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01.06.16 1 Vergaberechtliche Fragen interkommunaler Kooperationen und Inhouse-Geschäfte in der Wasserwirtschaft Univ.-Prof. Dr. Jan Ziekow Direktor Gliederung 1. Struktur und allgemeine Grundlagen 2. „Klassisches“ (einfach-vertikales) Inhouse-Geschäft („Mutter-Tochter“) 3. Inverse und horizontale Inhouse-Geschäfte („Tochter-Mutter“ und „Schwester-Schwester“) 4. Gemeinsam-vertikales Inhouse-Geschäft („mehrere Väter-Sohn“) 5. Instate-Geschäfte (horizontale öffentlich-öffentliche Kooperationen) 01.06.16 Ziekow: Interkommunale Kooperationen und Inhouse-Geschäfte 2

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Vergaberechtliche Fragen interkommunaler Kooperationen und Inhouse-Geschäfte in der Wasserwirtschaft Univ.-Prof. Dr. Jan Ziekow Direktor

Gliederung 1.  Struktur und allgemeine Grundlagen

2.  „Klassisches“ (einfach-vertikales) Inhouse-Geschäft („Mutter-Tochter“)

3.  Inverse und horizontale Inhouse-Geschäfte („Tochter-Mutter“ und „Schwester-Schwester“)

4.  Gemeinsam-vertikales Inhouse-Geschäft („mehrere Väter-Sohn“)

5.  Instate-Geschäfte (horizontale öffentlich-öffentliche Kooperationen)

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1. Struktur und allgemeine Grundlagen

a) § 108 GWB: „Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit“

§ Abs. 1 und 2: einfach-vertikales Inhouse-Geschäft § Abs. 3: inverses und horizontales Inhouse-Geschäft § Abs. 4 und 5: gemeinsam-vertikales Inhouse-Geschäft § Abs. 6: Instate-Geschäft

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1. Struktur und allgemeine Grundlagen

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b) Gemeinsame Grundlage: Grundsatz der Ausschreibungsfreiheit der Eigenerledigung

§ Keine Pflicht zur Vergabe von Dienstleistungen an Dritte                    →  make-­‐or-­‐buy-­‐Entscheidung  liegt  bei  öff.  Au;raggeber  

§ Erledigung öff. Aufgaben durch eigene Mittel                    →  Gleichbehandlungsgebot  nicht  berührt  

                   →  auch:  Zusammenarbeit  mit  anderen  öff.  Stellen  

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

Öff. Auftraggeber dienststellenähnliche Kontrolle

> 80% der Tätigkeiten

Juristische Person

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a) Struktur

2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ Anforderungen: → wirksam → ausschlaggebender Einfluss auf

•  strategische Ziele •  sonstige wichtige Entscheidungen

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b) Ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststelle (§ 108 I Nr. 1, II 1)

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ Gesellschaftsformen: •  Aktiengesellschaft → i. d. r. keine ausreichende Kontrolle → Beherrschungsvertrag •  GmbH → hinreichende Kontrolle, soweit keine atypische Gestaltung

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b) Ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststelle (§ 108 I Nr. 1, II 1)

2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ Mehrstufige Kontrolle

rechtliche Absicherung des Durchgriffs

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b) Ähnliche Kontrolle wie über eigene Dienststelle (§ 108 I Nr. 1, II 1)

öff. Auftraggeber

„Sohn“

„Enkel“

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ Zweck: Beschränkung der Wettbewerbsteilnahme des kontrollierten Unternehmens wegen wettbewerbsverfälschender Zusatzposition

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c) Überwiegende Tätigkeit für den Auftraggeber

2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ Bisher:              →  EuGH:  

• Wertende  Gesamtbetrachtung  (quanEtaEv  und  qualitaEv)  • Keine  Anwendung  der  80%  -­‐  Grenze  nach  Art.  23  SKR  •  10%  Fremdau;ragsquote  unschädlich  

       →  OLG  Celle:                        DriXumsatzquote  von  7,5%  nicht  ausreichend

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c) Überwiegende Tätigkeit für den Auftraggeber

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft c) Überwiegende Tätigkeit für den Auftraggeber

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§  § 108 I Nr. 2: Mehr als 80% der Tätigkeiten dienen Ausführung von Aufgaben, mit denen jP vom öff. Auftragge- ber betraut wurde → Berechnung nach § 108 VII:

•  Relationierung „geeigneter tätigkeitsgestützter Werte“ auf 3-Jahres-Grundlage •  Verhältnis Umsatz aus nicht-„betrauten“ Aufgaben zu Gesamtum- satz aus Dienstleistungen, Lieferungen, Bauleistungen < 20% •  Andere tätigkeitsgestützte Werte z.B.: Kosten, Arbeitszeitan- teile, nicht aber Gewinnanteile

2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft c) Überwiegende Tätigkeit für den Auftraggeber

→ Relevant nur Tätigkeiten zur Ausführung von Aufgaben, mit denen jP betraut •  Bisher EuGH (Carbotermo): „…auf Grund der Vergabeentscheidungen der kontrollierenden Körperschaft…“ •  Person des Begünstigten (weiterhin) unerheblich -  Problem: Zuordnung von Tätigkeiten kommunaler Unternehmen innerhalb des Gesellschaftszwecks, aber ohne spezifische Beauftragung mit Leistungserbringung

•  „Betrauung“ bewusst gewählter terminus technicus - Veranlassung gerade durch Vergabeentscheidung unerheblich - Anlehnung an Art. 106 II AEUV - besonderer Akt der Betrauung mit Ausführung der Aufgabe - Dispositionsbefugnis erforderlich

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft

§ § 108 I Nr. 3: keine direkte Kapitalbeteiligung an der den Auftrag ausführenden jP § Bisher EuGH (Stadt Halle):

→ Verfolgung unterschiedlicher Interessen

→ Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz wegen Wettbewerbsvorteils des beteiligten Privaten

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d) Beteiligung Privater

2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft d) Beteiligung Privater

§ Neuregelung: → Verzicht auf Ableitung aus Interessendivergenz → Ziel allein Verhinderung unzulässiger Vorteile im Wettbewerb → Abgrenzung: untersagt „direkte“ Kapitalbeteiligung → Zulässig: indirekte Beteiligung

•  nicht: minderheitliche Beteiligung •  nicht: mittelbare Beteiligung über Beteiligungsgesellschaft •  nicht: stille Beteiligung • maßgebend: Hat Beteiligter Privater kein eigenes Interesse an

Übernahme des Auftrags? Bsp.: indirekte Mitarbeiterbeteiligung

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2. Einfach-vertikales („klassisches“) Inhouse-Geschäft d) Beteiligung Privater

§  Explizit zulässige Beteiligungen

→ gesetzl. vorgeschrieben

→ keine Beherrschung od. Sperrminorität

→ kein maßgeblicher Einfluss auf kon- trollierte jP

Beherrschung der jP durch öff. Hand o SRL + KRL:

- >50% Kapital od. - > 50% Stimmrechte - Ernennung mehr als 50% der

Organmitglieder o Aber: Unterschiedliche Funktionen →

Durchsetzbarkeit des Einflusses muss rechtlich gesichert sein

 

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3. Inverse und horizontale Inhouse-Geschäfte (§ 108 III) Inverses Inhouse-Geschäft

> 80% Tä- tigkeit

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Horizontales Inhouse-Geschäft

„Mutter“

„Tochter“

Auftrag

„Mutter“

„Schwester 1“

„Schwester 2“

Kon-trolle Kontrolle >80%

Tätigkeit Kontrolle

Auftrag

Verweis in § 108 III auf § 108 I als Rechtsgrundverweisung

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4. Gemeinsam-vertikales Inhouse-Geschäft (§ 108 IV und V)

a) Struktur

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„Vater 1“ „Vater 2“ „Vater 3“

„Sohn“

>80% Tätigkeit Kontrolle

4. Gemeinsam-vertikales Inhouse-Geschäft b) Dienststellenähnliche Kontrolle

§  Voraussetzung: Keine alleinige Kontrolle durch vergebenden öff. Auftraggeber

§  Notwendig: Einbindung in gemeinsame Kontrolle mit anderen öff. Auftraggebern (§ 108 V)

→ Gemeinsamer maßgeblicher Einfluss auf strategische Ziele und wesentliche Entscheidungen → Vertretung öff. Auftraggeber in den beschlussfassenden Organen (mit Möglichkeit der Vertretung) → Keine Interessendivergenz zwischen kontrollierenden öff. Auftraggebern und kontrollierter jP c) Tätigkeitskriterium > 80% Tätigkeiten für kontrollierende öff. Auftraggeber insgesamt 01.06.16 Ziekow: Interkommunale Kooperationen und Inhouse-Geschäfte

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d) Inverse und horizontale Inhouse-Geschäfte bei gemeinsamer Kontrolle?

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Horizontales Inhouse-Geschäft

„Mutter 3“

„Schwester 1“

„Schwester 2“

Kon-trolle

Kontrolle Kontrolle

„Mutter 1“ „Mutter2“

Auftrag

Kontrolle Kontrolle

» Begründung VergRModG-E: zulässig » Aber: Wortlaut und Systematik sprechen gegen Anwendbarkeit von § 108

III im Rahmen von § 108 IV » Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts eng auszulegen » Bei teleologischer Betrachtung zulässig, wenn alle „Töchter“ durch

dieselben „Mütter“ beherrscht werden.

d) Inverse und horizontale Inhouse-Geschäfte bei gemeinsamer Kontrolle?

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5. Instate-Geschäfte (§ 108 VI)

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a) Struktur

Dienstleistung zur

Erreichung gemeinsamer

Ziele

öff. Auftraggeber

öff. Auftraggeber

öff. Auftraggeber

öff. Auftraggeber

öff. Auftraggeber

öff. Auftraggeber

5. Instate-Geschäfte

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b) Dienstleistung zur Erreichung gemeinsamer Ziele (§ 108 VI Nr. 1) § Wahrnehmung einer allen öff. Auftraggebern gleichermaßen

obliegenden öff. Aufgabe §  „Kooperatives Konzept“ erforderlich § Jeder Kooperationsbeteiligte muss (nicht notwendig identischen)

Beitrag leisten § Rein finanzielle Beiträge:

→ Ausreichend, sofern bloße Kostenerstattung (a. M. OLG Koblenz) → Anders, wenn Aufgabenerfüllung in Konkurrenz zu privaten Unternehmen

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5. Instate-Geschäfte

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c) Tätigkeitskriterium (§ 108 VI Nr. 3) §  Anteil von Kooperationen erfasster Tätigkeiten der öff. Auftraggeber auf

offenem Markt < 20% §  Keine abschließende Regelung betr. marktrelevante Tätigkeiten der

Kooperationspartner

d) Beteiligung Privater §  Private Beteiligung an kooperierenden öff. Auftraggebern zulässig

(Erwägungsgrund 32) §  Aber:

→  Keine  Beteiligung  Privater  unmiXelbar  an  KooperaEonsvereinbarung                        →  Keine  Erbringung  der  öff.  Dienstleistung  durch  öff.  Au;raggeber,  an  dem  private                                    Kapitalbeteiligung  besteht

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Vielen Dank

für Ihre Aufmerksamkeit!