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Verschleppt nach Andro-Alpha

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Nr. 221Verschleppt nach Andro-AlphaFünf Todeskandidaten als Fluchthelfer der Maahks - sie erfüllen den Plan desSolarmarschallsvon William Voltz

Die meisten Menschen des Jahres 2401 wissen nichts von der Gefahr, die von den Wasserstoffatmern ausgeht.Sie können nichts davon wissen, denn die galaxisweite Auseinandersetzung mit den Methans oder Maahksspielte sich vor rund zehn Jahrtausenden ab - und die Arkoniden waren es, die diesen Kampf bis zum bitterenEnde ausfechten mußten.Die Terraner von Perry Rhodans Solarem Imperium haben das wissenschaftlich-technische Erbe derArkoniden längst übernommen - nun aber müssen sie auch die Bürde dieses Erbes tragen: die weitereAuseinandersetzung mit den Methans, die von Andromeda aus, unter dem Befehl der mysteriösen ‚Meister derInsel‘ stehend, in das Zentrum der Milchstraße vorstoßen und die Existenz des Solaren Imperiums und dergalaktischen Zivilisation bedrohen.Nach der Abwehr des ersten Schlages gegen die Transmitterstraße, der von der fliegenden Maahk-Festunggeführt wurde, bereitet Allan D. Mercant, der solare Abwehrchef, einen Gegenzug vor. Er schickt HalgorSörlunds Todeskandidaten in den Einsatz!

Die Hautpersonen des Romans:Allan D. Mercant - Solarmarschall und Chef der Galaktischen Abwehr.Dr. Blayton - Oberarzt auf ASTO IV.Donald Cartney - Ein Mann, der Verdacht schöpft.Major Halgor Sörlund - Anführer der Todgeweihten.Hegete Hegha, Cole Harper, Son-Hao und Imar Arcus - Sörlunds Männer.

1.

Haben Sie schon etwas von der Zentrumspestgehört?

Hören Sie auf nachzudenken. Sie wissen nicht,was das ist.

Sicher warten Sie darauf, daß ich jetzt gelehrteErklärungen von mir gebe, doch daraus wird nichts.Natürlich haben unsere Medizinmänner, von denenes hier auf ASTO IV nur so wimmelt, einen langenlateinischen Namen für diese Krankheit. Das WortZentrumspest ist bei diesen Burschen direkt verpönt.Überhaupt geben sie sich alle Mühe, uns vergessenzu lassen, woran wir leiden. In unserer Näheunterhalten sie sich nur flüsternd und hintervorgehaltener Hand. Dabei versteht sowieso keinMensch, worüber sie eigentlich reden.

Ich will Ihnen etwas sagen - ich erkläre Ihnen dieganze Sache auf meine Art.

Stellen Sie sich vor, Sie müßten in zwei Monatensterben.

Das können Sie sich natürlich nicht richtigvorstellen, kein Mensch kann das, wenn es mancheauch glauben - bis es wirklich soweit ist. Immerhinkönnen Sie es versuchen.

Stellen Sie sich vor. Sie wüßten, daß Sie in zweiMonaten zu Stein erstarren, umfallen und wie eineGlasfigur auseinanderbrechen.

Ich habe eine sehr lebhafte Phantasie, glauben Siemir. Für mich ist es nicht so schwierig, mir meinEnde auszumalen. Ich habe nämlich schon ein paarmeiner Freunde hier auf ASTO IV an Zentrumspeststerben sehen. Sie lagen in mehreren Teilen dortherum, wo sie gerade zusammengebrochen waren,richtig kristallisiert. Das Bein eines dieser armenKerle war in so viele Teile gebrochen, daß dieBetreuer es einfach mit einem Besenzusammengekehrt haben.

Hinterher haben die Medizinmänner einenfürchterlichen Krach geschlagen. Mir war es dreiTage lang übel, und ich konnte mein Zimmer nichtverlassen.

Die Zentrumspest läßt ihre Opfer zu Steinerstarren, deshalb nennen wir sie auch manchmalMedusa-Pest. Sie wissen schon, Medusa ist jenesgriechische Sagenungeheuer, dessen Anblick diealten Griechen versteinerte. Äußerlich ist dieZentrumspest kaum erkennbar. Die Erkranktenverfallen weder, noch werden sie schwach, Dagegenspielt sich in ihrem Körper, so behaupten dieMedizinmänner, direkt in der Atomstruktur einesjeden einzelnen Moleküls, ein noch nicht enträtselterVorgang auf hyperenergetischer Basis ab. DieLadungen der Atome verändern sich, führen zurBildung kristalliner Gruppen mit eigenartigenStrahlungsfrequenzen und bringen im letztenStadium der Krankheit den menschlichen Körper

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zum Erstarren. Das ist die Zentrumspest! Und ich,Sergeant Hegete Hegha, bin von Ihr befallen.

Ja, ich bin der gleiche Hegha, der bei den letztenOlympischen Spielen Sieger im Langstreckenlaufwurde. Die Tatsache, daß ich so sang- und klanglosaus der Öffentlichkeit verschwunden bin, schreibenOffizielle Stellen meiner Halbprothese zu, die ich amlinken Bein trage.

Mit dem Verlust meines linken Unterschenkelsund Fußes fing mein ganzes Unglück an. Wir warenmit dem Explorerschiff 8080 auf einem dieserkleinen Wüstenplaneten gelandet, die friedlichaussehen wie Großmutters Wohnküche - und sogiftig sind wie Großvaters Pfeifentabak.

Damals war ich gut in Form, das heißt, ich lief die10000 Meter in 20:06,7. Man schickte mich mit zweiRobotern hinaus, weil ich ein Fachmann auf demGebiet der Robotik bin. Ich hatte gleich so einkomisches Gefühl, als ich den Landesteg verließ unddie beiden Robbies knirschend über den Sand rollten.Ich war stärker bewaffnet als eine ganze Armee undbekam über Helmfunk laufend gute Ratschläge VonMajor Halgor Sörlund. Unter diesen Umständen hättenichts schiefgehen dürfen.

Wir sammelten Gesteinsproben und hielten nachprimitiven Lebensformen Ausschau. Plötzlich tauchtevor mir ein kleines Ding aus einem Loch auf. Es warnicht größer als ein Hund und sah liebenswert aus. Eshüpfte in verspielten Sätzen um die beiden Robbiesherum. Dann fegte es wie ein geölter Blitz über denSand.

Hegete, sagte ich zu mir, das ist ein geeigneterTrainingspartner.

Ich flitzte hinter dem Wesen her. Die Robbiesblieben weit zurück. Sörlund hatte etwas gegenmeine sportlichen Ambitionen und blies zumRückzug. Na bitte, er ist Major, und ich bin einfacherSergeant mit ziemlich lockeren Streifen. Ich machteauf dem Absatz kehrt. Das verflixte Ding jedochhatte Gefallen an dem Spiel gefunden und jagte nunhinter mir her.

Und es war schneller als ich. Als es mich eingeholthatte, riß es ein Maul auf, das fast doppelt so großwar wie der größte Pessimist vermutet hätte. Bevorich noch daran dachte, daß es etwas gegen schnelleTerraner haben könnte, schnappte es zu. Mein linkesBein bis zum Knieansatz blieb auf demWüstenplaneten zurück, das heißt, es wurdeeinschließlich des Ungeheuers von den beidenRobbies zerstrahlt.

Als ich wieder bei Bewußtsein war, beugten sichzwei Medizinmänner über mich.

„Heraus damit, Doc“, war das erste, was ichhervorbrachte. „Werde ich jemals wieder laufenkönnen?“

Sie hielten einen langen Vortrag, den ich dadurch

unterbrach, daß ich einfach die Decke wegzog undmir die Geschichte anschaute. Eines wurde mir sofortklar: Die nächsten Medaillen würden andere Männergewinnen. Sie verpaßten mir eine Halbprothese, undich humpelte einige Zeit mit finsterem Gesicht durchdie Gegend. Als ich den Krankenschwestern zur Lastzu fallen begann und einen Medo-Roboterumprogrammierte, so daß dieser der Oberschwesterins Hinterbäckchen kniff und Passagen aus WerthersLeiden rezitierte, befand man mich für erholt genug,um mich an Major Sörlund zu übergeben,

„Sie sehen blaß aus“, hatte der Major festgestellt.Seine tiefliegenden Blauaugen hatten michdurchdringend angestarrt, so daß auch der letzte Restvon Sonnenbräune aus meinem Gesicht wich. „Eswird Zeit, daß Sie sich wieder den Wind der Galaxisum Ihre Knollennase wehen lassen, Sergeant Hegha.“

Wer Sörlund kennt, würde nie auf den Fehlerverfallen, ihn auf irgendwelche Unsachlichkeitenhinzuweisen. So akzeptierte ich den galaktischenWind und folgte ihm wieder an Bord desExplorerschiffes 8080, das uns direkt in die zentralenInteressengebiete der Blues beförderte. Dortunternahmen wir ausgedehnte Expeditionen.

Als wir zurückkamen, lebten von der Besatzungaußer Major Halgor Sörlund und mir noch CaptainCole Harper, Leutnant Son-Hao und Sergeant ImarArcus. Alle anderen waren bereits an derZentrumspest gestorben.

Man brachte uns alle fünf auf den GeheimplanetenASTO IV. Dieser Planet ist eine wunderschöne,grüne Sauerstoffwelt von ungefährer Erdgröße undbildet seit einigen Jahrzehnten dasmedizinisch-biologische Forschungszentrum desImperiums. Hier gibt es so viel Biologen, Medizinerund Pharmakologen, daß sie sich gegenseitig auf dieFüße treten. Die fähigsten Ara-Wissenschaftlerwurden hier angesiedelt, alles zuverlässige Männer,die durch den Geheimdienst auf allen möglichenÄrastützpunkten angeworben worden waren. Hierarbeiten die besten menschlichen Wissenschaftler aufdem Gebiet der Biomedizin, um die letztenKrankheiten zu besiegen, die noch tödlich sind.

Ich glaube, ASTO IV ist deshalb so geheim, weilman niemand beunruhigen will. Sörlund nennt dieseWelt ein paradiesisches Gefängnis. Wenn ich ausdem Fenster meines Zimmers blicke, bin ich geneigt,ihm recht zu geben. Zunächst sieht man nur den Park,aber gleich darauf erkennt man die überall postiertenHelfer in ihren weißen Kitteln.

Nicht, daß uns etwas fehlen würde. Hier gibt esalle nur erdenklichen Vergnügungsmöglichkeiten.Nur eine Möglichkeit fehlt: man kann diese Welt alskranker Mann nicht verlassen. Da die Zentrumspesttödlich ist, muß man sich damit abfinden, in diesemParadies zu sterben.

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Sergeant Imar Arcus sagte mir vor ein paar Tagen:„Wenn uns wirklich nur noch zwei Monate bleiben,würde ich einen davon für eine ordentliche Arbeit imRaum opfern.“

Dr. Blayton, der Oberarzt unserer Abteilung, einausgezeichneter Psychologe, sagte kurz nach unsererEinlieferung: „Wir können Ihnen die Erinnerung anIhre Krankheit fast vollkommen nehmen, doch dannwird unsere Forschungsaufgabe empfindlich gestört.Was Sie ertragen, wird anderen Raumfahrern einmalhelfen.“

So leben wir mit dem Wissen um unseren baldigenTod inmitten eines blühenden Paradieses.

Gestern kam Leutnant Son-Hao in mein Zimmer.Son-Hao ist dreißig Jahre alt, ein lebhafter kleinerKerl mit dunklen Haaren.

„Wir werden beobachtet“, sagte er anstelle einerBegrüßung.

„Ich weiß“, gab ich zurück. „Eine Armee vonMedizinmännern bewacht jeden unserer Schritte.“

„Ich spreche nicht von den Ärzten, Hegete“, sagteer. Kurze Zeit, nachdem wir auf ASTO IVangekommen waren, hatte Major Halgor Sörlund beiunserer Gruppe das Du eingeführt. Er meinte, durchdie gemeinsamen Leiden seien wir so etwas wie eineauf Gedeih und Verderb zusammengeschweißteTruppe. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt niegeglaubt, daß dieser Phlegmatiker von einem Majorauch menschliche Gefühle entwickeln könnte.

„Nicht von den Ärzten?“ fragte ich staunend.„Hier trieben sich einige Kerle herum, die

Charakterstudien treiben“, eröffnete mir Son-Hao.„Geheimdienst?“

„Schon möglich, sie verhalten sich jedenfalls so.Ab und zu kümmern sie sich auch um andere Kranke,aber ich habe festgestellt, daß sich ihr Interesse aufuns konzentriert.“

„Weiß Sörlund davon?“Son-Hao grinste unsicher. „Ich war gerade bei

ihm“, sagte er. „Und?“ „Nichts. Und - er schläft.“ Esist einfacher, eine Herde Wasserbüffel von ihrerTränke wegzubringen, als Major Halgor Sörlund ausseinem Bett. Sörlund schläft mit angezogenenBeinen. Er ist 1,94 Meter groß, und die Betten derKlinik sind nicht viel länger als Hotelbetten. DerMajor hat eine spezielle Tiefschlafatemtechnikentwickelt. Wenn er während des Schlafes atmet,blähen sich bei jedem Atemzug seine eingefallenenBacken auf, und er stößt Töne aus, wie man sieansonsten nur beim Liebeswerben der Bordkatzenunserer Handelsflotte zu hören bekommt.

„Ich werde zu ihm gehen“, sagte ich bereitwillig.Son-Hao lächelte und zog sich zurück. Doch bis zudiesem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, warich noch nicht bei Sörlund. Heute abend sehen wiruns im Kino, aber dann wird er weniger ansprechbar

sein als die Lieblingsfrau des SternenfürstenTeischnach.

Ich beginne mich zu fragen, wozu ich dasüberhaupt schreibe. Medizinische Erkenntnisse wirdman aus diesem Manuskript nicht schöpfen können.Reporter, die an einem Sensationsartikel interessiertwären, haben auf ASTO IV keinen Zutritt, es istundenkbar, daß ich dieses Tagebuch an jemandverkaufen kann.

Aber was soll ein Mann, der auf seinen Tod wartet,sonst tun?

„Man muß versuchen, einfach nicht dran zudenken“, sagte Captain Cole Harper vor einigenTagen. Er ist ebenfalls Sportler. Ab und zu spielenwir ein bißchen Tennis zusammen.

Ich glaube, Cole Harper ist derjenige unter uns,dem es am schwersten fällt, seinen eigenenVorschlag auszuführen.

Er ist immer so verdammt nachdenklich.

*

Ich schreibe weiter. Es ist so viel Unerwartetesgeschehen, daß ich mich geradezu gedrängt fühle,meinen Bericht fortzusetzen.

Etwa drei Tage, nachdem Leutnant Son-Hao seineVermutung über die Geheimdienstleute geäußerthatte, erschien auf ASTO IV ein kleiner Mann miteinem etwas schütteren Haarkranz. Ich stand geradein der für meines Zimmers, als er zusammen mit Dr.Blayton über den Gang kam. Ein freundlichesLächeln lag auf seinem Gesicht. Er sah aus wie einPriester. Doch das war er nicht. Er trug einenZellaktivator und galt als einer der gefährlichstenMänner des Imperiums.

Es war Allan D. Mercant. Solarmarschall Allan D.Mercant, Chef der Galaktischen Abwehr.

Ich gehöre nicht zu den Burschen, denen gleich dieKnie wackeln, wenn sie einen Zellaktivatorträgersehen. Doch Mercants plötzliches Auftauchen ließmein Herz schneller schlagen. Son-Haos Worte fielenmir ein. Hastig zog ich mich in mein Zimmer zurückund begann nachzudenken. Es kam jedoch außer demEntschluß, sofort Halgor Sörlund aufzusuchen, nichtsdabei heraus.

Der Major kniete auf einem Stuhl und hatte denOberkörper aus dem Fenster gebeugt, als ich in seinZimmer trat. Der Wind spielte mit seinem strähnigenBlondhaar. Es war spät am Abend, dunkle Wolkenzogen am Horizont herauf. „Halgor!“ rief ich.Sörlund wandte den Kopf, sein faltiges Gesichtkündigte Unheil an. „Ich wollte nicht stören“, stießich hastig hervor. „Ich bin nur gekommen, um dir zusagen, daß Mercant hier ist, Allan D. Mercant.“Sörlund zog seinen hageren Oberkörper ins Inneredes Zimmers und strich die Haare aus dem Gesicht.

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„Ich weiß“, erklärte er nachlässig. „Ich sah ihn vorein paar Minuten dort unten im Hof aus einemLuftgleiter steigen.“

Er kniete immer noch auf dem Stuhl. Sein Anzugsah aus, als hätte er damit einige Nächte im Bettzugebracht. Ächzend stieg er vom Stuhl, während ichstumm auf irgendeinen Kommentar wartete.

Er musterte mich mit offensichtlichem Unwillen.Umständlich schloß er das Fenster und zog dieVorhänge zu. Dann knipste er das Licht an.

„Was ist es denn noch?“ erkundigte er sichschließlich. „Halgor, es ist Allan D. Mercant“, sagteich eindringlich. „Ja, ja“, knurrte er. „Ich weiß.“ Ersah aus wie eine schläfrige Eidechse, die auf einemStein in der heißen Sonne liegt. Das brachte mich inWeißglut. Bevor ich ihm jedoch auseinandersetzenkonnte, was ich von einem dickfelligen Major hielt,wurde die für aufgerissen, und Sergeant Imar Arcusstürmte herein. „Mercant ist hier!“ stieß er hervor.Ich starrte ihn böse an, und Sörlund starrteabwechselnd ihn und mich böse an, was zur Folgehatte, daß Arcus uns ebenfalls böse anstarrte.Während wir uns auf diese Art anstarrten, kamLeutnant Son-Hao zur für herein und sagte: „Ichwußte, daß meine Vermutung zutraf. Nun ist sogarMercant hier.“

„Schließ bitte die Tür, Imar“, sagte Sörlund zuArcus. „Bevor wir beginnen, wollen wir warten, bisCole Harper hier ist.“

Er hockte sich auf den Stuhl, der ein knirschendesGeräusch von sich gab, als er mit den spitzenKnochen des Majors Bekanntschaft machte. Son-Haoließ sich auf Sörlunds Bett nieder. Arcus stand nebender Tür. Ich hielt mich in Sörlunds Nähe, um seinGesicht zu sehen, wenn Harper hereinkam.

Harper kam ziemlich spät. Er ist der gründlichstevon uns allen, wahrscheinlich überzeugte er sich erst,ob er seinen Augen trauen konnte, bevor er die„Neuigkeit“ weitergab.

Als er schließlich erschien, überblickte er unsereVersammlung mit zusammengekniffenen Augen.

„Ihr wißt es also bereits“, stellte er sachlich fest.„Wir wissen es“, nickte Sörlund. „Man hat irgendetwas mit uns vor“, sagte Son-Hao. „Erst strichendiese GA-Schatten um uns herum. Nun taucht sogarMercant persönlich auf.“

„Woher willst du wissen, ob Mercants Erscheinenetwas mit dieser Sache zu tun hat?“ fragte Arcus vomBett aus. Sein kantiges Kinn schob sich angriffslustignach vorn. Der Ultraenergie-Ingenieur ist derimpulsivste Mann unserer Gruppe.

„Wir wollen uns nicht wegen Nebensächlichkeitenstreiten“, mahnte Sörlund mit erhobenemZeigefinger. „Es kommt darauf an - und darin sindwir uns wahrscheinlich einig -, aus MercantsAnwesenheit Gewinn zu schlagen. Dieser Gewinn

kann nur in der Erteilung eines Auftrages an unsereGruppe bestehen.“

Wie immer sagte der Major mit wenigen Wortengenau das Richtige. Er quittierte unserBeifallsgemurmel mit schwachem Grinsen.

Jemand klopfte an die Tür. Sörlund warf uns einenbedeutsamen Blick zu und öffnete.

Es war Oberarzt Blayton. Dr. Blayton hielt sich fürden einzig Schwerkranken auf ASTO IV;. er schlichmit Leichenbittermiene durch die Gänge unsererStation.

„Raumfahrer sind eine besondere Art vonMenschen“, pflegte er immer zu sagen. „EinRaumfahrer zehrt an der körperlichen Substanz einesArztes.“

Rein äußerlich war bei Dr. Blayton von dieserAuszehrung nichts zu bemerken. Er wog zweiZentner, und in das Gesäßteil seiner Hosen mußtenZwickel eingenäht werden, damit sie überhauptpaßten.

Er betrachtete unsere Versammlung mitsäuerlicher Miene.

„Folgen Sie mir bitte, meine Herren“, sagte er. „Daist jemand in meinem Büro, der sich mit Ihnenunterhalten möchte.“ Son-Hao sprang so schnell vomBett auf, daß Dr. Blayton zurückfuhr. Der Leutnantklatschte in die Hände. In diesem Augenblick vergaßich ASTO IV und meine Krankheit. Ich dachte nurnoch an Allan D. Mercant.

Sörlund setzte sich an die Spitze unserer Gruppe.Wir folgten Dr. Blayton, der mit hängendenSchultern vorausging.

Das Büro des Oberarztes war ein Musterbeispielakademischer Phantasielosigkeit. Die Wände warenso weiß wie Dr. Blaytons frisch gereinigter Kittel.Der lange, schwere Holztisch war mit Papierenbedeckt. In der Nähe des Tisches stand eine fahrbareKartei, deren untere Haltestangen völligblankgewetzt waren, weil Dr. Blayton dieAngewohnheit hatte, sie mit den Füßen hin- undherzuschieben.

Als wir jedoch diesmal in Blaytons Büro kamen,hatten wir den Eindruck, in den Vorhof desParadieses zu treten, denn am Tisch stand ein kleiner,freundlich aussehender Mann. Allan D. Mercant!Mercant sah aus wie der Himmelsportier Petrus imStraßenanzug. Nur seine Augen paßten irgendwienicht zu diesem Bild. Sie erinnerten mich an dieAugen eines Jagdhundes.

„Guten Abend, meine Herren“, sagte Mercant.Major Sörlund knickte seine lange Gestalt ein, daß

wir das Krachen der Knochen hören konnten. „GutenAbend, Sir!“ Wirklich, dieser Sörlund hat etwas voneinem Gentleman, wenn er sich nur etwas Mühe gibt.Ich wette, daß er in Frack und Melone geradezuphantastisch aussehen würde.

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Mercant blickte an uns vorbei und schaute Dr.Blayton an, der neben der für stand.

„Lassen Sie uns doch bitte ein paar Minuten allein,Dr. Blayton“, sagte er höflich.

Blayton schnaubte entrüstet, zog sich aberwiderspruchslos zurück.

„Ihr Schicksal ist mir bekannt“, sagte Mercant, alsBlaytons Schritte im Gang verklungen waren. „Ichweiß, wie es um jeden einzelnen von Ihnen steht. Siewurden längere Zeit von Agenten beobachtet.“

„Das haben wir bemerkt, Sir“, erklärte LeutnantSon-Hao.

Mercant lächelte. „Sie haben einige Männer desauf ASTO IV ansässigen lokalen Abschirmdienstesbei ihrer Arbeit gesehen“, sagte er sanft. „Aber Siehaben keinen Agenten der Galaktischen Abwehrentdeckt. In unserer Organisation arbeiten keineStümper.“

„Entschuldigen Sie, Sir!“ stieß Son-Hao hervor.„Sie tragen Ihr Schicksal auf bewundernswerte

Weise“, lobte uns Mercant. „Man kann sagen, daßSie seelisch stabil geblieben sind. Die Vorschläge,die ich ihnen zu unterbreiten habe, würde ich keinemgesunden Mitglied unserer Organisation machen.Sollten Sie auf meine Vorschläge eingehen und dengeplanten Auftrag ausführen, werden Sie nämlich mitSicherheit vor Ablauf der Ihnen verbleibenden zweiMonate sterben.“

Son-Hao und hob seine dürren Arme wie einbeschwörender Magier.

„Sir“, sagte er nachdrücklich, „es gibt keinenAuftrag, den wir nicht anzunehmen bereit wären.Hier auf ASTO IV sind wir bereits zu Lebzeiten ineinen Sarg eingesperrt. Ein schöner Sarg, gewiß, aberdas ist nichts für uns.“

„Die Galaktische Abwehr“, fuhr Allan D. Mercantfort, als hätte er Sörlund nicht gehört, „hat in ihrerGeschichte viele gewagte Unternehmungendurchgeführt. Was wir jedoch jetzt vorhaben, ist mitnichts zu vergleichen, was in unserer Organisationbisher geschah. Unser Plan wurde aus dem Wissenheraus geboren, daß es keine andere Möglichkeitgibt, als einige todesmutige Männer durch eine Höllegehen zu lassen.“

Alles, was Mercant bisher gesagt hatte, hörte sichfür die Ohren von fünf Todgeweihten sehrverlockend an. Mercant ließ uns noch einige Zeitzappeln. Er begann damit, uns einen genauen Berichtüber die Lage innerhalb der Galaxis zu geben. In derMilchstraße herrschte angespannte Ruhe. Der kalteKrieg mit, den Akonen griff immer weiter um sich.Auf beiden Seiten wurde die Spionagetätigkeitangekurbelt. Dabei stellte der Regierende Rat vonAkon sich nach wie vor unwissend. Auch von denUnternehmungen des akonischen KommandantenArtosos wollten die Verantwortlichen im Blauen

System angeblich nichts wissen.Wesentlich beunruhigender waren jedoch die

Vorgänge auf dem Planeten Quinta, wo sich dieJustierungsstation des Twin-Transmitters befand. Seitungefähr vier Wochen wurden dort seltsame Zeichenbeobachtet. Eine kleine, dem Andromeda-Systemvorgelagerte Milchstraße, ähnlich wie dieMagellanschen Wolken, die auf demDeckenbildschirm der Justierungsstation ebenfallsabgebildet waren, leuchtete in regelmäßigenAbständen auf.

Inzwischen hatten die terranischenSachverständigen herausgefunden, daß diesesAufleuchten innerhalb des Riesenbildschirms auf dieTätigkeit einer Sende- und Empfangsstation hinwies.Dadurch wußten man, daß innerhalb des kleinenSternensystems ein Großtransmitter in Tätigkeit war.

Dieser Großtransmitter sendete offenbarununterbrochen. Noch beunruhigender war dieTatsache, daß die Empfängerstation dasHorror-System war. Irgend jemand war dabei,irgendwelche Dinge in großer Zahl insHorror-System zu schicken. Es gehörte nicht vielPhantasie dazu, um herauszufinden, daß dieseGegenstände Raumschiffe waren.

Nathan, das biopositronische Supergehirn aufLuna, vermutete, daß man die Maahks durch dieVernichtung ihrer Festung aufgerüttelt hatte. DerArkonide Atlan warnte eindringlich vor derunmenschlichen Härte und Kaltblütigkeit derMethans. Er wußte um die Gefährlichkeit dieserWesen, die einen fürchterlichen Vernichtungskrieggegen die Arkoniden geführt hatten.

Nathan sagte weiterhin aus, daß auf Grund dervorliegenden Daten keine Zweifel daran bestehenkönnen, daß die Maahks im Horror-System gewaltigeFlottenverbände versammelten. Da es imHorror-System nichts zu erobern gab, blieb nur eineSchlußfolgerung: eine Invasion stand bevor.

„Deshalb müssen wir unter allen Umständenherausfinden, was im System der Hohlwelt Horrorvorgeht“, sagte Mercant. „Wir müssen einige Männernach Horror schicken.“

„Ich glaube, daß wir schon tot sind, bevor wir imHorror-System die Augen aufmachen“, meinte MajorSörlund.

Ich versuchte in seine Nähe zu kommen, Um michheimlich mit meiner Prothese auf seinen Fuß zustellen. Warum nahm er diese einmalige Chancenicht wahr, von ASTO IV wegzukommen?

„Wir werden Sie nicht einfach durch denTransmitter jagen“, erwiderte Mercant. „Sie werdenflüchten.. In Ihrer Begleitung werden sich fünf,Maahks befinden, die Sie zuvor befreit haben.“

Sprachlos starrten wir ihn an. Er begann seinenPlan in allen Einzelheiten zu erklären, einen Plan,

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wie er nur in seinem genialen Kopf entstehen konnte.Er sprach fast drei Stunden, so daß Dr. Blaytonzwischendurch dreimal erschien und mit empörterMiene verkündete, daß „seine Patienten“ nun einmaleine Tasse Tee trinken müßten.

Der Plan des Abwehrchefs schien keine Lücke zuhaben. Er war streng logisch aufgebaut undberücksichtigte alle Wahrscheinlichkeiten, die sichergeben konnten.

„So“, sagte Mercant mit dem harmlosestenLächeln der Welt. „Das war die Theorie. Demnächstwerden unsere Ausbilder erst einmal brauchbareAgenten aus Ihnen machen.“

Die Art, wie er seine Ankündigung in die Tatumsetzte, ließ uns bald wünschen, in der Klinik Dr.Blaytons zu liegen und auf den Tod zu warten.

*

Zunächst kam der theoretische Unterricht.Mercants Lehrer entpuppten sich als drei harte,eiskalte Burschen, die grundsätzlich mit nichtszufrieden waren. Mercant selbst war immer zugegen,aber er blieb nur der Mann im Hintergrund, der nurzuhörte.

Wir mußten alle Einzelheiten von Mercants Plänenwiederholen, bis es uns über war.

Die Hauptfrage unserer Lehrer lautete: „Was tunSie, wenn ...?“

Sie kamen auf Varianten, an die wir im Traumnicht gedacht hätten. Schlimm wurde es, wenn einervon uns nicht zu ihrer Zufriedenheit antwortete. Danngab es Nachhilfeunterricht.

Wenn wir abends total erschöpft in unserGemeinschaftszimmer gingen, zeigte sich nur nochSörlund bei guter Laune. Er stellte kühneVermutungen über die Weiterführung unseresUnterrichts an und tat auch sonst alles, um uns diewenigen Stunden der Ruhe zu verderben. Seine Artbrachte mich zur Verzweiflung.

Der erste Teil des theoretischen Unterrichtsdauerte vier Tage. Dann nahm sich Mercant unserwieder an.

„Sie werden nun eine Hypnoseschnellschulungerhalten“, erklärte er. „Danach werden Sie dieSprache der Methans, das sogenannte Kraahmak,fließend beherrschen. Da auch die MaahksStimmbänder besitzen, ist es für einen Menschennicht schwierig, diese Sprache zu sprechen.Gegenüber Ihren zukünftigen Begleitern dürfen SieIhre Fähigkeiten jedoch niemals zu erkennen geben.Sie erhalten von uns Symboltransformer. Sie dürfensich mit den Methans ausschließlich mittels dieserGeräte verständigen.“

Noch am gleichen Tag verließen wir mit einemSpezialschiff der Galaktischen Abwehr ASTO IV.

Dr. Blayton inszenierte eine Art Abschiedsfeier abersein Hintergedanke war, etwas von uns zu erfahren.

Nur aus diesem Grund gestattete er uns den Genußvon Alkohol. Allerdings erlebte er eine böseEnttäuschung. Bevor die Feier richtig begonnenhatte, erschienen unsere Lehrer und holten uns ab.Sörlund erklärte mit würdiger Miene unser Bedauerndarüber, daß wir nichts trinken konnten, schnapptesich alle erreichbaren Flaschen und versprach demverzweifelten. Blayton, daß wir bei passenderGelegenheit ein paar Gläschen auf sein Wohl trinkenwürden. Angesichts des Gefühls, um seinen Erfolgbetrogen worden zu sein, verabschiedete Blayton unsziemlich frostig. Das Spezialschiff der Abwehrbrachte uns auf den Planeten Kahalo. Mercant ließuns bewachen, als seien wir das wertvollste Gut desImperiums. Auf Kahalo tauchte er wieder in unsererNähe auf.

„Von hier aus bringen wir Sie zum Twin-System“,erklärte er. „Auf dem Planeten Quinta, derJustierungsstation des Transmitters, sind bereits fünfder acht von uns gefangenen Methans eingetroffen.“Son-Hao, der in den letzten Tagen den Scharfsinneines mathematischen Genies entwickelt hatte, sagte:„Glauben Sie nicht, daß die Maahks mißtrauischwerden, wenn man sie trennt und fünf von ihnen aufeine Transmitterstation bringt?“

„Das ist eine gute Frage, Major“, erwiderteMercant wohlwollend. „Die fünf Maahks auf Quintaglauben, daß ihre drei Freunde bei Experimenten denTod gefunden haben. Das verstärkt ihren Willen zurFlucht beträchtlich. Auch ihre Anwesenheit aufQuinta wurde ihnen ausreichend erklärt. Wir bringensie jeden Tag einmal in die Justierungsstation, so daßsie den Riesenbildschirm sehen können. Dortbombardieren wir sie mit Fragen über den Grund derTransmittertätigkeit in jenem kleinen Sternensystemund im Horror-System. Es muß den Maahks nurlogisch erscheinen, daß wir uns bemühen, den Grundfür die Tätigkeit dieser Stationen herauszufinden. Siewerden noch nicht einmal daran gedacht haben, daßwir eine Flucht fingieren könnten. Außerdem“,Mercant lächelte, „wird es eine echte Flucht sein,meine Herren. Nur wenige Männer auf Quintawurden informiert. Sie müssen sich also tatsächlichüber die bestehenden Probleme hinwegsetzen.“

„So habe ich mir das gedacht“, behauptete HalgorSörlund.

„Sobald Sie auf Quinta ankommen, wird Ihneneine bestimmte Arbeit zugeteilt“ bereitete unsMercant vor. „Sie haben dann Gelegenheit mit denfünf Maahks Kontakt aufzunehmen. Sobald diesgelungen ist, werde ich mich mit Ihnen inVerbindung setzen, damit die letzten undentscheidenden Vorbereitungen getroffen werden.“

Ich wußte selbst nicht warum, aber mit einemmal

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begann mir die Sache keinen Spaß mehr zu machen.Ich kam mir wie ein winziges Rädchen einer gutfunktionierenden Maschine vor. Kaltblütig hatteMercant jeden unserer Schritte vorausgeplant.

Ich sprach mit Sörlund über meine Bedenken.„Das ist eine Art Katzenjammer, Hegete“, sagte er.

„Das legt sich, sobald wir auf Quinta ankommen.“Wie gewöhnlich hatte er recht. Der Planet Quintawar, wie Mercant uns mitgeteilt hatte, der fünftgrößtePlanet des Twin-Systems. Es handelte sich um eineWasserwelt mit 1,76 Gravos, die nur einen einzigenKontinent besaß. Dieser Kontinent bedeckte wie einHut das nördliche Polargebiet. Wie alle Planeten desKunstsystems besaß auch Quinta eine Eigenrotationund drehte sich in genau dreißig Stunden einmal umdie eigene Achse.

Das Kraftwerk auf Quinta lag etwa tausendKilometer vom Nordpol entfernt direkt am Ufer desunermeßlichen Ozeans, der den gesamten Kontinentumspülte. Das erste, was wir auf Quinta zu sehenbekamen, waren die Anzeichen für die Anwesenheitvieler terranischer Superschlachtschiffe. Besondersdie Gigantraumer der Posbis hatten die beidenSonnen des Systems so dicht umschlossen, daß jederdaraus hervortauchende Körper augenblicklichangegriffen werden konnte.

Quinta glich einem Heerlager und erinnerte uns andie Situation in der Nähe des Sechseck-Transmittersin der fernen Galaxis. Auch dort waren die Schiffeunserer Flotte bereit, jeden Angreiferzurückzuschlagen.

„Hier komme ich mir direkt winzig vor“, sagteCole Harper und sprach damit aus, was wir alledachten.

„Ich muß Sie noch einmal daran erinnern, daßsämtliche Transmitterstationen der Meister der Inselohne besondere Vorbereitungen als Empfängerbenutzt werden können. Nur für eine Sendetätigkeitmüssen sie auf das gewünschte Ziel eingestelltwerden. Mit anderen Worten bedeutet dies, daß ausdem Twin-Transmitter oder sogar über dem PlanetenKahalo jederzeit unzählige Schiffe derWasserstoffatmer auftauchen und das Feuer eröffnenkönnen. Darauf haben wir uns vorbereitet.“

Die Situation war geradezu unheimlich. PerryRhodan rechnete damit, daß die Methans irgendwannangreifen würden, er konnte jedoch nicht sagen,wann und in welcher Form der Angriff erfolgenwürde.

Zum erstenmal begriffen wir, warum man unserenEinsatz so sorgfältig vorbereitet hatte. Im Augenblickstellten wir die einzige Chance des Imperiums dar,die Operationen der Maahks zu enträtseln undherauszufinden, wo der eigentliche Stützpunkt derMethans lag.

Wir wurden auf Quinta von einem Mann

empfangen, der größer als Major Sörlund und doppeltso breit war. - Er hatte behaarte Hände, die er mit denDaumen in die Taschen seines grünen Overallsgehakt hatte. Seine wulstigen Lippen bewegten sichununterbrochen.

„Fünf Männer“, sagte er mit weicher Stimme.„Nur fünf Männer. “. Wir blickten uns fragend an.

„Mein Name ist Cartney“, sagte der Riese.„Donald Cartney. Ich habe vor drei Wochen zehnHelfer für die Überwachung der Verladearbeiten vonErsatzteilen angefordert. Nun schickt man mirendlich fünf Männer.“

Es war offensichtlich daß er den wahren Grundunseres Hierseins nicht kannte. Cartney glaubtedaran, daß wir gekommen waren, um irgendwelcheArbeiten zu beaufsichtigen. Ich fragte mich, wie wirauf diese Weise Kontakt zu den Gefangenenaufnehmen konnten, die doch sicherlich durch alleerdenklichen Maßnahmen vor neugierigen Blickengeschützt wurden.

Wir stellten uns vor. Cartney drückte uns dieHände und führte uns durch eine ausgedehnteLagerhalle zu einem kleinen Gebäude. Er deutete aufden Eingang. „Hier werden Sie schlafen“, erklärte er.„Melden Sie sich in zehn Stunden bei mir. Sie findenmich irgendwo im Lager.“

Cartney ging davon. Wir standen etwas verlorenherum, bis Sörlund die für zu unserem neuenQuartier aufstieß. Innerhalb des Gebäudes befandensich mehrere kleine, aber saubere Räume. Einerdavon war bereits von Donald Cartney belegt.

Als wir unsere Habseligkeiten in den Schränkenverstauten, erschien ein Roboter und brachte uns einPaket.

„Das Gepäck für die neuen Helfer“, schnarrte erund zog sich wieder zurück.

Wir wußten nichts von irgendwelchem Gepäck,doch als wir das Paket öffneten, lagen fünf kompletteAusrüstungen der Abwehr vor uns, einschließlichWaffen und Symboltransformer. Sörlund entdeckteeinen kleinen Zettel, den Allan D. Mercantunterzeichnet hatte.

„Auf Quinta gibt es keine Diebe“, las Sörlund vor.„Trotzdem ist es empfehlenswert, diese Sachen unterVerschluß zu halten. Mercant.“

Wir legten unsere Ausrüstungen ebenfalls in dieSchränke und schlossen diese ab. Kurz darauferschien Cartney noch einmal und erklärte uns, wodie Kantine lag, in der wir unsere Mahlzeitenempfangen würden.

Als er gegangen war, versammelten wir uns inSörlunds Zimmer.

„Ich schätze, wir unternehmen einen kleinenRundgang“, schlug der Major vor. „Bisher haben wirnicht viel von unserem neuen Arbeitsgebiet zu sehenbekommen.“

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„Das Wort Kantine besitzt noch immer einegewisse Anziehungskraft auf Halgor“, bemerkteSon-Hao spöttisch.

Wir gingen hinaus. Zwischen der Lagerhalle unddem Gebäude, in das man uns einquartiert hatte,führte ein Weg auf einen ausgedehnten Hof. Auf deranderen Seite entdeckten wir weitere Lagerräumeund die Kantine. Im Hintergrund sahen wir einigeRaumschiffe stehen. Dort war der Landeplatz. Allediese Gebäude waren erst in letzter Zeit entstanden.Das eigentliche Kraftwerk mit der Justierungsstationlag etwa zwei Kilometer von hier entfernt. NachMercants Aussagen wurden die fünf Maahks einmaltäglich dorthin gebracht. Das konnte nur bedeuten,daß sie ansonsten irgendwie hier in der Nähe seinmußten, zumindest aber zweimal hiervorbeitransportiert wurden.

Wir überquerten den Hof. Zwei Männer imMechanikeranzug und mehrere Roboter begegnetenuns. Aus der offenen für der Kantine klangStimmengewirr und Musik.

Wir gingen jedoch weiter und versuchten, hinterden Gebäuden in die Nähe des Landefeldes zugelangen. Überall stießen wir jedoch aufAbsperrungen. Einige Robotposten verlangten unsereAusweise zu sehen. Sie erklärten uns, daß wir alsArbeitskräfte keinen Zutritt zu den Schiffen hätten, essei denn, wir könnten eine Sondergenehmigungvorweisen. Das konnten wir nicht.

„Versuchen wir es auf der anderen Seite“, schlugSörlund vor. „Vielleicht kommen wir zum Kraftwerkdurch.“

Abermals stießen wir auf Sperren undRobotwächter.

„Wir sind praktisch innerhalb der Lagerräumegefangen“, stellte Sörlund fest. „Wenn uns die Arbeitnicht ab und zu hinter die Sperren führt, wird esziemlich langweilig hier.“

Wir trösteten uns damit, daß Mercant von diesenVerhältnissen bestimmt gewußt und sie in seinenPlänen berücksichtigt hatte. Wir gingen in dieKantine, um zu essen. Danach zogen wir uns in unserQuartier zurück.

Donald Cartney sollte am nächsten Morgenausgeruhte Arbeiter vorfinden.

*

Es stellte sich heraus, daß wir für Major Sörlundkeine passende Arbeitshose hatten. Halgor ließ sichjedoch nicht beirren und trug mit ernsthafter Mienedie ihm zugeteilte Hose, auch wenn sie nur bis knappunter seine Knie reichte.

Cartney begrüßte uns feierlich, als wir imLagerraum auftauchten. Wir trugen einen Teilunserer Ausrüstungen in Plastikbeuteln bei uns, so

daß wir für den Kontaktfall gerüstet waren.Cartney warf einen Blick auf die Beutel.„Was habt ihr da mitgebracht?“ erkundigte er sich.Sörlund, schob seine Arbeitsmütze in den Nacken,

so daß einige Strähnen seines blonden Haaresdarunter hervorquollen. „Unser Frühstück“, erklärteer bissig. „Denken Sie, wir können ohneZwischenmahlzeit auskommen?“

Cartney betrachtete Sörlunds dürre Waden, die ausder viel zu kurzen Hose ragten und meinte, wir hättenein Frühstück sehr wohl nötig. Er führte uns zu dreielektronisch gesteuerten Kränen, die unter dem Dachder Halle aufgehängt waren. Die Halle besaß aufihren beiden schmalen Seiten keine Tore, der Windkonnte ungehindert eindringen.

Cartney deutete auf einen Berg größerer Kisten,die hier gelagert wurden.

„Natürlich ist das eine Arbeit für Roboter“,erklärte er entschuldigend. „Doch ihr werdet baldfeststellen, daß hier die einzelnen Abteilungen um dieArbeitskräfte kämpfen. Öffnet die Kisten und holt dieeinzelnen Teile heraus. Sie müssen gewogen undregistriert werden. Es kommen ständig. Robotwagenvorbei, die die registrierten Teile abholen.“

Cartney zeigte uns die Waage und erklärte uns,wie wir vorzugehen hatten. Er konnte nicht ahnen,daß drei der vor ihm stehenden Männer einOffizierspatent besaßen. Zugegeben, gerade MajorSörlund wirkte in seiner Aufmachung nichtbesonders intelligent, aber man sollte nicht immervom Äußeren eines Mannes auf seine geistigenFähigkeiten schließen.

Unser Arbeitsplatz lag praktisch am Ende derHalle, und wir konnten auf den Weg hinausblicken,der in den großen Hof führte. Sörlund übernahm dieBedienung des Krans. Wir hoben eine Kiste an undstellten sie neben der Waage ab. Es war keine sehrbefriedigende Arbeit, aber immer noch besser als aufASTO IV auf den Tod zu warten.

Als wir vier Kisten geleert und alle Teile gewogenund registriert hatten, erschien ein Robotwagen, umalles abzuholen, was wir ausgepackt hatten. Sörlundschaute dem Fahrzeug nach. Als es auf den Weg vorder Halle einbog, schnippte der Major mit, denFingern. „Der Fahrweg!“ sagte er. „Was meinst du?“erkundigte sich Cole Harper, der sich als Biophysikerim Kreis von Transportarbeitern völlig deplaciertvorkam.

„Dieser Weg ist die einzige Verkehrsaderzwischen Landefeld und Justierungsstation“, erklärteSörlund. „Mercant sagte uns, daß man die fünfgefangenen Maahks jeden Tag einmal vor den großenBildschirm stellt. Man transportiert sie also zurStation.“

„Du meinst, sie kämen hier vorüber?“ fragteSon-Hao.

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Sörlund lehnte sich gegen eine Kiste. „Natürlich“,sagte er. „Womit man sie auch transportiert - siekommen an dieser Halle vorbei.“

„Das klingt nicht sehr erfolgversprechend“, sagteArcus. „Was sollen wir tun, wenn sie hiervorbeifahren? Bestimmt sind Wächter dabei. Wirkönnen nicht einfach hingehen und fragen, ob wiruns mit den Methans unterhalten dürfen. Schließlichsind wir nur Arbeiter, die von der Anwesenheit derGefangenen auf Quinta nichts wissen.“

„Vielleicht sollten wir den Wagen, der sietransportiert, einige Zeit beobachten, umfestzustellen, wo er hält“, schlug er vor.

Sörlund bearbeitete sein spitzes Kinn zwischenDaumen und Zeigefinger der rechten Hand.

„Wir halten den Wagen auf“, sagte er.„Mercant hat uns geraten, keine Gewalt

anzuwenden, bevor wir nicht sicher sein können, daßdie Maahks mitmachen“, erinnerte Arcus.

„Das tägliche Verhör der Maahks nimmt zweiStunden in Anspruch, wie Mercant sagte.“ Sörlundblickte auf seine Uhr. „Wir müssen aufpassen, wanndie Maahks hier vorbeikommen. Zwei Stunden spätermuß der Weg versperrt sein.“ „Versperrt?“wiederholte Harper.

„Natürlich“, erwiderte Sörlund. „Wir stelleneinfach ein paar Kisten auf den Weg. Als Neulingehaben wir gegenüber den Wächtern eine plausibleAusrede. Wir können schließlich nicht wissen, daßder Weg frei bleiben muß. Cartney hat nichts davongesagt.“

Das hatte Cartney tatsächlich nicht. Die Idee wargar nicht so schlecht, aber ich ahnte, daß wirSchwierigkeiten bekommen würden.

Wir arbeiteten weiter. Nachdem wir drei weitereKisten ausgepackt hatten, stieß Sergeant Imar Arcusplötzlich einen Pfiff aus.

Ich blickte auf und schaute auf den Weg hinaus.Ein großer Robotwagen fuhr mit langsamerGeschwindigkeit an der Halle vorüber. Auf seinerLadefläche stand ein Metallbehälter von ungefährzehn Metern Länge und vier Metern Breite. DerBehälter hatte eine Höhe von knapp drei Metern. Erwar mit einer Plane zugedeckt, so daß man nurverschiedene Stellen sehen konnte. Auf dem freienTeil der Ladefläche saßen drei bewaffnete Männer inder Uniform der Flotte. Aus dem Behälter ragtenverschiedene Rohre und beulten die Plane aus.

„Das sind sie!“ zischte Sörlund. Der Gedanke andie fünf fremdartigen Intelligenzen, die innerhalb desDruckbehälters transportiert wurden, ließ mein Herzschneller schlagen. Alles, was ich über die Methansgehört hatte, ließ sie mir unheimlich erscheinen. Esschien mir in diesem Augenblick undenkbar, daß ichmich mit ihnen verbünden sollte.

Sie lebten innerhalb des Druckbehälters, weil sie in

den atmosphärischen Bedingungen dieser Welt nichtexistieren konnten.

Wie gelähmt standen wir da und warteten, bis dasFahrzeug hinter der Halle verschwunden war.Sörlund nannte uns die Uhrzeit. „Eine Viertelstundevor ihrer Rückkehr schaffen wir einige Kisten aufden Weg hinaus“, ordnete er an.

„Hoffentlich erscheint vor dem Rücktransport derMaahks kein anderes Fahrzeug. Sobald der Wagenmit dem Behälter anhält, beginnen wir mit denWächtern ein heftiges Palaver, an dem sich nurHegete nicht beteiligt. Hegete kann sich amschnellsten bewegen. Er wird versuchen, von deranderen Seite an den Behälter heranzukommen, undeine kurze Verbindung zu den Maahks herzustellen.“

Ein Schauer rann mir über den Rücken. Sörlundschien mein Unbehagen zu fühlen und lächelte mirermutigend zu.

„Du mußt auf jeden Fall herausfinden, wo man diefünf Burschen versteckt hält“, sagte er. „Wenn dudich an Mercants Anweisungen hältst, kann nichtsschiefgehen.“

Wir beratschlagten weiter, bis Donald Cartneyerschien und uns zur Arbeit anhielt.

„Ihr seid nicht zum Schwatzen hier“, fuhr er unsan. „Wenn ihr nicht arbeiten wollt, werde ich euchtrennen und in verschiedene Abteilungen schicken.“

Wir begannen zu arbeiten, daß mir der Schweißüber das Gesicht lief. Wir durften auf keinen Fallriskieren, daß Cartney im entscheidenden Augenblickdazukam. Viel schneller als ich erwartet hatte,verstrich die Zeit.

„Es geht los!“ rief uns Sörlund zu. Wir zogeneinen kleinen Transportkarren heran und luden sechsKisten auf seine Ladepritsche. Dann schoben wir denKarren auf den Weg hinaus. Ich blickte mich nachallen Seiten um. Kein Mensch war in unserer Nähe.Wir luden die Kisten so ab, daß sie die Fahrbahnblockierten. Eine davon war leer. Sörlund befahl mir,in sie hineinzukriechen. Im geeigneten Augenblicksollte ich hervorkommen, um mit den Maahks mitHilfe des Symboltransformers zu sprechen. Da mansich während der Verhöre ebenfalls über diese Gerätemit den Gefangenen verständigte, war Sörlund sicher,daß die Maahks mich sofort hören konnten.

Sörlunds Plan sah vor, daß ich mich sofort wiederin die Kiste zurückzog, wenn es mir gelungen war, zuerfahren, wo man die Methans gefangenhielt. Meinevier Freunde wollten mich dann auf den Karren ladenund in die Halle transportieren.

Das hörte sich einfach an, aber mir gefiel dieSache nicht. Ich mußte an die drei bewaffnetenWächter denken. Wir wußten nicht, ob sie in diePläne Mercants eingeweiht waren. Würden sieschießen, wenn sie mich bei derVerbindungsaufnahme entdeckten?

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Harper und Son-Hao zogen den Wagen vom Weg,während ich mich in die Kiste begab. Die vierMänner gingen in die Halle zurück, um die Arbeitwieder aufzunehmen. Wenn die Sache echt aussehensollte, durften sie erst nach dem zu erwartendenProtest der Wächter wieder herauskommen.

Heftig atmend hockte ich in der Kiste. DenSymboltransformer hielt ich einsatzbereit in denHänden. Das einzige Geräusch, das ich vernahm, wardas Schlagen meines eigenen Herzens. Ich wußtenicht, wieviel Zeit vergangen war, als ich dasSummen eines Motors hörte. Ich umklammerte dasÜbersetzungsgerät, bis meine Knöchel weiß wurden.Stimmen klangen auf. „Was soll das?“ schrie jemandaufgebracht. „Schafft die Kisten hier weg, ihrEinfaltspinsel.“

Es folgte eine kurze Pause, dann ertönte dieunverkennbare Stimme von Major Halgor Sörlund.

„Hören Sie auf zu schreien. Erklären Sie mirhöflich, was Sie von uns wollen.“

Ich biß auf meine Unterlippe und spähte aus derKiste. Vier Meter von mir entfernt stand der Wagenmit dem Behälter. Die Wächter waren nicht zu sehen.Sie mußten vom Fahrzeug gesprungen und auf deranderen Seite ein Stück in die Halle gegangen sein.Ich hörte, wie Sörlund mit ihnen stritt. Mit dreiSchritten war ich bei dem Behälter. Ich zitterte sostark, daß ich fast die Schaltung falsch ausgeführthätte.

„Der Aufenthalt ist ein Trick“, flüsterte ich in dasGerät. „Könnt ihr mich verstehen?“

Das Gerät knackte dreimal. Ich begann zuschwitzen. Auf der anderen Seite des Wagensargumentierte Sörlund noch immer mit denWächtern.

Ich zuckte zusammen. Ich hatte den Eindruck,jemand hätte unmittelbar an meiner Seite gesprochen.

„Wir müssen mit euch reden“, sagte ich hastig.„Wo hält man euch gefangen?“

„Wer sind Sie?“ kam die mißtrauische Frage.„Verdammt!“ rief ich erregt. „Es geht um

Sekunden. Sagt mir schnell, wo man euchgefangenhält.“

„Im kleinen Bunker des Landefeldes, dort sind ...“, mehr verstand ich nicht, denn ich huschte schonwieder zur Kiste zurück und kroch hinein. Schnellschob ich den Symboltransformer unter meine Jacke.

„Wir bringen die Kiste von hier weg“, hörte ichSörlund sagen. „Aber niemand darf uns anschreien.“

„Ich möchte wissen, wo die Kerle entsprungensind“, sagte einer der Wächter zu den beiden anderen.

Da ertönte eine neue Stimme, die Cartneys - undsie hatte alle Weichheit verloren.

„Seid ihr wahnsinnig geworden?“ schrie er außersich. „Die Fahrbahn muß frei bleiben.“

„Ja, natürlich“, gab Sörlund zurück. „Wir wollten

doch nur die Kisten der Größe nach sortieren. InZukunft werden wir aufpassen.“

„Wo ist der Kerl mit der Unterschenkel-Prothese?“schrie Cartney.

„In der Toilette“, erklärte Sörlund kaltblütig.Ich hörte, wie die erste Kiste auf den kleinen

Transportwagen gelegt wurde. Ich rechnete jedenAugenblick mit meiner Entdeckung. Wenige Minutenspäter fühlte ich, wie mein unbequemes Versteckangehoben wurde. Unsanft lud man mich auf dasFahrzeug.

„So“, sagte Sörlund. „Der Weg ist frei.“Die Wächter knurrten etwas Unverständliches. Ich

hörte das große Fahrzeug davonfahren. Dann sprachwieder Cartney.

„Wir müssen miteinander auskommen“, sagte er.„Doch dazu müßt ihr euch zusammenreißen.“

„In Ordnung, Sir“, entgegnete Cole Harper, undArcus fügte hinzu: „Wir werden keinen Ärger mehrmachen.“

Ich hörte Cartney davongehen. Gleich daraufklopfte jemand gegen meine Kiste. Ich kroch herausund sprang vom Wagen. Einen Augenblick genoß ichdie fragenden Gesichter meiner Freunde.

„Nun?“ erkundigte sich Major Sörlund.„Sie sind auf dem Landefeld“ sagte ich. „Im

kleinen Bunker.“Sörlund grinste befriedigt. Er schien nicht an die

Absperrungen zu denken, die uns den Zutritt zumLandefeld verwehrten.

„Den Rest des Tages wollen wir arbeiten“, schlugSörlund vor. „Dazu sind wir schließlich hier.“

*

Major Sörlund kam mitten in der darauffolgendenNacht in mein Zimmer und weckte mich. Als ichsprechen wollte, legte er seine knochige Hand aufmeinen Mund.

„Schscht!“ machte er. „Die anderen dürfen nichterwachen.“

Ich senkte meine Stimme ebenfalls. „Was istpassiert, Halgor?“ Ich sah ihn im Licht, das durch dasFenster von den Scheinwerfern auf der Lagerhallehereinfiel, lächeln.

„Nichts“, flüsterte er. „Wir starten zu einemZwei-Mann-Unternehmen.“

Ich gähnte nachdrücklich. „Und wohin?“„Zu den Maahks“, eröffnete Sörlund, als sei es

eine selbstverständliche Sache, den Gefangenennächtliche Besuche zu machen. Ich kroch aus demBett und kleidete mich an. Sörlund trug seineArbeitskleidung, sogar an die Mütze hatte er gedacht.Im Halbdunkel des Zimmers sah er geradezu groteskaus.

Sörlund trug seine komplette Ausrüstung bei sich.

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Wir schlichen aus dem Haus, ohne daß wir bemerktwurden. Aus Cartneys Zimmer kam gedämpfteMusik. Die Nacht war kühl und windstill. Nur vomLandefeld drangen vereinzelte Geräusche zu unsherüber. Überall waren starke Scheinwerferaufgestellt.

Sörlund bewegte sich vor mir an der Wand derLagerhalle entlang. Ich klopfte ihm auf die Schulter.

„Wie sollen wir an den Absperrungenvorbeikommen?“

„Das kann ich erst sagen, wenn wir dortangekommen sind“, erwiderte er. Das klang nichtgerade zuversichtlich. Wir erreichten unangefochtendie Kantine, die unmittelbar vor den Sperren desgroßen Landefeldes lag.

„Wir müssen auf das Dach“, sagte Sörlund. „Vondort oben können wir das gesamte Landefeldüberblicken.“

Wir gingen weiter. Auf der anderen Seite warenleere Kisten aufgestapelt. Sörlund machte halt. Wirlauschten, aber es blieb vollkommen still. Sörlundbegann die leeren Kisten an der Seitenwand desKantinengebäudes aufzuschichten, bis er eine ArtTreppe errichtet hatte. Er kletterte auf das baufälligeMachwerk und konnte den Rand des Daches packen.Gleich darauf hatte er sich hinaufgezogen. „Los,Hegete!“ raunte er mir zu. Offensichtlich vergaß er,daß ich nur eineinhalb Beine einsetzen konnte. Icharbeitete mich an den Kisten hinauf. Zum Glück binich nur fünf Zentimeter kleiner als Sörlund, und sokonnte ich mich ebenfalls am Dach hinaufziehen.

„Ich kann nur den großen Kommandobunker vonhier oben sehen“, sagte Sörlund. „An den Sperrenstehen einige Robotposten.“

Das Aufstellen von Wachen war nur eineroutinemäßige Sicherheitsmaßnahme. Jeder einzelneTerraner, der sich auf Quinta aufhielt, galt alszuverlässig. Außergewöhnliche Wachmaßnahmenwaren aus diesem Grunde unnötig.

Sörlund hob den Arm und blickte auf die Uhr.„In vier Stunden wird es hell“, sagte er. „Ich

glaube, wir können unseren Ausflug fortsetzen.“Das Kantinendach ragte über die Absperrungen

hinaus. Es warf einen Schatten auf ein Teilstück desLandefeldes. Sörlund nahm einen Plastikstrick ausseiner Ausrüstung und befestigte ihn mit einem Endeam Austritt der Klimaanlage. Er prüfte seineHaltbarkeit, dann ließ er sich auf das Landefeldhinab.

Ich blickte mißtrauisch zu den Wachroboternhinüber, die etwa hundert Meter von uns entfernt anden Absperrungen standen. Es blieb mir jedoch keineandere Wahl, als dem Major zu folgen. Ich fragtemich, warum Mercant nicht alle Angehörigen derFlotte auf Quinta von unserem Vorhaben informierthatte. Hielt er uns für so schlechte Schauspieler, daß

er uns nicht zutraute, den Maahks das Theater einerechten Flucht vorzuspielen?

„Wir müssen zwanzig Meter überwinden, die inLicht gebadet sind“, sagte Sörlund, als ich neben ihmlandete. „Wenn wir uns beeilen, sehen uns dieRobbies nicht.“

Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als erauch schon seine langen Beine in Bewegung setzte.Ich rannte hinter ihm her. Sekunden später kauertenwir im Schatten des nächsten Gebäudes. Sörlundkicherte zufrieden, als er zu den Wächternhinübersah.

„Du hättest Läufer werden sollen“, sagte ich zuHalgor.

„Ja“, bestätigte er. „Ich bin ein vielseitiges Talent.“Das war eine unerhörte Selbstüberschätzung, aber

ich war viel zu aufgeregt, um ihm seine Behauptungzu widerlegen. Entlang dem Gebäude schlichen wirweiter. Etwa zweihundert Meter vor uns erkanntenwir die Landestützen eines Raumschiffes. Die riesigeVerladeschleuse stand offen, war jedoch nichtbeleuchtet. An den weiter entfernt stehenden Schiffenwurde gearbeitet.

„Der kleine Bunker muß unmittelbar in der Nähedes Kommandoraumes sein, das ist die üblicheAnordnung“, erklärte Sörlund.

Wir konnten uns jetzt ständig im Schatten vonGebäuden halten und kamen schnell voran. In derNähe des Kommandobunkers herrschte starkerBetrieb. Es wimmelte von Raumfahrern,Mechanikern, Arbeitern und Robot-Kolonnen. „Wasjetzt?“ fragte ich atemlos. „Wir mischen uns einfachunter die Arbeiter“ sagte der Major. „Das ist dieeinzige Möglichkeit, durchzukommen. Dort sind soviele Männer, daß wir bestimmt nicht auffallen.“

Wir zogen unsere Mützen ins Gesicht und gingenlos. Obwohl ich wußte, daß uns im Ernstfall nichtsgeschehen konnte, ließ meine Anspannung nichtnach. Mercant verließ sich darauf, daß wir eine echteFlucht inszenierten. Ich hoffte, daß wir ihn nichtenttäuschen mußten.

In der Nähe des Kommandobunkers machte sicheine Gruppe von Schweißern einsatzfertig. Sörlundnickte mir zu und steuerte auf die Männer los.

Mit gelassener Selbstverständlichkeit packte ereines der tragbaren Schweißgeräte. „Nimm du dieKabel“, befahl er. Ich wagte nicht, einen der Arbeiteranzublicken. Ich nahm zwei Kabel von einem Regalund folgte Sörlund, der bereits davonging. Als ich ihneinholte, hörte ich, daß er unbekümmert vor sich hinsummte.

Wir schleppten die Arbeitsgeräte den gesamtenKommandobunker entlang und begegneten dabeimindestens dreißig Männern und ebensovielRobotern. Doch niemand kümmerte sich um uns.Endlich gelangten wir auf die andere Seite des

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Gebäudes, wo es dunkler und weniger belebt war.Sörlund stellte sein Gerät ab. Ich warf die Kabel

daneben auf den Boden.„Alles in Ordnung?“ fragte er wohlwollend.„So ziemlich“, gab ich unsicher zurück.Er machte eine vage Geste. „Ich glaube, der dunkle

Schatten dort drüben ist der kleine Bunker. ZumGlück gibt es dort kein Licht. Wir wollen uns dieSache einmal aus der Nähe ansehen.“

Er übernahm wieder die Führung. Als wir nochzwanzig Meter von unserem Ziel entfernt waren,blieb Sörlund so plötzlich stehen, daß ich fast gegenihn geprallt wäre.

„Männer!“ flüsterte er. „Drei. Neben demEingang.“

Ich hatte überhaupt noch keinen Eingang gesehen,aber als ich an Sörlund vorbeiblickte, erkannte ichdrei schwarze Gestalten unmittelbar vor dem kleinenBunker.

„So ein Pech!“ stieß ich hervor. „Jetzt haben wirunseren Spaziergang umsonst gemacht.“

„Ich weiß nicht“, sagte Sörlund. „Ich glaube, wirsollten es trotzdem versuchen. Es liegt mir nicht, eineSache zweimal anzufangen.“

Das war wirklich die vornehmste Umschreibungseiner permanenten Faulheit, die ich jemals von ihmgehört hatte. Es blieb mir nichts anderes übrig, alsseine Worte zu akzeptieren.

„Sie werden uns entdecken“, warnte ich. Wirbogen nach rechts ab, bis wir uns wieder so weit vonden Männern entfernt hatten, daß wir uns demBunker von der Rückseite nähern konnten. Dort gabes jedoch keinen Eingang.

„Wir müssen durch den Belüftungsschachtkriechen“, erklärte Sörlund.

„Erstens“, sagte ich, „wissen wir überhaupt nicht,wo der Schacht liegt. Zweitens wird er viel zu eng füruns sein.“ „Für mich nicht“, gab er zurück. Wirtappten eine geschlagene Stunde durch dieDunkelheit, bis wir endlich den Schachtaustrittfanden.

Sörlund erlebte eine böse Überraschung, denn überdem Austritt war ein Regenkonus befestigt. DerMajor ließ sich aber nicht beirren. Mit seinerSpezialausrüstung schaffte er es, den Konus inzwanzig Minuten abzumontieren.

„Der Schacht ist ziemlich breit“, sagte er.„Vielleicht kommst du auch durch, Hegete.“

Da der Bunker nur zu einem Fünftel über dieOberfläche ragte, führte der Schacht in einem Winkelvon sechzig Grad in die Tiefe.

„Ich müßte wissen, wie tief der Bunker in die Erdereicht, damit ich ausrechnen kann, wie hoch derSchacht im Innern über dem Boden herauskommt“,sagte Sörlund. Der Major war ein ausgezeichneterMathematiker, er hatte die Angewohnheit, vor

manchen Unternehmungen mathematischeExperimente anzustellen, weil er sich davonAuskunft über den Ausgang seiner Pläne erhoffte.

„Halgor“, sagte ich eindringlich, „irgendwo imSchacht steckt wahrscheinlich die Klimaanlage. Dannkommen wir nicht weiter. Außerdem - wie sollen wirwieder aus dem Bunker herauskommen? Der Schachtist viel zu steil.“

„Du verwirrst mich“, sagte er ärgerlich. „Ich kannimmer nur an eine Sache denken - niemals an zwei.“Das sind so seine Redensarten, wenn er sich um einekonkrete Antwort drücken will.

Er schwang seine langen Beine in den Schacht undwar gleich darauf verschwunden. Ich hörte einschleifendes Geräusch, dann wurde es still. Ich holtetief Luft, dann kletterte ich ebenfalls in dieBelüftungsanlage. Der Schacht war breiter, als icherwartet hatte - und steiler. Ich gab mir Mühe, meineFallgeschwindigkeit mit den Füßen zu bremsen,konnte aber nicht verhindern, daß meine Ellenbogenaufgescheuert wurden. Dann stieß ich plötzlich gegenetwas Weiches.

„Nimm bitte die Füße von meinem Rücken“, hörteich Sörlund sagen.

Wenn er so höflich wird, ist es Zeit, seinenBefehlen nachzukommen. Ich machte mich so kleinwie möglich und wartete darauf, daß er mir mitteilte,warum wir nicht weiterkamen.

„Es ist die Klimaanlage“, sagte er nach Minutenverbissenen Schweigens und angestrengter Tätigkeit.

„Wer hätte das gedacht?“ entgegnete ich spitz.Unsere Stimmen klangen hohl und ziemlich laut.

Aber im Augenblick war mir das egal. Ich war fastsicher, daß man uns entdecken würde. Ichbefürchtete, daß Mercant dann andere Männer fürseine Aufgabe suchen würde.

Es gelang Sörlund tatsächlich, die Klimaanlageloszulösen und vorsichtig vor sich herzuschieben.Die letzten Meter wurden dadurch zu einer nahezuartistischen Leistung.

Plötzlich fiel Licht in den Schacht, und Halgorsgekrümmte Gestalt wurde sichtbar. Seine Hose warjetzt über die Knie gerutscht und an verschiedenenStellen aufgescheuert. Für einen Major derExplorerflotte sah er ausgesprochen abgerissen aus.

Bevor ich weitere Betrachtungen anstellen konnte,rutschte er vor mir aus dem Schacht und landete mitder Klimaanlage inmitten eines kleinen Raumesunsanft auf dem Boden. Er hielt das Gerät jedoch sogeschickt von sich, daß es nicht aufschlug. Sovermied er wenigstens stärkerer Lärm.

Ich ließ mich ebenfalls in den Raum fallen. DieSchachtöffnung lag glücklicherweise in derSeitenwand, etwa zwei Meter über dem Fußboden.Der Raum, in dem wir herausgekommen waren,stand vollkommen leer. Lediglich an der

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gegenüberliegenden Wand befanden sichKontrollanlagen und eine Reihe von Bildschirmen.Das Licht kam aus einem zweiten Raum, der durcheine Schiebetür von dem ersten getrennt war. Die fürbestand aus zwei Hälften, von denen eine offenstand.

Ich fühlte mich plötzlich unbehaglich. Irgendwowar mir die Nähe von etwas völlig Fremdartigembewußt. Das Gefühl war so stark, daß sich meineNackenhaare aufrichteten. Ähnliches hatte ich nochnie festgestellt, und ich war entsprechend beunruhigt.

Sörlund zog seine Hosenbeine zurecht und zeigteauf die offene Tür. Lautlos schlichen wir uns heranund spähten vorsichtig in den anschließenden Raum.Der Behälter mit den fünf Maahks war das erste, waswir sahen. Er stand inmitten des Raumes, von einerDeckenleuchte grell angestrahlt. Die Plane war nichtdarüber gedeckt, so daß wir durch die dickenScheiben sehen konnten.

Im Innern des Behälters, der eigentlich einDruckbehälter mit einer für die Maahks atembarenAtmosphäre war, erkannten wir verschwommen fünfGestalten. Zum erstenmal standen Sörlund und ichdiesen Wesen Auge in Auge gegenüber.

Auf den ersten Blick wirkten die Methansmenschenähnlich. Ihre Haut die mit blaßgrauenSchuppen von Daumennagelgröße überzogen war,schimmerte im Licht, daß durch die Scheibe fiel. DieMaahk-Beine waren kürzer als die eines Menschen,und ihre Tentakelarme reichten bis zu den Knien.

Besonders fremdartig erschienen mir die Köpfe derMaahks, halbmondförmige Wülste, die von Schulterzu Schulter reichten. Ich war froh, daß wir keineEinzelheiten erkennen konnten. Sörlund faßte sichzuerst wieder. „Sie bewegen sich“, stellte er fest.

„Glaubst du ... glaubst du, daß sie uns sehenkönnen?“ brachte ich hervor, noch immer ganz unterdem Eindruck des erschreckenden Anblick stehend.

„Sicher“, erwiderte der Major lakonisch. „Wirsehen sie ja auch.“

Bevor Sörlund den Symboltransformer aus seinerUmhangtasche hervorzog, warf er einen Blick auf dieUhr.

„Wir müssen uns beeilen“, sagte er. „In knappzwei Stunden wird es hell.“

Er schaltete den Symboltransformer ein undnäherte sich dem Druckbehälter. Wenn dieGefangenen durch unsere Anwesenheit beunruhigtwaren, so zeigten sie es nicht,

„Wir müssen mit euch sprechen“, sendete Sörlund.„Wir haben jedoch nicht viel Zeit, denn wir sind aufillegalem Wege in diesen Raum gekommen undmüssen vor Anbruch des Tages zurück.“

Sörlund drückte sofort die Empfangstaste. Wirschauten uns an. Sörlund runzelte die Stirn, als ervergeblich auf eine Antwort warten mußte.

„Sie scheinen nicht mit uns zu sprechen“, sagte er

unruhig.Da knackte der Empfänger, und die unpersönliche

Stimme, die ich bereits einmal vernommen hatte,kam aus dem Transformer.

„Waren Sie es, die den Transport aufhielten?“„Das waren wir“, gab Sörlund zu. „Wir mußten

erfahren, wo man euch gefangenhält.“ „Was wollenSie von uns?“

Früher als erwartet, stellten die Maahks dieentscheidende Frage. Ich ballte unwillkürlich meineHände zu Fäusten. Jetzt kam es darauf an, daß derMajor keinen Fehler beging. Hoffentlich hatte sichMercant in der Beurteilung der Mentalität dieserWesen nicht geirrt. Davon hing vieles ab - nein,einfach alles.

Sörlund befeuchtete seine Lippen mit derZungenspitze, bevor der sprach. Ich betrachtete ihnerstaunt. Sollte der Phlegmatiker etwa Erregungempfinden?

„Wir gehören zu einer politischen Gruppe, diekeinen Einfluß auf die regierenden Persönlichkeitenunseres Volkes ausüben kann“, sagte Sörlund. „Wirsind mit den Maßnahmen Perry Rhodans nicht immereinverstanden. Verstehen Sie mich nicht falsch - wirwollen unser Volk nicht verraten, wir suchen nurnach einem Weg, um es vor einem fürchterlichenKrieg zu bewahren.“

Sörlund machte eine Pause. Wir konntenundeutlich erkennen, wie sich zwei der fünf Gestalteninnerhalb des Behälters bewegten.

„Sprechen Sie weiter!“ forderte der Sprecher derGefangenen.

„Wir möchten Verhandlungen zwischen unserenbeiden Völkern herbeiführen, bevor es zu einemVernichtungskrieg kommt, der beide Seiten an denRand des Abgrunds führen müßte“, sagte Sörlund.

„Wie können Sie Verhandlungen herbeiführen,wenn Sie selbst zugeben, ohne Einfluß auf dieRegierung zu sein?“ fragte der Maahk. Mercant hatteuns vor der kalten Logik dieser Burschen gewarnt.Jetzt bewies Sörlund, daß er nicht minder kaltblütigwar, wenigstens nach außen hin.

„Wenn es uns gelingt, Sie alle fünf aus derGefangenschaft zu befreien und in Ihre Heimatzurückzubringen, wird uns Ihre Regierung alsVerhandlungspartner anerkennen. Dies wiederumwird unsere Position gegenüber Rhodan stärken.Rhodan ist viel zu intelligent, um eine Chanceungenutzt verstreichen zu lassen.“

„Wie wollen Sie uns hier herausholen? Das istunmöglich.“

„Es ist schwer“, gab Sörlund zu. „Aber es ist nichtunmöglich. Bevor wir jedoch die ganze Sache in dieWege leiten, brauchen wir Ihre Zustimmung.“

„Es ist eine Falle“, erwiderte der Maahk schnell.„Glauben Sie?“ fragte Sörlund spöttisch. „Was

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würden wir gewinnen, wenn wir fünf Mitgliederunserer Organisation zusammen mit Ihnen auf einRaumschiff bringen. Welche Chance hätten fünfTerraner gegen die Maahks?“

„Keine Chance“, kam die Antwort. „Wir sindjedoch mißtrauisch.“

„Damit mußten wir rechnen“, sagte der Majorruhig. „Sie werden Gelegenheit haben, unsereEhrlichkeit zu überprüfen. Schließlich werden auchdie Maahk-Wissenschaftler Methoden kennen, umdie Wahrheit von unseren fünf Männern zu erfahren.“

„Darauf können Sie sich verlassen“, erwiderte derMaahk.

Ich erschauerte. Obwohl diese fünf Wesen inGefangenschaft waren, hatten sie ihre kalteSicherheit bewahrt. Jedem Menschen, der zuirgendwelchen Gefühlen fähig war, mußten diese reinlogisch handelnden Wasserstoffatmer zuwider sein.Der Gedanke, zusammen mit ihnen an Bord einesRaumschiffes zu sein, begann mir Graueneinzujagen.

„Wir werden unsere Vorbereitungen treffen“, sagteSörlund. „Halten Sie sich bereit. Wir werden wiedermit Ihnen in Verbindung treten.“

„Warten Sie!“ Der Symboltransformer knackteheftig. „Es gibt noch viele Fragen zu beantworten.“

„Später“, entschied Sörlund und zog mich mit sichaus dem Raum hinaus. Erst nebenan packte er dasÜbersetzungsgerät weg. Ich wartete, bis er damitfertig war.

„Die hören das Gras wachsen“, bemerkte ich.Sörlund sah auf einmal nachdenklich aus. „Wenn

die Sache mit der Medusa-Pest nicht wäre ... “, ersprach den Satz nicht zu Ende.

„Ich glaube, die Maahks wissen Bescheid“,vermutete ich.

„Unsinn.“ Sörlund schüttelte den Kopf. „Es warein Schuß ins Blaue, aufs Gerätewohl abgefeuert. Siewerden nachdenken, aber das kann nur gut für unssein.“ „Werden sie mitmachen?“ „Was würdest du anihrer Stelle tun?“ „Fliehen!“ entfuhr es mir. DieFalten in Sörlunds Gesicht gerieten in Bewegung.„Ja“, sagte er. „Dazu werden sie sich auchentschließen.“

Er befestigte die Klimaanlage an einer Schnur. Wirkletterten in den Schacht. Sörlund zog das Geräthinter sich nach und befestigte es an der alten Stelle.Wir benötigten fast eine Stunde, um an dieOberfläche zu gelangen. Es begann bereits zudämmern. Trotzdem befestigte der Major noch denRegenkonus. Auf dem Rückweg löste er den Strickam Kantinendach und stellte die Kisten wieder in diealte Lage zurück. Ohne aufgehalten zu werden,erreichten wir unsere Quartiere.

Sergeant Arcus erwartete uns an der für vonSörlunds Zimmer.

„Ich dachte, wir hätten Teamarbeit beschlossen“,sagte er aggressiv.

„Na und?“ Sörlund legte einen Arm um meineSchulter und funkelte Arcus an. „Sind wir beidevielleicht kein Team?“

*

Ich glaube, Allan D. Mercant besitzt so etwas wieeinen sechsten Sinn, denn wie hätte er sonst schonam darauffolgenden Tag wissen können, daß uns eineerste Kontaktaufnahme mit den Maahks gelungenwar.

Wir hatten gerade unsere Arbeit aufgenommen, alsDonald Cartney erschien. Er sah über Sörlunds undmeine zerrissenen Arbeitshosen großzügig hinweg.

„Da kam ein Anruf für Sie“, knurrte Cartneyerbittert. „Offenbar hält es jemand für überflüssig,daß Sie weiter bei mir arbeiten.“

Sörlund ließ den Kistendeckel, den er geradeabgehoben hatte, wie ein Stück heißes Eisen direktvor Cartneys Füße fallen. Cartney zuckte zusammenund bewegte seine großen Hände, als wollte er etwaszerquetschen.

„Was ist los?“ fragte Sörlund gedehnt.„Sie sollen sich am Hauptportal des

Kommandobunkers melden“, sagte Cartney. Erüberreichte Sörlund fünf ölverschmierte Papiere.„Das sind Ihre Passierscheine.“

Major Sörlund wischte einige imaginäre Tränenaus den Augenwinkeln.

„Cartney“ sagte er feierlich, „leben Sie wohl!“Wir holten unsere Sachen und gingen zum

Landefeld hinüber. Vor allem Cole Harper zeigte sichsehr erleichtert, daß die Arbeit in der Lagerhallevorüber war.

„Vielleicht will Mercant zusammen mit unsunseren Erfolg feiern“, meinte Sergeant Arcus.

„Paß auf!“ sagte ich scharf. „Das ist lediglichHalgors und mein Erfolg. Du hast von vornhereinkeine Chance, bei irgendwelchen Feierlichkeitenmitzuwirken.“

Vor dem Kommandobunker erwartete, uns einernst aussehender Mann im grauen Anzug. Er schienuns zu kennen, denn er ging direkt auf Sörlund zuund sagte ihm etwas ins Ohr. Für diese Prozedurmußte der Major sich einige Zentimeter in die Kniesinken lassen. Zu meiner Enttäuschung durften wirnicht in den Bunker hinein, sondern der Mann imgrauen Anzug führte uns quer über das Landefeld aufein winziges Raumschiff zu. Er hieß uns einsteigenund bewies uns gleich darauf mit einem furiosenStart, daß auch Männer in grauen Anzügen durchausbrauchbare Piloten sein können.

Sörlund saß unmittelbar vor mir, und ich nutzte diemir gebotene Chance zu einer flüsternd gestellten

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Frage.„Was geschieht jetzt, Halgor?“ „Man bringt uns

auf ein Lazarettschiff“, flüsterte er zurück.Ich gab die Information an den hinter mir

sitzenden Son-Hao weiter. Die Erwähnung eineswartenden Lazarettschiffes beunruhigte mich. Solltees Dr. Blayton gelungen sein, über Lichtjahre hinwegseinen Einfluß geltend zu machen? Mit einem Schlagwurde ich mir meines Schicksals wieder bewußt.

Ich zwang mich, an etwas anderes zu denken. Eswar sinnlos, sich immer wieder mit dieser Krankheitzu beschäftigen. Wir hatten das, was wir uns sodringend gewünscht hatten: einen Auftrag. Daraufmußte ich mich konzentrieren. Es gelang mir, denbohrenden Gedanken an die Zentrumspest in meinUnterbewußtsein zu verdrängen.

Der Flug dauerte knapp zwölf Minuten, dannlandeten wir im Hangar eines größeren Schiffes. DerMann im grauen Anzug öffnete die Schleuse.

„Folgen Sie mir!“ sagte er knapp. Es wartatsächlich ein Lazarettschiff. Auf den Gängenbegegneten uns einige weißgekleidete Ärzte undmehrere Medo-Robots. Ein Bett mit einer totalvermummten Gestalt rollte an uns vorbei. Es rochnach Medikamenten und Desinfektionsmittel. Icherwartete jeden Augenblick Dr. Blaytons massigeGestalt auftauchen zu sehen.

Statt dessen erschien Allan D. Mercant. Erbegrüßte uns freundlich und führte uns in einenkleineren Raum. Ohne Umschweife kam er aufunsere Arbeit zu sprechen.

„Wie sieht es aus, Major?“ erkundigte er sich.Sörlund nahm seine Arbeitsmütze ab und strich dieHaare aus dem Gesicht. Sein faltiges Gesicht wirkteteilnahmslos wie immer.

„Die Maahks sind mißtrauisch“, berichtete er. „Siewittern eine Falle. Trotzdem glaube ich, daß meineArgumente sie halbwegs überzeugt haben. Siewerden auf die Pläne eingehen.“

„Das ist gut“, sagte der Solarmarschall. „Wirkönnen also mit unseren Vorbereitungen fortfahren.“Sein Blick glitt von einem zum anderen. „Es kommtnun eine Sache, die dem einen oder anderen vonIhnen unmenschlich erscheinen wird“, sagte erbedächtig. „Deshalb stelle ich Ihnenselbstverständlich frei, von Ihrer Aufgabezurückzutreten.“

„Worum handelt es sich?“ fragte Captain Harper.„Wir müssen eine operativen Eingriff in Ihrem

Gehirn vornehmen“, sagte Mercant.Einen Augenblick war es vollkommen still. Meine

Blicke trafen sich mit denen Sörlunds, doch derMajor schien durch mich hindurchzustarren.

„Erklären Sie uns das bitte genauer“, sagteSon-Hao.

„Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß die

Methans Sie einer scharfen Kontrolle unterziehenwerden, sobald Sie mit dem Gegner Kontaktaufgenommen haben.“ Mercant umrundete einenkleinen Tisch und sprach mit fester Stimme weiter.„Die Maahks werden ergründen wollen, ob IhreAngaben der Wahrheit entsprechen. Sie werden nichteinfach verhört werden, sondern man wird Sie mitparapsychischen oder, was noch wahrscheinlicher ist,mit paramechanischen Methoden bearbeiten. Siemüssen mit allem rechnen, von einfacherGehirnwäsche bis zum Einsatz von Telepathen undHypnosegeräten. Man wird bis in IhrUnterbewußtsein vordringen. Deshalb müssen wir,wenn wir Sie den Maahks überlassen wollen. Siedarauf vorzubereiten.“

*

„Das klingt alles ein bißchen gefährlich“, meinteCole Harper.

„Ich habe Sie von Anfang an gewarnt“, sagteMercant scharf. „Dieses Unternehmen setztebedingungslosen Einsatz von Körper und Geistvoraus. Deshalb haben wir uns entschieden, Männerzu schicken, die nichts mehr zu verlieren haben.“

Er wandte sich mit einem Ruck zu uns. SeineAugen funkelten uns an. „Ich warne Sie!“ sagte er inscharfem Ton. „Sie müssen diese Sache mit festemWillen anpacken. Wenn Sie anfangen, sich in Dr.Blaytons Klinik zurückzuwünschen, dann sind Sie imSinne unserer Organisation bereits Versager.“

Das war also der freundliche kleine Mann, der wieein Beamter wirkte. -

„Ich kann nur für mich sprechen“, sagte Sörlund.„Ich bin bereit, alles zu tun, aber ich werde mir durcheine Operation nicht meinen Willen nehmen lassen.“

„Das“, bemerkte Cole Harper, „wollte ich auchsagen.“

„Es kann keine Rede von einerWillensbeeinflussung sein“, sagte Mercant. „Eswerden innerhalb Ihres Gehirnes bestimmteNervenfasern durchgetrennt, um zu verhindern, daßsie auf parapsychischer Ebene beeinflußbar sind. IhrePersönlichkeit wird dadurch nicht betroffen.“

Mercant lächelte schon wieder. „Die Operationenkönnen sofort beginnen. Es wurde bereits allesvorbereitet.“

„Haben Sie es immer so eilig, Sir?“ fragte ImarArcus.

„Sollen wir warten, bis die Flotten der Maahksunsere Milchstraße überfallen?“ fragte Mercantdagegen.

Das war ein Argument, dem es nichtsentgegenzusetzen gab.

*

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Meine Operation dauerte dreißig Minuten undwurde bei vollem Bewußtsein vorgenommen. MeineBefürchtungen, daß man mir einer Kahlkopf rasierenund meine Schädeldecke aufspalten würde, erwiesensich als völlig grundlos. Die Experten desLazarettschiffes arbeiteten mit einemFokus-Laserstrahl. Ich wurde unter einDurchleuchtungsgerät geschoben und unbeweglichfestgeschnallt. Von der eigentlichen Operation spürteich überhaupt nichts. Ab und zu hörte ich einengemurmelten Befehl oder das Summen dergeheimnisvollen Apparate.

Dann war alles vorüber. Gegenüber frühervermochte ich keinen Unterschied in meinenGedankengängen oder Willensäußerungenfestzustellen. Ich war, wie Mercant versprochenhatte, der gleiche Mann geblieben, der an Bord desLazarettschiffes gekommen war.

Nach der Operation versammelten wir uns wiederim kleinen Konferenzzimmer. Mercant hielt weitereÜberraschungen für uns bereit.

Er klappte seine Tasche auf und zog eineHalbprothese hervor, ein genaues Ebenbild jener, dieich zu tragen gezwungen war.

„Das ist für Sie, Sergeant Hegha“, sagte er.„Ich bin mit meiner Prothese sehr zufrieden, Sir“,

sagte ich. „Ich werde Ihr Geschenk als Ersatzbetrachten.“

Der Chef der Galaktischen Abwehr schob die neueProthese über den Tisch.

„Sie werden diese tragen“, bestimmte er. „Sieenthält nämlich einige wichtige Einrichtungen. Wirhaben einen starken Hyperkomsender in sieeingebaut. Wozu, werden Sie sofort erfahren. Außerdiesem Sender enthält die Prothese einen.Deflektorgenerator, der weitreichend genug ist, umSie alle fünf unsichtbar zu machen, wenn Sie inunmittelbarer Nähe Heghas bleiben.“

Ich ergriff die Spezialkonstruktion Lind wog sienachdenklich in den Händen. Dann begann ich sie zuuntersuchen. Mercant wartete schweigen, bis ichfertig war. „Nun?“ fragte er lächelnd. „Sie istgenauso wie meine eigene, Sir“, gab, ich widerwilligzu. „Jedes Schräubchen ist am richtigen Platz.“

„Es ist Ihre Prothese“, sagte Mercant eindringlich.„Vergessen Sie das nie.“

Er bestand darauf, daß ich die Spezialprothesesofort anlegte und ihm meine alte Prothese übergab.

„Du siehst jetzt viel gepflegter aus“, meinteSörlund und betrachtete mich abschätzende

„Das ist es, was mich von manchen anderenMännern unterscheidet“, gab ich zurück.

Er blickte selbstgefällig an sich herunter, als sei erein einmaliges Exemplar männlicher Schönheit.

Mercant sagte: „Es ist wichtig, daß dieseSpezialprothese erst in der Endphase Ihres Einsatzes

angewandt wird. Auf keinen Fall dürfen Sie sie schonwährend der Fluchtvorbereitungen einsetzen. DieMaahks würden wahrscheinlich sofort Verdachtschöpfen.“

„Der Hypersender“, erinnerte ihn Sörlund. „Wannsollen wir ihn benutzen?“

„Wir rechten nicht damit, daß Sie jemals hierherzurückkehren“, sagte Mercant offen. „Deshalb habenwir an eine Möglichkeit gedacht, wie Sie uns von denVorgängen innerhalb des Horror-Systems berichtenkönnen, ohne selbst zurückzukommen. DieANDROTEST III, das dritte Vierstufenschiff derAndrotestgroup, ist unter dem Befehl von OberstPawel Kotranow startklar. Direkt nach IhremAufbruch wird die ANDROTEST III dasHorror-System anfliegen und dort in einem großenSicherheitsabstand warten. Der Hypersender im Beinvon Sergeant Hegha kann das Schilf auch dannerreichen, wenn es viele Lichtjahre im Leerraum vonHorror entfernt steht.“ Mercant zog die Stirn inFalten. „Wir müssen annehmen, daß dieseNachrichtenbrücke die einzige Möglichkeit sein wird,Ihre Beobachtungsergebnisse zu erhalten.“

„Wer weiß“, sinnierte Sörlund, „vielleichtkommen wir doch zurück.“

„Ich hoffe es“, sagte der Solarmarschall, „aber eswäre falsch. Ihnen die Risiken zu verheimlichen.

Inzwischen haben wir neueAuswertungsergebnisse von Luna erhalten“, sagte er.„Nathan hat errechnet, daß es in einer Entfernungvon über einer Million Lichtjahren von der Galaxistatsächlich einen Zwergnebel gibt, der demeigentlichen Andromedanebel um etwaeinhundertfünfzigtausend Lichtjahre vorgelagert ist.Wir haben diesen Zwergnebel Andro-Alpha genannt.Trotz seiner kaum wahrnehmbaren Erscheinung istAndro-Alpha ein Nebel mit einem durchschnittlichenDurchmesser von sechstausendfünfhundertLichtjahren. Es handelt sich also um eine richtigekleine Galaxis, in der durchaus Millionen vonSonnen stehen können.

In diesem Zwergnebel“, fuhr Mercant fort,„befindet sich eine Transmitterstation, derenTätigkeit wir auch auf dem Bildschirm derJustierungsstation auf Quinta beobachten können.Diese Station steht ununterbrochen mit demHorror-System in Verbindung. Wir könnenannehmen, daß im Horror-System eineFlottenkonzentration der Maahks stattfindet. Warumaber suchten sich die Methans ausgerechnet dasHorrorgebiet für ihre Zwecke aus? Nathan hatinzwischen festgestellt, daß es dem Großtransmitterim Zwergnebel Andro-Alpha nicht möglich seinkann, auf direktem Weg die Distanz von über einerMillion Lichtjahren zum Sechsecktransmitter inunserer Milchstraße zu überbrücken. Anscheinend

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bedarf es für diesen Sprung einer Zwischenstation.Dafür wurde Horror ausgewählt. Nach diesenErkenntnissen ist das Twin-System längst nicht sogefährdet, wie wir zunächst angenommen hatten.Beide Transmitter, der im Horror-System und der imTwin-System, haben ungefähr die gleiche Entfernungzur Milchstraße.“

„Warum läßt Perry Rhodan unter diesenUmständen seine Verbände im Twin-System stehen,wenn er mit einer Invasion vom Sechsecktransmitteraus rechnet?“ wollte Sörlund wissen.

„Wenn wir das Twin-System verlieren, ist es mitdem Sprung nach Andromeda vorbei“, entgegneteMercant. „Und wir müssen nach Andromeda, um dieHintergründe der jetzigen Bedrohungherauszufinden.“

„Ich kann mir vorstellen, wie schwierig es ist,diesen gesamten Komplex zu übersehen“, meinteMajor Sörlund. Jetzt sprach der Mathematiker ausihm.

„Sie sollen uns dabei helfen“, erwiderte Mercanternst. „Finden Sie heraus, was die Methans vorhaben.Versuchen Sie, mit einem Bericht zurückzukommen,oder wenigstens eine Funknachricht an dieANDROTEST II abzusetzen.“

Die nächsten Stunden verbrachten wir damit,Mercants weitere Pläne auswendig zu lernen. DerAbwehrchef bereitete uns darauf vor, daß die Fluchtmit einer sechzig Meter durchmessenden Kaulquappedurchgeführt werden sollte, mit der wir in denTwin-Transmitter hineinrasen mußten. Die ALTAI,das war der Name der Kaulquappe, besaß eineSpezial-Druckkabine, in der die fünf Maahks lebenkonnten. Man hatte die Gefangenen bereits mitdiesem Raumschiff nach Quinta gebracht, so daß esihnen durchaus logisch erscheinen mußte, wenn wirdiese Kaulquappe als Fluchtschiff aussuchten.

„Während der Flucht wird die Justierungsstationkurzfristig umgepolt, so daß Sie im Horror-Systemherauskommen werden“, erklärte uns Mercant. „Siemüssen den Methans gegenüber behaupten, daß einerIhrer Verbindungsmänner zu bestimmten ZeitenDienst innerhalb der Station tut und diese Schaltungvornimmt. Da eine Umpolung nur Sekunden dauert,kann sie von einem Verantwortlichen durchausunbemerkt ausgeführt werden. Die Methans müssenalso die Erklärung akzeptieren.“

Die Männer von, der Galaktischen Abwehr hattenoffenbar an alles gedacht. Mercant zeigte uns einefarbige Zeichnung der Kaulquappe. Die ALTAI wardarauf im Schnitt dargestellt und entpuppte sich imwahrsten Sinne des Wortes als ein Schiff mitdoppeltem Boden. Es gab unzählige Maschinen, dienur Attrappen waren. In den Hohlräumen wurden alleAusrüstungsgegenstände aufbewahrt, die unsirgendwie von Nutzen sein konnten. Auch an fünf

Druckanzüge war gedacht worden, damit wir dieALTAI auf einer Welt der Methans ungefährdetverlassen konnten.

„Der Begriff Methans ist etwas irreführend“, sagteMercant. „Es ist nicht so, daß die Maahks Methanoder Ammoniak atmen. Eine reine Methanatmungkann es nicht geben. Die Planeten, die von denMaahks bewohnt werden, haben in ihrer Atmosphäremit großer Wahrscheinlichkeit nur geringe Spurenvon Methan- und Ammoniakgasen. Die Maahks,wollten sie reines Methan atmen, sähen sich dengleichen Schwierigkeiten gegenüber wie ein Mensch,der den Versuch unternimmt, Argon oder andereEdelgase, die nur als Spuren in der Atmosphäre einerSauerstoffwelt vorhanden sind, einzuatmen. DieReaktionen von Methan sind äußerst energiearm, dasheißt, Methan ist nicht unmittelbar reaktionsfähigund energiebildend, wie beispielsweise Sauerstoff.Wir wissen jetzt, daß die Methans Wasserstoffatmen. Die entsprechenden. Oxydanten entziehen sieden Speisen, die sie zu sich nehmen. Das scheintzwar kompliziert zu sein, aber für die Maahks ist esselbstverständlich. Um zu leben, müssen siegenügend Ammoniak zu sich nehmen. Der mit denMahlzeiten eingenommene Ammoniakoxydatorreicht aus, um daraus ein NH- oder ein NH-Radikalabzuspalten, das bei der Verbrennung mit deminhalierten Wasserstoff wiederum ein NH-Molekül,also Ammoniak liefert.“

Mercant holte tief Luft. „Im wesentlichen bedeutetdas, daß die Maahks reinen Wasserstoff ein undAmmoniak ausatmen. Als Spurenelement atmen dieMaahks natürlich Methan und andere für denMenschen giftige Gase ein. Wir können darausschließen, daß die Methans ausschließlich Weltenbesiedeln, die eine Temperatur von plus siebzig bishundert Grad Celsius besitzen. Auf der Erdeverflüssigt sich Ammoniak bei minus dreiunddreißigGrad. Bei höheren Druckverhältnissen, wie wir siebei den schweren Planeten der Methans voraussetzenmüssen, erfolgt die Verflüssigung bei wesentlichhöheren Temperaturen. Auf allen diesen Welten gibtes natürlich Schwefel und Silizium.“

„Wie kommen Sie ausgerechnet auf Temperaturenvon siebzig bis hundert Grad?“ erkundigte sichSon-Hao.

„Es ist ein durchschnittlicher Wert, den unsereWissenschaftler ermittelt haben“, erwiderte Mercant.„Er steht in engem Zusammenhang mit den fürMethanplaneten gültigen Druckverhältnissen. DieseTemperaturen müssen wir schon deshalb als gegebenannehmen, weil unter anderen Bedingungen dieMaahks mit jedem Ausatmen flüssiges Ammoniakausstoßen würden.“

„Wir können also mit Sicherheit behaupten, daßdie Planeten der Maahks sonnennahe Welten sind,

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wenn dort derartige Temperaturen herrschen?“ fragteCole Harper.

„Entweder das, oder geeignete Gase innerhalb derjeweiligen Atmosphäre sorgen für eine Aufheizung“,erwiderte Mercant.

Jeder von uns erhielt ein Duplikat der Zeichnung,die Mercant von der ALTAI hatte anfertigen lassen.

„Prägen Sie sich genau ein, wo die einzelnenAusrüstungsgegenstände versteckt sind. Sie dürfendiese Zeichnungen auf keinen Fall mitnehmen“,mahnte uns der Abwehrchef.

Mir brummte der Schädel, als dieInstruktionsstunde schließlich vorüber war.

„Sie werden einen neuen Arbeitsplatz erhalten“,sagte Mercant. „Es ist günstiger, wenn Sie irgendwoauf dem Landefeld arbeiten.“

„Was halten Sie davon, wenn wir die Rolle derWächter übernehmen, die die Maahks jeden Tag indie Justierungsstation bringen und wieder abholen?“schlug Cole Harper vor.

„Ich halte das für keine geschickte Lösung“,versetzte Mercant. „Es würde das Mißtrauen derGefangenen erwecken. Wir werden Sie beimBodenpersonal einsetzen, so daß Sie überall Zutritthaben.“

„Es gibt keine Arbeit, die wir nicht übernehmen,Sir“, sagte Sörlund.

Mercant kannte ihn offensichtlich doch nicht gutgenug, sonst hätte er nicht so ernsthaft genickt.Körperliche Arbeit war bei Major Sörlund geradezuverpönt.

*

Wir erhielten sofort nach unserer Rückkehr neueArbeitskleidung und eine Unterkunft in einer kleinenBaracke hinter dem großen Kommandobunker. Hierwar es wesentlich ungemütlicher als bei Cartney,doch wir wußten, daß dieser Zustand nicht von langerDauer sein würde. Wir schliefen mit zweiMechanikern in einem Raum. Einer von ihnen warein finsterer Bursche. Er hieß Setticott und fühlte sichoffenbar als Stubenältester. Er teilte Seife und 4Handtücher an uns aus, gab uns die Nummern fürunsere Schränke und wies uns an, jeden Morgenunsere Decken ordentlich zusammenzurollen.

„Die Seife muß für sieben Tage reichen“, sagte er.Sörlund musterte ihn abschätzend. „Ich wußte

nicht, daß ihr euch so selten wascht“, sagte er.Setticott wurde rot vor Wut, biß die Zähne

aufeinander und zog sich zu seinem Bett zurück.Bereits am nächsten Morgen erhielten wir den

Auftrag, eine Landestütze zu überprüfen. Die Stützewar an einem Leichten Kreuzer abmontiert wordenund lag in einer Werkstatthalle.

Setticott gehörte zu unserer Gruppe. Der zweite

Mann aus unserem Zimmer war ein Schweißer. Erverschwand unmittelbar nach dem Frühstück.Setticott betastete die Landestütze, als bestände sieaus zerbrechlichem Porzellan. Der in einemKugelgelenk gelagerte Fuß war angebrochen undsollte durch einen neuen ersetzt werden. Zum Glückwar es keine schwierige Arbeit, so daß wir vorSetticotts Augen unserer Mechanikerrolle durchausgerecht werden konnten.

Als Sörlund und ich das Ersatzteil auspackten,flüsterte mir der Major zu: „Wir müssen Setticottloswerden. Solange er bei uns im Zimmer schläft,haben wir keine Möglichkeit, mit den Maahks wiederin Verbindung zu treten.“

„Was ist mit dem zweiten Mann?“ fragte ich.„Der Schweißer? Ich glaube, dem ist es egal, was

seine Stubengenossen treiben. Er kümmert sich umnichts. Aber Setticott muß weg.“

„Wie, Halgor? Wir können ihn nicht umbringen.“Er blinzelte mir zu. „Vielleicht ein kleiner Unfall,

der ihn für einige Tage in ärztliche Behandlungzwingt.“ „Willst du ihm die Landestütze auf die Füßewerfen?“ erkundigte ich mich.

„Kleine Verschwörung im Gange?“ wollte Arcuswissen, als er zu uns kam.

„Setticott muß weg l“ sagte ich mit Nachdruck.Imar Arcus machte auf dem Absatz kehrt und ging

zu Setticott. Wir sahen, wie er irgend etwas zu ihmsagte. Setticott warf die Arme in die, Luft. Ichfürchtete schon, er würde sich auf den Sergeantenstürzen, doch dann rannte er davon.

Arcus winkte uns zu. „Er zieht um“, sagte erbefriedigt.

„Was hast du ihm erzählt?“ fragte Captain Harper.Der Sergeant errötete. „Wir wollen nicht darüber

sprechen“, bat er.Als wir während der Mittagspause in die Baracke

kamen, war Setticott tatsächlich umgezogen. Wirerwarteten, daß irgendein Vorgesetzter erscheinenund uns zur Rede stellen würde, doch Setticott schienes vorgezogen zu haben, uns in seiner Begründungfür den überstürzten Umzug nicht zu erwähnen.

Nach der Mittagspause wurde die instandgesetzteLandestütze von einem Robotwagen abgeholt. Wirmußten mitfahren, um die Montage vorzunehmen.Dabei sahen wir zum erstenmal die ALTAI. DieKaulquappe stand etwa zwei Kilometer vomKommandobunker zwischen einem Leichten Kreuzerund einer Space-Jet. Wir konnten keine Wächtererkennen. Die Schleuse stand offen, der Landestegwar ausgefahren. Das Schiff lud förmlich zu einerFlucht ein. Außerdem stand es nicht mitten auf demLandefeld, sondern abseits in der Nähe einigerGebäude, so daß es nicht schwierig sein konnte, inder Dunkelheit an Bord zu kommen, ohne entdecktzu werden.

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„Ich werde in der kommenden Nacht zusammenmit Cole noch einmal zu den Maahks gehen“,kündigte Sörlund an. „Wir werden versuchen,Einzelheiten festzulegen.“ „Wir dürfen sie nichtdrängen“, sagte Leutnant Son-Hao. „Das wird siemißtrauisch machen.“

„Ja“, bestätigte Sörlund. „Ich werde ihnenerzählen, daß wir Gerüchte vernommen haben,wonach man sie auf einen anderen Planeten bringenwill. Das wird ihre Bereitwilligkeit erhöhen.“

Wir luden die Landestütze ab und zogen sie miteinem bereitstehenden Montagekran zurAußenwandung des Leichten Kreuzers hinauf. DerMontagelift, der seitlich am Baugerüst angebrachtwar, brachte uns ebenfalls an die Montagestelle.

Imar Arcus packte unser Werkzeug aus.„Ich frage mich nur, wie wir sie mit ihrem Behälter

aus dem Bunker holen sollen“, sagte ichnachdenklich.

„Wir müssen die Wachen überwältigen. Wir habenBetäubungsstrahler, mit denen wir sie für ein biszwei Stunden außer Gefecht setzen können“, sagteSörlund.

Harper brummte unwillig. „Ich hätte nie gedacht,daß ich einmal auf Angehörige der Flotte schießenwürde.“

Sörlund lenkte den Kran, und wir bugsierten dasOberteil der Stütze in die vorgesehene Öffnung. DieStütze wurde mehrfach angeflanscht. Danachüberprüften wir die Hydraulik. Nach uns würden dieSpezialisten erscheinen, um die elektronischeFunktion der Anlage zu überprüfen.

„Ich hoffe, daß man uns bald eine Arbeit gibt, dieuns in die Nähe des kleinen Bunkers führt“, sagteSörlund. „Dann können wir uns genau orientieren.“

In der darauffolgenden Nacht schlief ich keinezwei Stunden. Als wir sicher sein konnten, daß derSchweißer eingeschlafen war, standen Sörlund undHarper auf. Gern hätte ich den Major wiederbegleitet, doch es war klar, daß sich auch die anderenmit den Gegebenheiten innerhalb des Bunkersvertraut machen mußten. Völlig lautlosverschwanden die beiden Offiziere aus der Baracke.Der Schweißer schlief weiter, ich konnte seinegleichmäßigen Atemzüge hören. Diesmal würdeSörlund schneller vorankommen, denn er wußte nun,welche Hindernisse er zu bewältigen hatte.

Nach einer Weile hörte ich, daß Sergeant Arcusaufstand. Er kam an mein Bett und zog sich einenStuhl heran.

„Bist du wach?“ flüsterte er. „Natürlich“, erwiderteich. „Der Leutnant schläft“, sagte Arcus. „Er hat guteNerven.“

Ich spürte, daß er sich über irgend etwas mit mirunterhalten wollte. Obwohl wir zu den dreiOffizieren ein sehr gutes Verhältnis hatten, bestand

zwischen uns Sergeanten eine engere Bindung.„Wie wird diese Sache ausgehen?“ fragte Arcus.„Der Fluchtversuch? Ich schätze, daß wir die

Maahks hier herausholen.“ Arcus fluchte leise. „Ichwünschte, ich hätte mir diese Injektionen nicht gebenlassen“, sagte er.

Ich wußte genau, was er meinte. An Bord desLazarettschiffes hatte man uns verschiedeneMedikamente injiziert, um das Bewußtsein unsererschweren Krankheit in uns einzudämmen. DasWissen um die Zentrumspest war dadurch fastvollkommen in unser Unterbewußtseinzurückgedrängt worden. Nur ein dumpfes Unbehagenerinnerte uns ab und zu noch an die Krankheit.

„Vielleicht ist es gut so“, versuchte ich Arcus zuberuhigen. „Warum sollen wir ständig nachgrübeln,was in zwei Monaten sein wird.“

„Bevor wir auf dem Lazarettschiff waren, habe ichoft über mein Ende nachgedacht“, meinte Arcus.„Das hat mir sehr geholfen. Ich hatte die Furcht vorder Medusa-Pest schon fast überwunden.“

Jetzt fürchtete er offenbar, daß diese Angst wiederüber ihn herein brechen könnte, wenn die Wirkungder Medikamente nachließ.

„Manchmal“, sagte Arcus leise, „haben wirunseren Galgenhumor übertrieben. Vielleicht bin ichvon Natur aus nicht so lustig, wie ich mir immer denAnschein gab.“

„Jeder hat mal eine nachdenkliche Minute“, sagteich. „Sogar Sörlund.“

Im Halbdunkel sah ich, daß der Gedanke an denMajor Arcus grinsen ließ.

„Halgor verbreitet Ruhe und Zuversicht, wo immerer auftaucht“, sagte Sergeant Arcus dankbar. „Ichhoffe, daß ich vor ihm an der Reihe bin, denn ichwürde sein Faltengesicht sehr vermissen.“

„Man hat das Gefühl, der Major müßte uraltwerden“, sagte ich.

„Ruhe!“ rief der Schweißer von seinem Bett aus.„Es gibt nichts, was ihr nicht auch morgen beredenkönnt.“

Wir hörten, wie er sich ärgerlich auf die andereSeite wälzte. Arcus zog sich hastig in sein Bettzurück. Ich hoffte, daß der Schweißer wieder festschlief, bis Sörlund und Harper zurückkamen.

Ich schaute auf meine Uhr. Die beiden Offizierewaren vor zwei Stunden gegangen. Ich fiel in einenunruhigen Schlaf, aus dem ich jedoch bald wiedererwachte.

Kurz darauf kamen Sörlund und Harper zurück.Harper ging zu Son-Hao und Arcus, um ihnen

einen Bericht zu geben, der Major kam an mein Bett.„Die Maahks merkten sofort, daß diesmal ein

anderer Mann dabei war“, sagte er leise. „Sie sindverteufelt schlau. Als ich ihnen sagte, daß siewahrscheinlich bald auf eine andere Welt gebracht

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würden, erklärten sie sich mit unseren Pläneneinverstanden. Sie haben schnell begriffen, worum esgeht. Nur, als ich ihnen sagte, daß sie von fünf Mannbegleitet würden, protestierten sie. Sie meinten, zweioder drei Terraner würden genügen.“ Sörlund verzogsein Gesicht zu einem lautlosen Lachen. „Ich machteihnen klar, daß wir mindestens zu fünft sein müssen,um die ALTAI zu fliegen.“ Ich richtete mich im Bettauf. „Wurde bereits ein Termin ausgemacht?“ fragteich

„Ja“, nickte Sörlund. „Wir versuchen, sie morgennicht zu befreien.“

Einen Augenblick war ich sprachlos. Ich hattedamit gerechnet, daß noch mindestens drei bis vierTage verstreichen wurden. „Aber ... “, begann ich.„Es ist etwas passiert, das uns zum schnellenHandeln zwingt“, unterbrach mich Sörlund. „Ichkonnte die Klimaanlage nicht am richtigen Platzbefestigen. Das wird bald bemerkt werden. Deshalbversuchen wir es morgen nacht.“

„Aber Mercant wird ... “, setzte ich an, doch erunterbrach mich erneut.

„Mercant wird wissen, was er zu tun hat, wennman ihn alarmiert. Die ANDROTEST ist startbereit.“„Es wird also losgehen?“ „Das letzte Kommandobeginnt“, sagte Sörlund, und zum erstenmal klangeine gewisse Bitterkeit aus seiner Stimme. Gleichdarauf jedoch verfiel er wieder in seinen üblichennachlässigen Ton: „Ist deine Prothese einsatzbereit,Hegete?“

„Wünschen Sie eine Kostprobe, Sir?“ fragte ichmilitärisch. „Später, Sergeant“, antwortete er. Esgelang mir nicht, den Rest der Nacht Ruhe zu finden.Meine Gedanken befaßten sich immer wieder mitdem bevorstehenden Befreiungsversuch. Die fünfGefangenen waren mir unheimlich. Hinter denScheiben des Druckbehälters konnte man sie nurundeutlich erkennen. Was immer sie taten oderdachten, es blieb uns verborgen. Die Falle, die wirden Methans zu stellen beabsichtigten, konnte schnellzu einer Falle für uns werden.

Als es hell wurde, lag ich mit offenen Augen imBett. Während des Tages verrichteten wir die unszugeteilte Arbeit unkonzentriert. Je näher der Abendkam, desto größer wurde meine Spannung. Auch beiden anderen, Sörlund ausgenommen, konnte ich dieseAnzeichen beobachten.

Wir sprachen kaum miteinander. Vor allemSon-Hao war nervös. Für meine Begriffe verging derTag ausgesprochen langsam, obwohl es einemTerraner nicht schwerfällt, sich an denfünfzehn-Stunden-Rhythmus von Quinta zugewöhnen.

Das Abendessen nahmen wir gemeinsam in derKantine ein. Abgesehen von Sörlund hatte keinergroßen Appetit. Der Major aß mit höchstem Genuß.

Nach dem Essen bestellte er ein Bier, streckte seinelangen Beine unter den Tisch und gähnte behaglich.

Das war mir dann doch zuviel. „Wir müssenendlich einen Plan festlegen, Halgor“, sagte ich.

Er nippte an seinem Bier und leckte den Schaumvon den Lippen.

„Dann schieß mal los!“ forderte er mich auf.„Der Schweißer ist ein Problem. Er wird bestimmt

munter, wenn wir alle zusammen mitten in der Nachtaufbrechen.“

„Wir werden ihm ein Schlafmittel geben“,versicherte Sörlund. Damit war dieser Punkt für ihnerledigt.

Son-Hao ging kopfschüttelnd hinaus. Durch dieFenster sah ich ihn vor der Kantine hin und herschreiten. Ich wollte mich weiter mit Sörlundunterhalten, doch da steuerte Donald Cartney querdurch den Raum auf uns zu und ließ sich mit seinemTablett an unserem Tisch nieder.

„Hallo, Jungens!“ sagte er. „Wo steckt ihr jetzt?“Wir warteten darauf, daß Sörlund ihn wegschicken

oder wenigstens unseren Aufbruch bekanntgebenwürde. Doch der Major schien sich in CartneysGesellschaft wohlzufühlen. Arcus und ich verließenebenfalls die Kantine, nur der ruhige Captain Harperblieb sitzen. Leutnant Son-Hao kam wie ein gereizterTiger auf uns zu.

„Na und?“ erkundigte er sich. „Was spricht er?“„Er unterhält sich mit Cartney“, berichtete Arcus

säuerlich.Wir gingen zu unserer gemeinsamen

Wohnbaracke. Als es dunkel wurde, kam Harper. Aufunsere fragenden Blicke zuckte er nur mit denSchultern. Der Schweißer wollte uns zu einemKartenspiel auffordern, doch er hatte damit keinGlück.

Endlich erschien Major Halgor Sörlund. SeineBlauaugen strahlten uns an, sein faltiges Gesicht sahrosig aus. Er roch intensiv nach Bier. Mit einemÄchzen ließ er sich auf das Bett fallen und schlüpfteaus den Schuhen.

„Wir sollten alle noch ein bißchen schlafen“, sagteer friedfertig. „Schließlich steht uns einanstrengender Tag bevor.“

Mit grimmigen Gesichtern gingen wir ebenfalls zuunseren Lagern. Es dauerte nicht lange, bis dietypischen Geräusche von SörlundsTiefschlafatemtechnik durch den Raum drangen:

Ich starrte gegen die Decke. Was war dieserSörlund für ein Mensch? War er tatsächlich sophlegmatisch, wie er den Eindruck erweckte? Ermußte in entscheidenden Augenblicken schnellreagieren, sonst hätte er niemals Major werdenkönnen. An Bord des Explorerraumschiffes 8080hatte ich nie besonders auf ihn geachtet. Trotz seinerhervorstechenden Figur hatte sich Sörlund immer

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unauffällig verhalten. Ich mußte mir im stilleneingestehen, daß er von einer Aura anVertrauenswürdigkeit umgeben wurde. Immerhinwar Sörlund vierundvierzig Jahre alt, sechzehn Jahreälter als ich.

Allan D. Mercant hatte deutlich zu erkennengegeben, daß er in Sörlund den Führer unsererkleinen Gruppe sah. Offenbar hatte der Abwehrchefan Halgor Qualitäten entdeckt, die der Major vor unsgeschickt verborgen hielt.

Noch nie war ein lautes Wort über SörlundsLippen gekommen. Er trug alles, auch seinefürchterliche Krankheit, mit großer Gelassenheit.

Ich erinnere mich noch gut, wie ich zum erstenmalseiner Mannschaft zugeteilt und ihm vorgestelltworden war. Damals war ich noch einfacher Kadettgewesen und hatte gerade meinen Lehrgang alsRobotiker abgeschlossen.

„Ich begrüße Sie“, hatte er lachend gesagt und mirdie Hand geschüttelt. „Sie können mit allenAngelegenheiten zu mir kommen, nur nicht mit einerBeschwerde über einen Kameraden.“

Ich hatte gerade noch: „Gewiß, Sir!“ stammelnkönnen, dann war er schon davongeschlendert.

Ich schlief ein, doch selbst im Traum erschien mirSörlunds faltenreiches Gesicht, mit der in die Stirnhängenden Haarsträhne.

Ich erwachte, als Sergeant Imar Arcus mich an derSchulter rüttelte.

„Wir brechen auf, Hegete“, flüsterte er.Ich fuhr hoch. Die anderen waren bereits dabei

sich anzuziehen. Sörlund verteilte die Ausrüstungen.„Halgor!“ sagte Harper plötzlich. „Der Schweißer

ist die ganze Zeit bereits wach und beobachtet uns.“Ich sah, wie der Mann sich mit einem Ruck in

seinem Bett aufrichtete.„Mit euch stimmt irgend etwas nicht“, sagte er mit

schriller Stimme. „Ihr habt eine üble Sache vor.“Ich befürchtete, er würde zu schreien beginnen und

einige Wächter alarmieren.„Was redest du da für einen Unsinn, mein Freund“,

sagte Sörlund gedehnt. Er wühlte in seinem Beutelund hielt plötzlich einen kurzläufigen Schocker in derHand. Vom Bett aus konnte der Schweißer nichtsehen, was Sörlund vorhatte. Er sprang mit einemSatz von seinem Lager. Bevor er drei Schritte inRichtung auf die für gemacht hatte, sank erparalysiert zu Boden.

„Legt ihn auf sein Bett!“ ordnete Sörlund an.Arcus und ich erledigten das. Wir schoben demarmen Burschen ein Kissen unter den Kopf, damit eruns später nicht der Unhöflichkeit beschuldigenkonnte.

„Er wird drei Stunden bewegungslos daliegen“,sagte Sörlund. „Das genügt.“

Wir legten jetzt die Kleidung an, die Mercant für

den Flug vorgesehen hatte. Unsere Schockwaffenschoben wir in den Gürtel.

Sörlund brachte eine Thermosflasche mit Tee zumVorschein und bestand darauf, daß jeder eine Tassetrank. Er blickte auf die Uhr und nannte die Zeit.

„Wir müssen uns teilen“, bestimmte er. „Imar, dubeschaffst uns den Transportwagen für den Behälter.Sei vorsichtig. Es darf dich niemand entdecken.Wenn es nötig sein sollte, benutze den Schocker.“

Harper erhielt den Auftrag, die Umgebung um dieALTAI zu inspizieren. Sörlund, Son-Hao und ichseilten die Wächter ausschalten. Harper ging zuerst,da er die weiteste Strecke zurücklegen mußte. Ihmfolgte Arcus, dessen Aufgabe zweifellos schwierigwar. Er mußte den Wagen, der in der Nähe desKommandobunkers abgestellt war, quer übersLandefeld fahren, ohne dabei entdeckt zu werden.

„Jetzt sind wir an der Reihe“, sagte Sörlundschließlich.

Er schob mich aus der für - genau vor DonaldCartney, der einen Impulsstrahler auf mich gerichtethatte.

„Alle rauskommen!“ schnarrte Cartney.Ich war unfähig irgend etwas zu sagen, so hatte

mich das plötzliche Auftauchen des Mannesschockiert. Sörlund und Son-Hao blieben neben mirstehen.

„Ich bin kein blinder Narr!“ zischte Cartney.„Schon die Sache mit den Kisten stimmte michmißtrauisch. Als ich die Toilette kontrollierte, stellteich fest, daß Hegha nicht dort war. Gleich darauf sahich ihn wieder bei den Kisten. Er muß also woandersgesteckt haben.“

Sörlund sagte gemächlich: „Haben Sie einenKoller, Donald?“

Ich sah Cartney im Halbdunkel überlegen lächeln.„In der Kantine spürte ich, daß ihr aus irgendeinemGrund nervös seid. Ich beschloß, euch ein bißchen zubeobachten. Wie ich sehe, hat sich die Sachegelohnt.“ Er winkte mit der Waffe. „Los, wirmarschieren geschlossen zur Verwaltung. Ich bingespannt, was man dort von der Angelegenheit hält.Wahrscheinlich arbeitet ihr für die Akonen.“

Alles war aus. Mercants schöner Plan scheiterte anunserer Unachtsamkeit. Ein zweites Mal würde mandie Maahks nicht überlisten können.

„Hegete“, sagte Sörlund langsam. „Du verlierstdeine Prothese.“

Ich verstand ihn. Entgegen Mercants Anordnungwollte er, daß ich den Deflektor schon jetzt einsetzte.Es war die einzige Möglichkeit, unser Vorhaben zuretten. Wir mußten uns für Cartneys Augenunsichtbar machen. ;

„Keine Tricks!“ warnte Cartney. „Ich habe eineunruhige Hand. Was ist mit Ihrem Bein los, Hegha?“

„Die Prothese hat sich gelockert. Ich muß sie

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besser festmachen.“Cartney richtete seine gefährliche Waffe direkt auf

mich. „Seien Sie vorsichtig dabei“, mahnte er.Das Blut stieg mir ins Gesicht. Noch niemals

zuvor hatte ich mich einer solch unmittelbarenBedrohung gegenübergesehen. Ich bückte mich undschaltete den Deflektor ein. Für Cartney hörten wirauf zu existieren.

Cartney schrie auf und schoß. Das hatte ichkommen sehen und mich zur Seite fallen lassen.Bevor ich meine Schockwaffe herauszerren konnte,hatte Sörlund den Angreifer bereits außer Gefechtgesetzt. Ich schaltete den Deflektor wieder aus. „Wirmüssen ihn reintragen“, sagte der Major. „Schnell,bevor wir Aufmerksamkeit erregen.“

Cartney war so schwer, daß wir zu dritt zupackenmußten. „Auf ein Bett?“ fragte ich. „Auf denBoden“, befahl Sörlund. „Er war nicht geradefreundlich zu uns.“

Wir legten den paralysierten Körper Cartneysnieder und verließen die Baracke. Ich dachte an dieOrtungsgeräte, die überall auf Quinta in Tätigkeitwaren. Mit Sicherheit war Cartneys Schuß registriertworden. Es kam jetzt darauf an, welche Bedeutungman der schwachen Energieentladung beimaß.

Sörlund hatte es jetzt eilig. Wir mußten denbeleuchteten Platz vor dem großenKommandobunker umgehen, damit wir nicht mit denArbeitern der Nachtschicht zusammentrafen.

Hoffentlich klappte die Sache mit demTransmittersprung, wenn wir erst einmal mit derALTAI gestartet waren. Mercant hatte uns versichert,daß der Wachhabende in der Justierungsstationäußerst zuverlässig sei und sofort nach dem Alarmden der unvorhergesehene Start der Kaulquappeauslösen mußte, die notwendige Schaltung ausführenwürde, die uns ins Horror-System bringen sollte. Wasaber, wenn etwas dazwischenkam und wir an einenvöllig unbekannten Ort geschleudert wurden?

Wie Mercant bereits gesagt hatte: unserUnternehmen war ein einziges Risiko.

Wir mußten anhalten, um eine AnzahlRobot-Transporter vorbeizulassen. Am Bodengeduckt warteten wir, bis wir unsere Flucht fortsetzenkonnten. Endlich konnten wir die Silhouette deskleineren Bunkers sehen. Von Arcus entdeckten wirkeine Spur. Sörlund beobachtete mehrere Minutenlang unsere Umgebung.

„Diesmal sind es vier Wächter“, stellte er fest. „Siehaben sich an den beiden Seiten des Eingangsverteilt.“

Da die Wirkung der Schocker mit zunehmenderEntfernung nachließ, mußten wir noch näher heran.

„Was ist mit dem Eingang?“ raunte Son-Hao. „Erist bestimmt verschlossen.“

„Wahrscheinlich“, stimmte Sörlund zu. Er klopfte

gegen den Beutel mit seiner Ausrüstung. „Wir sindjedoch für alles gewappnet.“

Als wir uns so nahe an den Bunker herangearbeitethatten, daß ich jeden Augenblick mit einerEntdeckung rechnete, gebot uns Sörlund Halt.

Hegete und ich feuern auf die beiden Burschenrechts am Eingang. „Du bist der beste Schütze,Son-Hao, du mußt versuchen, die zwei anderenauszuschalten, ohne daß einer Gelegenheit bekommt,um Hilfe zu schreien.“

Son-Hao gab brummend sein Einverständnis zuerkennen.

Wir brachten unsere Schockwaffen in Anschlag.Nichtsahnend unterhielten sich die Wächtermiteinander. Einzelne Wortfetzen drangen zu unsherüber.

„Feuer!“ rief Sörlund mit erhobener Stimme.Ich drückte, ab und sah den Wächter auf den ich

gezielt hatte, rückwärts gegen die für taumeln. Dannrutschte er an ihr zu Boden. Der Mann, auf denSörlund geschossen hatte, blieb einen Augenblickstehen und brachte langsam die Arme hoch. Bevor erdie Bewegung jedoch ausgeführt hatte, traf ihn einezweite Ladung, und er fiel nach vorn.

Auch Son-Hao hatte einen Wächter ausgeschaltet,doch der vierte Mann hatte sich zu Boden geworfenund lag hinter einem Erdhügel.

„Er reagierte unglaublich schnell“, entschuldigtesich der Leutnant.

„Wenn er ein Alarmbandfunkgerät besitzt, ist allesaus“, sagte Sörlund.

Er sprang auf und hetzte in langen Sätzen auf denBunker zu. Ich erstarrte vor Schreck, als der Wächtersich hinter der Bodenwelle aufrichtete und einenStrahlenkarabiner an die Schulter riß. Sörlunddrückte im Laufen den Schocker ab. Der Karabinerdes Gegners spie einen orangefarbenen Energiestrahlaus, der an Sörlund vorbeizischte. Knisternd entludsich die Energie über unseren Köpfen.

Einen zweiten Schuß konnte der Wächter nichtabgeben. Betäubt sank er zurück. Unmittelbar vordem Eingang hielt Sörlund an. „Beeilt euch!“ rief eruns zu. „Der Wagen ist noch nicht da“, sagteSon-Hao. „Arcus scheint irgendwo festzustecken.“

Als wir am Bunkereingang ankamen, war Sörlundbereits mit dem Schloß beschäftigt. Son-Hao wollteseine Handlampe einschalten, doch Sörlundbehauptete, daß er auch im Dunkeln arbeiten könnte.

Nach vier Minuten hatte es der Major geschafft.Das Tor schwang auf.

„Bringt die Bewußtlosen in den Vorraum“ ordneteer an.

Während Sörlund im Innern des Bunkersverschwand, trugen wir die Wächter in den Vorraum.Von Arcus war noch immer nichts zu sehen.

„Ohne den Wagen haben wir keine Chance, die

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Maahks auf die ALTAI zu bringen“, sagte Son-Hao.Sörlund tauchte aus den hinteren Räumen auf.

„Alles in Ordnung“ sagte er. „Ich habe alle Lichterausgelöscht, damit wir nicht gesehen werden, wennder Wagen in den Bunker fährt.“

„Hast du mit den Maahks gesprochen?“„Nein“, gab er zurück. „Sie werden schon

feststellen, wann wir da sind.“ Er blickte auf die Uhr.„Arcus müßte schon hier sein“, stellte er fest. „Los,Hegete, kümmere dich um ihn.“ Ich verließ denBunker und rannte auf das Landefeld hinaus. Da sahich ein dunkles Objekt mit rasender Geschwindigkeitauf mich zufahren. Es war der Spezialtransporter.

Sergeant Imar Arcus hatte die Steuerungübernommen. Unmittelbar vor dem Eingang bremsteer ab und sprang heraus.

„Wir dachten, es wäre etwas passiert“, begrüßteich ihn.

Er atmete keuchend. „Passiert? Ich habe eineSlalomfahrt über das Landefeld hinter mir. Überallsind diese Burschen von der Nachtschicht. Ichbezweifle, daß wir unter diesen Umständenüberhaupt bis zur ALTAI kommen.“

Sörlund war herausgekommen und hatte die letztenWorte mitgehört.

„Bisher hatten wir Glück“, sagte er. „Ein kleinerAlarm kann nur dazu beitragen, die Maahks von derEchtheit unserer Absichten zu überzeugen.“

„Hier gibt es keinen Alarm“, knurrte Imar. „Wennman hier nervös wird, wird ganz Quinta zumHexenkessel.“

„Fahr den Wagen rein!“ befahl Sörlund. „Hinterdem Vorraum stößt du auf einen Transportlift, derdirekt in den Raum mit dem Behälter führt.“

Arcus kletterte auf den Wagen und schaltete denMotor ein. Mit einem Ruck schoß das schwereFahrzeug nach vorn. Sörlund und ich mußten zurSeite springen.

„Einer muß hier draußen Wache halten“, sagteSörlund. Er bestimmte Son-Hao für diese Aufgabe.„Ich glaube nicht, daß die Wachablösung währendder nächsten drei Stunden auftaucht“, sagte er.

Ich folgte ihm in den Bunker. Arcus hatte denWagen bereits in den Transportlift gesteuert. Mitseiner Handlampe leuchtete er die Wände ab, bis erdie Schalter entdeckte. Sörlund betätigte denFahrthebel, und wir glitten in die Tiefe. Der Lift kamzum Stehen. „Warte hier!“ befahl Sörlund.

Ich folgte dem Major In den Raum, in dem dieMaahks gefangengehalten wurden. DieDeckenleuchte war eingeschaltet. Ich konnte sehen,daß sich die Methans unruhig in ihrem Behälterbewegten. Sörlund schaltete seinenSymboltransformer ein.

„Wir haben die Wächter erledigt“, sagte er. „DasFahrzeug haben wir auch.“

„Wir sind bereit“, kam die Antwort. „Sie müssenuns jedoch noch einige Fragen beantworten.“

„Laßt euch nur Zeit“, sagte Sörlund grimmig.„Ihr wollt angeblich Verhandlungen erreichen.

Sind die Terraner so schwach, daß sie keinen Krieggegen uns riskieren können?“ fragte der Sprecher derGefangenen..

„Schwach?“ fauchte Sörlund. „Wären wirschwach, hätten wir bei einer eventuellen Invasioneurer Flotte nur wenig Verluste zu befürchten, dennihr würdet uns überrennen. Gerade weil wir so starksind, befürchten wir, daß es zu einem langen Kriegkommen wird, in dessen Verlauf sich die Kräftebeider Völker erschöpfen.“

Er winkte Arcus, der den Robotwagen aus demLift fuhr. Der Behälter stand auf vier Säulen. Arcussteuerte die Ladefläche unter ihn und fuhr sie soweithoch, daß die Last nur auf dem Wagen ruhte. DieMaahks kamen dicht an die Sichtscheiben undpreßten ihre Hände dagegen. Ich sah, daß rechts undlinks an ihren Händen je zwei Daumen saßen und inder Mitte je vier gleichlange Finger. Diese Gliederwaren knochenlos und elastisch.

Arcus mußte rückwärts in den Lift fahren. Wirwagten nicht, die Robotsteuerung einzuschalten, dawir nicht wußten, wie das Fahrzeug reagierte. DerMotor erschien mir laut, aber hier unten bestand nichtdie Gefahr, daß ihn jemand hörte.

Die Maahks sendeten ununterbrochen, dochSörlund kümmerte sich nicht darum. Er gab sich alleMühe, bei den Gefangenen den Anschein zuerwecken, daß es um Sekunden ging.

Der Lift brachte uns sicher wieder nach oben.Sörlund und ich kletterten hinten auf den Wagen.Arcus fuhr ins Freie. Wir nahmen Son-Hao mit, derungeduldig neben dem Eingang wartete.

„Fahre wie der Teufel!“ rief Sörlund demSergeanten zu.

Arcus beschleunigte. Der Motor dröhnte auf, undich wäre beinahe vom Wagen gestürzt. Arcus hieltsich im Schatten der einzelnen Gebäude.

Da begannen die Alarmsirenen auf demKommandobunker zu schrillen. Der Lärm derWarnanlagen übertönte jedes andere Geräusch.Überall flammten starke Scheinwerfer auf.

Arcus steuerte jetzt direkt auf die ALTAI zu, ohnesich darum zu kümmern, ob man uns sehen konnte.Ich blickte zurück. Die Arbeiter der Nachtschichtrannten wie aufgescheuchte Hühner durcheinander.Sie wußten offenbar nicht, wer den Alarm gegebenhatte und was passiert war. Ich sah einige Männer inUniform, die sich durch die aufgeregte Mengedurchkämpfen mußten. Vor demVerwaltungsgebäude stiegen vier Luftgleiter auf undnahmen Kurs auf den kleinen Bunker.

Wir fuhren jetzt mit Höchstgeschwindigkeit.

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Sörlund schrie irgend etwas in denSymboltransformer. Vor uns tauchten drei Männerauf. Sie waren unbewaffnet. Sie sprangen zur Seite,als Arcus auf sie lossteuerte.

Die ALTAI schien greifbar nahe vor uns zu liegen.Nun hatte Sörlund den kleinen Alarm, Um die Fluchtmöglichst echt zu gestalten. Die Schleuse der ALTAIwar erleuchtet. Ich sah eine winzige Gestalt dort obenstehen. Das mußte Cole Harper sein. Weit über unswurde ein Heulen hörbar, das die Alarmsirenen nochübertönte. Wahrscheinlich waren Kampfmaschinenim Anflug. Die ersten Schüsse wurden auf unsabgegeben. Sie kamen von links, wo ein flachesMannschaftsgebäude stand. Die Raumfahrer kamenherausgestürzt. Zum Teil waren sie noch nicht einmalrichtig angezogen. Einmal wurde der Behältergetroffen, und die Plane fing an zu brennen. Sörlundund ich zerrten sie herunter und warfen sie auf dasLandefeld. Eine riesige Feuersäule nahm denVerfolgern die Sicht. „Festhalten!“ brüllte Arcus. DerWagen wurde erschüttert, als er auf den Landestegrollte. Ich mußte um mein Gleichgewicht kämpfen.Von allen Seiten kamen jetzt die schwerenBereitschaftswagen auf die ALTAI zugerast. Ichhoffte, daß wenigstens ein Teil der Mannschaftenüber Mercants Pläne informiert war.

Harper ließ bereits den unteren Teil desLandesteges einfahren. Drei Fahrzeuge der Verfolgerbremsten. Die Männer sprangen herunter. Als sie zuschießen begannen, waren wir in der Schleuse.

Sörlund und Harper rannten los, während Son-Haound ich die Schleuse zugleiten ließen. Im Augenblickkonnten wir uns nicht um die Maahks kümmern. DerLandesteg war jetzt völlig eingefahren. Ich wußte,daß Cole Harper inzwischen alle Vorbereitungen füreinen sofortigen Start getroffen hatte.

Son-Hao und Arcus folgten den beiden Offizierenin die Zentrale. Ich hielt es für besser, bei denMaahks zu bleiben. Natürlich konnten sie ihrenBehälter nicht verlassen, aber ich hatte meinMißtrauen ihnen gegenüber noch immer nichtabgelegt.

Von draußen drang kein Geräusch zu uns herein.Wenn die Verfolger ihre schweren Waffeneinsetzten, würden wir die Landestützen noch keinenMillimeter vom Boden abheben können. Unsereeinzige Chance war, daß Mercant einen Teil derwichtigsten Männer informiert hatte, so daß dieseentscheidende Maßnahmen verhindern konnten.

Wenn der militärische Apparat der Solaren Flotteim Twin-System erst einmal auf Hochtouren lief,hatten wir unter normalen Umständen keineAussichten, durch den Transmitter zu fliegen.

Das Knacken des Symboltransformers riß mich ausmeinen Gedanken.

„Sind wir jetzt auf dem Raumschiff, das uns auf

diese Welt gebracht hat?“ fragte einer der Methans.Ich zögerte. Sollte ich mich auf eine Unterhaltung

mit den Gefangenen einlassen?„Ja“, sprach ich schließlich in mein Gerät. „Wir

werden bald starten.“ „Wo sind Ihre Freunde?“ „Inder Kommandozentrale“, erwiderte ich widerwillig.

Ich bekam keine Antwort, aber der Robotwagenbegann plötzlich auf mich loszurollen. Bevor ichreagieren konnte, hatte mich das Fahrzeug gegen dieinnere Schleusenwand gedrückt, so daß ich michnicht bewegen konnte. Es war den fünf Maahksgelungen, den Wagen von ihrem Behälter aus zukontrollieren.

„Laß mich frei!“ schrie ich in denSymboltransformer. „Was, glaubt ihr, könnt ihrdadurch gewinnen?“

Der Druck des Fahrzeugs verstärkte sich. Ichstemme mich mit aller Kraft dagegen, doch wassollte ich gegen Tonnen von Metall ausrichten?

„Wir können Sie jetzt töten“, sagte derMaahks-Sprecher.

Ich durfte ihnen nicht sagen, daß ich einTodgeweihter war. In diesem Augenblick dachte ichauch nicht daran. Der immer stärker werdende Druckdes Fahrzeugs ließ mich verzweifeln.

„Was wollt ihr von mir?“ stieß ich schließlichhervor.

„Wir wollen das Kommando über dieses Schiffübernehmen“, antwortete der Maahk. „Wir sind nochimmer mißtrauisch. “. „Ihr könnt euch noch nichteinmal innerhalb des Schiffes bewegen“, erinnerteich sie. „Wir werden euch in die Druckkabinenbringen. Von dort aus habt ihr keinen Einfluß auf dieSteuerung des Schiffes.“

„Wir werden diesen Einfluß errangen - durch Sie“,klang es aus dem Symboltransformer.

Es war mir endlich gelungen, eine Hand frei zumachen. Ich riß die Schockwaffe aus dem Gürtel unddrückte gegen den Behälter ab.

Sofort preßte mich der Wagen so fest gegen dieSchleusenkammer, daß ich befürchtete, meinRückgrat würde nachgeben. Ich bekam keine Luftmehr.

„In Ordnung!“ brachte ich hervor. „Ich will euchanhören.“

Die ALTAI begann leicht zu vibrieren. Ich wußtenicht, ob wir von draußen angegriffen wurden oderob sich die Kaulquappe vom Boden abhob.

„Es gibt bestimmte Gründe für uns ... “, beganneiner der Maahks. Weiter hörte ich ihm nicht mehrzu, denn Sergeant Imar Arcus tauchte plötzlich imSchleusengang auf.

„Imar!“ schrie ich. „Sie kontrollieren den Wagen!“Arcus begriff sofort. Er stürmte auf den

Robot-Transporter zu. Der Druck gegen meinenKörper wurde so stark, daß mich die Schmerzen fast

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bewußtlos machten. Arcus erreichte den Fahrerplatzund riß das Steuer herum. Der Wagen machte einenSatz zurück. Ich verlor den Halt und taumelte zuBoden. Arcus stellte die Bremsen fest und kam mitblassem Gesicht zu mir herüber. Er hob mich hoch.Ich betastete meine Rippen.

„Wie war das möglich?“ äußerte ich erschöpft.„Wie konnten sie den Wagen unter Kontrollebringen?“

„Das war meine Schuld“, sagte Arcus grimmig.„Die Ladefläche ist unabhängig aufgehängt. DerBoden des Schleusengangs ist leicht nach derSchleuse zugeneigt. Die Maahks mußten nur zumhinteren Teil des Wagens gehen, um ihn auf dichlosrollen zu lassen.“

Ich verstand. Der Druck gegen meinen Körperhatte sich dadurch immer wieder verstärkt, daß dieMaahks in ihrem Behälter von einer Seite zuranderen gegangen waren.

„Sie wollten mich dazu zwingen, ihnen dieKontrolle über die ALTAI zu verschaffen“, sagte ich.„Das sind wirklich dankbare Verbündete.“ DieALTAI vibrierte jetzt stärker. „Wir starten“, erklärteArcus. „Du solltest einmal das Landefeld ansehen.Sie haben einen Ring um die ALTAI gebildet, aberniemand scheint richtig zu wissen, was überhauptpassiert ist.“

Arcus überzeugte sich noch einmal, daß dieBremsen des Transporters angezogen waren, dannsagte er: „Im Augenblick können die Maahks nichtsunternehmen. Wir werden sie später in dieDruckkabine bringen. Am besten, du kommst jetztmit in die Zentrale.“

„Wir werden mit den fünf Maahks nochSchwierigkeiten bekommen“, prophezeite ich. „Siewerden jede Gelegenheit ausnutzen, uns zuüberrumpeln. “

„Darauf hat uns Mercant vorbereitet“, erinnertemich Arcus.

Als wir die Zentrale betraten, waren Sörlund,Harper und Son-Hao vollauf mit der Kontrolle derKaulquappe beschäftigt, so daß sie sich nicht ummein lädiertes Äußeres kümmern konnten.Schweigend nahmen Arcus und ich unserevorgesehenen Plätze ein. Das Landefeld lag bereitsunter uns, die Landestützen der ALTAI wareneingefahren.

„Wir fliegen jetzt direkt in den Twin-Transmitter“,sagte Sörlund.

Ich bereitete mich darauf vor, in derZentrumssonne der Hohlwelt Horror zusammen mitmeinen Freunden, den fünf Maahks und der ALTAIzerfetzt zu werden. Mercant hatte uns vom Schicksalder CREST II erzählt. Das Flaggschiff der SolarenFlotte war bei seinem Eindringen in denHorror-Transmitter in die Gewalt des

Rotationseffektes innerhalb des Zentrumhohlraumsgeraten. Die CREST II hatte sich retten können. IhreTriebwerke waren jedoch mit denen einerKaulquappe von nur sechzig Metern Durchmessernicht zu vergleichen.

Der Twin-Transmitter bestand aus zwei Sonnen,die nur fünf Millionen Kilometer von einanderentfernt im Leerraum zwischen Andromeda undunserer eigenen Galaxis standen. Die Planetenumkreisten die Doppelsonne in einer Ebene und imgleichen Abstand. Auch die Eigenrotation allerWelten dieses Kunstsystems unterlag keinenSchwankungen.

Ich blickte auf die Bildschirme. Das Landefeldschmolz unter uns zusammen. Jetzt mußte MercantsVerbindungsmann innerhalb der Justierungsstationbereitstehen, um die entscheidende Umpolung derTransmitterschaltung vorzunehmen.

Zum erstenmal wurde ich mir voll der Tatsachebewußt, daß man uns mitten in feindliches Gebietschickte. Militärisch würden wir völlig unbedeutendsein. Nur durch geschicktes diplomatisches Vorgehenkonnten wir hoffen, die gewünschten Informationenzu beschaffen oder an die ANDROTEST III zufunken, die abwartend in der Nähe desHorror-Systems im Leerraum stehen würde.

„Imar!“ klang Sörlunds Stimme in meineGedanken. „Die Maahks müssen in die Druckkabinegebracht werden. Innerhalb des Behälters können sienicht mehr lange leben, denn wir haben hier keineMöglichkeit, ihre Atmosphäre zu kontrollieren.“

Arcus verließ die Zentrale. Auf den Bildschirmenkonnte man bereits die Krümmung der OberflächeQuintas erkennen. Der Kontinent bildete nur nocheinen verschwommenen Fleck. Die Ortungsgeräte derALTAI schlugen ununterbrochen aus. Sieregistrierten die im Twin-System stehenden Schiffeder Flotte und die Gigantraumer der Posbis. WennMercant nicht dafür gesorgt hatte, daß diese.Verbände sich nicht um die ALTAI kümmerten,würden wir den Transmitter nie erreichen.

Sörlund schien an eine solche Möglichkeit nicht zudenken. Mit ruhigen Handbewegungen führte er allenötigen Schaltungen aus. Harper und Son-Haoüberwachten die Kontrollen. Ich hatte nichts zu tun,als die Bildschirme zu beobachten, die noch immervon Quinta ausgefüllt wurden. Schließlich war dieALTAI so weit in den Raum vorgestoßen, daß Quintazu einem dunklen Ball mit hellem Rand wurde. Derhelle Rand wurde von den aufgehenden Sonnenerzeugt, auf die unser Schiff zuraste. Kurz daraufversank Quinta in lodernder Helligkeit.

Imar Arcus fuhr mit dem Transporter herein undverband die Schleuse der unmittelbar an die Zentralegrenzenden Druckkabine mit der des Behälters.Gleich darauf sahen wir die fünf Maahks hinter den

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transparenten Scheiben der Kabine auftauchen. Siegestikulierten heftig miteinander. Arcus schloß dieSchleuse und steuerte den Wagen wieder aus derZentrale.

„Wenn du dich beeilst, kannst du ihn vor demTransmittersprung noch in den Hangar bringen“,sagte Sörlund. Der Major schaltete die automatischeSteuerung ein und näherte sich mit einemSymboltransformer der Kabine. Die Maahks konntenvon ihrem Spezialraum aus mit uns sprechen.

„Sie haben mich fast umgebracht“, informierte ichSörlund.

Sörlunds faltiges Gesicht machte durchaus keinenbekümmerten Eindruck. Entweder glaubte er, auchohne mich auszukommen, oder er maß dem Versuchder Methans keine besondere Bedeutung bei.Vielleicht hätten sie ihn einmal einklemmen sollen,dachte ich wütend. Das hätte ihn sicher muntergemacht.

„Wir werden in kurzer Zeit durch den Transmitterfliegen“, informierte Sörlund die Maahks mit Hufedes Übersetzungsgerätes.

„Wir verlangen, daß man uns dieKommandogewalt überträgt“, kam die überraschendeAntwort. „Sie kommen als Unterhändler. Ab soforthaben Sie, sich nach unseren Anweisungen zurichten.“

„Wir sind Unterhändler, aber keine Bettler“,erklärte Sörlund. „Wir haben das Kommando anBord dieses Schiffes und werden es auch behalten.“

Seine entschlossene Haltung schien die Maahks zubeeindrucken. Wir konnten beobachten, daß sieheftig miteinander diskutierten.

Als ihr Sprecher sich wieder meldete, machte eruns ein neues Angebot.

„Wir könnten jede Ihrer Entscheidungenmiteinander beraten. Es kann gefährlich werden,wenn Sie einen Fehler begehen.“

„Sie vergessen, daß Sie alle fünf nur einfacheSoldaten sind“, sagte Sörlund abfällig. „Wir werdenunsere Entscheidungen nicht mit Ihnen beraten.Unsere Pläne werden wir in aller AusführlichkeitIhren Vorgesetzten zur Kenntnis bringen.“

„Wir bedauern Ihre Haltung“, erwiderte derMaahk, der für unsere fünf Begleiter als Sprecherauftrat. „Dadurch werden Sie und wir in erheblicheSchwierigkeiten kommen.“ „Wie sollen wir dasverstehen?“ Wieder diskutierten die Methans, bevorsie antworteten.

„Das werden Sie nur erfahren, wenn Sie aufverschiedene Bedingungen eingehen.“

„Halgor“, mischte ich mich ein. „Wir sollten sieetwas unter Druck setzen.“

„Ich glaube, das ist sinnlos“, sagte er. „DieBurschen sind ziemlich dickfellig. Vergiß nicht, daßsie völlig gefühlsarm sind. Sie handeln rein

pragmatisch. Sie scheinen jedoch irgendwelcheBedenken zu haben. Ich wünschte, wir könnten mehrherausfinden.“

Harper rief ihn an die Kontrollen zurück, Sörlundnahm im Kommandosessel Platz. Gleich darauf kamImar Arcus wieder in die Zentrale.

Es war offensichtlich, daß die fünf Methans mitunserem Vorgehen nicht einverstanden waren. Zwarschienen sie erleichtert über die gelungene Flucht,doch für die Zukunft hatten sie andere Pläne als wir.Ich nahm mir vor, den Major aufzufordern, zumSchein auf die Bedingungen der Maahks einzugehen,damit wir erfuhren, worüber sie sich Sorgen machten.

Im Augenblick jedoch war Sörlund mit der ALTAIbeschäftigt, die sich dem kritischen Punkt näherte.Ich ließ mich in einen der Sitze sinken und injiziertemir das Mittel, das den bevorstehendenTransitionsschock lindern würde. Die anderen hattensich schon gespritzt.

„Denken Sie jede Sekunde daran, daß vomGelingen Ihres Auftrages das Schicksal unzähligerMenschen abhängen kann“, hatte Mercant zu unsgesagt.

Ich lächelte unterdrückt. In den letzten Stundenhatte ich immer nur an meine vier Freunde und anmich gedacht.

Auch ein Todgeweihter ist schließlich nur einMensch.

Sekunden später raste die ALTAI durch denTransmitter und wurde von unvorstellbarenEnergieentfaltungen Tausende von Lichtjahren weitdurch das absolute Nichts geschleudert.

*

Es war kein plötzliches Erwachen, sondern einunermüdliches Ankämpfen gegen dieBewußtlosigkeit, die erlösende Befreiung von denSchmerzen versprach, die meinen Körper quälten.Mercant hatte uns auf diesen Effekt eines großenTransmittersprunges vorbereitet, doch es war etwasanderes, eine Warnung zu hören und dann dieWirklichkeit zu erleben.

Ich zwang mich dazu, meine Augen zu öffnen. Ichhörte das Klicken der automatischen Kontrolle, einsicheres Zeichen, daß die Anlagen der ALTAI nachwie vor funktionierten. Auf den Bildschirmen konnteich nur verschwommene Schatten sehen.

Mit äußerster Energie richtete ich mich in meinemSessel auf.

Sörlund war bereits dabei, die einzelnen Werte vonden Kontrollen abzulesen. Ich bewunderte seineZähigkeit. Neben mir erwachte Cole Harper stöhnendaus der Bewußtlosigkeit. Auch Arcus und Son-Haokamen wieder zu sich. Unbewußt blickte ich zurSpezialkabine der Maahks hinüber. Durch die

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transparenten Scheiben sah ich, wie sich die fünfGestalten bewegten. Sie wurden mir immerunheimlicher. Der Gedanke, bald mit einigen tausendMethans zusammenzusein, bereitete mir wenigFreude.

„Wo sind wir herausgekommen, Halgor?“ fragteCole Harper mühsam.

Sörlund lehnte sich aufatmend im Sitz zurück.„Ich nehme an, daß wir im Zentrumshohlraum von

Horror sind“, sagte er.„Unterliegen wir dem Rotationseffekt?“ wollte

Arcus wissen.Sörlunds Blicke glitten über die Instrumente.

„Schwer zu sagen. Wir werden es gleich erfahren.Wenn der Transmitter richtig funktioniert, müssenwir durch einen Schacht ausgestoßen werden.“

Im Augenblick war die ALTAI ein hilfloserSpielbau unkontrollierbarer Energien. Keine noch sostarke Beschleunigung konnte uns retten, wenn wirum den Energiekern zu rotieren begannen, der deneigentlichen Mittelpunkt der Hohlwelt bildete. DieserKern war die Zentrumssonne Horrors und hatte einenDurchmesser von fünfhundert Metern.

In dieser Situation wirkte Sörlunds Ruheausgesprochen wohltuend. Er ließ keine Panikaufkommen. Nur auf die Maahks, die ausunbekannten Gründen aufgeregt in ihrer Kabine hinlind her liefen, konnte Sörlunds Gelassenheit nichtausstrahlen.

Noch immer konnten wir auf den Bildschirmenkeine Einzelheiten erkennen. Lichtjahre von unsentfernt, irgendwo im Leerraum, stand dieANDROTEST III. Oberst Pawel Kotranow, derKommandant des Schiffes, wartet auf unserenBericht. Ich blickte auf meine Prothese hinab.Hoffentlich bekam ich Gelegenheit, den Hypersenderzu bedienen, wenn wir etwas über die Gründe dermaahkschen Flottenansammlung erfahren hatten.

„Geschwindigkeit des Schiffes gleichbleibend“,gab Sörlund bekannt. „Triebwerke reagieren nichtauf Beschleunigungsversuche.“

„Was sollen wir tun?“ fragte Son-Hao verwirrt.„Wir wissen noch nicht einmal genau, wo wir sind.“

Sörlund programmierte den Zentralcomputer mitden vorliegenden Daten. Er erhielt die Antwortbereits Sekunden später auf einem Plastikstreifen.

„Es ist Horror“, sagte er zufrieden. „Wir habenunser Ziel erreicht.“

Ein kaum merkliches Zittern durchlief die ALTAI.Geheimnisvolle Kräfte hatten die Kaulquappe in derGewalt

„Das Schiff wird schneller“, sagte Sörlund.Ich preßte die Lippen aufeinander. Nun kam es

darauf an, ob wir in der Zentrumssonne Horrorszerfetzt wurden oder durch einen Polschacht an dieOberfläche gelangten. Die Wahrscheinlichkeit, daß

alles glatt verlief, war nicht sehr hoch, denn niemandwußte genau, wie der Horror-Transmitter auf eineSendung aus dem Twin-System unter normalenUmständen zu reagieren pflegte.

Die ALTAI wurde immer schneller. Sörlundbeging nicht den Fehler, durch irgendwelcheManipulationen gegen die Titanenkräfteanzukämpfen, die die ALTAI gefangenhielten.

Wieder spie der Computer einige Ergebnisse aus.Sörlund griff danach.

„Wir werden durch den Südpolschachtausgestoßen“, sagte er. In seiner Stimme schwangErleichterung mit. Auch die Maahks schienen zuspüren, daß irgend etwas vor sich ging. Sie winktenuns zu. Die Symboltransformer knackten, doch wirkümmerten uns nicht darum. Jetzt galt unsereAufmerksamkeit der Sicherheit des Schiffes. Sörlundwar bereit, die Steuerung sofort zu übernehmen,wenn die ALTAI in den Leerraum gestoßen wurde.

Ich fragte mich, was uns außerhalb der Hohlwelterwarten würde. Wenn der Bildschirm innerhalb derJustierungsstation auf Quinta keine falschenInformationen übermittelt hatte, mußten inzwischenHunderte von Raumschiffen im Horror-Systemstehen. Wie würden die Kommandanten der Maahksdas Erscheinen der ALTAI aufnehmen?

Sörlund schwang seine hagere Gestalt aus demKommandositz. Seine Schulterblätter zeichneten sichunter der Jacke ab. Ohne den Panoramabildschirmaus den Augen zu lassen, ging er zum Eingang derSpezialkabine.

„Wir sind im Horror-System angekommen“, teilteer den Methans über den Symboltransformer mit.„Sobald wir an der Oberfläche auftauchen, müssenSie versuchen, mit Ihren Kommandanten Verbindungaufzunehmen.“

„Das werden wir tun“, antwortete derMaahk-Sprecher.

Sörlund und ich wechselten einen erstaunten Blick.Warum waren die Methans plötzlich so bereitwillig?Hatten sie eingesehen, daß wir uns nicht beeinflussenließen oder spielten noch andere Gründe mit?

Für einen Menschen war ein Maahk schwerdurchschaubar. Die völlig fremdartige Mentalitätdieser Wesen war für eine gefühlsbetont handelndeIntelligenz unverständlich.

Die ALTAI raste durch den gewaltigen Schacht anden verschiedenen Etagen der Hohlwelt vorüber. Indieser riesigen Falle hatten Perry Rhodan und seineFreunde um ihr Leben gekämpft, hier waren sie zuzwei Millimeter großen Mikromenschenzusammengeschrumpft, bevor sie sich endgültighatten befreien können. Alle diese Ereignisse, diesich im Horror-System abgespielt hatten, schienenmit eine Warnung für unsere kleine Gruppe zu sein.

In Sörlunds Gesicht spiegelte sich das Licht der

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ständig wechselnden Kontrollichter. Unbewegtbeobachtete der Major die Bildschirme. Bisherverlief alles so, wie wir es gewünscht hatten. WennTodgeweihte überhaupt von Glück sprechen können,dann schienen wir es zu haben.

Die ALTAI schoß aus dem Schacht heraus undstieß in den Leerraum um Horror vor. Fast imgleichen Augenblick ließ die Beschleunigung nach.Die Kaulquappe wurde langsamer und langsamer bissie mit nur noch geringer Geschwindigkeit dahinflog.

Ich hatte damit gerechnet, einige hundert fremdeSchiffe zu sehen, doch die Wirklichkeit raubte mirfast den Atem. Der Leerraum um Horror warangefüllt mit gigantischen Raumern.

„Seht euch das an!“ preßte Cole Harper zwischenden Zähnen hervor. „Seht euch das an und denktdarüber nach, was passiert, wenn diese Verbände dieGalaxis überschwemmen.“

Allan D. Mercant hatte uns eingehend die bisherbeobachteten Schiffe der Methans geschildert. Nachden Worten des Abwehrchefs bevorzugten dieMaahks die schlanke Form.

Hier jedoch waren zum Teil Schiffe versammelt,die über zwei Kilometer lang und einige hundertMeter breit waren.

„Um Himmels willen, hier müssen wirverschwinden, Halgor“, sagte Son-Hao.

„Militärisch gesehen sind wir im Augenblick einNichts“, sagte Sörlund. „Doch das ist kein Grund füreine überstürzte Flucht. Auch unsere fünf Begleiterscheinen aufgeregt zu sein.“

Ich schaute zur Spezialkabine hinüber. DieMethans versuchten uns Zeichen zu geben.

Ohne sich um die Riesenflotte vonSuperraumschiffen zu kümmern, verließ Sörlundseinen Kommandoplatz und ging zurTransparentscheibe der Maahks-Kabine. Er schalteteden Symboltransformer ein.

Bevor er jedoch sprechen konnte, ertönte bereitsdie Stimme eines Gefangenen.

„Wir haben Sie gewarnt.“ Der Maahk sprach sehrschnell. „Wir versuchen vergeblich, mit diesenSchiffen Verbindung aufzunehmen.“

„Es sind doch Schiffe Ihres Volkes“, sagte Sörlunderstaunt. „Weshalb reagieren sie nicht?“

„Übergeben Sie uns die Kommandogewalt über IhrSchiff. Dann werden wir zu retten versuchen, wasnoch zu retten ist“, kam die rätselhafte Antwort.

„ Es ist sinnlos, daß wir weiter darüber sprechen“,erwiderte Sörlund. „Bisher wurden wir noch nichtangegriffen, obwohl man uns zweifellos geortet hat.Das zeigt mir, daß man Interesse an uns hat.“

„Wir warnen Sie!“ sagte der Maahk. Das Gerätvermochte die Dringlichkeit, mit der erwahrscheinlich gesprochen hatte, nichtwiederzugeben. „Sie sind nicht in der Lage, diese

Situation zu übersehen.“ „Natürlich nicht“, gabSörlund zu. „Doch wir werden uns Mühe geben,etwas zu erreichen. Inzwischen können Sie mit IhrenBemühungen fortfahren, Verbindung zu IhrenFreunden herzustellen.“

Die Maahks brachen das Gespräch ab. Sörlundkehrte an seinen Platz zurück. „Unsere fünf Begleitersind aus irgendeinem Grund nervös“, sagte ernachdenklich. „Man könnte glauben, sie würdendiese Schiffe fürchten.“

„Das ist doch unlogisch“ sagte Son-Hao. „Sie sindnun sicher, daß die Flucht geglückt ist. Weshalbsollten sie sich also Gedanken machen?“

„Die Riesenschiffe kümmern sich nicht um dieVersuche der fünf Maahks, Kontakt aufzunehmen“,hielt Sörlund dem Leutnant entgegen.

„Sie kümmern sich noch nicht einmal um uns“,warf ich ein. „Das stimmt“, bestätigte der Major.Schweigend beobachteten wir die schwarzenRiesenschiffe, die sich verschwommen auf derPanoramagalerie der ALTAI abzeichneten.Zweifellos war die ALTAI längst geortet worden.Der Anblick der Riesenflotte hatte etwasGespenstisches. Völlig ruhig standen die Schiffe imLeerraum, als könnte nichts passieren, was sie ausihrer Starre aufwecken würde.

„Sie ignorieren uns einfach“, stellte Cole Harperfest. „Sie greifen uns nicht an und nehmen auchkeinen Kontakt mit uns auf.“

Eines war mir bereits jetzt klar: die ANDROTESTII unter dem Kommando von Oberst Pawel Kotranowwürde in eine Todesfalle fliegen. Das Schiff würdebis auf wenige Lichtjahre ans Horror-Systemherankommen. Wenn Kotranow nicht einen sechstenSinn besaß, der ihn rechtzeitig warnte, mußte er vonder Flotte der Maahks geortet und vernichtet werden.

„Was wird mit Kotranow?“ fragte ich MajorSörlund.

Sörlund warf mir einen vielsagenden Blick zu. DieKaulquappe war nun völlig zum Stillstandgekommen. Sie stellte nur einen winzigen Fleckinmitten dieser Flottenkonzentration dar.

„Ich kann nicht glauben, daß hier eine Invasion derGalaxis vorbereitet wird“, sagte Sergeant Imar Arcus.„Welchen Erfolg versprechen sich die Maahks voneinem solchen Unternehmen?“

„Leider kennen wir die Hintergründe dieserOperation nicht“, sagte Sörlund. „Wir wissen nichtsüber die Herren von Andromeda und die anderenVölker unserer Nachbargalaxis.“

„Glaubst du, daß die Methans mit den Meistern derInsel identisch sind?“ fragte Son-Hao.

„Nein“, sagte Sörlund sofort. „Wir wissen ziemlichviel über die Transmitterfallen. Nach dem Krieggegen die Arkoniden können die Methans sich nichtso schnell erholt haben, um derartige Anlagen zu

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schaffen.“„Dieser Krieg liegt immerhin schon Jahrtausende

zurück“, gab Arcus zu bedenken.Sörlund schnippte mit seinen dürren Fingern.

„Was Sind Jahrtausende für die Entwicklung einesVolkes innerhalb des Universums? Wahrscheinlichbenötigten die Methans mehrere Jahrhunderte, umsich überhaupt von der Niederlage zu erholen.“

Er erhob sich und ging zum Hyperkomsender.„Wir sollen einen kurzen Impuls ausstrahlen“,

schlug er vor. „Vielleicht löst das eine Reaktion derMaahk-Kommandanten aus.“

Hoffentlich bestand diese Reaktion nicht in einerVernichtung der ALTAI. Aber wir konntenschließlich nicht bis ans Ende aller Zeiten warten,daß die Maahks sich zum Handeln entschlossen. Inder Milchstraße wartete man auf unseren Bericht.

Zwar wußten wir jetzt, daß die Methans hierunzählige Schiffe zusammenzogen, doch wir hattennoch keinen Anhaltspunkt, ob tatsächlich eineInvasion der Milchstraße geplant war.

Sörlund strahlte einen kurzen Impuls aus, den er inAbständen von je zehn Sekunden wiederholte. Dannlehnte er sich abwartend zurück.

Die fünf Maahks in der Spezialkabine verfolgtenunser Vorgehen mit wachsendem Interesse. Sieklopften gegen die Scheibe, um unsereAufmerksamkeit zu erwecken. Sörlund schaltete denSymboltransformer ein.

„Was ist los?“ fragte er barsch. „Sie dürfen keinenFunkspruch ausstrahlen“, warnte derMaahk-Sprecher. „Das kann zu Komplikationenführen.“

Sörlunds Blauaugen verschwanden hinter denLidern. Einen Augenblick bot der Major ein Bildhöchster Konzentration.

„Komplikationen?“ knurrte er bissig. „Was kann inunserer Lage noch viel passieren?“

„Sie können sterben“, meinte der Maahk.Sörlund lachte schauerlich. „Sterben?“ wiederholte

er ironisch. „Was, glauben Sie, bedeutet dieses Wortfür meine Freunde und mich?“

„Die Terraner sind gefühlsbetonte Wesen. Siefürchten den Tod mehr als alles andere.“

Zum erstenmal seit Verlassen des Lazarettschiffesdrängte die Erinnerung an unsere schrecklicheKrankheit sich wieder voll in mein Bewußtsein.

Es dauerte jedoch nur einen kurzen Moment, dannhatte ich es überwunden.

„Wir“, sagte Sörlund gelassen, „fürchten den Todnicht.“

„Der Tod ist unlogisch für ein vernunftbegabtesWesen. Es muß mit allen Mitteln dagegenankämpfen, bis zum letzten Augenblick“, sagte derMaahk.

„Das tun wir“, entgegnete Sörlund. „Wir

“Ich begann zu befürchten, das Gespräch könnte in

philosophische Bahnen abgleiten, doch Sörlundschaltete den Symboltransformer wieder aus. DieMaahks tasteten mit ihren Tentakelarmen über dieTransparentscheibe. Im Augenblick waren siegenauso gefährdet wie wir. Das schienen sie zuspüren. Sie mußten einen bestimmten Grund haben,uns immer wieder zu drängen, die Kommandogewaltüber das Schiff an sie abzutreten.

Wohin, so fragte ich mich, würden sie die ALTAIbringen?

Sörlund sah gedankenvoll auf das Funkgerät.„Nichts“, sagte Captain Harper. „Man könnte

glauben, sie hätten uns noch nicht entdeckt.“„Ich glaube, daß die Flottenkommandanten

zunächst einmal in ihrem Hauptquartier nachfragen,was mit uns geschehen soll“, sagte Imar Arcus.

„Das ist sehr wahrscheinlich“, stimmte Sörlund zu.Die Maahks in den Superschiffen rund um Horror

mußten jetzt wissen, daß an Bord des kleinenFlugkörpers, der aus dem Transmitter gekommenwar, fünf Angehörige ihres Volkes unter unwürdigenVerhältnissen lebten. Warum unternahmen sie nichtsum den fünf Gefangenen zu helfen? Die Methanskonnten uns Terraner unmöglich für so verrückthalten, daß wir nur mit einem lächerlichenRaumschiff erschienen, um sie anzugreifen oderSpionage zu treiben. In beiden Fällen durfte es amSchicksal des Schiffes keinen Zweifel geben. DieMethans mußten daraus folgern, daß es einenbesonderen Grund für unser Hiersein gab.

Warum interessierten sie sich nicht dafür?Waren sie ihrer Sache so sicher, daß sie es für

unnötig hielten, sich mit uns in Verbindung zusetzen? Lief die Invasion bereits auf Hochturen?

Auf keine dieser Fragen gab es eine Antwort.Mercant wußte, daß er uns eine verteufelt schwere

Aufgabe gestellt hatte. Ich fragte mich, warum ichnicht den Mut verlor. Von Anfang an hattefestgestanden, daß wir kaum eine Chance habenwürden, die Sache zu einem guten Ende zu bringen.Von allen Agenten der Solaren Abwehr - sofern wiruns überhaupt als Agenten bezeichnen konnten -hatten wir die schwierigste Arbeit bekommen. Unddas nur, weil unser Schicksal bereits feststand.

„Cole“, drang Sörlunds Stimme in meineGedanken, „wir geben noch einen Impuls ab.“

Harper kam der Aufforderung nach. Alle fünfMaahks standen unmittelbar hinter der Scheibe undstarrten zu uns heraus. Sie hatten es aufgegeben, unsdurch Winken und Klopfen zu veranlassen, einenSymboltransformer einzuschalten.

Allmählich begann ich zu wünschen, eines derSuperschiffe würde uns angreifen. DieBewegungslosigkeit des gewaltigen Verbandes zehrte

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an meiner Nervenkraft.Ich erhob mich. Unbewußt zog ich mein Bein mit

der Prothese etwas nach. Ich bin immer nochschneller als die meisten Männer, aber irgendwiebleibt eine Prothese immer ein Fremdkörper.

„Was ist los, Hegete?“ erkundigte sich Sörlund.„Wirst du unruhig?“

Ich gab mir Mühe, dem Blick seiner blauen Augenstandzuhalten. In den Falten seines Gesichtes zucktees. Das konnte verschiedene Bedeutungen haben. Amwenigsten erwartete ich, daß Sörlund ebenfallsnervös war.

„Ich bin dafür, daß wir endlich etwasunternehmen“, sagte ich. „Mit Funkimpulsen alleinist es nicht getan.“

„Was meinst du, sollen wir einen derMaahk-Raumer angreifen?“ fragte LeutnantSon-Hao.

Ich überhörte den Spott in seiner Stimme. Wennein Mitglied unserer Gruppe das Recht besitzt, dieanderen zu verspotten, dann bin ich das. MeinSarkasmus wird von den anderen stillschweigendgeduldet.

„Übergeben wir den fünf Maahks zum Schein dasKommando über die ALTAI“, schlug ich vor. „Wennes gefährlich wird, können wir jederzeit eingreifen!“

Sörlund schlenkerte mit seinen langen Armen.Vielleicht gefiel ihm mein Vorschlag nicht, weil erunter Umständen mit Arbeit für unseren famosenMajor verbunden sein konnte. Und Arbeit ist etwas,was Sörlund nur in verfeinerter Form anerkennt.Diese verfeinerte Form ist das Erteilen von Befehlenund das Zuschauen, wenn andere diese Befehleausführen.

„Wir können es einmal versuchen“, sagte erwiderwillig.

Er schob sich aus dem Sessel, einelangaufgeschossene, hagere Gestalt mit linkischwirkenden Bewegungen. Es ist mir bis heute einRätsel geblichen, wie Sörlund es fertigbringt, seineBewegungen zu koordinieren.

Die Finger des Majors glitten über denSymboltransformer. Ich konnte sehen, daß dieMaahks gespannt warteten. Es kam jedoch nichtmehr zu der geplanten Unterhaltung mit den fünfGefangenen.

Cole Harper, der die Kontrollen beobachtete,schrie laut auf.

Mit zwei Schritten war Sörlund an seinem Platzzurück.

Die ALTAI war unvermittelt von einemorangeroten Strahl erfaßt worden.

„Es sieht so aus, als wollte uns jemand unauffällighier wegschaffen.“

Die Triebwerke der Kaulquappe brüllten auf, alsSörlund auf Vollschub schaltete. Das

Sechzig-Meter-Raumschiff schien sich aufzubäumen.Ein heftiges Zittern lief durch die Wandungen. DieDeckenleuchten flackerten unregelmäßig, dieOrtungsgeräte knackten und summten. „Wir kommennicht weg!“ rief Sörlund.

Er umklammerte die Steuerung, doch die ALTAIreagierte nicht. Der gewaltige Schub der Triebwerkeverpuffte wirkungslos unter dem lodernden Zugriffdes Transmitterstrahls.

Der Planet Horror wurde - ein einmaligesPhänomen - von drei Sonnen vom Typ GI umlaufen:Horror selbst besaß keine Eigenrotation. DieDrillingssonnen trugen keine Eigennamen, sie hattendie Bezeichnung A, B und C. Sie umliefen dieHohlwelt in einem konstanten Abstand von 95Millionen Kilometern. Die Drillinge bildetengeometrisch gesehen ein exaktes Dreieck. Für dieTransmittertätigkeit war es offenbar von Bedeutung,daß die einzelnen, künstlich geschaffenen Körpereine bestimmte Position einnahmen, denn diegeometrische Genauigkeit in der Konstellation warbisher bei allen entdeckten Transmitterstationenvorhanden gewesen.

„Wir rasen in die Sonnenballung hinein!“ riefHalgor.

Das Bild der Maahk-Raumer auf den Bildschirmenbegann sich zu verzerren. Die sowieso nur undeutlichzu erkennenden Superschiffe lösten sich zuverschwommenen Schatten auf.

Ein Schmerz von fürchterlicher Intensitätdurchzuckte mich. Glühende Hitze strömte durchmeinen Körper. Die Gegenstände vor meinen Augenschienen sich auszudehnen. Die Bildschirmeflammten wie kleine Sonnen. Ich konnte undeutlichSörlund erkennen, der leicht nach vorn gebeugt imKommandositz kauerte und mit verzerrtem Gesichtversuchte, die ALTAI aus dem Bannkreis desTransmitterstrahls zu bringen.

Doch das winzige Schiff wurde mitgerissen wieein welkes Blatt vom Sturmwind. Wir rasten in dieSonnenballung hinein, und der Entzerrungsschmerzließ mich bewußtlos werden.

*

Mein erster Gedanke nach dem Erwachen war:Zentrumspest oder nicht, ich habe diese ganze Sachesatt. Sörlund soll uns nach ASTO IV zurückbringen.Wie absurd diese Idee war, begriff ich wenigeSekunden später, als der schmerzhafte Schock desTransmittersprunges vorüber war und ich wiederklarer denken konnte. Wir waren ... ja, wo waren wireigentlich?

Boshafte Menschen behaupten immer, ich könntewesentlich schneller laufen als denken. Nach denbisherigen Erlebnissen mußte mir jedoch jeder eine

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gewisse geistige Erholung zubilligen.Ich blinzelte, um mich an die Helligkeit zu

gewöhnen, die von den Bildschirmen ausging. MeinNacken schmerzte, als ich den Kopf drehte, um inSörlunds Richtung zu blicken.

„Drei blaue Riesen“, sagte Sörlund gerade. „Wieerwartet, bilden auch sie ein gleichschenkligesDreieck.“

„Riesen?“ stöhnte ich. „Um Himmels willen.Halgor, wo sind wir?“

Sörlund knurrte unwillig, doch Cole Harper gabmir bereitwillig Auskunft: „Wir sind in einer anderenTransmitterstation herausgekommen.“

„Transmitterstation?“ wiederholte Arcus. „Das istnicht gerade eine erschöpfende Antwort.“

„Würdest du dich noch etwas gedulden,Sergeant?“ fragte Sörlund freundlich. „Ich habegerade die ersten Daten in den Computer gegeben.“

Die Riesen, von denen der Major gesprochen hatte,waren drei blaue Sonnen, in deren Zentrum wiroffenbar rematerialisiert waren. Inzwischen flogenwir jedoch bereits außerhalb des Zentrums. Das Lichtder Sonnen beherrschte die Bildschirme. DieOrtungsgeräte wiesen jedoch darauf hin, daß es hiernoch weitaus mehr Sterne geben mußte. „Ich glaubenicht, daß wir uns in unserer Galaxis befinden“, gabSörlund bekannt. „Es spricht auch nichts dafür, daßwir in einer Wachstation herausgekommen sind, wiesie im Leerraum zwischen den Milchstraßen offenbarhäufig zu finden sind.“

„Ich wünschte“, sagte Arcus bedrückt, „dukönntest das etwas näher erklären.“

Sörlund klopfte liebevoll auf den Computer. Alseinzige Antwort gab er ein undeutliches Brummenvon sich.

„Wenn wir weder in unserer Galaxis noch in einerStation im Leerraum herausgekommen sind, dannbleibt eigentlich nur eine Möglichkeit: Andromeda!“sagte Harper gepreßt.

Sörlunds faltiges Gesicht geriet in Bewegung. „Esgibt noch eine Möglichkeit, die wahrscheinlich auchzutrifft.“ Er fischte einen Plastikstreifen aus demAuswurfschlitz des Computers.

„Meine Herren“, sagte er mit erhobener Stimme.„Wir befinden uns mit größter Wahrscheinlichkeit imZentrum der Andromeda vorgelagertenSatelliten-Galaxis Andro-Alpha.“

„Na bitte!“ entfuhr es mir. „Damit gehören wir zuden weitgereisten Männern des Imperiums.“

Son-Haos Stimme klang alarmierend dazwischen.„Die Maahks!“ schrie er. „Die Maahks sind weg!“

Ich schnellte aus meinem Sitz und stürmte auf dieKabine zu. Hinter der Transparentscheibe war nichtszu erkennen. Die Kabine schien verlassen zu sein.

„Die Schleuse ist geschlossen“, sagte ich.Wir versammelten uns vor der Scheibe. Noch nicht

einmal der Schatten eines Maahk-Körpers war zusehen.

„Ich glaube nicht an Gespenster“, bemerkteSörlund. „Sie können sich nicht einfach in Luftaufgelöst haben. Sollten sie ihre Kabine verlassenhaben, müßten sie erstickt vor der Schleuse liegen.“

„Sie sind aber nicht in der Kabine“, beharrteSon-Hao. „Dafür gibt es keine Erklärung.“

„Einer von uns muß nachsehen“, entschiedSörlund. „Bevor wir uns mit unserer Umgebungbefassen, müssen wir feststellen, was hier geschehenist.“

Imar Arcus öffnete das Gehäuse einerBordrechenmaschine, die nur eine Attrappe war. Erzog einen unserer Spezialanzüge hervor, mit denenwir uns auch auf einer sogenannten Methanweltbewegen konnten.

„Ich werde mich dort drinnen umsehen“, sagte erbereitwillig.

Sörlund zögerte. „Es ist besser, wenn Hegete inden Behälter geht. Er kann unter Umständen denDeflektor seiner Prothese einsetzen.“

„Ich habe das Gefühl, daß du mich unter allenUmständen loswerden möchtest“, warf ich demMajor vor. „Wenn Imar Arcus freiwillig in dieseHexenküche möchte, dann besteht kein triftigerGrund, ihn daran zu hindern.“ „Sergeant Hegha!“sagte Sörlund.

Habe ich irgendwo einmal geschrieben, Sörlundhätte etwas von einem Gentleman? Das warzweifellos ein Irrtum.

Arcus überreichte mir den Druckanzug. DerSergeant sah nicht so aus, als bedauerte er dieAblehnung seines Vorschlages. Arcus und Sörlundhalfen mir in den Anzug, als sei ich ein Anfänger.

Ich befestigte den Helm. Dann kontrollierte ich dieSauerstoffzufuhr.

Ich kam mir unbeholfen vor. Sörlund drückte mireine Schockwaffe in die Hände, „Glaubst duvielleicht, daß das genügt?“ fragte ich. „Woraufwillst du schießen, wenn die Maahks sowieso nicht inder Kabine sind?“ fragte er dagegen, Seinsorgenvolles Gesicht gab mir den Rest. Wortlosschob ich mich an ihm vorbei. In diesem Augenblickschien mir sogar Dr. Blayton ein warmherziger,verständnisvoller Mensch zu sein - verglichen mitdiesem Major. Dr. Blayton!

Nur nicht an ihn denken! schoß es mir durch denKopf.

Entschlossen vertrieb ich alle Gedanken an ASTOIV aus meinem Gehirn. Ich öffnete die äußereSchleusentür zur Druckkabine und betrat dieSchleusenkammer. Als die äußere für wieder zuglitt,begann mein Puls unruhig zu schlagen. Von außensah es so aus, als seien die Methans verschwunden.Es gab jedoch keine logische Erklärung, wie sie ihren

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Raum verlassen haben konnten.Eine Weile stand ich unentschlossen in der

Kammer. Mein nächster Schritt - das Öffnen derinneren Schleusenwand - konnte unter Umständenmeinen Tod bedeuten. Wenn die Maahks tatsächlichgegangen waren, dann hatten sie bestimmt eine Fallezurückgelassen. Wenn sie jedoch noch in der Kabineweilten und sich auf irgendeine Weise unsichtbargemacht hatten, dann war die Laufbahn des neuenAbwehragenten Hegete Hegha auf jeden Fallfrühzeitig beendet. Schon einmal hatte ich mit denrücksichtslosen Methoden Bekanntschaft gemacht,mit denen die Maahks ihre Forderungen durchsetzenwollten.

Ich stellte mir vor, wie meine Freunde ungeduldigvor der Kabine standen und, auf mein Auftauchenwarteten..

Ich seufzte. Dann drückte ich den Knopf, der dieinnere Schleusentür in Bewegung setzte. Diedunkelgraue Wand glitt zur Seite. Meine Blickefielen in einen durchaus normal aussehenden Raum.Ich machte einen Schritt nach vorn.

Unbewußt blickte ich zur Transparentscheibe.Ein eisiger Schock durchfuhr mich. Ich konnte

nicht durch die Scheibe in die Zentrale blicken. DieMaahks hatten sie blind gemacht. Das konnte nurbedeuten, daß sie noch in der Kabine waren.

Ich kam nicht mehr dazu, die Flucht zu ergreifen.Starke Arme ergriffen mich und zogen michvollständig in die Kabine. Der Schockblaster wurdemeinen Händen entwunden. Wir hatten einen Fehlergemacht, der mir unter Umständen das Leben kostenkonnte.

Ich wurde in die Mitte des Raumes gezerrt. Zumerstenmal sah ich die fünf Maahks deutlich vor mir.Sie gefielen mir nicht. Irgendwie schien sich ihreGefühlskälte in ihrer gesamten Haltungauszudrücken.

Einer der Methans hob einen Symboltransformerin die Höhe und sprach hinein. Er sprach Kraahmak.Natürlich konnte er nicht wissen, daß ich jedes Wortverstand. Ich wünschte jedoch, ich wäre dieserSprache nicht mächtig gewesen, denn was der Maahksagte, klang für meine Ohren nicht geradeberuhigend.

„Wir haben Ihren Freund in unserer Gewalt.Vielleicht können wir uns jetzt über unsereBedingungen unterhalten.“

Um diese Worte zu unterstreichen, ging einzweiter Maahk zur Transparentscheibe und wischtemit einem Tuch eine dünnflüssige Schicht ab.Sörlunds Gesicht war das erste, was ich sah. DerMaahk beschrieb mit seinem Lappen einige Bogen,so daß ich schließlich meine vier Freunde in vollerLebensgröße vor der Kabine stehen sehen konnte.

Natürlich konnten sie mich nun auch sehen, aber

die Tatsache, daß mich drei Maahks festhielten,würde ihnen nicht gefallen.

Sörlunds Stimme kam aus dem Symboltransformerder Maahks.

„Ich möchte mit meinem Freund sprechen“,forderte der Major.

Bereitwillig hielt der Maahk das Gerät in meineNähe.

„Nun, Halgor?“ brachte ich ziemlich kläglichhervor.

„Sie versuchen, uns zu erpressen“, sagte Sörlundrasch. „Du mußt dir darüber im klaren sein, daß wiruns darauf nicht einlassen können. Wir müssen sieunter Druck setzen.“

„Warte!“ zischte ich. „Das kann unangenehm fürmich werden.“

„Es kommt darauf an, daß du die Nerven behältst,mein Junge“, sagte Sörlund freundschaftlich.

Ich merkte schon, daß er irgendeinen Plan gefaßthatte. Er war dickschädelig genug, ihn auszuführen,ohne Rücksicht auf meine Lage zu nehmen.

Der Maahk zog das Translatorgerät von mir wegund sagte in seiner Sprache zu Sörlund: „Wir habennoch eine Chance, wenn Sie uns das Kommandoübergeben. Es ist wichtig, daß wir das Schiffübernehmen.“

„Wir lassen uns nicht erpressen“, erwiderteSörlund bestimmt. „Wir warnen Sie. Lassen Siesofort unseren Freund frei.“

Der Maahk schaltete das Gerät ab und wandte sichan seine Mitgefangenen.

„Ihr habt gehört, was der Terraner sagte“, sprach erin Kraahmak. Ich verstand jedes Wort. „Wir wissen,wie nahe uns der Tod ist. Was sollen wir tun?“

Sie redeten alle durcheinander. Ich verstand nureinzelne Wortfetzen. Endlich machte der Sprechereine entscheidende Handbewegung.

„Ich werde versuchen, die Terranerumzustimmen“, sagte er. Er machte sich amSymboltransformer zu schaffen. Sörlund lächelte mirvon draußen beruhigend zu. Ich schnitt eineGrimasse.

„Wenn Sie nicht auf unsere Bedingungeneingehen, töten wir Ihren Freund“, verkündete derMaahk-Sprecher.

Ich versuchte mich loszureißen, doch dieTentakelarme umschlangen mich nur fester. Ichbeobachtete, wie Sörlund mit den drei anderen beriet.Imar Arcus vermied es, zu mir hereinzublicken.

Endlich hob Sörlund den Symboltransformer.„Sobald Sie ihn töten, lassen wir Sauerstoff in Ihre

Spezialkabine strömen“, drohte er den Maahks. „Ichzähle bis zehn, dann muß unser Freund auf dem Wegzu uns sein.“

Die Maahks nahmen diese Drohung ohne Erregunghin. Während Sörlund zu zählen begann, diskutierten

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sie miteinander. Ich rechnete jeden Augenblickdamit, daß mir einer der Methans dieSauerstoffzufuhr abstellte.

Ich machte Sörlund verzweifelte Zeichen, daß erseine makabre Zählerei unterbrechen sollte, doch erlächelte mir nur zu. Er war offenbar gewillt, mich zuopfern, um die Maahks wieder unter Kontrolle zubringen.

„Acht“, sagte Sörlund. „Imar, öffne die äußereSchleusenwand.“

Arcus setzte sich in Bewegung. Die Maahksbildeten einen engen Kreis um mich.

Verzweifelt kämpfte ich gegen ihreUmklammerung an. „Neun“, sagte Sörlund ruhig.„Halt!“ rief der Maahk-Sprecher. „Wir lassen ihnfrei.“

Ich erhielt einen Stoß in den Rücken und taumelteauf die Schleusenkammer zu.

Hastig betätigt ich den Schaltknopf, der die innereWand zugleiten ließ. Ich wartete, bis derDruckausgleich hergestellt war, dann öffnete ich dieäußere Tür.

Ich atmete erst auf, als ich aus der Kammer herauswar. Arcus und Harper hielten mich fest und nahmenmir den Helm ab. Meine Augen suchten Sörlund.

„Du hättest mich von ihnen umbringen lassen“,sagte ich wütend.

Sörlund sah plötzlich sehr alt aus. Mein Zornschien ihn zu treffen.

„Ich glaube“, sagte er rauh, „du hast noch immereine falsche Einstellung zu unserem Unternehmen,Hegete. Wir sind mit dem Bewußtsein von ASTO IVweggegangen, bei einem riskanten Auftrag unserLeben einzusetzen. Perry Rhodan und alle anderenVerantwortlichen des Imperiums benötigen dringendunsere Informationen.“

Ich schaute an ihm vorbei. „Und du glaubst, daßdiese Informationen oder die Übermittlung dieserInformationen das Leben eines deiner Freunde wertsei?“ fragte ich leise.

„Ja“, sagte Sörlund. „Das glaube ich. DieserGlaube gründet sich jedoch nicht auf der Mißachtungeures Lebens, sondern auf dem Wissen, daß wirTodgeweihte sind.“

Ich schleuderte die einzelnen Teile desDruckanzuges von mir.

„Ich hatte in der Kabine Angst“, sagte ich. „Wennes einmal soweit ist, daß du vom Tod bedroht wirst,scheint dir jeder Tag wertvoll, den du noch gewinnenkannst.“

„Hört auf damit!“ sagte Leutnant Son-Hao. „Wirhaben jetzt wichtigere Dinge zu tun, als uns zustreiten.“

„Vor allem sollten wir uns bemühen, zu erfahren,wo wir sind und warum die Maahks sich so nervösgebärden“, warf Cole ein.

Schweigend wandte sich Sörlund dem Computerzu. Der Einfluß der drei blauen Sonnen auf unsereKontrollgeräte ließ etwas nach, ein sicheres Zeichen,daß wir uns von ihnen entfernten. Dabei waren dieTriebwerke vollkommen ausgeschaltet. WennSörlund recht hatte und wir tatsächlich im Zentrumvon Andro-Alpha herausgekommen waren, dann wares ein Wunder, daß wir diese phantastische Reiseunbeschadet überstanden hatten. Ich blickte auf denBordkalender. Auf Terra schrieb man den 1. April2401.

Die Borduhren zeigten 13:10 Uhr terranischer Zeit.Der Computer arbeitete auf Hochtouren. Sörlund

gab immer neue Daten in die Bordpositronik.Gespannt warteten wir auf die ersten Ergebnisse. Derwinzige Nebelfleck, als der uns Andro-Alpha vomTwin-System aus erschienen war, bildete nun eineriesige Galaxis.

Neue Fragen warfen sich auf. Sollten die Meisterder Insel nicht unmittelbar im Andromedanebel,sondern in dieser vorgelagerten Milchstraßebeheimatet sein? Oder bildete auch dieseSternenballung nur einen weiten Stützpunkt einesVolkes mit unvorstellbaren Möglichkeiten?

„Die drei Sonnen sind fünf Millionen Kilometervoneinander entfernt“, sagte Sörlund, als er die erstenErgebnisse aus dem Computer nahm. „IhreKonstellation läßt keinen Zweifel daran, daß wir auchhier ein Kunstsystem vor uns haben.“

„Kannst du schon feststellen, wohin die ALTAIbewegt wird?“ fragte Imar Arcus.

„Unsere Geschwindigkeit ist nicht sehr hoch“,erwiderte der Major. „Es sieht nicht so aus, alsreagierte das Schiff auf einen Traktorstrahl mittlererStärke.“

Irgend etwas zog die ALTAI an. Bedeutete das,daß man auf unsere Ankunft vorbereitet war? Mitdieser Entwicklung hatten wir nicht gerechnet. AuchAllan D. Mercant hatte nicht voraussehen können,daß wir die Kontrolle über die Kaulquappe verlierenwürden.

„Wir werden den DreifachtransmitterAlpha-Zentra nennen“, schlug Sörlund vor. „Wirkönnen jetzt sicher sein, daß wir uns im Zentrum vonAndro-Alpha befinden.“

Die Maahks standen nebeneinander hinter dertransparenten Scheibe und gaben uns Zeichen. Siewußten bestimmt mehr als wir, doch dieBedingungen, zu denen sie ihr Wissen preisgebenwollten, waren für uns unannehmbar.

„Seht sie euch an“, sagte Cole Harper grimmig.„Es sieht fast so aus, als sei ihnen unser Ziel, wasimmer es ist, nicht gerade angenehm.“

„Sie sind beunruhigt“, stimmte Son-Hao zu.„Sicher deshalb, weil es ihnen bisher nicht gelungenist, sich mit ihren Freunden in Verbindung zu

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“Sörlund gab ein ungeduldiges Brummen von sich.

„Es gefällt mir nicht, daß man uns jede Entscheidungaus den Händen genommen hat. Wir können dieALTAI nicht mehr nach unserem Willen steuern.Jemand scheint schon ganz genau zu wissen, was ermit uns vorhat. Das kann bedeuten, daß wir irgendwoerwartet werden. Ich schließe daraus, daß dieverzweifelten Funksprüche der fünf Methans imHorror-System gehört wurden, wenn auch niemanddarauf reagierte.“

Er zog zwei weitere Plastikstreifen aus demComputer.

„Da haben wir unser Ziel!“ stieß er hervor. Erkritzelte einige Notizen auf ein Papier undprogrammierte hastig den Computer. Es war einvöllig ungewohntes Bild, Sörlund einen derartigenArbeitseifer entwickeln zu sehen.

„Vielleicht läßt du uns an deinem Wissenteilhaben?“ Son-Hao beugte sich in seinem Sitz zuSörlund hinüber.

„Ein Planet“, sagte Sörlund. „Er umkreist alseinzige Welt die drei blauen Riesen.“

„Wird die ALTAI von ihm angezogen?“„Von irgend etwas auf seiner Oberfläche“,

beantwortete Sörlund meine Frage. „Dort gibt eswahrscheinlich starke Traktorstrahler.“

Seltsamerweise fühlte ich eine gewisseErleichterung. Endlich würden wir diegeheimnisvollen Wesen sehen, die die ganze Zeit mituns Versteck gespielt hatten. Waren es Methans? Ichwar mir nicht sicher, denn unsere fünf Begleiter inder Spezialkabine machten nicht den Eindruck, alsseien sie voller Freude.

Was war das für ein Gedanke - die fünf einzigenMenschen innerhalb eines Sternennebels zu sein.Selbst der Hyperkomsender in meiner Prothese warnicht stark genug, um die nächsten menschlichenNiederlassungen zu erreichen. Wir waren näher anAndromeda herangekommen als jeder andereMensch vor uns. Statt eines Triumphgefühls spürteich nur die völlige Einsamkeit, die uns jetztgefangenhielt.

„Der Planet scheint auf seiner Umlaufbahndurchschnittlich fünfzig Millionen Kilometer vonjeder der drei Sonnen entfernt zu sein“, sagteSörlund.

„Es ist also eine heiße Welt“, vermutete Harper.Mercants Worte fielen mir ein. Der Abwehrchef

hatte uns gesagt, daß die Planeten der Maahks heißeMethan-Welten waren. Näherten wir uns einer Weltder gnadenlosen Feinde Arkons?

„Wir werden versuchen, aus der Gewalt desTraktorstrahlers zu entkommen“, kündigte Sörlundan. „Vielleicht gelingt es uns, an einer Stelle zulanden, wo man uns nicht erwartet.“

Den schwergeprüften Triebwerken der ALTAIstand eine neue Belastungsprobe bevor. Stufenweiseschaltete Major Sörlund auf Vollschub. Das Schiffbegann zu vibrieren. Sörlund ließ die ALTAI aufHöchstlast laufen, bis die Warnlampen aufflammten.

Aufheulend erstarb das Dröhnen derImpulstriebwerke. Sörlund kontrollierte dieAnzeigeskalen.

„Wir können unseren Flug verlangsamen, abernicht aufhalten“, sagte er.

Er verließ seinen Platz und ging mit demSymboltransformer zur Spezialkabine. Die Maahksstanden mit hängenden Armen hinter der Scheibe. Siewirkten resigniert.

„Können Sie uns sagen, was uns auf dem Planetenerwartet, auf den man uns zuzufliegen zwingt?“fragte er.

„Es ist zu spät zum Sprechen“, erwiderte einer derMethans.

„Gehört die Welt zu den Stützpunkten IhresVolkes?“ fragte Sörlund hartnäckig. „Werden wirdort endlich Kontakt mit Ihrer Regierung aufnehmenkönnen?“

„Sie handelten bisher sehr unklug“, warf uns derMaahk-Sprecher vor. „Jetzt müssen wir versuchen,eine befriedigende Lösung zu finden.“

Ich dachte, Sörlund würde die Beherrschungverlieren, doch er winkte gelassen ab und gab dieUnterhaltung auf.

Der Major kam an meinem Platz vorüber undblickte über meine Schulter.

„Was schreibst du eigentlich ständig, Hegete?“fragte er.

„Ich mache einen Bericht über unserUnternehmen“, erwiderte ich. Er runzelte die Stirn.„Versprichst du dir etwas davon?“ „Eigentlich nicht“,gestand ich ein. „Vielleicht kann aber ein anderer, derdies liest, mit irgendeiner Kleinigkeit etwasanfangen. Dies ist schließlich der Sinn unsererAufgabe.“

Sörlund grinste. „Wie willst du diesen Bericht inMercants Hände bringen“

„Mach dir darüber nur keine Gedanken, Halgor“,empfahl ich ihm.

„Herrschaften!“ rief Sörlund spöttisch. „Wir habeneinen Schriftsteller unter uns.“

„Du solltest daran denken, daß es schließlich anmir liegt, welche Rolle du in diesem Berichtübernimmst“, hielt ich ihm vor.

Er straffte sich, daß ich seine Knochen knackenhörte. „Ab sofort werde ich ein untadeliger Majorsein“, versprach er.

Doch schon die Art, wie er sich in seinen Sitzfallen ließ, war mit seinem Versprechen nicht zuvereinbaren.

Es gelang ihm nach mehreren Versuchen, den

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fremden Planeten auf die Bildschirme derRaumortung zu bekommen. Der ständig arbeitendeComputer lieferte uns weitere Daten.

„Der Durchmesser dieser Welt betragt ungefährsechsundachtzigtausend Kilometer“, gab Sörlundbekannt. „Der Planet besitzt eine Eigenrotation, überdie wir noch genaue Angaben erhalten werden, wennwir näher herankommen. Eine Sauerstoffwelt scheintes jedoch nicht zu sein.“

„Also eine Welt der Maahks?“ vermutete Arcus.„Ein Planet mit einer für uns giftigen Atmosphäre.“

„Eine Welt, auf der wir uns nur in Druckanzügenbewegen können“, fügte Cole Harper hinzu. Seinesportliche Gestalt streckte sich. Es war immer eineunangenehme Sache, mit einem Schutzanzugherumzulaufen.

Die Werte, die Sörlund jetzt in rascher Reihenfolgeerhielt, gaben unseren Vermutungen recht. Die Welt,die wir ebenfalls Alpha-Zentra nannten, war einPlanet, der für die Maahks geradezu idealeLebensbedingungen aufwies.

Die mittleren Temperaturen lagen bei plus 82 GradCelsius. Alpha-Zentra hatte 2,45 Gravos. Der Planetbenötigte etwas über achtundzwanzig Stunden, umsich einmal um seine eigene Achse zu drehen.

Die Atmosphäre bestand aus Wasserstoff und warmit Ammoniak- und Methangasen angereichert.Unsere Geräte registrierten auch Silizium undSchwefel.

„Ein ungastlicher Planet wartet auf uns“, sagteHarper. „Hoffentlich sind seine Bewohner etwasfreundlicher.“

Wir stellten fest, daß die Maahks wieder mit ihrenSpezialgeräten zu funken begannen, obwohl unsereOrtungsgeräte nicht ein einziges fremdes Schiffregistrierten. Auch von keiner Bodenstation, die sicheventuell auf Alpha-Zentra befinden konnte, erhieltendie befreiten Methans Antwort.

„Erkundige dich, warum sie funken“, fordertemich Sörlund auf.

Ich ergriff mein Übersetzungsgerät und ging zumBehälter. „Warum versuchen Sie Verbindungaufzunehmen?“ fragte ich.

Ich wartete eine volle Minute, ohne daß eineAntwort erfolgte. Auf Sörlunds Anweisungwiederholte ich die Frage.

Einer der Maahks machte ein eigenartiges Zeichen.Er zeichnete ein imaginäres X in die Luft undumschloß es mit einem Kreis. DenSymboltransformer benutzte er nicht.

„Ein X im Kreis“, rief ich Sörlund zu. „Kannst dudir darunter etwas vorstellen?“

„Die Kerle spielen verrückt“, meinte Sörlundärgerlich.

„Vielleicht ist es ein Verkehrszeichen, das aufMaahk-Welten eine Bedeutung hat“, spottete ich.

Der Blick aus seinen tiefliegenden Blauaugenschien mich zu durchbohren.

„Erwähnst du diesen Blödsinn auch in deinemBericht?“ wollte er wissen.

„Um der Objektivität willen: ja“, sagte ich.Er beschäftigte sich wieder mit den Kontrollen.

Von den Maahks konnten wir im Augenblick keineAuskunft erhalten. Sie funkten ununterbrochen. Ichwurde das Gefühl nicht los, daß die Ereignisse sienoch mehr verwirrten als uns.

Sörlund hätte sich hartnäckiger mit ihnenbeschäftigen müssen. Ihr unerklärliches Verhaltenwar der Schlüssel zur Lösung unserer Frage. Oderwurden diese fünf Wesen - eingesperrt in eine achtmal acht Meter große Kabine - von den gleichenProblemen gedrängt wie wir? Hatten auch sie ihreBefürchtungen?

Ich fühlte plötzlich, wie schwer es für denmenschlichen Geist war, ein militärisches oderpolitisches Labyrinth kosmischen Ausmaßes zuüberblicken. Wir hätten eine Vielzahl kontinuierlicharbeitender Superhirne benötigt, um die richtigenEntscheidungen zu treffen. Und Computervermochten nicht, menschliche Gefühle richtigeinzuschätzen.

Allan Dr. Mercant hatte uns für diesen Auftragausgewählt, weil er glaubte, daß wir, dieTodgeweihten, im Augenblick tödlicher Bedrohungkaltblütig reagieren konnten. Ich glaube jedoch, daßnur Sörlund diese Ebene völlig sachlicherEntscheidungen je erreichte. Wir anderen warenWesen geblieben, die ihren Emotionen nachgaben,allzu bereitwillig nachgaben. Im Moment derTodesdrohung - das hatte ich in der Spezialkabine derMaahks erlebt - wurde das Bewußtsein des baldigenTodes durch eine unheilbare Krankheit noch tieferins Unterbewußtsein gedrängt, als es durch dieMedikamente bereits geschehen war. Innerhalb derKabine war ich ein völlig normaler Mensch mit allseinen Nöten und Ängsten gewesen.

Weder ich, Sergeant Hegete Hegha, nochirgendeiner meiner Kameraden, ausgenommenvielleicht Halgor Sörlund, konnte in entscheidendenAugenblicken das Wissen um unseren baldigen,krankheitsbedingten Tod dazu einsetzen,menschliche Gefühle wie Furcht oder Entsetzen zuunterdrücken. Jeder gute Psychologe hätte uns daraufentsprechend vorbereiten können.

Es war unglaublich, daß ein Mann wie Mercantdiese Reaktion nicht vorhergesehen hatte. Hatte erdas wirklich nicht? Je länger ich nachdachte, destosicherer wurde mein Verdacht.

Mercant hatte gewußt, daß wir die gleichenProbleme haben würden wie völlig gesunde Männer.Der einzige Grund, warum man uns ausgewählt hatte,war, daß die Verantwortlichen des Imperiums nicht

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an unsere Rückkehr glaubten. Fünf Todgeweihte insVerderben zu schicken, hieß gleichzeitig, fünfgesunde Männer zu retten.

Wir waren also keineswegs die Helden, für die wiruns die ganze Zeit über gehalten hatten. Wir warenaus Vernunftgründen eingesetztes Material. Einhartes Wort, aber durchaus zutreffend, wenn ich dieSache von meinem Standpunkt aus betrachtete.

Ich schloß einen Augenblick die Augen, als mirbewußt wurde, mit welchen Überlegungen ein Mannwie Allan D. Mercant seine Entscheidungen traf.Mercant, das war einer jener Männer, die einenkosmischen Komplex übersehen konnten. Wieunbegreiflich alt und erfahren mußte der Geist einessolchen Mannes sein, daß er die menschlichenRegungen einer Minderheit ignorieren konnte, umder Mehrheit - in diesem Falle der Menschheit - zuhelfen?.

Mercants Leben, und auch das Perry Rhodans undseiner Freunde, mußte in einem ununterbrochenenIgnorieren von Minderheiten bestehen. Die tragischeKonsequenz für diese Männer war, daß sie auch ihreeigenen Gefühle und Wünsche ständig ignorierenmußten, um die Menschheit zu schützen.

In der langen menschlichen Geschichte gab esdafür kein Beispiel. Die führenden Staatsmänner vorRhodan hatten nur für kurze Zeitabschnitte übereinen Teil der Menschheit regiert. Zum größten Teilhatten sie hemmungslos das ausgeführt, was sie inihrem egoistischen Glauben für richtig gehaltenhatten.

Männer, die einen Zellaktivator trugen, durftennicht so handeln, da sie zweifellos das Ende derMenschheit herbeigeführt hätten. Rhodan und seineFreunde waren mit den geschichtlichenStaatsmännern nicht mehr zu vergleichen. Siebildeten eine völlig neue Form politischer Macht,eine früher für unmöglich gehaltene Form.

Ich beobachtete die Bildschirme, auf denenAlpha-Zentra immer größer wurde. Die ALTAI standvollkommen unter dem Einfluß des Traktorstrahls.

Wir fünf standen außerhalb der VerantwortungPerry Rhodans und Allan D. Mercants. Wir waren imAugenblick eine der vielen Minderheiten, die derMenschheit dienten.

Die Verantwortung Rhodans betraf in erster Liniedie Menschheit als Ganzes. Nur wenn dieses Ganzegesichert war, konnte er sein Verantwortungsgefühlauf. Minderheiten ausdehnen. Bei Mercant war diesnicht anders.

Ich wünschte, ich hätte mich mit Halgor darüberunterhalten können, doch im Augenblick war keineZeit dazu. Außerdem war es fraglich, ob Sörlund aufdieses Thema eingegangen wäre.

Alpha-Zentra fühlte bereits die Bildschirme aus.Die Geschwindigkeit der ALTAI verringerte sich.

Die befürchtete harte Landung würde alsoausbleiben. Wer immer uns in der Gewalt hatte,beabsichtigte nicht, das kleine Raumschiff bereits beider Landung zu vernichten. Das stimmte mich wiederoptimistisch. Die Massetaster schlugen aus.„Wahrscheinlich landen wir in der Nähe einerBodenstation“, gab Sörlund bekannt. „Imar, es istbesser, wenn du unsere Druckanzüge bereitlegst. Esist immerhin möglich, daß wir sofort nach derLandung aussteigen müssen.“

„Die Maahks funken immer noch“, teilte derCaptain Cole Harper mit. „Sie benutzen einenbestimmten Kode. Es kann sich aber auch umeinfache Signale handeln, denn die Impulsewiederholen sich oft.“

Sörlunds Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ichwünschte, wir wüßten, warum sie keine Antworterhalten. Das beunruhigt mich. Ob die Anführer derMethans eine Falle wittern?“

Leutnant Son-Hao lachte belustigt. „Eine Falle,Halgor? Was kann die ALTAI ihren Gigantschiffenschon anhaben?“

„Eine gewisse Vorsicht entspräche der Mentalitätder Maahks“, sagte Sörlund nachdenklich. „Offenbarwollen sie uns zunächst an einen bestimmten Ortbringen, bevor sie sich mit uns in Verbindungsetzen.“ „Und Kotranow wird anstelle einerFunknachricht Volltreffer von den Schiffen derMaahks erhalten“, vermutete ich.

Nichts war so verlaufen, wie wir es geplant hatten.Wir waren weiter von unserer Milchstraße entferntals jemals zuvor, so weit, daß mein Hyperkomsenderdie ANDROTEST III unmöglich erreichen konnte.Kotranow würde umsonst warten.

Major Sörlund wiederholte die Kontrolle deratmosphärischen Bedingungen. Arcus hatte unsereDruckanzüge griffbereit hinter die Sitze gelegt. DieMaahks funkten ununterbrochen. Auf denBildschirmen konnten wir die ersten Umrisse derOberfläche von Alpha-Zentra erkennen. Die dunklenSchatten deuteten auf Gebirge hin. Wir sanken aufdie Tagseite des Planeten hinab.

Die ALTAI schien auf einen, großen Fleckzuzufallen.

Sörlund stellte fest, daß der Traktorstrahl dortseinen Ursprung hatte. Als Mitglied einerExplorer-Besatzung hatte ich oft fremde Planetenbetreten und an vielen Expeditionen teilgenommen.Die erzwungene Landung auf Alpha-Zentra wardamit jedoch nicht zu vergleichen. Wir näherten unseiner Welt, die fast eineinhalb Millionen Lichtjahrevon unserer Heimatgalaxis entfernt war. Die Kluft,die zwischen uns und der Milchstraße lag, warunvorstellbar.

Ein Schauer überlief mich, wenn ich an diebevorstehende Landung dachte. Zum erstenmal seit

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meinem ersten Start mit der Explorer SOSO erfaßteich wieder die Bedeutung des Wortes fremdartig involler Konsequenz.

„Landestützen ausfahren!“ klang Sörlundsgelassene Stimme auf.

„Landestützen ausgefahren!“ bestätigte Harper.Sörlund winkte mir zu. „Sage den Maahks, daß wir

gleich landen werden“, befahl er. „Es kann sein, daßwir etwas hart aufsetzen.“

Ich informierte die befreiten Gefangenen miteinem Symboltransformer. Sie gaben keine Antwort.Offenbar waren sie vollauf mit ihrem Funkgerätbeschäftigt.

Der helle Fleck hatte sich inzwischen alsausgedehnte Ebene herausgestellt. Ein dunklerSchatten war darin zu erkennen. Das konnte dieBodenstation sein. Sörlund schaltete die Triebwerkeauf volle Leistung, um einen plötzlichen Absturz zuvermeiden. Auch das Antigravtriebwerk lief.

Der Traktorstrahl entließ die ALTAI jedoch nicht.Das Schiff sank durch Schwaden giftiger Gase in dieTiefe.

„Die Ebene ist künstlich angelegt!“ entfuhr esSörlund. „Im Hintergrund sind Gebirge zu erkennen.“

„Bei allen Planeten!“ Harper beugte sich weit imSitz vor. „Es ist ein riesiger Raumhafen.“

Jetzt konnten wir alle die Anordnung desLandefeldes sehen. Diese künstlich geschaffeneEbene war so groß, daß sie einigen hundertSuperraumschiffen des Imperiums Platz gebotenhätte.

Doch nirgends auf diesem ausgedehntenRaumflughafen konnten wir ein Schiff erkennen.Verlassen lag das Feld unter uns.

Ein schwarzes Gebäude geriet in unser Blickfeld.„Eine kleine Station“, sagte Sörlund ohne

Erregung. „Offenbar ist sie mit demSonnentransmitter gekuppelt.“

„Glaubst du, daß sie als Transmitter arbeitenkann?“ fragte Arcus.

„Das würde den Traktorstrahl überflüssigmachen“, entgegnete Sörlund. „Nein, diesesKraftwort hat lediglich den Zweck,manövrierunfähige Schiffe herunterzuholen, oder -wie in unserem Fall - Eindringlinge festzuhalten.“

„Nicht ein einziges Schiff zu sehen“, sagte Colebeklommen. „Dabei hätte ich geschworen, daß wirerwartet würden.“

Die unheilvolle Stille der Funkgeräte und dieVerlassenheit des Landefeldes wirkten gespenstisch.Waren wir nur in den Einflußbereich einerseelenlosen Maschinerie geraten, ohne das Zutunfremder Intelligenzen?

Die ALTAI setzte so sanft auf, als wären wir mitHilfe des Antigravtriebwerkes gelandet. Sörlundschaltete sämtliche Triebwerke aus. Einen

Augenblick saßen wir alle bewegungslos da, gebanntvon der seltsamen Atmosphäre, die uns umgab.

Dann begann Cole an den Skalen des Normalfunkszu drehen.

„Nichts!“ Er drehte hastig weiter. „Stille auf allenBereichen.“

„Dafür sind unsere Freunde um so aktiver“,bemerkte Sörlund, als sich von seinem Platz erhob.„Sie senden immer noch, als ginge es um ihr Leben.“

Son-Hao teilte uns mit, daß außerhalb der ALTAIeine Temperatur von plus 82 Grad Celsius herrschte.Bei dem vorhandenen Druck, der auf Alpha-Zentragegeben war, würden wir also nicht das selteneSchauspiel von Ammoniak-Wasserfällen erleben.Auch Ammoniak-Seen gab es dort draußen nicht.

Alpha-Zentra schien der ideale Maahk-Planet zusein. Es hätte von Methans nur so wimmeln müssen.

Es war jedoch kein einziger Maahk zu sehen.

*

Wir begannen damit, gründliche Messungendurchzuführen. Sörlund bestand darauf, daß wirunsere Raumanzüge anlegten. Er hielt es für möglich,daß wir gezwungen werden könnten, die ALTAIplötzlich zu verlassen. Ich blickte immer wieder zuden Bildschirmen und den Ortungsgeräten. Ichrechnete damit, daß jeden Augenblick ein fremdesSchiff hier auftauchen würde.

Die kleine Traktorstation war offenbar nicht vonirgendwelchen Lebewesen besetzt. Sie arbeitetevollautomatisch.

Das riesige Landefeld machte einen gepflegtenEindruck. Alles deutete darauf hin, daß hier oftRaumschiffe landeten. Wir mußten jedoch dieALTAI verlassen, wenn wir Einzelheitenherausfinden wollten.

Früher oder später würde Sörlund den Befehl zumAussteigen geben, dessen war ich sicher. Vielleichtwürde er zunächst nur ein paar Roboter ausschleusen.

In den Berechnungen des biopositronischenGehirns auf Luna bildete Alpha-Zentra denunbekannten Faktor. Nathan hatte nicht einkalkuliert,daß wir nach Andro-Alpha verschlagen werdenkönnten. Dabei erschien mir diese Möglichkeit jetztnicht mehr so unwahrscheinlich.

„Vielleicht sind die Maahks verhindert, zu uns zukommen“, sagte Cole Harper, während wir alle mitden Auswertungen der ersten Messungen beschäftigtwaren.

„Verhindert?“ Hinter dem Helm seines Anzugeswirkte Sörlunds Gesicht schläfrig. Seine Stimmeklang dumpf über meinen Empfänger. „Aus welchenGründen sollten sie verhindert sein? Setzen wirvoraus, daß der Flottenaufmarsch im Horror-Systemihre ganze Aufmerksamkeit erfordert, dann können

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wir trotzdem annehmen, daß sie wenigstens einSchiff haben, das sie hierher schicken können.“

Harper seufzte. „Ich meinte nicht, daß dieVerhinderung der Maahks technischer Natur ist“,sagte er gedehnt.

Sörlund stieß einen Pfiff aus. In seinemRaumanzug wirkte er wie die Karikatur einesRaumfahrers.

„Du denkst, jemand könnte sie daran hindern, mituns Kontakt aufzunehmen?“ erkundigte er sich. „Esist nur eine Idee“, gestand Cole. „Eine ziemlichunwahrscheinliche dazu“, fügte Son-Hao hinzu.„Niemand hindert die Maahks daran, ihreRiesenschiffe im Horror-System zusammenzuziehen.Warum also sollten sie sich verbieten lassen, nachAlpha-Zentra zu kommen?“ „Kann es nicht möglichsein, daß die Methans von irgend jemand Befehleempfangen?“ meinte Harper.

„Ausgeschlossen!“ sagte Son-Hao. „Ich glaube,daß dieses Volk fast alle Transmitterstationenkontrolliert. Ich bin sogar weiterhin der Ansicht, daßdie Maahks mit den vielzitierten Meistern der Inselidentisch sind.“

„Jede Diskussion ist sinnlos, solange wir nichtmehr über diese Welt wissen“, knurrte Sörlund.Kaum hatte er dies verlauten lassen, goß er wieder Ölauf das Feuer unserer Wißbegierde. „Unsere fünfMaahkfreunde scheinen jedenfalls nicht der Ansichtzu sein, daß Angehörige ihres Volkes an einerLandung auf Alpha-Zentra verhindert sein könnten.Warum sollten sie sonst ununterbrochen funken?“

Der Major ging in der Zentrale auf und ab. Einsolch sichtbares Zeichen offener Unruhe war bei ihmderart bemerkenswert, daß wir vier anderen unsfragend anblickten.

Sörlunds Raumanzug knirschte, als der Major miteinem Ruck seine Wanderung unterbrach.

„Vielleicht will man uns nur weich machen“, sagteer. „Wenn wir erst richtig nervös Sind, wird jederVerhandlungspartner überlegen sein. “. Selbst beilebhafter Phantasie konnte ich mir keinen ruhigerenVerhandlungspartner als Sörlund vorstellen. Alleinder Anblick, den er in seiner Sonderanfertigung einesRaumanzuges bot, mußte jedes Lebewesenbeunruhigen.

Sörlund machte eine entscheidendeHandbewegung.

„Also gut“, schnaubte er. „Fangen wir noch einmalvon vorne an. Hegete, du hast diesen Berichtgeschrieben. Er wird uns helfen, eventuelleEinzelheiten zu überdenken, die wir übersehenhaben. Es muß eine logische Erklärung für unserHiersein geben.“

Je länger wir jedoch darüber sprachen, destoverworrener erschien uns unser Problem - und dieAbsichten der Unbekannten, die uns nach

Alpha-Zentra gebracht hatten.Schließlich sagte Sörlund: „Ich sehe schon, daß

wir warten müssen, um Klarheit zu erhalten.“Er sagte es ruhig wie immer, und in seinem

faltigen Gesicht erschien ein Lächeln, als hätte ersoeben den Stein der Weisen gefunden.

*

Die genaue Uhrzeit unserer Landung aufAlpha-Zentra habe ich nicht festgehalten, aber siefand irgendwann in den Nachmittagsstunden des 1.April 2401 statt.

Nun sind wir also hier, abgeschnitten von derübrigen menschlichen Gemeinschaft, über eineMillion Lichtjahre von der Erde entfernt. Ich weißnicht, warum ich mich entschlossen habe, meinenBericht nicht fortzusetzen, gleichgültig, was uns dieZukunft bringen wird. Vielleicht ist es eine gewisseResignation gegenüber den unbekannten Mächten dieuns im Augenblick beherrschen. Doch das glaube ichnicht.

Die Energie, mit der wir uns an unsere Aufgabemachten, scheint zwar erloschen zu sein, doch an ihreStelle ist eine ruhige Entschlossenheit getreten, alleszu tun, um unsere Lage zu verbessern.

Son-Hao sagte, daß die ALTAI wahrscheinlichunser Sarg sei, doch er sagte es mit einem Lächeln,das mir deutlich zeigte, daß er selbst nicht an dieseWorte glaubte. Er hat etwas von seiner Lebendigkeiteingebüßt, der kleine Leutnant. Er ist irgendwieruhiger und reifer geworden. Die Linien in seinemGesicht sind schärfer geworden, die Nase tritt stärkerhervor.

Auch an Harpers sportlicher Gestalt sind dieStrapazen der letzte Tage nicht spurlosvorübergegangen. Der vierunddreißig Jahre allBiophysiker, der so selten aus sie herausgeht, hatdunkle Schatten über seinen Augen. Und ImarArcus? Seine kräftig Gestalt scheint aus einemandere Material als unsere Körper zu bestehen, denner bewegt sich nach wie vor mit wuchtigen Schritten,ein dynamischer, impulsiver Mann. Und doch, diewasserblauen Augen des Ultraenergie-Ingenieursscheinen sich jetzt öfter zu verschleiern. Ab und zufährt Arcus mit den Händen nachdenklich über seinkurzgeschorenes rotes Haar.

Auch mit mir ist eine Veränderung vorgegangen,ich spüre es. Ich lache nicht mehr so häufig, und ichmuß mich zusammenreißen, damit mein Spott, denmeine Freunde so gewöhnt sind, nicht immer stärkerin Zynismus umschlägt.

Mit den Todgeweihten, die ASTO IV verlassenhaben, haben wir zumindest in seelischer Hinsichtkaum noch etwas gemeinsam. Doch halt! Da istMajor Sörlund. Ein Mann wie er kann sich offenbar

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nicht verändern. Weder äußerlich noch innerlich.Seine Bewegungen haben noch immer dieUnbeholfenheit eines jungen Bären. Er versucht wieeh und je, jede Arbeit auf uns abzuwälzen. In seinentiefliegenden Augen scheint sich nach wie vor seinganzes Innenleben zu spiegeln.Das faltige Gesicht mit den eingefallenen Wangen,das strähnige Blondhaar, das in der Stirn hängt, allesist so geblieben, wie ich es noch vomExplorerraumschiff 8080 in Erinnerung habe.Irgendwie ist es Sörlund gelungen, der Zeit einSchnippchen zu schlagen. Manchmal glaube ich, daßer sogar lügt, wenn er von sich behauptet,vierundvierzig Jahre zu sein.Irgendwie erinnert mich Sörlund an den legendärenTyp eines englischen Gentleman, der sichgelangweilt in den Räumen seines Clubs bewegt unddurch nichts aus seiner Ruhe aufzuschrecken ist. Mankönnte glauben, daß solche Männer für dieRaumfahrt ungeeignet sind, ja gefährlich. Sörlundglaubt an die unantastbare Würde des Menschen. Icherinnere mich an einen Zwischenfall an Bord der EX8080. Der Erste Offizier hatte mich für dasÜbertreten einer Dienstvorschrift mit dem Reinigender Müllrohre beauftragt, die in dieVerbrennungsanlage führten. Zufällig war Sörlunddazu gekommen, als ich diese Arbeit erledigte.„Sie sind Kadett Hegha, nicht wahr?“ hatte ergefragt.„Korporal“, hatte ich erwidert. „Inzwischen KorporalHegha, Sir.“ „Was tun Sie da, Korporal?“ „Ichreinige die Müllrohre, Sir.“ Sörlund hatte michdurchdringend fixiert. „Diese Arbeit wirdnormalerweise von einem Roboter erledigt, nichtwahr?“ „Gewiß, Sir!“ „Halten Sie es mit Ihrer Würdevereinbar, diese Arbeit zu erledigen, KorporalHegha?“„Sir, ich ... “, verzweifelt hatte ich nach einerpassenden Antwort gesucht.Sörlund hatte den Kopf geschüttelt. Dann war erdavongegangen. Und Korporal Hegha hatte dieArbeit an den Müllrohren verweigert und dafür einezweitägige Arreststrafe verbüßt.Offenbar sieht Major Sörlund keinen Grund dafür,seine Haltung hier auf Alpha-Zentra zu ändern. Erwird es auch nicht tun, wenn einige Maahks oderandere Wesen hier auftauchen sollten.Sörlund ist ein Mann, aus dessen Händen einLangstreckenläufer gern Medaillen entgegennehmenwürde.Wir sitzen in der Zentrale der ALTAI, die Helmeunserer Anzüge sind aufgeklappt, weil wir denSauerstoff in den Aggregaten sparen wollen.Die anderen nehmen weitere Messungen und

Untersuchungen der Atmosphäre vor, während ichmeinen Bericht beende. Die Berge, die am Horizontzu erkennen sind, haben Sörlunds Interesse geweckt.Vielleicht wird er bald eine Expedition dorthinvorschlagen.Die fünf Maahks funken noch immer.Auf den Bildschirmen sehen die Berge aus, als seiensie aus Glas. Gläserne Berge, die gibt es eigentlichnur in Märchen. Sörlund behauptet, der Anblick seieine Täuschung. Harper glaubt, daß es durchausmöglich sei, Kristallberge auf Alpha-Zentra zufinden.Flach dehnt sich das Landefeld vor uns aus, in seinerhellen Ebenmäßigkeit nur von der Traktorstationunterbrochen. Ein geheimnisvoller Ruf scheint vondiesem Raumflughafen auszugehen.Aber dieses Gefühl kenne ich schon von anderenRaumhäfen. Sie erwecken alle die gleichenSehnsüchte in mir. Einen Sternenhafen zu betreten,bedeutet immer Abschied zu nehmen und ein Stückin die Zukunft vorauszueilen.Ich erinnere mich an die Worte Sörlunds, die er beimBetreten eines von Menschen unberührten Planetengeäußert hatte.„Nichts in diesem Universum ist unveränderlich.Alles ist den Gesetzen von Raum und Zeitunterworfen.“ Nein, Halgor, nichts unveränderlich -auch du nicht.In ungefähr fünf bis sechs Wochen wirst du zu einerkristallinen Statue erstarren, wenn du nicht zuvorschon von fremden Intelligenzen getötet wirst.Woran denken die Maahks in ihrer Spezialkabine imAugenblick? Mercant sagte, daß es gefühlskalteWesen seien, doch auch ihre Handlungen sind vonWünschen und Instinkten geleitet. Auch sie kämpfenden uralten Kampf, der offenbar an keinerintelligenten Rasse des Universums spurlosvorübergeht: den Kampf um die Erkenntnis.Nun gut, Sergeant Hegete Hegha, beende deinenBericht, den wahrscheinlich niemals ein Terraner zulesen bekommen wird. Erinnere dich noch einmal andie überfüllten Stadien, in denen du, vom Beifall derMenge umtost, deine größten Triumphe feiertest.Erinnere dich noch einmal an diese achtundzwanzigJahre deines Lebens, die dein persönlicher Kampfwaren.Vielleicht wird jemand eines Tages diesen Berichtfortsetzen, jemand, der die Antworten auf alle unsereFragen erfährt.Ich hoffe nur, daß es ein Terraner ist ...

E N D E

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Major Halgor Sörlund und seine Männer sind als Opfer der Zentrumspest dem Tode geweiht - sie sterben auch,doch anders, als man es sich vorstellt ...Die Maahks töten sie, um eine unheimliche Invasion durchführen zu können: die Invasion derDOPPELGÄNGER VON ANDROMEDA

DOPPELGÄNGER VON ANDROMEDA

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