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www.pushpak.de - 1 - Upanishaden Auszüge aus den Brâmahnas und Upanishaden Im Folgenden stehen einige, nach meiner Ansicht, die schönsten Abschnitte aus dem Buch "Upanishaden" von Alfred Hillebrandt (1853-1927), leicht überarbeitet im Vergleich zur Übersetzung von Paul Deussen (1845-1919). Trotz ihres enormen Alters, trotz des langen Weges, den sie zu uns nach Europa genommen haben, sind sie für mich eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. In diesem Sinne wünsche ich viel Freude beim Lesen, Jens. www.pushpak.de Inhaltsverzeichnis Aus der Brahmanenzeit ............................................................... 2 BRIHAD-ÂRANYAKA-UPANISHAD ...................................... 5 CHÂNDOGYA-UPANISHAD ..................................................14 KENA-UPANISHAD..................................................................22 KÂTHAKA-UPANISHAD ....................................................24 ÎSHA-UPANISHAD ...................................................................29 BRAHMABINDU-UPANISHAD...............................................30

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Die Bedeutung der alten Veden ist bis heute kaum in ihrer ganzen Bandbreite und Vielfalt erfasst, wenn auch viele westliche Wissenschaftler sich mit Ihnen aus einender setzen und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Die Veden bergen noch unendlich vieles, was die Seher vor Tausenden von Jahren erschaut haben.

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    Auszge aus den Brmahnas und UpanishadenIm Folgenden stehen einige, nach meiner Ansicht, die schnsten Abschnitte aus dem Buch

    "Upanishaden" von Alfred Hillebrandt (1853-1927),leicht berarbeitet im Vergleich zur bersetzung von Paul Deussen (1845-1919).

    Trotz ihres enormen Alters, trotz des langen Weges, den sie zu uns nach Europa genommenhaben, sind sie fr mich eine unerschpfliche Quelle der Inspiration.

    In diesem Sinne wnsche ich viel Freude beim Lesen, Jens.www.pushpak.de

    InhaltsverzeichnisAus der Brahmanenzeit ............................................................... 2

    BRIHAD-RANYAKA-UPANISHAD ...................................... 5

    CHNDOGYA-UPANISHAD ..................................................14

    KENA-UPANISHAD ..................................................................22

    KTHAKA-UPANISHAD ....................................................24

    SHA-UPANISHAD ...................................................................29

    BRAHMABINDU-UPANISHAD...............................................30

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    Aus der BrahmanenzeitWAHRHEIT UND UNWAHRHEIT

    Die Gtter und Dmonen, beides Nachkommen des Prajpati, traten das Erbe ihres Vatersan: die Rede, wahr und unwahr, Wahrheit und Unwahrheit. Sie sprachen beide dieWahrheit, sie sprachen beide die Unwahrheit. Weil sie beide in gleicher Weise sprachen,waren sie auch gleich.

    Die Gtter gaben die Unwahrheit auf und hielten sich an die Wahrheit; die Dmonen gabendie Wahrheit auf und hielten sich an die Unwahrheit.

    Da berlegte die Wahrheit, die in den Asuras (Dmonen) wohnte: Die Gtter haben dieUnwahrheit aufgegeben und sich an die Wahrheit halten wollen: wohlan, ich will dahingehen. Sie ging zu den Gttern.

    Die Unwahrheit aber, die in den Gttern wohnte, berlegte: Die Asuras haben die Wahrheitaufgegeben und sich an die Unwahrheit halten wollen; ich will dahin gehen. Sie ging zuden Asuras.

    Die Gtter sprachen ganz die Wahrheit, die Asuras ganz die Unwahrheit. Die Gtter, diebestndig die Wahrheit sprachen, wurden scheinbar geringer und rmer. Darum wird einer,der stndig die Wahrheit spricht, scheinbar geringer und rmer; aber schlielich gedeiht er;denn die Gtter gediehen schlielich.

    Hingegen die Asuras, die bestndig die Unwahrheit sprachen, glnzten wie Salzbodenuerlich, wurden scheinbar reich. Darum glnzt uerlich der, der bestndig dieUnwahrheit spricht, wie Salzboden, wird scheinbar reich. Aber schlielich versagt er; dennes versagten die Asuras.

    SCHPFUNGSMYTHOS

    Die Welt war anfangs Wasser, eine wogende Flut. Es wnschte sich fortzupflanzen, kasteitesich und tat Bue. Als es Bue tat, entstand ein goldenes Ei. Es gab damals noch kein Jahr.Das goldene Ei schwamm solange umher, als die Zeit eines Jahres betrgt.

    Daraus entstand in einem Jahre ein Mann, der Prajpati. Darum gebiert innerhalb einesJahres eine Frau oder Kuh oder Stute; denn innerhalb eines Jahres entstand Prajpati. Erdurchbrach das goldene Ei, fand aber keinen Halt. Da trug ihn, umherschwimmend, fr dieDauer eines Jahres das goldene Ei. Nach Jahresfrist wnschte er zu sprechen. Er sagte bhr,da entstand die Erde; er sagte bhuvar, da entstand der Luftraum; er sagte suvar, da entstandder Himmel. Darum wnscht ein Kind nach Jahresfrist zu sprechen; denn nach Jahresfristsprach Prajpati.

    Als er zum erstenmal sprach, sagte Prajpati ein und zwei Silben; darum sagt ein Kind, wennes zum erstenmal spricht, ein und zwei Silben.

    Die fnf Silben (bhr usw.) machte er zu den fnf Jahreszeiten. Das sind diese fnfJahreszeiten. Prajpati erhob sich nach Jahresfrist so ber diese entstandenen Welten; darumwnscht ein Kind nach Jahresfrist sich zu erheben; denn nach Jahresfrist erhob sich Prajpati.

    Er wurde tausend Jahre. Wie einer zum anderen Ufer eines Flusses hinbersieht, so sah erzum anderen Ufer seines Lebens.

    Singend und sich kasteiend wandelte er, sich Nachkommenschaft wnschend, umher. Erlegte in sich Zeugungskraft; er schuf mit dem Munde die Gtter (deva); diese Gtter wurdenfr den Himmel (div) geschaffen, darum sind die Devas Devas. Als sie fr den Himmelgeschaffen wurden, war es fr den, der sie geschaffen hatte, wie Tag. Darum sind die DevasDevas, weil es fr den, der sie geschaffen hatte, wie Tag war.

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    Mit seinem abwrts gehenden Hauch schuf er die Asuras; diese wurden fr die Erdegeschaffen. Fr ihn, der sie erschaffen hatte, war es gleichsam dunkel.

    Er wute: Ich schuf ein bel, weil es fr mich nach ihrer Erschaffung gleichsam dunkelwurde. Daher durchbohrte er sie mit Unheil, daher gingen sie zugrunde. Darum sind dieGeschichten von den Gttern und Asuras, die man teils im Epos, teils in der Sage erzhlt,nicht wahr. Denn daher durchbohrte Prajpati sie mit Unheil, daher gingen sie zugrunde.Das hat ein Prophet in dem Verse ausgesprochen: Nicht hast du irgendeinen Tag gekmpft,nicht lebt dir, Herr, ein Feind. Eine Tuschung nur ist es, was man von deinen Kmpfen sagt:nicht heut noch frher hast du einen Feind bekmpft.

    Was fr ihn nach Schaffung der Gtter wie Tag war, das machte er zum Tage; was fr ihnnach Schaffung der Asuras wie dunkel war, das machte er zur Nacht. Das ist Tag und Nacht.

    DAS BRAHMAN UND DIE GTTER

    Die Welt war anfangs Brahman. Es schuf die Gtter und nach ihrer Schpfung setzte es sieeinzeln in die Welten ein, in diese Welt den Agni, den Vayu in den Luftraum, an denHimmel die Sonne.

    In die Welten, welche hher als diese (drei) waren, setzte es die Gtter ein, welche hher alsdiese (drei) waren. So wie hier die Welten sichtbar sind und ihre Gtter, so sind jene Weltenund deren Gtter, welche er in sie einsetzte, sichtbar.

    Das Brahman aber selbst ging nach der entgegengesetzten Seite. Nach der entgegengesetztenSeite gegangen, berlegte es: Wie mchte ich in diese Welten wieder hinabgehen? Es gingmittels zweier Dinge, nmlich mittels Name und Gestalt in sie wieder hinab. Was immereinen Namen trgt, das ist eben Name; was aber keinen Namen trgt und, indem man sichsagt, diese Gestalt ist das, an seiner Gestalt erkennbar ist, das ist Gestalt. So weit reichtdiese Welt, wie Name und Gestalt.

    Das sind die beiden groen Mchte Brahmans. Wer diese beiden Mchte Brahmans kennt,wird zur groen Macht.

    Das sind die beiden groen Geheimkrfte Brahmans. Wer diese beiden groen GeheimkrfteBrahmans kennt, wird zur groen Geheimkraft. Von diesen beiden ist eins das wichtigere,die Gestalt. Denn auch was Name ist, ist Gestalt. Wer das wichtigere von beiden kennt, wirdwichtiger als der, dem er berlegen zu werden wnscht.

    Die Gtter waren anfangs sterblich. Als sie durch das Brahman es erreichten, wurden sieunsterblich. Wenn er dem Geist ein Guopfer bringt - Geist ist Gestalt, durch den Geisterkennt er: das ist diese Gestalt -, dadurch erlangt er die Gestalt. Wenn er der Rede einGuopfer bringt - Rede ist Name, durch die Rede erfat er den Namen -, dadurch erlangt erden Namen. So weit reicht dies All, wie Name und Gestalt. Das alles erlangt er. Das alles istunvergnglich. Dadurch wird ihm unvergngliches gutes Werk, unvergngliche Welt zuteil.

    WAS IST BESSER ALS OPFER FR DIE GTTER?

    Da sagt man: Wer steht hher, der, welcher sich selbst, oder der, welcher den Gttern opfert? Darauf soll man erwidern: Der, welcher sich selbst opfert. Sich selbst opfert der, welcherwei: Dieser mein Leib wird hierdurch bereitet, dieser mein Leib wird dadurch angelegt.Wie eine Schlange die Haut, so legt er diesen sterblichen, schlechten Leib ab. Aus Versen,Opfersprchen, Spenden bestehend, erlangt er die Himmelswelt.

    Der opfert den Gttern, welcher wei: Den Gttern opfere ich hier, die Gtter verehre ich.Wie ein Geringerer einem Hheren Tribut bringt oder wie ein Vaishya (Diener) einem KnigeTribut bringt, so ist dieser. Eine solche Welt, wie der andere, gewinnt er nicht.

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    LOB DES STUDIUMS

    Erwnscht sind Studium und Unterricht. Man wird aufmerksam, unabhngig, erwirbt Tagfr Tag Vermgen, schlft gut und wird sein eigener bester Arzt: Selbstbeherrschung,Zielbewutsein, Wachstum der Erkenntnis, Ansehen, Reifen der Menschheit sind damitverbunden. Wachsende Erkenntnis entwickelt in dem Brahmanen vier Pflichten:Brahmanenwrde, entsprechendes Verhalten, Ansehen, Reifen der Menschheit (durchBelehrung). Die reifende Menschheit lohnt dem Brahmanen durch vier Pflichten:Ehrerbietung, Freigebigkeit, Sicherheit gegen Vergewaltigung und gegen Mord.

    Was immer die Mhen zwischen Himmel und Erde sein mgen, deren hchste Stufe ist dasStudium; das Ziel dessen, der so wissend sein Studium betreibt. Darum soll einer seinStudium betreiben.

    Was immer er vom Veda studiert, das hat er als ein Opfer dargebracht, wer so wissend seinStudium betreibt. Darum soll er sein Studium treiben.

    Wenn einer auch gesalbt, geputzt, behaglich auf bequemem Lager liegend sein Studiumtreibt, bis in die Fingerspitzen kasteit er sich, wer so wissend sein Studium treibt. Darum solleiner sein Studium treiben.

    Honig sind die Verse des Rigveda, Butter die Verse des Sman, Ambrosia die Sprche desYajus; wenn er die Dialoge studiert, so ist das Reis mit Milch und Reis mit Fleisch.

    Mit Honig erfreut der die Gtter, wer so wissend die Verse des Rigveda Tag fr Tag alsStudium treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wnschen, mit allen Genssen.

    Mit Butter erfreut der die Gtter, der so wissend die Verse des Sman als Studium Tag frTag treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wnschen, mit allen Genssen.

    Mit Ambrosia erfreut der die Gtter, der so wissend die Sprche des Yajus als Studium Tagfr Tag treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wnschen, mit allen Genssen.

    Mit Milchreis und Fleischreis erfreut der die Gtter, der so wissend die Dialoge, dieErzhlungen aus Mythen und Geschichte als Studium Tag fr Tag treibt. Erfreut erfreuenihn diese mit allen Wnschen, mit allen Genssen.

    Dahin wandeln die Wasser, es wandelt die Sonne, es wandelt der Mond, es wandeln dieSterne. Als wollten diese Gottheiten nicht wandeln, nicht wirken, so wre an dem Tage einBrahmane, an dem er sein Studium nicht treibt. Darum soll einer sein Studium treiben.Darum soll man wenigstens einen Vers des Rigveda, einen Spruch des Yajurveda, einen Versdes Smaveda, eine Gth oder eine Episode (?) sagen, um das Gelbde nicht zuunterbrechen.

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    BRIHAD-RANYAKA-UPANISHADGEDANKEN BER DIE ENTSTEHUNG DER SCHPFUNG AUS DEM TMAN

    Am Anfang war hier nur das Selbst; es war wie ein Mensch. Es blickte um sich und sahnichts anderes als sich selbst. Das bin ich, war sein erstes Wort. Daher erhielt es denNamen Ich. Darum sagt auch jetzt jemand, der begrt worden ist, zuerst, ich bin derund nennt dann den andern Namen, den er fhrt.

    Weil es aller Welt zuvor alle bel verbrannte, darum ist es ein purusha. Der, wer so wei,verbrennt wahrlich den, der ihm voraus sein will.

    Es frchtete sich. Darum frchtet sich einer, der allein ist. Er berlegte: Wenn es nichtsanderes gibt als mich, vor wem frchte ich mich denn da? Da wich seine Furcht; denn vorwem htte es sich frchten sollen? Man frchtet sich doch nur vor einem Zweiten.

    Es empfand keine Freude. Darum empfindet ein Einsamer keine Freude. Es wnschte sicheinen Zweiten. Es war so gro wie Mann und Frau bei der Umarmung.

    Es lie sich in zwei Teile zerfallen. So entstanden Gatte und Gattin. Darum sind wir beidehier nur wie ein Halbstck, sprach Yjnavalkya. Darum wird dieser Raum durch die Frauausgefllt. Er nahte ihr. Darauf entstanden die Menschen.

    Sie berlegte: Wie kann er mir nahen, nachdem er mich aus sich selbst geschaffen hat?Wohlan, ich will mich verbergen.

    Sie wurde eine Kuh, er ein Stier. Wieder nahte er ihr, darauf entstanden die Rinder.

    Sie ward zu einer Stute, er zu einem Hengste, sie zu einer Eselin, er zu einem Esel.Wiederum nahte er ihr. Darauf entstanden die Einhufer.

    Sie wurde eine Ziege, er ein Bock; sie eine Schafmutter, er ein Widder. Wieder nahte er ihr,darauf entstanden Ziegen und Schafe. In dieser Weise erschuf es alles, was sich paart, bis hinzu den Ameisen...

    Wenn sie nun hier in bezug auf den einzelnen Gott sagen, opfere diesem oder jenem, so istder nur eine Einzelschpfung von ihm; denn es begreift alle Gtter in sich...

    Da es die hheren Gtter schuf, ist eine berschpfung Brahmans. Weil es als einSterblicher die Unsterblichen schuf, darum ist es eine berschpfung. Wer so wei, ist indieser seiner berschpfung enthalten.

    Die Welt war damals noch nicht nach Name und Gestalt geschieden. Sie schied sich nachName und Gestalt: Er heit soundso und hat die und die Gestalt. So unterscheidet sichauch jetzt noch diese Welt nach Name und Gestalt: Er heit soundso und hat die und dieGestalt.

    Das Selbst ist in alles bis in die Nagelspitzen eingegangen. Wie das Messer in der Scheideverborgen liegt, wie das Feuer im Reibholz, so nimmt man es nicht wahr. Denn es ist zerteilt.

    Wenn es atmet, ist Atem sein Name; wenn es spricht, ist Rede sein Name; wenn es sieht,ist Auge sein Name; wenn es hrt, ist Ohr sein Name; wenn es denkt, ist Verstand seinName. All das sind nur Namen fr seine Ttigkeiten. Der wei das nicht, der nur dieEinzelerscheinung verehrt. Denn es ist zerteilt und tritt nur als Einzelerscheinung auf.

    Er soll nur den tman (Seele) verehren; denn in ihm werden all diese Einzelerscheinungen(Atem, Rede, Auge) zur Einheit. Darum ist der tman ein Weg zu allem. Denn man erkenntdurch ihn alles, wie man mit Hilfe der Fuspur jemanden findet. Wer so wei, gewinnt Ehreund Ruhm.

    Darum ist dieser lieber als ein Sohn, lieber als Besitz, lieber als alles andere. Das Vertrautereist der tman. Wenn nun jemand etwas anderes als den tman fr lieb erklrt, dann kann

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    einer sagen: Verlieren wird er, was ihm lieb ist! Der kann sicher sein, das dies alsogeschehe. Nur den tman soll man als Liebes verehren. Wer nur den tman als Liebesverehrt, dem wird Liebes nicht vergehen.

    Da sagt man: Wenn Menschen mit Hilfe der Wissenschaft vom Brahman glauben, zum Allwerden zu knnen, was wute denn das Brahman, dadurch es zur ganzen Welt wurde?

    Nur das Brahman war hier am Anfang. Dies kannte nur sich selbst: Ich bin Brahman.Darum wurde es zu der ganzen Welt. Wer immer von den Gttern das erkannte, der wurdedazu (zur ganzen Welt). Ebenso ist es bei den Rishis, ebenso bei den Menschen.

    Vmadeva, der Rishi, erkannte das und vergegenwrtigte sich: Einst war ich Manu und dieSonne. Darum wird auch jetzt der, der so wei: ich bin Brahman, zur ganzen Welt. Auchdie Gtter sind nicht imstande, dies Werden zu verhindern. Denn er ist ihr tman, ihreSeele. Aber wer eine andere Gottheit verehrt und denkt: sie ist etwas anderes als ich, derhat kein Verstndnis. Er ist wie ein Nutztier fr die Gtter. Wie viele Tiere dem Menschenzum Nutzen dienen, so dient der einzelne Mensch den Gttern zum Nutzen. Wenn nur eineinzelnes Tier ihnen genommen wird, so ist das ihnen schon nicht angenehm, geschweigedenn, wenn viele ihnen genommen werden. Darum ist es ihnen nicht lieb, wenn dieMenschen zu dieser Erkenntnis gelangen.

    Am Anfang war hier nur das Brahman; es war allein. Da es allein war, entfaltete es sichnicht. Es schuf als hhere Form darber den Kriegerstand, nmlich die Frsten unter denGttern: Indra, Varuna, Soma, Rudra, Parjanya, Yama, Mrityu, Ishna. Daher gibt es nichtsHheres als den Kriegerstand; daher verehrt bei dem Fest der Knigsweihe der Brahmane,indem er unter ihm steht, den Kshatriya; dem Kriegerstand verleiht er damit Ruhm. DasBrahman ist die Geburtssttte des Kriegerstandes. Darum sttzt der Knig, auch wenn er zurhchsten Hhe schreitet, sich am Ende doch auf das Brahman. Wer den Brahmanen verletzt,der schdigt seine eigene Geburtssttte damit. Der ist schlechter noch, als wenn er einenVornehmen verletzt htte.

    Es war noch nicht entfaltet; es schuf das Volk, die Gttergeschlechter nmlich, die man inGruppen aufzhlt: die Vasus, Rudras, dityas, Allgtter und Maruts.

    Es war noch nicht entfaltet; es schuf die Kaste der Shdras (Knechte), den Pshan. Diese Erdeist Pshan. Diese Erde nhrt alles, was da ist.

    Es war noch nicht entfaltet; es schuf als hhere Form darber das Recht (dharma). Das Rechtist die Herrschaft ber die Herrschaft. Darum gibt es nichts Hheres als das Recht. Durchdas Recht beherrscht der Schwchere den Strkeren wie durch den Knig. Das Recht istgleich mit Wahrheit. Darum heit es von einem, der die Wahrheit sagt, da er Recht spreche,oder von einem, der Recht spricht, da er die Wahrheit sage. Beides ist ein und dasselbe.

    Dasselbe ist Brahman (Priester, Brahmanen), Kshatriya (Adel, Krieger), Vaishya (Handwerker,Hndler, Bauern), Shdra (Diener). Durch Agni erschien es als Brahman unter den Gttern, alsBrahmane unter den Menschen, durch den (gttlichen) Kshatriya als (menschlicher) Kshatriya,durch den Vaishya als Vaishya, durch den Shdra als Shdra. Darum begehrt man unter denGttern eine Sttte bei Agni, unter den Menschen eine bei einem Brahmanen. Denn in diesenbeiden Formen zeigte sich das Brahman am unmittelbarsten.

    Wer aus dieser Welt scheidet, ohne seine eigentliche Welt erkannt zu haben, dem ntzt diese,weil sie nicht erkannt ist, so wenig wie der Veda, den man nicht studiert hat, oder eineArbeit, die man unterlassen hat. Welch groes, verdienstliches Werk ein in dieser WeiseUnkundiger auch vollbringen mag, es wird am Ende doch zunichte. Nur den tman soll erals die Welt verehren. Das Werk dessen, der nur den tman als die Welt verehrt, wird nichtzunichte. Denn aus diesem tman schafft er sich alles, was immer er nur begehrt.

    Dieses Selbst ist eine Sttte fr alle Wesen. Wenn man opfert, wenn man verehrt, dann ist esdie Sttte fr die Gtter; wenn man lernt, dann ist es die Sttte fr die Rishis; wenn man

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    Nachkommen wnscht, wenn man den Manen opfert, dann ist es die Sttte fr die Manen;wenn man Menschen beherbergt, wenn man ihnen Speise gibt, dann fr die Menschen; wennman fr die Nutztiere Gras und Wasser sucht, dann fr die Nutztiere; wenn wilde Tiere,Vgel bis hin zu den Ameisen, in seiner Behausung ihren Unterhalt finden, dann ist es dieSttte fr sie. Wie einer seiner Sttte Heil wnscht, so wnschen dem, der so wei, alleWesen immer Heil. Das ist es, was man erkannt und erwogen hat.

    Nur das Selbst war hier am Anfang; es war allein. Es wnschte, mchte mir eine Gattinsein, dann wrde ich mich fortpflanzen, dann wrde mir Reichtum sein, dann wrde ichWerke verrichten. So war sein Wunsch. Trotz aller Wnsche mchte einer nicht mehr alsdas erreichen. Darum wnscht auch jetzt ein Lediger: Mchte mir doch eine Gattin sein,dann wrde ich mich fortpflanzen, dann wrde mir Reichtum sein, dann wrde ich Werkeverrichten. Solange einer jedes Einzelne von diesen Dingen nicht erlangt, hlt er sich frunvollkommen. Darin besteht jemandes Vollkommenheit:

    Der Verstand ist sein Selbst, die Rede seine Frau, der Hauch seine Nachkommenschaft; seinAuge das menschliche Vermgen; denn mit dem Auge gewinnt er es; das Ohr sein gttlichesVermgen; denn mit dem Ohr vernimmt er es; sein Ich ist sein Werk, denn mit seinem Ichvollzieht er es.

    USHASTA CAKRAYANA UND YAJNAVALKYA

    Da fragte ihn Ushasta Ckryana: Yjnavalkya, sprach er, das Brahman, das vor Augenliegt, das unseren Augen sich nicht entzieht, das Selbst, das allem innewohnt, erklre mir.

    Es ist dein Selbst, das allem innewohnt.

    Was fr eins ist das, das allem innewohnt?

    Das, was durch den Einhauch einatmet, das ist dein Selbst, das allem innewohnt; das, wasdurch den Aushauch ausatmet, das ist dein Selbst, das allem innewohnt; das, was durch denZwischenhauch zwischenatmet, das ist dein Selbst, das allem innewohnt...

    Da sprach Ushasta Ckryana: Damit ist soviel erklrt, wie wenn man sagen wollte: das istein Rind, das ist ein Pferd. Das Brahman, das vor Augen liegt, das unsern Augen sich nichtentzieht, das Selbst, das allem innewohnt, erklre mir.

    Es ist dein Selbst, das allem innewohnt.

    Was fr eins ist das, Yjnavalkya, das allem innewohnt?

    Nicht kannst du den Seher des Sehens sehen, nicht den Hrer des Hrens hren, nicht denDenker des Denkens denken, nicht den Erkenner des Erkennens erkennen. Das ist deinSelbst, das allem innewohnt. Alles andere ist leidvoll.

    Darauf schwieg Ushasta Ckryana.

    DAS WAHRE LICHT DES MENSCHEN

    Yjnavalkya kam zu Janaka, dem Frsten der Videha, in der Absicht, sich mit ihm zuunterreden. Als Janaka, der Frst der Videha, und Yjnavalkya bei dem Agnihotraopfer sichunterredeten, sagte Yjnavalkya diesem die Erfllung eines Wunsches zu. Janaka whlte dieErlaubnis, nach Belieben Fragen zu stellen. Diese gewhrte er ihm. Da befragte ihn zuerst derGroknig: Yjnavalkya, was dient dem Menschen als Licht?

    Die Sonne, Groknig, dient dem Menschen als Licht, sprach er; denn beim Licht derSonne sitzt er, geht er umher, arbeitet er, kehrt er zurck.

    So ist es, Yjnavalkya. Wenn aber, Yjnavalkya, die Sonne untergegangen ist, was dientdem Menschen als Licht?

    Der Mond, Groknig, dient dem Menschen als Licht, sprach er; denn beim Licht desMondes sitzt er, geht er umher, arbeitet er, kehrt er zurck.

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    So ist es, Yjnavalkya. Wenn aber die Sonne untergegangen ist, Yjnavalkya, wenn derMond untergegangen ist, was dient dem Menschen als Licht?

    Das Feuer, Groknig, dient dem Menschen als Licht, sprach er; denn beim Licht desFeuers sitzt er, geht er umher, arbeitet er, kehrt er zurck.

    So ist es, Yjnavalkya. Wenn aber die Sonne untergegangen ist, wenn der Monduntergegangen ist, wenn das Feuer erloschen ist, was dient dann dem Menschen als Licht?

    Die Stimme, Groknig, dient dem Menschen als Licht, sprach er; denn beim Licht derStimme sitzt er, geht er umher, arbeitet er, kehrt er zurck. Daher geht man, Groknig,wenn man nicht einmal seine Hand erkennen kann, dorthin, wo eine Stimme ertnt.

    So ist es, Yjnavalkya. Wenn aber die Sonne untergegangen ist, wenn der Monduntergegangen ist, das Feuer erloschen ist und die Stimmen schweigen, was dient dann demMenschen als Licht?

    Das Selbst, Groknig, dient dem Menschen als Licht, sprach er; denn beim Licht desSelbst sitzt er, geht er umher, arbeitet er, kehrt er zurck.

    Was ist das fr ein Selbst?

    Es ist der aus Erkenntnis bestehende, inmitten der Hauche drinnen im Herzen leuchtendePurusha (Geist). Dieser durchwandert, immer sich gleichbleibend, beide Welten. Er scheintnachzusinnen, er scheint sich zu bewegen. Voller Gedanken, zum Traum geworden,berschreitet er diese Welt.

    Wenn dieser Purusha bei seiner Geburt in einen Leib gelangt, verbindet er sich mit allerleibel. Wenn er auszieht und stirbt, verlt er die bel, des Todes Gestalten.

    Dieser nmliche Purusha hat zwei Standorte; den in dieser und den in jener Welt;dazwischen einen dritten, den im Traum. Wenn er auf diesem Zwischenstandort steht,bersieht er beide, den in dieser und den in jener Welt.

    TRAUM

    Da dies der Anstieg zu dem Standort in jener Welt ist, betritt er diesen Anstieg undberblickt die bel wie die Freuden. Wenn er da in Schlaf versinkt, so sondert er einTeilchen der alles enthaltenden Welt ab, zerspaltet es selbst, baut es selbst auf und versinktbeim eigenen Glanz, beim eigenen Licht in Schlaf. Hier ist dann der Purusha sein eigenesLicht. Nicht gibt es dort Wagen, Wagengespanne und Wege; sondern Wagen,Wagengespanne und Wege schafft er; nicht gibt es dort Freude, Lust und Scherz, sondernFreude, Lust und Scherz schafft er; nicht gibt es dort Teiche, Flsse, Seen, sondern Teiche,Flsse, Seen schafft er; er ist ein Schpfer.

    Das sagen auch die Verse:Im Traum streift er alles Krperliche ab. Schlaflos berschaut er die Schlfer (die Sinne). Mitdem Licht kehrt der goldene einzige geistige Schwan wieder heim.Das niedere Nest (den Leib) mittels des Hauches beschtzend, schweift der Unsterblicheauerhalb des Nestes umher; es eilt nach seinem Wunsch der unsterbliche, goldene, einzigeGeistesschwan (Purusha) dahin.Im Traum auf- und niedersteigend, nimmt der Gott vielerlei Gestalt an; bald vergngt er sichmit Frauen, bald it er, bald sieht er Gefahr.Sein Ergtzen sieht man; ihn aber sieht keiner.

    Darum sagt man, man solle einen schlafend Hingestreckten nicht wecken; denn der istschwer zu heilen, zu dem der Geist nicht zurckkehrt. Aber einige sagen: Das ist fr ihn dieSttte des Wachens. Denn was er beim Wachen erblickt, das erblickt er auch im Schlaf.Hierin ist der Purusha sein eignes Licht.

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    So ist das, Yjnavalkya. Ich schenke dem Ehrwrdigen Tausend. Sprich mir weiter vondem, was zur Erlsung dient.

    Er erfreut sich im Traum, wandert umher, sieht Gut und Bse, und wenn er es gesehen hat,kehrt er nach Ordnung und Herkunft zum Zustand des Wachens zurck. Was immer ersieht, davon bleibt der Purusha unberhrt; denn er hngt an nichts.

    So ist das, Yjnavalkya. Ich gebe dem Ehrwrdigen hier Tausend. Sprich mir weiter vondem, was zur Befreiung dient.

    Wie ein groer Fisch an beiden Ufern entlangschwimmt, an dem diesseitigen undjenseitigen, so eilt der Purusha entlang an den beiden Zustnden, an dem des Traumes unddem des Wachens.

    TIEFSCHLAF

    Wie ein Falke oder Adler, der im Luftraum umhergeflogen ist und ermdet die Flgelzusammengefaltet hat, sich zum Niedersetzen anschickt, so eilt der Purusha zu diesemZustand, in dem er schlafend keinen Wunsch wnscht und kein Traumgesicht sieht.

    Seine Hit genannten Adern sind von derselben Feinheit wie ein tausendfach gespaltenesHaupthaar und mit Wei, Blau, Gelb, Grn, Rot gefllt. Wo man ihn zu tten, zu qulenscheint, wo ein Elefant ihn zu verjagen scheint, wo er in eine Grube zu fallen scheint: alleSchrecken, die er im wachen Zustande gesehen hat, bildet er sich in Unwissenheit auch hierzu sehen ein. Und wenn er, als wre er ein Knig, als wre er ein Gott, sich einbildet: ichbin das alles, dann ist dieses seine hchste Sttte.

    Wenn er schlafend keinen Wunsch wnscht und kein Traumgesicht sieht, dann ist das einZustand, in dem das Selbst sein Wunsch ist, seine Wnsche alle sich erfllen und keinWunsch vorhanden ist. Wie ein von einer lieben Frau umfangener Mann kein Bewutseinvon drauen oder drinnen hat, so hat dieser in dem Krper wohnende tman, von demerkennenden tman umfangen, kein Bewutsein von drauen oder drinnen.

    Dieser Zustand liegt jenseits alles Verlangens, ist frei von bel und Gefahr und kennt keineSorge im Inneren. Darin ist der Vater nicht Vater, die Mutter nicht Mutter, die Welt nichtWelt, sind die Gtter nicht Gtter, die Opfer nicht Opfer; darin ist der Dieb nicht Dieb, derBettelmnch nicht Bettelmnch, der Asket nicht Asket; er ist nicht vom Guten berhrt undnicht berhrt vom Bsen; denn er hat alle Sorgen des Herzens berwunden.

    Wenn einer dann nicht sieht, so nimmt er, obschon sehend, Sichtbares nicht wahr. DerSehende verliert zwar nicht seinen Gesichtssinn, weil dieser nicht schwindet, aber es gibtkein Zweites, Anderes, Verschiedenes, das er sehen knnte (in diesem Zustand).

    Wenn einer dann nicht riecht, so nimmt er, obschon riechend, Riechbares nicht wahr. DerRiechende kommt zwar nicht um seinen Geruch, weil dieser nicht schwindet, aber es gibtkein Zweites, Anderes, Verschiedenes, was er riechen knnte.

    Wenn einer dann nicht schmeckt, so nimmt er, obwohl schmeckend, den Geschmack nichtwahr. Der Schmeckende kommt zwar nicht um seinen Geschmack, weil dieser nichtschwindet, aber es gibt kein Zweites, Anderes, Verschiedenes, was er schmecken knnte.

    Wenn einer dann nicht redet, so redet er, obschon redend, das zu Redende nicht. Zwarkommt der Redende nicht um die Rede, weil diese nicht schwindet; aber es gibt keinZweites, Anderes, Verschiedenes, was er reden knnte.

    Wenn einer dann nicht hrt, so nimmt er, obschon hrend, das Hrbare nicht wahr. DerHrende kommt zwar nicht um sein Gehr, weil dieses nicht schwindet, aber es gibt keinZweites, Anderes, Verschiedenes, was er hren knnte.

  • www.pushpak.de - 10 - Upanishaden

    Wenn einer dann nicht denkt, so denkt er, obschon denkend, das zu Denkende nicht. Zwarkommt der Denkende nicht um sein Denken, weil dieses nicht schwindet; aber es gibt keinZweites, Anderes, Verschiedenes, was er denken knnte.

    Wenn einer dann nicht fhlt, so fhlt er, obschon fhlend, das zu Fhlende nicht. Zwarkommt der Fhlende nicht um sein Gefhl, weil dieses nicht schwindet, aber es gibt keinZweites, Anderes, Verschiedenes, was er fhlen knnte.

    Wenn einer dann nicht erkennt, so erkennt er, obschon erkennend, das Erkennbare nicht.Zwar kommt der Erkenner nicht um sein Erkennen, weil dieses nicht schwindet; aber es gibtkein Zweites, Anderes, Verschiedenes, was er erkennen knnte.

    Das frwahr ist der einzige Seher, der neben sich nichts anderes hat. Das ist die Brahmawelt,Groknig, sprach er zu ihm. Das ist seine hchste Vollendung, seine hchste Welt, seinehchste Freude. Von dieser Freude genieen die anderen Wesen nur ein kleines Teilchen.

    Wenn einer unter den Menschen erfolgreich ist und glcklich, ein Oberherr ber andere,berhuft mit allen Gegenstnden menschlicher Wnsche, das ist die hchste Freude derMenschen. Hundert Freuden der Menschen sind nur gleich einer Freude der Vter, die ihreSttte errungen haben. Hundert Freuden der Vter, die ihre Sttte errungen haben, sind nurgleich einer Freude derer, die durch Werke die Stellung von Gttern errungen haben.Hundert Freuden derer, die durch Werke die Stellung von Gttern errungen haben, sind nurgleich einer Freude der Gtter von Geburt und eines Weisen, der ohne Falsch und vonWnschen nicht bezwungen ist. Hundert Freuden der Gtter von Geburt sind nur gleicheiner Freude in der Welt der Gtter und eines Weisen, der ohne Falsch und von Wnschennicht bezwungen ist. Hundert Freuden in der Welt der Gtter sind ... nur gleich einer Freudein der Welt Brahmans und eines Weisen, der ohne Falsch und von Wnschen nichtbezwungen ist. Das ist, Groknig, die Brahmawelt, so unterwies er ihn, das ist dasUnsterbliche.

    Ich gebe dem Ehrwrdigen Tausend. Sprich mir weiter von dem, was zur Befreiung dient.

    Er erfreut sich in diesem tiefen Frieden, wandert umher, sieht Gut und Bse und wenn er esgesehen hat, kehrt er nach Ordnung und Ursprung zum Zustand des Wachens zurck. Wasimmer er sieht, davon bleibt der Purusha unberhrt; denn er hngt an nichts.

    DER TOD

    Da geriet Yjnavalkya in Furcht: Der Knig ist klug, von jeglichem Schlu hat er michabgedrngt.

    Wenn einer abmagert (so fuhr er dennoch fort), so magert er durch Alter oder Krankheit ab.Wie eine Mangofrucht, eine Feige oder Beere sich vom Stiel lst, so lst der im Krpereingeschlossene tman sich von den Gliedern und kehrt nach Ordnung und Ursprungwieder zum Lebensatem (Prana) zurck.

    Wie ein Lastwagen, schwer beladen, knarrend dahinzieht, so zieht dieser im Krpereingeschlossene tman mit dem erkennenden Selbst beladen unter Knarren dahin.

    Wie einem heranziehenden Knig die Vornehmen, die Agnaten, die Hofbeamten undOrtsvorsteher mit Speise, Trank und Wohnung aufwarten und sagen: Da kommt er, dakommt er, ebenso warten dem, der so wei, alle Wesen auf und sagen: Da kommt dasBrahman, da kommt das Brahman.

    Wie bei einem abreisenden Knig die Vornehmen, Agnaten, Hofbeamten und Ortsvorstehersich einfinden, so sammeln sich um den, der so wei, alle Hauche da, wo er den letztenAtemzug tut.

  • www.pushpak.de - 11 - Upanishaden

    Wenn der an den Krper gebannte tman schwach wird und in Verwirrung zu fallenscheint, da finden sich bei ihm die Hauche ein. Er nimmt die Glutteilchen (Krfte, Neigungen)an sich und begibt sich hinab in das Herz.

    Wenn der Purusha, der im Auge wohnt, sich abwendet, dann hrt der (tman) auf, dieErscheinungen zu erkennen. Er vereinigt sich, und man sagt: Er sieht nicht; er vereinigtsich (mit dem Brahman), und man sagt: Er riecht nicht; er vereinigt sich, und man sagt: Erschmeckt nicht; er vereinigt sich, und man sagt: Er spricht nicht; er vereinigt sich, undman sagt: Er hrt nicht; er vereinigt sich, und man sagt: Er denkt nicht; er vereinigt sich,und man sagt: Er fhlt nicht; er vereinigt sich, und man sagt: Er erkennt nicht.

    Die Spitze des Herzens erglnzt. Bei diesem Glanz zieht der tman (Seele) hinaus, sei es ausdem Auge oder dem Kopfe oder den anderen Krperteilen. Dem Hinausziehenden folgt derLebenshauch. Dem hinterher folgen alle anderen Hauche, folgt das Bewutsein. Er, derKenner, ist mit Erkenntnis ausgestattet. Dann nehmen ihn Wissen und Werk an die Hand,sowie seine vergangenen Erfahrungen.

    Wie eine Raupe an die Spitze eines Halmes gelangt, dort einen anderen Anfang ergreift undsich selbst hinberzieht, so auch dieser tman (Seele), nachdem er den Krper abgeschtteltund sein Wissen aufgelst hat, ergreift er einen neuen Anfang und zieht sich selbst hinber.

    LEBEN NACH DEM TODE

    Wie ein Knstler den kleinen Teil eines greren Gebildes nimmt und eine andere, neuere,schnere Form schafft, so schafft dieser Purusha nach Auflsung des Krpers und seinesWissens eine andere, neuere Form, sei es eine der Vter, der Gandharven, Brahmans,Prajpatis, der Gtter, Menschen oder anderer Wesen.

    DER TMAN

    Wahrlich, Brahman ist dieser tman; er ist Erkenntnis, Manas, Stimme, Hauch, Auge, Ohr,ther, Wind, Glut, Wasser, Erde, Zorn, Nichtzorn, Freude, Nichtfreude, Recht, Nichtrecht, erist alles. Wenn man sagt: Er ist das oder jenes, so bedeutet das, wie er handelt, wie erwandelt, so wird er geboren. Wer Gutes tat, wird als Guter geboren. Wer Bses tat, wird alsBser geboren. Rein wird er durch gutes, schlecht durch schlechtes Werk.

    DIE SEELE DES WUNSCHERFLLTEN

    Nun sagt man: Der Mensch ist aus Verlangen (kma) gebildet. Wie er wnscht, so will er.Wie er will, so tut er. Wie er tut, so wird er.

    Das besagt der Vers: Das, woran sein Geist sich hngt, ist das Wesentliche und geht alsbezeichnendes Merkmal gemeinsam mit seinem Werk. Wenn einer fr das Werk, das erhier tut, den Lohn empfangen hat, kehrt er aus jener Welt zu dieser Welt und (neuem) Werkzurck.

    DIE SEELE DES WUNSCHLOSEN

    Das gilt fr den von Verlangen Erfllten. Aber hinsichtlich dessen, der kein Verlangen hegt,heit es: Der, welcher keine Wnsche hegt, welcher frei von Wnschen ist, dessen Wunschdas Selbst ist, dessen Wunsch erfllt ist, aus dem ziehen die Hauche nicht fort. In ihmvereinigen sie sich. Er ist schon Brahman und geht in Brahman ein.

    Das sagt der Vers: Wenn alle Wnsche schwinden, die in seinem Herzen wohnen, dannwird der Mensch unsterblich. Schon hier erlangt er Brahman.

    Wie eine alte, abgeworfene Schlangenhaut auf einem Ameisenhaufen liegt, ebenso liegt derKrper hier da. Der knochenlose, krperlose, erkenntnisreiche tman ist Brahman, ist dieWelt, o Groknig.

  • www.pushpak.de - 12 - Upanishaden

    So sprach Yjnavalkya. Ich gebe dem Ehrwrdigen Tausend, sprach Janaka, der Frst derVideha.

    Davon handeln auch die Verse:

    Es gibt einen schmalen, sicheren, hinberfhrenden, alten Weg..., den ich gefunden habe.Auf ihm ziehen die Weisen, die Brahmakenner zum Himmel empor, die von dieser Welterlst sind.Auf ihm, sagt man, ist Weies, Blaues, Gelbes, Grnes, Rotes. Das ist der Weg, der durch dasBrahman gefunden ist; auf ihm geht der Kenner des Brahman gluterfllt und fromme Werketuend.In blinde Finsternis gehen die, die dem Vergehen anhngen; in noch tiefere, scheint es, die,die an dem Werden sich erfreuen.Asurisch heien diese Welten, die von blinder Finsternis bedeckt sind. Zu diesen gehen nachdem Tode die Menschen, die ohne Wissen und Weisheit sind.Das, was wir sind, wir werden dazu. Ist das nicht erkannt, so ist das Verderben gro. Die eserkennen, die werden unsterblich. Aber die anderen verfallen der Pein.Wenn ein Mensch vom Selbst wei: Das bin ich (tat twam asi), in welcher Absicht, inwelchem Verlangen mchte er da noch an dem Krper hngen?Wer sein Selbst gefunden und in diesem dichten Behlter (des Leibes) befindlichwahrgenommen hat, der ist allschaffend; der ist der Schpfer von allem. Dem gehrt dieWelt, und er ist die Welt.Wenn er auf diesen tman unmittelbar als Gott hinblickt, als Herrn ber Vergangenheit undZukunft, dann hegt er keinen Zweifel mehr.Auf ihm beruhen die fnf Stmme, auf ihm der ther. Dieses Selbst sehe ich als dasBrahman an, selbst unsterblich als das Unsterbliche.Diesseits von ihm rollt das Jahr mit seinen Tagen sich ab; die Gtter verehren es als dasGestirn der Gestirne, als das ewige Leben.Die, welche in ihm des Hauches Hauch, des Auges Auge, des Ohres Ohr, der Speise Speise,des Manas Manas sehen, sie haben das alte, ber allem stehende Brahman erkannt.Mit dem Manas (Geist, Denken) mu man es erfassen: nicht gibt es hier Verschiedenerlei. Derfllt von Tod zu Tod, der hier Verschiedenerlei sehen will.Mit dem Manas mu man nach ihm ausschauen, nach dem Unvergnglichen, Festen. Jenseitsdes thers wohnt staublos der ewige, groe, feste tman.Der Weise, der Brahmane, der ihn erkannt hat, soll Weisheit annehmen; er soll nicht auf vieleWorte sinnen; denn das wrde die Rede nur ermden.

    MACHT DES TMAN

    Machthaber ber alles, Herrscher ber alles, Oberherr ber alles ist der tman (die groe,ewige Seele). Er gebietet ber alles, was immer hier ist. Er wird nicht grer durch gute Werkeund nicht geringer durch schlechte. Er ist Oberherr der Wesen, Herrscher der Welt. Er ist derDamm, der diese Welten trennt, damit sie nicht zusammenstrzen.

    Man sucht ihn durch Vedastudium, durch den heiligen Schlerstand, durch Askese, Glaube,Opfer, Fasten zu erkennen. Wer ihn erkannt hat, wird ein Muni (Ber, Schweiger). Zu ihmwandern die heiligen Wanderer, die seine Welt zu gewinnen trachten.

    Darum haben die Brahmanen der Vorzeit, die studiert hatten und kundig waren, nichtNachkommenschaft begehrt. Was sollen wir, dachten sie, mit Nachkommenschaft tun,wir, deren Welt der tman ist? Sie gaben den Wunsch nach Shnen, nach Besitz, nach derWelt auf und zogen als Bettler hinaus. Denn der Wunsch nach Shnen ist ein Wunsch nachBesitz, der Wunsch nach Besitz ist ein Wunsch nach der Welt. Wunsch ist beides.

    Von dem tman heit es na, na (weder so noch so). Unfabar, wird er nicht gefat;unzerstrbar, wird er nicht zerstrt; nicht haftend, nicht gebunden, haftet er nicht, schwankter nicht. Die Gedanken: Ich tat bles oder Ich tat Gutes berwindet der Unsterbliche

  • www.pushpak.de - 13 - Upanishaden

    beide. Gut und Schlecht, getan und nicht getan schmerzt ihn nicht. Fr ihn wird durchkeinerlei Werk eine Welt mehr auferbaut.

    Das sagt der Vers: Das ist die ewige Gre des Brahmakenners: nicht wchst er durchWerke, nicht wird er kleiner. Diese soll er erkunden. Wer sie erkannt hat, wird von bsenHandlungen nicht befleckt.

    DER KUNDIGE WEISS SICH MIT DEM TMAN EINS

    Darum soll ein dessen Kundiger, mde, sanft, entsagend, geduldig, glubig geworden, imeigenen Selbst den tman erblicken. Er sieht einen jeden als das Selbst an, ein jeder wird frihn zum Selbst, er wird fr jeden zum Selbst. Er berwindet alles bel, nicht berwindet ihndas bel. Er verbrennt alles bel, nicht verbrennt ihn das bel; frei von bel, Alter, Hunger,Durst wird der Brahmane, der so wei.

    Das ist das groe, ungeborene Selbst, das Speise it (ein Herr ist) und Gter spendet. Der,welcher dieses groe, ungeborene Selbst, das Speise it und Gter spendet, kennt, erlangtGter.

    Dieses groe, ungeborene Selbst, das frei ist von Alter und Tod, frei von Furcht undunsterblich, ist Brahman. Freiheit von Furcht hast du, Janaka, erreicht. So sprachYjnavalkya.

    Ich bergebe dir Ehrwrdigem die Videhas und mich als Sklaven.

    Dieses groe, ungeborene Selbst, das frei ist von Alter und Tod, frei von Furcht undunsterblich, ist Brahman. Furchtlos ist Brahman. Das furchtlose Brahman wird, wer so wei.

    Harih! OM!Jenes ist voll und dieses ist voll, aus Vollem wird Volles geschpft;Nimmt man vom Vollem Volles weg, bleibt immer noch das Volle brig.

    DER ZWEIFACHE WEG

    Die, welche diese Kenntnis haben, und jene, die im Walde Glauben und Wahrheit ben,diese gehen in die Flamme ein, aus der Flamme in den Tag, aus dem Tage in die lichte Hlftedes Monats, aus der lichten Hlfte des Monats in die sechs Monate, whrend denen dieSonne nordwrts geht, aus den Monaten in die Gtterwelt, aus der Gtterwelt in die Sonne,aus der Sonne in das Blitzfeuer. Daraus naht diesen ein geistiger Mann und bringt sie in dieBrahmawelt. Sie wohnen in den Brahmawelten bis in die weitesten Fernen. Von dort kehrensie hierher nicht mehr zurck.

    Aber die, welche durch Opfer, Freigebigkeit und Askese die (Himmels-) Welt gewinnen,diese gehen in den Rauch ein, aus dem Rauch in die Nacht, aus der Nacht in die dunkleHlfte des Monats, aus der dunklen Hlfte des Monats in die sechs Monate, whrend denendie Sonne sdwrts geht, aus den Monaten in die Manenwelt, aus der Manenwelt in denMond, sie gelangen in den Mond und werden Speise. Wie den Knig Soma mit den WortenSchwill an, Nimm ab, so genieen die Gtter diese dort. Wenn das fr sie (nach langerZeit) zu Ende ist, so gehen sie in den ther ein, aus dem ther in den Wind, aus dem Windin den Regen, aus dem Regen in die Erde; wenn sie zur Erde gelangt sind, so werden sieSpeise. (Daraus ist schwer zu entkommen. Wenn einer Speise it und Samen ergiet, dann entstehensie aufs neue.) In dieser Weise bleiben sie im Kreislauf.

    Aber die, welche diese beiden Wege nicht kennen, werden zu den kleinen, oftmalswiederkehrenden Wesen (Wrmer, Vgel und Insekten aller Art). Werde und stirb: das istder dritte Ort.

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    CHNDOGYA-UPANISHADDIE LEHRE DES SHANDILYA

    Alles ist Brahman. Aus Ihm entsteht alles, durch Ihn wird alles erhalten und in Ihm vergehtalles. Friedvollen Herzens soll man bestndig ber Ihn meditieren. Denn der Mensch bestehtaus Wollen. Wie das Wollen des Menschen in dieser Welt ist, so wird er nach seinemScheiden aus dieser Welt. Er mu sein Wollen kultivieren.

    Geist ist sein Stoff, Leben sein Leib, Bewutsein seine Person, Wirklichkeit sein Wille, Raumsein Krper. Es ist allwirkend, allwnschend, allsehend, allwissend, allumfassend, still,unbewegt.

    Das ist mein tman im Inneren des Herzens, feiner als ein Reis-, Gersten-, Senf- oderHirsekorn oder das Korn eines Hirsekorns. Das ist mein tman im Innern des Herzens,grer als die Erde, grer als der Luftraum, grer als der Himmel, grer als die Welten.

    Er ist allwirkend, allwnschend, allsehend, allwissend, allumfassend, still, unbewegt. Diesermein tman im Innern des Herzens ist das Brahman, zu ihm werde ich nach meinemScheiden von hier gelangen. Wer dies wahrhaft erkennt, dem bleibt kein Zweifel.

    So spricht Shndilya, Shndilya.

    DIE ENTSTEHUNG UND BEENDIGUNG DES LEBENS

    Shvetaketu war der Sohn des runi. Zu ihm sprach der Vater: Shvetaketu, tritt in denheiligen Schlerstand. Denn es gibt aus unserem Geschlecht, mein Lieber, keinen, der nichtstudiert htte und nur eine Art Brahmanenvetter wre.

    Zwlf Jahre alt begab dieser sich da in die Lehre, mit vierundzwanzig Jahren hatte er alleVeden studiert und kehrte hochfahrend, wissensstolz und eingebildet heim.

    Zu ihm sprach der Vater: Shvetaketu, wenn du, mein Lieber, so hochfahrend, wissensstolzund eingebildet bist, httest du noch nach der Unterweisung gefragt, durch die dasUngehrte gehrt, das Ungedachte gedacht, das Unerkannte erkannt ist?

    Wie ist diese Unterweisung, Ehrwrdiger?

    Mein Lieber, wie man an einem Lehmklumpen alles erkennt, was aus Lehm ist, dieUmwandlung nur ein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung, die Wirklichkeit aber 'Lehm'ist; wie, mein Lieber, man an einer kleinen Kupferkugel alles, was aus Kupfer ist, erkennt,die Umwandlung nur ein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung, die Wirklichkeit aber'Kupfer' ist; wie, mein Lieber, man an einer Nagelschere alles, was aus Eisen ist, erkennt, dieUmwandlung nur ein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung, die Wirklichkeit aber 'Eisen'ist, derart, mein Lieber, ist die Unterweisung.

    Das haben die Ehrwrdigen sicherlich nicht gewut. Wenn sie es gewut htten, wie solltensie es mir nicht gesagt haben. Aber der Ehrwrdige wolle mir das erklren.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Nur das Seiende, mein Lieber, war hier zu Anbeginn, dasSeiende, ganz allein, ohne ein zweites. Da sagen nun einige: Nur das Nichtseiende war hierzu Anbeginn, das Nichtseiende allein, ohne ein zweites. Aus diesem Nichtseienden entstanddas Seiende. Wie knnte das wohl sein, mein Lieber? sprach er. Wie knnte aus demNichtseienden das Seiende entstehen? Das Seiende also nur war hier zu Anbeginn, dasSeiende allein, ohne ein zweites.

    Dieses dachte bei sich: Ich mchte mich vermehren, ich mchte mich fortpflanzen. Es schufdie Glut (tejas). Die Glut dachte bei sich: Ich mchte mich vermehren, ich mchte michfortpflanzen. Sie schuf das Wasser (pas). Wo immer es hei ist oder ein Mensch schwitzt,entsteht darum Wasser aus der Glut. Das Wasser dachte bei sich: Ich mchte mich

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    vermehren, ich mchte mich fortpflanzen. Es schuf die Speise (annam). Wo immer es regnet,da gibt es darum Speise in reicher Flle; aus dem Wasser entsteht da die Nahrung.

    Diese Wesen haben hier dreierlei Ursprung: eigeboren, lebendgeboren, keimgeboren.

    Die Gottheit (das Seiende) dachte bei sich: Wohlan, ich will diese drei Gottheiten (Glut,Wasser, Speise) mit meiner lebendigen Seele durchdringen und 'Name und Gestalt' sondern.Eine jede von ihnen will ich dreifach machen. Die Gottheit durchdrang die drei Gottheitenmit dieser seiner lebendigen Seele und sonderte 'Name und Gestalt'. Sie machte eine jede vonihnen dreifach. Wie nun jede einzelne von den drei Gottheiten dreifach erscheint, das lernevon mir.

    Die rote Erscheinungsform des Feuers ist die der Glut, seine weie Erscheinungsform die desWassers, seine schwarze die der Speise. Damit ist das Feuersein vom Feuer geschwunden;die Umwandlung ist nur ein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung; Wirklichkeit sind nurdie drei Erscheinungsformen. Die rote Erscheinungsform der Sonne ist die der Glut, ihreweie Erscheinungsform die des Wassers, ihre schwarze die der Speise. Damit ist dasSonnesein von der Sonne geschwunden; die Umwandlung ist nur ein Behelf im Ausdruck,eine Bezeichnung; Wirklichkeit sind nur die drei Erscheinungsformen. Die roteErscheinungsform des Mondes ist die der Glut, seine weie die des Wassers, seine schwarzedie der Speise. Damit ist das Mondsein vom Monde geschwunden, die Umwandlung ist nurein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung; Wirklichkeit sind nur die dreiErscheinungsformen. Die rote Erscheinungsform des Blitzes ist die der Glut, seine weie diedes Wassers, seine schwarze die der Speise. Damit ist das Blitzsein vom Blitz geschwunden,die Umwandlung ist nur ein Behelf im Ausdruck, eine Bezeichnung; Wirklichkeit sind nurdie drei Erscheinungsformen.

    Dessen kundig haben so die groen Patriarchen und Gelehrten der Vorzeit gesprochen.Denn aus ihnen wuten sie ja: nicht wird uns heut irgendeiner etwas vorbringen, wasungehrt, was ungedacht, was unerkannt ist. Sie wuten: was rot zu sein schien, ist die Formder Glut; sie wuten: was wei zu sein schien, ist die Form des Wassers; sie wuten: wasschwarz zu sein schien, ist die Form der Speise; sie wuten: was unbekannt zu sein schien,ist eine Zusammensetzung aus diesen Gottheiten. Wie nun, mein Lieber, von diesenGottheiten eine jede im Menschen sich dreifach teilt, das lerne von mir.

    Die genossene Speise teilt sich dreifach. Ihr grbster Bestandteil wird zu Kot, ihr mittlerer zuFleisch, ihr feinster zum Denkorgan. Das genossene Wasser teilt sich dreifach. Sein grbsterBestandteil wird zu Harn, sein mittlerer zu Blut, sein feinster zum Lebenshauch. Diegenossene Glut teilt sich dreifach. Ihr grbster Bestandteil wird zu Knochen, ihr mittlerer zuMark, ihr feinster zur Stimme. Denn aus Speise, mein Lieber, besteht das Denkorgan, ausWasser der Lebenshauch, aus Glut die Stimme. Belehre mich weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Wenn saure Milch gequirlt wird, so strebt der feinsteBestandteil davon nach oben und wird Butter. Ganz ebenso strebt von genossener Speise derfeinste Bestandteil nach oben und wird zum Denkorgan. Wenn Wasser genossen wird, meinLieber, so strebt der feinste Bestandteil davon nach oben und wird zum Lebenshauch. WennGlut genossen wird, mein Lieber, so strebt der feinste Bestandteil nach oben und wird zurStimme. Denn aus Speise, mein Lieber, besteht das Denkorgan, aus Wasser der Lebenshauch,aus Glut die Stimme. Belehre mich weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sagte er. Aus sechzehn Teilen, mein Lieber, besteht der Mensch. Nimmfnfzehn Tage hindurch keine Nahrung zu dir, aber trinke Wasser nach Belieben. DerLebenshauch (Prna) besteht aus Wasser und wird dem, der trinkt, nicht abgeschnittenwerden. Er nahm fnfzehn Tage hindurch keine Speise zu sich. Alsdann nahte er ihm undfragte: Was soll ich sagen, Herr? Den Rik-, den Yajur- und den Smaveda. Er sprach:Sie fallen mir nicht ein, Herr. Der sprach zu ihm: Wie ein groes Feuer, von dem eineeinzige Kohle in der Gre eines Leuchtkfers briggeblieben ist, damit auch nicht heller als

  • www.pushpak.de - 16 - Upanishaden

    diese brennen mchte, ebenso, mein Lieber, drfte von deinen sechzehn Teilen nur einerbrig sein und vermge dessen hast du jetzt die Veden nicht mehr inne. I. Dann wirst dumehr von mir lernen. Dieser a. Alsdann nahte er ihm und was immer der fragte, allesbeantwortete er. Der sprach zu ihm: Wie ein groes Feuer, von dem eine einzige Kohle inGre eines Leuchtkfers brig ist, wenn man diese unter Anlegung von Stroh zumAufflammen bringt, auch heller als diese brennen mchte, so war, meine Lieber, von deinensechzehn Teilen nur einer briggeblieben; dieser, mit Speise genhrt, flammte auf, undvermge dessen hast du die Veden jetzt inne. Denn aus Speise, mein Lieber, besteht dasDenkorgan, aus Wasser der Prna, aus Glut die Stimme. So wurde er von ihm belehrt; vonihm belehrt.

    Uddalaka, der Sohn des Aruna, sprach zu seinem Sohne Shvetaketu: Erfahre von mir dasWesen des Schlafes. Wenn hier nmlich ein Mensch schlft, so hat er mit dem Seienden sichvereinigt. Er ist in sich eingegangen. Darum sagt man von ihm sva-piti, er schlft; denn erist in sich eingegangen (svam-apta). (Tiefschlaf)

    Wie ein Vogel, der an eine Schnur gebunden ist, nach dieser und jener Richtung fliegt und,ohne anderwrts einen Sttzpunkt gefunden zu haben, wieder zu seinem Gefngniszurckkehrt, so fliegt das Denkvermgen nach dieser und jener Richtung und kehrt, ohneanderwrts einen Sttzpunkt gefunden zu haben, zum Prna zurck. Denn das Denkorganist an den Prna gebunden. (Traum)

    Erfahre von mir das Wesen von Hunger und Durst. Wenn hier ein Mensch zu essenwnscht, so fhrt das Wasser die Speise weg. Wie man von einem Kuh-, Rosse- oderMenschenfhrer spricht, so nennt man das Wasser Speisefhrer. Eine sich dergestaltuernde Wirkung, wisse, wird nicht ohne Ursache sein. Wo anders knnte die Wurzelliegen als in der Speise? Ebenso, mein Lieber, suche bei der Speise als Wirkung die Ursachein dem Wasser, bei dem Wasser, mein Lieber, als Wirkung suche die Ursache in der Glut; beider Glut, mein Lieber, als Wirkung suche die Ursache in dem St (das Seiende). In dem St,mein Lieber, haben all die Geschpfe ihre Ursache, in dem St ihre Sttze, in dem St ihrenGrund.

    Wenn nmlich hier ein Mensch zu trinken wnscht, da fhrt die Glut das Getrunkenehinweg. Wie man von einem Kuh-, Rosse-, Menschenfhrer spricht, so nennt man die GlutWasserfhrer. Eine sich dergestalt uernde Wirkung, wisse, wird nicht ohne Ursachesein. Wo anders knnte die Ursache liegen als im Wasser? Bei dem Wasser als Wirkung,mein Lieber, suche in der Glut die Ursache; bei der Glut als Wirkung, mein Lieber, suche indem St die Ursache. In dem St, mein Lieber, haben all die Geschpfe ihre Ursache, in demSt ihre Sttze, in dem St ihren Grund.

    Wie von diesen Gottheiten, mein Lieber, eine jede im Menschen sich dreifach teilt, das istoben gesagt. Wenn der Mensch nun stirbt, mein Lieber, so geht die Stimme in dasDenkorgan ber, das Denkorgan in den Hauch, der Hauch in die Glut, die Glut in diehchste Gottheit. Lehre mich noch weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Wie die Bienen, mein Lieber, Honig bereiten und die Sfteverschiedener Bume sammelnd den Saft zu einer Einheit werden lassen, wie dieseeinzelnen Sfte dort den Unterschied ich bin der Saft von dem oder jenem Baum nichtmehr gewahren, so, wahrlich, mein Lieber, gehen all diese Wesen in das Seiende ein undwissen nicht, da sie in das Seiende eingehen. Was diese immer hier sind, sei es Tiger, Lwe,Wolf, Eber, Wurm, Motte, Fliege oder Bremse, sie werden zum St. Lehre mich nochweiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Die Flsse hier im Osten flieen nach Osten, die im Westenflieen nach Westen, aus dem Meer flieen sie ins Meer, sie werden zum Meer. Wie diesedort nicht wissen, ich bin dieser oder jener Strom, so kommen alle diese Geschpfe ausdem St, ohne zu wissen, da sie aus dem St kommen. Was diese immer hier sind, sei es

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    Tiger, Lwe, Wolf, Eber, Wurm, Motte, Fliege, Bremse, sie werden dazu. Lehre mich nochweiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Wenn einer, mein Lieber, diesen groen Baum an der Wurzelanschlgt, so wird dieser, weiter lebend, seinen Saft ausstrmen lassen; wenn er ihn in derMitte anschlgt, so wird dieser, weiter lebend, seinen Saft ausstrmen lassen; wenn er ihn amGipfel anschlgt, so wird dieser, weiter lebend, seinen Saft ausstrmen lassen. Von derlebendigen Seele durchdrungen, strotzt er frhlich weiter. Wenn aber die Seele einen Zweigvon ihm verlt, dann verdorrt er; verlt sie einen zweiten, so verdorrt er, verlt sie einendritten, so verdorrt er; verlt sie den ganzen Baum, so verdorrt er ganz. Ganz in derselbenWeise, wisse, mein Lieber, sprach er, stirbt das, was von der lebenden Seele verlassen ist;nicht stirbt die lebende Seele. Diese feinste Substanz durchzieht das All, das ist das Wahre,das ist das Selbst, das bist du (tat twam asi), Shvetaketu. Lehre mich noch weiter.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Bringe mir von da eine Nyagrodhafrucht. Hier ist sie,Ehrwrdiger. Spalte sie. Sie ist gespalten, Ehrwrdiger. Was siehst du da? Ganzfeine Krner, Ehrwrdiger. Spalte eines von diesen. Es ist gespalten, Ehrwrdiger.Was siehst du da? Nichts, Ehrwrdiger. Der sprach zu ihm: Der feinste Stoff, den dunicht wahrnimmst, aus dem besteht so der groe Nyagrodhabaum. Glaube, mein Lieber,dieser feinste Stoff durchzieht dies All, das ist das Wahre, das ist das Selbst, das bist du (tattwam asi), Shvetaketu. Belehre mich weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Tue hier Salz in das Wasser und stelle dich frh bei mir ein.Er tat so. Der sprach zu ihm: Bringe mir das Salz, das du abends in das Wasser getan hast.Er tastete danach und fand es nicht, da es zergangen war. Koste von dieser Seite. Wieschmeckt es? Salzig. Koste von der Mitte. Wie schmeckt es? Salzig. Koste von unten.Wie schmeckt es? Salzig. Schtte es weg und stelle dich bei mir ein. Er tat so (undsagte:). Das (Salz) bleibt immer.

    Der sprach zu ihm: Das Seiende wirst du hier nicht gewahr, dennoch: hier ist es. Dieserfeinste Stoff durchzieht dies All, das ist das Wahre, das bist du, Shvetaketu. Lehre michweiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Wenn man einen Mann aus dem Gandhralande mitverbundenen Augen herbrchte, ihn dann in der Fremde freiliee und er dort nach Osten,Norden, Sden oder Westen laut riefe: Man hat (mich) mit verbundenen Augenhierhergefhrt, mit verbundenen Augen freigelassen, wenn dann einer ihm die Binde lsteund zu ihm sprche: In dieser Richtung liegt Gandhraland, gehe in dieser Richtung, sowrde er, von Dorf zu Dorf sich befragend, unterrichtet, kundig nach dem Gandhralandegelangen. Genau so wei ein Mensch, der einen Lehrer hat: dieser Welt gehre ich nur solange an, als ich nicht befreit werde. Alsdann werde ich hier zu dem Seienden gelangen.Belehre mich weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Um einen Schwerkranken sitzen die Angehrigen und fragenihn: Kennst du mich, kennst du mich? Solange seine Stimme in das Denkorgan, dasDenkorgan in den Hauch, der Hauch in die Glut, die Glut in die hchste Gottheit nichteingeht, solange erkennt er sie. Aber wenn seine Stimme in das Denkorgan, das Denkorganin den Hauch, der Hauch in die Glut, die Glut in die hchste Gottheit eingeht, dann erkennter sie nicht. Belehre mich weiter, Ehrwrdiger.

    Ja, mein Lieber, sprach er. Man fhrt einen Menschen herbei, der an den Hndengefesselt ist. Er hat gestohlen, ruft man, machet fr ihn die Axt hei. Wenn er der Tterist, so macht er sich zum Lgner. Er macht eine unwahre Aussage, hllt sein Selbst inUnwahrheit und ergreift die hei gemachte Axt. Er verbrennt sich und wird gettet. Wenn eraber der Tter nicht ist, so macht er sich wahrhaftig. Er macht eine wahre Aussage, hllt seinSelbst in Wahrheit und ergreift die hei gemachte Axt. Er verbrennt sich nicht und wird

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    nicht gettet. Wie er sich dabei nicht verbrennt, so durchzieht das St alles, das ist dasWahre, das ist der tman, das bist du (tat twam asi), Shvetaketu.

    Das lernte er von ihm, das lernte er von ihm.

    DER LOTUS DES HERZENS

    In der Brahmaburg (des Leibes) ist eine kleine Lotusblte als Behausung. Darin ist ein kleinerInnenraum. Was in diesem sich befindet, mu man erforschen, das mu man zu erkennensuchen.

    Wenn sie zu ihm sagen sollten: In der Brahmaburg ist eine kleine Lotusblte als Behausung.Darin ist ein kleiner Innenraum. Was befindet sich darin, das man erforschen, das man zuerkennen suchen mu?, so mge er sagen: So gro wie hier dieser Raum, so gro ist derRaum im Innern des Herzens. Himmel und Erde sind beide darin enthalten, Agni und Vyubeide, Sonne und Mond beide, Blitz und Gestirne; was hier (des Menschen) ist und was nicht,das alles ist darin enthalten.

    Wenn sie zu ihm sagen sollten: Wenn hier in der Brahmaburg alles enthalten ist, alle Wesensowohl als alle Wnsche, was bleibt davon brig, wenn das Alter sie befllt oder siezugrunde geht?, so mge er sagen: Nicht wird sie durch sein (des Menschen) Alter morsch,noch durch seine Ttung vernichtet. Dies ist die wahre Brahmastadt. In ihr sind alleWnsche enthalten. Dies ist das Selbst.

    Es hat alle bel abgeworfen, ist frei von Alter, Tod, Kummer, Hunger, Durst; wahrhaft inseinem Verlangen, wahrhaft in seinem Entschlieen.

    Wie die Menschen hier je nach Bestimmung sich einstellen und je nach dem Ziel, das sieerstreben, sei es ein Land, sei es ein Fleck Feldes, von diesem oder jenem leben, wie die Welthier, die durch Arbeit erworben ist, zerrinnt, so zerrinnt auch die Welt dort, die durchreligises Verdienst erworben ist. Die, welche, ohne den tman und die wahren Wnscheerkannt zu haben, von hinnen scheiden, genieen in allen Welten keine Freiheit. Aber die,welche nach Erkenntnis des tman und der wahren Wnsche von hinnen scheiden,genieen Freiheit in allen Welten.

    Wenn einer nach der Welt der Vter verlangt, so erheben sich auf seinen Willen die Vter. Ergewinnt die Welt der Vter und wird gro.Wenn er nach der Welt der Mtter verlangt, so erheben sich auf seinen Willen die Mtter. Ergewinnt die Welt der Mtter und wird gro.Wenn er nach der Welt der Brder verlangt, so erheben sich auf seinen Willen die Brder. Ergewinnt die Welt der Brder und wird gro.Wenn er nach der Welt der Schwestern verlangt, so erheben sich auf seinen Willen dieSchwestern. Er gewinnt die Welt der Schwestern und wird gro.Wenn er nach der Welt der Freunde verlangt, so erheben sich auf seinen Willen die Freunde.Er gewinnt die Welt der Freunde und wird gro.Wenn er nach der Welt der Wohlgerche und Krnze verlangt, so erheben sich auf seinenWillen die Wohlgerche und Krnze. Er gewinnt die Welt der Wohlgerche und Krnze undwird gro.Wenn er nach der Welt der Speise und des Trankes verlangt, so erheben sich auf seinenWillen Speise und Trank. Er gewinnt die Welt der Speise und des Trankes und wird gro.Wenn er nach der Welt des Gesanges und der Musik verlangt, so erheben sich auf seinenWillen Gesang und Musik. Er gewinnt die Welt des Gesanges und der Musik und wird gro.Wenn er nach der Welt der Weiber verlangt, so erheben sich auf seinen Willen die Weiber. Ergewinnt die Welt der Weiber und wird gro.

    Welches Ziel er immer begehrt, nach welchem Wunsche er verlangt, all das erhebt sich aufseinen Willen. Er gewinnt es und wird gro.

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    All die wahrhaften Wnsche sind mit Unwahrheit berdeckt. Sie sind in Wahrheit da, aberdie Unwahrheit ist ber sie gedeckt. Wer immer von den Seinen von hier abscheidet, denbekommt man nicht mehr zu sehen.

    Die Lebenden und Toten und was man sonst wnschend nicht erlangt, all das findet er,wenn er hierhin gegangen ist. Hier (im Innenraum) sind seine wahrhaften Wnsche, welchedie Unwahrheit bedeckt. Wie man ber einen verborgenen Goldschatz, dessen Stelle mannicht kennt, immer wieder hinwegluft, ohne ihn zu finden, so finden alle diese Geschpfedie Brahmawelt, obwohl sie Tag um Tag in sie eingehen, nicht. Denn sie sind durchUnwahrheit gebannt.

    Dies Selbst ist im Herzen. Man erklrt das so: hridi ayam, es ist im Herzen. Wer so wei, gehtTag um Tag in die Himmelswelt ein.

    Die selige Ruhe, die aus diesem Krper aufsteigt, in den hchsten Glanz eingeht und inihrer eigenen Gestalt zur Vollendung kommt, die ist der tman, so sprach er. Das ist dasaller Gefahr entrckte Unsterbliche, das ist das Brahman. Dieses Brahman fhrt den Namensatyam.

    satyam: das sind drei Silben: sat, das ist das Unsterbliche; ti ist das Sterbliche; mit yam hlt erbeides fest. Weil er damit beides festhlt, darum heit es yam. Wer so wei, geht Tag fr Tagin die Himmelswelt ein.

    Das Selbst ist die Brcke, die die Welten trennt, damit sie nicht zusammenstrzen. Tag undNacht, Alter, Tod, Kummer, gute und schlechte Tat berschreiten diese Brcke nicht.

    Alles bel bleibt davon zurck. Die Brahmawelt hat das bel besiegt. Darum, wer dieseBrcke berschreitet, wird sehend, wenn er blind war, wird heil, wenn er verwundet war,wird gesund, wenn er krank war. Hat sie diese Brcke berschritten, wird auch die Nachtzum Tag. Ein fr allemal ist hell die Brahmawelt.

    Denen, die die Brahmawelt durch den heiligen Schlerstand finden, wird die Brahmawelt,wird Freiheit in allen Welten zuteil.

    WAS IST DAS WAHRE SELBST?

    Das Selbst, das alle bel berwunden hat, das frei ist von Alter, Tod, Kummer, Hunger,Durst, wahrhaft in seinem Verlangen, wahrhaft in seinem Entschlieen, das soll man suchen,das soll man zu erkennen trachten. Alle Welten und alle Wnsche erlangt der, der das Selbstfindet und erkennt. So sprach Prajpati.

    Die Devas (Gtter) und Asuras (Dmonen) beide erfuhren das. Sie sprachen: Wohlan! wirwollen das Selbst suchen. Wer das Selbst sucht, erlangt alle Welten und alle Wnsche. Damachten sich von den Gttern Indra und Virocana von den Asuras auf. Ohne sichmiteinander verstndigt zu haben, kamen sie mit Brennholz in der Hand zu Prajpati.

    Durch zweiunddreiig Jahre lebten sie in dem heiligen Schlerstand. Da sprach Prajpati zuihnen: In welcher Absicht tatet ihr das? Sie sprachen: Das Selbst, das alle belberwunden hat, das frei ist von Alter, Tod, Kummer, Hunger und Durst, das wahrhaft ist inseinem Verlangen, wahrhaft in seinem Entschlieen, das soll man suchen, das soll man zuerkennen trachten. Alle Welten und alle Wnsche erlangt der, der das Selbst findet underkennt. Das verknden sie als das Wort des Heiligen. In dieser Absicht taten wir das.

    Prajpati sprach zu beiden: Der Mann (das Mnnchen), den ihr im Auge sehet, der ist dasSelbst, so sprach er. Das ist das Unsterbliche, das von Gefahr Freie. Das ist das Brahman.Aber der, Heiliger, den man im Wasser gewahrt, der, den man im Spiegel gewahrt, was freiner ist das? Man gewahrt ein und denselben allerorten.

    Betrachtet euch in einem Gef voll Wasser. Was ihr von euch darin nicht wahrnehmet, dassagt mir. Sie betrachteten sich in einem Gef voll Wasser. Prajpati sprach zu ihnen: Was

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    seht ihr? Sie sprachen: Heiliger, wir sehen uns hier ganz, bis zu den Haaren und Ngeln,im Bilde.

    Da sprach Prajpati zu ihnen: Schmckt euch schn, legt schne Kleider an, putzt euch undblickt dann in das Gef mit Wasser. Sie schmckten sich schn, legten schne Kleider an,putzten sich und blickten in das Gef mit Wasser. Prajpati sprach darauf zu ihnen: Wassehet ihr?

    Sie sprachen: Ganz so, wie wir, o Herr, schn geschmckt, mit schnen Kleidern angetanund geputzt sind, so sind diese beiden (im Spiegelbilde) schn geschmckt, mit schnenKleidern angetan und geputzt. Das ist das Selbst, so sprach er darauf, das ist dasUnsterbliche, das von Gefahr Freie, das ist das Brahman. Beruhigten Herzens zogen sie davon dannen.

    Prajpati blickte ihnen nach und sprach: Ohne das Selbst wahrgenommen zu haben, ohnedas Selbst gefunden zu haben, ziehen sie dahin. Wer von ihnen diese geheime Lehre befolgt,seien es die Gtter, seien es die Asuras, der wird zugrunde gehen. Beruhigten Herzens alsoging Virocana zu den Asuras. Er teilte ihnen diese geheime Lehre mit: sein Selbst mu manhegen, sein Selbst mu man pflegen. Wer sein Selbst hegt, sein Selbst pflegt, erreicht beideWelten, diese und jene.

    Darum sagt man auch jetzt noch von einem, der hier nicht schenkt, nicht glaubt, nicht opfert:Frwahr, das ist einer von den Asuras ! Denn das ist die Lehre der Asuras. Sie rsten denKrper eines Verstorbenen mit erbettelter Gabe , undbilden sich ein, sie werden damit jene Welt gewinnen.

    Aber noch ehe Indra zu den Gttern gekommen war, kam ihm das Bedenken: Ganz so wiedieses Selbst in dem Krper, der schn geschmckt ist, schn geschmckt erscheint, schnbekleidet in einem, der schn bekleidet ist, geputzt in einem, der geputzt ist, ebensoerscheint es blind in einem blinden, lahm in einem lahmen, verstmmelt in einemverstmmelten Leibe. Es folgt dem Leibe in der Vernichtung nach. Ich sehe hier nichts,dessen man sich erfreuen kann.

    Er nahm Brennholz in die Hand und kehrte wieder zurck. Da sprach Prajpati zu ihm:Herr, beruhigten Herzens zogst du doch zusammen mit Virocana von dannen. In welcherAbsicht kehrtest du wieder zurck? Der sprach: Ganz so, wie dieses Selbst, Heiliger, indem Krper, der schn geschmckt ist, schn geschmckt erscheint, schn bekleidet ineinem, der schn bekleidet ist, geputzt in einem, der geputzt ist, ebenso erscheint es blind ineinem blinden, lahm in einem lahmen, verstmmelt in einem verstmmelten Leibe. Es folgtin der Vernichtung dem Leibe nach. Ich sehe hier nichts, dessen man sich erfreuen kann.

    Ganz so steht's damit, Herr, sprach da Prajpati, ich will es dir aber noch weiter erklren.Verbleibe abermals zweiunddreiig Jahre in dem heiligen Schlerstand. Er verbliebabermals zweiunddreiig Jahre darin. Da sagte zu ihm Prajpati:

    Der, der wohlgemut im Traum umherzieht, das ist das Selbst. So sprach er. Das ist dasUnsterbliche, das von Gefahr Freie; das ist das Brahman. Beruhigten Herzens zog Indra davon dannen. Aber noch ehe er zu den Gttern gekommen war, kam ihm das Bedenken: Auchwenn der Krper blind ist, ist zwar das Selbst nicht blind; wenn er lahm ist, nicht lahm; nichtwird es durch seine Fehler fehlerhaft; nicht wird es durch seine Vernichtung gettet. Aberdennoch scheint man es zu tten, scheint man es zu verjagen, scheint es Unangenehmes zuempfinden, scheint es auch zu weinen. Ich sehe hier nichts, dessen man sich erfreuen kann.

    Er nahm Brennholz in die Hand und kehrte wieder zurck. Da sprach Prajpati zu ihm:Herr, beruhigten Herzens zogst du doch von dannen. In welcher Absicht kehrtest duwieder zurck? Der sprach: Heiliger! Auch wenn der Krper blind ist, ist zwar das Selbstnicht blind, wenn er lahm ist, nicht lahm; nicht wird es durch seine Fehler fehlerhaft, nichtdurch seine Vernichtung gettet. Aber dennoch scheint man es zu tten, scheint man es zu

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    verjagen, scheint es Unangenehmes zu empfinden, scheint es auch zu weinen. Ich sehe hiernichts, dessen man sich erfreuen kann. Ganz so steht's damit, Herr, sprach Prajpati. Ichwill es dir aber noch weiter erklren. Verbleibe abermals zweiunddreiig Jahre in demheiligen Schlerstand. Er verblieb abermals zweiunddreiig Jahre darin. Da sagte Prajpatizu ihm:

    Wenn einer in (tiefem) Schlaf befindlich, glcklich und ruhig keine Traumerscheinung hat,das ist der tman. So sprach er. Das ist das Unsterbliche, das von Gefahr Freie. Das ist dasBrahman. Beruhigten Herzens zog Indra da von dannen. Aber noch ehe er zu den Gtterngekommen war, kam ihm das Bedenken: Nicht wei ja dieser in solcher Lage in bezug aufsein Selbst: Das bin ich, auch nicht, (das sind) die Wesen. Er ist der Vernichtunganheimgefallen. Ich sehe hier nichts, dessen man sich erfreuen kann.

    Er nahm Brennholz in die Hand und kehrte wieder zurck. Da sprach Prajpati zu ihm:Herr, beruhigten Herzens zogst du doch von dannen. In welcher Absicht kehrtest duwieder zurck? Der sprach: Heiliger, dieser in solcher Lage wei ja nicht in bezug auf seinSelbst das bin ich, auch nicht, (das sind) die Wesen. Er ist der Vernichtunganheimgefallen. Ich sehe hier nichts, dessen man sich erfreuen kann.

    Ganz so steht's damit, Herr, sprach Prajpati. Ich will es dir aber noch weiter erklren;aber nicht anders als unter der Bedingung: verbleibe abermals fnf Jahre im heiligenSchlerstand. Er verblieb abermals fnf Jahre darin. Das ergab zusammen hundert und einJahr. Darum sagt man: Hundert und ein Jahr verweilte der Herr bei Prajpati im heiligenSchlerstand. Er sprach zu ihm:

    Herr, sterblich ist dieser Leib und vom Tode umfangen. Er ist der Sitz des unsterblichen,krperlosen Selbst (tman). Umfangen von Freud und Leid ist es, solange es in einem Krperwohnt. Nicht lassen sich Freud und Leid, solange es in einem Krper wohnt, abwehren.Wenn es aber krperlos ist, berhren es Freude und Leid nicht.

    Krperlos ist der Wind; Wolke, Blitz, Donner sind krperlos: So wie diese aus jenem Raumesich erheben, in das hchste Licht eingehen und jedes in seiner besonderen Gestalthervortreten, so erhebt diese selige Stille sich aus diesem Krper, geht ein zum hchstenLicht und tritt in ihrer eigenen Gestalt hervor. Sie ist der hchste Geist. Sie wandert in ihm(dem Leibe) essend, spielend, bald mit Frauen, bald mit Wagen, bald mit Verwandten sichunterhaltend, umher, ohne sich zu erinnern, da der Leib nur ein Anhngsel ist. Sie ist an ihnwie ein Zugtier an einen Karren gespannt. Ganz ebenso ist der Hauch, der Prna, an diesenLeib gespannt.

    Wenn das Auge sich in den Raum richtet, so ist das Selbst der Geist im Auge; das Auge dientihm nur zum Sehen. Wer da wei, das rieche ich, so ist das das Selbst; die Nase dient ihmnur zum Riechen. Wer da wei, das sage ich, so ist das das Selbst; die Stimme dient ihmnur zum Reden. Wer da wei, das hre ich, so ist das das Selbst; das Ohr dient ihm nurzum Hren. Wer da wei, das denke ich, so ist das das Selbst; der Verstand ist seingttliches Auge. Mit diesem seinem gttlichen Auge, dem Bewutsein, erfreut er sich amAnblick der gewnschten Dinge.

    Die Gtter verehren dieses Selbst in der Brahmawelt: darum sind alle Welten und allegewnschten Dinge fr sie gewonnen. Aller Welten und aller gewnschten Dinge wird derteilhaftig, der dieses Selbst findet und erkennt.

    So sprach Prajpati. So sprach Prajpati.

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    KENA-UPANISHADVon wem ist der Geist ausgesandt, da er hinausgesandt umherschweift? Von wem ist derOdem in Ttigkeit versetzt, da er als erster kommt? Von wem ist die Rede ausgesandt, dieman redet? Welcher Gott versetzt Auge und Ohr in Ttigkeit?

    Das Hren des Ohres, das Denken des Geistes, das Reden der Stimme, das Atmen desOdems, das Sehen des Auges, alles geben die Weisen auf und werden nach dem Scheidenaus dieser Welt unsterblich. Dorthin dringt nicht das Auge, nicht die Stimme, nicht der Geist.Wir wissen nicht, wir verstehen nicht, wie man das lehren knnte.

    Es ist anders als das Bekannte und als das Unbekannte, so hrten wir von den Alten, dieuns das erklrten.

    Denn das, was man mittels der Rede nicht nennt, was aber selbst die Rede hervorbringt, das,wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Geist nicht denkt,was aber selbst den Geist denkt, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt.Was man mit dem Auge nicht sieht, wodurch man aber das Auge sieht, das, wisse, istBrahman; nicht das, was man hier verehrt. Was man mit dem Hren nicht hrt, wodurchaber das Hren gehrt ist, das, wisse, ist Brahman; nicht das, was man hier verehrt. Was manmit dem Hauch nicht einatmet, durch das aber der Hauch geatmet wird, das, wisse, istBrahman; nicht das, was man hier verehrt.

    Wenn du meinst: Ich wei es vortrefflich, so heit das nicht viel. Du kennst nur dieErscheinungsform des Brahman und weit, was davon du bist und was davon unter denGttern ist.

    Dann ist es weiter zu erforschen. Dir ist es, glaube ich, bekannt.

    Nicht glaube ich, da ich es gut wei; nicht wei ich, da ich es nicht wei.

    Wer von uns das wei, wei es; nicht wei er, da er es nicht wei.

    Wer es nicht denkt, der denkt es. Wer es denkt, der wei es nicht. Unbekannt bleibt es demKundigen; bekannt aber ist es dem Unkundigen. Wem es durch Erweckung bekanntgeworden, der gewinnt Unsterblichkeit. Durch sich gewinnt er dann Kraft, durch Wissenerlangt er Unsterblichkeit.

    Wenn er es hier erkannte, dann ist sein die Wahrheit, wenn er es hier nicht erkannte, ist seindas Leiden. Wenn es die Weisen in allen Wesen erkennen, werden sie beim Abscheiden ausdieser Welt unsterblich.

    Einst gewann das Brahman einen Sieg fr die Gtter. Da brsteten die Gtter sich ob desSieges des Brahman. Sie dachten: Unser ist dieser Sieg, unser ist diese Gre. Das Brahmanerkannte sie; es machte sich ihnen offenbar. Sie erkannten es aber nicht und fragten, was frein Zauberding ist das. Sie sprachen zu Agni (Feuer): Jtavedas, siehe nach, was das fr einZauberding ist. Ja, sprach er. Er strmte darauf los. Das sprach zu ihm: Wer bist du?Agni, sagte er, bin ich; Jtavedas bin ich. Wenn du der bist, worin besteht deineStrke? Ich vermag alles zu verbrennen, was immer auf der Erde ist. Es warf ihm einenGrashalm hin: Verbrenne den. Er lief mit allem Ungestm darauf zu. Er vermochte ihnnicht zu verbrennen. Er kehrte daher zurck und sprach: Ich vermochte nicht zu erkennen,was fr ein Zauberding das ist.

    Da sprachen sie zu Vyu (Wind): Vyu, siehe nach, was fr ein Zauberding das ist. Ja,sprach er. Er strmte darauf los. Das sprach zu ihm: Wer bist du? Vyu, erwiderte er,bin ich, Mtarishvan bin ich. Wenn du der bist, worin besteht deine Strke? Ich vermagalles an mich zu nehmen, was auf der Erde ist. Es warf ihm einen Grashalm hin. Nimmden an dich. Er lief mit allem Ungestm darauf los. Er vermochte nicht, ihn an sich zu

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    nehmen. Er kehrte daher zurck. Nicht vermochte er zu erkennen, was das fr einZauberding ist.

    Da sprachen sie zu Indra: Herr, siehe nach, was fr ein Zauberding das ist. Ja, sprach er.Er strmte darauf los. Vor ihm verbarg es sich. Er traf in diesem Raum eine sehr schne Frau.Es war Uma, die Tochter des Himavat. Er sprach zu ihr: Was ist das fr ein Zauberding?

    Das ist Brahman, erwiderte sie; das Brahman, in dessen Siege ihr euch brstet.Da wute er, da es Brahman war. Darum sind diese Gtter Agni, Vyu, Varuna mehr alsalle Gtter; denn sie berhrten es am unmittelbarsten. Sie hatten zuerst erkannt, da esBrahman war. Darum ist Indra mehr als die anderen Gtter; denn er berhrte es amunmittelbarsten; er hatte zuerst erkannt, da es Brahman war.

    In bezug darauf gilt diese Unterweisung: was am Blitz das ist, da es blitzt und man mit Ah!die Augen schliet - dieses Ah ist die Unterweisung in bezug auf die Gottheit. In bezugauf das Ich gilt: wenn dieses (Brahman) in den Geist einzutreten scheint und dasVorstellungsvermgen durch diesen sich intensiv seiner erinnert.

    Es heit mit Namen: Tadvanam: das Seiner-Begehren. Als das Seiner-Begehren muman es studieren. Wer solches wei, nach dem sehnen sich alle Wesen.

    Sage mir, Herr, die geheime Lehre (die Upanishad). Gesagt ist dir die Upanishad. VomBrahman die Upanishad, die sagte ich dir. Fr sie ist Askese, Selbstbezwingung undHandlung die Grundlage, die Veden die Teile, die Wahrheit die Sttze. Wer sie in der Weisekennt, der verscheucht das bel. In der unendlichen, unbezwinglichen Himmelswelt hat erfest seinen Stand.

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    KTHAKA-UPANISHADERSTE RANKE

    Freiwillig gab der Nachkomme des Vjashravas all seine Habe hin. Er hatte einen Sohn mitNamen Naciketas. Als die Opferlhnungen in Empfang genommen wurden, erfllte diesen,der noch ein Knabe war, heiliger Glaube:

    Er dachte: Freudlos sind diese Welten, zu denen der geht, der diese schenkt.

    Er sprach zum Vater: Lieber Vater, wem wirst du mich geben? So zum zweiten- unddrittenmal. Zu ihm sprach da dieser: Ich gebe dich dem Tode.

    (Naciketas auf dem Wege zu Yama:) Ich schreite an der Spitze von vielen; ich schreite in derMitte von vielen. Was ist das Werk, das Yama mit mir vollziehen wird?

    (Eine Person zu Naciketas:) Siehe vor dich, wie frhere, siehe hinter dich, wie ebenso diespteren (dieselbe Strae ziehen). Der Mensch reift wie die Saat; wie die Saat ersteht er wieder.

    Naciketas kommt in das Haus Yamas und verweilt dort drei Tage ohne Nahrung, weil Yamaabwesend ist und damit versumt den Brahmanen nach der Vorschrift zu empfangen,ermahnt eine Stimme Yama, seine Pflicht zu tun.

    (Stimme:) Wie der Gott des Feuers ist ein Brahmane, der als Gast ein Haus betritt. Manbesnftige ihn. Bringe, Sohn des Vivasvat (Yama), Wasser fr ihn (seine Fe zu waschen).Dem unbedachten Mann, in dessen Hause ein Brahmane ohne Nahrung weilt, nimmt diesersein Hoffen und Erwarten, seinen Umgang und seinen Zuspruch, seine Opfer und gutenWerke, all sein Kind und Vieh.

    (Yama:) Weil du, Brahmane, als verehrungswrdiger Gast drei Nchte ohne Nahrung inmeinem Hause weiltest Verehrung, Brahmane, sei dir, Heil sei mir so bitte dir darum dreiWnsche aus.

    Erster Wunsch:

    (Naciketas:) Da Gautama milde, gtig gegen mich sei, o Tod, und ohne Groll, da er erfreutden von dir Entlassenen begre: das bitte ich mir als ersten der drei Wnsche aus.

    (Yama:) Erfreut wird er wie vordem sein. runi, Sohn des Uddlaka, ist (hiermit) von mirentlassen. Glcklich und ohne Groll wird (Gautama) nachts schlafen, nachdem er dich ausdes Todes Rachen befreit gesehen hat.

    Zweiter Wunsch:

    Naciketas wnscht den Weg zum Himmel kennenzulernen und die Unterweisunghinsichtlich des dorthin fhrenden Feuers zu empfangen.

    (Naciketas:) Im Himmel gibt es keine Furcht: nicht bist du dort. Man frchtet sich nicht wegenhohen Alters. Man hat Hunger und Durst berwunden, und frei von Sorgen erfreut man sichin der Himmelswelt. Du kennst das Feuer, das zum Himmel fhrt, o Tod. Lehre es michGlubigen. Die Bewohner des Himmels genieen die Unsterblichkeit. Das erbitte ich mir alszweiten Wunsch.

    (Yama:) Ich lehre dich - gib acht -, Naciketas, kundig des Feuers, das zum Himmel fhrt, dieGewinnung der ewigen Welt und die Sttze darin. In einer Hhle, wisse, ist es verborgen.

    Erzhlung:

    Da lehrte er ihn das Feuer, mit dem die Welt beginnt, die Backsteine, ihre Zahl und Art. UndNaciketas wiederholte alles, wie es ihm gelehrt war. Der Todesgott sprach befriedigt zu ihm:

    Eine weitere Gnade gewhre ich dir heut: unter deinem Namen wird das Feuer gehen. Undempfange hier den mannigfachen Lohn.

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    Wer dreimal das Naciketasfeuer schichtet, mit den dreien sich verbindet, die drei Werke tut,berwindet Alter und Tod. Wer die Texte brahma jajnnam und devam dyam kennt undverehrt, der erlangt auf immer den inneren Frieden.

    Wer das Naciketasfeuer dreimal schichtet, jene Dreiheit kennt und das Naciketasfeuer mitsolcher Kenntnis schichtet, der stt die Schlingen des Todes weg von sich, und von Sorgenfrei erfreut er sich in der Himmelswelt.

    (Yama:) Das, Naciketas, ist das Feuer, das zum Himmel fhrt, das du als zweiten Wunschwhltest. Dies Feuer werden die Menschen als das Deine verknden. Nenne jetzt, Naciketas,den dritten Wunsch.

    Dritter Wunsch:

    (Naciketas:) Es besteht ein Zweifel hinsichtlich des verstorbenen Menschen. Die einen sagen:Er ist; die anderen sagen: Er ist nicht. Von dir belehrt, mchte ich darber Aufschluhaben, das ist der dritte meiner Wnsche.

    (Yama:) Auch die Gtter hatten einst hierber Zweifel; denn man kann das nicht leichtergrnden; das ist ein sehr feines Gesetz. Bitte dir einen anderen Wunsch aus; bedrnge michnicht, erla mir diesen.

    (Naciketas:) Auch die Gtter htten einst hierber Zweifel gehegt? Sagst du, Todesgott, es seinicht leicht zu ergrnden und solch ein Lehrer wie du ist sonst nicht zu finden, dann kommtkein anderer Wunsch diesem gleich.

    (Yama:) Erwhle dir Shne und Enkel, die ein volles Jahrhundert leben, reichlich Vieh,Elefanten, Gold und Rosse. Erwhle dir eine groe Flche Landes und lebe selbst so vielHerbste, als du wnschest.

    Wenn du das fr einen angemessenen Wunsch hltst, whle dir Besitz und langes Leben. SeiHerr ber ein groes Land, und aller Gensse mache ich dich teilhaftig.

    Fordere nach Belieben alle Gensse, die in der Welt der Sterblichen schwer zu erlangen sind;liebliche Mdchen hier und mit ihnen Wagen und Musik, wie die Menschen sie nichterlangen. Ich gewhre sie; la dich von ihnen bedienen. Naciketas, nach dem Sterben fragmich nicht.

    (Naciketas:) Das sind, o Todesgott, fr den Menschen Gensse, die morgen nicht mehr sind.Sie nehmen all seinen Sinnen die Schrfe. Kurz ist unser ganzes Leben. Behalte dir Wagen,Tanz und Gesang.

    Der Mensch lt am Besitz sich nicht gengen. Wenn wir dich gesehen haben, werden wirbesitzlos sein. Wir werden leben, solange du es gebieten wirst. Der Wunsch, den ich mirausbitte, bleibt der gleiche.

    Wie mchte ein alternder Mensch in bler Lage, der zur Kenntnis der nie alternden Gttergekommen ist, noch an die Freuden des Trivarga (Erwerb, Liebe, uerlichkeit) denken und aneinem berlangen Leben Gefallen finden?

    Das knde uns, worber die Menschen in dieser Welt Zweifel hegen, wie es um die groeFrage des Jenseits steht. Diesen Wunsch, der ins Verborgene dringt, keinen anderen whltNaciketas.

    ZWEITE RANKE

    Yama: Ein andres ist das Gute (Heilsame), ein andres das Angenehme. Beide fhren zuverschiedenen Zielen und fesseln den Menschen. Heil wird dem zuteil, der das Gute whlt;der, welcher das Angenehme whlt, verfehlt sein Ziel.

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    Das Gute und das Angenehme: beide nahen dem Menschen. Der Weise prft undunterscheidet beide. Der Weise zieht dem Angenehmen das Gute vor; der Tor whlt um derWohlfahrt willen das Angenehme.

    Du, Naciketas, hast mit Bedacht die angenehmen und angenehm gestalteten Gensse an dirvorbergehen lassen. Nicht hast du in Gestalt von Besitz den Lohn erlangt, bei dem vieleMenschen untergehen.

    Die zwei Arten des Wissens

    Diese beiden sind verschieden und gehen weit auseinander: das Nichtwissen und das, wasman als das Wissen kennt.

    Du, Naciketas, dnkt mich, verlangst nach dem Wissen. Nicht hat dich reichliches Wnschendarum gebracht.

    Die Selbstklugen wandeln tief im Nichtwissen und dnken dabei sich gelehrt. Sie laufen inihrer Verblendung wild umher wie Blinde, die ein Blinder fhrt.

    Der Gedanke an das Jenseits kommt dem Toren nicht, der ist unbesonnen und durch desBesitzes Verblendung verblendet. Nur ein Diesseits gibt es, kein Jenseits, so prahlt er undverfllt immer wieder meiner Gewalt.

    Die Erkenntnis des Selbst ist schwierig

    Vielen gelingt es nicht, von dem (Selbst) auch nur zu hren; viele, obschon sie von ihm hren,erkennen es doch nicht. Wie ein Wunder ist ein geschickter Erklrer, der es erfat; wie einWunder ein verstndnisvoller Schler, der von einem geschickten Erklrer unterrichtet ist.

    Denn von einem niederen Manne verkndet ist das Selbst nicht leicht zu verstehen, wie oftman es berdenke. Es gibt keinen Zugang zu ihm, wenn nicht ein andrer (hherer) esverkndet. Es ist feiner als ein Atom und kein Gegenstand logischen Beweises.

    Die Einsicht ist auf dem Wege logischen Beweises nicht zu gewinnen. Von einem anderenverkndet, ist sie zu erreichen. Du hast sie erlangt. Du bist von festem Entschlu. Solch einSchler wie du wre mir erwnscht.

    (Naciketas:) Ich wei, ein sogenannter Schatz (Reichtum) ist nicht von Dauer. MitSchwankendem erreicht man nichts Festes. Daher habe ich das Naciketasfeuer geschichtet;mit vergnglichen Dingen habe ich Unvergngliches erreicht.

    (Yama:) Auf die Erfllung der Wnsche, die Sttze der Welt, die Endlosigkeit des Wollensund Wirkens, das Ufer der Rettung durch Ruhm, Weitverbreitung und Grndung, hast du,Naciketas, standhaft und klug verzichtet.

    Belehrung ber das Selbst

    Wer unter Versenkung in das Selbst seine Gedanken auf den schwer zu schauenden, in dieVerborgenheit eingedrungenen, in einer Hhle wohnenden, in der Tiefe befindlichen altenGott gerichtet hat, der Weise lt Freude und Leid hinter sich.

    Der Mensch, der das gehrt und erfat hat, der das dem Reich der uerlichkeitUnterliegende von sich geworfen und dieses wie ein Atom feine Selbst erreicht hat, der freutsich; denn Erfreuliches hat er erreicht. Geffnet ist, Naciketas, dnkt mich (fr dich), dasHaus.

    (Naciketas:) Was jenseits von Recht und Unrecht liegt, jenseits von Tat und Unterlassung,jenseits von Vergangenheit und Zukunft, das schauest du, das sage mir.

    Belehrung ber die Silbe Om

    Das Wort, das alle Veden berliefern und alle Buen verknden, das den Wunsch dererausmacht, die in den heiligen Schlerstand treten, das sage ich dir kurz: es lautet Om.

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    Denn diese Silbe ist das Brahman, denn diese Silbe ist das Hchste. Wer sie begriffen hat,erreicht jeglichen Wunsch. Sie ist die beste Sttze, die hchste Sttze. Wer sie begriffen hat,wird erhht in Brahmans Welt.

    Schilderung des Selbst in Gestalt des Weisen

    Der Weise wird nicht geboren, noch stirbt er. Nicht hat er einen Ursprung, noch ist erwandelbar. Ungeboren, bestndig, ewig und von altersher wird er mit dem Leib nichtgettet.

    Wenn ein Tter zu tten meint oder ein Toter tot zu sein glaubt, so urteilen diese beide nichtrichtig. Der eine ttet nicht und der andere wird nicht gettet.

    Feiner als ein Atom, grer als gro wohnt der tman in der (Herzens-)hhlung desGeschpfes. Der aller Wnsche Ledige erblickt, von allem Leid befreit, (durch die Gnade desSchpfers) die Gre des tman.

    Auch wenn er sitzt, wandert er in die Ferne; auch wenn er liegt, wandert er berall. Weranders als ich kann diesen Gott, der Wonne und Nichtwonne in sich schliet, begreifen.

    Der Kluge denkt bei den Krpern an den Krperlosen, an den Stetigen bei den Ruhelosen, anden groen, alldurchdringenden tman und fhlt kein Leid.

    Dieser tman ist nicht durch Belehrung, nicht durch Opfer, nicht durch viel Gelehrsamkeitzu begreifen. Wen er selbst sich auserwhlt, von dem ist er zu begreifen. Dem offenbart sichder tman. (Oder: Sein Selbst erwhlt der tman als sein eignes.)

    Wer vom schlechten Wandel nicht ablt, nicht zum inneren Frieden gelangt und nicht zurSammlung, wer nicht beruhigten Herzens ist, vermag ihn mittels der Erkenntnis nicht zuerreichen.

    Brahmanen und Kriegerstand, beide sind fr ihn (nur wie) ein Reisgericht, der Tod ist einbergu: wer frwahr wei, wo der ist?

    DRITTE RANKE

    Die zwei, die in der Welt der Werke die Wahrheit trinken und im fernsten Jenseits in eineHhle getreten sind, heien bei den Brahmakundigen, den Unterhaltern von fnf Feuernund denen, die das Naciketasfeuer dreimal schichteten, Schatten und Licht.

    Mchten wir das Naciketasfeuer zustandebringen, die Brcke derer, die geopfert haben, dasunvergngliche hchste Brahman, das sichere Ufer derer, die (ber den Strom) setzen wollen.

    Das Selbst (tman), wisse, ist der Wageninsasse, der Krper der Wagen, die Vernunft(buddhi), wisse, ist der Wagenlenker, der Verstand (manas) der Zgel.

    Die Sinne nennt man die Rosse, die Sinnesgegenstnde ihr Ziel, das Selbst, an Sinne undVerstand gebunden, nennen die Weisen den Genieer.

    Wer die rechte Erkenntnis nicht besitzt, den Verstand nicht als Zgel anwendet, der hat, wieein Wagenlenker schlechte Rosse, seine Sinne nicht in der Gewalt.

    Wer aber die rechte Erkenntnis besitzt, den Verstand als Zgel anwendet, der hat wie einWagenlenker gute Rosse, seine Sinne in der Gewalt.

    Wer aber die rechte Erkenntnis nicht besitzt, wer den Verstand nicht hat und keineLauterkeit, erreicht jenen Ort nicht und gert in den Kreislauf (Samsra) hinein.

    Wer aber die rechte Erkenntnis besitzt, den Verstand hat und immerdar Lauterkeit, dererreicht jenen Ort und wird nicht mehr wiedergeboren.

    Wer die Erkenntnis zum Wagenlenker, den Verstand zum Zgel whlt, der erreicht das Zieldes Weges, den hchsten Ort Vishnus.

  • www.pushpak.de - 28 - Upanishaden

    Hher als die Sinne stehen ihre Gegenstnde, hher als die Sinnesgegenstnde steht derVerstand, hher als der Verstand die Vernunft, hher als die Vernunft das groe Selbst.

    Hher als das groe (Selbst) steht das Unentfaltete (Urmaterie), hher als das Unentfaltete dieSeele (der Purusha). Etwas Hheres als diese gibt es nicht. Sie ist das hchste Ziel, die