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fen, sondern beobachtend entdecken, welchen Einfluss dies auf den Verlauf der Werkentstehung hat. So kann der Zufall, der bei einem Sturm Blätter auf ein Bild trägt und sie so zu einem Teil des Werkes macht, ein interessanteres Ergebnis liefern, als das ursprünglich angestrebte.Oder der Künstler beeinflusst die Dauer des Trocknungsprozesses durch sein Eingreifen, indem er zum Beispiel ein Heissluftgerät verwendet. Acht Liter Farblösung in einem Becken oder einer Wanne verdunsten innerhalb von Wochen, da bleiben viele Möglichkeiten der Einflussnahme. Polienko lässt Malgrund, Farbe und Wetter als Komplizen bei seinen ausgeklügelten Ver fahren zu. Selbst bei sorgfältiger Planung und wachsender Erfahrung spielt das Unvorhersehbare unbestritten eine wichtige Rolle und sorgt für anhaltende Begeisterung beim Experimentieren und Bestaunen. Es gibt bei seiner handwerklicher Herangehensweise keine Routine , keine Sicherheit.Vorstellungen von laborierenden Alchemisten auf der Suche nach immer neuen Ingredienzen und Zusammenhängen werden wach.Wer würde denken, dass einige seiner zarten, filigranen Werke mit Hilfe einer umgebauten Bohrmaschine entstanden? Ein Farbbehälter mit einer kleinen Öffnung, am Bohrkopf befestigt, ermöglicht es, die Zentrifugalkräfte der Bohrmaschine zu nutzen, um die Farbe mit Wucht und Schwung auf den Malgrund zu schleudern. Durch den Druck auf den Abzug der Bohrmaschine kontrolliert der Künstler die eingesetzte Kraft, um mit ihr Werke von zentrifugaler Dynamik herzustellen. Die getrocknete Tusche auf der Kunststofffolie ist zerbrechlich und so ver ändern sich die Werke konstant weiter, bekommen Risse , blättern ab.Was wir sehen, sind Momentaufnahmen eines vom Künstler gewählten Zeitpunkts, eine offensiv gesetzte Beendigung laufender Prozesse.Valerian Polienko erweitert beständig die Grenzen seiner künstlerischen Arbeit, indem er das Verhalten und die Eigenschaften seiner Utensilien, Materialien, Werkzeuge sowie die Wirkkräfte aller Prozesselemente erkundet.
Anna Gabriela Henné
Valerian Polienkos Arbeiten erinnern mich an turbulente, psychedelische Stürme, an wir belnde Spirographenzeichnungen, mikroskopische Zellquerschnitte, computertomographische Aufnahmen oder bizarre, schemenhafte Ruinenlandschaften.Neugierig und risikofreudig experimentiert er mit kreativen Eigenkonstruktionen, die ihm eine Art Malerei mit Farblösungen auf Kunst stoff ermöglichen. Er legt etwa Kunststofffolien, die ihm als Malgründe dienen, in Farbbecken. Oder er verwendet selbstgebaute Zylinder, Wannen, oder andere Behältnisse, in denen die Folien gerollt in Farblösungen stehen. Dafür mischt er unterschiedliche Farbmaterialien, Lösungen und Tinkturen, erforscht wie sie besonders lange haltbar gemacht werden können und welche Mischungen zu ungewöhnlichen Resultaten führen. Meist verwendet er Tuschen, die er in unterschiedlicher Verdünnung mit Wasser und anderen Zutaten wie z.B. Klebstoff vermischt. Auf ähnliche Art generiert Valerian Polienko beispielsweise das der Innenseite dieses Faltblattes zugrunde liegende Bild: eine Folie mit den genauen Maßen des Papiers wurde, mit den entsprechenden Falzkanten, in eine Mischung aus Tusche und Wasser getaucht. Während des „Entwicklungsprozesses“ verdunstet das Wasser, die getrockneten Tuschepigmente bleiben zurück und verleihen dem Ergebnis das resultierende, charakteristische Muster. Trotz seiner zunehmenden handwerklichen Erfahrung mit den Materialien und Geräten, fügt die Technik seinen künstlerischen Verfahren jene Unvorhersehbarkeit hinzu, mit der er die Kon trolle abgeben muss, um das Werk entstehen zu lassen. Zeit spielt eine wichtige Rolle in der fra gilen Balance von Kontrolle und Zufall, deren Gewichtung er zugunsten unterschiedlicher Er gebnisse immer wieder verschiebt. Manchmal lässt er den natürlichen Trocknungsprozessen ihren Lauf, wenn er im Freien tagelang dem Trocknen zusieht. Wenn das Wetter wechselt und kurz vor Vollendung des Werkes ein starker Regenschauer noch einmal alle Paramenter neu justiert, will er nicht immer eingrei
EARLY BIRDS
vALERIAn poLIEnkoAbbildungen:
Titelseite: Valerian Polienko in seinem Atelier – fotografiert von Akosua Viktoria AduSanyah.
Klappseite: O. T. Tusche auf Kunststofffolie, 145 cm x 135 cm, 2013
Innenseite: O. T. Tusche auf Kunststofffolie, 59 cm x 21 cm, 2013
Valerian Polienko wurde 1988 in Susun (Russland) geboren. Seit 2010 studiert er an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken.
EARLy BIRDSEine Projektkooperation zwischen der Enovos Deutschland und der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Studierende der HBKsaar präsentieren ihre künstlerischen Arbeiten im Ver waltungsgebäude des Unternehmens.
Ausstellung Wintersemester 2013/14:Akosua Viktoria AduSanyah und Valerian Polienko29. Januar bis 31. Mai 2014
Enovos Deutschland SE,Am Halberg 3, 66121 Saarbrücken
www.hbksaar.de
Während der Vorbereitung zur aktuellen Ausstellung haben die Teilnehmer Valerian Polienko und Akosua Viktoria AduSanyah sich über Gemeinsamkeiten in ihren Werkprozessen angenähert und das Titelbild zu diesem Faltblatt angefertigt. Bei beiden Künstlern spielen Zeit und äußere Einflüsse eine wichtige Rolle für die Entstehung der Werke. Sie planen ihre Arbeit genau und lassen dennoch Unvorhersehbares in Ihre Entstehungsprozesse einfließen.Neben den Arbeiten des Einzelnen wollten sie auch ihre Begegnung festhalten. Sie reflektierten sich in der Wahrnehmung ihrer Werke durch den Anderen. Dabei entstand die Arbeit „10 minutes as a photo grapher [with Valerian Polienko]“ im Atelier Polienkos: Vor einer seiner Malereien porträtierte Akosua Viktoria AduSanyah den Künstler, indem sie mit ihm eine gemeinsame Performance durchführte. Während er 10 Minuten so regungslos wie möglich blieb, verließ sie etwa alle 30 Sekunden die gewählte Position, betätigte den Auslöser der Kamera und kehrte dann so exakt wie möglich wieder zur ursprünglichen Position im Bild zurück. So entwickelte sich ein Bild aus über 20 Ebenen.