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Beitragsserie: UVP und Okometrie UVP: Verfahrensschritte und Problemkreise Beitragsserie: UVP und Okome ie :i ; ili:~( ~ Umweltvertrfiglichkeitsprfifung und Okometrie Hrsg.: Dr. Th. Bunge, Dipl.-Geo6kol. L. Ries Umweltbundesamt, Bismarckplatz 1, D-W-1000 Berlin 33 Die Beitragsserie aus den Ausgaben 2 + 3/92 wird hier fortgesetzt. 2 Rechtliche Aspekte 2.1 Umweltvertriiglichkeitspriifung - Verfahrensschritte und Problemkreise Anke Borsdorff Dr. Anke Borsdorff, Fachhochschule des Bundes f6r Offentliche Verwaltung, Postfach 52 02 48, D-W-5000 K61n 51 Zusammenfassung. Der Beitrag erl~iutert das UVP-Gesetz vom 12. Februar 1990 und vertieft die folgenden Elemente des Ge- setzes: den Anwendungsbereich der UVP sowie seine Beschrfinkun- gen, den Umweltbegriff, die einzelnen Schritte des Priifverfahrens (Scoping, Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen, Offentlichkeitsbeteiligung, zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen und ihre Bewertung) und die M6glichkeiten zur Kontrolle der UVP durch die Gerichte. Schwachstellen und Er- gfinzungsnotwendigkeiten werden aufgezeigt: Den Umweltinteres- sen sollte gegeniiber den sonstigen zu ber6cksichtigenden Belangen mehr Bedeutung zugemessen werden, den Umweltverb~nden die M6glichkeit der Offentlichkeitsbeteiligung sowie der Verbandskla- ge eingeriiumt und der Katalog der umweltpflichtigen Vorhaben erweitert werden. 1 Einleitung und Problemstellung Am 1. August 1990 trat das Gesetz fiber die Umweltver- trSglichkeitspriifung (UVP-Gesetz) mit wesentlichen Teilen davon in Kraft [1]. Lange und kontrovers wurden das Ge- setz, seine Entwfirfe und die ihm zugrundeliegende EG- Richtlinie [la] diskutiert. Das Spektrum der Meinungsfiu- t~erungen umfat~te so positive Aussagen wie die yon Bun- desumweltminister Klaus TOPFER, der die UVP als ,K6- nigsweg der Umweltpolitik" [2] bezeichnete, spiegelte wirt- schaftliche ~lngste wider (vgl. den Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) ,,Zweifelhaft wird die Attraktivitdt des Wirtschaftsstandortes fi~r externe Investoren" [3]), bis hin zu dem Vorwurf: ,, UVP-Gesetz - Flucht in eine untaugli- ches Instrument" [4]. Letztlich wird es vom Verantwortungsbewuf~tsein des na- turwissenschaftlichen Gutachters sowie von der rechtlich- abw~igenden Verwaltung abhfingen, ob das UVP-Gesetz den ,,K6nigsweg" gehen oder zu einem untauglichen Instru- ment degradiert werden wird. 2 Vorsorge statt Heilung ,,Die beste Umweltpolitik besteht darin, Umweltbelastun- gen yon vornherein zu vermeiden, statt erst nachtrdglich ih- re Auswirkungen zu bekdmpfen" [5]. Dies ist die Motiva- tion der EG-Richtlinie, die auch die Grundlage unseres Umweltvertr~iglichkeitsgesetzes ist. Das Gesetz zur Umweltvertr~iglichkeitspriifung verfolgt das Ziel einer friihzeitigen Erfassung von Umweltauswirkun- gen bestimmter Grof~vorhaben. So strebt ~ 1 des UVPG (Definition des Gesetzeszieles) eine m6glichst friihzeitige Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkun- gen eines Vorhabens auf die Umwelt und eine friihzeitige Beriicksichtigung dieser Ergebnisse in der beh6rdlichen Entscheidung fiber die Zul~issigkeit des Vorhabens an. Das Ergebnis der UVP ist in Form eines naturwissenschaft- lichen Gutachtens mit der Entscheidung tiber die Zulassung des Vorhabens rechtlich verkniipft. Diese Verknfipfung zwischen naturwissenschaftlicher Begutachtung und recht- licher Abwfigung wird gemiif~ ~ 2 Abs. 1 S. 2 und 3 UVPG in den folgenden drei Phasen erfolgen." Phase 1: Naturwissenschaftliche Bewertung - Frfihzeitige Ermittlung der Auswirkungen - naturwissenschaftlich begriindete Beschreibung - Begutachtung der Auswirkungen Phase 2: Wichtung der Umweltbelange - Wichtung der naturwissenschaftlichen Belange - Reduzierung auf die wesentlichen Belange - Beschreibung der Umweltauswirkungen - Bewertung der Umweltauswirkungen 248 UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (4) 248- 250 (1992) 9 ecomed-Verlag Landsberg 9 Ziirich

UVP und Ökometrie; Rechtliche Aspekte;

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Page 1: UVP und Ökometrie; Rechtliche Aspekte;

Beitragsserie: UVP und Okometrie UVP: Verfahrensschritte und Problemkreise

Beitragsserie: UVP und Okome ie : i ; ili:~( ~

Umweltvertrfiglichkeitsprfifung und Okometrie Hrsg.: Dr. Th. Bunge, Dipl.-Geo6kol. L. Ries

Umweltbundesamt, Bismarckplatz 1, D-W-1000 Berlin 33

Die Beitragsserie aus den Ausgaben 2 + 3/92 wird hier fortgesetzt.

2 Rechtliche Aspekte

2.1 Umweltvertriiglichkeitspriifung - Verfahrensschritte und Problemkreise

Anke Borsdorff

Dr. Anke Borsdorff, Fachhochschule des Bundes f6r Offentliche Verwaltung, Postfach 52 02 48, D-W-5000 K61n 51

Zusammenfassung. Der Beitrag erl~iutert das UVP-Gesetz vom 12. Februar 1990 und vertieft die folgenden Elemente des Ge- setzes: den Anwendungsbereich der UVP sowie seine Beschrfinkun- gen, den Umweltbegriff, die einzelnen Schritte des Priifverfahrens (Scoping, Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen, Offentlichkeitsbeteiligung, zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen und ihre Bewertung) und die M6glichkeiten zur Kontrolle der UVP durch die Gerichte. Schwachstellen und Er- gfinzungsnotwendigkeiten werden aufgezeigt: Den Umweltinteres- sen sollte gegeniiber den sonstigen zu ber6cksichtigenden Belangen mehr Bedeutung zugemessen werden, den Umweltverb~nden die M6glichkeit der Offentlichkeitsbeteiligung sowie der Verbandskla- ge eingeriiumt und der Katalog der umweltpflichtigen Vorhaben erweitert werden.

1 Einleitung und Problemstellung

Am 1. August 1990 trat das Gesetz fiber die Umweltver- trSglichkeitspriifung (UVP-Gesetz) mit wesentlichen Teilen davon in Kraft [1]. Lange und kontrovers wurden das Ge- setz, seine Entwfirfe und die ihm zugrundeliegende EG- Richtlinie [la] diskutiert. Das Spektrum der Meinungsfiu- t~erungen umfat~te so positive Aussagen wie die yon Bun- desumweltminister Klaus TOPFER, der die UVP als ,K6- nigsweg der Umweltpolitik" [2] bezeichnete, spiegelte wirt- schaftliche ~lngste wider (vgl. den Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) ,,Zweifelhaft wird die Attraktivitdt des Wirtschaftsstandortes fi~r externe Investoren" [3]), bis hin zu dem Vorwurf: ,, UVP-Gesetz - Flucht in eine untaugli- ches Instrument" [4]. Letztlich wird es vom Verantwortungsbewuf~tsein des na- turwissenschaftlichen Gutachters sowie von der rechtlich- abw~igenden Verwaltung abhfingen, ob das UVP-Gesetz den ,,K6nigsweg" gehen oder zu einem untauglichen Instru- ment degradiert werden wird.

2 Vorsorge statt Heilung

,,Die beste Umweltpolitik besteht darin, Umweltbelastun- gen yon vornherein zu vermeiden, statt erst nachtrdglich ih- re Auswirkungen zu bekdmpfen" [5]. Dies ist die Motiva- tion der EG-Richtlinie, die auch die Grundlage unseres Umweltvertr~iglichkeitsgesetzes ist. Das Gesetz zur Umweltvertr~iglichkeitspriifung verfolgt das Ziel einer friihzeitigen Erfassung von Umweltauswirkun- gen bestimmter Grof~vorhaben. So strebt ~ 1 des UVPG (Definition des Gesetzeszieles) eine m6glichst friihzeitige Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkun- gen eines Vorhabens auf die Umwelt und eine friihzeitige Beriicksichtigung dieser Ergebnisse in der beh6rdlichen Entscheidung fiber die Zul~issigkeit des Vorhabens an. Das Ergebnis der UVP ist in Form eines naturwissenschaft- lichen Gutachtens mit der Entscheidung tiber die Zulassung des Vorhabens rechtlich verkniipft. Diese Verknfipfung zwischen naturwissenschaftlicher Begutachtung und recht- licher Abwfigung wird gemiif~ ~ 2 Abs. 1 S. 2 und 3 UVPG in den folgenden drei Phasen erfolgen."

Phase 1: Naturwissenschaftliche Bewertung

- Frfihzeitige Ermittlung der Auswirkungen - naturwissenschaftlich begriindete Beschreibung - Begutachtung der Auswirkungen

Phase 2: Wichtung der Umweltbelange

- Wichtung der naturwissenschaftlichen Belange - Reduzierung auf die wesentlichen Belange - Beschreibung der Umweltauswirkungen - Bewertung der Umweltauswirkungen

248 UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (4) 248- 250 (1992) �9 ecomed-Verlag Landsberg �9 Ziirich

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UVP: Verfahrensschritte und Problemkreise Beitragsserie: UVP und Okometrie

Phase 3: Beh6rdliche Entscheidung fiber die Zul/issigkeit des Vorhabens

- Ber/icksichtigung des UVP-Ergebnisses - Einbeziehung der Offentlichkeit - Beriicksichtigung anderer Belange.

3 Problemkreise und Krit ikpunkte

3.1 Beschr/inkungen des Anwendungsbereichs

1. Das UVPG ist grunds~itzlich durch ~ 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 auf sog. vorhabensbezogene Zulassungsentscheidungen be- grenzt. UVPG-Vorhaben sind die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche umweltrelevante Anderung baulicher und sonstiger Anlagen sowie Eingriffe in die Natur (aber nur dann, wenn sie in der Anlage zu ~ 3 UVPG aufgeffihrt sind). Dieser Vorhaben-Katalog in der Anlage zu ~ 3 ist ab- schlieflend; das bedeutet, dat~ nur bei den Vorhaben, die in der Anlage aufgeffihrt sind, eine Umweltvertr~iglichkeits- pr6fung stattfindet. Ist ein geplantes Vorhaben nicht in die- ser Anlage aufgeffihrt oder entspricht es der dortigen Be- schreibung nicht, dann findet keine Umweltvertr~iglich- keitsprfifung statt.

2. Darfiber hinaus enth/ilt ~ 4 UVPG eine Subsidiarit/its- klauseh Ist in einem Fachgesetz eine ausreichende UVP- Regelung enthalten, findet das UVPG keine Anwendung. Die ~ 17 und 18 UVPG schliet~en sogar die Anwendung des UVPG weitgehend ffir das Bauleitplanverfahren und die bergbauliche Planfeststellung aus. Den Art. 14 II und III des Gesetzes zur Umsetzung der UVP liegt die Absicht zu- grunde, ffir das atom- und immissionsschutzrechtliche Zu- lassungsverfahren ausschliet~liche UVP-Verfahren einzu- ffihren.

3. Konsequenzen der Anwendungsbereich-Beschr~inkun- gen: (1)Bereiche, die eigenen UVP-Regelungen unterlie- gen, werden nicht erfat~t. (2) Die landwirtschaftliche Nut- zung oder Aufforstung naturnaher Fl/ichen oder Odland, der Bau von Seil- und Bergbahnen. Ganze Industriezweige, wie die Zementherstellung, die Nahrungs- und Genuflmit- telindustrie sind ohne Rfcksicht auf Gr6f~e und Standort nicht UVP-pflichtig [6]. Es scheint daher angezeigt, den Katalog der UVP-pflichtigen Vorhaben zu erweitern.

3.2 Der Umweltbegriff

Um Bewertung und Wichtung eines Umweltbelanges vor- nehmen zu k6nnen, muf~ der Begriff ,,Umwelt ~ definiert werden. Auf den ersten Blick spricht viel dafiir, einen m6g- lichst weitreichenden Umweltbegriff zu Grunde zu legen. Versteht man unter Umwelt die Gesamtheit aller Faktoren, die mit einem Lebewesen in Verbindung stehen, so h/itte ei- ne Umweltvertr/iglichkeitsprfifung auch die Beziehung Mensch - Umwelt zum Inhalt und mfif~te zugleich eine So- zialvertr/iglichkeitsprfifung sein [7]. Ziel der Umweltvertr~ig- lichkeitsprfifung soll es jedoch sein, Kriterien der Umwelt- belastung herauszuarbeiten. Daher scheint ein enger Um- weltbegriff, z.B. die Reduktion auf die Formel ,physische Umwelt", d.h. Natur, sinnvoller. Die UVPG bestimmt in ~ 2, daf~ die Umweltvertr/iglich- keitsprfifung die Auswirkungen eines Vorhabens auf Men-

schen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft - einschliet~lich der jeweiligen Wechselwirkun- gen - sowie auf Kultur- und sonstige Sachgfiter umfaf~t. Es dr/ingt sich die Frage auf, ob die Natur ein eigenst/indiges Recht besitzt [8] oder die Bediirfnisse des Menschen in be- zug zur Umwelt entscheidend sind [9]: Physische Umwelt versus anthroprozentrische Umwelt, welche auch soziale Interessen einbezieht, die u.U. den Interessen der physi- schen Umwelt (Natur) entgegen stehen [10].

Solche sozialen Bedfirfnisse entfallen jedoch nicht v611ig, sondern flief~en in Phase 3 (~ Abschnitt 2, S. 248) in die Abwfigung ein. Zun/ichst, in den Phasen I und 2, ist jedoch die Umwelt frei von anderen Belangen abzugrenzen und zu bewerten. Somit versteht man unter ,Umweltbelangen" die Belange der Natur selbst und nicht die Belange des Men- schen in seinem Verh/iltnis zur Umwelt. Im Rahmen der Umweltvertr/iglichkeitsprfifung sollte da- her lediglich die Abw/igung und Bewertung der unter- schiedlichen Umwehauswirkungen stattfinden. Die Abw/i- gung zwischen Umweltauswirkungen und anderen sozial- politischen Folgen des Vorhabens geh6rt erst in den Bereich der endg~ltigen Zulassungsentscheidung.

3.3 Verfahrensschritte

1. Zu Beginn der UVP steht nach ~ 5 UVPG das sog. Sco- ping, wenn die Beh6rde nicht selbst der Vorhabenstr/iger ist. (Ist die Beh6rde Tr/iger des Vorhabens, wird das Ver- fahren vonder Beh6rde selbst eingeleitet.) Das Scoping ist die Er6rterung yon Gegenstand, Umfang, Methoden, Un- tersuchungsrahmen der UVP mit dem Tr/iger des Vorha- bens. Eine Beteiligung der Offentlichkeit ist zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen. 2. Die Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswir- kungen ist nach ~ 6 UVPG im wesentlichen Aufgabe des Vorhabenstr/igers. Diese Unterlagen mfissen bis zum Zeit- punkt der Auslegung vorliegen, d.h. bis zum Zeitpunkt der Beteiligung der Offentlichkeit. Somit hat der Vorhabenstr/iger selbst die Untersuchungs- pflicht, worin eine geringe Gefahr liegt, die das Gesetz er- kannt hat: so schreibt die UVP eine Prfifung der Informa- tionen durch Offentlichkeit und betroffene Beh6rde vor [11] und 1/it~t den Untersuchungsrahmen durch die Beh6rde festlegen. Darfiber hinaus kann die Beh6rde grunds~itzlich auch eigene Ermittlungen ffihren (~ 11 S. 2 UVPG) oder andere Beh6rden und Sachverst/indige hinzuziehen (~ 5 S. 2 UVPG). Die Praxis wird jetzt zeigen, wie verantwortungsvoll Beh6r- de, Vorhabenstriiger und Gutachter mit dem UVPG umge- hen und ob diese Schutzmomente ausreichen. Wirksamer w/ire es jedoch, wenn Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen alleinige Aufgabe von Beh6rde oder 6ffentlich bestellten und vereidigten Sachgutachtern w/iren. 3. Die Offentlichkeitsbeteiligung nach ~ 9 Abs. 1 UVPG sieht 6ffentliche Bekanntmachung, angemessene Einsichts- m6glichkeiten, Gelegenheit zur ~lut~erung und schliefllich Unterrichtung der Offentlichkeit 0ber die Entscheidung vor. Einwendungen sind jedoch nut durch die Personen m6glich, die betroffen sind, deren Belange durch das Vor- haben beriihrt werden [12]. Dies ist grunds/itzlich dann der Fall, wenn beispielsweise das Eigentum involviert ist oder

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eine Vorschrift auch sog. Drittschutz beinhaltet. Das UVPG ist aber lediglich ein Informationsinstrument der Be- h6rde zur Entscheidungsvorbereitung und hat somit keine drittschfitzende Wirkung (~ Abschnitt 3.4).

Damit werden Umweltschutz- und Naturschutzverb~inde yon der Mitwirkung ausgeschlossen, soweit sie nicht ein Ei- geninteresse haben [13]. Damit ist ~ 29 des Bundesnatur- schutzgesetzes nicht anwendbar. Gerade bei der UVP ware es jedoch fiberlegenswert gewesen, den Sachverstand von Verbanden durch blof~e Beteiligung oder Anerkennung ei- ner Verbandsklage (~ Abschnitt 3.4) einflief~en zu lassen. Damit ware auch ein wirksames Gegengewicht zur Unter- suchungspflicht des Vorhabentr~igers gegeben. 4. Die Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswir- kungen wird abgeschlossen durch die vonder zustandigen Beh6rde zu erarbeitende zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens. Grundlage hier- for sind die Unterlagen des Projekttragers, beh6rdliche Stel- lungnahmen, Aut~erungen der Offentlichkeitsbeteiligung und Ergebnisse eigener Ermittlungen der zust~indigen Be- h6rde (5 11 UVPG). Abschliefgend hat dann nach 5 12 UVPG die Bewertung der Umweltauswirkungen durch die zustandige Beh6rde auf der Grundlage der zusammenfas- senden Darstellung zu erfolgen, wobei Auswirkungen und Wechselwirkungen der Umweltfaktoren zu berficksichtigen sind. Dies ffihrt zwar im Planfeststellungsverfahren zu einer planerischen Abwagung, wobei die Umweltinteressen fiber- wiegen k6nnen und damit die Zulassung nicht erfolgt; doch die Problematik liegt im Anlagengenehmigungsverfahren, das eine planerische Abw~igung nicht kennt. Hier werden zwar die Umweltbelange berficksichtigt, mfissen jedoch nicht unbedingt zu einer Versagung ffihren, auch wenn sie der Anlage entgegenstehen. Zu fordern w~ire, daf~ die UVP- Ergebnisse im Zulassungsverfahren nicht nur berficksich- tigt werden, sondern eine Auseinandersetzung mit samtli- chen Umweltauswirkungen erfolgen mfif~te [14]. Im atom- rechtlichen Genehmigungsverfahren z.B. ist dies durch die EinRihrung eines umfassenden umweltbezogenen Versa- gungsgrundes in ~ 7 II Nr. 6 AtomG gewahrleistet.

3.4 Gerichtliche Llberpriifung

Ein weiteres Problem liegt in der gerichtlichen Kontrolle der fehlerfreien Durchffihrung der Umweltvertraglichkeits- prfifung. Diese gerichtliche Uberprfifung ist mehrfach be- schrankt. Da die UVP ein Verfahrensinstrument ist, k6n- hen Fehler nur Nit einer Klage gegen die Zulassungsent- scheidung erhoben werden (5 44 VwGO). Zu einer solchen Klage ist wiederum nut befugt, wer geltend machen kann, in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein (5 42 II VwGO). Dritte k6nnen somit nur dann klagen, wenn die verletzte Vorschrift ihre Rechte schfitzt [15, 16].

Eine drittschfitzende Wirkung bezieht sich nut auf Fehler bei der Offentlichkeitsbeteiligung in der UVP [17]. Voraus- setzung ist jedoch, dal~ der Kl~iger durch die Zulassungsent- scheidung in seinen Rechten beeintrachtigt ist (~ Abschnitt 3.3, Punkt 3, S. 249). Darfiber hinaus besteht eine Klage- befugnis bei Fehlern nur, wenn diese zur materiellen Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung geffihrt ha-

ben (2 46 VwVfG) und die fachgesetzlichen Genehmigungs- tatbestande auch deN Schutz des Klagers dienten. Die Klagebefugnis Dritter und damit die gerichtliche Kon- trolle der UVP sind also stark beschrankt. Angesichts einer effizienten Kontrolle sollte die Einffihrung einer Verbands- ldage erwogen werden, und wie in den USA eine weitestge- hende gerichtlich Uberprfifbarkeit gewahrleistet werden.

4 Schluflfolgerungen

Das Gesetz fiber die Umweltvertr~iglichkeitsprfifung ist ein Grundinstrument der Umweltpolitik, mit deren verfahrens- rechtlichen Mitteln die Ziele der Umweltvorsorge verwirk- licht werden sollten. Dieses Instrument ist ausbaubedtirftig, aber auch ausbauffihig. So ist an erster Stelle zu fordern, den Umweltinteressen gegenOber den sonstigen zu berfick- sichtigenden Belangen mehr Bedeutung beizumessen, den Umweltverbanden die M6glichkeit der Offentlichkeitsbe- teiligung fiber 5 29 Bundesnaturschutzgesetz hinaus sowie der Verbandsklage einzuraumen und den Katalog der um- weltpflichtigen Vorhaben zu erweitern.

5 Literatur

[1] BGB1. I, S. 205, 1990 [la] Richtlinie des Rates der EG v. 27. 06. 1985 fiber die UVP bei be-

stimmten 6ffentlichen und privaten Projekten, 85/337 EWG, AB1. Nr. L, 175/40 f

[2] K. TOPFER, in: HOBLER/ZIMMERMANN, UVP, Taunusstein, 1989, S. 33 ff

[3] Stellungnahme des DIHT zum Referentenentwurf zum UVP- Gesetz v. 09.05. 1988

[4] V. VAHRENHOLT, in: HO'BLER/ZIMMERMANN, UVP, Taunusstein 1989, S. 44 ff

[5] Richtlinie des Rates der EG v. 27. 06. 1985 fiber die UVP bei be- stimmten 6ffentlichen und privaten Projekten, 85/337/EWG, AB1. Nr. L 175/40 f

[6] WEBER/HELLMANN: NJW 1990, S. 1629; WINTER, NuR 1989, 197 ff

[7] KIEMSTEDT; TRONSDORF; WIRE: Zusammenfassung des Gutach- tens zur Umweltvertr~iglichkeit der BAB A 4, in: BECHMANN, UVP, 1982, S. 150

[8] WEBER/HELLMANN: NJW 1990, S. 1629; WINTER: NuR 1989, S. 197ff

[9] KIEMSTEDT/TRONSDORF/WIRz: Zusammenfassung des Gutach- tens zur UVP der BAB A4, in: BECHMANN, UVP, S. 150

[10] EBERHARD: C)ko. Mitteilungen, Heft 3, 1986, S. 25 if; BASTAR, ibid., Heft 4, 1985, S. 7 ff

[11] BUNGE: UVP im Verwaltungsverfahren, S. 27 [12] Art. 6 II UVP-Richtlinie [13] vgl. WINTER: NuR 1989, S. 197 [14] vgl. ERBGUTH: NVwZ 1988, S. 969 (973); HOPPE/Pf3CHEL:

DVBI 1988, 1 (9f): WEBER/HELLMANN: NJW 1990, 1631; zur Diskussion der L6sungsm6glichkeiten vgl. insbesondere HOI'- PE/POCHEL: DVBI 1988, S. 1

[15] dazu WOLF: Klagebefugnis der Verb/inde (1971), S. 7 if; FABER: Die Verbandsklage im Verwaltungsprozet~ (1972), S. 9 f; WEY- REUTNER: Verwaltungskontrolle durch Verbiinde (1975), S. 23 ff; SCHMITT-GLAESER: AOR 107 (1982), S. 37g ff

[16] ebenso DOHLE: NVwZ 1989, 697, 705; BUNGE: DVBI 1987, 819, 825; WEBER/HELLMANN: NJW 1990, 1632

[17] Die Entscheidung des BVerfG zum Grundrechtsschutz des Ver- fahrens, BVerfGE 53, 30, wird auch hierauf anzuwenden sein.

250 UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (4) 1992