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URBANE LIGA DENKLABOR #2 Vom 17. bis 19. November 2018 Haus der Statistik, Berlin DOKUMENTATION

Urbane Liga Denklabor #2

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URBANE LIGADENKLABOR #2 Vom 17. bis 19. November 2018Haus der Statistik, Berlin

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Dieser Bericht ist eine Dokumentation des zweiten Denklabors der Urbanen Liga, das vom Büro stadtstattstrand als Teil der Begleitforschung Städtebauförderung im For-schungsprojekt “Mitwirkung von Jugendlichen in der Städtebauförderung – Jugendforum Stadtentwicklung” veranstaltet wurde.

AUFTRAGDie Urbane Liga ist ein Bündnis junger Stadtmacher, die sich aktiv in die Gestaltung ihrer Städte einbringen möchten. Im Rahmen des Auftrags werden zwischen Juni 2018 und Oktober 2019 vier Denklabore organisiert, in denen die Teilnehmer über neue Themen in der Stadtentwicklung diskutieren. Im Anschluss an jedes Labor werden die Ergebnisse Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, vorgestellt und mit ihm und anderen Vertretern des Bundes diskutiert.

AUFTRAGGEBERDie Urbane Liga ist ein Projekt des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und wird vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bun-desamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) betreut. Ansprechpartner im BMI: Anja Röding, [email protected] Jacqueline Modes, [email protected]. Ansprechpartner im BBSR: Stephanie Haury, [email protected]

AUFTRAGNEHMER Das beauftragte interdisziplinäre Büro stadtstattstrand erforscht und vermittelt Strate-gien und Herangehensweisen rund um die nutzergetragene Stadtentwicklung. Ansprech-partner: Laura Bruns, Tristan Biere, Konrad Braun. Kontakt: [email protected]

Redaktion: Team stadtstattstrandFotos/Bildrechte: Team stadtstattstrand, sofern nicht anders angegeben

Veröffentlicht im Dezember 2018, online

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männli-cher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für Männer, Frauen oder Personen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen.

IMPRESSUM INHALT

PROLOG Ausgangslage 3Mitwirkung und Mitgestaltung 3Fokus 5

DENKLABOR #2 Rahmen 6Programm 7Teilnehmer 11

FORMATE #Auftakt 13Mitwirkung und Mitgestaltung im politischen Kontext 14MANIFLUX (Is/Is Not) 15Schaustelle 19

DISKUSSIONSARENA Fishbowl #1: Innovative Werkzeuge der Mitgestaltung 21Fishbowl #2: Akteur-übergreifende Kooperation 22Fishbowl #3: Motivation und Wertschätzung 23

OFF-SITE: Stadt von Unten 24

WERKZEUGE MAPPING TOOLS 25BEYOND THE TOOLS 26

ERGEBNISSE UND ERKENNTNISSE A. CODE OF CONDUCT 26B. MUSTER-KOOPERATIONSVEREINBARUNG 27C. IG LOKAL 28D. KO-BUDGET 29E. LEERSTANDSSTEUERFOND 30

DISKUSSION 32

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Das zweite Denklabor der Urbanen Liga fand vom 17. bis zum 19. November 2018 im Haus der Statistik in Berlin-Mitte statt. Es widmete sich dem Thema “Mit-wirkung und Mitgestaltung” und baute auf den Ergebnissen und Fragestellun-gen der Auftaktveranstaltung (Juni 2018, CRCLR House, Berlin) und der durchge-führten Diskussionsarena auf dem 12. Bundeskongress der Nationalen Stadt- entwicklungspolitik (September 2018, Frankfurt am Main) auf. Das Thema wur-de von der Urbanen Liga selbst als zwei-tes Laborthema gewählt. Die Begrifflich-keiten “Mitwirkung und Mitgestaltung” grenzen sich dabei bewusst von Begrif-fen wie Partizipation oder Teilhabe ab und lenken so den inhaltlichen Fokus auf Selbstwirksamkeit und koproduktive Ansätze.

Mitwirkung und Mitgestaltung

Dieser Ansatz spiegelt die Praxis der Ur-banen Liga, die in ihren Projekten groß-teils in den oberen Stufen der Beteili-gung (vgl. Roger Hart (1992)) angesiedelt sind. Fragen rund um die selbstorgani-sierte Mitwirkung und Mitgestaltung an Stadtraum und Stadtgesellschaft (ge-nauso wie ihre Erforschung, Vermittlung und Aushandlung) gehören damit zur Alltagspraxis der Ligisten. Das Fokust-hema des zweiten Denklabors verweist auch auf eine weitreichende Verände-rung der Beteiligungskultur und des de-mokratischen Verständnisses – weg von

einer repräsentativen, hin zu einer direk-teren Demokratie. Forderungen bürger-schaftlich Engagierter nach mehr Eigen-verantwortung und Selbstbestimmung resultieren in gleichem Maße in neuarti-gen Anforderungen an Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Im zweiten Denklabor haben die Teilneh-mer darüber nachgedacht, welche politi-schen, ökonomischen und planerischen Strukturen auf Quartiers-, Bezirks- und Stadtebene nötig sind, um Mitwirkung und Mitgestaltung zu fördern und zu ei-ner kollaborativen Stadtproduktion und Nachbarschaftsentwicklung anzuregen. Dabei ging es um Fragen nach der indi-viduellen Motivation zur Mitwirkung und nach der Gestaltung von Rahmenbedin-gungen, die geeignet sind, die persön-liche Bereitschaft zur Mitwirkung und Mitgestaltung zu erhöhen. Die Verbes-serung der Rahmenbedingungen für eine direktere Mitwirkung und Mitgestaltung wird von der Urbanen Liga als Zukunfts-aufgabe einer solidarischen Stadtgesell-schaft und innovativeren Stadtpolitik angesehen.

Als Grundlage für die Diskussionen und den Workshop diente die Partizipations-leiter von Sherry Arnstein*, die zwischen Nichtbeteiligung, Scheinbeteiligung und Entscheidungsmacht in neun verschie-denen Stufen unterscheidet. Abbildung: Leiter der Partizipation nach Arnstein, eigene Darstellung © stadtstattstrand

PROLOGUrbane Liga – Jugendforum Stadtentwicklung

*Sherry R. Arnstein. A Ladder of Citizen Participation. In: JAPA, Vol. 35, Nr. 4, Juli 1969, S. 216-224

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Für die inhaltliche Vertiefung des The-mas Mitwirkung und Mitgestaltung wur-de vorab eine zentrale Fragestellung von den Teilnehmenden entwickelt: „Wie schaffen wir es, zur Mitwirkung im ei-genen Lebensumfeld anzuregen und gleichzeitig bürokratische Hürden abzu-bauen?“ Dabei waren folgende Themen-gruppen mit spezifischen Fragestellun-gen handlungsleitend und führten durch die gesamte Veranstaltung des zweiten Denklabors.

Der Veranstaltungsort, der Pavillon am Haus der Statistik, ist eine Werkstatt für die öffentliche Mitwirkung am Planung-sprozess der Entwicklung des Areals rund um das Haus der Statistik. Die Kooperationspartner “Koop5” bestehen aus dem Senat, Bezirk, BIM, Wohnungs-baugesellschaften und der ZKB e.G.. In der Verknüpfung von Verwaltungsnutzu-ngen, dem Rathaus von Morgen und in-tegrierten Formen des Wohnens und Arbeitens sowie Raum für Kunst, Kultur und Soziales, hat das Haus der Statis-tik einschließlich der möglichen Neu-bauten das Potential, ein Labor für plu-

Ziele des zweiten Denklabors waren, Projekte und Personen kennenzulernen, die in ihrer Alltagspraxis bereits erfol-greich ein hohes Maß an Mitwirkung und Mitgestaltung umsetzen, bestehende Werkzeuge in der Stadtentwicklung zu identifizieren und zusammen mit den eingeladenen Experten an Ideen und Skizzen für neue Werkzeuge zu arbeiten.

rale, zeitgemäße und konkrete Formen des Zusammenlebens in unserer Ge-sellschaft zu werden. Hier findet bere-its die Mitwirkung und Mitgestaltung auf verschiedensten Ebenen statt.

Damit stellt auch der Veranstaltung-sort eine inhaltliche Verbindung zum Thema Mitwirkung und Mitgestaltung her und bot einen hervorragenden Rah-men für die Zusammenarbeit der jungen Erwachsenen in verschiedenen Gruppen zu unterschiedlichen Themen.

AUFTAKT RAHMENFokus Denklabor#2

Abbildung: Pavillon vor dem Haus der Statistik © stadtstattstrand

Abbildung: Darstellung der drei Fokusthemen des zweiten Denklabors

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PROGRAMM PROGRAMMVorbereitungsworkshop @HdS Diskussionssarena & Mapping Tools

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Abbildung: Darstellung des Programmsvv für SonntagAbbildung: Darstellung des Programms für Samstag

PROGRAMMJugendforum @BMI

Abbildung: Darstellung des Programms für Samstag

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Otto Kronschwitz A-Team Görlitz

Artur Meier A-Team Görlitz

Christiana Weiß Adapter Stuttgart

Elif KälbererAdapter Stuttgart

Juliane Rohrbacher AJK Jugendkulturhaus Bad Kreuznach

Jakob Wirth Blaue Blume Berlin

Franziska Ortgies Blaue Blume, Id22 Berlin

Mascha FehseConstructLab Berlin

Christoph Mörsch Jugendforum Bad Münstereifel

Ardit Jashanica Jugendgemeinderat Reutlingen

Magdalena Jackstadt Hannover VOIDSHannover

Anna Finn Hannover VOIDS Hannover

Julia Klink HCU Hamburg Hamburg

Linda Heldt Hochschule NiederrheinKrefeld

Maria Camila Ruiz Lora IM STADTFELD Magdeburg

Mona Gennies Netzwerk Immovielien Berlin

Svea SaatkampTU Dortmund Dortmund

Felix Graßhoff Kulturbeutel e.V. Bremen

Amelie Rösel Kulturbeutel e.V Bremen

Leila Unland Lückefülle München

Lena MaaßModel Spaces Berlin

David MorsiNiehler Freiheit e.V. Köln

Organisationsteam

Laura Bruns Stadtstattstrand München

Tristan BiereStadtstattstrand Berlin

Konrad Braun Stadtstattstrand Berlin

Stephanie HauryBundesinstitut fürBau-, Stadt und Raum- forschungBonn

Jaqueline ModesBundesministerium desInnern, für Bau und HeimatBerlin

Anja Röding Bundesministerium desInnern, für Bau und HeimatBerlin

Gregor KuhlmannNiehler Freiheit e.V. Köln

Henrik VervoortsPanther Rei, Tiny Houses Bochum

Kristin LazarovaParklets für Stuttgart Stuttgart

Sophie ThurnerplattFORMHalle

Ture Claußen PLATZprojekt Hannover

Martin NaundorfRaumblühenPotsdam

Clemens Weise Raumstation Berlin

Fridolin Pflüger Rosenwerk, Konglomerat e.V. Dresden

Cosima SchugmannStadt für alle Nürnberg

Kai NitscheTante Gerda Esslingen

Eingeladene Experten

Dr. Ansgar KleinBundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)Berlin

Michael ZiehlUrban UpcyclingHamburg

Lisa ZanderPlanBudeHamburg

Sebastian Beckvhw, Bundesverband fürWohnen und StadtentwicklungBerlin

TEILNEHMER EXPERTENJahrgang 2018/2019 & Organisationsteam

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Um den unterschiedlichen Perspektiven der Ligisten zum Thema Mitwirkung und Mitgestaltung auf den Grund zu gehen, wurden im zweiten Denklabor bereits bewährte Formate der Auftaktveran-staltung übernommen und auf Anregung der Teilnehmer weiterentwickelt. Den Auftakt lieferte Dr. Ansgar Klein vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches En-gagement mit einer Einführung des The-mas in den politischen Kontext. In der Schaustelle bekamen die Teilnehmen-den die Möglichkeit, ihre Schwerpunk-te in den Gruppen “Zugang zu Flächen”, “gemeinwohlorientiertes Baurecht” und “Mitwirkung und Mitgestaltung” selbst-

Dr. Ansger Klein, BerlinBundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement: Mitwirkung und Mitgestaltung im politischen Kontext

Den Auftakt zum zweiten Denklabor machte Dr. Ansgar Klein vom Bundes-netzwerk Bürgerschaftliches Engage-ment. In seinem Vortrag zum Thema “Mitwirkung und Mitgestaltung im politi-schen Kontext” beschäftigte er sich mit dem Zusammenhang von Bürgerschaft-lichem Engagement und politischer Par-tizipation. Dabei warnte er davor, En-gagement auf eine kostengünstige Art der Leistungserbringung für öffentliche Aufgaben zu reduzieren. Er sehe im Engagement viel mehr das eigensinnige, selbstgewählte Handeln selbstbewusster Bürger, Gemeinwohl-orientierung und die damit verbundene Abwesenheit materieller Gewinnorien-tierung. Bürgerschaftliches Engagement, so fügte er hinzu, orientiere sich an der Arena des öffentlichen Raumes und dem Motiv, die Gesellschaft zumindest im Kleinen mitgestalten zu wollen. Partizipation versteht er als einen Pro-zess, der sich aus Phasen der Mei-nungs- und Willensbildung, der Ent-scheidungsfindung und der Umsetzung von Entscheidungen zusammensetzt. Engagement könne dabei eine relevante Grundlage für die Partizipation darstel-len. Denn versagten in der klassischen Bür-gerbeteiligung Formate des Gehört-werdens, so könnten durch das breite

bestimmt zu vertiefen. Anhand von gu-ten bzw. schlechten Beispielen der Mit-wirkung und Mitgestaltung wurde im Maniflux-Teil die Haltung der Teilnehmer auf den Prüfstand gestellt. Die Diskussi-onsarena gab den Teilnehmern die Mög-lichkeit, verschiedene Standpunkte von geladenen Experten in einem Fish-Bowl-Format zu debattieren. Den Abschluss der Veranstaltung bildeten zwei Work-shops, in denen bestehende Werkzeuge reflektiert und neue Werkzeuge der Mit-wirkung und Mitgestaltung aus dem Er-fahrungsschatz der Projekte entwickelt wurden.

Spektrum des bürgerschaftlichen En-gagements, beispielsweise durch Pro-test, Anliegen zu Gehör gebracht wer-den. In den Phasen der Meinungs- und Willensbildung könnten also die Erfah-rungen des Engagements eine wichtige Grundlage für die weitere Arbeit darstel-len.Abschließend wies Dr. Ansgar Klein noch auf die vermehrt aufkommenden For-mate der direkten Demokratie als Werk-zeuge der Mitgestaltung hin und warn-te gleichermaßen vor den Versuchen rechtspopulistischer Akteure, mit Hilfe der direkten Demokratie die Politikver-drossenheit weiter aufzuheizen.

Zur Person:Dr. Ansgar Klein, Berlin… ist Sozialwissenschaftler und Publi-zist und seit 2002 Geschäftsführer des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches En-gagement (BBE). Er ist u. a. Mitbegrün-der und seitdem Mitherausgeber des Forschungsjournals “Neue Soziale Be-wegungen”, Sprecher des Arbeitskreises „Soziale Bewegungen“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) und Mitbegründer und Mither-ausgeber der Buchreihe „Bürgergesell-schaft und Demokratie“ im Verlag für Sozialwissenschaften (VS-Verlag, Wies-baden). Das ist ein Zusammenschluss von Akteuren aus Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft. Das übergeordne-te Ziel des Netzwerks ist die nachhaltige Förderung von Bürgergesellschaft und bürgerschaftlichem Engagement in allen Gesellschafts- und Politikbereichen.

FORMATEVortrag

Abbildung: Vortrag Dr. Ansger Klein © stadtstattstrand

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Im ersten Denklabor wurde im gemein-samen Manifestworkshop die Selbst-bestimmung und Selbstgestaltung innerhalb von Beteiligungs- und Partizi-pationsprozessen als Grundlage für die Arbeit der Urbanen Liga festgelegt. Mit dem zweiten Denklabor zum Fokusthe-ma Mitwirkung und Mitgestaltung wur-de nun versucht, diese Begriffe aus dem Blickwinkel der Urbanen Liga zu schär-fen.Für diese Positionsbestimmung wur-de mit Hilfe von Crowdsourcing vorge-gangen. Anhand positiver und negativer Projektbeispiele, welche von den Teil-nehmenden der Urbanen Liga im Vorfeld zusammengetragen wurden, diskutierte die Gruppe ihre persönliche Definition von Mitwirkung und Mitgestaltung. Vor-ab wurde sich gemeinschaftlich darauf geeinigt, die beiden Begriffe synonym zu verwenden. In einem ersten Schritt wur-den die verschiedenen Aspekte, welche für Mitwirkung und Mitgestaltung ste-hen, stichpunktartig notiert. In einem zweiten Schritt entstanden daraus die vier folgenden Themencluster:

MACHEN UND AUSPROBIEREN

Mitwirkung und Mitgestaltung nutzt Spielräume, findet Raum zum Aneignen, Ausprobieren und Selbermachen. Mitzu-wirken bedeutet “machen” und für die eigenen Überzeugungen und Bedürf-nisse einzustehen. Die in der Regel in der Zivilgesellschaft verorteten Akteure

KOMMUNIKATION UND DIALOG

Informationen bilden die Grundlage für die Mitwirkung an verschiedensten Ge-staltungsprozessen, jedoch ist reine In-formation ohne eine Möglichkeit zur In-teraktion und des Gehörtwerdens nicht zielführend. Erfolgreiche Konzepte und Ansätze zur Mitgestaltung gehen über reine Meinungs- und Willensbildung hi-naus und regen zu einer proaktiven Be-teiligung an. Das gewählte Format kann dabei unterschiedlich sein und sich an die Gegebenheiten anpassen. Dennoch braucht es immer gute Medien- und Kommunikationsarbeit, um mögliche Gleichgesinnte zu erreichen. Denn jeg-liche Formate der Mitwirkung benötigen eine kritische Masse, um gehört zu wer-den. Dabei ist die Wahl der geeigneten Sprache eine wichtige Voraussetzung dafür, potenzielle Mitstreiter zu errei-chen. Rein bürokratische Sprache ist schwer verständlich und wenig anspre-chend. Mitwirkung ist plattformübergrei-fende Kommunikation. Positive Beispiele der Mitwirkung und Mitgestaltung gehen weit über Scheinbeteiligung hinaus und sind als ergebnisoffene und integrative Prozesse ohne ein vorher starr definier-tes Ziel angelegt.

handeln selbstbestimmt, stehen für ihre Überzeugung ein und überwinden dazu die sich ihnen zeigenden Widerstände bisweilen am Rande des Legalen. Die Akteure handeln lösungs- und bedürf-nisorientiert. Dabei stehen keine kom-merziellen Interessen, sondern Gemein-wohlorientierung im Vordergrund. Die Erfahrung der Selbstwirksamkeit stärkt den Antrieb des eigenen Handelns, för-dert Eigenverantwortung und somit ein offenes Demokratieverständnis. Mitwir-kung bedeutet also, sich der eigenen Mündigkeit bewusst zu sein, Selbstwirk-samkeit zu erfahren und diese andere erfahren zu lassen. Mitwirkung arbeitet bisweilen mit unkonventionellen Metho-den und lässt Raum zum Scheitern.

RÄUME UND RESSOURCEN

Die Verfügbarkeit von Raum für verschie-denste Belange schafft die Möglichkeit der Mitgestaltung am eigenen Lebens-umfeld. So entstehen Treffpunkte, die die Grundlage für Kommunikation, Aus-tausch und die Entstehung neuer Ideen und Ansätze bieten, welche die Kraft be-sitzen, einer kollektiven Identität Raum zu geben. Eine wichtige Voraussetzung zur Mitwirkung und Mitgestaltung ist Verfügbarkeit weiterer Ressourcen wie z. B. Zeit, sozialem Kapital oder auch fi-nanzieller Mittel.

POLITIK UND OFFENHEIT

Aktivitäten im Feld der Mitwirkung und Mitgestaltung sind offen für alle und bieten Raum für Gespräche. Ideen, die eingebracht werden, werden gehört. Sie beinhalten die Möglichkeit, bestehende Systeme zu hinterfragen und Mechanis-men und Automatismen zu erkennen. Die aktive und offene Mitwirkung fördert ein intaktes Gemeinwesen und, damit verbunden, eine lebendige Demokratie. Somit bedarf Mitwirkung und Mitgestal-tung einer gewissen Offenheit und Er-möglichungskultur von Seiten von Politik und Verwaltung, die auch unkonventio-nellen Anliegen Raum gibt. Aus Sicht der Urbanen Liga ist Mitgestaltung per se immer politisch. Sie kann dabei in man-chen Fällen politische Entscheidungen beeinflussen.

MANIFLUXIs / Is Not

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Abbildung: Diskussionen über gemeinwohlorientiertes Baurecht ©stadtstattstrand

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In der „Schaustelle für selbstständige Weiterbearbeitung” hatten die Teilneh-mer eine Stunde Zeit, um selbstständig an ihren Themen weiterzuarbeiten. Die Ergebnisse wurden im Anschluss in gro-ßer Runde kurz präsentiert.

Gruppe „Gemeinwohlorientiertes Baure-cht“ Die Gruppe spricht sich für eine inten-sivere Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe zwischen den Denklaboren aus. Dafür schlagen sie ein monatliches Ar-beitstreffen via Skype vor (jeder erste Montag im Monat), in dem folgende The-men weiter vertieft werden sollen:

1. Definition von “Gemeinwohl”2. Prozessuale Genehmigungsverfahren3. Vereinfachung von Genehmigungsver-

fahren für temporäre Bauten

Gruppe „Zugang zu Flächen”In der Gruppe wurde intensiv über mög-liche planungsrechtliche Instrumente wie z. B. die “Experimentierfläche” oder das “Zukunftsschutzgebiet” diskutiert. Beide Vorschläge sollen die Aneignung und selbstbestimmte Nutzung von öf-fentlichen und privaten Flächen erleich-tern. Dabei kommt es den Teilnehmern vor allem darauf an, dass Flächen ge-braucht werden, in denen man sich ausprobieren, mitentscheiden und auch mitgestalten kann. Dabei spielt sowohl die Wertschätzung des geistigen bzw. kulturellen Kapitals von potentiellen Nutzern eine Rolle als auch die Zugäng-lichkeit, Flexibilität und Offenheit der

Flächen. Zusätzlich wurde ein gesetzlich verankertes Handlungsrecht bei Nicht-nutzung von Grundstücken diskutiert. Weitere Themen waren eine Quartiers- und Stadtrendite, die Bedeutung einer attraktiven und lebenswerten Stadt so-wie eine Flächenaktivierung durch die Einrichtung einer zuständigen Stelle in-nerhalb der Stadtverwaltung.

Gruppe: „Mitwirkung und Mitgestaltung“Die Gruppe diskutierte über die Bedeu-tung der Selbstwirksamkeitserfahrung von Akteuren in der Stadtentwicklung. Wie können Möglichkeitsräume er-schlossen und Spielräume erprobt wer-den? Und welche Grundvoraussetzun-gen sind für eine erfolgreiche Mitwirkung und Mitgestaltung nötig? Als Ergebnis wurden verschiedene “informelle” Werk-zeuge für eine Stadt der Mitgestaltung besprochen. Ein Stadtspiel, mit dem das Verständnis verschiedener Rollen von Akteuren in der Stadt simuliert werden kann, wäre aus Sicht der Urbanen Liga genauso denkbar wie ein mobiler Kaf-feewagen als zentrale Anlaufstelle für alle Stadtbewohner, bei dem sie sich über zukünftige Entwicklungen in der Stadt informieren können.

SCHAUSTELLESelbstständige Vertiefung der Themen

Zu Gast: Lisa Zander, Architektin, Plan-Bude Hamburg

Fishbowl #1: „Welche innovativen Werkzeuge der Mitgestaltung gibt es?“

Zu Gast im ersten Fishbowl zum Thema Werkzeuge der Mitgestaltung war Lisa Zander. Sie ist Gründungsmitglied der „PlanBude Hamburg”, ein transdiszipli-näres Planungsbüro aus den Bereichen Kunst, Architektur, Urbanistik, sozialer Stadtteilarbeit, Musik und Kulturwissen-schaft, das von der Stadt Hamburg be-auftragt wurde, den Beteiligungsprozess für die Umnutzung der Esso-Häuser im Stadtteil St. Pauli zu organisieren und durchzuführen.

Durch ihre Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft und sehr unterschiedli-chen Mitgestaltungsformaten versucht die Planbude, den §3 BauGB “Einbezug der Öffentlichkeit” neu zu interpretieren. Sie begreift Beteiligung bzw. Mitwirkung und Mitgestaltung als Grundlage für ei-nen politischen Aushandlungsprozess von Stadt und vermittelt die Komplexi-tät von Stadtentwicklung durch unkon-ventionelle Formate wie z. B. Container (Planbude) am zu verhandelnden Grund-stück, Knetmodelle für die Visualisierung von Baumassen, Aufbau eines Archivs von Ideen, Wünschen und Forderungen sowie durch die Gründung einer autono-men Stadtteilversammlung in die aktive Stadtgesellschaft hinein.

In der anschließenden Diskussion wird über die Rolle von experimentellen Be-teiligungsformaten als Mittel der Kom-munikation zwischen Laien und Exper-ten diskutiert. Welche Kommunikation und welche Sprache benötigt man, um Planung und Entwicklung in die Nach-barschaft zu vermitteln?

Lisa Zander betonte, wie wichtig ein persönlicher und ortsbezogener Beteili-gungsprozess sei und erklärte, wie man diesen produktiv durch innovative Werk-zeuge gestalten könne. Neu geplante Maßnahmen sollten daher immer unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft ent-stehen. Außerdem sei es wichtig, dass die Nachbarschaft und die Menschen vor Ort lernten, einen eigenen Standpunkt zu entwickeln, diesen zu hinterfragen, anzuwenden und diesen bei der Ver-handlung von Planungsergebnissen zu vertreten.

FISHBOWL#1Innovative Werkzeuge der Mitgestaltung

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Zu Gast: Michael Ziehl, Architekt und Stadtplaner, Urban Upcycling

Fishbowl #2: „Welche Möglichkeiten gibt es, mit Politik und Verwaltung zu kooperieren?”

Michael Ziehl arbeitet freiberuflich als Urbanist und Publizist. Der Architekt und Stadtplanner betreibt von Hamburg aus “Urban Upcycling” – eine Agentur für städtische Ressourcen. Er war Auf-sichtsratsmitglied der “Gängeviertel Ge-nossenschaft 2010 eG” und beschäftigt sich derzeit mit dem Kooperationspro-zess zur Sanierung des Gängeviertels. In Zusammenarbeit mit der Stadt Hamburg und der “Gängeviertel-Initiative” soll ein lebendiges Quartier mit günstigen Mie-ten zum Wohnen und für soziokulturelle Nutzungen entwickelt werden. Seit 2015 schreibt und lehrt Michael Ziehl zur Zu-kunftsfähigkeit durch Kooperation an der HafenCity Universität Hamburg.

Die Zusammenarbeit zwischen Verwal-tung, Politik und der Gängeviertel-Ini-tiative wurde in einer Kooperationsver-einbarung geregelt. Dabei stellt dieses rechtliche Instrument Verbindlichkeit zwischen Partnern mit unterschiedli-chen Interessen her. Nach Ansicht von Michael Ziehl kommt es darauf an, die Vereinbarung als ergebnisoffenen Lern-prozess zu verstehen, da es schwer sei, eine klare Grenze zwischen formaler Be-teiligung und echter Kooperation zu zie-

hen. Sie sei kein fertiges Produkt, son-dern vielmehr ein gemeinsamer Prozess, der ständig adaptiert werden könne. Er plädiert für transparente und klar aus-gehandelte Kooperationsvereinbarungen zwischen Bürgern, Verwaltung und Poli-tik, damit Zwischennutzungen einfacher initiiert und Leerstand sinnvoll genutzt werden könne. Die Diskussion macht deutlich, wie wichtig Kooperation auf Augenhöhe ist, da das Macht- und Res-sourcengefälle zwischen den Akteuren oft sehr ungleichmäßig verteilt ist und eine Ausgewogenheit der Machtverhält-nisse nicht gegeben ist. Wie kann man also der Verwaltung die Angst vor dem Scheitern einer Zusammenarbeit neh-men?

Auf Grundlage der Erfahrungen im Gän-geviertel müssen Kooperations- verein-barungen klar gegliedert und aufgestellt werden, so dass die Beteiligung und Einbringung für alle mitwirkenden Par-teien gleichmäßig und fair ermöglicht wird. Zusätzlich kann es hilfreich sein, eine Beteiligung nicht von sondern für die Verwaltung zu organisieren, um zu verdeutlichen, woher die Motivation der zivilgesellschaftlichen Akteure kommt.

FISHBOWL#2Akteurs-übergreifende Kooperation

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Abbildung: Diskussion mit Lisa Zander von der PlanBude Hamburg © stadtstattstrand

Zu Gast: Sebastian Beck, Senior-Wissen-schaftler, vhw

Fishbowl #3: „Wie kann auf allen Seiten eine wertschätzende Haltung gegenüber der Mitgestaltung entwickelt werden?

Sebastian Beck arbeitet als Senior-Wis-senschaftler für den vhw – Bundesver-band für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.* Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Auseinandersetzung mit Stadtmachern, die auf Seiten der Zivilgesellschaft in Ko-operation mit einer Vielzahl an Stadtent-wicklungsakteuren eigenständig Stad-tentwicklungsprojekte anstoßen und umsetzen. 2016 hat er gemeinsam mit Olaf Schnur das Buch „Mittler, Macher, Protestierer – Intermediäre Akteure in der Stadtentwicklung“ im jovis-Verlag publiziert.

Protestieren, Vermitteln und Machen sieht Beck als die drei wirksamsten Ar-ten der Mitgestaltung, die jedem Bürger zur Verfügung stehen, um Stadträume zu aktivieren und aufzuwerten. Dabei sollte die Verwaltung als Träger der öf-fentlichen Belange nicht versuchen, den Initiativen aus fehlendem Vertrauen die Arbeit abzunehmen, während es ihnen gleichzeitig an Ressourcen mangelt. Sie sollte vor allem kreativ nach Lösungen und Strategien suchen, um den Initiati-ven bei der Impulssetzung in der Stad-tentwicklung zu helfen. Intermediäre können auf Seiten der Verwaltung für

Die Initiative “Stadt von Unten” setzt sich nach der erfolgreichen Abwendung der Privatisierung des Kreuzberger Dra-gonerareals für dessen gemeinwohlo-rientierte Entwicklung ein. Dazu wird nun auf dem Gelände das Modellprojekt „Selbstverwaltet und Kommunal“ ent-wickelt. Ziele sind die Etablierung von kommunalem und selbstverwaltetem Wohnen und Arbeiten zu 100% sozialen Mieten (bei Neubau) in dauerhafter Ab-sicherung. Enrico Schönberg führte als Vertreter der Initiative die Teilnehmer der Urbanen Liga über das Gelände und sprach über das Areal und den Aufbau der Plangarage als Werkzeug der Initiati-ve zur Planung von unten.

eine Vertrauensbildung sorgen und das Prinzip der Kommunikation und Zusam-menarbeit auf Augenhöhe stärken.

Aber wie können Initiativen und Stadt-macher wirklich an Stadtentwicklungs-prozessen beteiligt werden? Wie können sie als Träger öffentlicher Belange posi-tioniert werden?

Initiativen sollten legitime Partner in der Stadtentwicklung sein. So sollen z.B. auch gemeinnützige Vereine an Aus-schreibungen für die Vergabe von öffent-lichen Liegenschaften teilnehmen und mit ihren Konzepten und Ideen nachhal-tig die Stadt mitentwickeln können. Viel-mehr geht es den Akteuren nicht vorran-gig um das Entscheiden, sondern um die konkrete Umsetzung eigener Projekte. Um mehr Menschen zur Beteiligung zu motivieren, muss der Mehrwert, sich zu beteiligen so hoch sein, dass alltägliche Verpflichtungen in den Hintergrund rü-cken.

Die Plangarage auf dem Dragonerareal ist Archiv, Arbeitsraum, Projektionsflä-che und mobiles Veranstaltungsmöbel, mit dem möglichst viele Menschen und Nachbarn des Areals in Gespräche ver-wickelt werden können. In ihr kommen Ideen zusammen, wie eine Entwicklung des Areals im Einklang mit den Forde-rungen der Initiative Stadt von Unten aussehen kann. Die Suche nach Ant-worten auf diese Fragen wird als ein gemeinsames Lernen verstanden, bei dem mögliche Methoden und Modelle zur Umsetzung zusammengetragen, dis-kutiert und am Ende Schritt für Schritt umgesetzt werden.

FISHBOWL#3 OFF-SITE-VISITMotivation und Wertschätzung Stadt von Unten

* „vhw“ steht für den „Deutschen Volksheimstät-tenwerk e.V., den Vorgänger des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung e. V.

Abbildung: Führung von Enrico Schönberg (Stadt von Unten) über das Dragoner Areal © stadtstattstrand

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In einer Workshoprunde wurden von den Beteiligten in drei Gruppen verschiedene bestehende Werkzeuge der Beteiligung zusammengetragen. Das sind, neben rechtlich verankerten Formen der Bür-gerbeteiligung wie die öffentliche Ausle-gung nach §3 BauGB mit der Möglich-keit, Anregungen zur Planung zu geben oder die Beteiligung an Wahlen. Je nach Auslegung werden direkt-demokratische Methoden wie Bürger- oder Volksbegeh-ren ebenfalls dazu gezählt.

Informelle Formen der Bürgerbeteili-gung sind rechtlich nicht definiert und es gibt darauf auch keinen Rechtsan-spruch. Dazu gehören unkonventionel-le Formen der assoziativen Demokratie wie Zusammenschlüsse von Personen, z. B. als Netzwerk oder Bürgerinitiative, die zum Ziel haben können, politische Meinungsbildung und damit die Ent-scheidungsfindung zu beeinflussen. Ins-trumente hierfür sind Demonstrationen, Unterschriftensammlungen, Flash Mobs oder Carrotmobs sowie Boykottaufrufe.

Kooperative Formen der partizipativen Demokratie gehören ebenso in dieses Feld wie das bürgerschaftliche Engage-ment. Erstere zielen darauf ab, die Ent-scheidungsfindung von politischen Ins-titutionen der Exekutive und Legislative zu beeinflussen. Sie können durch die Bürgerschaft, aber auch durch politi-sche Institutionen oder weitere Akteu-re der Zivilgesellschaft initiiert werden.

(#ERMÖGLICHUNGSKULTUR)Forschungsfragen: “Wie können bürokra-tische Hürden abgebaut werden?” “Wie kann auf allen Seiten eine wertschät-zende Haltung gegenüber Mitwirkung und Mitgestaltung geschaffen werden?”

Der Code of Conduct soll Verwaltungen das Vertrauen schenken, auch unkon-ventionelle Stadtraumnutzungen und die Arbeit von Initiativen zu unterstüt-zen und als Mittler zwischen Zivilgesell-schaft, Politik und Verwaltung Türen zu öffnen. Ziel des bundesweiten “Code of Conduct”3 als einem gemeinschaftli-chen Instrument zivilgesellschaftlicher Initiativen ist die Förderung einer wert-schätzenden Haltung von Seiten der Kommunen. Denn die politische Wert-schätzung informeller und oft als „alter-nativ“ wahrgenommener Initiativen ist in der Regel sehr gering (vgl. Gribat/Lang-guth/Schulze 2014). Während Politik und Verwaltung in professionellen Akteuren schnell einen attraktiven Partner sehen, müssen sie von den eher informellen Akteuren meist zur Zusammenarbeit gedrängt werden. Im Kern des Ansatzes steht also der Wunsch, dass die Arbeit von Initiativen bei Politik und Stadtpla-nung mehr Anerkennung findet und de-ren Position stärkt. Der Mehrwert, der aus der Arbeit von zivilgesellschaftlichen Initiativen für deutsche Städte, Kommu-nen und deren Stadtentwicklungspolitik entsteht, soll gesammelt und vermittelt werden. Dazu gehören z. B. das Potenzial für die lokale Demokratie oder das inno-

Zu ihren Instrumenten gehören Bürger-haushalte, Zukunftswerkstätten oder der Runde Tisch.

Folgende weitere informelle Instrumen-te wurde in den drei Runden gebrain-stormt: Haustürgespräche, Stadtteil-konferenzen, stadtpolitisches Hearing, Asamblea, Zukunftswerkstätten, On-line-Dialoge, Stadtspaziergänge, Inter-essensbekundungen, Musterkooperati-onsvereinbarung etc.

BEYOND THE TOOLS Nach einem internen Abstimmungspro-zess wurden gemeinsam die wichtigsten Ideen für neue Werkzeuge in der Stad-tentwicklung ausgewählt und sollen ver-tieft ausgearbeitet werden:.

A. Code of ConductB. Muster-KooperationsvereinbarungC. IG-LokalD. KO-BudgetE. Leerstandssteuerfond

vative Potenzial zur Entwicklung alter-nativer Steuerungsmodelle. Gemeinsam mit diversen Vertretern wie Initiativen, Interessenvertretungen und Verbänden wird ein Grundtext entwickelt und un-ter CC lizenzfrei zum Download und zur Verbreitung bereitgestellt. Dieser Text bildet eine Vorlage für eine regionale Er-klärung, die je nach Bedürfnis angepasst, ergänzt oder erweitert werden kann.

Mögliche Unterzeichner: Initiativen, Stadtverwaltung, Politik, Ver-bände, Wissenschaft, Gemeinwesen

Referenzen/Inspiration:Erklärung der Vielen, Urban Gardening Manifest, Letter of Intent (LoI),

Ziele:

1. Kommunikation auf Augenhöhe zwi-schen Initiativenlandschaft und Verwal-tung

2. Basis möglicher Kooperationen zwi-schen Verwaltung und Initiativen

3. Nachhaltige Positionierung von Initiati-ven als Träger öffentlicher Belange

4. Entwicklung einer Haltung anstatt eines Vertrags

5. Etablierung der Arbeit von Initiativen als Chance für die Entwicklung von etwas Neuem, dessen Kraft aus dem Gemeinsamen heraus entsteht

Umsetzungsplan:

1. Artikulierung des CoC2. Unterzeichnung durch Initiativen und

Verbreitung auf diversen Portalen3. Unterzeichnung der Stadt im Fall der

Annahme

WERKZEUGE ERGEBNISSEMapping The Tools A. CODE OF CONDUCT

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(#Entscheidungsmacht)

Forschungsfragen: „Wie können bürokra-tische Hürden abgebaut werden?” “Wie kann auf allen Seiten eine wertschät-zende Haltung gegenüber Mitwirkung und Mitgestaltung geschaffen werden?” “Welche Kooperationsmöglichkeiten mit der Kommunalverwaltung gibt es, wie ließen sie sich leichter realisieren?“

Die öffentliche Hand ist Eigentümer von vielen Liegenschaften und Gebäuden, die häufig als Raumressource nicht mehr erschlossen sind. Zunehmend gibt es Bestrebungen, diese Flächenpoten-ziale zusammen mit zivilgesellschaft-lichen Initiativen zu entwickeln, da Beteiligungsprozesse an den Interessen von Nachbarschaften und Stadtbewoh-nern vorbeigehen. Dafür braucht es ei-nen verbindlichen rechtlichen Rahmen, der die Beziehungen zwischen den un-terschiedlichen Akteuren regelt und die Entscheidungsprozesse innerhalb der Kooperation definiert.

Die Kooperation besteht i.d.R. aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, öffentlichen Institutionen, Ämtern und Eigentümern, die über die Erschließung einer konkreten Fläche und die Um-setzung eines Anliegens entscheiden. Dabei ist die wechselseitige Klarheit über Rechte und Pflichten eine wichtige Grundlage für die Entwicklung einer ge-meinsamen Position und kann eine lang-fristige Zusammenarbeit auf ein solides Fundament stellen. Folgende Voraus-setzungen sind für den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung notwendig:

(#Munizipalismus)

Forschungsfrage: „Wie kann auf allen Seiten eine wertschätzende Haltung ge-genüber Mitwirkung und Mitgestaltung geschaffen werden?“

Die IG Lokal soll ein unterstützendes Werkzeug für alle zivilgesellschaftlichen Akteure und lokale Initiativen sein, die aktiv ihre Stadt mitgestalten und durch ihre Arbeit einen möglichst hohen sozi-alen und kulturellen Mehrwert generie-ren wollen. Ziel ist es, eine Interessen-vertretung bzw. einen Lobbyverband zu gründen, der die Alltagserfahrungen und die Praxis der Projekte sammelt, daraus konkrete Zielvorstellungen für die Politik formuliert und in die Entscheidungspro-zesse auf Bund-, Landes- und Kommu-nalebene kommuniziert.

Als Orientierungspunkte für eine erfolg-reiche Lobbyarbeit dienen z. B. Umwelt-schutzverbände wie NABU und Green-peace, Gewerkschaften wie Verdi und IG Metall oder Interessengemeinschaften wie Netzwerk Immovielien oder 100% Tempelhof.

Voraussetzung dafür ist eine Offenheit der Politik und Verwaltung gegenüber der IG Lokal als Ansprechpartner, Ver-treter und Vermittler von Anliegen einer gemeinwohlorientierten Stadtentwick-lung. Eine Anschubfinanzierung für den Aufbau der Interessengemeinschaft aus öffentlichen Mitteln könnte den Start-schuss für eine bundesweite Vernetzung der Akteure bilden. Durch eine Kampa-

1. Kooperationsbereitschaft herstellen durch öffentlichen Druck, Protest, Überzeugungsarbeit, Information und Aufklärung, Engagement

2. gemeinsame Ziele

3. Zugang zu Fläche und/oder Gebäude

Akteure:

• Genossenschaften, Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs, Initiativen mit Organisationsstruktur

• Politik, Verwaltung, Entscheidungsträ-ger, Landes-/Kommunalebene

• Eigentümer, Sponsoren und Kreditgeber

Referenzen/Inspiration:Initiative Haus der Statistik, Gängeviertel, Dragoner-Areal, Wohnbüro Offenbach

Ziele:

• gemeinwohlorientierte Stadtentwick-lung und Entwicklung eines Modells der verbindlichen Kooperation mit ein-heitlichen Standards auf Bundesebene

• Absicherung und Herstellung von Ver-bindlichkeit zwischen allen Akteuren, Akzeptanz von Kooperationen mit zivil-gesellschaftlichen Organisationen

• Reduktion von Verwaltungsarbeit und akteursübergreifender Wissenstransfer

• Vorlage für beispielhafte Situationen im Bundesgebiet

Umsetzungsplan:

1. Entwurf für Kooperationsvereinbarung 2. Open-Source-Download Datei als PDF3. Bekanntmachung durch Bundesminis-

terium und Vermittlung in die kommu-nale Ebene

gne in sozialen Netzwerken und mit ei-ner eigenen Internetrepräsentanz kön-nen die Ziele der IG Lokal einem breiten Publikum zugänglich gemacht und neue Mitglieder gewonnen werden. Der Auf-bau eines Büros als Anlaufstelle und Ge-schäftsstelle gibt der IG Lokal die not-wendige räumliche Repräsentanz in der Stadt und bietet Platz für Veranstaltun-gen, Workshops und Arbeitstreffen.

Akteure:Initiativen, Vereine, Gewerkschaften, Interessenverbände

Referenzen/Inspiration:IG Metall, vhw Bundesverband für Woh-nen und Stadtentwicklung, Immovilien e.V., BBE Bundesnetzwerk für Bürger-schaftliches Engagement

Ziele:

• Einbindung der Praxis und Erfahrungen von Stadtmachern in Entscheidungs-prozesse innerhalb der Politik

• Plattform zur Schaffung eines Diskur-ses auf Augenhöhe

• Ausnahmecharakter von Einzelprojek-ten aufbrechen

Umsetzungsplan:

1. Dachorganisation gründen2. Anschubfinanzierung3. Öffentlichkeitsarbeit4. Räumliche Repräsentanz

B. MUSTER-KOOPERATIONSVEREINBARUNG C. IG LOKAL

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(#Demokratischer Haushalt)

Forschungsfragen: „Welche innovati-ven Formate der Mitgestaltung gibt es?” „Wie können experimentelle Formen ge-fördert werden?” „Wie lassen sich mehr Menschen zur Mitwirkung im eigenen Lebensumfeld anregen?”

Als weitere Idee entstand der Ansatz ei-nes Pilotprojektes für ein Ko-Budget auf Bundesebene. Ausgangspunkt ist das bereits etablierte und in einigen Kom-munen Deutschlands praktizierte Inst-rument des Bürgerhaushalts. Entgegen dem klassischen deutschen Systems des Bürgerhaushalts, in dem die Bürger nicht entscheiden, sondern den Stadt-rat beraten und ihm Vorschläge machen, macht das digitale Ko-Budget den Bür-gerhaushalt zu einem transparenten Werkzeug der direkten Einflussnahme.

Als Best-Practice-Beispiele werden das Pariser Modell des Budget Participatif oder die Plattform cobudget.co* auf-geführt, von denen letztere sogar so weit geht, Einzelsummen zur Investiti-on zu verteilen.Die bearbeitende Gruppe schlägt ein Pilotprojekt auf Bundesebe-ne vor, welches ein Budget zur gemein-schaftlichen Verteilung im Rahmen der Urbanen Liga zur Verfügung stellt: Betei-ligte Projekte der Urbanen Liga werden bei der Finanzierung einzelner Formate durch die Verteilung eines Budgets von 500€ pro Mitglied der Urbanen Liga un-terstützt.

(#Faire Bodennutzung)

Forschungsfragen: „Wie kann auf allen Seiten eine wertschätzende Haltung ge-genüber der Mitgestaltung entwickelt werden?“ „Wie lassen sich mehr Men-schen zur Mitwirkung im eigenen Le-bensumfeld anregen?” „Welche Mehr-werte entstehen daraus?“

Viele Grundstücke und Gebäude im Bundesgebiet werden nicht genutzt und stehen leer. Eigentümer lassen sich sel-ten von einer Nutzung durch eine Ini-tiative überzeugen. Das Ergebnis sind brachliegende Raumressourcen, die hervorragend für gemeinwohlorientierte Nutzungen verwendet und durch zivilge-sellschaftliche Akteure entwickelt wer-den könnten. Häufig wird der Umstand der Nichtnutzung durch das Steuerrecht begünstigt, aufgrund dessen es sich für Eigentümer lohnt, Grundstücke nicht zu verpachten oder Gebäude leer stehen zu lassen. Dabei ergibt sich aus dem Grundgesetz nicht nur das Recht auf Ei-gentum, sondern auch die Pflicht, dieses zum Wohle der Allgemeinheit zu gebrau-chen (vgl. Art. 14 (2) GG).

Die Urbane Liga schlägt eine steuer-rechtliche Strategie vor, die es ermög-licht, ungenutzte Raumressourcen für wichtige Impulse in der Stadtentwick-lung zu erschließen. Dabei geht es um Besteuerung anstelle von Steuererleich-terung von Leerstand und Brachen – vor allem in wachsenden Innenstadtberei-chen, in denen es eine starke Nachfra-

Akteure:Projekte der Urbanen Liga, BMI, BBSR usw.

Referenzen/Inspiration:Bürgerhaushalt Berlin Lichtenberg, Spacehive London, Cobudget.co, Budget Participatif Paris**

Ziele:

• Bürokratie- und Komplexitätsabbau• Umsetzung direkter Demokratie bei

der Entscheidung über Verteilung von finanziellen Ressourcen

• Synthetisierung bestehender Systeme• Förderung der Selbstwirksamkeit• Stärkung von zivilgesellschaftlichem

Engagement

Umsetzungsplan:

1. Mittelakquise 2. Einrichtung einer digitalen Ko-Budge-

ting Plattform3. Verteilung der Mittel durch Mitglieder

der Urbanen Liga4. Unterstützung einzelner Projektvorha-

ben und Umsetzung5. Evaluation des Ansatzes

ge nach Räumen für Wohnen, Bildung, Kunst und Kultur gibt. Auch das Mittel der Vergesellschaftung (vgl. Art. 15 GG) bzw. der Enteignung (§§ 85 BauGB ff.) sollte bei zukünftigen Entscheidungen der Kommunen eine Rolle spielen.

Ein Stufenmodell für eine bundeswei-te Flächenaktivierung könnte wie folgt aussehen:

1. Nutzungspflicht für Leerstände in Bal-lungszentren

2. Leerstandssteuer

3. Vergesellschaftung, Enteignung

Akteure: Bund, Land, Kommune und Verwaltung

Referenzen/Inspiration: Leerstandsmelder, Hannover Voids, Pariser Leerstandssteuer, KRAAK NL

Ziele:

• Leerstand als Raumressource für En-gagement nutzbar machen

• Transparenz von Eigentumsverhältnis-sen herstellen

• rechtlichen Rahmen von Vergesell-schaftung und Enteignung aus GG und

BauGB ausschöpfen

Umsetzungsplan:

1. Statistische Erfassung von Leerstand 2. Prüfung der Möglichkeiten innerhalb

des Datenschutzrechtes 3. Veröffentlichung von Eigentümerinfor-

mationen4. Entwicklung eines Steuermodells ge-

gen Leerstand und Prüfung des Instru-ments einer Bodenertragssteuer

5. Einbringen der Vorschläge in die Bau-land-Kommission

D. KO-BUDGET E. LEERSTANDSSTEUERFONDS

* www.cobudget.co** www.budgetparticipatif.paris.fr/bp 30

Die Motivation und Expertise der Urba-nen Liga wurde im zweiten Denklabor auf beeindruckende Weise unter Beweis gestellt. Eine klare Ausrichtung an der praktischen Umsetzung von Ideen für eine bessere Zusammenarbeit in der ak-teurübergreifenden Stadtentwicklung, eine starke Position im Bereich Boden-politik, die Forderung einer Finanzierung von zivilgesellschaftlichem Engage-

Um die im ersten Denklabor erarbeite-ten Ergebnisse an die politische Ebene zurückzuspiegeln, haben die jungen Er-wachsenen mit dem Staatssekretär im Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat, Gunther Adler, über die zu-künftigen Herausforderungen diskutiert und ihre Forderungen an die Politik ge-stellt. Als erstes bekamen das A-Team und das ConstructLab die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen. Danach wur-den die erarbeiteten Werkzeuge auf vor-bereiteten Plakaten präsentiert und dis-kutiert.

Die Etablierung einer Interessenver-tretung der Stadtmacher, der IG Lokal, könnte nach Auffassung der Urbanen Liga als Zusammenschluss verschie-denster zivilgesellschaftlicher Akteure und lokaler Initiativen, ein wirksames Werkzeug für die zukünftige Stadtent-wicklung sein. Vor allem die Vernetzung zu Entscheidungsträgern in der Kom-munalpolitik und eine starke Positionie-rung der Forderungen und Wünsche von Stadtmachern befördert eine wertschät-zende Haltung gegenüber Mitwirkung und Mitgestaltung.

Der Staatssekretär wies daraufhin, dass es häufig für Wohnungssuchende schwierig ist, sich in die Diskussion über die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum einzubringen. Hier wäre es geboten, eine Lobby der Wohnungssu-chenden zu organisieren, die sich für eine Nachverdichtung der Innenstädte

ment und das Bestreben einer Organ-isationsentwicklung für eine gemein-wohlorientierte Stadt unterstreichen den innovativen Charakter des zweiten Denklabors. Mit dieser Energie gingen die Teilnehmer der Urbanen Liga in die Diskussion mit dem Staatssekretär für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung Gunther Adler.

engagiert. Sie könnte in Beteiligungs-prozessen wie Bürgerinitiativen, die sich aktiv gegen ein Wohnbauprojekt in ih-rer Nachbarschaft aussprechen, auf das Problem der mangelnden Wohnraumver-sorgung aufmerksam machen und mehr Beweglichkeit bzw. Kooperation im Sin-ne einer Stadt für alle einfordern.

Im zweiten Beitrag machen die Mitglie-der der Urbanen Liga auf das Problem der gläsernen Decken innerhalb der Ver-waltung aufmerksam. Ein Code of Con-duct könnte die Wertschätzung gegen-über Initiativen als Trägern öffentlicher Belange stärken, für die Kommunikation auf Augenhöhe hilfreiche Empfehlungen formulieren und für eine Ermöglichungs-kultur sowie für Informationsfreiheit als Grundlage der Beteiligung an Entschei-dungsprozessen werben. Die Verleihung eines Siegels für eine erfolgreiche Ko-operation und Zusammenarbeit auf Au-genhöhe könnte zudem fortschrittliche Verwaltungen sichtbar machen.

Der Staatssekretär spricht sich generell bei allen Projekten in der Stadtentwick-lung für die Einrichtung eines Runden Tisches aus, der Verwaltung, Politik und Initiativenlandschaft zusammenbringt. Die Erfahrung zeigt: Wenn eine frühzei-tige Beteiligung aller Akteure ausbleibt, werden die entscheidenden Instanzen auf administrativer Ebene mit einer Kas-kade von Verhinderungsgründen kon-frontiert, die eine Umsetzung von kon-kreten Zielen in der Stadtentwicklung

FAZIT DISKUSSION IM BMI

Abbildung: Diskussion mit Staatssekretär Gunther Adler32

unnötig verlängert. Die Einrichtung einer Internetseite, die über alle Stadtent-wicklungsprozesse im Detail informiert und den jeweiligen Fortschritt eines Pro-jektes dokumentiert, könnte hilfreich sein, um grundlegende Konflikte schon im Vorfeld abzumildern. Am Beispiel der Stadt Santander in Nordspanien er-klärt der Staatssekretär, wie die Bürger mit Hilfe einer App fortlaufend über je-den Schritt der Problembeseitigung von Missständen in der Stadt informiert und damit die Verwaltungsmitarbeiter er-heblich entlastet werden.

Viele Entscheidungen im Zusammen-hang von Mitwirkung und Mitgestaltung beschäftigen sich mit der Verteilung von öffentlichen Mitteln. Das Ko-Budget macht das Instrument des Bürgerhaus-halts zu einem transparenten Werkzeug der direkten Einflussnahme. Im Fokus steht eine öffentlich-zivile Partnerschaft aus Kommune und organisierter Zivil-gesellschaft, die mit Hilfe einer digita-len Plattform und einem internen Ab-stimmungsprozess finanzielle Mittel für Stadtentwicklungsprojekte verteilt. Der Staatssekretär spricht sich für die Ein-richtung eines Pilotprojektes aus, dass die Möglichkeiten des Ko-Budget-Werk-zeuges auslotet und die Potenziale ei-nes solchen Systems herausarbeitet. Das System könnte für die Verteilung der vorgesehenen Ko-Forschungsgel-der für die Vorhaben der Urbanen Liga erstmals angewendet werden.Es gibt bereits viele Menschen, die sich täglich in der Nutzbarmachung von brachlie-genden Grundstücken engagieren. Auch die Mitglieder der Urbanen Liga betäti-gen sich in diesem Feld und haben sich

langfristig die Möglichkeit zu geben, in-nerstädtische Flächen für z.B. bezahlba-ren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Referatsleiter Volker Gerhard macht auf einen praktischen Anwendungsfall der Leerstandssteuer in Vancouver (Emp-ty-Homes-Tax) aufmerksam, die 5 % auf den Wert einer leerstehenden Wohnung erhebt, wenn diese mehr als sechs Mo-nate nicht vermietet wird. Zusätzlich wird momentan ein Forschungsprojekt im Auftrag des Ministeriums zur soge-nannten “Schrottimmobilien” erarbeitet, das sich mit den rechtlichen Möglich-keiten der Bestandssicherung durch die Nutzung solcher Immobilien beschäftigt.

Am Ende stellten die Teilnehmer ihre Idee zur Ausarbeitung einer Muster-Ko-operationsvereinbarung vor, die einen verbindlichen Rahmen für eine gemein-same Entwicklung von öffentlichen Lie-genschaften durch die initiativengetra-gene Zivilgesellschaft sowie Politik und Verwaltung schaffen soll.

Der Staatssekretär war sehr beeindruckt vom Wissen und Engagement der Teil-nehmer und sprach sich dafür aus, die Ergebnisse durch die Bereitstellung wei-terer Forschungsmittel für die Urbane Liga in einer sogenannten Ko-Forschung zu vertiefen. Zudem lud er die Urbane Liga erneut dazu ein, ihre Ergebnisse und Projekte beim nächsten Bundes-kongress Nationale Stadtentwicklungs-politik (NSP) zu präsentieren.

In der anschließenden internen Dis-kussion äußerte die Urbane Liga den Wunsch, auch zwischen den Denklabo-

im Rahmen ihrer eigenen Projekte z. B. mit der Baulandkommission beschäftigt, die sich unter anderem mit einer Reform der Grundsteuer auseinandersetzt. Kri-tik wurde auch an der Informationspoli-tik bezüglich der Zusammensetzung der Baulandkommission geübt, dessen Mit-glieder bis heute nicht bekannt sind. Vor diesem Hintergrund einer dringend be-nötigten Grundsteuerreform wurde die Idee einer Leerstandssteuer entwickelt, deren Gewinne in einen Bodenfonds fließen könnten, um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, Grund und Bo-den zurückzukaufen und somit verfüg-bar zu machen. Die Urbane Liga schlägt eine Machbarkeitsstudie für einen Leer-standssteuerfonds vor, der initiativenge-tragenen Projekten die Finanzierung un-genutzter Raumressourcen eröffnet.

Der Staatssekretär weist auf die aktuel-len Reformbestrebungen der Grundsteu-er auf Bundesebene hin. Das Bundesver-fassungsgericht hat die Bundesregierung aufgefordert, bis Ende 2020 ein neues Modell der Grundsteuer zu entwickeln. In diesem Rahmen wurde auch das Mo-dell Grundsteuer C diskutiert, dass die Spekulation mit potentiellen Bauflächen über eine höhere Besteuerung von un-bebauten Grundstücken eindämmen soll. Nach derzeitiger Einschätzung des Staatssekretärs stehen die Chancen recht gut, dass diese “Leerstandssteu-er” innerhalb der nächsten zwölf Mona-te eingeführt wird. Desweiteren wird in-nerhalb des Bundes, der Länder und der Kommunen derzeit das Instrument eines Brachflächenfonds diskutiert. Dieser soll benötigtes Kapital für die Baulandmo-bil-isierung sammeln, um Kommunen

ren weiter an den Themen zu arbeiten. Konkrete Arbeitsgruppen bildeten sich zu den Themen Code of Conduct und Muster-Kooperationsvereinbarung. Das System des Ko-Budgets würde die Grup-pe wenn möglich gerne intern selbst testen.

Das nächste Denklabor wird zum Thema Gemeinwohlorientiertes Baurecht statt-finden. Die Baurecht-Gruppe legte einen Arbeitsplan vor, in dem dargestellt wur-de, wie sie das Denklabor zum Thema gemeinwohlorientiertes Baurecht vorbe-reiten möchte und wies darauf hin, das Denklabor zum Thema zu einem Großteil selbst gestalten zu wollen.

Das nächste Treffen der Urbanen Liga wird auf der Konferenz „Zukunftsschutz-gebiete - Aktionstage für mehr Raum“ in Dresden stattfinden, die vom Projekt Konglomerat e.V. im Juni 2019 organisiert wird. Auf dem Treffen sollen die Ergeb-nisse der Arbeitsgruppen weiter vertieft werden und es soll ein erstes Beispiel für eine Veranstaltung der Urbanen Liga an einem Projektort sein. Somit kann die Urbane Liga auch deutschlandweit wir-ken und sich mit anderen Akteuren ver-netzen.

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