

Die Bestimmung des zentralenVenendrucks

Historische Entwicklung. Etwa 100 Jahre nach derBeschreibung des Blutkreislaufs durch den englischenArzt William Harvey (1578–1657) und der Veröffent-lichung seines epochalen Werks „De Motu Cordis“ imJahr 1628 wurde erstmals über eine erfolgreicheKatheterisierung einer zentralen Vene berichtet. Derenglische Geistliche Stephen Hales platzierte bei einemliegenden Pferd ein dünnes Metallröhrchen in der lin-ken Jugularvene und verband dieses mit einem auf-rechten Glasrohr. Mit dieser Versuchsanordnung konn-te Hales den Venendruck des Pferdes messen [5,6]. Dieersten zentralvenösen Kanülierungen beim Menschenwurden von Bleichröder im Jahr 1905 durchgeführt [7].Vermehrtes Interesse jedoch erhielt seine Methode erstmit neuen medizinischen Erkenntnissen, die es not-wendig machten, Medikamente zentralvenös geben zukönnen. Pionier auf diesem Gebiet war der DeutscheWerner Forssmann, der zentralvenöse Katheter ab den1920er-Jahren zuerst im Selbstversuch über die Fossacubiti einführte und schon damals Röntgenstrahlenzur Lagekontrolle der Katheter verwendete. Für seineArbeiten zur zentralvenösen Kanülierung wurde Forss-mann schließlich 1956 zusammenmit André Cournandund Dickinson Richards mit dem Nobelpreis für Medi-zin ausgezeichnet [6].

Intensivmedizin up2date 11 ê2015 êDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1392645 êVNR 2760512015147125047

Allgemeine Prinzipien der Intensivmedizin

Die Steuerung einer Volumentherapie einzig am zentralen Venendruck ist obsolet und wahr-scheinlich sogar schädlich. ZVD und zentrale Venenpulskurve liefern aber wichtige Informatio-nen. Nur zur ZVD-Messung sollte man jedoch keinen ZVK anlegen.

Under pressure – Der Stellenwert des zentralenVenendrucks in der modernen Intensivmedizin

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Zugangswege. In der Regel wird der ZVD invasiv übereinen zentralvenösen Katheter (ZVK) bestimmt. ZurBestimmung des ZVD sollte die Spitze des ZVK amÜbergang der V. cava superior zum rechten Vorhof, inder V. cava superior oder im hohen rechten Vorhof (mitausreichendem Abstand zur Trikuspidalklappe) plat-ziert werden [1]. Hier befindet sich der hydrostatischeNullpunkt, auf den sich die Druckmessung bezieht (s.u.).ZVK können über verschiedene Venen zur Messungdes ZVD eingebracht werden (u.a. über die V. axillaris,V. subclavia, V. femoralis oder die V. brachialis).

Der Zugangsweg über die rechte V. jugularis interna,beschrieben von English et al. im Jahr 1969 [8], wird inder Klinik häufig verwendet, da der Katheter durch denfast geraden, klappenlosen Weg zum Herzen meisterfolgreich positioniert werden kann (über 90% beiErwachsenen und Kindern) und der Punktionsort amHals den Zugriff auf den Katheter erleichtert [1]. DieMehrzahl zentralvenöser Kanülierungen wird in Sel-dinger-Technik durchgeführt [9,10]. Liegen relativeKontraindikationen zur Punktion der V. jugularisinterna einer Seite vor, kann man erwägen, das Gefäßder Gegenseite zu punktieren. Dabei muss man jedochbedenken, dass bei Punktion der V. jugularis internasinistra durch die schräge Einmündung der V. brachio-cephalica sinistra in die V. cava superior die Gefäßwandleichter perforiert werden kann. Eine Punktion der lin-ken V. jugularis kann zudem bei proximaler Punktionzur Verletzung des Ductus thoracicus führen [1].Zunehmendwerden im klinischen Alltag zentralvenöseZugänge sonografisch gesteuert gelegt.

Im Vergleich zur Landmarken-Methode ist die

sonografische Methode häufiger erfolgreich, ent-

wickelt weniger Komplikationen und gelingt öfter

beim ersten Punktionsversuch [11, 12].

Lagekontrolle. Nach dem Einbringen eines ZVK isteine Lagekontrolle notwendig, wozu man meist eineAbleitung eines EKG über den Katheter (Alphacard-Methode) [13], ein Thoraxröntgenbild oder eine trans-thorakale Echokardiografie heranzieht [14]. Eine kor-rekte Platzierung ist Voraussetzung für valide ZVD-Messwerte; mit einer Thoraxübersichtsaufnahme oderder transthorakalen Echokardiografie kann mangleichzeitig auch einige Komplikationen ausschließen.

Messprinzip. Auch heute noch wird das Grundprinzipangewendet, welches schon Hales zur Bestimmung desVenendrucks nutzte. Der Messung des ZVD liegt dabeidas Prinzip der kommunizierenden Röhren zugrunde:Dabei wird ein in der V. cava superior platzierter

Katheter mit einem bettseitig angebrachten, wasser-gefüllten Rohr verbunden, das zur Atmosphäre hingeöffnet ist. Der Wasserpegel in dem Glasrohr nimmtso weit ab, bis der in der V. cava superior herrschendeDruck dem hydrostatischen Druck der Wassersäuleentspricht. An einer Skala kann man nun den Venen-druck ablesen, der folglich in Zentimeter Wassersäule(cmH2O) gemessen wird [15].

Heute führt man die hydrostatische Messung des ZVDin der Regel über einen Drucksensor (Transducer)durch, der über einen Schlauch mit einem zentralenVenenkatheter verbunden ist. Kalibriert und dargestelltwird das Signal des Drucksensors über einen Monitor.Der ZVD wird heute – dem arteriellen Blutdruck ange-passt – gewöhnlich in Millimeter Quecksilbersäule(mmHg) angegeben.

Praktischer Messvorgang. Der erste Schritt zur Mes-sung des ZVD nach dem Anschluss des gespültenMesssystems ist der „Nullabgleich“ gegen den atmo-sphärischen Druck durch Öffnen eines Dreiwegehahnsin der Nähe des Drucksensors. Um reproduzierbareMessergebnisse zu erhalten, ist es wichtig, dass derDrucksensor auf Höhe einer horizontalen Ebene durchdie Trikuspidalklappe angebracht ist [15]. Guyton et al.zeigten, dass an diesem Punkt der Druck im Venensys-temweitgehend konstant und relativ unabhängig vonder Körperlage ist [16]. Durch Anbringen des Druck-sensors auf dieser Höhe kann der Einfluss des hydro-statischen Drucks auf die Messergebnisse minimiertwerden. Um diesen „Nullpunkt“ in der Klinik nähe-rungsweise einzustellen, sollte der Drucksensor unge-fähr auf Höhe von vier Fünfteln des Thoraxdurchmes-sers (gemessen von der Rückseite des Patienten) inRückenlage angebracht werden [17]. Je nach klinischerSituation muss man bedenken, dass nicht jeder Patientzur Bestimmung des Referenzpunkts und zur Messungdes ZVD in Rückenlage gebracht werden kann. In jedemFall wird ein zu hoch angebrachter Drucksensor falschniedrige ZVD-Werte messen, während ein in Bezug aufden Nullpunkt zu niedrig angebrachter Drucksensor zufalsch hohen Messwerten führt. Das Messergebnisändert sich pro Zentimeter Abweichung vom Null-punkt um ungefähr ± 0,75mmHg (1 cmH2O).

Wichtig ist, dass bei Änderungen der Patienten-

position auch die Höhe des Drucksensors verändert

wird.

Obwohl eine falsche Einstellung der Position desDrucksensors entscheidenden Einfluss auf den Wertdes ZVD hat, wird diese in der Klinik häufig falsch

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gewählt [18,19]. Selbst die Benutzung eines Linien-lasers zur Identifizierung anatomischer Landmarkenkonnte die Variation der Position des Drucksensorsnicht signifikant vermindern. Unter Umständen sindeine klinikweite Standardisierung und Mitarbeiter-schulungen eine Möglichkeit, diese Variation zu mini-mieren [19].

Einfluss des intrathorakalen Drucks. Für eine korrekteMessung des ZVD müssen die Druckschwankungen imThorax während eines Atemzyklus unter Spontan-atmung beachtet werden. Der vom Drucksensorgemessene Druckwert wird beeinflusst von der trans-muralen Druckdifferenz (Ptransmural) in der oberenHohlvene. Ptransmural ist die Differenz zwischen intra-und extravasalem Druck (d.h. Differenz zwischen ZVDund intrathorakalem Druck Pintrathorakal) [20]. Währendder Inspiration sinkt Pintrathorakal, erst endexspiratorischnähert sich Pintrathorakal dem atmosphärischen Druck an,gegen den der Drucksensor abgeglichen ist. Endexspi-ratorisch entspricht daher Ptransmural weitgehend demZVD. Den ZVD muss man daher endexspiratorischbestimmen [21]. Dies ist auch der Grund, warum derauf Monitoren meist angezeigte mittlere ZVD formalgesehen nicht korrekt ist [15]. Ist der Patient beatmetund wird ein positiver endexspiratorischer Druck(PEEP) verwendet oder erzeugt der Patient im Zugeeiner Bronchialobstruktion einen „Auto-PEEP“, kannder ZVD aufgrund der Steigerung des intrathorakalenDrucks überschätzt werden. Bei niedrigem PEEP kanndieser Effekt häufig vernachlässigt werden [21].

Die Messung des ZVD mit einemwassergefüllten Rohrzeigt ebenfalls atemsynchrone Schwankungen derWassersäule infolge der intrathorakalen Druckände-rungen. Aufgrund der Trägheit der Wassersäule kannder endexspiratorische ZVD jedoch nicht korrekt abge-lesen werden. Beim spontan atmenden Patienten sollteman den ZVD während der Systole ablesen. Unter Beat-mung entspricht der diastolische endexspiratorischeWert dem ZVD – aufgrund der Modulation durch dieintrathorakalen Druckschwankungen.

In der Literatur wird der Normwert des ZVD mit

4–16 cmH2O (3–12mmHg), bzw. in SI-Einheiten

0,4–1,6 kPa angegeben (Umrechnungsfaktoren:

1mmHg=ca. 1,36 cmH2O; 1mmHg=ca. 0,13 kPa)

[15].

Derzeitiger Goldstandard zur Bestimmung des ZVD istdie invasive Messung über einen ZVK im oberen Hohl-venensystem, welche ohne größeren Aufwand auch diewiederholte oder kontinuierliche Messung ermöglicht.

Intensivmedizinische Patienten haben etwa in derHälfte der Fälle einen ZVK [22]. Der ZVK dient zurApplikation von Medikamenten, zur Unterstützungder hämodynamischen Überwachung mit Messungder zentralvenösen Sauerstoffsättigung und darüberhinaus als sicherer Zugang bei schlechtem Zustandder peripheren Venen.

Nicht invasive Messmethoden. Kürzlich wurden in derLiteratur vermehrt nicht invasive Methoden zurAbschätzung des ZVD beschrieben, da das Anlegeneines ZVK mit Risiken und Komplikationen verbundenist. Nicht invasive Methoden zur Abschätzung des ZVDwährend der körperlichen Untersuchung sind u.a. dieBestimmung des Jugularvenendrucks, der „Peripheral-venous-collapse“-Test sowie die sonografische Darstel-lung der V. cava inferior [23]. Wie viele klinischeUntersuchungsmethoden ist das Ergebnis interperso-nellen Schwankungen zwischen den Untersuchernunterworfen, welche auf Erfahrungen und Fertigkeitenberuhen, und es hängt von der körperlichen Konstitu-tion des Patienten ab. Beispielsweise kann eine starkeAdipositas die nicht invasive Abschätzung des ZVDunmöglich machen [23,24]. Trotz ihrer methodologi-schen Einschränkungen können nicht invasive Metho-den u.a. in Notfallsituationen oder Ambulanzen hilf-reich sein zur schnellen Abschätzung des ZVD [24].Auch bei Neugeborenen, bei denen die zentralvenösePunktion manchmal schwierig ist oder vermiedenwerden soll, können nicht invasive sonografischeMessverfahren nützlich sein [25].

Fehlerquellen bei der ZVD-Messung. Bei kaum einemanderen klinischen Parameter ist die korrekte Bestim-mung so entscheidend für ein validesMessergebnis wiebeim ZVD. Ein Unterschied im systolischen Blutdruckvon ± 10mmHg (durch ungenaue Messmethodik) wirdin vielen Fällen zu vernachlässigen sein, während einsolcher Unterschied bei der Messung des ZVD gravie-rende Bedeutung hat.

Den ZVD muss man, v. a. bei plötzlichen Änderun-

gen, zwingend unter Kenntnis möglicher Fehler-

quellen und im klinischen Kontext des Patienten

bewerten.

Häufige Fehlerquellen bei der ZVD-Messung sind inTab.1 aufgeführt.

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Von der Physiologie zurEntwicklung von pathophysio-logischen Konzepten

Venenpulskurve

Wird der ZVD über die Zeit auf einem Monitor aufge-zeichnet, erkennt man atmungsabhängige Schwan-kungen durch intrathorakale Druckänderungen. Darü-ber hinaus beeinflusst auch die Pulsation des Herzensden ZVD. Die Veränderung über die Zeit spiegelt dieVenenpulskurve wider. Der physiologische Verlauf derzentralen Venenpulskurve ist typischerweise durchWellen und Senken gekennzeichnet (Abb.1).

Die erste Welle (a-Welle) der Venenpulskurve wirddurch die Kontraktion des rechten Vorhofs ausgelöstund folgt der P-Welle im EKG. Während der Kontrak-tion des rechten Ventrikels wölbt sich die Trikuspidal-klappe in den rechten Vorhof. Diese Drucksteigerungwird als c-Welle bezeichnet. Im klinischen Alltag ist diec-Welle oft nur schwer zu identifizieren. Die auffälligex-Senke folgt aus der Verschiebung der Ventilebene zurHerzspitze in der Austreibungsphase des Herzzyklus.Die v-Welle der Venenpulskurve ergibt sich aus derpassiven Füllung des Vorhofs während der späten Sys-tole und frühen Diastole mit Entspannung des Ventri-kels, während die Segel der Trikuspidalklappe nochgeschlossen sind (isovolumetrische Relaxation), underscheint synchron mit der T-Welle. Dem Öffnen derTrikuspidalklappe und der Füllung des rechten Ventri-kels entspricht die charakteristische Druckabnahmenach der v-Welle, welche als y-Senke bezeichnet wird[20,26,27]. Ein abweichender Verlauf der Venenpuls-kurve kann durch verschiedene pathologische Ursa-chen bedingt sein (Abb.3). Jedoch können auch Fehl-lagen des ZVK zur Abweichung von der typischenVenenpulskurve führen: Ein Wandkontakt der ZVK-Spitze kann zu einem charakteristischen Treppenmus-ter der zentralen Venenpulskurve führen [15].

Einflussfaktoren auf den ZVD

Der ZVD wird von vielen Faktoren beeinflusst, so etwadurch den transmuralen Druck im Thorax (u.a. intra-thorakaler Druck und PEEP), die Compliance derGefäße, den Gefäßwiderstand, das Blutvolumen sowiedie Pumpfunktion des Herzens [18]. Kreislaufphysiolo-gische Modelle helfen zu erklären, welchen Einflusseinzelne Variablen auf den ZVD ausüben.

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EKG

Zentrale Venenpulskurve

Abb.1 Zentrale Venenpulskurve (mod. nach [20, 26]). Die Abbildung zeigt schematischdie vom Herzzyklus abhängigen Schwankungen der zentralen Venenpulskurve. Zur Orien-tierung am zeitlichen Ablauf ist unterhalb der Venenpulskurve ein EKG skizziert. DieDruckschwankungen der Venenpulskurve lassen sich folgenden Vorgängen zuordnen:a Kontraktion des rechten Vorhofsc Kontraktion des rechten Ventrikels mit Vorwölbung der Trikuspidalklappe in den rechtenVorhof

x Druckabnahme durch Verschiebung der Ventilebenev passive Füllung des rechten Vorhofs bei geschlossener Trikuspidalklappey Bluteinstrom in den Ventrikel

Tabelle 1

Fehlermöglichkeiten bei der Bestimmung des zentralen Venendrucks

(mod. nach [15]).

Fehlerquelle Mögliche Ursachen

Nullpunkt █ kein Referenzpunkt festgelegt█ Drucksensor nicht gegen Nullpunkt abgeglichen█ Drucksensor zu hoch oder zu tief█ Positionsveränderung des Patienten gegenüber demDrucksensor

Katheter █ Drucksensorsystem und Katheter nicht durchgespült█ intravasale Fehllage (Katheter nicht in V. cava superioroder im rechten Vorhof)

█ Wandkontakt█ extravasale Fehllage

Druckerhöhung imThorax

█ mechanische Beatmung█ Pneumothorax█ Pressen oder Husten beim Messvorgang█ starke Kräfte bei Spontanatmung (z. B. Asthma, inspi-ratorische Obstruktion)

technische Ursachen █ Luft im Messsystem█ Messabweichung des Drucksensors█ Kompression (Abknicken) eines Druckschlauchs desMesssystems

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Elastizität und Kapazität des venösen Systems. Gauerbeschreibt, in Anlehnung an das Kreislaufmodell vonWeber, den Kreislauf als ein System kommunizierenderelastischer Röhren. Bei Kreislaufstillstand herrscht inallen Gefäßabschnitten der „statische“ Blutdruck. Die-ser hängt einerseits ab vom Blutvolumen, andererseitsvon der Volumenelastizität des Gefäßsystems. MitBeginn der Pumpfunktion des Herzens steigt der Blut-druck auf arterieller Seite, während im venösen Systemder Blutdruck sinkt, bis sich ein Gleichgewicht zwi-schen Blutzustrom und Abstrom im arteriellen Systemeingestellt hat. Angenommen, beide Kompartimentedes Gefäßsystems weisen die gleiche Volumenelastizi-tät auf, so würde der Blutdruck um den gleichen Betragsinken, wie der Druck im arteriellen System erhöhtwürde. In der Tat weist das venöse System eine unge-fähr 200-mal größere Volumenelastizität als das arte-rielle System auf und enthält etwa 85% des Blutvolu-mens (daher auch Kapazitätssystem genannt). DieDruckänderung fällt daher im venösen Systemwesent-lich geringer aus als im arteriellen System. Der ZVD desaktiven Kreislaufs unterscheidet sich daher vom stati-schen Druck nur unwesentlich – im Vergleich zur Dif-ferenz zwischen arteriellem und statischemDruck [28].

Der Vergleich des Gefäßsystems mit einem elastischenGefäß trifft zu, solange die Weitbarkeit (Kapazität)des Gefäßsystems und die Herzfunktion konstant blei-ben. Blutverlust oder Transfusion bewirken dann einSinken oder Steigen des ZVD. Gauer selbst wies diesenZusammenhang für moderate Volumenänderungennach (Hämorrhagie 6,5ml/kgKG und [Re-]Transfusion8,1ml/kgKG) [29]. Zu dieser nach Gauer „exaktenBeziehung“ bemerkt er selbst, dass diese nur gilt, wennsich die glatten Gefäßmuskelzellen der kapazitivenGefäße weder aktiv reflektorisch kontrahieren nochentspannen. Änderungen von ± 10–15% des Blutvolu-mens würden so nicht zu einer Änderung der poten-ziellen Kapazität des Kreislaufsystems führen [28].Experimentell zeigte Gauer jedoch, dass die Volumen-elastizität des Gefäßsystems z.B. durch Vasopressoren(Noradrenalin) beeinflusst werden kann [30]. Dies istein Grund dafür, warum unter Stress der venöse Druckkeine lineare Funktion des entnommenen Volumensdarstellt [29].

Mittlerer Füllungsdruck. Im anglo-amerikanischenSprachraum prägte v.a. Arthur Guyton das Verständnisvom Blutkreislauf. Abweichend vom kardiozentrischen

Kreislaufmodell Starlings, welches das Herz als trei-bende Kraft im Blutkreislauf ansieht [31], formulierteGuyton ab den 1950er-Jahren sein Modell des Kreis-laufs, welches sich auf den venösen Rückstrom zum

Herzen konzentriert [32, 33]. Analog zum Begriff desstatischen Blutdrucks führt Guyton den Begriff desmittleren Füllungsdrucks des Kreislaufs ein („mean cir-culatory filling pressure“, Pms), der dem ausgeglichenenDruck im Gefäßsystem bei Kreislaufstillstand ent-spricht. Pms wird aufgebaut aus denWechselwirkungenvon (elastischen) Gefäßwänden und dem Blutvolumen.Treibende Kraft für den venösen Rückstrom ist nachGuytons Modell der Pms, dem der Druck im rechtenVorhof entgegensteht oder anders: Der venöse Rück-strom zum Herzen ist abhängig vom Gradientenzwischen Pms und dem Druck im rechten Vorhof (d.h.dem ZVD). Neben dem ZVD wirkt zusätzlich derGefäßwiderstand dem venösen Rückstrom entgegen(Abb.4). Der Zusammenhang zwischen Pms, ZVD undGefäßwiderstand kann in Analogie zum Ohm-Gesetzgeschrieben werden als:

Guytons Kreislaufmodell wird von vielen Autorenakzeptiert [33–37], allerdings ist seine Theorie nichtunumstritten [38, 39]. Im Zusammenhang mit GuytonsKreislaufmodell wird häufig angenommen, dass dervenöse Rückstrom das Herzzeitvolumen kontrolliert.Wichtig ist, dass im intakten Kreislauf der venöseRückstrom dem Herzzeitvolumen entsprechen muss.Änderungen können daher immer nur vorübergehen-der Natur sein (Frank-Starling-Mechanismus), bis sichein neues Fließgleichgewicht eingestellt hat (Abb.4)[40].

Intrathorakale Druckschwankungen. Die folgendenFaktoren beeinflussen den ZVD klinisch relevant.Druckschwankungen im Thorax während der(Be-)Atmung üben einen fortwährenden Einfluss aufden ZVD aus, typischerweise erkennbar an den Undu-lationen der zentralen Venenpulskurve auf einemMonitor. Unter spontaner Inspiration sinkt beispiels-weise der intrathorakale Druck, während der intra-abdominale Druck ansteigt. Der vergrößerte Druckgra-dient zwischen abdominalen und zentralen Venenunterstützt den Blutrückstrom zum Herzen. Die Ver-änderung der intrathorakalen Drücke sorgt dafür, dassman den ZVD endexspiratorisch bestimmen sollte(s.o.).

Blutvolumen und Venentonus. In einem bestimmtenBereich reagiert der ZVD auch auf eine Zu- oderAbnahme des Blutvolumens (s.o.). Zur Abnahme desZVD führt u.a. eine Hämorrhagie oder Dehydratation.Auf der anderen Seite lässt eine Transfusion oder

venöser Rückstrom =Pms − ZVD

Gefäßwiderstand

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Volumensubstitution den ZVD steigen. Dabei ist dieÄnderung des ZVD in beide Richtungen nur solangeerkennbar, bis eine kompensatorische Venodilatationoder Venokonstriktion einsetzt [40].

Ein normwertiger ZVD bedeutet keinesfalls, dass

eine Normovolämie vorliegt.

Eine Mobilisierung von Blut durch Venokonstriktionu.a. aus venösen Kapazitätsgefäßen des Splanchnikus-gebiets kann dazu führen, dass relevante Blutverlusteohne eine Reduktion des ZVD einhergehen [41].Anderseits kann ein normwertiger ZVD auch bei einerkompensierten Hypervolämie auftreten, wenn Blutdurch eine Vasodilatation im venösen Kapazitätssys-tem akkumuliert [35]. Des Weiteren kann bei ortho-statisch bedingter Venodilatation ein deutlich ernied-rigter ZVD trotz normalem Blutvolumen auftreten.Diese Beispiele verdeutlichen, welchen bedeutendenEinfluss der Venentonus auf den ZVD ausübt.

Herzfunktion. Auch die Funktion des Herzens als eineDruck-Saug-Pumpe beeinflusst den ZVD, wenn Blutwährend der Diastole infolge einer Verschiebung derVentilebene in den rechten Ventrikel gesaugt wird

(Abb.1). Wie oben erläutert, führt die Pumpfunktiondes Herzens darüber hinaus zum Anstieg des Drucks imarteriellen System, während im venösen System derDruck (also der ZVD) sinkt [40].

Zusammengefasst sind die multiplen Einflussfaktorender Grund dafür, dass die exakte Ursache einer ZVD-Veränderung im Einzelfall bettseitig oft nur schwer zudifferenzieren ist. In Tab.2 sind mögliche Ursachenfür eine Steigerung oder Senkung des ZVD aufgeführt,Abb.2 stellt die beeinflussenden Faktoren des ZVDgrafisch dar.

Der ZVD in der modernenIntensivmedizin: Immer nochein treuer Freund oder längstüberholt?

Die Bedeutung des ZVD im intensivmedizinischen All-tag lässt sich in 4 Bereiche gliedern:█ Beurteilung des Volumenstatus█ Marker einer Rechtsherzbelastung oder Herzinsuffi-zienz

█ Analyse der zentralen Venenpulskurve█ Indikator von Komplikationen und Prädiktor desOutcomes

Evidenz zur Beurteilung des Volumenstatus

Zweifelsohne ist der ZVD beim intensivmedizinischenPatienten ein relativ leicht zu erhebender Parameterund dementsprechend elegant erscheint die Steuerungder Flüssigkeitstherapie anhand des ZVD. Internatio-nale Empfehlungen zur Volumentherapie – u.a. dieSurviving Sepsis Campaign (SSC) – empfehlen dies bisheute bei schwerstkranken Patienten [42]. Was jedochaugenscheinlich eine direkte Stellgröße der kardialenVorlast zu sein scheint, entpuppt sich bei genauerBetrachtung als Effekt multipler Einflussgrößen ineinem komplexen physiologischen System.

Allgemein dient eine Flüssigkeitstherapie der Optimie-rung der Vorlast mit dem Ziel, das Herzzeitvolumen zusteigern. Die Vorlast ist dabei definiert als die enddia-stolische Dehnung der myokardialen Sarkomere infolgeder Ventrikelfüllung–zusammen mit der Nachlast undKontraktionsfähigkeit des Herzens ist sie eine Deter-minate des Herzzeitvolumens [43].

Abb.2 Beeinflus-sung des zentralenVenendrucks (Erläu-terungen sieheText). Pms: mittlererFüllungsdruck desKreislaufs; VR:venöser Rückflusszum Herzen; ZVD:zentraler Venen-druck.

Hypovolämie

VR

Hypervolämie

Pumpfunktion des Herzens

pulmonal-arteriellerWiderstand

Druckänderungen im Thorax,Perikard oder Abdomen

inspiratorischeSauerstoff-konzentration

neurohumorale Effekte oder Medikamente

Veno-konstriktion

Veno-dilatation

Pms

venöser Gefäßwiderstand

VR

ZVDPms

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Tabelle 2

Einflussfaktoren auf den zentralen Venendruck (mod. nach [15, 35]).

Gründe für eine Steigerung des ZVD

Hypervolämie █ z. B. Volumentherapie, Transfusion

Venokonstriktion █ vegetative Regulation (Steigerung des Sympathikotonus)

█ infolge von Medikamenteneffekten (z. B. Vasopressoren)

primäre Störung der kardialen Pumpfunktion █ Klappenvitien (z. B. Trikuspidalinsuffizienz)

█ Herzinsuffizienz (sowohl rechtsbetont als auch global)

█ Arrhythmien

█ Myokardischämie

Steigerung des pulmonalarteriellen Widerstands █ Lungenembolie

█ hypoxische Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus)

█ kontrollierte Beatmung

Druckerhöhung im Thorax oder Abdomen █ kontrollierte Beatmung (v. a. mit positivem endexspiratorischem Druck)

█ forcierte Exspiration/Auto-PEEP

█ Perikardtamponade

█ Pneumothorax

█ Spannungspneumothorax

█ Trendelenburg-Lagerung

Gründe für eine Erniedrigung des ZVD

ausgeprägte Hypovolämie █ Diabetes insipidus

█ Blutverlust, hypovolämischer Schock

█ Dehydratation

█ starkes Erbrechen

Venodilatation █ vegetative Regulation (z. B. Reduktion des Sympathikotonus)

█ infolge von Medikamenteneffekte (z. B. Vasodilatatoren)

Medikamentenwirkung █ u. a. Inotropika, Inodilatatoren, Diuretika

Druckabnahme im Thorax oder Abdomen(negativer Druck führt teils zum Kollaps der großen Venen)

█ forcierte Inspiration█ inspiratorischer Stridor

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Füllungsdrücke und Füllungsvolumina. Die Füllungs-drücke des rechten Ventrikels, näherungsweisebestimmbar über den ZVD, korrelieren aufgrund derhohen Variabilität in der Compliance der Ventrikeljedoch nur unzureichend mit der enddiastolischenFüllung des Ventrikels oder dem Dehnungszustand desMyokards [3, 44]. Darüber hinaus wird der Druck imrechten Vorhof, also der ZVD, von einer Vielzahl anFaktoren beeinflusst. Dies bedeutet, anhand des ZVDals statischem Vorlastparameter kann man nichtabschätzen, auf welchem Niveau der Frank-Starling-Kurve (Zusammenhang zwischen enddiastolischerFüllung und Auswurfleistung des Herzens) sich derPatient hämodynamisch befindet. Übrigens wäre diesauch durch eine exakte Punktschätzung der aktuellenVorlast nicht möglich, da die Frank-Starling-Kurve fürjeden Patienten individuell unterschiedlich sein kann.Abb.4 zeigt schematisch das Verhalten von Herzzeit-volumen und ZVD: Gleiche Werte des ZVD können beiunterschiedlichem Herzzeitvolumen gemessen wer-den. Dem ZVD ist es alsMomentaufnahme nicht mög-lich, eine Auskunft über diesen Zusammenhang zugeben.

Klinische Beobachtungen stützen diese Erkenntnis:Weder führen relevante Blutverluste zwingend zueiner Veränderung des ZVD [41] noch korreliert dasBlutvolumen im Körper mit dem ZVD [4]. Kein Zusam-menhang zwischen ZVD (bzw. dessen Änderung) undder Volumenreagibilität wurde gefunden [4]. Der Volu-menstatus beim septischen Patienten korreliert eben-falls nur unzureichend mit dem ZVD [45–47].

Beruhend auf dem Zusammenhang zwischen enddia-stolischer Füllung und Auswurfleistung des Herzensscheinen messbare Füllungsvolumina den Füllungs-drücken bei der Beurteilung der Vorlast überlegen zusein [45,47,48]. Beispielsweise korreliert das mit Ther-modilution ermittelte globale enddiastolische Volumen

(das Blutvolumen in allen 4 Herzhöhlen zum Zeitpunktder Enddiastole) bei Patienten im septischen Schockbesser mit dem Schlagvolumen als der ZVD [47]. Wiefür die Füllungsdrücke gilt jedoch auch für die stati-

schen Füllungsvolumina, dass auch sie nicht zufrieden-stellend abschätzen lassen, auf welchem Niveau derFrank-Starling-Kurve der Ventrikel gerade pumpt[49, 50]. So ist die Pumpfunktion des Herzens abhängigvon der Vorlast – unklar ist allerdings, bei welcher Vor-last der Ventrikel „optimal“ gefüllt ist. Offensichtlichsind dynamische Parameter der Volumenreagibilität(z.B. Schlagvolumenvariation) hier den statischen

Parametern überlegen [51].

„Early goal-directed therapy“. Die 2012 von der SSCveröffentlichten Leitlinien zur Therapie der Sepsisempfehlen auch heute noch den Gebrauch des ZVD alsZielparameter einer Volumentherapie bei schwererSepsis und septischem Schock [42]. Die Empfehlung isteiner randomisierten, kontrollierten Single-Center-Studie entnommen, die 2001 von Rivers et al. vorge-stellt wurde. Das Studienprotokoll dieser „early goal-directed therapy“, welches in der Interventionsgruppeeinen ZVD von 8–12mmHg, einen mittleren arteriel-len Druck von 65–90mmHg und eine zentralvenöseSauerstoffsättigung von mindestens 70% anstrebte,führte zu einer absoluten Reduktion der 28-Tage-Mor-talität von 15,9% [52].

Die aus der „early goal-directed therapy“ in die Emp-fehlungen der SSC übernommenenTherapieziele sindjedoch nicht unumstritten. Jüngst konnten 2 randomi-sierte, multizentrische Studien (ARISE und ProCESS)den positiven Effekt bei Patienten im septischen Schocknicht bestätigen [53,54]. Im Vergleich zur Rivers-Studieähnelten sich die Flüssigkeitstherapien im Studien- undKontrollarmvon ARISE und ProCESS jedoch. Insgesamtwardie Flüssigkeitstherapie restriktiver undder Einsatzvon Vasopressoren frühzeitiger, wasmutmaßlich zueinem – im Vergleich zur Rivers-Studie – verbessertenOutcome in allenTherapiegruppenbeigetragenhat [55].

Bei Patienten mit septischem Schock erreichte einerandomisierte klinische Studie die geringste Mortalitätbei Patienten mit den niedrigsten ZVD-Werten (unter8mmHg). Die höchste Sterblichkeit hatten Patientenmit einem ZVD von über 12mmHg [56].

Eine am ZVD orientierte Volumentherapie ist bei

der Sepsis oft mit einer Flüssigkeitsakkumulation

verbunden. Dies ist ein hochsignifikanter Prädiktor

der Mortalität und Organschädigung beim kritisch

Kranken [56].

Akute Nierenschädigung. Legrand et al. fanden einelineare Korrelation zwischen der Höhe des ZVD und derWahrscheinlichkeit eines akuten Nierenversagens beiPatienten mit schwerer Sepsis. Die Assoziation bliebauch nach multivariater Adjustierung signifikant(OR=1,22 [1,08–1,39] pro 1mmHg ZVD, p=0,002). ImBereich 8–12mmHg lag das Risiko einer akuten Nie-renschädigung bei ca. 50%, fiel bei Werten daruntersteil ab und stieg bei Werten darüber steil an [79]. MitdiesemWissen erscheint es fragwürdig, bei kritischkranken Patienten per Protokoll einen hohen Wert füreine Variable aktiv anzustreben, die bei hohen Wertenmit Komplikationen assoziiert ist.

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In der deutschen S3-Leitlinie zur Volumentherapie

wird von der Verwendung des ZVD zur Steuerung

einer Volumentherapie abgeraten [57].

ZVD zur Beurteilung des Volumenstatus.Welche Rück-schlüsse können aus dem ZVD zur Beurteilung desVolumenstatus gezogen werden? Stéphan et al. ver-suchten anhand eines klinischen Scoring-Systems diezirkulierende Blutmenge bei Intensivpatienten zubeurteilen [58]. Zum Vergleich wurde die zirkulierendeBlutmenge durch Injektion von mit 125I radioaktivmarkiertem Humanalbumin bestimmt. Keines deruntersuchten klinischen Zeichen und keine der hämo-dynamischen Variablen hatte einzeln betrachtet einenklinisch nützlichen prädiktiven Wert zur Beurteilungder zirkulierenden Blutmenge. Ein komplexes, multi-variates Scoring-Systemwar in dem untersuchtenPatientenkollektiv nützlich, die zirkulierende Blut-menge einzuschätzen. Aus den Studienergebnissen fol-gerten die Autoren imHinblick auf den ZVD, dass dieserallenfalls bei extremenWerten eine klinische Relevanzzur Beurteilung der zirkulierenden Blutmenge hat [58].Es bleibt also für die klinische Praxis, dass beispiels-weise der klinische Verdacht auf eine dekompensierteHypovolämie durch einen extrem niedrigen ZVDgestützt wird, während der Verdacht auf eine Peri-kardtamponade durch sehr hohe ZVD-Werte erhärtetwird. Im häufigen intermediären Bereich hilft uns derZVD hier nicht.

Analyse der zentralen Venenpulskurve

Durch eine kontinuierliche Bestimmung des ZVD überdie Zeit können auf einemMonitor die vom Herzzyklusabhängigen Veränderungen der zentralen Venenpuls-kurve aufgezeichnet werden. Der Füllungsdruck desrechten Ventrikels wird vereinfacht aus dem zeitlichenMittelwert der zentralen Venenpulskurve bestimmt.Charakteristische Veränderungen der zentralenVenenpulskurve lassen diagnostische Rückschlüsse zu.Eine Auswahl pathologischer Veränderungen der zen-tralen Venenpulskurve zeigt Abb.3. Schwierigkeitenbei der Interpretation der Venenpulskurve bereitet u.a.eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie), da dann dieeinzelnen Wellen und Senken nur schwer zu unter-scheiden sind [27].

Das gleichzeitige Ableiten eines EKG erleichtert dasIdentifizieren der Wellen und Senken der zentralenVenendruckkurve (Abb.3). Physiologischerweise ist diea-Welle größer oder gleich groß wie die v-Welle. Liegteine ausgeprägte Trikuspidalinsuffizienz vor, tritt eine

prominente v-Welle auf, die eine deutlich größereAmplitude als die a-Welle hat und deren Ursache dieRegurgitation von Blut in den rechten Vorhof ist [65].Bei Patienten mit einer relevanten Insuffizienz der Tri-kuspidalklappe liegt häufig auch eine Funktionsein-schränkung der Niere mit reduzierter glomerulärerFiltrationsrate vor, womöglich aufgrund der venösenRegurgitation mit Blutrückstau in die Nieren (s.o.) [66].

Typischerweise zeigt eine Perikardtamponade einenVerlust der x- und y-Senke in der zentralen Venen-pulskurve (Abb.3e). Ursache für den Verlust beiderSenken ist der Druckanstieg im Perikard. Bei konstan-tem intraperikardialem Druck kann Blut nur währendder Systole (Kontraktion des Ventrikels) in den rechtenVorhof strömen. Dieses Blut strömt während derDiastole durch die geöffnete Trikuspidalklappe, dabeibleibt der intraperikardiale Druck konstant. Eine

a

a

a

a

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x

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x

a

b

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c

a

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normal

Abb.3 Pathologische Veränderungen der zentralen Venenpulskurve [27, 65]. a Trikuspi-dalinsuffizienz: Verlust der c-Welle durch Regurgitation von Blut in den rechten Vorhofwährend der Ventrikelkontraktion. b Vorhofflattern: repetitive a-Wellen durch Kontraktiondes Vorhofs. c Vorhofflimmern: Verlust der a-Welle durch funktionellen Stillstand desrechten Vorhofs. d AV-Block III°: prominente a-Welle bei Kontraktion des rechten Vorhofsgegen die geschlossene Trikuspidalklappe (Propfungswelle). Stark ausgeprägte a-Wellenfinden sich außerdem bei AV-Knotenrhythmus, AV-Dissoziation, unter Katecholaminthera-pie und bei ventrikulärer Schrittmacherstimulation. e Perikardtamponade: Reduktion derpassiven Vorhoffüllung (x-Senke und y-Senke) durch Erhöhung des intraperikardialenDrucks.

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passive Füllung des rechten Vorhofs durch Reduktiondes intraperikardialen Drucks (x- und y-Senke) trittnicht auf [65].

Wird bei einem Patienten der ZVD bestimmt, sollte

man auch die zentrale Venenpulskurve begutach-

ten, da diese wertvolle Informationen liefern kann.

Der ZVD als Marker einer Rechtsherz-belastung oder Herzinsuffizienz

Bei der (chronischen) Rechtsherzinsuffizienz sindinfolge einer Volumenretention und Steigerung desVenentonus die Drücke in den zentralen Venen erhöht.Die Vorstellung einer venösen Stauung vor dem Herzen(„Stauungsinsuffizienz“) als Ursache des erhöhten ZVDtrifft insofern nicht zu, als dass vielmehr eine Verschie-bung des Gleichgewichts von Blutvolumen, Kapazitätdes Gefäßsystems und Herzleistung besteht [28]: Umdies zu zeigen, maß Starr den statischen Blutdruck (s.o.)von frischen Leichen bei zu Lebzeiten Kreislaufgesun-den und bei Patienten, die infolge eines chronischenHerzinsuffizienz mit erhöhten Venendrücken verstor-ben waren. Bei Ersteren betrug der statische Blutdruck7,6 cmH2O (ca. 5mmHg), bei den Patienten, die infolgeder chronischen Herzinsuffizienz gestorben waren,≥20 cmH2O (ca. 15mmHg) [28].

Blutvolumen und Füllungsdruck. Die Zunahme desBlutvolumens und der Anstieg des Füllungsdrucks sindals Ausdruck eines Kompensationsmechanismus desHerzens zur Aufrechterhaltung eines ausreichendenHerzzeitvolumens aufzufassen. Um seine Kontrakti-onsfähigkeit gemäß dem Frank-Starling-Mechanismusaufrechtzuerhalten, benötigt der beeinträchtigte rechteVentrikel einen höheren Füllungsdruck und ein größe-res enddiastolisches Volumen (Abb.4). Dem Anstieg desBlutvolumens liegt pathophysiologisch u.a. eineReduktion des renalen Blutflusses zugrunde, wodurchdas Renin-Angiotensin-Aldosteron-System aktiviertwird. Dies führt zur vermehrten Retention von NatriumundWasser und damit zur Steigerung des intravasalenVolumens. Zum Anstieg des ZVD führt u.a. der gestei-gerte Sympathikotonus mit erhöhten Konzentrationenzirkulierender Katecholamine. Dies führt im venösenSystemv.a. zur Venokonstriktion in kutanen Venen undim Splanchnikusgebiet [40]. Umgekehrt führt dieerhöhte Vorlast – sowohl bei Herzinsuffizienz als auchinfolge einer Volumentherapie – zur Aktivierung desnatriuretischen Peptid-Systems, sodass vermehrt Flüs-sigkeit ausgeschieden wird. Damit sinkt der system-vaskuläre Widerstand durch Vasodilatation und durchdie Steigerung der Kapillarpermeabilität entstehenÖdeme [59, 60]. Diese komplexe Regulation betontübrigens ebenfalls, warum eine Steuerung der Volu-mentherapie anhand des ZVD deletär sein kann.Schließlich führt jede Volumenbelastung mit Dehnungder Herzvorhöfe zur Initiation der Herzinsuffizienz-Kaskade mit Steigerung der Diurese, arterieller Vaso-dilatation und Kapillarleck.

Rechtsherzinsuffizienz. Ursache für die Entwicklungeiner Rechtsherzinsuffizienz kann primär eine kardialeUrsache sein (z.B. Myokardinfarkt, Arrhythmien oderKlappenvitien). Eine Rechtsherzinsuffizienz kann auchsekundär durch extrakardiale Umstände hervorgerufenwerden (z.B. Lungenembolie, Perikardtamponade;Tab.2). In Verbindung mit einem erhöhten ZVD –meistbei chronischem Verlauf – kann man oft schon wäh-rend der klinischen Untersuchung Zeichen einerRechtsherzinsuffizienz nachweisen. Dies sind typi-scherweise Gewichtszunahme, periphere Ödeme oderAszites [61–63].

Allein aus einem erhöhten ZVD sollte man nicht

unkritisch auf das Vorliegen oder die Progredienz

einer Rechtsherzinsuffizienz schließen.

Blut

fluss

(L/m

in)

ZVD Pms

A B

NormalesHerzzeitvolumen

Herzzeitvolumen bei Herzinsuffizienz

Venokonstriktion

Blutvolumen↑

VR

Abb.4 Analyse des Kreislaufs nach Guyton (bei konstanter Herzfrequenz und konstantemarteriellem Druck) [40]. In einem Koordinatensystem ist der zentrale Venendruck (ZVD)gegenüber dem Blutfluss aufgetragen. Im geschlossenen Kreislauf müssen sich Herzzeit-volumen (HZV) und venöser Rückstrom (VR) zum Herzen entsprechen.Der Schnittpunkt A der Kurve des HZV mit der des VR markiert diese Situation im gesundenKreislauf. Bei der Herzinsuffizienz (gepunktete Kurve) ist die Kurve des HZV abgeflacht,kompensatorisch sind Blutvolumen und Venentonus erhöht. Die Kurve des VR ist nachoben verschoben.Der Punkt B entspricht dem neuen Fließgleichgewicht des Kreislaufs mit einem ähnlichenHZV, aber deutlich gesteigertem ZVD. Der Schnittpunkt der VR-Kurve mit der x-Achse(HZV=0 l/min) entspricht dem mittleren Füllungsdruck des Kreislaufs (Pms).

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Linksherzinsuffizienz. Auch eine Linksherzinsuffizienzkann einen Anstieg des ZVD verursachen. Die erhöhtenlinksatrialen Drücke werden über die Lungenstrom-bahn zum rechten Herzen weitergeleitet und steigernden Druck im rechten Vorhof bzw. den ZVD. Ein erhöh-ter Druck in der Jugularvene als Surrogatmarker eineserhöhten ZVD ist bei Patienten mit Linksherzinsuffi-zienz ein ungünstiger prognostischer Marker, u.a.bezüglich der Progression der Erkrankung und dem Todinfolge eines Pumpversagens (relatives Risiko 1,37;95%-Konfidenzintervall 1,07–1,75; p<0,01) [64]. Hierist der ZVD somit v.a. ein prognostischer Marker. DesWeiteren wird er für die Berechnung zahlreicherhämodynamischer Variablen zur Beurteilung derRechtsherzinsuffizienz verwendet.

Der ZVD als Indikator von Komplikationenund Prädiktor des Outcomes

Kardiorenales Syndrom. Patienten mit Herzinsuffizienzentwickeln in bis zu 50% der Fälle eine Verschlechte-rung der Nierenfunktion. Dieser Symptomkomplexwird als kardiorenales Syndrom bezeichnet [69–71].Eine Verschlechterung der Nierenfunktion ist ein Prä-diktor eines ungünstigen Verlaufs und einer gesteiger-ten Letalität in dieser Patientengruppe [72,73]. Tradi-tionell besteht die Annahme, dass sich eine Ver-schlechterung der Nierenfunktion infolge eines ver-minderten Herzzeitvolumens mit einem reduziertenrenalen Blutfluss entwickelt [74]. Darüber hinaus las-sen aktuelle Studien jedoch vermuten, dass v.a. dieZunahme des Blutvolumens und der erhöhte rechts-ventrikuläre Füllungsdruck (d.h. ZVD) pathophysiolo-gisch entscheidend zur Verschlechterung der Nieren-funktion beitragen [75,76].

Vermutlich ist dieser Effekt auf einen Druckanstieg imefferenten Ende der glomerulären Kapillaren, welcherden Filtrationsdruck herabsetzt, zurückzuführen [77].Mullens et al. untersuchten zur Prüfung dieser Hypo-these 145 intensivmedizinische Patienten mit fortge-schrittener dekompensierter Herzinsuffizienz (links-ventrikuläre Ejektionsfraktion<30%) [75]. Eine Ver-schlechterung der Nierenfunktion wurde bei einemAnstieg des Serumkreatinins um ≥0,3mg/dl angenom-men. Patienten mit einem höheren ZVD bei Aufnahmeauf die Intensivstation (ZVD 18±7 vs. 12±6mmHg,p<0,001) und unter intensivmedizinischer Therapie(11±8 vs. 8±5mmHg, p=0,04) entwickelten häufigereine Verschlechterung der Nierenfunktion als Patien-ten mit einem ZVD unter 8mmHg (p=0,01). Der Herz-index war bei Aufnahme signifikant höher bei den

Patienten, die eine Verschlechterung der Nierenfunk-tion entwickelten (2,0±0,8 vs. 1,8±0,4 l/min/m2,p=0,008). Von den Patienten in der Studiengruppe miteinem ZVD von über 24mmHg entwickelten 75% eineVerschlechterung der Nierenfunktion. Aus ihrer Studiefolgerten Mullens et al., dass die Volumenbelastung desvenösen Systems mit gesteigertem ZVD bei der fort-geschrittenen dekompensierten Herzinsuffizienz derwichtigste hämodynamische Faktor einer Verschlech-terung der Nierenfunktion sei [75].

Die Gruppe um Iacoviello fand bei 245 Patienten, beidenen die Diagnose einer chronischen Herzinsuffizienz(linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤45%) nach Krite-rien der European Society of Cardiology gestellt wurde,dass ein erhöhter ZVD (definiert als>5mmHg) eineunabhängige Variable bei der Entwicklung einer Ver-schlechterung der Nierenfunktion ist (OR 4,68, 95%-Konfidenzintervall 2,15–10,21, p=0,001) [76].

Im Gegensatz dazu fanden Uthoff et al. bei 140 Patien-ten, die mit Symptomen einer akuten Herzinsuffizienzhospitalisiert wurden, dass Patienten mit niedrigeremZVD (<10 cmH2O, ca. <7,4mmHg) bei Aufnahme häufi-ger in den ersten 24 Stunden eine Verschlechterungder Nierenfunktion entwickelten als Patienten miteinem höheren ZVD (>15 cmH2O, ca. >11 mmHg; 18%vs. 4%, p=0,046). Andererseits hatten Patienten, diegleichzeitig einen geringen systolischen Blutdruck(<110mmHg) und einen höheren ZVD (>15 cmH2O,ca. >11mmHg) aufwiesen, eine signifikant niedrigereglomeruläre Filtrationsrate [61].

Bei genauer Betrachtung können die 3 Studien nichtuneingeschränkt miteinander verglichen werden, dasie u.a. unterschiedliche Patientenkollektive einschlos-sen (dekompensierte chronische vs. akute Herzinsuffi-zienz). Insgesamt mehren sich jedoch die Hinweisedarauf, dass die Störung der Nierenfunktion im kardio-renalen Syndromwesentlich durch die venöse Konges-tion mit ZVD-Erhöhung mitbedingt ist [71,78]. Beiseptischen Patienten ist die Höhe des ZVD ebenfalls mitder Entwicklung eines akuten Nierenversagens assozi-iert. Vermutlich wird das Nierenversagen bei septi-schen Patienten ebenfalls durch den venösen Rückstauvon Blut in die Nieren beeinflusst [79]. Die Empfehlungder SSC, einen als physiologisch bezeichneten ZVD (8–12mmHg) als Zielparameter anzustreben, ist vor die-sem Hintergrund als paradox zu betrachten [2,42].

Die Autoren um Williams fanden bei 2390 Hochrisiko-Patienten, die sich einer koronaren Bypassoperationunterzogen, einen signifikanten Zusammenhang zwi-

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schen der Höhe des ZVD und der 30-Tage- bzw. Kran-kenhausletalität sowie dem Auftreten eines Nieren-versagens [80]. Die Ergebnisse waren unabhängig vomHerzindex sowie von anderen klinischen Variablen.Für jeden Anstieg des ZVD um 5mmHg 6 Stunden nachAufnahme auf die Intensivstation stieg die risikoadjus-tierte OR für die Entwicklung eines Nierenversagensoder den Tod innerhalb von 30 Tagen bzw. im Kran-kenhaus um 1,54 (95%-Konfidenzintervall 1,28–1,86;p<0,0001). Für die Entwicklung eines Nierenversagensallein betrug die OR pro 5mmHg Anstieg des ZVD6 Stunden nach der Aufnahme auf die Intensivstation5,5 (95%-Konfidenzintervall 1,93–15,5; p=0,001)bezogen auf Patienten mit einem ZVD unter 9mmHg.Für Patienten mit einem ZVD ab 9mmHg betrug dierisikoadjustierte OR 1,3 (95%-Konfidenzintervall1,01–1,65; p=0,045) [80]. Die Autoren der Studie fol-gerten, dass womöglich in Zukunft die Prognose derPatienten durch eine Therapiesteuerung anhand despostoperativen ZVD verbessert werden könnte [80] –allerdings nicht durch eine gezielte Steigerung, sonderndurch eine Reduktion des ZVD.

Rady et al. zeigten ebenfalls den prädiktiven Charakterdes ZVD bei kardiochirurgischen älteren Patienten.Sowohl eine präoperative Erhöhung des ZVD auf über15mmHg oder eine Erhöhung des ZVD bei Aufnahmeauf die Intensivstation waren mit einer signifikanthöheren Morbidität und Mortalität assoziiert [81].

Komplikationen nach Lungentransplantation.Nicht nurbei kardiochirurgischen Patienten, auch bei Patientennach einer Lungentransplantation ist ein erhöhter ZVD(>7mmHg) mit dem Auftreten von Komplikationenassoziiert (verlängerte mechanische Beatmung, erhöh-te Mortalität auf der Intensivstation und erhöhte Kran-kenhausmortalität) [82].

Komplikationen nach Lebertransplantation. Im Rah-men der Leberchirurgie scheint der ZVD mit einererhöhten Rate von Blutungen und Leberfunktionsstö-rungen einherzugehen. Ein niedriger ZVD führt beiLeberresektionen zu kürzeren Operationszeiten, weni-ger Blutverlust und geringeren Transfusionsraten [83].Interessanterweise kommt es nach Leberoperationenunter Aufrechterhaltung eines niedrigen ZVD nicht zupostoperativen Störungen der Nierenfunktion [83,84].Eine geringere Komplikationsrate bei niedrigem ZVDwurde auch für den perioperativen Verlauf von Leber-transplantationen nachgewiesen [85].

Zusammengefasst scheinen pathologische Werte desZVD, aber auchWerte im oberen „physiologischen“Bereich in bestimmten Patientenkollektiven ein wich-tiger Prädiktor für die Entwicklung von Komplikatio-nen zu sein. Erhöhte Werte bei kardiovaskulärenErkrankungen sind assoziiert mit einer beeinträchtig-ten Nierenfunktion, der Wiederaufnahme ins Kran-kenhaus und darüber hinaus mit einer gesteigertenMortalität [61,78,86].

Bislang ist nicht hinreichend untersucht worden,

ob eine aktive Senkung des ZVD zur Vermeidung

von Komplikationen beitragen kann. Ist bei einem

intensivmedizinischen Patienten ein ZVK gelegt

worden, kann die Messung des ZVD das Gesamtbild

vervollständigen und eventuell um eine Aussage

zur Prognose ergänzen.

Schlussfolgerung

Die Tatsache, dass im klinischen Alltag häufig Drückeanstelle von Flüssen und Volumina gemessen werden,liegt an der einfacheren technischen Verfügbarkeiteiner Druckmessung. Um aus dem ZVD diagnostischeSchlüsse ziehen zu können, sind einige Dinge zubeachten:█ technisch korrekte Messung█ Berücksichtigung intrathorakaler Druckverhältnisse█ Berücksichtigung dynamischer Faktoren (u.a. Venen-tonus)

Als alleiniger Parameter ist der ZVD nicht geeignet,Aussagen über den Volumenstatus oder die Volumen-reagibilität zu treffen. Hier scheinen moderne, dyna-mische Parameter dem ZVD überlegen zu sein. DieSteuerung einer Volumentherapie einzig am ZVD istobsolet und wahrscheinlich schädlich, da eine mögli-che venöse Volumenüberladung zu Organfunktions-störungen beitragen kann.

Dass der ZVD allerdings aufgrund seiner fehlendenEignung als Vorlastparameter selbst unter Druck gera-ten ist, wird seiner pathophysiologischen Bedeutungnicht vollständig gerecht: Der ZVD und die zentraleVenenpulskurve sind weiterhin relevante diagnosti-sche Werkzeuge, u.a. bei der Diagnostik einer Peri-kardtamponade. Hier gilt, dass insbesondere extremhohe oder niedrige ZVD-Werte eine diagnostischeRelevanz haben, während intermediäre Werte seltenhilfreich sind. Darüber hinaus ist der ZVD beibestimmten Patientengruppen ein Prädiktor für dieMortalität und das Auftreten von Komplikationen. So

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gehen erhöhte ZVD-Werte bei septischen und herzin-suffizienten Patienten mit einer erhöhten Sterblichkeitund einem häufigeren Nierenversagen einher. Zukünf-tige Studien werden zeigen, ob die aktive Senkung desZVD („weaning the CVP down“) bei bestimmtenPatientengruppen zu einer Verbesserung des Outcomesbeitragen kann.

Da der ZVD beim intensivmedizinischen Patienten

insgesamt v. a. ein prognostischer Marker ist und

bisher keine ausreichende Evidenz zur Therapie-

steuerung anhand des ZVD vorliegt, sollte man auf

das Anlegen eines ZVK zur alleinigen Messung des

ZVD verzichten.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keineInteressenkonflikte bestehen.

Kernaussagen█ Um aus dem ZVD therapeutische

Schlüsse ziehen zu können, sind einige

Dinge zu beachten: (1) technisch kor-

rekte Messung, (2) Berücksichtigung

intrathorakaler Druckverhältnisse und

(3) Berücksichtigung dynamischer Fak-

toren (u. a. Venentonus). Die Bewertung

des ZVD, v. a. bei plötzlichen Änderun-

gen, muss zwingend unter Kenntnis

möglicher Fehlerquellen und im klini-

schen Kontext des Patienten erfolgen.█ Die zentrale Venenpulskurve weist einen

typischen Verlauf, gekennzeichnet

durch Wellen und Senken, auf. Patholo-

gien können sich in charakteristischen

Veränderungen des Kurvenverlaufs zei-

gen. Daher können aus der Analyse der

zentralen Venenpulskurve wertvolle

Informationen über den Patienten

gewonnen werden.█ Als alleiniger Parameter ist der zentrale

Venendruck nicht geeignet, Aussagen

über den Volumenstatus und die Volu-

menreagibilität zu treffen. Des Weiteren

ist die Steuerung einer Volumentherapie

einzig am ZVD obsolet und wahrschein-

lich schädlich, da eine mögliche venöse

Kongestion zu Organfunktionsstörun-

gen beitragen kann.█ In bestimmten Patientenkollektiven

(u. a. Sepsis und Herzinsuffizienz) ist

der zentrale Venendruck ein relevanter

Indikator für die Entwicklung von Kom-

plikationen und ein Prädiktor des Out-

comes.█ Die aktive Senkung des ZVD zur Vermei-

dung der mit venöser Kongestion asso-

ziierten Komplikationen ist Gegenstand

aktueller Forschung.█ Da der ZVD beim intensivmedizinischen

Patienten insgesamt v. a. ein prognosti-

scher Marker ist und bisher keine ausrei-

chende Evidenz zur Therapiesteuerung

anhand des ZVD vorliegt, sollte auf die

Anlage eines ZVK zur alleinigen Messung

des ZVD verzichtet werden.

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Die Literatur zu diesem Beitrag finden Sie unterhttp://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1392645.

Über die Autoren

Michael Heßler

Jahrgang 1987. 2007–2013 Studium

der Humanmedizin an der Westfäli-

schen Wilhelms-Universität Münster.

Seit 2009 Mitarbeit in der Arbeits-

gruppe „Sepsis und Multiorganversa-

gen“ an der Klinik für Anästhesiolo-

gie, operative Intensivmedizin und

Schmerztherapie des Universitätskli-

nikums Münster. Seit 2014 Arzt in

Weiterbildung im Fach Anästhesiologie und wissen-

schaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Anästhesiologie,

operative Intensivmedizin und Schmerztherapie des

Universitätsklinikums Münster.

Philip-Helge Arnemann

Dr. med. Jahrgang 1986. 2007–2013

Studium der Humanmedizin an der

Westfälischen Wilhelms-Universität

Münster. Seit 2009 Mitwirkung in der

Arbeitsgruppe „Sepsis und Multi-

organversagen“ an der Klinik für

Anästhesiologie, operative Intensiv-

medizin und Schmerztherapie des

Universitätsklinikums Münster. Seit

2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistenzarzt im

Fach Anästhesiologie an der Klinik für Anästhesiologie,

operative Intensivmedizin und Schmerztherapie des

Universitätsklinikums Münster.

Christian Ertmer

Priv.-Doz. Dr. med. Jahrgang 1979.

1999–2005 Studium der Humanme-

dizin an der Westfälischen Wilhelms-

Universität Münster. Seit 2002 Mitar-

beit in der Arbeitsgruppe „Sepsis und

Multiorganversagen“ an der Klinik für

Anästhesiologie, operative Intensiv-

medizin und Schmerztherapie des

Universitätsklinikums Münster.

2006–2011 Facharztausbildung als Anästhesist und wis-

senschaftlicher Mitarbeiter in der Klinik für Anästhesiolo-

gie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie des

Universitätsklinikum Münster. 2012 Venia legendi für das

Fach Anästhesiologie und operative Intensivmedizin. Seit

2013 Oberarzt in der Klinik für Anästhesiologie, operative

Intensivmedizin und Schmerztherapie des Universitäts-

klinikums Münster; Stellvertretender Leiter operative

Intensivmedizin.

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. med. Christian Ertmer

Universitätsklinikum Münster

Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und

Schmerztherapie

Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude A1

48149 Münster

E-Mail: [email protected]

Intensivmedizin up2date 11 ê2015

Under pressure – Der Stellenwert des zentralen Venendrucks in der modernen Intensivmedizin210

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CME-Fragen

█1Welche Aussage zur Messung desZVD ist falsch?

A Die Messung des ZVD führte erstmals Werner Forssmann im Jahr 1905 durch.

B Der ZVD kann u.a. mit dem Prinzip der kommunizierenden Röhren bestimmt werden.

C Der hydrostatische Nullpunkt, auf den sich die Messung des ZVD bezieht, befindet sich ungefährauf Höhe von vier Fünfteln des Thoraxdurchmessers, gemessen von der Rückseite des Patienten inRückenlage.

D Bei Veränderung der Patientenposition muss die Position des Drucksensors angepasst werden.

E Die Position des Drucksensors wird in der Klinik häufig falsch gewählt.

█2Zu welchem Zeitpunkt sollte manunter Beatmung den ZVD am bestenmessen?

A endexspiratorisch während der Systole

B endexspiratorisch während der Diastole

C exspiratorisch

D inspiratorisch

E während des höchsten Beatmungsdrucks

█3In der Literatur werden Normberei-che für den zentralen Venendruckangegeben. Welche Aussage zurAngabe des ZVD und dessenUmrechnung in andere Einheiten istrichtig?

A Der Normbereich des ZVD liegt zwischen 4 und 16mmHg (3–12 cmH2O).

B Der zentrale Venendruck wird in cmH2O, mmHg oder kPa angegeben.

C 1mmHg entspricht ca. 0,013 kPa.

D Die SI-Einheit des zentralen Venendrucks ist mmHg.

E 1,36mmHg entspricht ca. 1 cmH2O.

█4Welche Reihenfolge von Wellen undSenken kennzeichnet typischer-weise die zentrale Venenpulskurvebeim gesunden Patienten?

A a-Welle, c-Senke, x-Senke, v-Welle, y-Senke

B c-Welle, c-Welle, x-Senke, v-Welle, y-Senke

C c-Welle, a-Senke, x-Welle, v-Senke, y-Welle

D a-Welle, c-Welle, x-Senke, v-Senke, y-Welle

E a-Welle, c-Welle, x-Senke, v-Welle, y-Senke

█5Verschiedene Ursachen können zueiner Steigerung des ZVD führen.Was führt in der Regel nicht zueinem Anstieg des ZVD?

A primäre Störung der kardialen Pumpfunktion

B Steigerung des pulmonalarteriellen Widerstands

C Hypervolämie

D Diabetes insipidus

E Druckerhöhung im Thorax oder Abdomen

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CME-Fragen Under pressure – Der Stellenwert des zentralen Venendrucks in der modernen Intensivmedizin

█6Welche Aussage über die Evidenzzur Beurteilung des Volumenstatusanhand des ZVD ist richtig?

A Die deutsche S3-Leitlinie zur Volumentherapie rät von der Nutzung des ZVD zur Steuerung einerVolumentherapie ab.

B Der ZVD korreliert mit dem zirkulierenden Blutvolumen.

C Die Änderung des zentralen Venendrucks korreliert mit der Volumenreagibilität.

D Anhand des ZVD lässt sich abschätzen, auf welchem Niveau der Frank-Starling-Kurve(Zusammenhang zwischen Auswurfleistung und venösem Rückstrom zum Herzen) sich derPatient hämodynamisch befindet.

E Die Surviving Sepsis Campaign empfiehlt die Volumentherapie bei schwerstkranken Patientennicht anhand des ZVD zu steuern.

█7Bei welcher Erkrankung tritt typi-scherweise eine Propfungswelle inder zentralen Venenpulskurve auf?

A hämodynamisch relevante Trikuspidalinsuffizienz

B Vorhofflattern

C AV-Block III°

D Vorhofflimmern

E Perikardtamponade

█8Der ZVD und die zentrale Venen-pulskurve können als Indikatorenvon Komplikationen und Prädikto-ren des Outcomes herangezogenwerden. Welche Aussage dazu istfalsch?

A Entlastungswürdige Perikardtamponaden sind nach herzchirurgischen Eingriffen häufig (1–2%)und sind typischerweise an einem Verlust der x- und y-Senken in der zentralen Venenpulskurve zuerkennen.

B Nach einer koronaren Bypassoperation korreliert die Höhe des ZVD mit der 30-Tage- bzw.Krankenhausletalität sowie dem Auftreten eines Nierenversagens.

C Nach einer Lungentransplantation ist ein erhöhter ZVD (>7mmHg) mit dem Auftreten vonKomplikationen assoziiert.

D Eine Korrelation zwischen der Höhe des ZVD und der Wahrscheinlichkeit eines akutenNierenversagens wurde bei Patienten mit schwerer Sepsis nachgewiesen.

E Eine aktive Senkung des ZVD („weaning the CVP down“) ist ein evidenzbasiertes, weitläufigetabliertes Verfahren zur Verbesserung des Outcomes.

█9Die Beschreibung der Physiologiedes ZVD ist wesentlich geprägtvon den Theorien von Gauer undGuyton. Welche Aussage zu diesenTheorien ist richtig?

A Das Modell von Guyton basiert genau wie das Kreislaufmodell Starlings auf einemkardiozentrischem Kreislaufmodell.

B Der Zusammenhang der Determinanten des venösen Rückstroms (mittlerer Füllungsdruck desBlutkreislaufs, ZVD und Gefäßwiderstand) kann in Analogie zum Ohm-Gesetz dargestellt werden.

C Das Modell von Gauer basiert auf der Vorstellung des Kreislaufs als einem System unverbundenerstarrer Röhren.

D Guyton konzentriert sich in seinem Modell auf den arteriellen Abfluss vom Herzen.

E Gauer zeigte in Untersuchungen zu seinem Modell, dass die Volumenelastizität des Gefäßsystemsnicht durch Vasopressoren beeinflusst werden kann.

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CME-Fragen Under pressure – Der Stellenwert des zentralen Venendrucks in der modernen Intensivmedizin

█10Der ZVD kann als Marker einerRechtsherzbelastung oder Herz-insuffizienz herangezogen werden.Welche Aussage dazu ist richtig?

A Eine Linksherzinsuffizienz kann keinen Anstieg des ZVD verursachen.

B Ursache eines erhöhten ZVD bei Rechtsherzinsuffizienz ist eine Diskrepanz zwischen Blutvolumenund potenzieller Kapazität des Gefäßsystems.

C Der ZVD ist bei kardiovaskulären Erkrankungen nicht als prognostischer Marker geeignet.

D Aus einem Anstieg des ZVD kann sicher auf die Progredienz einer Rechtsherzinsuffizienzgeschlossen werden.

E Ein erniedrigtes Blutvolumen und ein Abfall des Füllungsdrucks sind initialeKompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz.

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