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JUSTUS LIEBIG’S ANNALEN DER CHEMIE, S66. Band. Untersuchungen ans dem chemischen Universitats-Labora- torium von W. 0 et w a 1 d in Leipzig. TTerhdten von Ketonen und Aldehyden gegen Natrium bei Gegenwart indifferenter Ltisungsmittel; von Ernst Backmaurn und Theodw Paul. (Eingelanfen den 18. Juni 1891.) Bekanntlich ist das Verhalten von Natrium gegenuber Verbindungen, welche nach der gewohnlichen Ansicht eine Carbonylgruppe, =CO , neben Methyl, -CHs, oder Methylen, =CH2, enthalten , wie Acetessigester , Malonsaureester u. a., seit langer Zeit ofters Gegenstand wissenschaftlicher Erbterungen gewesen. Wahrend von einer Seite angenommen wird, dafs Natrium sich mit dern Carbonylsauerstoff vereinige , halt man anderseits eine directe Bindung des Metalls an Kohlenstoff unter Verdrangung von Wasserstoff fur wahrscheinlicher. In dem folgenden Beitrage cur Aufklarung der schwebenden Fragen ist zunachst das Verhalten des Natriums gegenuber Verbindungen abgehandelt, welchen labile Wasserstoffatome fehlen (Benzophenon, C6H5COCsH~, Phenyl-a-Naphtylketon, CeH5COCloH7, Benzil, C6H5COCOC6H5), und sodann das Ver- halten solcher Verbindungen, in welchen neben einer Carbo- nylgruppe Methyl (Acetophenon, C6H5COCHS), Methylen (Des- oxybenzoin, C6H5COCHBC6Hh) oder ein typischer Aldehydwas- serstoff vorkornmt (Benzaldehyd, C6H5C0.H). Von besonderem Werth erschien es fur die Charakterisirung der Natriumver- bindungen, deren Verhalten zu Wasser , welches das Metall Annalen der Chemie 266. Bd. 1

Verhalten von Ketonen und Aldehyden gegen Natrium bei Gegenwart indifferenter Lösungsmittel

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JUSTUS LIEBIG’S ANNALEN DER CHEMIE,

S66. Band.

Untersuchungen ans dem chemischen Universitats-Labora- torium von W. 0 e t w a 1 d in Leipzig.

TTerhdten von Ketonen und Aldehyden gegen Natrium bei Gegenwart indifferenter Ltisungsmittel;

von Ernst Backmaurn und Theodw Paul. (Eingelanfen den 18. Juni 1891.)

Bekanntlich ist das Verhalten von Natrium gegenuber Verbindungen, welche nach der gewohnlichen Ansicht eine Carbonylgruppe, =CO , neben Methyl, -CHs, oder Methylen, =CH2, enthalten , wie Acetessigester , Malonsaureester u. a., seit langer Zeit ofters Gegenstand wissenschaftlicher E r b t e r u n g e n gewesen. Wahrend von einer Seite angenommen wird, dafs Natrium sich mit dern Carbonylsauerstoff vereinige , halt man anderseits eine directe Bindung des Metalls a n Kohlenstoff unter Verdrangung von Wasserstoff fur wahrscheinlicher. In dem folgenden Beitrage cur Aufklarung der schwebenden Fragen ist zunachst das Verhalten des Natriums gegenuber Verbindungen abgehandelt, welchen labile Wasserstoffatome fehlen (Benzophenon, C6H5COCsH~, Phenyl-a-Naphtylketon, CeH5COCloH7, Benzil, C6H5COCOC6H5), und sodann das Ver- halten solcher Verbindungen, in welchen neben einer Carbo- nylgruppe Methyl (Acetophenon, C6H5COCHS), Methylen (Des- oxybenzoin, C6H5COCHBC6Hh) oder ein typischer Aldehydwas- serstoff vorkornmt (Benzaldehyd, C6H5C0.H). Von besonderem W e r t h erschien es fur die Charakterisirung der Natriumver- bindungen, deren Verhalten zu Wasser , welches das Metall

Annalen der Chemie 266. Bd. 1

2 B e c k m a n n u. Pa u I, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

durch Wasserstoff ersetzt , sowie Kohlensaureanhydrid zu studiren. Da letzteres aus Organometallen z. B. Natriuinathyl unter einfacher Einlagerung Natriumsalze organischer Sauren erzeugt nach der Gleichung

CpHs C t O CpH,-C=O I + A = I ! Na NaO

so durfte man annehmen, dab aus der Natur also resul- tirender Sauren bindende Ruckschlusse darauf gemacht werden konnen, welche Stellung das Natrium in der betreffenden Yerbindung einnimmt.

Bringt man in eine atherische Losung von Ketonen oder Aldehyden metallisches Natrium , so heginnt sofort eine Einwirkung, welche sich durch mehr oder weniger starke Erwarmung kund giebt, j e nachdern das Metal1 in Form diinneren oder dickeren Dralites oder Bandes angewendet wird. Die hierbei entstehenden, gewohnlich gefarbten Natrium- verbindungen bleiben entweder gelost oder scheiden sich bei zunehmender Concentration krystallinisch oder pulverformig Bus.

Solche festen Natriumverbindungen waren zunachst Ge- genstand der Untersuchung. Dieselbe wurde durch die grofse Reactionsfiihigkeit dieser Korper gegen Sauerstoff aufseror- dentiich erschwert. Um die betreffenden Verbindungen inog- lichst rein und trocken zu erhalten, wie es fur ihre Analyse und die Reindarstellung der bei ihrer Zersetzung auftreten- den Producte nothig ist, verfahrt man nach den bisher gemachten Erfahrungen am zweckmafsigsten in folgender Weise. Die betreffenden atherischen Losungen, uber deren Herstellung und Concentration noch weiter unten die Rede sein soll, werden in einen Scheidetrichter gebracht, dessen Ausflufshahn sehr gut schliefsen und eine moglichst weite Bohrung haben mufs. Hierauf prefst man das Natrium in Form von Draht oder Band ein und verschliefst die obere Oeffnung mittelst eines gut schliefsenden Stopsels, der zweck-

gegen Natrium bei Cegenwart indifewnter Lb'sungsmittel. 3

mabig noch mit Paraffin gedichtet wird. Da sofort eine mehr oder weniger erhebliche Erwarmung auftritt, die sehr leicht zum Sieden des Aethers und in Folge dessen zur Zertriim- merung des Trichters fiihren kann, wird derselbe durch Ein- tauchen in Eiswasser gut abgekuhlt und erst nach einigen Stunden der Zimmertemperatur ausgesetzt. Nach Verlauf mehrerer Tage hat sich in der Regel eine erhebliche Menge fester Natriumverbindung ausgeschieden. Um dieselbe vom iiberschussigen Natrium und der Mutterlauge zu befreien und mit Aether waschen und trocknen zu konnen, wird der Scheidetrichter in Verbindung mit dem anbei abgebildeten Apparat gebracht, dessen Handhabung aus der umstehenden Figur und den gegebenen Anmerkungen ersichtlich ist.

Beim Oeffnen des Scheidetrichterhahnes fliefst der Aether mit der darin suspendirten Natriumverbindung in den mit Wasserstoff gefullten Cylinder, wahrend das unangegriffene Metall im Trichter zuruckbleibt. Nachdem die Mutterlauge abgesaugt ist, wird noch dreimal mit Aether nachgewaschen und dann ein anhaltender Wasserstoffstrom eingeleitet, welcher nach circa zwei Stunden ein vollkommenes Trocknen der Masse herbeifuhrt. Letztere wird nun im Wasserstoffstrome in Rohren gefiillt und durch Zuschmelzen derselben vor atmospharischen Einfliissen geschutzt.

Bei allen diesen Operationen ist es unhedingt nothig, die Gegenwart von Luft und Feuchtigkeit ausxuschliefsen. Es mufs daher der gesammte Apparat vollkommen dicbt sein und der zur Verwendung kommende Wasserstoff gut ge- waschen und getrocknet werden ; derselbe wurde durch Lo- sungen von Kaliumpermanganat , Quecksilberchlorid , durch concentrirte Schwefelsaure und uber Phosphorpentoxyd geleitet. Sowohl zur Bereitung der Losung, als auch zum Auswaschen mufs Aether benutzt werden, welcher durch Destillation uber Natrium vollkommen von Wasser, Alkohol und anderen Ver- unreinigungen befreit worden ist. 1"

4 B e c k m a n a u. P a u l, VerhaZten u. Ketonen u. Aldehydm

Erlauterunpn :

Bei A tritt das im K i p p 'schen Apparate entwickelte, gut gewaschene und iiber Phosphorpentoxyd getrocknete Gas (Wasserstoff bezw. Kohlensaure) ein und kann entweder direct durch die Leitung D in den grofsen Cylinder F gefiihrt oder durch die Rohre E in den Kolben G geleitet werden, urn den Waschather in den Cylinder F zu pressen. Im Cylinder F ist bei C vermittelst zweier Korkringe eine durchlocherte Por- ceilanplatte angebracht, iiber welcher zwei kreisrunde Scheiben Filtrirpapier vom Durchmesser des Cylinders liegen. Bei B kann das Gas wieder entweichen.

Segen Nutrium 6ei Gegenwart indiferenter &isungm&td. 5

Um den Aether fur den vorliegenden Zweck brauchbar zu erhalten, empfiehlt es sich, denselben uber feinem Natrium- draht im Dunkeln aufzubewahren. Trotz aller angewandten Vorsicht ist es indessen bisher nicht moglich gewesen, die hier in Frage kommenden Natriumverbindungen vor jeder Oxydation zu bewahren und auch eine geringe Verunreinigung derselben mit kleinen Flitterchen metallischen Natriums zu verhiiten. Um letzteren Uebelstand moglichst zu beseitigen, m u k man ca. 5 bis 7 ma1 so vie1 Metall anwenden, als die Theorie erfordert. Auch ist es zweckmafsig, wenn es sich urn Natriumbestimmungen handelt, das Natrium nicht als Draht, sondern als dunnes Band einzupressen. Die Reaction dauert zwar in diesern Falle etwas Ianger, doch ergeben die Ana- lysen sichrere Hesultate. Immerhin mufs eine mogliche ge- ringe Verunreinigung mit metallischem Natrium bei Beurthei- lung der Analysen in Erwagung gezogen werden.

Die Natriurnverbindungen der Ketone und Aldehyde stellen, wie hereits bemerkt, im Allgemeinen gefarbte Pulver dar, die zum Theil krystallinisch sind. Werden dieselben der Luft aus- gesetzt, so oxydiren sie sich vielfach unter so starker Er- warmung, dafs ein Ergluhen der ganzen Masse eintritt. Yon der aufserordentlichen Reactionsfahigkeit gegen Sauerstoff kann man sich leicht dadurch unterrichten, dafs man in einem gut verschliefsbaren Gefafse eine Losung von Natriumbenzo- phenon herstellt, welche tiefdunkelblau gefarbt ist. Sobald man den Verschlufs des Gefafses offnet, beginnt eine Ent- fiirbung, welche sich von der Oberflache der Fliissigkeit binnen wenigen Sekunden bis an den Boden des Behalters fortpflanzt.

Leitet man in Aetlier, welcher die Natriumverbindungen der Ketone und Aldehyde gelost oder suspendirt enthalt, trockene Kohlensaure ein, so lagert sich dieselbe an diese Verbindungen an, wovon gewohnlich ein Farbenwechsel Zeug-

6 B e c k m a n n u. Pazcl, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

nil3 ablegt. Diese Kohlensaureverbindungen konnen in gleicher Weise wie die reinen Natriumverbindungen isolirt und ge- reinigt werden. Dieselben sind aufserordentlich hygroskopisch und zersetzen sich an der Luft, wenn auch mit weniger Energie, als die oben beschriebenen reinen Natriumverbin- dungen. Sie werden ebenfalls im trockenen Kohlensaurestrom vom anhaftenden Aether befreit und in zugeschmolzenen Glas- rohren aufbewahrt.

Die Einwirkung von Natrium wurde bisher an Benzo- phenon, Phenyha-Naphtylketon, Acetophenon, Desoxybenzoih, Benzil und Benzaldehyd studirt und sollen die hierbei sich bildenden Producte der Reihe nach besprochen werden *).

I. Einwirkung von Natrizcm auf Bemophenon.

Lafst man Natrium auf eine Losung von 1 Thl. Benzo- phenon in 5 Thl. Aether einwirken, so tritt zunacht eine hell- gelbe Farbung auf, welche spater in eine tiefdunkelblaue uber- geht. Nach einigen Tagen ist das Metal1 mit zahlreichen schonen, dunkelblauen Krystallen bedeckt, welche nach dem Trocknen eine hellere Farbe annehmen.

Durch Wasser werden dieselben augenblicklich zersetzt. Die sich bildenden in1 Wasser suspendirten Zersetzungspro- ducte konnten mittelst Aether ausgeschuttelt und dann durch Krystallisation aus Alkohol (90 pC.) von einander getrennt

*) Die in einer vorlaufigeri Mittheilung von E. B e c k m a n n (Ber. d. deutsch. chem. Ges. %a, 912) erwPhnten, in Gemeinschaft rnit Herrn stud. H e r zb e r g begonnenen bezuglichen Versuche konnten mit diesem nicht zum Abschlufs gebracbt werden. In der folgenden Abhandlung liegt eine v6llige Neubearbeitung des Gegenstandes vor, welche die fruheren Angaben wesentlich er- weitert und berichtigt. Die friiher in Betracht gezogenen KSrper der Camphergruppe sowie das Phenylbenzoat bleiben wegen nahw Beruhrung mit anderen Arbeitsgebieten aufser Betracht. Benzochinon scheint in Ptherischer Liisung bei ganzlichem Aus- schlufs yon Wasser nicht auf Natrium einauwirken. E. B.

gegen Natriunz bei Qegenwart indayerenter LiisungsmitteZ. 7

werden. Die zunachst abgeschiedenen und durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigten Krystalle wurden als reines Benz- pinakon

(c ,H, )yH

(CJUCOH charakterisirt. In Uebereinstimmung mit friiheren Angaben *) lag der Schmelzpunkt bei 184" (statt 485 bis 186O T h o r n e r und Z i n c k e). Auch krystallisirte die vorliegende Verbindung in kurzen glanzenden Prismen. Nach Erhitzung auf seinen Schmelzpunkt blieb der Korper tagelang fliissig , was darauf zuruckzufiihren ist, dafs das Benzpinakon bei dieser Temperatur in seine Componenten Benzhydrol und Benzophenon zerfallt.

(C&)&OH (C&JsCH(OH) I = +

(CSHII,),COH (C6Hb) !&o Aufser Benzpinakon wurden unter den Zersetzungspro-

ducten des Benzophenonnatriums noch Benzophenon und Benz- hydro2 nachgewiesen. Da sich diese beiden Korper nicht durch Unikrystallisiren trennen lassen, wurde das Gemenge beider mit salzsaurem Hydroxylamin in alkalischer Losung be- handelt und dadurch das in Nadeln krystallisirende Benzophe- nonoxim (Schmelzpunkt 1400) erhalten. Endlich konnte auch das schwer rein darzustellende Benzhydrol durch Fallung seiner Losung in Benzol mit Petrolather gewonnen werden. Es kry- stallisirt in feinen , glanzenden Nadelchen und wurde sein Schmelzpunkt bei 670 **) liegend gefunden. Die Mengenver- haltnisse dieser drei bei der Zersetzung von Benzophenon- natrium mit Wasser auftretenden Korper schwanken aufser- ordentlich, j e nachdem mehr oder weniger Wasser bei der Zersetzung angewendet wird und j e nach der Schnelligkeit des Arbeitens. So konnte einige Male, als nur wenig Wasser

*) Vergl. Ber. d. deutsch. chem. Cies. 10, 473 u. 14, 1402. **) Vergl. dime Annaleri 184, 174 und 188, 6.

8 B e c k m a m n u. Pa u I, Verhalten v. Kdonen u. A l d e h y t h

zugegen war und mit der Aether-Ausschuttelung langere Zeit gewartet wurde , kein Benzpinakon nachgewiesen werden, wahrend es in einem anderen Falle, wo die gegentheiligen Umstande obgewaltet hatten, in sehr reichlicher Menge auftrat.

Wird das Benzophenonnatrium in Aether suspendirt und Kohlensaure eingeleitet , so verwandelt sich dasselbe unter Kohlensaureaufnahme in ein gelbes Pulver. Bringt man letzteres rnit Wasser zusammen, so scheidet sich Benzophenon ab, w a hr en d Benzilsaure,

als Natriumsalz in Losung bleibt. Dieselbe kann durch An- sauern mit Salzsaure abgeschieden und hierauf durch Um- krystallisiren aus wasserigem Alkohol leicht gereinigt werden.

Das Benzophenon wurde wiederum durch Ueberfuhren in sein Oxim (Schmelzpunkt 140") charakterisirt , wahrend die Benzilsaure durch den gefundenen Schmelzpunkt (149O) und die rothe Farbung, die sie mit Schwefelsaure gab, als solche nachgewiesen werden konnte. Benzophenon und Benzilsaure entstehen annahernd zu gleichen Theilen *).

Wenn man nun die oben erwahnten Thatsachen zu- sammenfafst, so durfte der sich bei der Einwirkung von Natrium auf Benzophenon abspielende Vorgang vielleicht durch folgende Formelgleichung xu versinnlichen sein.

*) Solange die Natriumverbindungen nicht isolirt, sondern zusammen rnit der iiberschiissiges Benzophenon enthaltenden Mutterlauge zersetzt wurden , konnte eine Regenerirung von Benzophenon nicht erkannt werden. Uarauf ist die friiher vorlaufig gemachte Annahme (vergl. B e c k m a n n und H e r z b e r g Ber. d. deutsch. chem. Ges. ba, 914) zuruckzufuhren , dafs Benzophenonnatrium mit Wasser einfach Benzhydrol, mit Kohlenssure und Wasser Beiizilsaure liefere.

gegen Natriurn hei Gegenwart indtferenter Lb'sungsrnittel. 9

C H C6H6 I CeH6 c6H6

' '>CO Na )C-Na

Dafs auf jedes Benzophenonmolekiil nur ein Atom Natrium einwirkt, geht aus den Natriumbestimmungen des Benzophenon- natriums und seiner Kohlensaureverbindung hervor : Ersteres enthielt im Durchschnitt 9,6 pC., letztere 10,4 pC. Natrium, wahrend der Theorie nach 11,2 pC. bezw. 9,2 pC. erforder- lich sind. Wird nun das Benzophenonnatrium mit Wasser zusamrnengebracht , so tritt das Natrium als Natrium- hydroxyd aus und dafGr ein Wasserstoffatom ein, wobei es yon den Versuchsbedingungen abhangt, ob das Molekiil in Benzpinakon ubergeht oder in Benzhydrol und Benzophenon gespalten wird. Fur die Annahme endlich, dafs das Natrium einrnal direct, das andere Ma1 durch Vermittlung des Sauer- stoffs an den Hetonkohlenstoff gebunden ist, spricht die Spal- tung der Kohlensaureverbindung in Benzophenon und Bend- saure. Diese Spaltung durfte in folgender Weise vor sich gehen :

c6H6

C6H,/ 1

C6H6 1 \COCOONa

0

> '-COONa CSH,

+r H

C,H, )C-0-COONa

c6H6 AH OH

CBH6 I >C-COONa

c6H:

Benzilsaures Natrium.

Es entsteht sonach einmal benzilsaures Natrium, ander- seits eine Verbindung, welche die Kohlensauregruppe nur sehr locker gebunden enthalt und sich in Benzophenon und Natriumbicarbonat spaltet.

10 B e c k r n a n n u. P a u l , Verhalten v. Ketonen u. Aldehydem

11. Die Einwirkung uon Natriurn auf Phenyl-a-Naphtylketon

verlauft ganz analog wie auf Benzophenon. Es wurde hierzu eine concentrirte iitherische Losung verwendet, welche etwa 1 Th. Keton auf 6 Th. Aether enthalt. Nach voriibergehender Gelb- und Griinfarbung scheidet sich ein schwarzgrunes Pulver ab, welches jedoeh durch das Auswaschen mit Aether, auch wenn derselbe noch so rein war, eine grungelbe Farbe annahm. Wird dieses Ketonnatrium rnit Wasser zersetzt, so erhalt man nach dem Ausschiitteln mit Aether ein gelbes Oel, welches wahrscheinlich in Analogie niit den bei der Behandlung des Ketons mit Natriumamalgam in weingeistiger Losung bereits friiher *) gemachten Beobachtungen ein Gemenge von Phenyl-a- Naphty lketon , Pheny 1-a-Naphty lcarhinol, Ph eny l-a-Naphty 1- pinakon und Phenyl-a-Naphtylpinakolin ist. Da die ersten drei dieser Korper sehr nahe bei einander liegende Schmelz- punkte und im allgemeinen sehr ahnliche Eigenschaften haben, gelang es nicht dieseltien von einander zu trennen. Durch wiederholtes Behandeln rnit starkem und wasserigeni Alkohol war es indessen moglich einen Korper abzuscheiden , dessen Schmelzpunkt ungefahr bei i30" lag. Derselbe ist sehr wahr- scheinlich mit denr Phenyl-a-Naphtylpinakolin (ClOH7),(C~H5)C. CO.C6H6 von E 1 b s identisch **), doch mufste von einer weiteren Charakterisirung aus Mange1 an Material abgesehen werden.

3ei der Behandlung rnit Kohlensaure geht das Phenyl- a-Naphtylketonnatrium in ein gelbes Pulver uber, welches sich unter dem Einflusse von Wasser in Keton und PhenyL

a-Naphtylglycolsuure 2% )C(OH)COOH spaltet. Das Keton

wurde durcli seinen Schmelzpunkt (?5,50) und seine charakte- ristische Krystallform als solches erkannt, wahrend sich iiber

10 1

*) L e h n e , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 359 und 1360. **) Vergl. K. E l b s , Journ. f. prakt. Chem. [2] 86, 505.

gegen Natriunz bei Gegenwart inchyerenter Losungsmittel. i i

die Saure bisher keine Angaben vorfinden. Die Eigenschaften dieser Verbindung wie auch die einfachste Methode ihrer Dar- stellung sind weiter unten ausfuhrlich angegeben.

Der Umstand, dafs hier eine der Benzilsaure sehr wahr- scheinlich analoge Glycolsaure neben Keton auftritt, ist ein Beweis, dafs das Natrium auf Benzophenon und auf Phenyl- a-Naphtylketon in gleicher Weise einwirkt. Das Ergebnifs der Natriumbestimmung im Phenyl-a-Naphtylketonnatrium, 9,1 pC., stimmt init der 9,0 pC. verlangenden Annahrne uber- ein, dafs 1 Atom Metal1 von 1 Molekul Keton aufgenommen wird.

Zweckmafsige Darstellung der PhenyZ-a-NaphtylgZyycoL saure : Um diese Saure bequem in grofseren Quantitaten er- halten zu konnen, ist es, wie auch bei den noch spater zu besprechenden Sauren, nicht nothig, die gereinigte Kohlen- saureverbindung herzustellen, man verfahrt vielmehr in folgen- der Weise. In einem Scheidetrichter lafst man eine Losung von 1 Thl. Phenyl-a-Naphtylketon') in 6 Thl. reinem Aether auf Natriumdraht einwirken. Im Stopfen des Scheidetrichters befindet sich eine rechtwinklig gebogene Glasrohre, welche

*) Das Keton kann in beliebiger Menge nach den yon G r u c a r e v i c und M e r z gemachten Angaben (Vergl. Ber. der deutsch. chem. Ges. 1873, 6, 1238) hergestellt werden. Diem Methode liefert eine vorzugliche Ausbeute, nur mijchte ich in Bezug auf die Reinigung dieses Priiparates eine Bemerkung hinzufugen. Nach obiger Vorschrift sol1 das erhaltene Keton aus Aether-Weingeist umkrystallisirt werden, wobei dasselbe jedoch, auch nach den Angaben der Verfasser, stets eine gelbliche Farbe behtilt. Wenn man aber die zuerst erhaltenen Krystalle in einer Bachen Schale schmilxt, etwas Aetherweingeist zusetzt und bis zum Erkalten ununterbrochen ruhrt, so erhalt man direct einen Krystallbrei, welcher, YOU der Mutterlauge durch Ahsaugen befreit, weniger gedrbt ist, als bei mehrmaligem Umkrystallisireri durch Ab- dunsten des Liisungsmittels.

Wird das eben beschriebene Verfahren noch zweimal wieder- holt, so erhtilt mail ein vollkommen weifses Praparat. Th. P.

i 2 Be c k m a n n u. Pa u 2, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

zum Luftabschlusse ein mit etwas Quecksilber versehenes U- Rchrchen tragt. Man wend& etwa sechstnal so vie1 Natrium an, als thcoretisch erforderlich ist und kuhlt im Anfange durch Eintauehen in kaltes Wasser. Bald bildet sich am Boden des Trichters ein hellgelbes Pulver, dessen Farbe nach einigen Tagen in Dunkelgrun iibergeht. Dieses Pulver lafst man rnit dem Aether unter Zmruckiassung des unangegriffenen Natriums in ein Kolbchen laufen, in welches bestandig mit Phosphor- pentoxyd getrocknete Kohlensaure geleitet wird. Luft und Feuchtigkeit halt man noch durch einen losen Watteverschlufs ab. Nach 1 bis 2 Stunden hat die Masse eine citronengelbe Farbe angenommen. Nach der Behandlung mit Kohlensaure setzt man Wasser zu der im Aether suspendirten Verbindung und schuttelt die basische Flussigkeit 4 bis 5 ma1 mit reinem Aether aus. Hierauf wird dieselbe mit verdunnter Salzsaure angesauert, wobei sich die Glycolsaure als eine klebrige weifse Masse ausscheidet, die indessen nach einigen Stunden voll- kommen hart wird und aus wasserigem Alkohol umkrystallisirt werden kann. Die Ausbeute ist eine sehr gute. So wurden aus 20 g Keton 11,O g rohe Saure gewonnen.

D er Charakterisirung dieser Saure stellten sich im Anfange inso- fern nicht unbedeutende Schwierigkeiten in den Weg, als die- selbe aus verschiedenen Liisungsmitteln rnit verschiedenen Schmelzpunkten auskrystallisirte. Die Saure kommt im wasser- freien Zustande vor mit dem Schmelzpunkte 148O und in einem wasserhaltigen, worin sie zwischen 108 und i 15O (uncorrig.) schmilzt. Letztere Saure giebt bei 115O utiter Aufschaumen ihren Wassergehalt ab und geht in die wasserfreie Modification uber. Diese Ueberfuhrung kann man auch dadurch bewirken, dafs man die aus wasserigem Alkohol in Nadeln krystallisirende Saure (108 bis 1150) mehrmals aus reinem Benzol und Schwefelkohlenstoff umkrystallisirt, wobei es zweckmafsig ist,

Eigenscha f ten der Ph eny I-a- Naphty Zg Zy co Zsaure.

gegen Natriurn bei Qegenwart indiferenter Losungsmittel. 13

das Losungsmittel nicht vollkornmen verdampfen zu lassen. Auch Eisessig eigiiet sich hierzu sehr gut. Man erhielt auf diwe Weise wohlansgebildete kurze Prismen, welche aus der Mutterlauge direct auf Thonplatten gebracht und bei mafsiger Warme getrocknet wurden. Bei langerem Aufbewahren sinkt sehr oft der Schmelzpuekt um einige Grade.

In haifsem Wasser ist die Saure nnr sehr wenig ldslich und krystallisirt beim Erkalten und langsamen Abdunsten iiber Schwefelsaure in sehr schon ausgebildeten, farblosen, rechteckigm Tafeln, welche bei 108 bis ii5O schmelzen, also wasserhaltig sind.

Die nachstehend naher ausgefuhrten Versuche und Ana- lysen haben ergeben, dafs die empirische Formel der wasser- freien Saure ClsHllOs ist und die wasserhaltige mit 2Hp0 krystallisirt. Leider konnte in Folge der auberordentlich ge- ringen Loslichkeit der vorliegenden Saure in kaltem Wasser die elektrische Leitfahigkeit nicht ermittelt werden, welche in mancherlei Beziehung Aufschlufs iiber den Aufbau von Siiuren giebt.

1) Wasserfreie Saure : 1. 0,4646 g S&ure stlttigten 16,36 cbcm Normalalkali. 2. 0,2310 g Silbersalz hinterliehen nach dem Gluhen 0,0643 Ag.

4. 0,1424 g SLLure erniedrigtem im Beckmann’schen Apparat den

5. 0,3277 g Stlure erniedrigten den Schmelzpunkt yon 18,12 g

6. 0,2409 g Saure gaben verbrannt 0,1094 H,O und 0,6823 COI.

3. 0,1896 g n ,, ,, 0,0531 Ag.

Schmelzpunkt vcn 18,12 g Eisessig urn O,l lOo.

Eisessig urn 0,250°.

7. 0,2135 g n ,, 0,0985 G O ,, 0,6050 GO%. Berechnet fur Gefunden -

G3HI.O* 1. 4. 6. Molekulargewicht 278 284 279 282

Silber 28,05 27,84 28,Ol

Wasserstoff 5,03 5,05 5,13 Kohlenstoff 77,69 71,24 71,28.

2. 3.

6. 7.

14 3 e c k m a n n u. P a u I, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

2 ) Wasserhaltige Saure : 1.

2. 0,0261 g Stiure erniedrigten den Schmelzpunkt von 17,35 g

3. 0,0725 g Siiure erniedrigten den Schmelzpunkt von 17,35 g

4. 0,1651 g Siiure erniedrigten den Schmelzpunkt von 17,35 g

5. 0,2346 g Saure gaben verbranot 0,1191 H,O und 0,5907 CO,.

0,5081 g Saure sgttigten 16,46 cbcm ‘Ilo Normalalkali.

Eisessig urn 0,052O.

Eisessig urn 0,1449

Eisessig um 0,3290.

6. 0,1590 g n ,, 0,0818 H,O 0,4008 CO,. Berechnet fiir Gefunden

C ~ B H I I O ~ f 2HsO -- 1. Molekulargewicht 3 14 309

2. 3. 4. Molekulargewicht 105 113 113 113

5. 6. Wasserstoff 5,73 5,63 5,72 Kohlenstoff 68,79 68,67 68,74.

Die bei der Gefriermethode in Eisessig erhaltenen niedri- gen Werthe, welche etwa einem Drittheil des berechneten Molekulargewichts entsprechen , zeigen die Abspaltung von zwei Molekiilen Wasser an. Der Wassergehalt lafst sich ubrigens auch direct bestimmen, indem man die Saure auf einetn Uhrglase 45 Minuten lang auf 119O erhitzt. 0,2332 g Saure verloren dabei an Gewicht 0,0275 g. Hieraus ergiebt sich der Wassergehalt zu 11,79 pC., wahrend der theoretisch bereehnete 1 i,47 pC. betragt.

Die Phenyl-a-Naphtylglycolsaure giebt mit Blei , Zinn, Calcium, Zink, Silber und Baryum in Wasser ziemlich unlosliche weifse Verbindungen.

111. Einwirkung won Natrium auf Acetophenon.

Dieselbe geht in Folge des Einflusses der Methylgruppe in wesentlich anderer Weise vor sich, als bei den zwei eben besprochenen Ketonen. Das Natrium lagert sich , wie unten in den theoretischen Betrachtungen gezeigt werden soll,

gegen Natrium bei Cegenwart indifeerenter Lb'sungsmittel. 15

einmal an den Ketonsauerstoff an, das andere Ma1 tritt es an Stelle eines Wasserstoffatonis der Methylgruppe.

Wenn Natriuni auf eine Losung von 1 Th. Acetophenon in 3,5 Th. Aether einwirkt, so farbt sich zunachst die Flussig- keit unter bedeutender Warmeentwicklung griinlich , worauf sich ein weifses Pulver abscheidet. Lafst man das Natrium lange Zeit mit der Losung in Beriihrung (circa 14 Tage), so nimmt das Pulver eine braunliche Fiirbung a n , welche nach circa zwei Monaten in eine dunkelviolette ubergeht Wird das Acetophenon-Natrium mit Wasser zersetzt, so erhalt man

zum Theil Aectophenonpinakon $ z ) C ( OH)-( OH)C(??' a

vom Schmelzpunkt 122,5. Aufserdem finden sich unter den Zersetzungsproducten Acetophenon und andere Kiirper, welche nicht isolirt werden konnten, aber nach Analogie der Ein- wirkung von Natriumamalgam auf eine alkoholische Losung von Acetophenon *) wahrscheinlich /3-Acetophenonpinakolin und Phenylmethylcarbinot sind.

Mit Kohlensaure giebt das Acetophenonnatrium eine Ver- bindung von weifsgelber Farbe. Wird diese mit Wasser zer- satzt, so erhalt man vermittelst Aether aus der alkalischen Flussigkeit dieselben Korper wie aus Acetophenonnatrium. Die angesauerte Losung liefert eine Saure , welche nach Analogie der Kohlensaureverbindung des Benzophenonnatriums als eine Glycolssure und zwar als Atrolactinsaure

C6H5'C(OH)COOH angesprochen wurde. Auch der zuerst

gefundene Schmelzpunkt (circa 94O) machte dies wahrschein- lich, da Atrolactinsaure unter besonderen Bedingungen (wasser- frei) hei 93 bis 94O schmilzt. Indessen zersetzte sich die

CH3 '

*) W. Thijrner und Th. Z i n c k e , Ber. d. deutsch. chem, Ges. =I, 1988 und 18, 641.

16 Beckwaann u. P a u I , Verhalten v. Ketonen u. Aldehydert

vorliegende S h e schon beim Umkrystallisiren aus heifsem Wasser. Um einen sichern Vergleich anstellen zu konnen, wurde die Atrolactinsaure nach der Vorschrift von S p i e g e I *) dargestellt, doch erwies sich dieselbe von der hier in Frage slehenden S h e vollkommen verschieden. Auch konnte in Folge anderer abweichender Eigenschaften keine isomere Pheaylmilchsiiure vorliegen. Trotzdem bestatigten zwei im Beckmann'schen Gefrierapparate mit Eisessig angestellte Versuche , wie auch eine Titration mit Zehntel-Normalalkali innerhalb der zulassigen Fehlergrenzen das der Atrolactinsaure oder einer anderen Phenyloxypropionsaure zukommende Molekulargewicht 166. Die Ergebnisse dieser Versuche waren folgende :

1. 0,0526 g Silure erniedrigten den Schmelzpunkt yon 16,74 g

2. 0,1006 g SAure erniedrigten den Gefrierpunkt von 16,74 g

3. 0,0804 g Sliure siittigten 4,64 cbcm Normalalkali. Berechnet fur Gefunden

ELessig urn 0,077O.

Eisessig urn 0,151".

P - 1. 2. 3. Phen yloxypropionsiiure

Molekulargewicht 166 159 156 173.

So mufste der Annahme Raum gegeben werden, dafs die Einwirkung von Natrium auf Acetophenon nicht analog der- jenigen auf Benzophenon sei, sondern dafs das Natrium in die Methylgruppe selbst eintrete. Wenn Letzteres angenommen wird, so mufste die fragliche Saure eine Ketonsaure und zwar die Benzoylessigsuuve sein : C6H5-CO-CH2.COOH. Thatslchlich erwies sich der vorliegende Korper als solche. Zunachst be- halten die oben angegebenen Moleknlargewichtshestimmpngen ihre Richtigkeit auch in Bezug auf diese Saure, deren Molekular- gewicht 164 betriigt. Der Schmelzpunkt der Benzoylessigsaure kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, da sich derselbe

*) Vergl. Ber. d. deutsch. chem. Ges. 14, 235 und 1353; vgL F i t t i g und W u r s t e r , diese Annalen 186, 145.

p g e n Natrkum 6ei Gegenwart ind{ferenter &kungsmittei. 17

mit der Schnelligkeit des Erwarmens andert. Frisch aus Benzol umkrystanisirte Siiure schmolz bei 1W. Nach Angaben v. B a e y e r 's und P e r k i n 's soll der Schrnelzpunkt zwischen 85 und !No liegen *). WIhrend des Schmelzens tritt eine lebhaf'te Kohlensiiureentwicklung auf. Die Saure zeigt ferner ein charakteristisches Verhalten zu Eisenchlorid , welches eine verdiinnte alkoholische Losung derselben prachtvoli dunkel- *olett farbt. Auch giebt das Ammoniumsalz mit Silbernitrat einen weifsen Niederschlag, dessrn Anaiyse folgendes Resul- tat lieferte :

0,1046 g Silbersala hinterlieben nach dem Qluhen 0,0423 g metallischea Silber, was einem Gehalte von 40,44 pC. ent- spricht. Theoretisch soll derselbe 39,85 pC. betragen ; v. B a e y e r nnd P e r k i n haben 39,37 pC. gefunden *).

Die Benzoylessigsaure spaltet sich langsain schon beim Auf- bewahren im Praparatenglase in ihre Componenten : Acetophenon und Kohlensaure ; innerhalb weniger Minuten geht indessen dieser Vorgang beim Kochen mit verdunnten Sauren (Schwefel- saure oder Salzsaure) vor sich. Dabei konnten aus 0,2882 g Saure 0,0709 g COa gewonnen werden, was einem Procent- gehalte von 24,60 entspricht , einem Werthe , welcher dem theoretisch berechneten (26,83) ziernlich nahe kommt.

Darstellung der Benzoylessigsaure **). - Um die Saure in grofserer Menge herzustellen, ist es ebenfalls nicht n6thig von der reinen Kohlensaureverbindung des Acetophenon- natriums auszugehen. Man kann vielmehr ganz analog wie bei der Darstellung der Phenyl-a-Naphtylglycolsaure verfahren. Die Ausbeute ist zwar nicht so gut, wie bei dieser, doch irnrnerhin eine ganz erhebliche, wenn man das Natrium circa

*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 16, 2129.

**) von B a e y e r und P e r k i n erhielten die Siiure durch Beharid- lung von Phenylpropiolstiureihylllther mit verdiinnter Natron- lauge.

Annalen der Chemie 288. Bd. 2

18 Be c km a n n u. Pa u 2, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

drei Wochen auf das Keton einwirken lafst. Die Reinigung der rohen Saure wird am besten durch zweimaliges Umkry- stallisiren aus wasserigem heifsen Alkohol von circa 60° be- wirkt. Ninirnt man hierauf das Praparat nochmals mit reinem Benzol auf, so scheidet sich daraus die Saure in blendend weifsea Nadelchen ab.

Die Vorgange , welche bei der Bildung und Zersetzung des Natriumacetophenons und seiner Kohlensaweverbindung aufireten, diirften vielleicht in nachstehenden theoretischen Betrachtungen eine Erklarung finden. Aus den Analysen des Acetophenonnatriums und seiner Kohlensaweverbindung, welche 13,6 pC. bezw. 11,3 pC. Natrium statt des berechneten Ge- haltes von 16,i pC. bezw. 12,3 pC. ergab, geht hervor, dafs auf jedes Molekiil Keton ein Atom Natrium eingewirkt hat. Da bei der Einwirkung von Natrium auf eine atherische Losung von Acetophenon keine Wasserstoffentwickelung be- obachtet werden konnte und auch bei der Zersetzung der sich dabei bildenden Natriumverbindung mit Wasser keine solche stattfand, so mufs angenommen werden, dafs dieser Wasserstoff innerhalb der Losung gewisse Reductionsproducte bildet. Weil sich aber derartige Korper unter den Zer- setzungsproducten der in obiger Weise isolirten Natriumver- bindung finden, ist es ausgeschlossen, dafs das Acetophenon- natrium nach der einfachen Formel C6H5COCH2Na zusammen- gesetzt sein kann.

Nach den oben erwahnten Beobachtungen durfte der ganze Vorgang unter Beriicksichtigung der eben erwahnten Umstande, vielleicht die folgende Gleichung rechtfertigen :

I

C H Na C,Hs I 6>co >COH CH8 C&Na

Acetophenonnatrium.

jegen Natrium bei Gegenwart indiferenter L6sungsmittel. 19

Unter dem Einflusse von Wasser wird diese Natriumver- bindung leicht in Acetophenonpinakon oder auch Pinakoline ubergehen konnen , wahrend durch einen theilweisen Zerfall des Molekuls Acetophenon und Phenylmethylcarbinol entstehen werden. Die Kohlensaureverbindung des Acetophenonnatriums alurfte sich mit Wasser in folgender Weise zersetzen :

cbH6 c6H6 )C-0-COONa >C-0-COONa

CHlI A - - H

CEH6 >CO + HpO

CH,-COONa Die Verbindung C6H5.CHS.CHOCOONa wird mit Wasser

sofort Natriumdicarbonat abspalten und Phenylmethylcarbinol Itilden.

Der Umstand, dafs bei der Zersetzung der Acetophenon- natrium-Kohlensiiureverbindung auch Acetophenonpinakon auf- tritt, Iiifst sich darauf zuruckfuhren, dafs durch das Einleiten von Kohlensaure nicht alles Acetophenonnatrium in Kohlen- saureverbindung ubergefuhrt oder bei der Zersetzung dieser Verbinduog ein Theil der Kohlensaure wisder abgespalten wird und das Pinakon gewissermafsen nur zufallig auftritt.

IV. Einwirkung von Natrium auf Desoxybenzok.

Dieselbe vollzieht sich analog der vorhergehenden, wenn auch mit einigen Abweichungen. Schon von V i c t o r M e y e r und L. 0 e 1 k e r s *) ist versucht worden, die Natriumverbindung des Desoxybenzoins darzustellen. D a b dieselbe nicht erhalten wurde , ist mit auf die Leiehtloslichkeit der Verbindung zuruckzufuhren. Liifst man namlich auf eine concentrirte L6sung (1 : 7) von Desoxybenzoin in Aether Natrium ein- wirken, so findet eine sehr energische Umsetzung statt, welche sich durch bedeutende Warmeentwickelung und Farbenwechsel

*) Vergl. Bar. d. deutsch. cham. Ges. 21, 1296 u. 1297.

2 ”

20 B e c k m a n n u. Pa u I, Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden

kund giebt. Trotzdem scheidet sich auch nach langem Stehen nur spurenhaft ein weifsliches Pulver ab. Dafs wirklich Des- oxybenzoinnatrium gebildet und in Losung ist, geht daraus hervor, dafs beim Einleiten yon Kohlensaure eine reichliche Menge einer rothgelben, Natrium enthaltenden Verbindung gefallt wird. Auch h i Anwendung eines Gemisches yon Petrolather und Aether als Losungsmittel konnte kein Desoxy- benzoinnatrium gewonnen werden. Lafst ntan hingegen auf eine concentrirte Losung von Desoxybenzoin in reinstern Bensol ( I : 2) Natrium circa 44 Tape lang einwirken, so erhalt man eine erhebliche Meoge einer blafsgelben Verbindung, welche im Wasserstoffstrome gewaschen und getrocknet werden kann. Dieselbe ist aurserordentlich hygroscopisch. Die Na- triumbestimmung ergab einen Metallgehalt von 10,3 pC., welche Zahl der theoretisch berechneten 10,6 pC. sehr nahe kommt, wobei angenonimen ist, dafs ein Atom Natrium auf ein Mo- lekul Desoxybenzoi'n einwirkt. Zersetzt [tian Desoxybenzoin- natrium mit Wasser , so erhalt man Desoxyhenzoiiz zuriick. Nach Analopie des Acetophenons mufste man die Bildung von Desoxybenzoinpinakon (Schmelzpunkt 213O) und Toluylenhydrat (Schmelzpunkt 62O) erwarten , doch konnten dieselben nicht nachgewiesen werden. Wohl aber enthalt die Mutterlauge yon der festen Natriumverbindung, wie auch das zum Waschen verwendete Benzol , diese beiden Substanzen. Beide zeigten ihren charekteristischen Schmelzpunkt. Das regenerirte Des- oxybenzoin wurde aufser durch seinen Schmelzpunkt (55O), durch Ueberfuhrung in sein Oxim als solches charakterisirt.

Die Kohlensaureverbindung des Desoxybenzoinnatriums kann, wie schon oben erwahnt ist, durch Einleiten von Koh- lensaure in eine Losung desselben ausgefallt werden. Als diese Verbindung zum ersten Male mit Wasser zersetzt wurde, bestanden die hierbei gebildeten Producte lediglich aus Des-

gegen Natrium bei Gegenwart indiferenter Losungsmittel. 21

oxybenzoin und Natriumdicarbonat. Es wurde aber der Ver- muthung Raum gegeben, dafs sich wobl eine Same gebildet habe, diese jedoch sehr unbestandig sei. Bei einer vorsich- tigen Wiederholung des Versuches liefs sicb auch eine Saure in Form einer klebrigen Masse abscheiden, die aber sehr leicht unter Iiohlensaureentwickelung in Desoxybenzoln uberging. Bereits die alkalische Fliissigkeit trubt sich bald unter Ab- scheidung von Desoxybenzoin. Letzteres wurde mit voller Sicherheit nachgewiesen. Alle Versuche, die Slure wenigstens fur einige Zeit in reinetn Zustande zu isoliren, blieben erfolglos.

Da nach Analogie der Einwirkung von Natrium auf Aceto- phenon eine Ketonsaure und zwar die Phenyzbenzoylessigsawre, CtiHS-CO-C(CsHS)HCOJH, zu erwarten war, wurde versucht, dieselbe durch Einfuhrung einer Oximidogruppe bestandiger zu machen. Gleichzeitig mufste der Versuch auch daruber entscheiden, ob hier wirklich eine Ketonsaure vorlag. Die Oximirung wurde in der Kalte nritbelst salzsauren Hydroxyl- amins in einer freies Alkali enthaltenden Losung ausgefuhrt, und gelang es wirklich eine Saure zu isoliren, welche in feinen Nadelchen krystallisirt und bei 159,5O schmilzt. In diesem Korper durfte man eine oximirte Phenylbenzoyles6ig- saure von der Constitutionsformel :

C,H,-C=NOH I

CBH, CHCOOH

vermuthen. Hierinit standen indessen die Ergebnisse der Titration, der Analyse des Silbersalzes und der Elementar- analysen im Widerspruche. Alle gefundenen Werthe zeigen vielmehr die erfolgte Abspaltung eines Molekiils Wasser. Die Ergebnisse der Analysen sind folgende :

1. 0,1113 g Same skittigten 4,59 obcm Normalalkali.

3. 0,2105 Silbersalz gaben nach dem Gluhen 0,0655 metall. Ag. 4. 0,2005 Saure gaben verbrannt 0,0842 HsO und 0,5577 COP

2. 0,1705 ,, ,, n 7,03 n ‘/lo n

22 Be c k m a n n u. P a u 1 , Verhalten v. Ketonen u. Aldehyde%

5. 0,1991 g Sliure gaben verbrannt 0,0861 HpO und 0,5528 COP. 6. 0,1933 ,, ,, ,, 9,9 cbcm Stickstoff von 7,0° C bei 766

mm Druck. Berechnet fur Gefunden

Aequivalentgew. 255 237 243 243

Silber 29,83 31,40 31,12

T

GaHi80sN CtsHiiOsN 1. 2.

3.

4. 5. 6. Wasserstoff 5,lO 4,67 4,67 4,81 - Kohlenstoff 70,59 75,95 75,86 75,72 - Stickstoff 5,49 5,91 - - 6,26.

Fur die noch naher zu untersuchende Saure kominen die beiden folgenden Constitutionsforrneln in Betracht :

CeH,-C=N C,He-C=N I / und \

CIH5-COOH C,H,-bHCOO . Da die Saure sich glatt titriren lafst, durfte der ersteren

Forrnel rnit einer fertigen Carboxylgruppe eine grofsere Wahr- scheinlichkeit zuzuschreiben sein.

Darstellung der Anhydrooxirnidopheny lbenzoylessigsaure. Dieselbe ist ganz analog derjenigen der Phenyl-a-Naphtyl- glycolsaure, soweit es sich urn die Bereitung der Kohlen- saureverbindung handelt. Letztere wird ebenfalls durch Zusatz von Wasser zersetzt , worauf die wasserige Schicht von der atherischen in einem Scheidetrichter getrennt wird. Diese Trennung soil rnoglichst rasch und ohne Urnschutteln vollzogen werden, da sonst in der wasserigen Losung die Bildung yon Desoxybenzoin zu weit fortschreitet. Dann fugt man zu dem wasserigen Theile eine concentrirte Losung von (5,O g) salzsaurem Hydroxylamin und hierauf eine solche yon (8,5 g) Natriurnhydrat. (Die angegebenen Mengen sind fur 10,O g in Arbeit genommenes Desoxybenzoin be- rechnet). Das Ganze wird gut durchgeschuttelt und zum Verdampfen des gelosten Aethers in eine flache Schaale gebracht. Nach ein bis zwei Tagen wird filtrirt, Kohlensaure

gegen Natrium bei Gegenwart indifere9ater L6sungsmitteZ. 23

bis zur Sattigung eingeleitet , mehrmals mit Aether ausge- schiittelt , mit verdiinnter Schwefelsaure angesauert und wiederum mit Aether behandelt. Letzterer hinterlafst nach dem Verdampfen die Saure als eine gelbliche halbfeste Masse. Durch mehrmaliges Umkrystallisiron aus heifsem Benzol und wasserigem Alkohol erhalt man leicht die Verhindung analysen- rein. Dieselbe krystallisirt in Nadeln und schmilzt hei 159,5O.

Die theoretischen Betrachtungen schliefsen sich insofern den beim Acetophenon angestellten an, als im Desoxybenzoin ein Atom Wasserstoff des Methylens durch Natrium er- setzt wid . Wie bei den anderen Ketonen findet auch hier keine Wasserstoffgasentwicklung statt. Da nun aber bei der Zersetzung der isolirten Natriumverbindung keine Reductions- producte nachgewiesen werden konnten und solche sich nur in der Mutterlauge vorfanden, ist es wahrscheinlich, dafs das Natrium auf Desoxybenzoin nach folgender Gleichung einwirkt :

Der hierbei frei werdende Wasserstoff reducirt im status nascendi die benachbarten Desoxybenzoinmolekiile zu Pinakon

und Toluylenhydrat. Der Kohlensaureverbindung diirfte dem- nach die folgende Formel zukommen

CsH5-CO-CH,C6H5 + Na = C6H,-CO-CHNaC6H5 + H.

ca5

>co . CdH,CHCOONa

Dieses Salz ist bei Gegenwart von Wasser ziemlich unbe- standig, es spaltet leicht Natriumdicarbonat ab und geht in unlosliches Desoxybenzoin uber. Erst durch die Einfuhrung der Oximidogruppe werden das Salz und auch die freie Saure bestandig.

V. Die Einwirkung von Natrium auf Bensil.

Lafst man auf eine Losung von i Th. Benzil in 7 Th. Aether Natrium einwirken, so entstehen zunachst gelbe Flocken,

24 B e c k r n a n n u. Pawl , Verhalten v. Ketonen u. Aldehyien

welche sich spater in ein tiefviolettes Pulver verwandeln. Diese Natriumverbindung wird an der Luft so energisch oxydirt, d a b die ganze Masse fast regelmafsig in's Gliihen gerat h.

Durch Wasser erleidet das Benzilnatrium Zersetzung unter Abscheidung einer flockigen Masse , welche nur sehr schwer mit Aether aufgenornmen werden kann und am besten an der Pumpe abgesaugt wird. Durch Umkrystallisiren lafst sich der Korper leicht reinigen. Er schiefst aus heifsem Alkohol in langen Prismen an, deren Schmelzpunkt bei 90°

C&CO liegt , und ist regenerirtes Benzil Der Schiittel-

C,H&O *

ather erithalt indessen eine andere Verbindung, welche eben- falls leicht rein zu erhalten ist. Sie krystallisirt in Prismen voni Schmelzpunkt 133 bis 134O und besteht aus Benzoi'n C&,C(OH)H-C0.C6H5. Da der Schmelzpunkt in diesem Falle nicht charakteristisch genug ist , weil das nahe verwandte Hydrobenzofn fast bei gleicher Teniperatur schmilzt , wurde das PhenyZbelazo.inurethan dargestellt.

0,42 g des vermeintlichen Benzoins wurden rnit 0,22 g reinen Phenylcyanats zunachst zusammengeschmolzen und dann noch 90 Minuten, bis zum Verschwinden des Geruchs, im Wasserbade erhitzt. Das Reactionsproduct gab aus heifsem wasserfreien Benzol umkrystallisirt schon ausgebildete Kry- stalle vom Schmelzpunkt 165". Eine Probe reinen Benzoins, aus Benzaldehyd dargestellt und auf gleiche Weise behandelt, lieferte denselben Korper , wlhrend das Phenylhydrobenzofn- urethan erst bei 211O schmilzt.

Obgleich das Benzilnatrium ungefahr zwei Stunden lang rnit Kohlensaure behandelt wurde, konnte kein Farbenwechsel noch ein anderes Anzeicheri beobachtet werden, was auf die Einlagerung von Kohlensaure schliefsen liefs.

Da sich bei der Zersetzung des Benzilnatriums Benzil und

gegen Natrium bei Qegenwart indiferenter Lijsungsmittel. 25

Benzoin bilden und keine Kohlensiureeinlagerung erzielt werden konnte, ist es wahrscheinlich , dafs der Natriumverbindung folgende Constitutionsformel zukomnit :

C&-CO I

C,H,-CONa I

C,H,-CONa I

CeH&O Unter dem Einflusse yon Wasser wird ein SO zusammeuge-

CeH5CO ccH5b0

setzter Korper sehr wahrscheinlich in Benzil und

Benzoin gespalten werden. CGHSCH(0H) C6H,LO

VI. Einwirkung von Natrium auf Benzaldehyd.

Um die Einwirkung von Natrium auf Aldehyde kennen zu lernen und einen Vergleich mit den bisher abgehandelten Korpern anstellen zu konnen, wurde ein Vertreter der Benzol- reihe, der Benzaldehyd gewahlt. Es sol1 hier gleich voraus- geschickt werden, dafs es unerlafslich ist, zu allen derartigen Versuchen nur reinen und frisch rectificirteii Aldehyd anzu- wenden.

Die Einwirkung des Metalls wurde in einer Losung vor- genommen, welche 1 Th. Benzaldehyd auf 5 Th. Aether ent- hielt. Der Vorgang ist im Anfange von auherordentlicher Warmeentwickelung begleitet und tritt hierbei zuerst eine gelbe Farbung auf. Dann scheiden sich brauiiliche Flocken und schliefslich ein dunkelgrunes Pulver ab. Beiin Auswaschen und Trocknen nimmt letzteres eine wesentlich hellere Farbung an. Gegen Luft verhalt sich dasselbe ganz analog dem Ben- zilnatrium.

Wird Benzaldehydnatrium mit Wasser zersetzt, SO ent- C6H5CH( OH)

steht HydrobenzoKn neben Natriumliydroxyd. Die CcH,C!H(OH)

26 B e G k rn a n n u. Pa u I , Verhalten 21. Ketonen u. A ldehyden

durch Umkrystallisiren gereinigte Verbindung hatte den Schmelz- punkt 13O0 und konnte in analoger Weise wie das Benzoin in das Phenylhydrobenzoinurethan iibergefiihrt werden, welches bei 2ii0 schmilzt. Aufserdem findet sich noch eine geringe Menge Benzoesaure, welche jedoch wohl einer Oxydation des angewandten Bittermandelols zuzuschreiben ist.

Behandelt man das Benzaldehydnatrium mit Kohlensaure, so geht die dunkelgrune Farbe desselben in eine braunlich- gelbe uber. Tragt man diese Kohlensaureverbindung in wenig Wasser ein, so lost sie sich zwar fur kurze Zeit auf, doch scheidet sich sehr bald ein Geinenge von Hydrobenzoin und Natriunzdicarbonat ab. Sollte diese Losung im Anfange etwas triibe sein, so kann man sie einige Male rnit Aether schutteln. Das bei der Zersetzung entstehende Hydrobenzoin wurde wie oben charakterisirt. Auch hier findet sich etwas Renzob saure vor.

Wie bei den Ketonen, so wirkt auch in diesem Falle je ein Atom Natrium auf ein Molekiil Aldehyd. Die in dieser Be- ziehung angestellten Ermittelungen ergaben fur das Benzalde- hydnatrium 14,8 und fur die Kohlensaureverbindung 12,5 pC. Natrium, wahrend die Theorie i7,8 bezw. 13,3 pC. voraus- setzt. Die Erscheinungen, welche beim Zersetzen der beiden Natriumverbindungen mit Wasser beobachtet wurden, machen es in hohem Grade wahrscheinlich, dafs das Metall die dop- pelte Bindung des Aldehydsauerstoffs lost und das Zusammen- treten zweier Aldehydmolekiile veranlafst. Die Constitution des Benzaldehydnatriums diirfte demnach folgende sein :

Durch den Einflufs des Wassers wird einfach das Natrium durch Wasserstoff ersetzt und es resultirt Hydrobenzoin, wie

gegen Natrium bei Cegenwart indi$erenter Lzsungsmittel. 27

das Experiment bestatigt. Die Kohlendureverbindung wird dann in folgender Weise zusammengesetzt sein :

Da die Kohlensauregruppe nur sehr locker gebunden ist, tritt dieselbe bei der Zersetzung durch Wasser mit dem Natrium zusammen als saures kohlensaures Salz aus, wahrend gleichzeitig Hydrobenzoin entsteht. Auch dieser Vorgang entspricht ganz den gemachten Erfahrungen.

Anstatt des Aethers kann man sich auch anderer gegen metallisches Natrium indifferenter Losungsmittel bedienen, und war es besonders das Benzol, welches sich zu obigen Zwecken eignete. Es ist wohl kaum nothig zu bemerken, dafs alle diese Losungsmittel mBglichst rein und iiber Natrium rectificirt sein miissen.

Im Allgemeinen gehen die Reactionen in Benzol ganz in derselben Weise vor sich, wie in Aether, nur etwas langsamer. In Benzol als Losungsmittel wurde die Einwirkung von Natrium auf Benzophenon, Phenyl-a-Naphtylketon, Desoxybenzoin und Benzaldehyd vorgenommen. Es hat den Anschein, als wenn bei Anwendung dieses Losungsmittels noch verschiedene Neben- reactionen eine Rolle spielen, da die Zersetzungsproducte der auf diese Weise bereiteten Natriumverbindungen nur schwierig isolirt werden konnten. Dieser Umstand ist vielleicht zum Theil auf die hohe Siedetemperatur des Benzols zuriickzu- fiihren, wahrend in Aether die Erwarmung 35" nicht viel iiberschreiten kann. Wird schon durch das Auftreten lastiger Schmieren das Arbeiten mit Benzol sehr erschwert, so ist dies in noch viel hoherem Grade dadurch der Pall, dafs dasselbe sehr schwer vollkommen verdampft. So mufsten bei der Be- reitung von Desoxybenzoinnatrium, welche Verbindung bisher nur aus Benzollosung gewonnen werden konnte, vier Gramm

28 B e c k rn a n n u. P a u I , Verhalten v. Ketonen u. Aldehyden.

desselben 5lI8 Stunden lang einem lebhaften Wasserstoffstrome ausgesetzt werden, ehe das Praparat vollkommen frei vorn angewandten Losungsmittel war. Bei Anwendung von Aethyl- ather nimtnt eine solche Arbeit nur ca. 90 Minuten in Anspruch und es ist leicht einzusehen, dafs sich wahrend eines Zeitraumes von 5 bis 6 Stunden maneherlei zersetzende Einflusse geltend machen konnen. Auch mit Petrolather wurden verschiedene Versuche angestellt, doch beschrankt sich dessen Anwendung wegen seines geringen Losungsvermogens auf wenige Korper.

Die Ergebnisse vorslehender Untersuchung sind kurz zusamrnengefafst folgende :

Ein groher Theil der Verbindungen, welche das Natrium mit Ketonen und Aldehyden eingeht, ahnelt den Organome- tallen in ihrer aufserordentlichen Reactionsfahigkeit gegeniiber den] Sauerstoffe der Luft, dem sofortigen Zerfall durch Wasser und der Eigenschaft, Kohlensaureanhydrid unter Bildung yon Sauresalzen rnit hoherem Kohlenstoffgehalt einzulagern.

Was die Stellung des Natriums in Bezug auf Sauerstoff und Iiohlenstoff anbetrifft, so ist dieselbe j e nach den ob- waltenden Urnstanden eine verschiedene. Einmal vermag das Metali direct an den Ketonkohlenstoff zu treten (Benzophenon, Phenyl-a-Naphtylketon), ferner kann diese Bindung durch den Ketonsauerstoff vermittelt werden (Benzophenon, Phenyl-a- Naphtylketon, Acetophenon, Benzil, Benzaldehyd) und schliefs- lich ist es im Stande, unter besonderen Unistanden direct in Methyl bezw. Methylen unter Wasserstoffverdrangung einzu- treten (Acetophenon, Desoxybenzoin).

Die mitgetheilten theoretischen Betrachtungen beanspruchen nur den Werth einer Veranschaulichung der hier beobachteten Thatsachen. Insbesondere sollen die obigen Formeln der Natriumverbindungen nicht als Ausdruck fur die wirkliche Molekulargrofse gelten. Von dieser wird in einer spateren Mittheilung die Rede sein.