17
Deutscher Industrie- und Handelskammertag Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und Finanzmarktkrise DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 Zahlen und Einschätzungen der IHK-Organisation zum Generationswechsel in deutschen Unternehmen

Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DeutscherIndustrie- und Handelskammertag

Unternehmensnachfolge im Zeichenvon Erbschaftsteuer und Finanzmarktkrise DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

Zahlen und Einschätzungen der IHK-Organisation zum Generationswechselin deutschen Unternehmen

Page 2: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

Mit dem DIHK-REPORT ZUR UNTERNEHMENSNACHFOLGE 2009 legt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag eine Einschätzung der IHK-Organisation zur Nachfolgesituation im deutschen Mittelstand vor. Grundlage für die DIHK-Aussagen sind Erfahrungsberichte der IHK-Berater für Unternehmensnachfolge aus den 80 IHKs sowie eine statistische Auswertung des IHK-Service zur Unternehmensnachfolge. Insgesamt fußt der DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 auf über 23.000 Kontakten von IHK-Experten mit Senior-Unternehmern und Existenzgründern, die an der Übernahme eines Unternehmens interessiert sind. Deutscher Industrie- und Handelskammertag Bereich Wirtschaftspolitik, Mittelstand, Innovation – Berlin 2009 Herausgeber © Deutscher Industrie- und Handelskammertag und Copyright DIHK Berlin:

Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon (030) 20 308-0 | Telefax (030) 20 308 1000

Internet: www.ihk.de Redaktion DIHK – Bereich Wirtschaftspolitik, Mittelstand, Innovation

Dr. Volker Treier, Ilja Nothnagel, Dr. Marc Evers Stand Juli 2009 Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit

ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet.

Page 3: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge – Schlaglichter

Immer mehr Unternehmen suchen Nachfolger. Die Nachfolge-Problematik gewinnt im Mittelstand an Gewicht. Im Jahr 2008 haben die IHKs 23.800 Gespräche zur Un-ternehmensnachfolge geführt – sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter waren 4.800 Beratungsgespräche mit Senior-Unternehmern, die ihren Betrieb abgeben möchten (plus sieben Prozent) sowie mit 7.900 Existenzgründern, die einen Betrieb zur Übernahme suchen (plus 23 Prozent). Zudem haben 11.100 Senior-Unternehmer und Existenzgründer an Seminaren zur Unternehmensnachfolge teilgenommen – ein leichter Rückgang um zwei Prozent.

Erbschaftsteuer: Neuregelungen gehen an Realität vorbei … Die Neuregelungen der Erbschaftsteuer erweisen sich als Hypothek für den Mittelstand. Laut IHK-Erfahrungen ist für 30 Prozent der Senior-Unternehmer (drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) die Erbschaftsteuer ein Hemmnis bei der Unternehmensnachfolge. Bun-desweit dürften rund 14.000 Unternehmen mit 130.000 Beschäftigten betroffen sein1. Die Voraussetzungen, nach denen Unternehmer sich ganz oder teilweise von der Erbschaftsteuer befreien können, sind fernab der betriebswirtschaftlichen Reali-tät. Eine Fortführung des Unternehmens mit fast gleichbleibender Lohnsumme und Unternehmensstruktur über einen Zeitraum von sieben bzw. zehn Jahren ist in Zeiten immer schnellerer Marktveränderungen, wirtschaftlicher Umbrüche und steigendem Wettbewerbsdruck kaum möglich. Dies zeigt nicht zuletzt die Wirtschafts- und Fi-nanzmarktkrise. Unternehmer die zur Krisenbewältigung Firmenanteile veräußern, Kurzarbeit nutzen oder gezwungen sind, ihre Belegschaften zu reduzieren, müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Erbschaftsteuer nachzahlen.

… und sorgen für Verunsicherung. Durch die komplizierten Regelungen bei der Erb-schaftsteuer wird der Generationswechsel im Mittelstand eher erschwert statt er-leichtert. Dies erfahren die IHKs bei ihren täglichen Beratungsgesprächen. So spüren fast alle IHK-Experten (97 Prozent) infolge der Erbschaftsteuerreform einen höheren Beratungsbedarf bei Senior-Unternehmern und Existenzgründern. Viele der Unter-nehmer zeigen sich durch die Neuregelungen verunsichert: 78 Prozent der Experten berichten von einer gestiegenen Verunsicherung bei Senior-Unternehmen; von mehr Verunsicherung bei Existenzgründern berichten 81 Prozent. 39 Prozent der IHK-Experten gehen sogar davon aus, dass Senior-Unternehmer durch die Erbschaftsteuer von einer Nachfolge in der Familie absehen könnten. Die Folge: Verkauf des Betriebes – oder gar die Schließung.

1 Grundlage: Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn stehen jährlich bis zu 46.500 Un-ternehmensnachfolgen als Altersgründen an: www.ifm-bonn.org.

Page 4: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

„Notfallklausel“ umsetzen! Nicht nur aufgrund von Zweifeln an der Verfassungsmä-ßigkeit2 ist die Politik aufgefordert, die Erbschaftsteuer und ihre Notwendigkeit gene-rell zu überprüfen. Dringend geboten ist jedenfalls eine zeitnahe Anpassung der be-stehenden Regelungen an die Erfahrungen der Krise. Hierzu hat der DIHK eine gesetz-liche „Notfallklausel“ erarbeitet und diese den Bundesministern Steinbrück und zu Guttenberg vorgelegt. Kern des DIHK-Vorschlags ist es, einen drastischen Umsatz-rückgang der Unternehmen nach der Betriebsübergabe zu berücksichtigen. Die Lohn-summenbindung gilt als erfüllt, wenn die einzuhaltende Lohnsumme maximal im sel-ben Umfang sinkt wie die Umsätze in den sieben bzw. zehn Jahren nach Unterneh-mensübergang.

Finanzierungsprobleme bei der Unternehmensnachfolge. Fällt die Nachfolge in der Familie aus, müssen externe Nachfolger gefunden werden. Größtes Hindernis für den Nachfolger: die Finanzierung des Einstiegs. Nach IHK-Erfahrungen haben 49 Prozent der potenziellen Nachfolger hierbei Schwierigkeiten. Mit der Verschärfung der Fi-nanzmarkt- und Wirtschaftkrise ist die Finanzierung seit 2008 stärker in den Mittel-punkt der IHK-Beratungen zur Unternehmensnachfolge gerückt: 75 Prozent der IHK-Experten berichten von einem – im Vergleich zum Vorjahr – schwierigeren Zugang zum Bankkredit für die Unternehmer. 64 Prozent beobachten bei Unternehmen Prob-leme, Beteiligungskapital für die Unternehmensnachfolge zu akquirieren. Scheitert die Finanzierung, ist der Einstieg des Nachfolgers und damit das Unternehmen samt Arbeitsplätzen in Gefahr.

Krise drückt Unternehmenswerte. Die Wirtschaftskrise wird bei den Unternehmens-werten ihre Spuren hinterlassen. Gewinn- und Umsatzeinbrüche schmälern den Un-ternehmenswert. Die Preisvorstellungen von Senior-Unternehmer und Nachfolger fal-len dadurch künftig wieder weiter auseinander. Umso wichtiger ist es, auf der einen Seite als Senior-Unternehmer das Unternehmen fit für die Übergabe zu machen und auf der anderen Seite als Nachfolger den Wert des Unternehmens genau einzuschät-zen.

Notfallkoffer? Oft Fehlanzeige! Gerade einmal ein Viertel der Unternehmer hat die zur Fortführung des Betriebes wichtigsten Unterlagen für Vertrauenspersonen griff-bereit zusammengestellt. In diesen so genannten „Notfallkoffer“ gehören: Vollmach-ten, Vertretungsplan, Informationen zu Kunden- und Lieferantenstrukturen und eine Dokumentenmappe mit Bankverbindungen, Passwörtern sowie ein Testament. Bei plötzlichen Ereignissen wie Unfall oder Tod des Geschäftsführers droht dem Unter-nehmen bei mangelnder Vorbereitung die Führungslosigkeit. Häufige Folge: Verlust der Lebensgrundlage der Familie, Schließung des Betriebes.

2 Vgl. Rechtsgutachten zu Verfassungsfragen des Entwurfs des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG), Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht, Universität Passau im Auftrag des DIHK

Page 5: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

Inhalt Seite

I IHK-Service zur Unternehmensnachfolge in Zahlen 1

II Hemmnisse einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge 4

1. Senior-Unternehmer vor großen Herausforderungen 5

2. Nachfolger: viele schwere Aufgaben 6

3. Finanzierungsprobleme bei der Unternehmensnachfolge 7

4. Erbschaftsteuer: Neuregelungen gehen an Realität vorbei 9

5. Notfallkoffer? Oft Fehlanzeige! 11

6. Demografie verschärft Probleme bei der Nachfolge 12

Page 6: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

1

I IHK-SERVICE ZUR UNTERNEH-MENSNACHFOLGE IN ZAHLEN

Kaum eine Phase im Leben eines Unterneh-mens ist so komplex und mit Emotionen verbunden wie die Unternehmensnachfolge:

Alle Betriebsbereiche sind von der Nach-folge betroffen: Marketing, Kunden- und Lieferantenbeziehung sowie rechtliche und steuerliche Aspekte.

Die Unternehmensnachfolge hat eine hohe emotionale Dimension: das „Loslassen“ des Lebenswerkes fällt meist schwer.

Die Nachfolge steht häufig nur einmal im Leben an. Auf eigene Erfahrungswerte kann der Senior-Unternehmer oftmals nicht zu-rückgreifen.

Viele Unternehmer suchen den Rat einer neutralen Institution und wenden sich an ihre IHK. Im Jahr 2008 haben die IHKs 23.800 Gespräche zur Unternehmensnach-folge geführt – sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Dies zeigt: Die Nachfolge-

Problematik gewinnt im Mittelstand an Ge-wicht.

Persönliche Beratung gefragt

Die Gespräche zur Unternehmensnachfolge setzen sich aus IHK-Seminaren und Einzel-gesprächen mit Senior-Unternehmern und Existenzgründern zusammen. Zudem bieten die IHKs Unterstützung bei der Vermittlung von Unternehmen und Nachfolger. Somit erfolgt der IHK-Service zur Unternehmens-nachfolge in drei Stufen:

1. Gegenstand von IHK-Seminaren zur Un-ternehmensnachfolge oder IHK-Nachfolgetagen sind grundlegende Infor-mationen zur Betriebsübergabe oder -übernahme – noch unabhängig vom kon-kreten Übernahmefall. Wie ermittelt sich der angemessene Unternehmenswert? Welche Finanzierungsmöglichkeiten der Nachfolge sind möglich? Welche rechtlichen Aspekte

potenzielle Übernehmer

IHK-Service zur Unternehmensnachfolge 2008 insgesamt mehr als 23.000 IHK-Kontakte mit Senior-Unternehmern

und Nachfolgekandidaten (in Klammern: Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

11350

4500

6400

1152

11100

4800

7900

943

Teilnehmer IHK-Nachfolgetage/Seminare

Teilnehmer IHK-NachfolgeberatungSenior-Unternehmer

Teilnehmer IHK-Nachfolgeberatungpotenzielle Nachfolger

erfolgreiche IHK-Nachfolgevermittlung

2007 2008

(-2%)

(+23%)

(+7%)

(-18%)

Page 7: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

2

sind bei der Nachfolge zu beachten? Solche Fragen stehen im Mittelpunkt der IHK-Nachfolgetagen und Seminare.

11.100 Interessenten nahmen im Jahr 2008 an Veranstaltungen der IHKs zum Thema Unternehmensnachfolge teil – ein leichter Rückgang zum Vorjahr um zwei Prozent. Gerade viele kleine und mittlere Betriebe suchen damit bei ihrer IHK Rat zur Unternehmensnachfolge.

2. Die zweite Stufe des IHK-Service bilden die individuelle Gespräche mit einem IHK-Nachfolgeberater zur Unternehmensnach-folge. Anders als bei den Seminaren liegen den Gesprächen konkrete Fälle von Be-triebsübergaben zu Grunde.

4.788 Senior-Unternehmer haben im Jahr 2008 mit ihrer IHK die Unternehmensnach-folge besprochen. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Anstieg der Gespräche um sieben Prozent festzustellen. Offenkundig ist das Thema Unternehmensnachfolge etwas mehr in das Blickfeld der Senior-Unternehmer gerückt. Zudem hat die Diskussion um die Erbschaftsteuer die Nachfolge vermehrt in die öffentliche Wahrnehmung gebracht. Die Anzahl der Unternehmer, die ihren Betrieb aus Altersgründen abgeben werden, wird in den nächsten Jahren allein aus demografi-schen Gründen deutlich zunehmen.

7.877 potenzielle Nachfolger haben im Jahr 2008 mit ihren IHKs vor Ort über die Möglichkeiten einer Existenzgründung durch Unternehmensnachfolge gesprochen – ein Anstieg um 23 Prozent. Der generelle Rückgang des Gründungsinteresses 20081 schlägt sich damit nicht bei den nachfolge-interessierten Gründern nieder. Die Nachfol-ge ist für viele gerade gut ausgebildete Gründer eine Option. Die über Jahre hinweg 1 Vgl. „Schwieriges Gründungsklima – DIHK-Gründerreport 2009“, Berlin 2009

gute konjunkturelle Entwicklung trägt hier ihre Früchte. Zudem sehen mehr Existenz-gründer aufgrund der verstärkten öffentli-chen Diskussion zum Thema in der Nachfol-ge eine interessante Alternative zur Neu-gründung.

3. Fällt die Nachfolge in der Familie aus, muss der Senior-Unternehmer einen geeig-neten Übernehmer für seinen Betrieb finden. Auf der anderen Seite gilt es für die poten-ziellen Nachfolger, ein Unternehmen zu finden, das ihrem Profil gerecht wird. Hier setzt der dritte Baustein zur Unternehmens-nachfolge an: Mit Börsen und regionalen Foren bieten die IHKs Möglichkeiten, dass Senior-Unternehmen und potenzielle Nachfolger zusammenfinden. Im Nachgang zu den Gesprächen erhalten die IHKs von den Unternehmen teilweise Rückmeldungen über den Erfolg von Verhandlungen zur Nachfolge.

Unter dem direkten Engagement der IHKs konnten im Jahr 2008 mindestens 350 Un-ternehmen erfolgreich an einen Nachfolger gegeben werden – vielfach haben sich regi-onale Foren oder Netzwerke (z.B. Nachfol-ger-Clubs, Moderatoren-Konzept Baden-Württemberg) zur Nachfolge etabliert.

Die deutschlandweit größte Online-Plattform zur Vermittlung von Unterneh-mensnachfolgen ist die Unternehmensbörse „nexxt-change.org“. Potenzielle Nachfolger haben dort die Möglichkeit, für sie passende Unternehmen zu suchen. Senior-Unternehmern bietet sich die Chance, ihr Unternehmen möglichen Nachfolgern zu präsentieren. Mit Hilfe der Börse konnten die IHKs 590 Unternehmen erfolgreich an Nachfolger vermitteln2.

2 Nexxt-Change.org ist eine Gemeinschaftsinitiative BMWi, KfW, DIHK und ZDH sowie BVR und DSGV.

Page 8: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

3

Alles in allem haben die IHKs im Jahr 2008 mindestens 943 Unternehmen vermit-telt. Dies sind deutlich weniger Unterneh-men als noch im Jahr 2007. Die turbulente wirtschaftliche Entwicklung erschwert auch die Übergabe eines Unternehmens. Für die Senior-Unternehmer rücken betriebswirt-schaftliche Aufgaben wie Finanzierung und Kundenakquise in den Fokus. Die Unterneh-mensnachfolge wird eher in ruhigeren wirt-schaftlichen Phasen angegangen.

Page 9: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

4

II

II HEMMNISSE BEI DER UNTERNEHMENS-NACHFOLGE

Hemmnisse bei der Unternehmensnachfolge für Senior-Unternehmer in Prozent

10%

30%

19%

34%

39%

36%

50%

4%

27%

27%

39%

44%

43%

50%

5%

20%

30%

35%

36%

43%

50%

andere

warten mit Verkauf, um Altersvorsorge aufzustocken

befürchteteErbschaftsteuerbelastung

kein passender Nachfolger

überhöhter Kaufpreis

emotional nicht "loslassen"können

nicht rechtzeitig vorbereitet

2006 2007 2008

Hemmnisse bei der Unternehmensnachfolge für potenzielle Übernehmer in Prozent

8%

22%

22%

33%

38%

55%

5%

21%

25%

39%

36%

56%

5%

16%

21%

32%

38%

49%

andere

befürchteteErbschaftsteuerbelastung

unzureichende Qualifikation

kein passendes Unternehmen

Anforderungen unterschätzt

Finanzierungsschwierigkeiten

2006 2007 2008

Page 10: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

5

1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen

Die Vielzahl der Gespräche mit Senior-Unternehmern und Existenzgründern bietet den IHK-Experten einen Überblick über Er-folgsfaktoren und Hemmnisse bei einer Un-ternehmensnachfolge.

Nachfolge darf kein Tabu sein Jeder zweite Senior-Unternehmer beginnt zu spät mit Vorbereitungen des Nachfolge-prozesses. Wer sich aber zu spät mit der Nachfolge auseinandersetzt, riskiert ein Scheitern der Nachfolge. Denn der Prozess ist äußerst komplex und bedarf einer gründ-lichen Vorbereitung: Viele betriebswirt-schaftliche und rechtliche Aspekte müssen in Angriff genommen werden. Fällt die Nachfolge in der Familie aus, steht eine intensive und möglicherweise lange Suche nach einem passenden Nachfolger an. Eine sorgfältige Vorbereitung verlangt jedoch auch der Einstieg eines Nachfolgers aus der Familie – nicht nur betriebswirtschaftlich und steuerlich. Vielmehr müssen Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner auf den Schritt zur nächsten Generation vorbereitet werden. Aber für die Nachfolgerin oder den Nachfolger gilt es, die Unternehmensstruk-turen kennen zu lernen. Nach IHK-Erfahrungen nimmt der Nachfolgeprozess im Durchschnitt drei Jahre in Anspruch. Eine rechtzeitige Vorbereitung ist daher gefragt. Späterer Zeitdruck gefährdet eine erfolgrei-che Übergabe.

Emotionen nicht verdrängen Häufig sorgt nicht nur die betriebswirt-schaftliche Komplexität für ein zu spätes Angehen der Nachfolge. Die Senior-Unternehmer müssen ihr Lebenswerk in andere Hände geben – entsprechend groß können die emotionalen Hürden sein. So beobachten die IHKs bei 43 Prozent der

Senior-Unternehmer, dass diese ihren Be-trieb nur schwer emotional „loslassen“ kön-nen. Die Nachfolgeplanung sollte kein Tabu sein – denn der Prozess muss unausweich-lich angegangen werden. Unentschlossen-heit gefährdet die Übergabe; späteres „Hin-einregieren“ in das Unternehmen erschwert dem Nachfolger den Einstieg und nicht zu-letzt dessen wirtschaftlichen Erfolg nach der Übernahme. Frühzeitige Vorbereitung und eine Auseinandersetzung mit den emotiona-len Aspekten erleichtern dem Senior-Unternehmer den erfolgreichen Abschluss der Nachfolge.

Kaufpreis oft ein Problem 36 Prozent der Senior-Unternehmer schät-zen den Wert ihres Betriebs zu hoch ein. Zudem zögert jeder fünfte mit dem Verkauf in Erwartung höherer Erlöse. Offenkundig fällt es durch die hohe emotionale Bindung schwer, einen realistischen Kaufpreis zu kalkulieren.

Krise drückt Unternehmenswerte Die Wirtschaftskrise wird bei den Unter-nehmenswerten ihre Spuren hinterlassen. Gewinn- und Umsatzeinbrüche schmälern den Unternehmenswert. Die Preisvorstel-lungen von Senior-Unternehmer und Nachfolger fallen dadurch künftig wie-der weiter auseinander. Umso wichtiger ist es, auf der einen Seite als Senior-Unternehmer das Unternehmen fit für die Übergabe zu machen und auf der anderen Seite als Nachfolger den Wert des Unter-nehmens genau einzuschätzen.

Page 11: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

6

2. Nachfolger: viele schwere Aufgaben

Die potenziellen Nachfolger stehen vor der schweren Aufgabe, einen Betrieb zu finden, der zu ihren Vorstellungen und zu ihrer Qualifikation passt.

Schwierige Unternehmenssuche Die IHK-Experten sehen bei 32 Prozent der potenziellen Nachfolger (Vorjahr: 39 Pro-zent) das Problem, einen für sie passenden Betrieb zu finden. Auf der anderen Seite haben es nach IHK-Erfahrungen 35 Prozent (Vorjahr: 39 Prozent) der Senior-Unternehmer schwer, einen Nachfolger für ihren Betrieb zu finden. Offensichtlich hat das Matching-Problem im Bereich der IHKs etwas an Brisanz verloren.

Qualifikationen unerlässlich Die IHKs beobachten bei ihren Beratungen vor Ort bei 21 Prozent der potenziellen Nachfolger eine unzureichende Qualifikati-on für die Leitung eines Unternehmens. Der Einstieg in einen bestehenden Betrieb erfor-dert jedoch fundierte betriebswirtschaftli-che Kenntnisse. Diese Kenntnisse können durch die vielfältigen und komplexen Auf-gaben des Nachfolgers kaum sukzessive während des laufendes Betriebes aufgebaut werden. Es gilt, den Betrieb vom ersten Tag an zu führen. Die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sollten daher von Beginn an vorhanden sein. Nachfolger sind daher aufgerufen, vor der Übernahme eines Unternehmens auf ein solides Funda-ment zu stellen.

Keine Gründung im gemachten Nest 38 Prozent der an einer Übernahme interes-sierten Existenzgründer unterschätzen nach IHK-Erfahrungen die Anforderungen einer Unternehmensübernahme. Doch neben den nötigen Qualifikationen sind auch die An-forderungen an die Führungsqualitäten des Nachfolgers beim Einstieg in einen beste-henden Betrieb sehr hoch. Eine Unterneh-mensnachfolge ist alles andere als eine Gründung im gemachten Nest. So muss sich der Nachfolger in einer angemessenen Zeit in die Struktur des Betriebes einarbeiten. Er steht vor der Herausforderung, seine eige-nen Vorstellungen umzusetzen, ohne Mitar-beiter, Kunden oder Geschäftspartner vor den Kopf zu stoßen. Hier ist Fingerspitzen-gefühl, aber auch Durchsetzungskraft gefor-dert. Nachfolger sind auch hier aufgerufen, sich auf diese Aufgaben eingehend vorzube-reiten.

Page 12: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

7

3. Finanzierungsprobleme bei der Unter-nehmensnachfolge

Fällt die Nachfolge in der Familie aus, müs-sen externe Nachfolger gefunden werden. Größtes Hindernis für den Nachfolger: die Finanzierung des Einstiegs. Nach IHK-Erfahrungen haben 49 Prozent der poten-ziellen Nachfolger hierbei Schwierigkeiten. Zwar deutet die Verbesserung zum Vorjahr (2007: 56 Prozent) darauf hin, dass sich die Nachfolger bei der Finanzierung besser vor-bereiten. Aber mit der Verschärfung der Finanzmarkt- und Wirtschaftkrise ist die Finanzierung seit 2008 stärker in den Mit-telpunkt der IHK-Beratungen zur Unter-nehmensnachfolge gerückt: 75 Prozent der IHK-Experten berichten von einem – im Vergleich zum Vorjahr – schwierigeren Zu-gang zum Bankkredit für die Unternehmer. 64 Prozent beobachten bei Unternehmen Probleme, Beteiligungskapital für die Unter-nehmensnachfolge zu akquirieren. Scheitert die Finanzierung, ist der Einstieg des Nach-folgers und damit das Unternehmen samt Arbeitsplätzen in Gefahr.

Ein Einstieg erfordert vom Nachfolger eine detaillierte Planung und ein belastbares Konzept. Dabei ist die Finanzierung ein ent-scheidender Baustein – und die Bank nicht immer der einzige Partner. Auch Bürg-schaftsbanken, Beteiligungskapitalgeber oder der Senior-Unternehmer selbst können Bausteine der Finanzierung liefern. Eine gute Vorbereitung erleichtert es dem Nach-folger, die Bank und andere Geldgeber zu überzeugen. Aber die Banken sind in der jetzigen Situation ebenfalls gefordert: Auch die Perspektiven des Nachfolgers gilt es zu bewerten und nicht nur das Risiko des Ein-stieges. Andernfalls werden solide Unter-nehmen und Arbeitsplätze durch einen an-stehenden Generationswechsel gefährdet.

Veränderung der Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmensnachfolgen Veränderung in den letzten zwölf Monaten

75%

64%

34%

32%

23%

32%

25%

32%

43%

62%

53%

68%

4%

23%

6%

24%

Bankkredit

Beteiligungskapital

Bürgschaften

Mezzanine

Unternehmerdarlehen

Eigenmittel

verschlechtert gleich verbessert

Page 13: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

8

Auswirkungen der Reform der Erbschaftsteuer (Mehrfachantworten möglich)

97%

81%

78%

39%

32%

3%

1%

Beratungsbedarf steigt

Verunsicherung Nachfolgersteigt

Verunsicherung Senior steigt

externe Nachfolge wirdwichtiger

Freibeträge unterstützenNachfolge

keine Auswirkung

Sonstiges

Wie groß sind die Hürden der sog. Verschonungsregelungen bei der neuen Erbschaftsteuer für die Unternehmen, bei

in Prozent

5%

3%

5%

15%

7%

50%

80%

90%

45%

Behaltensfrist

Lohnsummenbindung

Verwaltungsvermögen

niedrig mittel hoch

Page 14: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

9

4. Erbschaftsteuer: Neuregelungen gehen an Realität vorbei …

Nach langen Diskussionen hat die Bundes-regierung Ende 2008 die Erbschaft- steuer reformiert. Die Neuregelungen erwei-sen sich als Hypothek für den Mittelstand. Laut IHK-Erfahrungen ist für 30 Prozent der Senior-Unternehmer (drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) die Erbschaftsteuer ein Hemmnis bei der Unternehmensnachfolge. Bundesweit dürften rund 14.000 Unterneh-men mit 130.000 Beschäftigten betroffen sein3. Die Voraussetzungen, nach denen Unternehmer sich ganz oder teilweise von der Erbschaftsteuer befreien können, sind fernab der betriebswirtschaftlichen Realität. Eine Fortführung des Unternehmens mit fast gleichbleibender Lohnsumme und Unter-nehmensstruktur über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren ist in Zeiten immer schnellerer Marktveränderungen, wirt-schaftlicher Umbrüche und steigendem Wettbewerbsdruck kaum möglich. Dies zeigt nicht zuletzt die Wirtschafts- und Finanz-marktkrise. Unternehmer, die zur Krisenbe-wältigung Firmenanteile veräußern, Kurzar-beit nutzen oder gezwungen sind, ihre Be-legschaften zu reduzieren, müssen mit gro-ßer Wahrscheinlichkeit Erbschaftsteuer nachzahlen. Die Versuche der Nachfolger, das Unternehmen auch durch schwierige Fahrwasser zu steuern, werden so konterka-riert.

3 Grundlage: Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsfor-schung in Bonn stehen jährlich bis zu 46.500 Unternehmensnach-folgen als Altersgründen an: www.ifm-bonn.org.

Stichwort Lohnsummenbindung: Für eine 85-prozentige Verschonung von der Erbschaftsteuer muss die Lohnsumme in den folgenden sieben Jahren nach dem Be-triebsübergang mindestens 650 Prozent der Ausgangslohnsumme betragen. Maßstab ist die durchschnittliche Lohnsumme der letz-ten fünf Jahre.

Für eine 100-prozentige Verschonung muss die Ausgangslohnsumme über zehn Jahre durchschnittlich gehalten werden.

Nach Ende der jeweiligen Frist wird über-prüft, ob die Lohnsumme gehalten wurde. Bei einem Verstoß entfällt der Abschlag in dem selben prozentualen Umfang, in dem die tatsächliche Lohnsumme die Mindest-lohnsumme unterschreitet.

Stichwort Behaltensfrist: Außerdem muss der Nachfolger für eine 85-prozentige Verschonung den Betrieb über mindestens sieben Jahre halten – bei einer 100-prozentigen Verschonung zehn Jahre lang.

Werden der Betrieb oder Anteile daran ver-kauft, erfolgt die Nachversteuerung zeitan-teilig: Wird die geerbte Beteiligung bspw. nach drei Jahren verkauft, müssen entweder 4/7 oder 7/10 der Erbschaftsteuer nachge-zahlt werden.

Stichwort Verwaltungsvermögensgrenze: Voraussetzung für eine Nutzung der 85-prozentigen Verschonungsregelung ist, dass das Verwaltungsvermögen nicht mehr als die Hälfte des Betriebsvermögens umfasst. Als „Verwaltungsvermögen“ gelten Aktiva, die der Fiskus nicht zum produktiven Be-triebsvermögen zählt, wie vermietete Grundstücke oder Beteiligungen von maxi-mal 25 Prozent. Bei einer 100-prozentigen Verschonung muss das Verwaltungsvermö-gen sogar unter zehn Prozent liegen – dies ist nur für sehr wenige Betriebe zu erfüllen.

Page 15: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

10

… und sorgen für Verunsicherung Durch die realitätsfernen und komplizierten Regelungen bei der Erbschaftsteuer wird der Generationswechsel im Mittelstand eher erschwert statt erleichtert. Dies erfahren die IHKs bei ihren jährlich 23.000 Beratungsge-sprächen. So spüren fast alle IHK-Experten (97 Prozent) in Folge der Erbschaftsteuerre-form einen höheren Beratungsbedarf bei Senior-Unternehmern und Existenzgrün-dern. Viele der Unternehmer zeigen sich durch die Neuregelungen verunsichert: 78 Prozent der Experten berichten von einer gestiegenen Verunsicherung bei Senior-Unternehmern; von mehr Verunsicherung bei Existenzgründern berichten 81 Prozent. 39 Prozent der IHK-Experten gehen sogar davon aus, dass Senior-Unternehmer durch die Erbschaftsteuer von einer Nachfolge in der Familie absehen könnten. Die Folge: Verkauf des Betriebes – oder gar die Schlie-ßung. Viel Raum bei den Gesprächen neh-men die Verschonungsregelungen ein: 80 Prozent der IHK-Experten sehen bei der Be-haltensfrist für die Unternehmen ein hohe Hürde, bei der Lohnsummenbindung sogar 90 Prozent.

Wertansätze: Streit mit Finanzamt vorprogrammiert Für einige kleine Betriebe bringen die höhe-ren Freibeträge bei der Erbschaftsteuer je-doch auch eine Entlastung beim Generati-onswechsel. Auf Grund ihrer Beratungsge-spräche gehen 32 Prozent der IHK-Berater von einer zumindest teilweisen Erleichte-rung aus. Da das neue Gesetz jedoch gleich-zeitig höhere Wertansätze bei Unternehmen vorsieht, trifft diese Erleichterung nur weni-ge Firmen. Selbst bei (erfolgreicher) Anwen-dung der 85-Prozent-Verschonungsregelung kann ein höherer Erbschaftsteuerbetrag anfallen als nach altem Recht. Hier sind zwar nur 15 Prozent der gesamten Erb-

schaftsteuer (sofort) zu zahlen. Wegen der um ein Vielfaches höheren Bewertung des Betriebsvermögens sind diese 15 Prozent Erbschaftsteuer jedoch in aller Regel we-sentlich höher als die gesamte Erbschafts-teuer nach altem Recht. Zur Unternehmens-bewertung legt der Fiskus ein vereinfachtes Verfahren an. Die Unternehmer haben je-doch die Möglichkeit, ein spezifisches Gut-achten über die Bewertung ihres Unterneh-mens vorzulegen. Widersprechen sich die Bewertungen, sind lange Auseinanderset-zungen mit dem Finanzamt vorprogram-miert.

Da die Mehrzahl der IHK-Gespräche mit Existenzgründern geführt wird, die einen Betrieb familienextern übernehmen möch-ten, fällt die Erbschaftsteuer hier weniger ins Gewicht (16 Prozent).

„Notfallklausel“ umsetzen Nicht nur aufgrund von Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit4 ist die Politik aufge-fordert, die Erbschaftsteuer und ihre Not-wendigkeit generell zu überprüfen. Dringend geboten ist jedenfalls eine zeitnahe Anpas-sung der bestehenden Regelungen an die Erfahrungen der Krise. Hierzu hat der DIHK eine gesetzliche „Notfallklausel“ erarbeitet und diese den Bundesministern Steinbrück und zu Guttenberg vorgelegt. Kern des DIHK-Vorschlags ist es, einen drastischen Umsatzrückgang der Unternehmen nach der Betriebsübergabe zu berücksichtigen. Die Lohnsummenbindung gilt als erfüllt, wenn die einzuhaltende Lohnsumme maximal im selben Umfang sinkt wie die Umsätze in den betreffenden sieben bzw. zehn Jahren.

4 Vgl. Rechtsgutachten zu Verfassungsfragen des Entwurfs des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG), Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht, Universität Passau im Auftrag des DIHK

Page 16: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

11

5. Notfallkoffer? Oft Fehlanzeige!

Gerade einmal ein Viertel der Unternehmer hat die zur Fortführung des Betriebs wich-tigsten Unterlagen für Vertrauenspersonen griffbereit zusammengestellt. In diesen so genannten „Notfallkoffer“ gehören: Voll-machten, Vertretungsplan, Informationen zu Kunden- und Lieferantenstrukturen und eine Dokumentenmappe mit Bankverbindungen, Passwörtern sowie ein Testament. Bei plötz-lichen Ereignissen wie Unfall oder Tod des Geschäftsführers droht dem Unternehmen bei mangelnder Vorbereitung die Führungs-losigkeit. Häufige Folge: Verlust der Lebens-grundlage der Familie, Schließung des Be-triebes. Zudem müssen die Unterlagen im Notfallkoffer regelmäßig aktualisiert wer-den. Auch hier besteht Nachholbedarf: Nur 36 Prozent der Unternehmer überprüfen die Unterlagen im Notfallkoffer kontinuierlich.

Hilfe beim Packen des Notfallkoffers bietet beispielsweise die regionale IHK. Der Not-fallkoffer sollte bei einer Person des Ver-trauens deponiert werden – wie dem Steu-erberater oder dem Rechtsanwalt.

Anteil der Unternehmer, die einen "Notfallkoffer" gepackt haben in Prozent

25%

75%

gepackt nicht gepackt

Page 17: Unternehmensnachfolge im Zeichen von Erbschaftsteuer und ... · DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009 5 1. Senior-Unternehmer vor großen Her-ausforderungen Die Vielzahl der

DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2009

12

6. Demografie verschärft Nachfolgeproblem

Die demografische Entwicklung wird in den nächsten Jahren die Suche nach einem ge-eigneten Nachfolger schwieriger machen. Einer steigenden Zahl von Übergebern (Se-nior-Unternehmern) steht eine sinkende Zahl von potenziellen Nachfolgern gegen-über. Selbst vielen Betrieben mit guter wirt-schaftlicher Basis droht dadurch das Aus.

Da perspektivisch das Angebot an Un-ternehmen zur Übergabe steigt, aber die Zahl der potenziellen Nachfolger sinken wird, ist mit geringeren Verkaufspreisen (Unternehmenswerten) zu rechnen. Diese Entwicklung müssen Senior-Unternehmer frühzeitig berücksichtigen, um bei Kauf-preisverhandlungen vor negativen Überra-schungen gefeit zu sein.

Aber auch Politik, Schulen, Hochschulen und Medien sind aufgerufen zu handeln: Das Fundament für eine gute unternehmeri-sche Qualifikation sollte früh gelegt werden. Das Thema Selbstständigkeit benötigt daher eine stärkere Verankerung im Bildungssys-tem. Kaufmännisches Know-how und un-ternehmerische Führungsqualitäten sind Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Betriebsweiterführung.