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E i GrenzEcho Donnerstag, 2. Februar 2017 Hauptziel des V ortrags Ach- tung Pubertät! - Was ist bloß mit unseren Kindern los?“war es, den Eltern mehr Gelassen- heit beim Umgang mit ihren Kindern zu vermitteln. Nicht nur Gelassenheit möchte ich den Eltern mitge- ben, sondern auch V erständ- nis für die Jugendlichen. Schließlich können diese sel- ber nichts für den Ausnahme- zustand in ihren Gehirnen“, erklärte der deutsche Lehrer und Ausbilder Peter Köster. Wie die Anwesenden beim V ortrag erfuhren, findet in den jungen Gehirnen tatsäch- lich ein regelrechter Umbau statt. Im Grunde ist die Pu- bertät ein neuronaler Abbau- prozess von unnötigen Synop- sen. Während der Pubertät werden im Gehirn die Hälfte der neuronalen V erbindungen abgebaut“, verdeutlichte Kös- ter. Je nach Adoleszenzphase ist der für V ernunft zuständi- ge Hirnbereich tatsächlich au- ßer Kraft gesetzt. Dank MRI Scans konnten Wissenschaft- ler herausfinden, dass die Ju- gendlichen Entscheidungen emotional anstatt rational treffen.“ Neurologisch gesehen dauert die Pubertät heutzutage über zehn Jahre. Die Dauer der Pubertät habe sich mit der Zeit sogar noch verlängert. Die schlechte Nachricht ist, dass die Puber- tät immer länger andauert“, lachte der V ortragende. Im Durchschnitt beginnt die Ado- leszenz heutzutage bei Mäd- chen bereits mit 10,8 Jahren.“ V or hundert Jahren begann sie erst mit 14. Früher aufhören wird die Entwicklung dadurch aber nicht. Neurologisch gese- hen dauert die Pubertät bis in die 20er an.“ Auch an Lehrer will Peter Köster einige nützliche Er- kenntnisse weitergeben. Dank der Hirnforschung wis- sen wir, wie Lernen überhaupt funktioniert. Dadurch kann ich mit meinem V ortrag die Lehrpersonen aufklären, wie der Lehrstoff besser hängen bleibt“, erzählte Köster. Bei dem V ortrag erfuhr das Publi- kum, das Lernen eine indivi- duelle Angelegenheit ist. Neu- es Erlernen hängt davon ab, was im Kopf schon da ist. Au- ßerdem ist wichtig, dass sich Schüler wohlfühlen, da Lernen an Gefühle gekoppelt ist.“ Köster vergleicht das Lern- zentrum mit einem Seepferd- chen, das mit Neugier aufnah- mefähig wird. Wenn es ängst- lich ist, zieht es sich zurück. Deswegen spielt die Bezie- hung zwischen Schülern und Lehrern beim Unterricht auch eine große Rolle. Ein weiterer Faktor ist die Relevanz der Ma- terie. Der Lehrstoff sollte möglichst bedeutsam aus Sicht des Kindes dargestellt werden. Die Köpfe nehmen das besser auf, was sie als brauchbar betrachten“, verriet Köster. Bei Mädchen ist die Lernfä- higkeit zusätzlich zyklusbe- dingt. In der Pubertät wirken Gehirn und Hormone zusam- men. Während die Jungen mehr Testosteron entwickeln, sind die Hormone der Mäd- chen vom Zyklus abhängig. Östrogen und Oxytocin macht sie aufnahmefähig, Progeste- ron und Cortisol dagegen reiz- bar und unkonzentriert. Sowohl Lehrern als auch El- tern ist es anzuraten, die Be- ziehung zu den Kindern zu pflegen. Ab dem 10. Lebens- jahr entwickelt sich aus der Er- ziehung eine Beziehung. Da- für sollten Eltern an der Kom- munikation arbeiten, indem sie von sich aus erzählen, oh- ne ihre Kinder zum Reden zu zwingen“, empfahl Köster. Zum Besprechen von Proble- men wählt man lieber einen neutraleren Ort als Zuhause“. Familiären Halt zu bieten ist in unserer heutigen Gesell- schaft aus vielen Gründen problematisch geworden. Die Familienstruktur hat sich mit der Zeit verändert. Bei der ho- hen Scheidungsrate heutzuta- ge fehlt manchen Kindern da- heim die Stabilität“, schildert der Ausbilder. Für die mangelnde Bestän- digkeit finden junge Leute im- mer mehr virtuellen Ersatz. Umso wichtiger ist es, dass unsere Kinder, die mit der neuen Technik aufwachsen, ei- nen gesunden Umgang mit di- gitalen Geräten erlernen.“ Das fördert ebenfalls einen gesun- den Schlafrhythmus. Der Han- dykonsum wirkt sich nämlich auf das Schlafverhalten der Ju- gendlichen aus, das ohnehin schon während der Pubertät problematisch ist. Eine klare Haltung vermittelt Halt. Bei solchen V erhaltensmus- tern ist es klug, als V orbild zu handeln. Um den Kindern überhaupt Halt zu vermitteln, ist eine klare Haltung notwen- dig.“ Dabei denkt Köster je- doch nicht unbedingt an auf- erlegte Regeln, sondern feste Absprachen, an die sich beide Seiten zu halten haben. Wenn sie zum Beispiel möchten, dass die Kinder ab 22 Uhr kei- ne Handys mehr benutzen, zeigen Eltern am besten, dass auch sie ihr Gerät zur abge- sprochenen Zeit nicht mehr anrühren“, riet er. Schon vor dem Eintreten der Adoleszenz ist es ratsam, als V orbild zu fungieren. Wenn Kinder spielen, ahmen sie Erwachsene nach“, berich- tete der zweifache V ater Kös- ter. Auch beim Spielen rät er zu Gelassenheit und emp- fiehlt, die Kleinen machen zu lassen. Die Kernaussage der Gelas- senheit war der Hauptgrund, warum der Elternrat der BS den V ortrag organisierte. Die Botschaft des V ortrags passte zu den Aufgaben und Zielen, die wir uns als Elternrat vorge- nommen haben“, erzählte Mo- nika Gans. Uns ist es wichtig, eine positive Beziehung zwi- schen Kind, Lehrer und Eltern zu fördern“, erklärte sie die V orsätze. Der Elternrat zählt neun aktive Mitglieder und sucht stets neue Unterstüt- zung. Erst 2013 wurde der El- ternrat der BS gegründet und bestimmt seither das Schulge- schen mit. Auch die Organisation des V ortragsabends am Dienstag ist gelungen. Lehrer und El- tern erschienen zahlreich und erhielten nützliche Fakten. Es ist beruhigend, dass die man- gelnde Kommunikationsbe- reitschaft meines Sohnes kein Dauerzustand ist, sondern Teil der Hirnentwicklung“, sagte ein V ater. Mein Sohn besucht gerade die Mittelschule. Auch er geht spät schlafen und be- hauptet sich gerne“, erzählte eine Mutter. Lehrer nahmen ebenfalls ei- nige Erkenntnisse mit. Ich werde darauf achten, dass mein Unterricht für die Schü- ler noch bedeutsamer rüber- kommt“, sagte Manuela Theo- dor. Bei all den nützlichen In- formationen kam dank Süßig- keiten und lustiger Anekdoten auch der Spaß während des Abends nicht zu kurz. Die Zu- hörer waren hellauf begeis- tert. Ich habe Tränen gelacht“, berichtete ein V ater. www.bsti.be/ elternrat l St. Vith Am Dienstagabend erklär- te der Ausbilder Peter Kös- ter die neurologischen Ur- sachen für das Verhalten Jugendlicher . Der V ortrag konnte das Publikum in der Bischöflichen Schule St. Vith überzeugen. V ortrag: Einblicke in die Hirnaktivität Pubertierender Chaos im K opf VON RAFFAELA SCHAUS Peter Köster erklärt die Pubertät aus der Sicht der Hirnforschung. Fotos: Erwin Kirsch Die Eltern sollten anhand von Gummibärchen das Gewicht des menschlichen Gehirns abschätzen. Mehr Bilder vom Abend (Fotos: Erwin Kirsch)

V Einblicke in die Hirnaktivität P ZAWM St. Vith Chaos im Kopf · Schließlich können diese sel-ber nichts für den Ausnahme-zustand in ihren Gehirnen“, erklärte der deutsche

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Eifel · ArdennenGrenzEchoDonnerstag, 2. Februar 2017 17

GE 2. Februar 2017�

ZAWM St. Vith

Weiterbildung

Info + Online-Anmeldung auf unserer Webseite:

www.weitermitbildung.be

Zentrum für Aus- und Weiterbildung des Mittelstandes St. Vith

Luxemburger Straße 2A | B-4780 St. Vith | Tel.: 080/22 73 12

In Planung, 10 Abende 19:00 - 21:30 Uhr

English – Yes we can ! Ab 24. April, 8x montags, 19:00 - 21:30 Uhr

Französisch : « Oui, je parle français! »

�����������������������-Handwerker Ab 9. Februar 2017, jeweils 8.30 - 17.30 Uhr

5� oder 3�tägige Schulung laut Lernzielkatalog

des Passivhaus-����������������������

18. Feb.: Prüfung nach PHI�Prüfungsordnung

�������������������������������������������

Gabelstaplerführerschein Fr. 10. + Sa. 11. März, jeweils 8:30 - 17:00 Uhr

Theorie + Praxis

Hubarbeitsbühnen Mi. 26. April, 8:30 - 17:00 Uhr

Theorie + Praxis

Teleskoplader Fr. 24. März, 8:30 - 17:00 Uhr

Theorie + Praxis

NEU!

ZAWM St.Vith 133578 02.02.17.indd 1 31.01.17 14:51

Knott Nico 133465 02.02.17.indd 1 27.01.17 09:31

Hauptziel des Vortrags „Ach-tung Pubertät! - Was ist bloßmit unseren Kindern los?“wares, den Eltern mehr Gelassen-heit beim Umgang mit ihrenKindern zu vermitteln.„Nicht nur Gelassenheit

möchte ich den Eltern mitge-ben, sondern auch Verständ-nis für die Jugendlichen.Schließlich können diese sel-ber nichts für den Ausnahme-zustand in ihren Gehirnen“,erklärte der deutsche Lehrerund Ausbilder Peter Köster.Wie die Anwesenden beimVortrag erfuhren, findet inden jungen Gehirnen tatsäch-lich ein regelrechter Umbaustatt. „Im Grunde ist die Pu-bertät ein neuronaler Abbau-prozess von unnötigen Synop-sen. Während der Pubertätwerden im Gehirn die Hälfteder neuronalen Verbindungenabgebaut“, verdeutlichte Kös-ter. „Je nach Adoleszenzphaseist der für Vernunft zuständi-ge Hirnbereich tatsächlich au-ßer Kraft gesetzt. Dank MRIScans konnten Wissenschaft-ler herausfinden, dass die Ju-gendlichen Entscheidungenemotional anstatt rationaltreffen.“

Neurologisch gesehendauert die Pubertätheutzutage über zehnJahre.

Die Dauer der Pubertät habesich mit der Zeit sogar nochverlängert. „Die schlechteNachricht ist, dass die Puber-tät immer länger andauert“,lachte der Vortragende. „ImDurchschnitt beginnt die Ado-leszenz heutzutage bei Mäd-chen bereits mit 10,8 Jahren.“Vor hundert Jahren begann sieerst mit 14. „Früher aufhörenwird die Entwicklung dadurchaber nicht. Neurologisch gese-hen dauert die Pubertät bis indie 20er an.“Auch an Lehrer will Peter

Köster einige nützliche Er-kenntnisse weitergeben.„Dank der Hirnforschung wis-sen wir, wie Lernen überhauptfunktioniert. Dadurch kannich mit meinem Vortrag dieLehrpersonen aufklären, wieder Lehrstoff besser hängen

bleibt“, erzählte Köster. Beidem Vortrag erfuhr das Publi-kum, das Lernen eine indivi-duelle Angelegenheit ist. Neu-es Erlernen hängt davon ab,was im Kopf schon da ist. „Au-ßerdem ist wichtig, dass sichSchüler wohlfühlen, da Lernenan Gefühle gekoppelt ist.“Köster vergleicht das Lern-

zentrum mit einem Seepferd-chen, das mit Neugier aufnah-mefähig wird. Wenn es ängst-lich ist, zieht es sich zurück.Deswegen spielt die Bezie-hung zwischen Schülern undLehrern beim Unterricht aucheine große Rolle. Ein weitererFaktor ist die Relevanz der Ma-terie. „Der Lehrstoff solltemöglichst bedeutsam ausSicht des Kindes dargestelltwerden. Die Köpfe nehmendas besser auf, was sie alsbrauchbar betrachten“, verrietKöster.Bei Mädchen ist die Lernfä-

higkeit zusätzlich zyklusbe-dingt. In der Pubertät wirkenGehirn und Hormone zusam-men. Während die Jungenmehr Testosteron entwickeln,sind die Hormone der Mäd-chen vom Zyklus abhängig.Östrogen und Oxytocin machtsie aufnahmefähig, Progeste-ron und Cortisol dagegen reiz-bar und unkonzentriert.Sowohl Lehrern als auch El-

tern ist es anzuraten, die Be-ziehung zu den Kindern zupflegen. „Ab dem 10. Lebens-jahr entwickelt sich aus der Er-ziehung eine Beziehung. Da-für sollten Eltern an der Kom-munikation arbeiten, indemsie von sich aus erzählen, oh-

ne ihre Kinder zum Reden zuzwingen“, empfahl Köster.„Zum Besprechen von Proble-men wählt man lieber einenneutraleren Ort als Zuhause“.Familiären Halt zu bieten istin unserer heutigen Gesell-schaft aus vielen Gründenproblematisch geworden. „DieFamilienstruktur hat sich mitder Zeit verändert. Bei der ho-hen Scheidungsrate heutzuta-ge fehlt manchen Kindern da-heim die Stabilität“, schildertder Ausbilder.Für die mangelnde Bestän-

digkeit finden junge Leute im-mer mehr virtuellen Ersatz.„Umso wichtiger ist es, dassunsere Kinder, die mit derneuen Technik aufwachsen, ei-nen gesunden Umgang mit di-gitalen Geräten erlernen.“ Dasfördert ebenfalls einen gesun-den Schlafrhythmus. Der Han-dykonsum wirkt sich nämlichauf das Schlafverhalten der Ju-gendlichen aus, das ohnehinschon während der Pubertätproblematisch ist.

Eine klare Haltungvermittelt Halt.

Bei solchen Verhaltensmus-tern ist es klug, als Vorbild zuhandeln. „Um den Kindernüberhaupt Halt zu vermitteln,ist eine klare Haltung notwen-dig.“ Dabei denkt Köster je-doch nicht unbedingt an auf-erlegte Regeln, sondern festeAbsprachen, an die sich beideSeiten zu halten haben. „Wenn

sie zum Beispiel möchten,dass die Kinder ab 22 Uhr kei-ne Handys mehr benutzen,zeigen Eltern am besten, dassauch sie ihr Gerät zur abge-sprochenen Zeit nicht mehranrühren“, riet er.Schon vor dem Eintreten

der Adoleszenz ist es ratsam,als Vorbild zu fungieren.„Wenn Kinder spielen, ahmensie Erwachsene nach“, berich-tete der zweifache Vater Kös-ter. Auch beim Spielen rät erzu Gelassenheit und emp-fiehlt, die Kleinen machen zulassen.Die Kernaussage der Gelas-

senheit war der Hauptgrund,warum der Elternrat der BSden Vortrag organisierte. „DieBotschaft des Vortrags passtezu den Aufgaben und Zielen,die wir uns als Elternrat vorge-nommen haben“, erzählte Mo-nika Gans. „Uns ist es wichtig,eine positive Beziehung zwi-schen Kind, Lehrer und Elternzu fördern“, erklärte sie dieVorsätze. Der Elternrat zähltneun aktive Mitglieder undsucht stets neue Unterstüt-zung. Erst 2013 wurde der El-ternrat der BS gegründet undbestimmt seither das Schulge-schen mit.Auch die Organisation des

Vortragsabends am Dienstagist gelungen. Lehrer und El-tern erschienen zahlreich underhielten nützliche Fakten. „Esist beruhigend, dass die man-gelnde Kommunikationsbe-reitschaft meines Sohnes keinDauerzustand ist, sondern Teilder Hirnentwicklung“, sagteein Vater. „Mein Sohn besuchtgerade die Mittelschule. Aucher geht spät schlafen und be-hauptet sich gerne“, erzählteeine Mutter.Lehrer nahmen ebenfalls ei-

nige Erkenntnisse mit. „Ichwerde darauf achten, dassmein Unterricht für die Schü-ler noch bedeutsamer rüber-kommt“, sagte Manuela Theo-dor. Bei all den nützlichen In-formationen kam dank Süßig-keiten und lustiger Anekdotenauch der Spaß während desAbends nicht zu kurz. Die Zu-hörer waren hellauf begeis-tert. „Ich habe Tränen gelacht“,berichtete ein Vater.

www.bsti.be/elternrat

l St. Vith

Am Dienstagabend erklär-te der Ausbilder Peter Kös-ter die neurologischen Ur-sachen für das VerhaltenJugendlicher. Der Vortragkonnte das Publikum inder Bischöflichen SchuleSt. Vith überzeugen.

Vortrag: Einblicke in die Hirnaktivität Pubertierender

Chaos im Kopf

VON RAFFAELA SCHAUS

Peter Köster erklärt die Pubertät aus der Sicht der Hirnforschung. Fotos: Erwin Kirsch

Die Eltern sollten anhand von Gummibärchen das Gewicht des menschlichen Gehirnsabschätzen.

Fatabo 133200 02.02.17.indd 1 27.01.17 12:09

Mehr Bilder vom Abend (Fotos: Erwin Kirsch)