32
(Aus der Universitgtsklinik fiir I-tals-, Nasen- und Ohrenkranke Freiburg-Breisgau [Direktor: Prof. Dr. reed. 0. Kahler].) Untersuehungen fiber den Ablauf der II. postrotatorisehen Reaktionen. Von Dr. reed. Carl Lange, Assistent der Klinik. (Eingegangen am 9. duni 1939.) Grundlegend und richtungweisend ffir unsere Erkenntnisse fiber die Funktionen des Vestibularorgans waren die Arbeiten yon Mach und Breuer fiber die Endolymphbewegung. Sie wurden erstmals umfassend ausgewertet und in den Bereich genauerer quantitativer Betrachtungen durch die Untersuchungen Baranys einbezogen. Fast 30 Jahre lang wurden auf Grund der von Barany angegebenen Methodik (10 Umdrehungen in 20 Sek., entsprechend einer Drehgeschwin- digkeit yon ] 80 o pro Sekunde) in der Klinik Untersuchungen fiber den postrotatorischen Nystagmus angestellt. Differenzen in den Unter- suchungsergebnissen verschiedener Untersucher (Boeters, Streit, Malan, Holsopple u. a.) jedoch lieBen schon frfihzeitig den Gedanken aufkommen, dab es sich beim postrotatorischen Nystagmus nicht um einen reinen Effekt, hervorgerufen allein dutch den EndverzSgerungsreiz, handelte, sondern um die Summe verschiedener labyrinths und extralaby- rinth~rer l~eflexe. Bewiesen wurde diese Tatsache dureh die neueren und eingehenderen Untersuchungen yon Buys sowie spiiter yon Fischer, Wodak und Arslan. Sie wiesen nach, dal~ durch gleichgroBe positive Drehbeschleunigungen (Anfangsbeschleunigungen) sowie negative Dreh- beschleunigungen (EndverzSgerungen) vollkommen gleiche Phasen yon per- bzw. postrotatorischen Drehempfindungen und Nystagmen aus- gelSst werden und dab diese Rhythmen miteinander interferieren, wenn das Intervall zwisehen positiver und negativer Beschleunigung nicht grol] genug gew/s wird, d. h. den einzelnen l~eizen nicht die benStigte Zeit zum Abklingen gew/ihrt wird (Buys, M. H. Fischer, Arslan, Veits). Ffir die klinische Untersuchung des postrota~o~ischen Nystagmus allein ist damit oberstes Gesetz, Anfangsbeschleunigung und EndverzSgerung so zu trennen, dab ]nterferenzerscheinungen unmSglich sind. Dies wird erreicht einmal dadurch, daI~ die Anfangsbeschleunigung so gering gew/ihlt wird, da6 sie als ausl5sender Reiz ffir die perrotatorischen Rhythmen nicht in Frage kommen kann, sowie dadurch, dab auf der HShe der durch diese geringgradige, d. h. unterschwellige, positive Be- schleunigung erlangten Drehgeschwindigkeit vollkommen gleichbleibend einige Zeit weitergedreht wird. Die vestibul/ire Drehreizschwelle liegt

Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

(Aus der Universitgtsklinik fiir I-tals-, Nasen- und Ohrenkranke Freiburg-Breisgau [Direktor: Prof. Dr. reed. 0. Kahler].)

Untersuehungen fiber den Ablauf der II. postrotatorisehen Reaktionen.

Von Dr. reed. Carl Lange,

Assistent der Klinik. (Eingegangen am 9. duni 1939.)

Grundlegend und richtungweisend ffir unsere Erkenntnisse fiber die Funktionen des Vestibularorgans waren die Arbeiten yon Mach und Breuer fiber die Endolymphbewegung. Sie wurden erstmals umfassend ausgewertet und in den Bereich genauerer quantitativer Betrachtungen durch die Untersuchungen Baranys einbezogen.

Fast 30 Jahre lang wurden auf Grund der von Barany angegebenen Methodik (10 Umdrehungen in 20 Sek., entsprechend einer Drehgeschwin- digkeit yon ] 80 o pro Sekunde) in der Klinik Untersuchungen fiber den postrotatorischen Nystagmus angestellt. Differenzen in den Unter- suchungsergebnissen verschiedener Untersucher (Boeters, Streit, Malan, Holsopple u. a.) jedoch lieBen schon frfihzeitig den Gedanken aufkommen, dab es sich beim postrotatorischen Nystagmus nicht um einen reinen Effekt, hervorgerufen allein dutch den EndverzSgerungsreiz, handelte, sondern um die Summe verschiedener labyrinths und extralaby- rinth~rer l~eflexe. Bewiesen wurde diese Tatsache dureh die neueren und eingehenderen Untersuchungen yon Buys sowie spiiter yon Fischer, Wodak und Arslan. Sie wiesen nach, dal~ durch gleichgroBe positive Drehbeschleunigungen (Anfangsbeschleunigungen) sowie negative Dreh- beschleunigungen (EndverzSgerungen) vollkommen gleiche Phasen yon per- bzw. postrotatorischen Drehempfindungen und Nystagmen aus- gelSst werden und dab diese Rhythmen miteinander interferieren, wenn das Intervall zwisehen positiver und negativer Beschleunigung nicht grol] genug gew/s wird, d. h. den einzelnen l~eizen nicht die benStigte Zeit zum Abklingen gew/ihrt wird (Buys, M. H. Fischer, Arslan, Veits). Ffir die klinische Untersuchung des postrota~o~ischen Nystagmus allein ist damit oberstes Gesetz, Anfangsbeschleunigung und EndverzSgerung so zu trennen, dab ]nterferenzerscheinungen unmSglich sind. Dies wird erreicht einmal dadurch, daI~ die Anfangsbeschleunigung so gering gew/ihlt wird, da6 sie als ausl5sender Reiz ffir die perrotatorischen Rhythmen nicht in Frage kommen kann, sowie dadurch, dab auf der HShe der durch diese geringgradige, d. h. unterschwellige, positive Be- schleunigung erlangten Drehgeschwindigkeit vollkommen gleichbleibend einige Zeit weitergedreht wird. Die vestibul/ire Drehreizschwelle liegt

Page 2: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen tiber den Ablauf der I1. postrotatorisehen Reaktionen. 303

naeh Untersuchungen von Buys bei einer Winkelbeschleunigung yon l~ von Mach bei einer Winkelbeschleunigung yon 2--3~ yon Woletz bei einer solehen yon 1--2~ sowie nach Untersuchungen von Fischer bei einer Winkelbeschleunigung bis h6ehstens 2~ An unserer Klinik ermittelte Mittermaier diese Drehreizschwelle bei einer Winkelbesehleunigung bis h6chstens l~ Der yon Fischer und seinen Mitarbeitern geforderte ,,reizlose", d. h. einer I4uhepause gleich- kommende und keinerlei Nystagmus erzeugende Drehabschnitt wurde �9 erstmals yon Veits 1931 mit einem yon Hand angetriebenen Drehstuhl auf 3 - -4 Min. angegeben und diese Methode als Langdrehmethode in- augurier t . Die Richtigkeit dieser Forderungen ergab sich daraus, dab der gesamte postrotatorische Nystagmus mit allen seinen Werten im Gegensatz zur Baranyschen Methode viel exakter zu bestimmen war und damit der postrotatorische Effekt als ein geschlossenvs, ungestSrtes Ganzes zu betrachten war. MSglich wurden genauere Untersuchungen fiber den postrotatorischen Nystagmus erst nach Anwendung des elek- trisch betriebenen Drehstuhls, der zuerst yon Buy8 und Fischer an- gegeben und bei ihren Untersuchungen benutzt wurde. Eine gleiche Drehstuhleinrichtung, die yon Ingenieur T6nnies auf Anregung yon Fischer im Kaiser Wilhehn-Institut ffir Hirnforschung, Berlin, kon- struiert wurde und die ein absolut unterschwelliges Anlaufen, gleich- bleibendes Naehdrehen und Stoppen gestattet , wird wohl heute yon den meisten Untersuehern angewandt. Die Konstruktion dieser Drehvor- richtung und ihre Bedienung darf, da genfigend bekannt, fibergangen werden.

Die folgenden Untersuchungen befassen sich mit der ersten positiven Phase des Drehnaehnystagmus nach Fischer oder I[ . postrotatorischen Phase im rhythmisch-phasischen, richtungswechselnden Ablauf, ins- besondere mit dem Nystagmus postrotatorius II , der erstmals yon Barany bei seinen Untersuchungen beobachtet wurde, sowie mit der diesem II . postrotatorischen Nystagmus entspreehenden I I . Dreh- naehempfindung und der vorhergehenden Pause. Dieser rhythmiseh- phasisehe Ablauf der zentralen Reizantwort wurde yon M. H. Fischer genauer studiert. Er ver6ffentliehte sein ,,Schema fiber den pendelnden Ablauf der Drehempfindung und des Nystagmus w/~hrend und nach der Rotat ion", auf das Bezug genommen wird. Danaeh sind die durch die Anfangsbeschleunigung und EndverzSgerung ausgel6sten lZeaktions- rhythmen mit umgekehrten Vorzeiehen zn verstehen, da aueh die beiden Reizarten entgegengesetzte giehtung haben. Fischer benannte diese Pendelrhythmen der Anfangsbeschleunigung als 1. positive, 1. negative, 2. positive usw. Phase, sowie umgekehrt die dureh die Endverz6gerung ausgelSsten Pendelrhythmen als 1. negative, 1. positive, 2. negative usw. Phase. Derselbe Autor spraeh ferner yon einem Dreh- oder perrotatori- schen Nystagmus und einem Drehnach- oder postrotatorisehen Nystag-

Page 3: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

304 Carl Lange:

mus sowie von einer Drehempf indung oder perrotatorischen Cirkular- vekt ion und einer Drehnachempf indung oder postrotatorischen Cireu- larvekt ion (CV.). Im einzelnen geht aus dem Schema yon Fischer noch hervor, dab die ersten Phasen jeweils starker und yon l~tngerer Dauer sind als die folgenden zweiten Phasen, und diese wiederum st~trker und l/~nger dauernder als die folgenden dr i t t en Phasen usw. Im folgenden soll auch unte rsucht werden, ob dieses gleiche gesetzm~tBige Verhal ten der Phasen best~ttigt werden kann.

Meine Unte r suchungen s ta tzen sich auf zahlreiche (ungef/~hr 200) Pri ifungen, die im Laufe des le tz ten Jahres sn unserer Kl in ik yon mir durchgeftihrt wurden. Zum Beleg und zur Er6r te rung der haupts/~ch- l ichsten Fragen wurden weitere 24 ausgew~thlte, gesunde Versuehs- personen (Vp) mi t versehiedenen Drehgeschwindigkeiten durchgepriift . Die Vp s tanden im Alter yon 16--40 Jahren und waren beiderlei Ge- schlechts.

Die Untersuchungen wurden naeh M6glichkeit zusammenh/~ngend an einem Tage ausgefiihrt. Mahlzeiten wurden auf das MindestmaB beschr/~nkt, sowie an- sshlieBend eine Ruhepause yon 1--2 Stunden eingelegt. Alkohol oder Medikamente wurden vor und w/ihrend der Priifungen nicht eingenommen. Die einzelnen Prti- fungen wurden im Abstande yon je ~/2 Stunde vorgenommen, da bei kleineren Zwischenpausen, wie die Untersuchungen von Fischer, Mitters~.aier u. a. ergaben, damit gereehnet werden muBte, dab die vorhergegangene Erregung des Labyrinthes noeh nicht zum Abklingen gekommen war und Interferenzerscheinungen, d. h. Summations- bzw. Subtraktionsph/tnomene beider Labyrintherregungen auftreten wtirden. S/~mtliehe Untersuehungen wurden im vollkommen verdunkelten Raum ausgeffihrt.

Zur Drehprtifung wurden die Vp in aufrechter Haltung auf dem elektrischen Drehstuhl festgeschnallt. Arm und Ful]sttitzen waren zur ErhShung des Sicher- heitsgeffihls und zur Ausschaltung weiterer extralabyrinth/~rer Reize vorhanden. Der Kopf wurde dureh eine feste Kopfstiitze mit Beugung um 20--300 naeh vorne, d. h. bis zur ttorizontalstellung der gul]eren Bogeng/~nge, symmetriseh und axial fixiert, um jede ~]iehkraft- und subjektiv-vegetat.ive Reizwirkung auszuschalten, sowie den Ausfall des postrotatorisehen Nystagmus infolge Drehnaehnystagmus des Kopfes zuvermeiden. Gleichzeitig wurden die Augen mitdervonFrenzel angegebenen, 20 Dioptrien starken Konvexbrille mit Innenbeleuehtung zur Ausschaltung der Fixation und zur besseren Beobaehtung des Nystagmusvorganges verschlossen. Aul~erdem wurden die Vp aufgefordert, w/~hrend der Drehung die Augen zu sehliel~en Die Drehung selbst wurde auf Grund der schon erw/~hnten Untersuehungen von Buys, Fischer, Woda/c, Veits, Woletz, Mittermaier einsehleiehend und untersehwellig, d. h. mit einer Winkelbeschleunigung yon 1/2--1~ ausgeftihrt. Die meisten Vp versptirten bei dieser Art der Drehung keinerlei Drehempfindung. Bei jenen Vp, die eine Drehempfindung verspfirten und damit wahrsehein]ieh aueh per- rotatorische Nystagmusphasen bekamen, wurde noch langsamer ansteigend weiter- gedreht, und so lange nachgedreht, bis keine Drehempfindung mehr wahrgenommen wurde. Bei alien Vp wurde mindestens bis zur Dauer yon 3 Min. naehgedreht und damit wohl sieher ein Interferieren vermieden, d. h. ein reiner EndverzSgerungs- reiz gesetzt, bYaeh vollendeter Naehdrehung wurden die Vp aufgefordert, bei eingeschalteter Innenbeleuchtung der Brille und nach Stoppen des Drehstuhls die Augen zu 5ffnen und ruhig geradeaus zu blicken (Untersuchung in Mittel- oder II. Stellung). Gleichzeitig wurden mit der Stoppuhr I~uer, Schlagzahl und Verlauf

Page 4: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuehungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 305

des gesamten labyrinth~ren Refiexvorganges gemessen. Bei den meisten Vp win'de sowohl das rechte wie das linke Labyrinth der vollst~ndigen Priifung unter- zogen und nur dann, wenn Differenzen nicht vorhanden waren, nur die haupt- s~chliehsten Verg]eichsdrehungen ausgeffihrt. Zur weiteren Vervollst~ndigung wurde bei allen Vp die kalorische Priifung und die Prtifung auf vestibul~re Spontan- symptome angeschlossen. Bei der Prfifung auf spontane Reaktionen wurde ins- besondere der Rombergsche Versuch ausgefiihrt, die Armtonusreaktion geprfift sowie auf Vorbeizeigen, Nystagmus und GangstSrungen geachtet.

Die als Erg~nzung vorgenommene kalorische Prttfung, Baranys gr6Btes Ver- dienst auf dem Gebiete der vestibul~ren Funktionsprfi~ung, wurde als Sehwachreiz in der Modifikation nach Veits mit Wasser yon 17 o und 470 C vorgenommen.

Zun~chst wurden Unte r suchungen fiber die auf den Nys tagmus postrotator ius I folgende Pause angestellt . Wohl k a n n ihr Beginn meistens exakt ermi t te l t werden, da das E n d e des Nys tagmus post- rotator ius I verh/~ltnism~Big deutlich abgegrenzt ist. Anders jedoch ver- h/~It es sich mit dem Beginn des Nys tagmus postrotarorius I I , d. h. dem Ende der Pause. Es k o m m t nicht nu r vor, daft die Schlagurt des Nystag- mus postrotator ius I I sehr feinschl/~gig, ja sogar undeut l ich ist, sondern auch, dug schon vorher eine Deviat ion uuftr i t t , die erst nach geraumer Zeit vom ersten schnellen Nystagmussehlag postrota tor ius I I unter - brochen wird. Die eigentliche Pause muff in solchen F/~llen yore le tz ten Schlag des Nys tagmus post. I b i s zum Beginn der langsamen, laby- rinth/~ren Devia t ion zur Gegenseite gerechnet werden. Dazu k o m m t noch, wie ich es, ebenso wie Woletz, oft beobachten konnte , daft auch der Nyst . postr. I mi t einer Devia t ion und nicht mi t einem Nystagmusschlag endet. Ferner beobachtete ieh verh~ltnism/~ftig hs besonders nach hohen Drehgeschwindigkeiten, dug die t~uhepause kein ruhiges Ver- weflen der Augen in Mittelstel lung bedeutet , sondern dug in derselben h/~ufiges u n d zum Teil ungleiehms Zit tern, Pende ln u n d Undul ie ren der Augen in schnellem Weehsel nach beiden Seiten auf t r i t t . Die Un- bewegliehkeit der Augen in der Pause, yon der Arslan berichtete, habe

W o G . /Sek. Fall

Tabelle 1.

4:0 o

1 30 30 2 25 20 3 4 15 5 3O 6 7 15 8 9 10 10

10 11 25 12 10 8

M.W. 18,8 19,1 I

600 80 o 100 ~ 1200

3o k lO 9 10 i5 10 11i 6 5 15 15 11 15 5 4

20 10 10 15 12

8 7 5 15 15

10 7 5 8 8 8

13 10,21 7,8

P a u s e n w e r t e ohne Dev ia t ion . m

1400 1600 180 ~ 80 ~ 100 ~

I i ! k

7 3 5 7 5 2 5 8 5

10 10 2 20 20 12 3 5 2 25 15

10 7 5 10 7 5 3 15 10 10

22 20 2 5 2 5

10 5 10 15 8 5 5

8 2 I 2 I 6,41 5 2ot 14,4111,4 9,3

120 o 140 ~

I

5 5 8 7 5

5 10 10 7 18 ~20

5 5 5 15 5

I I 8,1

160 o 180 ~

5 5 7 5

20 3 5

4 2 5 2

15 2 5

5

Page 5: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

306 Carl Lange:

ieh also nicht immer feststellen k6nnen. Unte r Berfieksichtigung aller dieser Umst/~nde wurde versucht, die Einzelwerte fiir die Pausen m6g- lichst genau zu bestimmen. Es betrugen die Pausenwerte, gerechnet yore letzten Schlag des Nys tagmus postr. I oder dem Ende seiner letzten Deviat ion bis zum Beginn des ersten Schlages des Nyst . postr. I I bzw. dem Beginn seiner ersten Deviat ion unter Beriicksichtigung der jeweiligen Winkelgeschwindigkeiten (Tabelle 1).

Bezieht man die nicht gut abgrenzbare Deviat ion in die Pause mit hinein und errechnet die Pausenwerte alsdann, so ergeben sich folgende Werte :

Tabelle 2. Pausenwer t e e insch l i eg l i ch Devia t ion .

W . G 600 /Sek . 49 o 800

F a l l

1 3O 3O 30 2 2 5 2 0 1 5 3 11 4 1 9 2 0 5 i 3 0 2 0 6 7 18 8 9 2 0 2 3

10 [1 25 [27 12 125 20!~5

M.W.[25 23119;

100 o

h 20 20

8 19 10 30

15 20

20 17 i 15

I 1200 1400 1600 180~

I

15 17 1 7

~10 10 13 7 ;16 17 !10 5 25

8 7 '91 1025 20 20 117 15 17 14 112 8 20

I

lO 7 7 3 20 13 7 ].5 23 25 123 2~

116 ~]3 110 i

600 800 100 o 120 o 1400 1600

I

25 19 12 1 2 12 15 1 5 1 2 :10 10

2 0 1 0 22 22 15 1 5 1 5 14 10 22 2 0 1 8 20 20 15 1 5 1 5 15 13

1 5 2 0 10 10

i 1

19,2116,1]'13,8!12,5110,5 ] 9'23,3118,4 ]7 [14,5!14,7

180 ~

18 4

15 6

15 4

10

13,81 lO,3

Aus beiden Tabellen, insbesondere auch aus Tabelle 2, die als Fehler- quelle die Einbeziehung der Anfangsdeviat ion des Nyst . postr. I I enthi~lt, ergibt sich klar und deutlich, dal3 es einen festen und einheitlichen Wer t fiir die Pause zwischen Nys tagmus postr. I und I I nicht gibt. l~ber- t r~gt nlan die Einzelwerte der Pausen einer beliebigen Vp oder auch die Mittelwerte aus vielen Untersuchungen in ein zugeh6riges Koordinaten- system und verzeichnet auf der Abszisse dieses Systems die Winkel-

geschwindigkoi ten pro Sekunde und auf der Ordinatenachse die Dauer der Pausen und fibertr/~gt die genamlten Wer te in dieses System, so erh~lt man eine Kurve, die eine gegen das Ende der hohen Winkel- geschwindigkeiten zu fallen@ Tendenz hat. Daraus folgt:

]. Die Pausenl/~nge ist abhs yon der Winkelgeschwindigkeit, aus der abgestoppt wird bzw. yon dem gesetzten Reiz.

2. Je gr61~er die Winkelgeschwindigkeit, d. h. der l~eiz ist, desto kfirzer wird die Zwischenpause und umgekehrt , je kleiner der gesetzte Reiz wird, desto gr613er wird die Pausenli~nge.

3. Mittelwerte lassen sich nur fiir eine best immte Drehgeschwindig- keit errechnen.

Page 6: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der I[. postrotatorisehen l~eaktionen. 307

Weiter kann festgestellt werden, dal3 die Werte fiir die Pausen- 1/~nge schwanken zwischen 30 Sek. bei erstmaligem Auftreten des Nyst. postr. I I , d. h. bei niedrigster Winkelgeschwindigkeit, und zwischen 1--2 Sek. bei einer Winkelgeschwindigkeit von 180~ Ferner betr/~gt nach meinen Untersuchungen die Sehwankungsbreite der Pausendauer fiir eine Winkelgeschwindigkeit von 180~ 1--15 Sek. Dabei mu6 noeh betont werden, dab die grol3en Pausenwerte nur bei ungleiehm/~6iger Erregbarkeit beider Labyrinthe, in diesem Falle bei Vorliegen einer zentralen Tonusdffferenz mit Nystagmusbereitschaft nach einer Seite, und zwar nur auf der Seite der Nystagmusbereitsehaft gefunden wurden.

Naeh Woletz schwankt die Pause bei einer Winkelgesehwindigkeit von 180~ individuell zwisehen etwa 1 Sek. und 34 Sek. bzw. 44 Sek. in einem Falle. Als Ausnahmen fiir die Pausenl/~nge bezeichnet Woletz beobaehtete Pausen von 62, ja sogar 121 Sek. Die Abh/s der Pausendauer vom EndverzSgerungsreiz wurde durch Woletz nicht unter- sucht. Derartige Extreme der Pausendauer konnte ich nicht bei Dreh- reizen, sondern nur bei kalorischen Priifungen beobachten. Da es in den meisten F/~llen nicht mSglich ist, nach kalorischen Reizen einen Nyst. postr. I I zu b e o b a c h t e n - Veits konute ihn nur wenige Male beob- achten - - , ist es verst~ndlich, dab hier ein Mittelwert aus vielen Unter- suchungen nicht gezogen werden kann. In den 2 F/s jedoch, in denen er auftrat und bei denen auBerdem eine zentrale Tonusdifferenz bestand, konnte als Weft fiir die Pausenl~nge im ersten Falle ein Ext rem yon 105 Sek. bei Kaltspiilung und yon 60 Sek. bei Heil3spiilung, im zweitea Falle ein Wert von 68 Sek. bei Kaltspiilung und 60 Sek. bei Heil3spiilung ermittelt werden.

Vergleicht man nunmehr die bei Priifung des einen Labyrinths er- mittelten Pausenwerte mit denen des anderen, so ergeben sich folgende Zusammenh/mge :

Sind beide Labyrinthe gleichm~6ig erregbar, so haben auch die Pausen beiderseits eine gleiche L/s Diese Feststellung konnte viel- fach best/~tigt werden. Sind jedoeh beide Labyrinthe ungleichm/~l~ig erregbar, besteht z. B. eine zentrale Tonusdifferenz, so beteiligt sich an dieser ebenso wie der Nyst. postr. I I auch die zugeh6rige Pause, und zwar in dem Sinne, dal3 die LKnge der Pause von der St~rke des Nyst. postr. I I abh/tngig ist. Zeigt z. B. diese Nystagmusbereitschaft nach links, so ist die Pause vor dem nach links weisenden Nyst. postr. I I bedeutend kiirzer als die vor dem Nyst. postr. I I , der nach reehts sehls Besonders deutlieh wird dieses Verhalten beim Starkreiz (Drehgeschwindigkeit yon 180~ Es korrespondiert also die Pausenl/mge mit dem zugeh6rigen Nyst. postr. I und I I . Damit gilt der Satz : Je st/s der Nyst. postr. I I , desto kiirzer ist die Pause und umgekehrt, je schw/~cher der Nyst. postr. I I , desto 1/s ist die Pause.

Page 7: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

308 Carl Lange :

Woletz fand nun, dab sich bei den einzelnen Vp nach Rechts- und Linksdrehungen mit einer Winkelgesehwindigkeit yon 180~ in der Pausendauer ,,sehr erhebliche Unterschiede" ergaben. Ferner f and er, dal~ bei 6 Vp die Pausen naeh Linksdrehungen, bei 7 Vp. naeh Rechts- drehungen gr61~er waren. /qur bei einer V p zeigten die Mittelwerte keinen Untersehied. Ich glaube, dieses Verhalten der Pausenl~ngen auf ungleichm/s Erregbarkeit beider Labyrinthe zuriiekfiihren zu miissen und dab in den F/illen, in welchen eine Differenz der Pausen- 1/~nge zugunsten einer Seite vorlag, eine zentrale Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft die Ursache war. Diese Erscheinung ist nicht selten. Arslan fand bei 13 unter 27 normalen FKllen sowie Woletz bei ]1 unter 14 F/illen die yon Arslan als ,,gekreuzte Asymmetrie" be- zeichnete Differenz. Woletz sehreibt: ,,Fast allgemein dauerte bei jenen Individuen die Pause nach Linksdrehungen l~nger, bei welchen die Dauer des I. Postr0tatorius nach Linksdrehungen grSBer war als nach Rechts- drehungen." Nach meinen Erfahrungen mOchte ich hinzufiigen: ,,und bei welchen die Dauer des II . Postrotatorius nach Linksdrehungen kleiner war als naeh Reehtsdrehungen."

Die Gesetzm~6igkeit der Pause dtirfte damit nachgewiesen sein. Sie ist nicht nut abh/~ngig yon Dauer und Verlauf der I. und I I . post- rotatorischen Nystagmusphase, sondern paBt sich dem gesamten laby- rinth/~ren YCeflexvorgang in typischer Weise an, insbesondere nimmt sie auch Anteil an jenen, dureh verschiedene individuelle Reaktionsbereit- sehaft der Vp. bedingten Schwankungen des Reflexvorganges.

I m folgenden m6chte ich meine Untersuchungen dem eigentlichen Nyst. postr. I I zuwenden. Er wurde erstmals schon von Barany mit seiner einfaehen klinischen Drehmethode, wenn auch nur in Ausnahme- f~llen, beobaehtet. Er nannte die Umkehrung des Nachnystagmus ,,Naehnaehnystagmus". Genauere Betraehtungen hieriiber stellten dann sps Buys, Fischer, Arslan, Woletz, Veits, Mittermaier an, auf deren Arbeiten Bezug genommen wird. Meine Untersuehungen erstreeken sich auf Richtung, Qualit/~t, Verlauf, Dauer, Schlagzahl, Intensit/~t und Sehwellenwert des Nyst. postr. I I .

Die Richtung des Nyst. postr. I I ist stets entgegengesetzt der l~iehtung tier ersten Phase des Nystagmusvorganges. Ausnahmen sind nicht zu beobaehten und nach den Untersuchungen yon Fischer auch nicht zu erwarten. Wohl kann es vorkommen, wie ieh es gefunden habe, dal3 als Folge einer zentralen Tonusdifferenz ein Nyst. postr. I I in Augenmittel- stellung nicht zur Auspr/~gung und Beobachtung kommt, d. h. zwei gleiehgerichtete Nystagmusrhythmen, ni~mlich I und I I I mit gewissem Abstande aufeinander folgen, aber niemals kann ein Nyst. postr. I I normalerweise seine ~ichtung wechseln.

I m Vergleich zum Nyst. postr. I finden wit beim Nyst. postr. I I einige wichtige Besonderheiten. W~hrend jener fast immer ein in sieh

Page 8: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

U n t e r s u c h u n g e n fiber den Ab lau f der I I . pos t ro t a to r i s ehen R e a k t i o n e n . 309

geschlossenes Ganzes von v orziiglicher Regelm/~6igkeit, Rhythmik und guter Beobaehtbarkeit darstellt, gelten diese Charakteristika nur mit gewissen Einschr/tnkungen vom Verlauf des Nyst. postr. II . Meist dauert es anfangs eine gewisse Zeit, bis er zu seiner vollen Auspr/tgung

k o m m t . Der erste sehnelle Schlag folgt besonders bei niedriger Winkel- geschwindigkeit h/~ufig erst naeh 1/s Deviation, w/~hrend um- gekehrt nach hoher Drehgeschwindigkeit die volle l{hythmik unmittel- barer und schneller eintritt. Oft erregt es den Anschein, als w/~re seine Schlagfolge gegliedert, in Form yon Gruppierungen aufgeteilt und sein Verlauf diskontinuierlich. Ich glaube aber, dab diese St6rungen im Ablauf allermeist dureh Einfliisse bedingt sind, die mit dem eigentlichen postrotatorischen Nystagmus nichts zu tun haben. So kommt es vor, da6 durch willkiirliehe und unwillkiirliche Augenbewegungen sowie Lid- zuckungcn infolge Austrocknungsgefiihl s der Cornea die Beobachtung des zentralen Ablaufs, des Nyst. postr. II, ffir einen kurzen Augenbliek unterbrochen wird. Ferner sieht man, da6 dureh solche Blickbewegungen die langsame Nystagmusphase ausgiebiger, gewissermal~en mit e~tra- labyrinth/trer Untersttitzung, gefSrdert wird und dadurch der Eindruek einer gr56eren Amplitude erweckt wird. In letzterem Falle erfolgt dann meist die zentrale Ausgleichsphase in Form yon Doppel- oder Mehrfach- sehl/~gen, die ihrerseits wieder den Eindruck yon Gliederungen oder Gruppierungen verst/~rken. Diese Doppel- oder Mehrfachschl/tge sind auch nach normaler Langsamphase mOglich und durchaus hs Sie diirfen nicht als mehrere Schl/~ge, sondern immer nur einfach gewertet werden. Leider sind wir vorl/iufig, solange wir keinen Nystagmographen besitzen, noeh an die Ausz/s der schnellen Korrektivphase zur Beurteilung des Nystagmusvorganges gebunden. Dies bedeutet an sich schon eine Fehlerquelle, besonders dann, wenn die Unterbrechung der labyrinth/~ren Phase unregelm/s und ungleichm/~l~ig erfolgt. Ideal w/~re die Methode erst, wenn es gel/s die Summen al]er nystagmo- graphisch registrierten langsamen Phasen - - w i e Buys es vorschlug - - als Ma6stab zu verwenden.

Am h/s sind Unregelm/s im Ablauf der Schlagfolge gegen Ende des Nyst. postr. II . Dies ist um so erkl/~rlicher, als gegen Ende der II. Nachnystagmusphase sowohl Zeitintervall als auch Ampli- tude noch grSl~eren Schwankungen unterworfen sind als bei der I. Nach- nystagmusphase. Das Ende des Nyst. postr. I I ist, wie oben angefiihrt, in der Regel nicht scharf abgesetzt. Der Nyst. postr. I I klingt langsamer aus, seine Amplitude wi rd allm/~hlich kleiner, die Diehte geringer, die Zwischenpause grSl~er, und h/~ufiger t r i t t vermehrtes Pendeln, Z~ttern oder sonstige Unruhe der Augen auf. Schliel~lich t r i t t dig zweite Ruhe- pause ein. Veits erkannte dieses ,,Crescendo, Accelerando und Ritar- dando" fiir den Nyst. postr. I ohne seine Geschlossenheit zu bezweifeln. Das gleiche gilt fiir den Nyst. postr. II.

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 146. 21

Page 9: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

310 Carl Lange:

Es soil noch darauf hingewiesen werden, dal~ infolge von GewShnung bei oft wiederholter Rotation, wie die Untersuchung es erfordert, die sehnelle Korrektivphase schleehter zum Ausdruck kommen, die Beob- achtung st6ren und den Eindruek einer Pause oder Gliederung erwecken kann (Dodge, Giittich, Holsopple). Nieht zuletzt wird dieser Eindruck auch durch zwischengeschaltetes Augenzittern, fiber dessen Ursache keine sicheren Angaben gemacht werden kSnnen, hervorgerufen. Samt- liche StSrungen beeintrachtigen in erster Linie den Verlauf des hIystagmus postrot. II, da er in seiner ganzen Auspragung viel feiner, oberflachlicher, langsamer und damit der Beobachtung - - auch mit der Leuchtbrille l~renzels - - vial schwerer zuganglich ist als der Nystagmus postrot. I.

Die Auffassung yon Veits und Woletz, da$ es sich bei auftretender Gruppierung mSglicherweise um verschieden gleichgerichtete l~hythmen der iibernachst folgenden Nystagmusphasen unter Auslassung bzw. I~ichtdurchdringung der gegenseitig gerichteten, dazwischenliegenden Phasen handeln kSnnte, mSchte ich nicht ohne Einschrankung teilen. In ~esen Fallen sind die Pausen viel zu kurz und unregelmaBig; Auch die 2. Circularvektion, fiber die sparer zu sprechen sein wird, steht hiermit nicht in Einklang. MSglich ware diese Annahme nur bei Vor- handensein einer zentralen Tonusdifferenz. In mehreren solcher Falle mit allerdings sehr stark ausgepragter Nystagmusbereitschaft nach einer Seite - - (ira AnschluB an eine Commotio cerebri) - - konnte ich das Fehlen des zur Gegenseite der Nystagmusbereitschaft weisenden I~ystag- mus postrot. I I beobachten, dafiir aber nach einer um so grSl~eren Pause einen klaren Nystagmus postrot. I I I mit 3. Circularvektion zur Bereit- schaftsseite feststellen. Solche Ausnahmen in pathologischen Fallen dfirfen nicht als Beweis fiir die Gliederung des Nystagmus postrot. I I angesehen werden.

Ein ahnliches Verhalten zeigt auch die Amplitude. Wahrend die ersten Nystagmus postrot. II-Schlage meist eine kleinere Amplitude aufweisen, wachst diese im Verlauf des Nystagmusvorganges zusehends. Umgekehrt verhalt es sich gegen Ende der zweiten Phase. Amplitude und Verlauf des Nystagmus stehen in direkter Proportion. Jedoch sind die Differenzen der Amplituden beim Nyst. postr. I I schwerer erkennbar als beim Nyst. postr. I, da die Amplitude des letzteren im Verhaltnis zu der des ersteren viel grS/3er ist und die des l~yst, postr. I I an sich schon sehr klein ist. I)aher kommt es auch, dal~ in vielen Fallen die 4mplit iude des Nystagmus postrot. I I gleich grol~ erscheint. Nach niederen Drehgeschwindigkeiten ist die Amplitude wiederum kleiner als nach hohen Drehgeschwindigkeiten. Auch hierin zeigt sie ein gleiches Ver- halten wie die meisten anderen l~ystagmuskomponenten.

Auffaliige Unterschiede zwischen den AmplitudengrSl~en bei l~echts- und Linksdrehungen wurden bei gleichmal~iger Erregbarkeit und nor- malen Vp nicht gefunden. Mitunter war bei bestehender zentraler

Page 10: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 311

Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft nach einer Seite auBer allen anderen Nystagmuskomponenten auch die Amplitude auf der Seite des schw/s Nyst. postr. I I geringer, aber auch diese Differenzen waren nur gering und paBten sich dem gesamten Nystagmusvorgang an.

Alle genannten Besonderheiten diirfen uns nicht verleiten, den gesamten Nyst. postr. I I als etwas Diskontinuierliches oder nicht geschlossenes Ganzes zu betrachten, blol3 weft seine Feinheit, St6rbar- keit und damit die Schwierigkeit der Beobachtung uns dazu Veran- lassung zu geben scheinen.

I m folgenden seien weiterhin Dauer, Schlagzahl und Intensit/~t des Nyst. postr. I I einer Prfifung unterzogen. Die Dauer des Nyst. postr. I I wurde nach der Stoppuhr yore Auftreten der ersten langsamen Phase bis einschliel]lich zur letzten Deviation bzw. vom ersten bis zum letzten Schlag festgestellt und bei verschiedenen Drehgeschwindigkeiten geprfift. DaB es in manchen F/~llen recht schwierig sein kann, Anfang und besonders Ende und damit die Dauer des Nyst. postr. I I zu bestimmen, wurde oben schon betont. Woletz sah ihn dann als beendet an, wenn seit dem letzten Schlag eine Pause yon 10 Sek. verstrichen war. Diesem Vor- gehen habe ich reich in den moisten F/illen angeschlossen. Allerdings besteht dabei die M6glichkeit, vereinzelte Schl/~ge nicht mit einbegriffen zu haben. Daffir abet wurde das Gesamtbild der Dauer des Nys t. postr. I I nicht verf~lscht, d. h. durch eine unwesentliche Anzahl yon Schl/~gen allzu betr/~chtlich verli~ngert und damit - - bei Betrachtung des Gesamt- ergebnisses - - d e r Eindruck einer langsameren Nystagmusreaktion erweckt.

Woletz, der dig Nystagmusdauer bei einer Drehgeschwindigkeit yon 180~ bei 14 Vp mit zusammen 278 Rechts- und Linksdrehungen untersucht hat, land den Mittelwert um 65 Sek. (Nyst. postr. I u m 28,4 Sek.) liegen. Die Variation des Nyst. postr. H war gr66er als die des Nyst. postr. I. Ich land ebenso, dab die Dauer des Nyst. postr. I I bedeutend 1/s ist als die des Nyst. postr. I. Nach M. H. Fischers Schema fiir den labyrinth/s Reflexvorgang sollte man das Gegenteil erwarten. Es kam mir nicht darauf an, fiir irgendeine best immte Dreh- geschwindigkeit einen Standardwert zu ermitteln, sondern den gesamten Verlauf der Dauer des Nystagmus und seiner sonstigen Varianten zu besprechen.

Aus Tabelle 3 ist zu ersehen, dal~ die Dauer des Nyst. postr. I I m i t steigender Winkelgeschwindigkeit ansteigt. Bei niedrigster Winke]- geschwindigkeit, die tiberhaupt imstande ist, einen Nyst. postr. I I aus- zul6sen, wurde eine durchschnittliche Dauer yon 15 Sek. gefunden. Das besagt, da6 die einzelnen ersten und feinen Schl/s des Nyst. postr. I I eine langsame Folge hatten. Als Endwert der Nystagmusdauer wurden ffir eine Winkelgeschwindigkeit yon 180~ bei einzelnen Vp zum Tell sehr hohe Werte gefunden. So lagen die h6chsten Werte fiir

21"

Page 11: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

312 Carl Lange :

Tabelle 3. D a u e r w e r t e e i n s c h l i e B l i c h D e v i a t i o n .

W , G , O/Sek.

F a l l

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

M.W.

20 40 60 80 100

20 30 60 60 15 40 60 55 50

25 32 16 35 84 20 35 45

50 33 45 50

0 0 0 30 43 43 65

8 15 54 80

30 27 80 65 20 30 49 30

15 15 12 25 20120

30 40 25 23

i

15128 29 38 41

120 140 160 180

110 86 70 47 80 79 60 50

0 65 80 35 33 98 107

108 85 50 60 20 35 20 20 50 65 50 50;

40 50 15

100 98 175 55 65 82 55

114 124 6 0 60 52 52

0 0 82 42

135 131 60 6O 2O 65 50 55 6O 55

731

175 110 112 133 128 60 50 0

83 65

155 117 65 80 25 25 70 75

120 8O 45

87,4 125

60 80 100 120

20 30 45 65 5 30 30

5 40 49 54 40 50 57 70

50 75 35 35 55 50

10 10 30 30 50 60

8 35

20~ 20 20 30 40 50

18 45 25 20 45

40 15

28135 46

140 160 180

85 97 107 65 88 105 35 70 70 67 67 77 80 93 112 62 65 60 52 55 54 30 40 50 70 65 ]02 35 45 65

20 20 25 65 65 70 45 50 85 50 70 140 50 60 95 45 55 45 54 63 78,8

die Nys tagmusdauer zwischen 2 und 3 Min. (HSchstwert 175 Sek.). Die niedrigsten Wer te fiir die gleiche Winkelgeschwindigkei t land ieh bei 25 Sek. In einem Falle t r a t auf der einen Seite f iberhaupt kein 5[yst. postr. I I auf. Woletz l and s Differenzen (1--150 Sek. und nur in einem Falle 200 Sek.). Aus meinen Unte rsuchungen ergibt sich als Mit te lwer t ffir die Nys tagmusdauer bei 180~ Winkelgeschwindig- kei t ein W e r t von 87,4 Sek. ffir die rechte Labyr in thse i te und 78,8 fiir die linke Seite. E twas niedriger liegen dieselben Mit telwerte, wenn die Dauer vom ersten bis zum le tz ten Schlag un te r Aul~erachtlassung der ersten Deviat ion, wodurch die Richt igke i t beeintri~chtigt wird, berechnet wird. Die Ausrechnung dieser Wer te wurde vergleichsweise vorgenommen. In beiden Berechnungsf~llen bet rug der Mit te lwer t fiir die rechte Laby- r inthsei te etwas mehr als fiir die linke.

Be t rach te t man das Verhal ten der Wer te ffir die Dauer bei den einzelnen Vp, so f~llt auf, dal3 die Linie des stet igen Anstieges yon einer zur n~chsth5heren Drehgeschwindigkei t bei einigen Vp unterbrochen wird. Als Ursache dieses u n t e r s c h i d l i c h e n Verha!tens dfirfte i m Fatle 2 und 13 der Tabelle 3 d i e Mit tagsmahlze i t anzusehen sein. Der sichere Einf lu6 einer zwischendurch e ingenommenen Mahlzei t oder einer ge- wissen Alkohol- bzw. Kaffeemenge auf den Verlauf der Labyr in th- prfifung wurde schon yon Mittermaier festgestellt , In te ressant ist, dab die zugeh6rige Schlagzahl in den genannten Fi~llen diesen Eilffliissen nicht merkl ich unterworfen ist. Vielleicht l iegt das aber nut am Grade

Page 12: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 313

der StSrung und wird anders, wenn der stBrende Einflul~ starker wird. Untersuchungen fiber diese Frage sind im Gange, Ferner f~llt bei Vp 1 auf, dab der Untersehied zwischen den Werten ffir die Winkelgeschwindig- keit von 160 und 1800 sehr grog ist ( l l0 bzw. 175 Sek., Differenz ~ 65 Sek. Ich glaube dies damit erkl~ren zu kSnnen, dab es sich bei dem W e r t von 175 Sek. um die erste Prfifung des Tages gehandelt hat, die - - wie 5fters festgestellt wurde- - meist zu hoch bzw. hSher als die folgende Prf fung der gleiehen oder Gegenseite ausfs und ferner durch den Hinweis, dab es sich in diesem Falle um eine zentrale Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft nach links gehandelt hat. Ein Vergleich mit dem zugehSrigen Nystagmus postr. I ls erkennen, dab dieser eine ~bnliche Schwankung nieht aufzuweisen hat und dab seine Werte fast gesetzm~Big verlaufen. Daraus mug geschlossen werden, dab StSrungen der genannten Art sich zun~ehst im Nyst. postr. I I zu er- kennen geben, ohne eine Anderung des Nyst. postr. I bewirken zu mfissen. Woletz stellte bei seinen Vergleichsuntersuehungen zwisehen R.- und L.- Drehungen die ~hnliehe Tatsache lest, dal~ ,,Untersehiede, welche bereits beim I. Postrotatorius vorhanden oder wenigstens angedeutet sind, beim II . Postrotatorius viel ausgesproehener in Erscheinung treten", d. h. dad die ,,Differenzen des Nystagmus zwischen R.- und L.-Dre- hungen beim I I . Pos t ro ta tor ius exageriert erscheinen". Diese Ver- sehiedenheit der I. und II.~ Phase zwisehen 1~.- und L.-Drehungen fiel auch Arslan auf, der sie auf die ls Dauer und grBl~ere Differenziert- heir des I I . Postrotatorius bezog. Mir erscheint diese Erkl~rung nicht ausreiehend. Ieh glaube, dab alle zentralnervSsen Einflfisse in erster Linie diejenige Nystagmusphase treffen und vers mfissen, die rein zentralen Ursprungs ist, und das ist die I I . postr. Nystagmusphase.

I m Falle 2 t ra t die gegenteilige Erseheinung auf, dal~ n~mlich der Wert fiir die Nystagmusdauer von 98 Sek. auf 175 Sek. anstieg und danach wieder auf l l 0 Sek. sank (bei 140, 160, 1800 Winkelgeschwindig~ keit pro Sekunde). Aber aueh hier nahmen die zugehSrigen Sehlag- zahlen an diesem differenten Verhalten der Dauerwerte nieht teil. Als Ursaehe kann aueh hier die erste Priifung in Frage kommen, da beim ersten und sts Reiz von 180 ~ W.G./Sek. ein ganz anders gearteter Nyst. postr. I I , der viel lebhafter und feinschls war, auftrat , w~hrend bei allen folgenden und schw~cheren Reizen ein jedesmal gleieh groBer Nystagmus langsamer fiber eine ls Zeit verlief. Von der l~eiz- st~rke yon 160 ~ W.G./Sek. ab war das Tempo des Nystagmus stets dasselbe. Dies ist aus den folgenden Untersuchungen mit geringeren Drehgeschwindigkeiten, bei denen die Dichte untereinander angegliehen ist, erkenntlich. Die Drehung yon 1800 W.G./Sek. stellte hier wahr- seheinlieh als erste Prfifung einen verh~ltnism~Big zu hohen Reiz dar. Ein gleiches Verhalten der Nystagmusdauer ffir die andere Labyrinth- seite k o n n t e nicht festgestellt werden. Es mug aber betont werden,

Page 13: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

314 Carl Lange:

da6 eine zentrale Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft nach links gefunden wurde, die als weitere Ursache fiir die sts Anspreehbar- keit des Nystagmus postr. I I rechts in Frage kommen kann.

Aus beiden und anderen F~llen mu6 geschlossen werden, dab StS- rungen in der Dauer des Nyst. postr. I I leichter auftreten kSnnen als in der Schlagzahl. Mir erseheint diese Eigenart verst~tndlich, da das Dominierende sieher der Nystagmusvorgang selbst ist, dem anderer- seits die Dauer zugeordnet ist. Umgekehrt land es Veits fiir den Nyst. postr. I. Er stellte n/~mlich lest, dal3 die Dauer viel weniger Schwan- kungen unterworfen ist als Schlagzahl und Frequenz.

Aueh in diesem 2. Falle konnte eine Anderung des Nyst. postr. I bei den gleichen Drehgeschwindigkeiten nieht beobachtet werden. Als Ursaehe mul3 auch hier die st/~rkere Beeinflu6barkeit der rein zentral bedingten II. Phase im Gegensatz zu der peripher und zentral bedingten I. Phase angesehen werden.

Eigenartig ist ferner das Untersuchungsergebnis im Falle 15. Hier betri~gt die Dauer stets etwa 20 Sek. Auf die geringen Unterschiede bei langsamen und hohen W.G. mSchte ich keinen zu grol3en Wert legen, da diese im vorliegenden Falle im Bereich der Fehlergrenze liegen. Es endete nitmlich bei den hSheren Dauerwerten der Nyst. postr. I I m i t einer Deviation, deren Ende nicht so exakt abzugrenzen war. Aul~er- dem hatte der Nyst. postr. I I stets nur eine Sehlagzahl von 5 langsam aufeinanderfolgenden Schl~gen. Es war also hier der besondere Fall zu verzeiehnen, da~ weder Schlagdauer noeh.~.Schlagzahl sieh mit stei-

gender Winkelgeschwindigkeit ~nderten. Ein gleiches Verhalten zeigten die Pausenwerte zwischen Nyst. postr. I und II, die stets bei 15 Sek. lagen. Anders verhielt es sieh jedoeh mit dem Nyst. postr. I, der bei zunehmender W.G. mit allen seinen Komponenten in normalen Grenzen stieg. Als Ursache dieser Eigenart kann nur eine geringere zentrale Empfindlichkeit (oder Hemmung?) angesehen werden.

Ganz i~hnlieh verhielt es sieh im Fall 6. Die Werte ffir die Nystagmus- dauer lagen hier mit Ausnahme der Winkelgesehwindigkeit von 100 ~ und 120~ links, stets bei 60 Sek., die Sehlagzahl fiir den Nyst. postr. I I stets bei 14 langsamen, mittelgro6en und deutliehen Schls Auch hier blieb, wie im vorigen Falle, die Unver~nderlichkeit nur auf den Nyst. postr. I I beschr~nkt, w/~hrend der Nyst. postr. I mit allen seinen Werten an der Steigerung der Drehgeschwindigkeit teilnahm. Die Pausenwerte fielen bei den gleichen Prtifungen yon 10 bis auf 5 Sek., also auch nicht wesentlich. Die ErhShung der Werte fiir Dauer und Sehlagzahl bei 1200 W.G./Sek., linkes Labyrinth, diirfte einerseits auf den Einflu6 der vorhergegangenen Mittagsmahlzeit, andererseits auf die bestehende zentrale Tonusdifferenz nach rechts zuriickzufiihren sein. W~thrend also beim Nyst. postr. I sowie bei den kalorisehen Priifungen die Nystagmusbereitsehaft deutlich zum Ausdruek kam, t ra t sie beim

Page 14: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 315

Nyst. postr. I I mit Ausnahme der obengenannten Drehgeschwindig- keit yon 120~ iiberhaupt nieht in Erseheinung. Ich erblicke aueh hierin wiederum eine geringere zentralnervSse Ansprechbarkeit der Vp, die sich nach den friiheren Darlegungen in erster Linie beim Nyst. postr. I I auswirken muI~. DaB diese Annahme zutrifft, ergibt sich auch aus den absoluten Werten fiir Dauer, Schlagzahl und Dichte, die nur ungef~hr halb so groB sind wie die iibrigen durchschnittlichen Mittelwerte des Nyst. postr. II. H~tte diese geringere zentrale Ansprechbarkeit (oder Hemmung ?) nicht bestanden, so wi~re zu erwarten gewesen, dab gerade alle Nyst. postr. II-Werte die vorliegende zentrale Tonusdifferenz am deutlichsten zum Ausdruek h~tten bringen miissen, da Differenzen in der Erregbarkeit beider Labyrinthe, wie viele F~lle beweisen, auBer bei den kalorischen Proben besonders beim Nyst. postr. I I in Erschei- hung zu treten pflegen.

Der Vollstiindigkeit halber sei aueh noch auf Fall 7 verwiesen, be i dem ebenfalls - - abgesehen yon den niedrigsten Drehgeschwindigkeiten - - fast stets gleiche Werte fiir Dauer und Schlagzahl des Nyst. postr. I I zu verzeiehnen waren, w~hrend die Pausenwerte mit steigender W.G. deutlicher absanken und die Nyst. postr. I-Werte gesetzm~i~ig anstiegen.

Im Fall 8, der eine zentrale Tonusdifferenz nach reehts aufwies, t ra t das seltene Verhalten ein, daB es bei Priifung des rechten Labyrinths iiberhaupt nicht zu einem Nyst. postr. I I kam, w~hrend alle anderen postrotatorisehen Rhythmen auftraten. Allerdings waren auch die Nyst. postr. II-Werte der linken Seite, die in diesem Falle einer be- stehenden zentralen Tonusdifferenz nach rechts besonders stark hs auftreten miissen, in jeder Weise nur sehwaeh ausgepr~gt. Anders ver- Melt es sich mit den Werten des Nyst. postr. I, die besonders auf der Seite der Nystagmusbereitschaft (rechts) fiber den durchschnittlichen Mittelwerten lagen und ebenso anders verhielt es sieh mit den zugeh5rigen C.V., die sowohl als I. wie auch als II . C.V. gut ausgepr~gt waren. Der Fall lehrt also, dab aueh hier, ebenso wie in den F~llen 6, 7, 15 die ge- ringere zentrale Empfindlichkeit zu einer Sehw~chung des Nyst. postr. I I bis zu seinem Ausfall ffihren kann und daB in diesem Falle die Dreh- naehempfindung im Gegensatz zum Nystagmus postr. I I das feinere Reagens der labyrinth~ren Reizung darstellt.

Ebenfalls nicht gesetzm/~Big verliefen die Dauerwerte im Fall 12, die im Gegensatz zu den Schlagzahlwerten Sehwankungen unterworfen waren, die nicht allein durch Amplitudenschwankungen, sondern wohl aueh dureh Beobachtungsfehler erkl~rt werden miissen. Der Nyst. postr. I verlief vollkommen gesetzm~Big. Die geringe Abweiehung der Dauer- und Schlagzahlwerte im Fall 4 fiir eine W.G. von 160~ diirfte ebenso auf die schwierige Beobaehtbarkeit dieses Falles zuriick- zufiihren sein. In den iibrigen F~llen waren Besonderheiten der Dauer des Nyst. postr. I I nicht zu erheben.

Page 15: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

316 Carl Lange:

Vergleicht man zum Schlu$ die Dauerwerte der einen Labyrinth- seite mit denen der anderen, so ergibt sich, dab sie bei gleicher Erregbar- keit beider Labyrinthe nur im Bereich der Fehlergrenze differieren, w/ihrend sie bei ungleichm/~i3iger Erregbarkeit beider Seiten an dieser Verschiedenheit Anteil nehmen. Die Dauerwerte, das sei vorausge- nommen, folgen in fast allen F/~llen den Schlagzahlwerten. Dies ist am auff/~lligsten bei Bestehen einer Nystagmusbereitschaft auf Grund einer zentralen Tonusdifferenz. Sie sind am geringsten auf der Seite, nach der die Nystagmusbereitschaft hinweist und umgekehrt am hSchsten auf der Gegenseite. Hier kSnnen sie selbst bei gesunden Vp Werte bis zu fast 3 Min. erreichen und die entsprechenden Werte der Gegenseite um 100 % und mehr iibersteigen. Damit im Zusammenhang steht auch das frfihere Verschwinden des Nyst. postr, l I bei sinkenden EndverzSgerungsreizen auf der Seite, nach welcher der Nystagmus hinweist bzw. wie im Falle 8 das Ausfallen jeglicher Nystagmusreaktion auch nach hohen W.G. auf dieser Seite. Ein entsprecbendes Verhalten konnte ich auch ffir die Pausendauer feststellen.

Bei Kontrolluntersuchungen mit gleicher Drehgeschwindigkeit zu verschiedenen Zeiten wurde festgestellt, da$ der Weft ffir die Nystagmus- dauer nicht immer konstant ist, sondern yon der individuellen Reaktions- bereitschaft der Vp stetig abh/ingig ist. Die GrSBe der Schwankungen kann starker und schw~cher sein. Eine prozentuale Festlegung der Schwankungsbreite nach oben und unten sollte nicht Aufgabe dieser Arbeit sein. Wesentlicher erschien mir die Besprechung des Gesamt- verlaufes des Nystagmusvorganges, der zu verschiedenen Zeiten viel geringeren Schwankungen unterworfen ist.

Zusammenfassend ist fiber die Dauer des Nyst. postr. I I zu sagen: 1. Sie ist in der l%egel grSl3er a, ls die des Nystagmus postr. I. In

Ausnahmef~llen (geringere zentrale Empfindlichkeit oder Reaktions- bereitschaft) und bei niederen Drehgeschwindigkeiten (in Reizschwellen- niche) kann sie auch kleiner sein.

2. Die Dauer des Nyst. postr. I I steigt in der Regel mit zunehmender Winkelgeschwindigkeit und ist meistens der Schlagzahl des Nyst. postr. I I angepal~t. In Ausnahmef~llen kann sie auch gleich bleiben (geringere zentralnervSse Reaktionsbereitschaft). Ein Sinken der Dauerwerte bei Zunahme der l~eizgrSBe wurde nicht beobachtet. Die Dauerwerte shld eher Schwankungen unterworfen als die zugeh6rigen Schlagzahlwerte und die Werte des Nyst. postr. I, insbesondere sind die Dauerwerte /~ul~eren Einflfissen ausgesetzter.

3. Ein Mittelwer~ kann daher nut ffir eine best immte W.G. berechnet werden. Der Mittelwert fiir die Dauer bei 180 ~ W.G./Sek. betr/~gt nach meinen Untersuchungen 87,4 Sek. ffir die rechte und 78,8 Sek. fiir die linke Labyrinthseite. Ein solcher f~ir das erstmalige Auftreten des Nyst. postr, i I ist ~llgemeingfiltig nicht anzugeben, da dieser v o n d e r

Page 16: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II . postrotatorischen Reaktionen. 317

Genauigkei t der E r m i t t e l u n g der Reizschwelle abh~ngig ist. E r df irf te abe r nur wenige Sekunden bet ragen.

4. Die Dauer des N y s t a g m u s postr . ] I ve rdeu t l i ch t bei ungleich- m/~l~iger E r r egba rke i t be ider La, b y r i n t h e - - gemeinsam m i t de r Schlag- zahl und den W e r t e n des Nys t . postr . I - - die A r t der Er regbarke i t s - s t6rung. I m Fa l le geringerer zent ra ler Empf ind l i chke i t k6nnen bei ungleichm/iBiger E r r egba rke i t die W e r t e fiir die Daue r wie ffir die i ibr igen K o m p o n e n t e n des Nys t . postr . I I im Gegensatz zu den W e r t e n des Nys t . postr . I die Er regbarke i t sd i f fe renz auch abgeschw~cht in Er- scheinung t r e t en lassen.

5. Bei wiederhol ter Un te r suchung mi t gleicher W.G. zu versch iedenen Zei ten k a n n auch die Daue r des Nys t . postr . I I ~ n d e r u n g e n un te rwor fen sein (verschiedcne I~eakt ionsbere i t schaf t der Vp).

W.G, ~/Sek. 20 40 60 Fall

5

9 i 3 7 11 3 12 ~, 3 5 13 I 4 8

/ 2 15 5 16 i ] 17

19 20

M.W.

Tabelle 4. Sch ]agzah lwer t e .

140

29 35 23 3O 56 14 28 0

40 8

46 40 35 2O

5 21

15

160

31 62 27 23 65 14 30 0

42 20 60 85 35 31

5 22 20 54

180

123 93 51 42 70 14 31 0

43 25 75 61 40 4O

5 24

95 55 12

6o

2 8

1 3 10

8 15

5

80 100

1 1

8 10 20

7 31

1 3 6 16

I 1

J

5 i 5 8 15

4 3 7

] 120 1.40

4 12 20 45 68 20 14

]30 i31 1 4 6 2~ 238

12 17

1 14 3

i 160 180

3,6! 5,5

80 100 120

ilO 25 16 30 16

26 18 35

i 7 13 , 27 28

0 0 25 35

1 5 23 35 18 26 12 25 3 12 5 5

156 ,20 18 26

12 3

9,2 113,2 19,6

50 45 10

25,9133,3 I 47,6,~ 3,6 ! 7,1

38 43 16 27 9 21

17 26 98 113 14 14 29 33 8 30

26 33 20 24

I '

51 5 5 2 22 2 4 18 2 0 i 49 2O 31~ 46 35 45 50

I 8 12 15,7 120,1 ! 25,41 34,4 10,6

Bei Be t r ach tung der Schlagzahlen (Tabelle 4) des Nys t . pos t r . I I s ind mancher le i Para l le len zu seiner Dauer festzustel len.

Be t r ach t e t m a n die Schlagzahlen einer Labyr in th se i t e derse lben Vp bei verschiedenen Winke lgeschwind igke i t en , . so f~llt ein /~hnliches Verha l t en der Schlagzahlen wie der Dauerwer te auf. Auch hier gi l t als Regel, daf~ mi t s te igender Winkelgeschwindigke i t die Zahl der Schl/s zun immt . Eine Vergleichung der Mi t te lwer te der Schlagzahlen ffir die einzelnen Endverz6gerungsreize , d . h . Winke lgeschwindigke i ten im Ab- s t and yon je 20~ veranschaul ich t dies a m deut l ichs ten .

Page 17: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

318 Carl Lange:

Andererseits kommen auch hier F~tlle vor, bei denen diese Steige- rung ausbleibt. Ich erwKhnte diese Verhitltnisse sehon bei Beurteilung der Nystagmusdauer. So betrug die Sehlagzah] im Fall 15 zwischen 600 und 1800 W.G./Sek. dauernd 5 und ebenso die im Falle 6 zwischen 1200 und 1800 W.G./Sek. dauernd 14 bzw. 13. In beiden Fi~llen waren die Schlagzahlen fiir den Nyst. postr. I I im Gegensatz zum Nyst. postr. I sehr niedrig und die zentrale Reaktionsbereitschaft sicher gering. Einen vollkommenen Ausfall des Nyst. postr. I I bei allen Winkelgeschwindig- keiten sah ieh nur einmal im Falle 8 bei Priifung der rechten Labyrinth- seite. In diesem Falle verband sich die geringere Reaktionsf~thigkeit des Zentralorgans mit einer zentralen Tonusdifferenz nach rechts.

Ftir die Abweichung der Schlagzahlwerte im Fall 4 und im Fall 12 bei einer Winkelgeschwindigkeit yon 160~ konnte ich keine be- friedigende Erkl/irung linden. Ich mu$ sie fiir Beobachtungsfehler halten oder Einfliissen zuschreiben, die uns bis jetzt in ihrer Wirkungs- weise nicht bekannt sind. Besondere Beaehtung verdienen auch hier die Schlagzahlwerte fiir die Drehgeschwindigkeit yon 180~ Woletz fand bei dieser W.G. fiir die Schlagzahl des Nyst. postr. I I eine Variations- breite yon 1--210 Schli~gen, ja sogar in einem Falle bis zu 282 Schl~tgen. Nach Veits betrug diese nur 3 Schl/~ge einerseits und 155 Schl/tge andererseits. Nach meinen Untersuchungen betrug dieselbe Varia- tionsbreite fiir eine W.G. yon 180~ : 0 - - 5 Schl/~ge einerseits und 123 Schl/~ge andererseits. Als Mittelwert fiir die Schlagzahl bei der ge- nannten W.G. ermittelte ich einen Schlagzahlwert yon 47,65 Sehl~gen ftir das reehte Labyrinth, von 34,4 Schl~tgen ffir das ]inke.

Demgegeniiber betrug die Schwankungsbreite der Schlagzahl des Nyst. postr. I bei einer W.G. yon 180~ nach meinen Untersuchungen 26--65 Sehl/~ge. Als Mittelwert fiir die Schlagzahl des Nyst. postr. I errechnete ieh daraus einen Wert yon 42,0 fiir das reehte Labyrinth und 42,2 fiir das linke. Daraus erhellt:

1. da6 die Schwankungsbreite der mittleren Sehlagzahlwerte fiir den Nyst. postr. I I bedeutend gr66er ist als die des Nyst. postr. I,

2. dab fiir den Nyst. postr. I ein geringes Plus zugunsten der linken (0,48%) und fiir den Nyst. postr. I I ein gr56eres Plus zugunsten der rechten Labyrinthseite (22,71%) zu verzeiehnen ist und

3. daI~ diese Differenz zwischen Nyst. postr. I und II in dem ver- mehrten Auftreten der zentralen Tonusdifferenz mit Nystagmusbereit- sehaft nach links ihre Erkli~rung finder. Hierauf wird bei Bespreehung der Sehwellenwerte noch n/iher eingegangen werden.

Beim Vergleieh mit don Dauerwerten ff~llt auf, dal~ Abweiehungen von dem stetig ansteigenden Ver]auf der Sehlagzahlwerte seltener vor- kommen als beim Verlauf der Dauerwerte. Ieh fiihrte dieses oben sehon darauf zuriiek, daI] der eigentliche Nystagmusvorgang, d. h. seine lang- same und schnelle Phase, das Prim~re und seine Dauer, das Sekund/~re,

Page 18: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen tiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 319

von ihm abh/tngige sei. Schwankungen sind daher bei den Dauerwerten h/s und eher zu erwarten. Dies finder in der Tabelle fiber die Schlag- zahl- und Schlagdauerwerte seine Best/s

Bei Vergleichung beider Labyrinthseiten konnte ich, wie W o l e t z u . a .

feststellen, da6 allgemein die Differenzen der Schlagzahlwerte beim Nyst. postr. I I gr6~er sind als beim Nys~. postr. I. Dies liegt sowohl an der sehwierigeren Beobachtbarkeit, als auch an der gr613eren Dauer und h6heren Schlagzahl, d .h . der gr613eren Differenziertheit, der ersten positiven im Gegensatz zur ersten negati~r Phase. Gewertet habe ich diese Unterschiede zwischen den einzelnen Schlagzahlwerten beider Labyrinthseiten erst, wenn ihre Differenz =~ 5 Schl/tge fiberstieg, ebenso wie ieh Differenzen in der Nystagmusdauer erst gewertet habe, wenn ihr Unterschied grSBer als • 5 Sek. war. Bei gleichm/tBiger Erregbar- keit beider Labyrinthe stimmten die Werte f/Jr die Sehlagzahlen, genaue Z~hlung vorausgesetzt, verh/tltnism/s genau iiberein. Bei nicht ge- nauer 13bereinstimmung konnte oft das Bestehen einer zentralen Differenz zugunsten einer Labyrinthseite durch Erg/tnzungsprfifungen festgestellt werden. Dabei nahm diese Differenz oft nur ganz geringe Grade an und es konnte damit der fliel3ende l~bergang yon gleich- zu ungleichm/s Erregbarkeit beider Labyrinthe, letztere im Sinne einer zentralen Tonus- differenz, nachgewiesen werden. DaB dieser Wechsel aueh umgekehrt yon ungteiehm/~/3iger zu gleiehra/s Erregbarkeit mSglieh ist, wurde bei einem Patienten nach einer C0mmotio cerebri durch zeitlich ge- trennte Untersuehungen best/~tigt.

Durch Kontrolluntersuchungen zu versehiedenen Zeiten wurde ebenso wie ffir die Nystagmusdauer auch ffir die Schlagzahl festgestellt, dab die Werte ffir dieselbe Winkelgeschwindigkeit nicht immer konstant sind, sondern yon der individuellen Reaktionsf/~higkeit und Anspreehbarkeit der Vp abh/~ngig sind. Aueh hier sind flieSende ~berg/inge sieher vor- handen.

Zusammenfassend ist fiber die Schlagzahl des Nystagmus postr. I I zu sagen :

1. Die Schlagzahl steht in direkter Korrelation zur Dauer des Nyst. postr. II.

2. Die Schlagzahl des Nyst. postr. I I ist bei hohen Drehgesehwindig- keiten sehr oft grSl3er, bei niedrigeren Drehgeschwindigkeiten sehr oft kleiner als die des Nyst. postr. I. In F/tllen geringerer zentraler Emp- findliehkeit kann sie auch bei hohen Drehgeschwindigkeiten bedeutend kleiner sein.

3. Die Schwankungsbreite der Sehlagzahlen des Nyst. postr. I I ist somit bedeutend grSl3er als die des Nyst. postr. I.

4. Die Schlagzahl des Nyst. postr. I I ist abh/~ngig yon der Dreh- gesehwindigkeit und steigt in der Regel mit zunehmender Winkel-

Page 19: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

320 Carl Lange :

geschwindigkeit an. In Ausnahmef/~llen kann sie auch gleieh bleiben (geringere zentrale Empfindlichkeit). Ein Sinken der Nystagmusschlag- zahl mit steigender Winkelgesehwindigkeit wurde nicbt beobachtet. Die Schlagzahlwerte sind Sehwankungen weniger unterworfen als die zugeh6rigen Dauerwerte und sind/tu6eren Einfliissen weniger ausgesetzt als diese.

5. Ebenso wie fiir die Nystagmusdauer kann auch fiir die Schlag- zahl ein Mittelwert nur fiir eine ganz bestimmte W.G. erreehnet werden. Der Mittelwert fiir die Sehlagzahl bei 180~ . betr~gt naeh meinen Untersuehungen 47,65 Schl/~ge fiir das recbte Labyrinth, 34,4 ffir das linke.

6. Die Schlagzahl des Nyst. postr. I I verdeutlieht in hervorragender Weise ebenso wie die Dauer und sehr oft besser als die Sehlagzahl des Nyst. postr. I jede Ungleichm~Bigkeit in der Erregbarkeit beider Vesti- bularorgane. Im Falle geringerer zentraler Empfindlichkeit und un- g le iehm~iger Erregbarkeit k6nnen die Sehlagzahlwerte ebenso wie die Dauerwerte des Nyst. postr. I I und im Gegensatz zu den Werten des Nyst. postr. I die Erregbarkeitsdifferenz aueh weniger deutlieh in Erscheinung treten lassen.

7. Bei Kontrolluntersuehungen mit gleieher Winkelgesehwindigkeit zu versehiedenen Zeiten schwanken auch die Sehlagzahlen des Nyst. postr. I I je nach der Reaktionsf/~higkeit der Vp.

Als wiehtigstes Kriterium f/it den ganzen Nystagmusvorgang sah sehon Arslan die Frequenz, von Fischer und Veit8 auch als ,,Dichte" bezeiehnet, d. h. die Schlagzahl in der Zeiteinheit, an. Sic ist naeh Unter- suehungen von Woletz ffir den Nyst. postr. I I noeh nieht einmal halb so groI~ wie die Frequenz des Nyst. postr. I. Wit haben in der Frei- burger Klinik das Verh~ltnis yon Schlagzahl zu Schlagdauer frfiher als Intensit~t bezeichnet, waren nns aber bewuBt, dal~ in diesem Zahlen- verh/~ltnis die Qualit~t des Nystagmusschlages unberfieksiehtigt blieb. Deswegen haben wit uns dem Vorschlag von Fischer und Veits ange- sehlossen und die Bezeichnung ,,Diehte" als wichtigstes Mal~ ffir den Nystagmusvorgang fibernommen.

Vergleieht man die Werte fiir die Diehte (Tabelle 5) untereinander, so ergeben sich ~hnliehe wichtige Tatsaehen wie fiir die Sehlagdauer und Sehlagzahl. Auch hier ist zun~ehst festzustellen, da6 die I)iehte in direkter Korrela~ion zu Schlagdauer und Sehlagzahl steht. _~ndert sich aueh nut eine dieser beiden Komponenten, so verschiebt sich auch sofort der Wert ffir die Dichte. Sehon hieraus ergibt sieh, da[~ der Wert ffir die I)ichte der sicherste Index ffir den Nystagmusablauf ist.

Die Diehte des Nyst. 10ostr. l I ist durehschnittlich bedeutend ge- ringer als die des Nyst. postr. I. Naeh Woletz sehwankt die Dichte fiir den Nyst. postr. I I b e i 180 o W.G./Sek. zwisehen 0,2 und 1,2. Als Mittel-

Page 20: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 321

W.G. I I ! ~ 20 40 60

Fa l l

1 0,1 0,16 2 0,13 0,15 0,17 3 J I

i o,18 io,15

6 I 10,33

0,16 I o,1 10 [

0,2 12 1 0,1 0,18 13 I i0,2 0,27

15 ~ , 16 ! i 17 ! i 18 i r 19 i I 2o I / i

N.W.

Tabelle 5. Dichtewerte . i

80 100

i0,10 0,17 0,25 10,32 0,20 0,32 0,34 0,29

10,13

120

0,29 0,43 0,34 0,32

0,28 0,40 0,44 0 , ] . 4 ;0,21

,35 0,54 '0,56 0 0

0,2 0,38 0,54 0,13 0,15

0,22 0,29 0335 0,22 0,28 0,24 0,3 0,4 0,5 0,2 0,25 0,6 0,25 0,25 0,25 0,27 0,37 0,4

i 0,24 0,3 I 0,78 0,6 , 0,3 i 0,2

0,111 0,19[ 0 23i0,30 10,35

3140 160 180 60 80 100 [ 120 140

/

0,29 0,28 0,71 I0,1 0,26 0,31 0,32 ~0,35 0,35 0,35 0,851 / 0,16'0,26 0,19 0,41 0,41 0,46 ' 0,11 0,36 0,40 0,31 0,2 0,2 0,2 0,22 0,30 0,50 ]0,52 0 54 0,2 0,35 0,64 !0,85 0,23 0,23 0,23~ I 0,14 0,27 i0,22 0,54 0,58 0,62 0,23 0,43 10,56 0,60 0,59 0 0 0 ' I 0 l ,0 ,3 0,13!0,2 0,5 0,52 0,52 0~2 0,32 0,33 /0,33 0,24 0,47 0,38 0,13 0,15 0,23 0,43 0,44 0,43 / I 0,47 0,64 0,52 o,5s 0,58 o,61 / ~ I 0,57 0,51 0,5. i ' 0,25 0,25 0,2 0,2 0,25 0,25 0,25 0,25 0,32/0,34.0,34 10,27 0,37 0,4 0,32 0,3 0,4 10,72 0,22 0,27 0,40 0,6 0,9 0,8 [0,1210,35 0,37 0,4 0,7 0,75 0,68 I 0,35 0,7 0,18 0,19 0,26 0,2 0,18

[0,39 ]0,44 10,49 0,18 10,23 ]0,28 10,32 !0,35

160

0,39 0,19 0,13 0,25 1,05 0,22 0,54 0,2 0,40 0,44

0,25 0,34 0,40 0,4~ 0,75 0,19 0,38

180

0,40 0,25

~0,30 0,34 1,01 0,23 0,61 0,6 0,32

/0'37

! 0,2 0,34 0,58 0,33 0,53 0,26

19,41

wert errechnete er einen Wert yon 0,6 Schl/~gen pro Sekunde. Ich land be[ meinen Untersuehungen f/Jr die gleiehe Winkelgeschwindigkei$ eine ganz /ihnliche Sehwankungsbreite der Diehge, n/~mlich yon 0,2--1,01, wenn die Deviagionszeit, was riehtiger [st, zu Beginn des Nystagmus- vorganges der Sehlagdauer mit hinzugereehnet wurde. Als Migtelwerg fand ieh dementspreehend ffir eine Drehgesehwindigkeit yon 1800 W.G./- Sek. eine Diehte yon 0,49 ftir die rechte Labyrinthseite und 0,41 fiir die linke, d. h. etwas wen[get. Es resultierte, einerlei ob die Deviation dem Nystagmusvorgang hinzugereehnet wurde oder nieht, in jedem Falle ein geringes Plus zugunsten der reehten Seite. Dies [st dutch h/~ufigeres Auftreten der zengralen Tonusdifferenz mit Nystagmusbereigsehaft naeh links zu erkl/~ren.

Vergleieht man hiermit die Diehte des Nyst. postr. I, so ergeben sieh folgende Zusammenh/~nge: Die Dichte des Nyst. postr. I sehwankt be[ einer W.G. yon 180~ nach Woletz zwisehen 0,8 und 2,0, naeh Veits zwisehen 0 ,7--2 ,2 und naeh meinen Untersuehungen zwisehen 1,0 und 2,17 Sehl/~gen pro Sekunde. Daraus ergeben sieh als Mittelwerte naeh Woletz 1,6, nach Veits 1,4 und nach meinen Ungersuehungen 1,403 fiir die reehge Seite und 1,439 fiir die linke Labyringhseite.

Daraus ersieht man

1. dab ffir die Dichte im Gegensatz zum Nyst. postr. I I beim Nyst. postr. I ein geringes Plus zugunsten der linken Labyrinthseite besteht und

Page 21: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

322 Carl L~nge :

2. dab die Dichte des Nyst. postr. I I im Verh~ltnis zu der des Nyst. postr. I nur ungef~hr ein Drittel so grol~ ist.

Ferner ist festzustellen, dM~ die Dichte des Nyst. postr. I I ebenso wie die des Nyst. postr. I yon der Winkelgeschwindigkeit genau so ab- h~ngig ist wie die Schlagdauer und Schlagzahl. Auch Buys fand die Dichte der inversen Nystagmen der Drehgeschwindigkeit direkt pro- portional. Die st~rkste Steigerung erfahren die Dichtewerte bei den h6chsten Winkelgeschwindigkeiten. Es treten aber auch hier ausnahms- weise F~lle auf, bei denen die Steigerung der Dichtewerte ausbleibt und die Werte untereinander gleich bleiben. In diesen F~llen sind die Dichtewerte als Ausdruck der geringeren zentralen AnsprechbaTkeit meist gering. Die h6chsten Werte wurden bei ungleicbmi~l~iger Erreg- barkeit, und zwar bei der zentralen Tonusdifferenz gefunden. Hier war die Dichte sogar gr6i~er Ms 1. Als kleinster Wert ffir die Dichte fiber- haupt wurden Zahlen gefunden, die fast an 0 heranreichten. Unter- brochen wurde die ansteigende Tendenz der Dichte mit steigender W.G. nur in den Fi~llen, in welchen eine Besonderheit yon Schlagzahl und Bauer festzustellen war. Die Schw~nkungen etwa darauf zurfickffihren zu wollen, dal~ ffir bestimmte Vp die mittlere Winkelgeschwindigkeit einen sti~rkeren t~eiz ffir das betreffende Labyrinth darstellt, dfirfte nach meinen Reihenuntersuchungen fiber den Nyst. postr. I I Ms ab- wegig bezeichnet werden, da ffir fast alle Unregelm~i~igkeiten des In- tensit~tsablaufes andere Ursachen offensichtlich waren.

ZusammengefM~t muB festgestellt werden:

1. Die Dichte des Nyst. postr. I I steht in direkter Korrelation zur Schlagzahl und Schlagdauer.

2. Sie steigt ebenso wie diese in der I~egel mit zunehmender W.G. an. In Ausnahmef~tlen kann sie auch gleich bleiben (geringere zentrMe Empfindlichkeit). Ein Sinken ihrer Werte mit zunehmender I~eizgr6Be wurde nicht beobachtet.

3. Ein Mittelwert ffir die Dichte kann ebenso wie ffir Schl~gdauer und Schlagzahl nut ffir eine ganz best immte W.G. errechnet werden. Der Mittelwert fiir die Drehgeschwindigkeit yon 180~ betri~gt nach meinen Untersuchungen 0,49 ffir die rechte L~byrinthseite und 0,41 fiir die linke.

4. Beim Vergleich mit den Dichtewerten des 5[yst. postr. I ergibt sich, dM~ die Werte ffir den Nyst. postr. I I ungef~hr nur 1/a so grol~ sind wie die des Nyst. postr. I , und ferner, dab der Mittelwert ffir die Drehgeschwindigkeit yon 180~ beim ]Nyst. postr. I - - um- gekehrt wie beim Nyst. postr. I I - - ffir die linke Seite gr6Ber ist als ffir die rechte. Dieses korrespondierende VerhMten spricht ffir d~s l~berwiegen der zentralen Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft nach links.

Page 22: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 323

5. Die Schwankungsbre i te der Dich tewer te fiir den Nys t . postr . 1I is t somi t bedeu tend geringer +vie fiir den Nys t . postr . ~. Sie betr/~gt 0 ,2--1 ,01 ffir den Nys t . postr . I I und 1 ,0--2 ,17 fiir den Nys t . postr . I .

I ch habe ferner bei 24 Pa t i en t en versucht , den

S c h w e l l e n w e r t

des Nys t . postr . I I zu ermi t te ln . Die Resu l ta te , die ich fand, zeigten, dab die Schwankungsbre i te der Schwellenwerte eine r e l a t iv grol]e war. So ergab sich fiir gleichm/~Big e r regbare L a b y r i n t h e als n iedr igs ter Schwel lenwert fiir das Auf t re ten des Nys t . postr . I I ein Grenzwer t yon 30 o W.G. /Sek . und als h6chster ein solcher yon 120 ~ W.G. /Sek .

I m Fa l le ungleichm/iBiger E r r e g b a r k e i t be ider L a b y r i n t h e war diese Schwankungsbre i te noch gr51]er. So wurde in e inem Fal le , in dem eine zentra le Tonusdifferenz mi t Nys t agmusbe re i t s cha f t nach l inks vorlag, ffir die rech te Seite als un te r s t e r Grenzwer t eine Winkelgeschwindigke i t yon 20~ und ffir die l inke Laby r in th se i t e ein solcher yon 80~ gefunden. Als h6chster Grenzwer t wurde in einem ~hnlichen Fal le m i t zent ra ler Tonusdifferenz und Nys t agmusbe re i t s cha f t nach rechts ffir die rechte Laby r in th se i t e ein Mindes twer t yon 210 ~ W.G. /Sek . bei gleich- zei t iger Schwelle' yon 800 W.G. /Sek. ffir die l inke Labyr in th se i t e fest- gestel l t . Es muB ~ber hierbei erw/~hnt werden, dab fiir die rechte Laby- r in thse i te ein Nys t . postr . I I auch bei einer Drehgeschwindigkei t von 210~ noch n ich t zur Beobach tung kam, so dab durchaus die M6g- l ichkei t einer noch h5heren Reizschwelle gegeben ist. Es wurde schon bei Besprechung der Schlagdauer- und Schlagzahlwer te fiir diesen Fa l l (8) das Bestehen einer geringeren zent ra l -nerv6sen Empf indl ich- ke i t angenommen, die sich am besten in al len W e r t e n des Nys t . postr . I [ dokument i e r t .

I m einzelnen wurden gefunden f/ir die rechte L a by r in th se i t e :

und fiir die

lmal ein Schwellenwert bei einer W.G. von 20~ 1 . . . . . . . . . . . . . . 30 , ,

3 . . . . . . . . . . . . . . 40 ,, 4 . . . . . . . . . . . . . . 50 ,, 5 . . . . . . . . . . . . . . 60 ,,, 3 . . . . . . . . . . . . . . 70 ,, 1 . . . . . . . . . . . . . . 9 0 ,, 3 . . . . . . . . . . . . . . 100 ,, 1 . . . . . . . . . . . . . . i 1 0 ,, 1 . . . . . . . . . , ,, ,, 120 ,, 1 . . . . . . . . mindestens 210 ,,

l inke Laby r in th se i t e : lmal ein Sehwellenwert bei einer W.G. yon 30~

1 . . . . . . . . . . . . . . 40 ,, 4 . . . . . . . . . . . . . . 50 ,, 6 . . . . . . . . . . . . . . 60 ,,

Page 23: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

324 Carl Lange :

3 mal ein Schwellenwert bei einvr W.G. yon 70~ 2 . . . . . . . . . . . . . . 80 ,, 1 . . . . . . . . . . . . . . 9 0 ,, 3 . . . . . . . . . . . . . . 100 ,, 1 . . . . . . . . . . . . . . l l 0 ,, 1 . . . . . . . . . . . . . . 1 2 0 , ,

1 , , , . . . . . , . . . . . 140 ,, Als Durchschnittswerte f fir die Reizschwelle wurden danach folgende

Mittelwerte errechnet: F fir die reehte Labyrinthseite eine Winkelge- sehwindigkeit von 71,25~ und ffir die linke Labyrinthseite eine solche von 73,3~ Aus diesen Zahlen geht hervor, dab die dureh- schnittliche Reizschwelle fiir die reehte Labyrinthseite etwas geringer ist als die ffir die linke. At~ch dies finder seine ursitchliche Erkl/s in dem vermehrten Auftreten der zentralen Tonusdifferenz mit Nystag- musbereitschaft naeh links.

Kontrolluntersuehungen, die an einer besehri~nkten Anzahl dieser Fs durehgeffihrt wurden, ergaben, dab diese Schwellenwerte keine Allgemeingfiltigkeit ffir die betreffende Vp besitzen, sondern dab die- selben gewissen kleineren oder grSBeren Sehwankungen unterliegen. Die Schwankungsbreite dieser Werte betr~gt naeh meinen Unter- suchungen bis zu 60--70% und mug danaeh als sehr gro$ bezeiehnet werden.

Vergleicht man damit die Schwellenwerte, die im Laufe der letzten Monate an unserer Klinik yon Pommerehne f fir den Nyst. postr. I er- mittel t wurden, so ergibt sich, dab die Reizschwelle ffir den Nyst. postr. I ungef/ihr bei einer W.G. yon 30~ die des Nyst. postr. I I jedoch bei einer solchen yon fiber 70~ liegt.

Aus dieser Gegenfiberstellung der Werte ffir den ~qyst. postr. I und I I ist zu schlieBen, dab der Nyst. postr. I I im Gegensatz zum Nyst. postr. I viel grBBerer Drehgeschwindigkeiten bzw. EndverzSgerungs- reize zu seiner Manifestierung bedarf und dab seine Werte nur vergleich- bar sind, wenn sie ohne zu groBe zeitliehe Differenz an ein und dem- selben Tage, mBgliehst an ein und demselben Vormittag bzw. Nach- mittag ermittelt werden. Es ist ferner zu folgern, dab in den F/~lleD, in denen die Nyst. postr. II-l~eizschwelle unter 40~ bzw. fiber 100~ liegt, mi t einer gewissen zentral-nervSsen t~ber- bzw. Unterempfindlichkeit gereehnet werden muB. O b es sicb dabei um noeh physiologische oder sehon pathologische Empfindtichkeitsi~nde- rungen handelt, kann nur aus der gesamten experimentellen Labyrinth- lorfifung und aus der Prfifung auf spontane objektive und aubjel~+tive Vestibularissymptome gesehlossen werden.

Bevor ich zur Bespreehung der eigentlichen Cirkularvektion (C.V.) fibergehe, mBehte ich auch hier einiges fiber die zwisehen die C.V. einge- schaltete Pause sagen. Ihr kommt eine gleiehe Bedeutung zu wie der Pause zwischen I. und II . postrotatorischen Nystagmus. Auch hier

Page 24: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuehungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 325

zeigt die Pause die Tendenz, mit ansteigender Winkelgeschwindigkeit kiirzer zu werden, ebenso wie umgekehrt bei gleicher Erregbarkeit beider Labyrinthe die C.V. mit steigender W.G. l~nger wird. Die Pausenschwan- kungen jedoch erreiehen nicht jene hohen Werte wie die Pausensehwan- kungen zwischen den postrotatorischen Nystagmen. Auff~llig ist dieser Unterschied sowohl bei hohen Winkelgeschwindigkeiten (180~ wo der durehsehnittliche Pausenwert bei 10 Sek. liegt, als aueh bei niedrigeren Winkelgesehwindigkeiten (40--60~ wo er bei 20 Sek. liegt. Die Pausenextreme fallen also nicht sehr weir auseinander. Ihre Erkl~trung findet diese Tatsaehe darin, da6 die C.V. meist einen schnelleren rhythmi- sehen Ablauf haben als die Nystagmen. Beeintr~chtigt wird die Beob- aehtung allerdings dadurch, da6 die meisten Vp nicht in der Lage sind, so genau Anfang und Ende der C.V. anzugeben, wie Anfang und Ende der ersten postrotatorisehen Pause naeh dem Nystagmusvorgang selbst festgestellt werden kSnnen. Dazu kommt, daft Vp., die einen sehr gut beobaehtbaren Nyst. postr. I und I I haben, ein verh~ltnisms ge- tinges Empfinden ffir die C.V. haben kSnnen. In solchen F~llen indivi- due]ler Unterempfindlichkeit nimmt die Pause aueh nach hohen W.G. einen grol~en Weft an. Im iibrigen gilt das ffir die Pausenl~tnge zwischen den postrotatorischen Nystagmen beziiglich gleicher und ungleichm/~ftiger Erregbarkeit beider Labyrinthe Gesagte aueh analog fiir die Pausen- l~tnge zwischen den beiden ersten C.V., jedoch mit der Einsehr~nkung, daft sie meistens nicht so deutlich festzustellen ist.

Im folgenden sei kurz auf die Drehnachemp/indung selbst, yon Fischer als C.V. bezeichnet, eingegangen. Ws Barany noeh auf dem Stand- punkt stand, sie sei vom Nystagmus ausgelSst, wissen wir heute, daft ftir die Ausl5sung beider das Vestibularorgan selbst urs~chlich verant- wortlich ist. Wohl ist es mSglich, dureh willk~irliche Bliekbewegungen unter Umsts das Gefiihl einer Drehempfindung zu erzeugen, zu verst~rken oder abzuschw~chen, aber ebenso ist es aueh mSglich, unter bestimmten Voraussetzungen die Empfindung eines Drehgefiihls ohne gleichzeitigen Nystagmus hervorzurufen und zu beobaehten. Beide sind daher als voneinander unabhs aber parallele Effekte der Reizung des Vestibularorgans zu betrachten und beide haben nach den grundlegenden Untersuchungen yon Fischer und Wodalc einen ~thnlichen, rhythmiseh-phasisehen Ablauf. Aueh hier gilt die Annahme, da6 es sich bei der ersten C.V. um einen gemiseht peripheren und zentral- nervSsen und bei der zweiten sowie allen folgenden C.V. um rein zentral-nervSse Reflexvorgs handelt, fiir deren AuslSsung nur Ge- sehwindigkeitss d. h. positive oder negative Beschleunigungen in Betraeht kommen. Wie im postrotatorisehen Nystagmusablauf der erste und zweite postrotatorisehe Nystagmus am deutlichsten aus- gepr~gt und siehtbar sind, ebenso sind aueh die erste (1. negative) und zweite (1. positive) Drehnachempfindung am sts ausgepr~gt

A r c h i v f. Ohren-, Nasen- u. K e h l k o p f h e i l k u n d e . Bd. 146. 22

Page 25: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

326 C~rl Lange :

und bemerkbar. Drehnachempfindung und postr. Nystagmus passen sich im gro6en und ganzen sehr gut einander an und vervollst~ndigen gemeinsam das Bild der labyrinth~ren Reizung. Alle folgenden postr. Nystagmen und C.V. sind viel schw~tcher ausgeprs sowie sehwerer beobachtbar und haben ftir die praktiseh-klinisehe Labyrinthunter- suchung nicht entfernt die Bedeutung, die sie theoretiseh besitzen. Die Gesamtdauer dieser ,,zentralen Nachdauer der Erregung" soll bis zu 20 Min. betragen.

Wenn wir zun~tchst die Geschwindigkeit der ersten C.V. mit jener der zweiten vergleiehen, so f~llt auf, da6 die der letzteren viel langsamer und tr~ger ist. Das gleiche gilt in noch gr66erem Ma6e yon allen folgen- den zentralen Phasen. Die I. C.V. setzt naeh Stoppen der Drehung sofort und mit mehr oder weniger gro6er Gesehwindigkeit in entgegengesetzter Richtung ein und klingt je nach der angewandten Reizsts friiher oder sps langsam wieder aus. Alsdann setzt nach einer bestimmten Pause, w~thrend welcher die Vp still zu sitzen vermeint, langsam einschleichend die II . C.V. in entgegengesetzter Richtung zur I. C.V., d. h. in Richtung der realen Drehung, ein, iiberdauert an Zeit sehr oft die I .C.V. und klingt noch trs und langsamer wieder aus. Trotz dieser l~ngeren Zeitdauer der I I . C.V. hat die Vp das Gefiihl, w~hrend der empfundenen Drehung nicht recht vorw~rts zu kommen, sondern nur einen kleinen Kreissektor zu durchlaufen (,,Sektorenpendeln" der zentralen C.V.).

Vergleieht man die Zeitdauer der beiden ersten C.V. untereinander und bei versehiedenen Endverz6gerungen, so finder man zun~chst die gleiche Abhs derselben yon der angewandten Reizst~trke wie bei den postr. Nystagmen. Beide C.V. haben die l~ngste Dauer bei hohen t~eizsts und die ktirzeste bei niedrigen. W~hrend aber die Dauer- werte der I .C.V. bei steigender Drehgesehwindigkeit nur einen ver- hs163 geringen Zuwachs bis zu ihrem H6chstwert erfahren, steigen die Dauerwerte der II . C.V. unter den gleichen Bedingungen bedeutend sts an. Bei einer Endgesehwindigkeit yon 180~ ver- halten sich die Dauerwerte der I. zur II . C.V. wie 1 : 2. Demgegeniiber erlischt die I I . C.V. mit sinkender Drehgeschwindigkeit friiher als die I. Das ergibt sieh aueh aus dem Studium der Reizsehwellenwerte unter- einander. Ausnahmen von diesem Verhalten habe ieh nur bei der zentralen Tonusdifferenz gefunden.

In vielem ~hneln die Verh~ltnisse bei den Drehnaehempfindungen denen der postrotatorischen Nystagmen. Allerdings t r i t t nur bei der geringeren Zahl yon F/~llen mit sinkender W.G. die I I . C.V. ebenso lange, zum Teil sogar noeh l~nger auf als der zugeh6rige Nystagmus postr. H. Bei der Mehrzahl der F~lle dagegen ist das Umgekehrte der Fall und die I I . C.V. kommt tiberhaupt nieht oder nur schwaeh bzw. nut bei hohen W.G. zur Auspr~gung, w/ihrend der I I . postr. Nystagmus klar erkennbar bleibt.

Page 26: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen fiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 327

o/Sek. W.G.

Fall C.V.

I

Tabelle 6. Dauerwer te der Z i rku la rvek t ionen .

20 40 60 80 100 i20 140 160 180 40 60 80 100 120 140 160 18,

20 15 I ~ 20 20 20 20 1 5 1~ ~o1~5 20 ~o ~o ~s ~3 o ~110 ~5 2 5 3 0 40 70 10 ~0 ~0 40 ao/40 7~

1o 10110 lo 131 23 p

15 1 15 15 18 15 10010[ 0 5 0 0 4 0 I 0 0 3 0 3 5 10 i 8 14 17123 23 10

2~ ~o lo lo ~ 2o ~ 6 12118 40

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 15 15 15'20 23 28 5 1 5 20 20 23 20

[ 0 1~ 100 100 5 20 20 0 0 0 0 20 30 i 15 15 15 10[ 8 i I o o l o o ~ o 3o : 0 o 1 5 1 5 2 o : 1 5 1 ~ 2 o 2o ~ o 1 ~ 5

I 0 / 0 0 0 40 40 30 0 0 0 0

]24 20 20 20 23 20 20 18 15[30 30 30 30 30 45 20 20

15 15 14 15 18 20 30 20 20 20 18 20 20 10 20 30 170 110 10 10

i

9 15 18115 12 2 0 8 15 15

17 10 15 10 15 10 10 0 30 11 60 60 60 60 !

12115 2o 23 25 25 25 2s I 3i s 30 45 65 so 60

23 20

I I I

I I I

:II I

I I I

10 I~

11 i I

M.W. I I I Ir

l0 1 1 3 1 4 1 5 0 4 0

23 ~23 5 10 5 10 15 15 0 0 5 25

15 15 15 L 15 0 20 25 30

18 16 18 17 20 20 20 30 20 20 20 30

10 10 10 40 50 15 13 15 12

10 0 8 15i] 5

45 ! I 130 I i I~o

7 9 12 34 100 13 13 14 ~4 15 18 20 20

12 16 24 36 41

Genauere Untersuchungen fiber die Sehwellenwerte sind noch nicht verSffentlieht. Aus meinen Untersuehungen aber entnehme ich, dab die Sehwellenwerte ffir den Nyst. postr. I und die I. C.V. ungefi~hr zusammen- fallen (30~ Sehr oft liegt die Reizschwelle ffir die I. C.V. niedriger als die des zugeh5rigen Nyst. postr. I. Anders aber verh/~lt es sich mit den Schwellenwerten der I I . C.V. und dem Nyst . postr. I I . Vergleicht man diese untereinander, so ergibt sich, dab die Reizsehwelle ffir den Nyst . postr. I [ um etwa 25 Winke]grade tiefer liegt. Die letzteren Schwellenwerte verhalten sieh zueinander wie ungef~hr 72 : 95. Daraus folgt, dab die Sehwellenwerte der I. zur I I . C.V. sieh verhalten wie un- gefithr 30 : 95 (Nyst. postr. I : I [ wie 30 : 72) und ferner, dab nicht die I I . C.V., sondern eher der I [ . postrotatorisehe Nys tagmus als das emp- findliehere Reagens der labyrinth/~ren Reizung angesehen werden muB. Bei beiden Reflexvorg/~ngen der vestibulis Erregung dfirften sich die Fehlerquellen ungef/~hr die Wage halten, wenn nieht sogar fiir die Dreh- naehempfindung grSBer sein.

22*

Page 27: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

328 C~rl L~nge :

Die C.V. der reehten und linken Labyrinthseite zeigen beim Vergleieh einige Besonderheiten. So wie die Einzelwerte des Nyst. postr. I zwisehen reehts und links keine nennenswerten Differenzen ergeben, ebensowenig lassen sieh ~ueh bei den ersten C.V. Differenzen feststellen. Anders bei den zweiten C.V. Hier sind die durehsehnittliehen Dauerwerte bei ver- sehiedenen Winkelgesehwindigkeiten f fir das linke Labyrinth etwas kleiner Ms f/it das reehte. Ein dem ganz entspreehendes Verhalten konnte oben f~r den Nyst. postr. I I m i t fast allen seinen Komponenten im Gegen- satz zum Nyst. postr. I festgestellt werden. Aueh hieraus ergibt sieh einmM der ParMlelismus zwisehen I I . C.V. und II . postr. Nystagmus und zweitens ein geringes lfberwiegen der zentrMen Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitseh~ft naeh links, die sieh starker bei allen II . Ms allen I. postrotatorisehen Phasen auspragt.

Zum Sehlul] seien noeh einige Vergleiehe zwisehen dem Verlauf der C.V. und dem des postrotatorisehen Nystagmus angeffigt, die seheinbar aus dem I~ahmen der bisherigen Betraehtungen herausfMlen. Ieh bin bisher davon ausgegangen, dab Uberkreuzungen yon C.V. und post- rotatorisehem Nystagmus der Dauer nach nieht vorkommen. In den Mlermeisten Fallen trifft dies aueh nieht zu. Ieh habe abet aueh einwand- frei und dutch Kontrollen erhartet, beobaehten k6nnen, dM~ die I [ . C.V. sehon auftreten k~nn, ehe der I. postr. Nystagnms sein Ende erreieht hat und ferner, dM3 wahrend der Dauer des I I . postr. Nystagmus die [ I . C.V. ihr Ende erreiehte und naeh einer Pause yon einer I I I . C.V. mit wiederum umgekehrter Riehtung, also im Sinne der I .C.V. , gefolgt war. Ein spaterer I I I . postr. Nystagmus t ra t in diesem Falle - - selbst bei Beob- aehtung in I. Augenstellung - - nieht auf. Es muB aueh hieraus der SehluB gezogen werden, dab die C.V. nieht Folge des postr. Nystagmus ist, sondern beide PurMMeffekte ein und derselben Reizung des nerv6sen ZentrMorgans sind und ferner, dub es ausnahmsweise aueh Vp gibt, Iiir die die I I . e .g . das empfindliehere I~eagens darstellt.

Zusammenfassend lagt sieh fiber die I I . postr. C.V. sagen: 1. Die I I . C.V. verlauft in Riehtung der realen Drehung und ist der

I .C.V. stets entgegengesetzt. 2. Ihre Gesehwindigkeit ist bedeutend geringer als die der I .C.V.

Sie setzt im Gegensatz zur I. C.V. langsam ein und h6rt wie diese lang- sam auf.

3. Sie t r i t t in den meisten Fallen auf und fehlt nur bei geringerer zentrMer Empfindliehkeit und bei niedrigeren Drehgesehwindigkeiten. Sie ist yon der Drehgesehwindigkeit ebenso abhangig wie die I. C.V. und Mle Nystagmuskomponenten.

4. Bei hohen Drehgesehwindigkeiten iiberdauert sie meist an Zeit die I. C.V. und verhalt sieh bei einer Winkelgesehwindigkeit yon 180~ zur I. C.V. wie 2 : 1. In den selteneren Fallen fehlt sie bei dieser Dreh- gesehwindigkeit oder ist von kfirzerer Dauer als die I .C.V.

Page 28: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen tiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 329

5. Mit sinkenden Drehgeschwindigkeiten erlischt zun~chst die II. CiV. w~hrend der II. postr. Nystagmus meist noch a u f t r i t t . Im Gegensatz dazu reieht die I. C.V. meist bis zur SchwelIe des I. postr. Nystagmus oder sogar dariiber hinaus.

6. Bei Vergleichung der durchschnittlichen Mittelwerte der I. und II. C.V. f~llt auf, dab oberhalb einer Drebgesehwindigkeit yon ungef/~hr 120~ fiir das rechte Labyrinth bzw. ]60~ fiir das linke Labyrinth die II. C.V. und unterhalb dieser Drehgeschwindigkeiten die I. C.V. die l~ngere Dauer aufweist.

7. Die Schwellenwerte verhalten sich ungef~hr:

C.V. I:C.V. I I ~ 3 0 ~ ~ Post. I : Post. II ~ 300 : 72 o W.G. Post. II : C.V. II == 72 o : 950 W.G.

8. Die C.V. sind den Nystagmusreaktionen als parallel geschaltete Reizeffekte der Labyrintherregungen zu betrachten. Sie verlaufen getrennt voneinander phasisch-rhythmisch ab und stimmen in ihren Phasen meist fiberein. Sie k6nnen sich abet aueh gegenseitig fiber- sehneiden, da die C.V, oft die schnellere Rhythmik kennzeichnet: Ffir die II. postr. Phase mu6 im Gegensatz zur I. Phase der Nystagmus als die empfindliehere Ausdrucksform der labyrinthi~ren Erregung gelten.

9. Bei ungleiehm~13iger Erregbarkeit beider Labyrinthe verhalten sich die II. C.V. ~hnlieh wie die II. postr. Nystagmen, d .h . ihre Dauer- werte sind ffir die linke Labyrinthseite kfirzer als ffir die rechte. Es wird auch hierdurch ein geringes ~berwiegen der zentralen Tonus- differenz mit Nystagmusbereitschaft nach links verdeutlicht.

10. Bei Kontrolluntersuchungen rait gleicher Drehgeschwindigkeit unterliegen die C.V.-Werte ganz ~hnlichen, mehr oder minder hohen Schwankungen wie alle Nystagmuskomponenten.

Die Untersuchungen fiber die II. postrotatorische Phase, das ist die erste positive Phase nach M . H . Fischer , mit verschiedenen Drehgesehwin- digkeiten und bei Beobachtung in Augenmittelstellung ergaben - - ab- gesehen yon einigen kleineren Unstimmigkeiten, die dureh die Unter- suchungstechnik und durch subjektive Momente bedingt waren - - , nicht nur ein einheitliches Bild im Aufbau und Verlauf dieser Phase, sondern stellten auch eine erg~nzende Fortsetzung der vorhergehenden I. post- rotatorischen Phase dar. W~hrend die Werte der zwischen den Nystagmen liegenden Pausen bei ansteigenden Winkelgeschwindigkeiten klar und deutlieh abnahmen, zeigten die Einzelwerte des I. und II. postr. Nystag- mus in der Regel einen entsprechenden Anstieg. Zwischen den beiden Nystagmusvorgi~ngen einerseits und den zugeh6rigen Pausenwerten andererseits liel]en sich gesetzm~Big zu nennende Beziehungen nach- weisen. Diese untereinander bestehenden Verkettungen wurden noch

A r c h i v f. 0 h r e n - , Nasen- u. K e h l k o p f h e i l k u n d e . Bd . 146. 2 2 a

Page 29: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

330 Ca~ Lange:

verdeutlicht durch die Fs in denen eine zentrale Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft naeh einer SeRe bestand. Ganz ~hnliche Be- ziehungen konnten zwischen den beiden ersten C.V. und der zugeh6rigen Zwischenpause nachgewiesen werden. Auch hier erg~nzten sich alle drei Werte bei gleiehm~Biger sowie ungleichm~l~iger Erregbarkeit beider Labyrinthe in ganz ~hnlichem Sinne. Allerdings kam dieses gleichsinnige Verhalten der C.V. nicht so deutlich zum Ausdruck wie bei den Nystag- musreaktionen. Urss dfirfte dies darauf zuriickzufiihren sein, dal~ die C.V. im Gegensatz zu den Nystagmusreaktionen einer vial subjek- tiveren Beurteilung und damit grSBeren Fehlerquellen unterliegen und dab der Nystagmusvorgang an sich besonders ffir die I I . postr. Phase - - eine ausgeprs Rcaktionsform der labyrinth~ren Erregung dar- stellt. Es ergab sich aueh aus der Ermitt lung der Sehwellenwerte ffir beide Reaktionsformen, dab fiir die I. postr. Phase die C.V. sowie fiir die I I . postr. Phase der Nystagmus als fiberlegen und das empfindlichere Reagens anzusehen ist. Trotzdem diirfte an dem gesetzm~l~igen, ~hn- lichen Aufbau und Verlauf beider l~eaktionsformen der Labyrinth- erregung kein Zweifel bestehen.

Nicht vSllige t3bereinstimmung allerdings konnte ieh mit dem von M. H. Fischer ver6ffentlichten Schema der aufeinander folgenden Pendel- rhythmen feststellen. Nach diesem Schema, auf das im Anfang dieser Arbeit verwiesen wurde, ws fiir die I I . postr. Phase im Gegensatz zur I. Phase in jeder Weise eine Abschw~chung ihrer Werte zu erwarten gewesen. Nach meinen Untersuchungen ergab sich aber, dal3 das Fischer- sche Schema nicht immer volle Giiltigkeit besitzt. Bei Vergleichung der jeweils zusammengeh5renden Werte der I. und II . postr. Phase lieB sich auch hier eine gewisse Abhs yon der Drehgeschwindigkeit, d. h. dem wirkenden Reiz feststellen. So land ich, dal~ die Werte ftir die C.V.. fiir die Fischer die Phasenrhythmik zuerst zum Gesetz erhob, nicht immer und besonders nicht bei allan Drehgeschwindigkeiten im gleichen Ver- hMtnis standen, sondern dal~ in vielen F~llen bei einer gewissen W.G. eine Umkehrung dieses Verh~ltnisses eintrat. Es ergab sich ffir eine Anzahl yon Vp, dal~ die Dauer der I][. C.V. stets gr6Ber anstatt , wie zu erwarten, kleiner war als die Dauer der I. C.V. und umgckehrt bei anderen Vp, dab sie stets kleiner war. Ferner war in wiedcr anderen F~llen bei hohen W.G. die I I . C.V. und bei geringeren W.G. die I. C.V. yon kfirzerer Dauer. Zieht man des besseren l~berblicks halber die Mittelwerte der C.V. zum Vergleich heran, so ergibt sich der gleiche Wechsel aueh hier. Es sind n~mlieh bei Winkelgeschwindigkeiten fiber 120~ rechtes L~byrinth, bzw. 160~ linkes Labyrinth, die I I . C.V. und bei solchen unter den genannten Drehgeschwindigkeitcn die I .C.V. von l~ngerer Dauer. Dagegen k6nnte eingewendet werden, dal~ die Dauerwerte ffir die C.V. nur mit gr61~erer Fehlerbreite zu bestimmen seien und daher eine Einsehr~nkung des Fischerschen Schemas h i e rdu rch nicht zu

Page 30: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

Untersuchungen tiber den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen. 331

beweisen sei. Aber Such bei Vergleiehung der Werte ffir die p0str. Nystag- men naeh verschiedenen W.G. lassen sich/s Schlfisse ziehen. So ergibt sich, daB die Dauer des Nystagmus postr. I I in den allermeisten Einzelf/~llen nicht kfirzer, sondern 1/~nger als die Dauer des Nyst. postr. I ist. Von Mittermaier wurde hierauf schon hingewiesen. Eine Ausnahme ist nur in Fallen zentral-nervSser Unterempfindlichkeit, wie z. B: aus- gepr/~gt im Falle Nr. 8, rechtes Labyrinth, und ferner nach W.G., die nahe der Reizschwelle des Nyst. postr. I I liegen, festzustellen. Wechselnd ist das Verhalten der Sehlagzahlen. Ffir diese sind bei st/~rksten Reizen (um 180~ die hSheren, sowie bei allen darunter liegenden mittleren und kleineren Reizen die niedrigeren Werte fiir den Nyst. postr. I I zu erheben. Einheitlich und im Sinne des Fischerschen Schemas verhalten sieh dagegen die Dichtewerte. Diese sind ffir den Nyst. postr. ] I stets die kleineren.

Insgesamt laBt sich danaeh folgern, dab das Fi.schersche Schema fiber die Pendelrhythmen wohl fiir die Dichte, nicht aber roll ffir die Schlag- zahlen und noch weniger ffir die Schlagdauern, sowie die C.V. allgemeine Gfiltigkeit besitzt und dab ffir die beiden letzgenannten Komponenten des Nystagmusvorganges ebenso wie ffir die C.V. Abh/s yon der W.G., d .h . yon dem gesetzten Reiz bestehen. Insofern mul3 von einer Einsehr/~nkung des Fischerschen Schemas gesprochen werden.

Es seien ferner noch einige Betrachtungen fiber die Best/indigkeit und Ver/~nderlichkeit der ermittelten Werte bei ein und derselben Vp angeschlossen. Sehon aus frfiheren Untersuchungen von Mittermaier u. a. ist bekannt, dab einmal ermittelte Werte auch bei Einhaltung voll- kommen gleicher Versuehsbedingungen selten absolut genau ein zweites Mal gefunden werden. Dies gilt ganz besonders fiir die II. Phase. Die Sehwankungsbreite des Gesamtbildes der II . Phase entspricht ganz der oben beschriebenen Schwankungsbreite der Einzelwerte, und kann dem- nach verh/s grol3 sein. Eine Grenze dieser Schwankungsbreite der II. Phase genau festzusetzen, halte ieh ffir vorl/~ufig unmSglich und irreffihrend, da grol3e wie geringffigige Schwankungen bei voUkommen Gesunden ebenso vorkommen kSnnen wie bei Kranken und da wir fiber die BeeinfiuBbarkeit der vestibul/~ren Empfindlichkeit durch Medi- kamente, ~qahrungs- und Genul3mittel, kSrperliche Anstrengungen sowie seelische Erregungen u./~. noch keineswegs genfigend orientiert sind. Im groBen und ganzen aber dfirfte ffir ein und dieselbe Vp das Gesamtbild des vestibul/~ren Ablaufs als einheitlich und feststehend

angesprochen werden. So land ich in den meisten F/illen bei wieder- holten Prfifungen, abgesehen yon der ver/inderten allgemeinen Empfind- lichkeit oder Reaktionslage, noch nach Monaten im Prinzip denselben Phasenablauf, d .h . eine vorher bestehende zentrale Tonusdifferenz mit Nystagmusbereitschaft nach einer bestimmten Seite oder eine gleich- m/~Bige Erregbarkeit konnte auch sp/~ter wieder gefunden werden.

Page 31: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

332 Carl Lange:

Andererseits mu• auch analog dem Vorkommen beim Kranken, der Ubergang yon einem zum anderen, ebenfalls noch normalen Reaktions- ablauf als durchaus mSglich und wahrseheinlich angesproehen werden: Ich glaube, da~ dieser Phasenweehsel gefunden werden kSnnte, wenn die notwendigen Kontrolluntersuchungen fiber eine l~ngere Zeit hinweg durchgeffihrt wfirden. Da[t ~nderungen im Erregungsablauf in patho- logischen F~llen, z. B. bei cerebralen Erkrankungen oder naeh Unf~llen, vo rkommen und wahrscheinlich nicht selten sind, wurde oben sehon mitgeteilt. Ob es sich im Einzelfalle um einen noeh physiologischen oder schon pathologisehen Erregungsablauf handel t , ist unter Umst~nden recht schwierig zu entscheiden. Diese Frage kann meines Erachtens mit einiger Sicherheit nur nach dem gesamten labyrinths Reaktionsablauf beantwortet und entschieden werden, wobei g]eichzeitig auch die Unter- suehung auf vestibul~re Spontansymptome sowie auf subjektive vesti- bul~re StSrungen als unerl~i~lich angesehlossen werden mul~. Aus diesem Grunde haben wir es an der Freiburger Klinik stets so gehalten, dal~ bei jeder Vp, die zur klinisehen Vestibularisprfifung kam, auger der Dreh- prfifung mit Stark- und Schwachreiz und der kalorisehen Prfifung mit Kalt- und Heil~spfilung die Prfifung auf vestibul~re Spontansymptome, die Untersuehung auf Lagenystagmus und die Prfifung der Funktion desNervus eoehlearis neben genauer allgemeiner Untersuehung und wenn notwendig rSntgenologische r Kontrolle ausgeffihrt wurde. Dal~ uns dabei die Beobaehtung der II . Phase sehr oft eine grol]e diagnostische Stfitze war, bedarf noehmals besonderer Erw~hnung. Wie oft ergab sieh allein schon aus den exagerierten Werten der I I . Phase bei der Dreh- prfifung die Art der ErregbarkeitsstSrung. Ich verweise hier nur auf die zentrale Tonusdifferenz. Unter 62 F~llen, die eine solche Differenz auf- wiesen, waren 12 F~lle zu verzeichnen, bei denen die Differenz aul~er bei der kalorisehen Priifung nur in der I I . Phase und nieht zugleich auch in der I. Phase ihren Ausdruck land. Bei weiteren 40 Fs t ra t die Differenz in beiden Phasen, am deutliehsten jedoch stets in der I I . Phase, hervor. In 10 F~llen versagte die Drehprfifung fiberhaupt und nur die kalorische Prtifung half welter. Ganz ~hnliche Verh~ltnisse land ich bei normalen Vp. Auch bier drfickte die I I . Phase am deutlichsten die bestehende Differenz aus. Da die Unterschiede bei Gesunden an und ffir sieh schon viel geringer sind, ist es ein nicht zu untersch~ttzender Vorteil, in der I I . Phase einen besseren Indikator zu haben. Eine noch grSl~ere Bedeutung kann der I I . Phase zukommen, wenn es gilt, periphere und zentrale ~ber- oder Untererregbarkeit einer Labyrinthseite zu erkennen und von anderen Reaktionsabl~ufen zu trennen. Darfiber hat Mitter- maier in dieser Zeitsehrift vor kurzem beriehtet. Da aber das letzte Wort zu diesem Problem noch nicht gesprochen ist und es nieht Aufgabe dieser Arbeit sein soll, dariiber ErSrterungen anzustellen, mSehte ich hierauf nicht n~her eingehen.

Page 32: Untersuchungen über den Ablauf der II. postrotatorischen Reaktionen

U n t e r s u c h u n g e n fiber den Ab l au f der I I . p o s t r o t a t o r i s e h e n R e a k t i o n e n . 3 3 3

Schrifttum. Arslan: Z. t t a l s - usw. Heilk. 36 (1934). - - Barany: Mschr . Ohrenhe i lk . 40,

60, 61 (1906). - - Z. S innesphys io l . 41 (1906). - - Phys io logie u n d Pa tho log ie des B o g e n g a n g s a p p a r a t e s be im Menschen . Leipzig: F r a n z Deu t i cke 1907. - - Barany u. Wittmaac]c: Funk t ione l l e P r i i fung des Ves t i bu l a r appa ra t e s . Verh. d t sch , otol. Ges. 1911. - - Boeters: Z. Hals - usw. Heilk. 71 (1914). - - Breuer: Stud i en fiber den V e s t i b u l a r a p p a r a t . W i e n 1903. - - Buys: Mschr . Ohrenhe i lk . 43 (1909). - - Rev . d 'Oto-Neuro-Ocul . 2 (1924); 3 (1925). - - Dodge: J . o2 exper . Psychol . 6 (1923). - - Fischer, M. H.: Die R e g u l a t i o n s f u n k t i o n des m e n s c h l i e h e n L~byr in thes . Mf inchen: J . F . B e r g m a n n 1928. - -Fischer , M. H. u. Wodab: Z. Hals - usw. Heilk, 3 (1922). - - Mschr . Ohrenhei lk . 58 (1924). - - Fischer, M. H. u. E. Oldberg: Z. Hals - usw. Heilk. 30 (1932). - - Frenzel: Z. Hals - usw. Heilk. 21 (1928). - - N e r v e n a r z t 4 (1931). - - Gi~ttich: Passow-Schae fe r s Bei tr . 7 (1915); 12 (1918). - - Z. Ha ls - usw. Heilk. 10 (1924). - - Holsopple: J . comp. Psychol . 3 (1923). - - Kleestadt: H a n d b u c h der Neurologie y o n Bumbe u. FSrster, Bd. 4. 359f . - - Math: Grundl in ie der Leh re yon den B e w e g u n g s e m p f i n d u n g e n . Leipzig: W i l h e l m E n g e l m a n n 1875. - - Malan: Ann . Lar ing . ecc. 2 (1926). - - Mittermaier: N e r v e n a r z t 9 (1935). - - Arch . Ohr- usw. Heilk. 143, H. 3 (1937); 144, I t . 4 (1938). - - Der H a l s - N a s e n - O h r e n a r z t I 28, H. 4. - - Med. We l t 1938, Nr 48. - - Z. Neur . , KongreBber . 165 (1939). - - Pommerehne: Diss. F re ibu rg i. Brsg . Manusk r . - - Streit: Arch. Ohr- usw. Heilk. 104, 56 (1919). - - T6nnies: Z. Hals - usw. Heilk. 30 (1932). - - Veits: Arch. Ohr- usw. Heilk. 119 (1928). Z. Ha ls - usw. Heilk. 19 (1928); 29 (1931). - - Zbh Hals - usw. Heilk. 17 (1931). - - Arch . ital. Otol. 4 (1935). - - Veits u. Kosel: Mschr . Ohrenhei lk . 64 (1930). - - Woda~: S i e h e bei Fischer. - - Woletz: Z. Hals - usw. t Iei lk. 30 (1932); 33 (1933).