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Untersuchungen iiber die Verdarnpfungsgeschwindigkeit Loslichkeit fester Korper in Gasen. der Quecksilberhaloidsalze: ein Beitrag zwr Kenntnis der Von HENRYK ARCTOWSKI. Mit 3 Figuren im Text. Die Eigenschaft, sich in Dampf zu verwandeln, d. h. zu subli- mieren, welche den festen Kiirpern zukommt - und welche das Ans- logon der Verdampfung im fliissigen Aggregatzustand der Materie ist -, wird gemessen durch den Druck, den die Darnpfe bei verschie- denen Teinperaturen ausiiben. Die bereits vorliegenden quantitativen Messungen sind recht wenig zahlreich, so dal's die Versuche, Vergleichungen anzustellen, noch keine geniigende Grundlage besitzen. Es ist jedoch sicher, dafs die Vergleichung der Dainpftensionen bei malogen Verbindungen, oder bei den Elementen, bemerkenswerte Resultate geben miikte; und, diese Vergleichung wiirde um so inter- essanter erscheinen, als sie uns unzweifelhaft allgemeine Aufschlusse liefern kijnnte iiber den festen Zustand der Materie, von dem wir noch so wenig wissen. Ungliicklicherweise besitzen wir fur die Mehr- zahl dieser Korper erst vorlaufige Angaben, d. h. wir wissen, dafs sie von der oder jener Temperatur an Dampfe abgeben. Ohne auf die alteren Arbeiten von ELSNER~ u. 8. einzugehen, beschriinke ich mich dnrauf, in dieser Hinsicht die neueren Untersuchungen von DEMARQAY,~ von w. SPRING4 und von MOISSAN~ zu nennen, welche den Bereich unserer Kenntnisse sehr betrachtlich erweitert haben. Ins Deutsche ubertragen von OSKAR UNGEB. Journ. pr. Chem. 99, 257. Diese Zeitsehi. 1, 240 und Zeitschr. phys. Chem. 15, 65. Vergl. Diese Zeitschr. 11, 298. * Cornpt. read. 95, 183.

Untersuchungen über die Verdampfungsgeschwindigkeit der Quecksilberhaloidsalze: ein Beitrag zur Kenntnis der Löslichkeit fester Körper in Gasen

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Untersuchungen iiber die Verdarnpfungsgeschwindigkeit

Loslichkeit fester Korper in Gasen. der Quecksilberhaloidsalze: ein Beitrag zwr Kenntnis der

Von

HENRYK ARCTOWSKI.

Mit 3 Figuren im Text.

Die Eigenschaft, sich in Dampf zu verwandeln, d. h. zu subli- mieren, welche den festen Kiirpern zukommt - und welche das Ans- logon der Verdampfung im fliissigen Aggregatzustand der Materie ist -, wird gemessen durch den Druck, den die Darnpfe bei verschie- denen Teinperaturen ausiiben.

Die bereits vorliegenden quantitativen Messungen sind recht wenig zahlreich, so dal's die Versuche, Vergleichungen anzustellen, noch keine geniigende Grundlage besitzen.

Es ist jedoch sicher, dafs die Vergleichung der Dainpftensionen bei malogen Verbindungen, oder bei den Elementen, bemerkenswerte Resultate geben miikte; und, diese Vergleichung wiirde um so inter- essanter erscheinen, als sie uns unzweifelhaft allgemeine Aufschlusse liefern kijnnte iiber den festen Zustand der Materie, von dem wir noch so wenig wissen. Ungliicklicherweise besitzen wir fur die Mehr- zahl dieser Korper erst vorlaufige Angaben, d. h. wir wissen, dafs sie von der oder jener Temperatur an Dampfe abgeben. Ohne auf die alteren Arbeiten von ELSNER~ u. 8. einzugehen, beschriinke ich mich dnrauf, in dieser Hinsicht die neueren Untersuchungen von DEMARQAY,~ von w. SPRING4 und von MOISSAN~ zu nennen, welche den Bereich unserer Kenntnisse sehr betrachtlich erweitert haben.

Ins Deutsche ubertragen von OSKAR UNGEB. Journ. p r . Chem. 99, 257.

Diese Zeitsehi. 1, 240 und Zeitschr. phys. Chem. 15, 65. Vergl. Diese Zeitschr. 11, 298.

* Cornpt. read. 95, 183.

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Diese Untersuchungen miissen jecloch in der Weise verfolgt werden, clnlb ma11 unter sich vergleichbare quantitative Daten aufstellen liarin; - denn ~ i u r so kann man dam gelangen, den Einflufs kenxien zu lernen, welclieri die chemisehe Natur der Korper und ebeiiso ihr Molekulargewicht, oder ihre Atomgruppierung (Dichte, allotropische Modiiikationen), auf die Werte der Dampfspanriung ausiiben; aufser- de& wird die Vergleichung der Temperaturen, bei welchen die Dampfspannungen gleich sind, urn so interessanter sein, als sich aiidere physikalische Eigenschaften (bei den verschiedenen Gruppen der Elemente) als periodische Funktionen der Atomgewichte er- wiesen haben.

Um diese zahlenmakigen Daten zu erhalten, kann man die Erscheinung durch Messung der Verdnmpfungsgeschwindigkeit bei veracbiedenen Temperaturen studieren, was vie1 weniger Schwierig- keiten macht als die direkte Bestinimung des Dampfdruckes, welche uberdies in einer grofsen Zahl von FBllen gar nicht zur Anwen- dung kommen kann ; - wie iibrigens die Verdampfungsgeschwindig- keiten den Dampfspannungen proportional sind, so werden auch die gewonnenen Resultate nicht nur direkt unter einander vorgleichbar sein - wenn alle Bedingungen des Experimentes sich siclier gleich bleiben -, soridern konnen uns auch ein Mal's fur die Spannungen, ausgedruclit in Millinietern, liefern.

Als Einleitung zu diesen Untersuchurigen mochte ich gerne die mit den Quecksilberhaloiclsalzen erhaltenen Resultate heute mit- teilen.

Experimentelles.

Die angewandte Methode ist bereits in einer Abhandlung iiber die Fluchtigkeit des Qneclrsilberchloridsl beschrieben worden. Es hat uns die namliche Kra.stallisiel.scli:~lc von 20 inni Durchmesser uud der niimliche Apparat zur Herstellung konstariter Temperaturen ge- dient. Die angewandtcn Substaiixeii wurden sublimiert12 dann fein

Diese Zeitsekw. 7, 167. Die Destillation der Quccksilhersalze wurde in geniigend weiten Rohren

iind irn Vakuum vorgenommen. Bei tlirsrr Gelegenheit kann ich micli nicht rnthalten , die intcressante

Erschrinung zu beschrriben, welche man leicht bei allen Substanzen beobachtet, dercn Siedepiinkt so ntthc brim Rcbinelzpunkt liegt, dab bei Verminderung des TAufttlrurkes die Substsnz unselimelzhar wird, und welche aulserdem nicht im susgesprochenen Grade die Eigenschaft besitzen, zusammenzusintern (- pro-

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pulveiisiert. Der wesentliche Punkt hesteht darin, eine viillig ehene Oberf-iBche voii stets gleiaher dnsdehilung zu haben; Inan erreicht

Fig. 1.

dies am leichtesteri, wenn inm sicli eines Glssstabes bedient , der an beideii EiideIi abgeschiiitteii ist ; niit diesem stampft man das Pulver leicht so lmge zLisamirien, his es vollstiiiidig gleichmafsig

pri6tk de la soudabilitb). Ich spreche von d e r E r s c h e i n u n g d e s S i e d e n s , d a s s i c h aiicli b e i f e s t e n Ki i rpern zeigt .

Es bildcn sich uber den Rkiidcrn der kompalrteii Masse des Pulvers, z. B. des Qncclisilbc~jodids lileinc Iiugelii voii (spoiltan zusainmeiigeliauftein~ Pulver, wclche an dcr uberhitzten Wand des Glasrohres t,:mzen. Das ist in gcwissem Sinne der s p h a r o i d a l e Z u s t a n d der fliissigen Kiirper, - aber das ist riicht nur cine Analogie, sondern es liegt ohue Zweifel dieselbe Ersclieinung vor, welche man in gleicher Weise bei festen Korperii beobachten kann. Aufser- dem ist das ganze Pulver von einer inrieren Hewegung erfullt, die Kiirner wectiseln den Platz, drehen sicli iin Krcise, und Gasblaseii bildeii sich in der Masse. Es ist jedoch zii bemerken, d a b man, um die Erseheiriung gut zii be- obachten, den Manometerdriiek sehr niedrig nehmen mufs, darnit der Sicdc- punkt bei einer genugend niedrigeri Temperatur liegt; nimmt der Druclr zu, dann steigt der Siedepunkt, riahert sich dem Schmelzpunkt der Substanz, nnd cs komrrit dann ein Augeriblick, wo die fur den flussigcn Zustand charaktcri- stischr Eigenschaft des Zusammensinterris stark genug anftritt, urn jcne Erschei- riuiig zu liindern.

1i:s scheint mir iibrigciis nicht nijtig zu sein, weiter ubcr das Sieden fester Kiirper zu sprecheii, da dic Frage bereits von rnelirercn Seiten, allerdirigs uriter cinem anderen Gesiclitspunkt, erortert wurde. (Vergl. Linter andereri: C A R N E r a x ,

Proc. Bog. Soe. 31, 289 und Jozrrn. Chem. Soc. 188'2, 322; LOTHAR MEYER, Ber. deutsdz. c h n . Ges. 8, 1627, 13, 1831 uiid 14, 718; 0. PETTEEISON, Ber. deutsch. c h e m Ges. 13, 2141 und 14, 1369; R. HAASS, Ber. deutsch. chew&. Ges. 13, 2203.)

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ausgebreitet ist. Am einfachsten ist es, die Krystallisierschale zwischen zwei Fingern ganz regelrecht xu halten und ihr eine rotierende Be- wegung zu geberi, indem man gleichzeitig mit dem in der anderen Hand gehaltenen Glasstab die Oberflache stampft. Wenn man dafiir Sorge tragt, dal's sich das Auge im Niveau des Tisches befindet, kann man die geringste Unebenheit in der Oberflaclie des Salzes unterscheiden und dasselbe so ausbreiten, dafs die Oberflache ganz eberi wird.

Man mufs ebenso darauf sehen , dals die Hohe, welche die Oberflache vom Rand der Krystallisierschale trennt , merklich die gleiche bleibt in allen Versuchen. Die innere Wand muls aulser- dem ganz rein sein, man hat demnach den Staub des Salzes mit Hilfe eines ganz kleirien Stuckes Gemsleder, das man in einer kleinen Pincette halt, wegzuwischen. Schlielslich muh man, um vergleichbare Resultate zu erhalten, die Krystallisierschale mit dem Salz noch einige Zeit im Trockenkasteri stehen lasseri , sie dann iiber Schwefelsaure stellen und erst d a m das Gewicht ermitteln.

Was den Luftstrom von konstantcr Geschwindigkeit betrifft, so habe ich mich rnit grorsem Vorteil der von OSTWALD~ ange- gebenen Anordnung bedient.

Fiir die Temperaturen von 130O und hoher wandte ich einen neuen Apparat an , der auf demselben Prinzip basiert , jedoch aus zwei dampfdurchstromten Wanden zusammengesetzt ist; hierdurch werden nicht nur die Strahlung, sondern auch die im Saal eintre- tenden Temperaturschwankungen unbedenklich, da j a der einfachere Apparat in einen zweiten Raum von konstanter Temperatur ein- gelassen ist. Leider ist dieser Apparat noch sehr wenig voll- kommen, denn nur bei lebhaftem Sieden bleibt die Temperatur konstant; zu diesem Zwecke muls man mit sehr grolsen Flammen heizen, und es kiinnen, da die geringste Luftbewegung im Sad die Flamme verweht, momentan Temperaturerniedrigungen eintreten, - um so mehr, als die erzeugte Warme auch auf den Apparat direkt strahlt ; daher hangt die Temperatur nicht ausschlielslich von der der Dampfe ab. Wo man auf holiere Hitzegrade gehen und diese Temperaturen wiihrerid mehrerer Stunden konstant halten will, muls man daher den Gasdruck der Heizflammen regulieren und die ganze untere Partie des Apparates mit einem Blechmantel um- geben. Fig. 2 zeigt den angewandten Apparat im ganzen.

OSTWALD , Bilfsbuch xur Ausfiihrzcny physiko-ch,ernischor Messmagen, s. 227.

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Fig. 2.

A Reservoir, in dem sich die dnrch das Gcblgsc S p erzeugte Drucklrift sammelt; in der Flasche wird das Niveau cles Wassers wiihrend der gaiizen Versuchsdauer auf derselbeu HGhe gehalten.

R ist ein Regulator, mit Quecksilber geftllt, der den Drnck des Speise- wassers vollkommen konstant hiilt.

a, a, RShren, die das Wasser zufuhren. u2 a2 Rohren, durch die das Wasser abfliefst. v v kleine Quetschhahne, die den Abfluk des Wassers regelri. B Druckregulator fur dio Luft, die den Apparst passicren soll. b diescs Rohr dient zur VerteilunE der Luft zu den Weschflasclien C "

und dem Regulator B. C Waschflaschen mit Schwefclssurc zur Trocknurie der Luft. c1 el RGhrcn, die die Luft in den Apparat fiihren;-das Rohr gcht zwischcri

den beiden Dampfmanteln durch und ist in ein langes Ln umgebogen, die Luft erwiirmt sich also.

c2 c2 RGhren, welche die mit Diinipfen beladene Luft wegfuhren. K Kupferballon. S Mutter, welche dazu dierit, zmischcn Rallon Zi und dem Apparat luft-

k, k, Mantel, durch den dic Dlmpfe von Aiiilin oder andereii organischen

W Glaskolben, in denen man die Fliissigkcit sieden Isbt , dcren Diimpfe

t t Thermometer; das kleine dient zur Korrelrtur. 1 I Hebel, der den Stopfen p festlviilt. z die kleine Kryst,zllisiersrlixle, in der sich die Snbstanz befiridet, dereu

dichten Verschlufs herzustellen.

Fliissigkeiten, welehe in dem Ballon k' kochcn, zirkuliercn.

in den iiufseren Ring rY, zirknlieren sollen. w2 w2 Kiihler.

k , 16, Iiuhler.

Fluchtigkeit man studiert.

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Resultate. Ich liabe iirr garizeii 39 Bertimmui~gcn geinacht ; fur einige

Temperat nren siiicl mehrere Bestimmnngeiz gemnclit worden, SO clds folgeride Zahlen (lie Mittel der erlial terieii Result,ate rlarstellen :

Fur Merkixribromid, HgRr, :

Gcwichtsverlust in 5 Stunden

97'/,0 c. 0.0101 g 0.01 82 g

c. 0.0275 g 126'/," c. 0.0732 g

E'iir Merlrurijodid, HgJ, :

G ewichtsverlust in 5 Stunden Tcmpcrntiir

80 c. 87 ' c. 98 " c.

103 c. 109 O c. 119'/,O c. 121'/,0 c. 130 ' c.

0.0006 g

0.0033 g 0.0070 g

0.0018 g

0.009(i g 0.020 g 0.022 g 0.042 g

Fur Calomel, Hg,Cl, :

86'/, O c. 90"* c. 981/, c.

108'/4n c. 120'/*0 c. 1 2 2 " ~ (' C. 131 " c. 152 " c. 171 ' c. 175 c. 175'/," c.

Gewichtsverlust in 5 Stuiideii

0.0005 5' 0.0009 g 0.0013 g 0.0016 g 0.0035 g 0.0028 I$ 0.00% g 0.014 g 0.045 g 0.055 g 0.058 g

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Zu diesen kommen noch die friiher erhaltenen:

Gewichtsverlust in 5 Stunden Temperatur

_____

56l/, c

64'1, c. 79 c. 99 c.

6 0 S / , O c. 0.0003 g 0.0005 g 0.0010 g 0.0022 g 0.0128 g

113 c. O.OSSl[g I 126 O c. 0.0700 g

Die Gesamtheit dieser Resultate liefern uns die vier Kurven untenstehender E'igur 3.

Fig. 3.

Wenn wir endlich in unser Diagramm auch die Punkte ein- zeichnen wollten, welche uns durch die von V. VON RICHTER~ er- haltenen Bestiinmungen der Dampfspannung ties Sublimats gelie€ert werden, so konnten wir an unserer Figur eine Millimeterskala an-

Diese Zeitsehr. 7, 178. Bey. de&sck. cbem. Qes. 19, 1067.

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bringen. Es wiirde dafiir geniigen, seine Punkte auf unsere Kurve bei den entsprechenden Temperaturen aufzutragen. Die Ziffern, welche jener Forscher erhalten hat, sind folgende:

ZOOo C. 20mm Spannung 240O c. 130nim ,, 265O C. 250mm ,, 270O C. 370mm ,,

Aber RICHTEE sagt : ,,diese Zahlen sind nur angenaherte". Ubrigens bieten die wahren Werte der Dampfspannungen gegen-

wzrtig noch kein Interesse, wiihrend die relativen Werte sehr lehr- reich sein konnen. Das werde ich sogleicli zeigeu.

Allgemeines. Aus obigen Bestimmuiigeri folgt in erster Linie, dals die Fliichtig-

keit des Quecksilberbromids geringer ist, als die des Chlorids, und dafs die Sublimationsfahigkeit des Jodids noch geringer ist. Fur diese drei analogen Verbindungen nehmen also die D a m p f t en- s ionen m i t d e r Z u n a h m e des Molekulargewichtes ah ; - und es ist auch noch zu bemerken, dak, wenn die Dampftensionen des Kalomels noch schwacher als die des Quecksilberjodids sind, so ist es wohl in erster Linie dadurch bedingt, dafs die Dampfmolekiile des ersteren der Formel Hg,CI, und nicht HgCl entsprechen, so dak ihr relatives Gewicht iiocli vie1 griiker d s das der Molekiile des Quecksilberjodids ist.

Man kann sich fragen, ob keine einfache Beziehung zwischen den Kurven der Sublimationsspannungeii besteht?

Was die drei Kurven cler Merkurisalze betrifft, so ergiebt sich die bemerkenswerte Thatsache, dafs alle Punkte der einen Kurve gleiche Abstinde aufweisen von den Punkten gleicher Ordinate bei jeder der beitlen anderen Kurven; man braucht nur die Kurve des Bromids um einige Grade zu verschieben, um sie mit der des Chlo- rids zur Deckung zu bringen; und letztere, um 30° versclioben, wiirde mit der des Jodids zusamrnenkllen. D ie d r e i Kurven s i n d a l so b i s au f e ine K o n s t a n t e ident i sch .

Das gilt nicht melir fur die Kurve des Kalomels; und da die Werte der Differenzen mit der Temperatur zunehmen , scheint es mir nicht miiglich, diese Thatsacho in Bezieliung zu setzen mit der Dissoziation der Kalomelmolekiile in Quecksilberchlorid und Queck- silber , eine Dissoziation, welche init der Teniperatur zunimmt und

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deren Anfiinge sich sehr wohl schon bei den sehr niedrigen Tempe- raturen 150-1 80

Weiter mufs man sich nun notwendig die Frage vorlegen, ob cliese Kurven der Dampfspannungen, der drei Salze nicht in ein- fachen Beziehungen zum Molekulargewicht stehen, z. H . ob die ent- sprechenden Werte nicht umgekehrt proportional den Atomgewichten, der mit dem Quecksilber verbundenen Elemente sind?

Es zeigt sich indesseri, dafs keine Proportionalitiit statt hat.l D i e D a m p f s p a n n u n g e n d e r f e s t e n K o r p e r s i n d a l s o ,

a u c h b e i chernisch a r ia logen S u b s t a n z e n , n i c h t a u s s c h l i e f s - l i c h e i n c F u n l r t i o n d e r M o l e k u l a r g e w i c h t e , - es giebt auch andere Faktoren, welclie hier mitwirken, urn diese physikalische Kon- stante von einer Substanz z u r anderen zu andern. Es ist klar, dafs die molekulare Aggregation eine hervorragende Rolle spielen mufs ; mid man weifs ja , dafs irn festen Zustande der Materie die Bggre- gutionsznstiinde sehr verscliieden sein konnen, obwohl man iiber diese Frage fast gar keine positiven Anhultspunkte hat. Die aus- gepriigtesten Verschiedenheiten zeigen sicli hei den allotropischen Modifikationen, uiicl eiri sehr gutes Beispiel in dieser Hinsicht ist der Phosphor, - dessen Modifikationen auch aulserordentlich ver- schiedene Dampfspanuungen aufweisen.

Was die Haloidsalze des Queclisilbers betrifft, so wiire es wohl recht schwierig, wie mir scheint, die sich hier bietende Frage zu losen; - nichtsdestoweniger mochte ich dem vorausgehenden rioch eiiie Remerkung anfiigen, um eine Hypotlirse zu stiitzen, die mir nicht ohne Grund zu sein scheint.

Um Ubereinstimmendr Zahleri zu erhalten, murs man die der Luft ausgesetzten Oberflachen stetig erneuern, denn unter rler $:in- wirkung der Warme bildet sich auf der Oberflache allmBhlich eine Kruste von veriindertem Salz , dessen Fluchtigkeit geringer ist , als die von frisch sublimiertem uncl gepulvertem Material. So hatte sich zum Beispiel, nachdem die kleine Krystallisierschale, die Kalomel enthielt, 45 Stunden lang in eiiiern Luftbad auf 150° erhitzt worden war, die Fluchtigkeit bei 13l0 von 0.0036 zu 0.0030 Verlust in 5 Stundeii erniedrigt. F u r Sublimat wird die Diff’erenz nocli griifser, untl die Kruste tritt noch besser hervor.

geltend machen konnten.

Es besteht rtucli keime einbchr Beeiehmg zwischen dicscw Kurven uiid clenen der Dampftensionen der mit dem Quccksilber rerbundencn Elemente, dn die Rochpunktr (bei 760 mm) den ‘I‘empernturen: -33.6O fur C1, 58.7 und 185.3” fur Kr uiid J, cntsprecheii.

Z. anorg. Cham. XU. 2s

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Woraus besteht aber diese Kruste, wenn nicht aus einer An- haufung (- ,,tassement") von Materie, und vielleicht noch mehr, einer wahren i n t ra m ol eku l a r e n K o n d en s a ti o.n?

Es scheint, mir also, dah man annehmen kann, d a l s d i e F l u c h t i g k e i t n i c h t n u r m i t d e r Moleku la rgewich t szunahme (bei u n t e r e i n a n d e r ve rg le i chba ren Verbindungen) s t e t i g von e i n e r S u b s t a n z z u r a n d e r e n a b n i m m t , sonde rn aucl i be i e in u n d demselben Kiirper uni s o schwache r wi rd , i n j e d ich terern Z u s t a n d e e r au f t r i t t .

Ich hoffe, dafs es mir moglich sein wird, durch Auswalil be- weisender Beispiele, diese Kypothese zu stiitzen.

Es erscheint mir von vornherein wahrscheinlich, dafs diese Anschauung keine gariz allgemeine Anwenduug finden wird. Nichtsdestoweniger miichte ich noch eine Bemerkung hinzufugen, um uris Rechenschaft zu gehen iiber diese vergriifserte Festigkeit, welche die Materie erlangt hat. Das I'ulver des Qneck- silherehlorids sintert thatslchlich in sich znsammen, und nach geniigend laugem Erliitzen findet man in der Krystallisicrschale kein inkoharentes Pulver melir vor, sondern einen Kachen, der um so kompakter ist, j e hiiher die Temperatiir war und j c Iiinger man das Erhitzen fortgesetzt hat. Das Quecksilbejodid zeigt diese Erscheinung viel weniger stark, und beim Kalomel tritt es noch weniger hervor. Thatsachlich haben wir in diesem Fall mit Temperatirren zu thun, die weiter vom Schmelzpunkt entfernt sind, als beim Sublimat. Die in Frage stehende Erscheinung tritt beim .To4 noch viel besser hervor, als bei den Merkurisalzen, - augenseheir~lich befiuden wir uns in diesern Fall nur wenige Grade unter der Sehmelztemperatur, d. h. der Temperatur des voll- stindigen Zusamniensinterns. Diese Thatsachen weiden iibrigens vollkommen verstindlich, wenn man die Arbeiten von Herrn Prof. W. SPRING ,,iiber die Zu- sammenschweifsbarkeit der festeri Kiirper" in Betracht zieht, und die sll- gemeinen Resultate seiner letxten Arheit iiher diesen Gegenstaiid (Zeitschr. phys. Chern. 1.5, 65) fiihren uns zii der Annahme, dafs die Zusammenschweilk- harkeit nicht nur mit der Temperatnr zunimmt, sondwn auch die Zeit in Be- tracht genommeri werden mufs. €Tier liegt wohl der Grund, warum sich in unserem Fall die molekulare Anordnung der Substanz, welche wir in dem Apparat stetig steigenden Temperat.ureii aussetzen, notwcndigerweise n i t der Zeit etwas iinderii mufs.

Da man nocli nichts weirs iiber die molekularcii Uniwandlungen bei dem Zusammenschweifsen einer Snbstanz zu eiuer kompakten Mmse (die Thatsache ausgenommen, dafs in gewissen Fiilleri das spez. Gewiclit offenbar dadurch zu- nelimen kanrr), so scheint es mir notwendig, tliese Untersuclinngeri rnit Kiirpern zu unternehmen, welche in verschiedenen, und auch noch anders als durch die Verschiedenheit ihres spez. Gewichtes, vollkommen definierten ZustiZnden auf- treten.

Liittich, Insti1ut fcr allgemeine Ckwniie, 23. M a i 1896.

Hei der Redaktion eingegangen am 18. Juni 1896.