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Verständnis von Mehrsprachigkeit im Rahmen des EC-Projektes AMuSE Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Bachelor of Education“ und zur Erlangung des Lehramtes für Volksschulen Eingereicht von Vivien TYNECKI Matrikelnummer: 1185350 bei Prof. in Dr. in Mag. a , Elisabeth FURCH Mag. a Ursula MAURIC Juli 2015

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Verständnis von Mehrsprachigkeit im Rahmen des EC-Projektes AMuSE

Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Bachelor of Education“

und

zur Erlangung des Lehramtes für Volksschulen

Eingereicht von

Vivien TYNECKI

Matrikelnummer: 1185350

bei

Prof.in Dr.in Mag.a, Elisabeth FURCH

Mag.a Ursula MAURIC

Juli 2015

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Ich erkläre eidesstattlich, dass ich die eingereichte Bachelorarbeit selbstständig angefertigt und die mit ihr unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle aus gedruckten und ungedruckten Werken oder dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und Konzepte sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch genaue Quellenangaben gekennzeichnet. Die eingereichte Bachelorarbeit ist noch keiner anderen Prüfungs-behörde vorgelegt worden. Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Ort, Datum Unterschrift

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Kurzzusammenfassung Die folgende Ausarbeitung untersucht das Verständnis von Mehrsprachigkeit im EC-

Projekt AMuSE, indem mit Hilfe der Durchführung von qualitativen Interviews

Meinungen von 17 ExpertInnen zum Thema Mehrsprachigkeit als Begriff, als Privileg

und als Phänomen in der Schule erhoben und analysiert werden. Zur wissenschaftlichen

Fundierung werden aktuelle Forschung und Literatur herangezogen, um Verbindungen

zu den Ergebnissen der Interviews anstellen zu können. Die Resultate zeigen, dass

unterschiedliche Positionen in Bezug auf den Geltungsbereich von Mehrsprachigkeit

vertreten sind und diese daher nicht eindeutig definiert, aber unter Beachtung

bestimmter Kriterien und unterschiedlicher Perspektiven der befragten Personen

umschrieben werden können. Multilingualismus stellt außerdem nicht zwangsläufig ein

Privileg dar, da es in jedem Fall in Abhängigkeit von bestimmten Faktoren steht.

Ebenso ermöglichen die Interviewinhalte einen Einblick bezugnehmend auf das

Vorkommen und den Umgang von bzw. mit Mehrsprachigkeit in der Schule, woraufhin

ausgehend von Kritikpunkten auch Forderungen an das Bildungssystem formuliert

werden.

Abstract The following thesis explores the meaning of multilingualism in the EC-Projekt

AMuSE. This is done by evaluating 17 qualitative interviews with experts on the topic

of multilingualism as a term, privilege and phenomenon in schools. For a scientific

basis, current research and literature is included to compare the results of the interviews.

Results show that different positions with regards to the scope of multilingualism are

represented and thus difficult to define, but using certain criteria and different

perspectives they can be described nonetheless. Multilingualism isn’t always a privilege

since it is subordinate to a variety of factors. The interviews also allow an inside view

on the use of and interaction with multilingualism in schools, whereupon suggestions

regarding the current state of the education system are offered.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ................................................................................................................. 7

2 Theorieteil ................................................................................................................ 9

2.1 Mehrsprachigkeit ............................................................................................... 9

2.1.1 Historischer Rückblick ............................................................................... 9

2.1.2 Definition von Mehrsprachigkeit.............................................................. 11

2.1.3 Abgrenzung zu anderen Begriffen ............................................................ 14

2.1.3.1 Erstsprache ............................................................................................ 14

2.1.3.2 Bilingualismus/Zweisprachigkeit ......................................................... 14

2.1.4 Mehrsprachiger Spracherwerb .................................................................. 15

2.1.4.1 Sprachwechsel ...................................................................................... 18

2.1.4.2 Semilingualismus/ Halbsprachigkeit .................................................... 19

2.1.4.3 Erfolgreicher Mehrsprachigkeitserwerb ............................................... 21

2.2 Mehrsprachigkeit als Privileg .......................................................................... 22

2.3 Mehrsprachigkeit in der Schule ....................................................................... 25

2.4 AMuSE-Projekt ............................................................................................... 31

2.4.1 EC-Projekte .............................................................................................. 31

2.4.2 Allgemeines zum Projekt AMuSE ........................................................... 32

2.4.3 Internationale Konferenzen und ExpertInnentreffen ................................ 33

2.4.4 Tagung in Wien ........................................................................................ 33

2.4.5 Empfehlungen von AMuSE ..................................................................... 36

3 Forschungsteil ........................................................................................................ 38

3.1 Forschungsfrage und Hypothesen .................................................................... 38

3.2 Forschungsparadigma ...................................................................................... 39

3.3 Interview .......................................................................................................... 39

3.3.1 Das problemzentrierte Interview .............................................................. 40

3.4 Datenerhebung ................................................................................................. 40

3.4.1 Interviewfragen ......................................................................................... 41

3.4.2 Transkription ............................................................................................ 41

3.5 Auswertungsmethodik ..................................................................................... 42

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3.5.1 Analysetechnik ......................................................................................... 43

3.6 Analyse der Daten ............................................................................................ 45

4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation ..................................... 58

5 Ausblick .................................................................................................................. 64

6 Quellenverzeichnis ................................................................................................ 66

6.1 Gedruckte Quellen ........................................................................................... 66

6.2 Elektronische Quellen ...................................................................................... 70

7 Anhang A ............................................................................................................... 73

8 Anhang B ................................................................................................................ 78

8.1 Transkripte ....................................................................................................... 78

8.2 Auswertung der Daten ................................................................................... 104

8.3 Auflistung der Kategorien ............................................................................. 136

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Semilingualismus; SKUTNABB-KANGAS 1981, S. 53 vgl. n. CHILLA,

ROTHWEILER, BARBUR 2010, S. 53f. (s. S. 16)

Abbildung 2: „Didaktische Landkarte“ von Lehrkompetenzen in mehrsprachigen

Klassen; SCHADER 2012, S.50. (s. S. 25)

Abbildung 3: Diskussionsrunden zum Thema: „Internationale Perspektiven zu

sprachlicher Vielfalt“; AMuSE o.J.d, S. 3. (s. S. 29)

Abbildung 4: Marktstände zum Thema: „Innovationen zur Unterstützung von

Mehrsprachigkeit in Österreich“; AMuSE o.J.d, S. 4. (s. S. 30)

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Abkürzungsverzeichnis BMHS ................ Berufsbildende mittlere und höhere Schulen

IBB .................... Institut für Berufsbildung

PH ...................... Pädagogische Hochschule

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1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit untersucht das Verständnis von Mehrsprachigkeit im Rahmen

der ersten Tagung in Wien des EC-Projektes „AMuSE“. Im Mittelpunkt stehen die

persönlichen Einstellungen und Wertungen der dort anwesenden ExpertInnen sowohl

zur Begrifflichkeit „Multilingualismus“ als auch zum Vorkommen und Umgang in der

Schule. Aus diesem Anlass wurde der empirische Teil in Bezug auf den zeitlichen

Aspekt vor dem theoretischen Teil verfasst.

Zu Beginn dieser Arbeit werden in Kapitel 2 eine theoretische Grundlage und folglich

die benötigten Voraussetzungen für die darauffolgende empirische Untersuchung durch

die Erläuterung von themenrelevanten Begriffen bzw. Bereichen entwickelt. Die

Gliederung dieses Kapitels erfolgt in vier Teile. Zunächst wird in Kapitel 2.1. die

Begrifflichkeit "Mehrsprachigkeit" sowohl mittels historischen Rückblicks als auch

aktueller Literatur diskutiert. Im Folgenden werden in Kapitel 2.1.3 Begriffe wie

Erstsprache und Bilingualismus als Abgrenzung dazu analysiert. Der mehrsprachige

Spracherwerb wird in Kapitel 2.1.4 erläutert, wobei als zentrale Themen der

Sprachwechsel, die (doppelte) Halbsprachigkeit und Voraussetzungen für einen

erfolgreichen mehrsprachigen Spracherwerb behandelt werden. Zusätzlich soll der

aktuelle Forschungsstand in diesen Kapiteln in Bezug auf die bestehende

Mehrsprachigkeit in Europa sowie in Volksschulen Österreichs und Wiens Eingang

finden.

Kapitel 2.2 beschäftigt sich mit der Thematik Multilingualismus als Privileg, in dem vor

allem Vor- und Nachteile dieser Fähigkeit untersucht werden.

Abschließend wird das AMuSE-Projekt in Kapitel 2.4 im Allgemeinen ausgeführt bzw.

werden die Tagungen aus den verschiedenen Städten Europas dargestellt und die

postulierten Empfehlungen zusammengefasst.

Danach wird in Kapitel 3 die zugrundeliegende empirische Untersuchung dargestellt.

Zunächst werden in Kapitel 3.1 die Fragestellung und die hervorgehenden Hypothesen

entwickelt.

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Im darauffolgenden Kapitel 3.3 werden das Forschungsparadigma diskutiert und

begründet, wie auch die Erhebungsmethoden des Interviews in Kapitel 3.4 genauer

ausgeführt. Anschließend wird in Kapitel 3.5 die Datenerhebung erläutert, worin die

Entwicklung der Interviewfragen im Unterkapitel 3.5.1 und die Charakteristik der

Transkripte in 3.5.2 dargelegt werden.

Abschließend werden die Auswertungsmethodik in 3.6 näher beschrieben und die

Analyse der Daten in Kapitel 3.7 dargestellt.

Kapitel 4 und 5 lassen die Ergebnisse dieser Arbeit mit Einbezug der Theorie sichtbar

werden und ermöglichen somit die Entwicklung von Visionen, die sich aus den

Resultaten der vorliegenden Arbeit ergeben.

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2 Theorieteil

Im Folgenden werden die bisherigen Stellungnahmen der Literatur zur

Mehrsprachigkeit in Bezug auf Definition, Spracherwerb, Privileg und Schule

überprüft. Dabei werden sowohl historische als auch aktuelle Entwicklungen

miteinbezogen. Abschließend wird das Anlass gebende AMuSE-Projekt näher

beleuchtet.

2.1 Mehrsprachigkeit

Das folgende Kapitel erarbeitet die Grundlagen für die zugrundeliegende Thematik

dieser Arbeit, die sowohl historische als auch begriffliche und schließlich elementare

Gebiete miteinschließt.

2.1.1 Historischer Rückblick

Bevor näher auf den Begriff „Mehrsprachigkeit“ eingegangen werden kann, ist es

notwendig einen historischen Rückblick zu umreißen, um die Entwicklung der

Einstellung zu Sprachen in der Gesellschaft zu beleuchten.

„Aus der Mythologie und der Geschichte wissen wir, dass Mehrsprachigkeit schon in

sehr frühen Zeiten bekannt war und Menschen mehrsprachig waren“ (CHRIST 2009,

S.32)

CHRIST (2009) bezieht sich hierbei auf das Werk „Der Turmbau von Babel“ von

Historiker BORST (1957-1963), in dem die über Jahrtausende kontinuierliche

Entwicklung „[...] der Sprachen und das Nachdenken über deren Nutzen und Wert […]“

(ebd., S.32) beschrieben wird.

Mehrsprachigkeit hatte nicht lange nach der Entwicklung der Sprache, die allgemein als

„Werkzeug der Verständigung“ (CATHOMAS & CARIGIET 2008, S. 86) gilt, bereits eine

hohe Bedeutung für die Menschheit, u.a. für den Handel. Von den Akkadern und

Sumerern ca. 4000 Jahre v. Chr., über die Antike der alten Griechen bis hin zu der

Bevölkerung des Römischen Imperiums war zumindest Zweisprachigkeit ein

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notwendiges und gängiges Mittel, das sowohl Vorteile als auch Reputation mit sich

brachte (vgl. TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 12f).

WOJNESITZ, EHLICH und CHRIST heben die Entstehung der Nationalstaaten im 18.

Jahrhundert als die Entfachung der einsprachigen Einstellung hervor, die in einem

gemeinschaftlich verbindenden und stärkenden Denken mündete. Durch die

Homogenisierung der Sprache und Kultur wurde das Volk definiert und somit zum

„zentralem Identitätsmittel“ (EHLICH 2013, S.31). Einsprachigkeit wurde zum

Normalfall (vgl. WOJNESITZ 2010, S.28; GOGOLIN 2009, S. 15f; EHLICH 2013, S. 31f).

Demzufolge wurde Sprachenvielfalt seither als gesellschaftliches Problem, sogar als

„[…] Gefahr für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung […]“ (BLOCHER

1910, vgl. n. GOGOLIN 2009, S.17) gesehen.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Globalisierung und ausschlaggebender

Migrationsprozesse, aber auch aufgrund der Existenzangst „[…] innerstaatlicher

sprachlicher Minderheiten […] [trat die Diskussion über] individuelle oder

gesellschaftliche Sprachigkeit“ (GOGOLIN 2009, S.17) wieder in den Vordergrund (vgl.

ebd., S. 17).

In vielen Ländern wird mehr als eine Sprache gesprochen, da es weltweit ca. 5000

Sprachen, aber nur etwa 200 Länder gibt. „Monolinguale Länder mit einer homogenen

Bevölkerung wie Island oder die Mongolei gehören zweifellos zu den Ausnahmen“

(HELBIG 2001, S. 633). Gleichwohl Länder wie Österreich, Deutschland oder England

offiziell als einsprachig gelten, trifft dies schon lange nicht mehr zu (vgl. ebd.). „In

keiner modernen Gesellschaft wird nur eine Sprache benutzt“ (CHRIST 2009, S. 37).

Dazu haben LÜDI & NELDE (2004) eine ähnliche, wenn auch unmissverständliche

Aussage formuliert:

„Mehrsprachigkeit ist weltweit der Normalfall, Zweisprachigkeit ein Grenzfall von

Mehrsprachigkeit, Einsprachigkeit ein Sonderfall, gar eine Behinderung“ (ebd., zit.n.

WOJNESITZ 2010, S. 25). Auch GROSJEAN (1982), BAKER & JONES (1988) und MYERS-

SCOTTON (2006) sind der Ansicht, dass Mehrsprachigkeit bereits aus demographischem

Blickwinkel längst der Normalfall sei (vgl. nach TRACY 2009, S. 165).

Die vergangene und bestehende Mehrsprachigkeit der Welt kann im Rahmen dieser

Arbeit aufgrund des Umfangs nicht beleuchtet werden, jedoch wird im Folgenden die

Mehrsprachigkeit von Europa behandelt. Im europäischen Kontext kommt die VALEUR

STUDIE (2007) zu dem Ergebnis, dass in den teilgenommenen 21 Ländern neben den 23

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offiziell anerkannten Sprachen, 440 Sprachen in Europa aktiv verwendet werden, womit

Mehrsprachigkeit in Europa nachweislich vorherrscht (vgl. McPake et al. 2007, S. 26f).

2.1.2 Definition von Mehrsprachigkeit

Im folgenden Abschnitt werden unterschiedliche Definitionen zum Begriff

„Mehrsprachigkeit“ und seinem Geltungsbereich, wie auch Einsprachigkeit analysiert.

Bei der Untersuchung des Terminus „Multilingualität“ oder „Mehrsprachigkeit“ stellt

sich gleich zu Beginn die Frage: Ist Bilingualismus mit Multilingualismus

gleichzusetzen? Die bisherigen wissenschaftlichen Ansichten über diese Thematik

befinden sich schon seit geraumer Zeit in einem umfangreichen Diskurs. So wurde

Mehrsprachigkeit lange in die Bilingualismus-Forschung eingegliedert, hingegen in der

Folge der Begriff „Trilingualismus“ verwendet, um diesen von Zweisprachigkeit

abzugrenzen. Erste Annahmen von abzählbaren, klar voneinander abgrenzbaren

Sprachen wurden festgeschrieben, wobei sich u.a. Begriffe wie Erstsprache (L1),

Zweitsprache (L2), Drittsprache (L3) herausgebildet haben (vgl. BUSCH 2013, S. 9).

So stellt AUER (2009) Zwei- und Mehrsprachigkeit mit der Entwicklung eines „[…]

Begriffs von kompetenter Bilingualität [gleich und geht davon aus], dass kompetente

Mehrsprachigkeit eine eigenständige, primär sprachliche und interaktionale Kompetenz

darstellt“ (ebd., S. 91).

Die Definition, dass ein Mensch mehrsprachig ist, wenn er sich in mehr als einer

Sprache ausdrücken kann, bestätigt diese Gleichsetzung (vgl. RAIDE 2013, S. 3).

Gegenteilig dazu ist der Standpunkt, dass eine dringende und signifikante

Notwendigkeit in der Differenzierung der beiden Begriffe „Zweisprachigkeit“ und

„Mehrsprachigkeit“ besteht (vgl. BAUSCH 2003, S. 439), auch wenn einige AutorInnen

– darunter ANGEHRN & SCHRANER (2007) – diese synonym verwenden (ebd., S. 25).

Das Lernen einer dritten oder weiteren Sprache unterscheidet sich bedeutend vom

Zweitspracherwerb, da hier durch „[…] das Wissen um den eigenen Sprachlerntyp und

schon erprobte Strategien im Lernprozess […]“, (WOJNESITZ 2010, S.46) „[…] ein

Grundstein für die allgemeine Mehrsprachigkeit gelegt [wird]“ (HUFEISEN 2001, zit.n.

WOJNESITZ 2010, S. 47).

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Aufgrund dieser wesentlichen Stellungnahmen der AutorInnen wird sich die

anschließende Auseinandersetzung mehr mit dem Begriff „Mehrsprachigkeit“ befassen,

wobei der Begriff „Bilingualismus“ in Kapitel 1.3.2 erläutert wird.

Zu den ausführlichen Darlegungen zählt etwa die von CHRIST (2009), der das Maß des

Umfangs der erworbenen Sprachen als unwichtig erachtet. Er erklärt, dass „die Antwort

in der Entwicklung der ‚Sprachlichkeit‘ der Person überhaupt [liegt], d.h. in ihrer

gesamten kommunikativen Kompetenz, in der Sprachen miteinander agieren, spielen,

einander ergänzen, ineinander übergehen und nicht in der Kenntnis der einzelnen

Sprache“ (ebd., S. 36).

Analog dazu schreibt TRIARCHI-HERMANN (2012), dass eine Person mehrsprachig ist,

„[…] wenn sie über die Fähigkeit verfügt, sich ohne größere Schwierigkeiten in zwei

oder mehr Sprachen mündlich oder auch schriftlich ausdrücken zu können. Diese

Fähigkeit muss sie aufgrund ihrer eigenen psychischen, emotionalen und

soziokulturellen Voraussetzungen sowie durch den ständigen und intensiven Kontakt

mit einer mehrsprachigen Umgebung entwickelt haben“ (ebd., S. 15), womit TRIARCHI-

HERMANN u.a. Bilingualismus als Teil von Mehrsprachigkeit festlegt.

Eine weitere breite Auslegung von Mehrsprachigkeit findet sich bei LÜDI & NELDE

(2004), worin sie die Befriedigung der kommunikativen Bedürfnisse, sowohl in

schriftlicher als auch in mündlicher Form abwechselnd in mehreren Sprachen in

alltäglichen Situationen als mehrsprachig apostrophieren (ebd. vgl.n. WOJNESITZ 2010,

S. 49).

Konkreter formulieren CATHOMAS & CARIGIET (2008) Mehrsprachigkeit als Fähigkeit

„mehr als zwei Sprachen [zu] beherrschen, abwechselnd [zu] gebrauchen, sich in

mehreren Sprachen zu Hause [zu] fühlen“ (ebd., S. 96). Ebenso erläutert APELTAUER

(2001): „Mehrsprachigkeit ist der alternierende Gebrauch mehrerer, d.h. mindestens

dreier Sprachen“ (ebd., S. 628). Hierbei ist mit „alternierender Gebrauch“ gemeint, dass

das produktive Beherrschen aller Sprachen nicht vorausgesetzt wird, sondern das

Verstehen fremder Sprachen bereits genügt, um als mehrsprachig bezeichnet zu werden

(vgl. ebd. S. 628). Die Sprachkompetenz mehrsprachiger Personen ist nicht bei allen

erworbenen Sprachen auf demselben Niveau, denn sie „[...] bildet eine eigene Ganzheit

[...] aus den sprachlichen Elementen der konkreten Sprachen, aber in einer einzigartigen

individuellen Verbindung“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 17).

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Umso mehr sollte der Vergleich zwischen einsprachigen und mehrsprachigen Personen

nach TRIARCHI-HERMANN (2012) nicht stattfinden, da es „[…] nie das Ergebnis der

Addition der Fertigkeiten von mehreren Einsprachigen [ist]“ (ebd., S.17). So auch AUER

(2009) der bei kompetenter Mehrsprachigkeit „[…] nicht davon ausgeht, dass ein

kompetenter Bilingualer sich je nach Situation in beiden Sprachen wie ein

Monolingualer ausdrücken kann [...] “ (ebd., S. 91).

Auch wenn die Mehrheit der AutorInnen zwischen Einsprachigkeit und

Mehrsprachigkeit unterscheiden, argumentiert dagegen TRACY (2009), dass

Kategorisierungen wie „einsprachig“ oder „mehrsprachig“ inexakt sind. Auch Personen,

die sich als einsprachig bezeichnen, verfügen höchstwahrscheinlich zumindest über

Dialekte ihrer Lebensumgebung „[…] von formalen oder informellen Stilen […]“ (ebd.,

S. 167). Diese Position bestätigt, wie auch bereits oben gezeigt wurde, dass

Einsprachigkeit nicht existiert (vgl. Kapitel 1.1).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass neben Definitionen, die das gesamte bisher

entwickelte sprachliche Repertoire und nicht nur einzelne Sprachen inkludieren, die

Mehrheit der AutorInnen den Geltungsbereich von Multilingualismus erst ab

mindestens drei Sprachen beginnen lässt. Jedoch ist hierbei nicht notwendigerweise das

produktive Beherrschen von Sprachen gemeint, sondern das Verstehen dieser Sprachen

bereits zu Multilingualismus ausreicht. Hingegen sind auch Positionen vertreten, die das

Anwenden der erworbenen Sprachen in alltäglichen Situationen zum „mehrsprachig

sein“ miteinschließen. Grundlegend ist jedenfalls zu verstehen, dass die „[...] Fähigkeit,

zwei oder mehrere Sprachen zu sprechen [...] ein Kontinuum [ist]“ (TRIARCHI-

HERMANN 2012, S. 17), ergo sich ständig weiterentwickelt und kein Ende hat (vgl. ebd.,

S. 17).

Eine abschließende, alle bisher genannten vereinende und daher umfangreichste

Definition von Mehrsprachigkeit liefert die „High Level Group on Multilingualism“

(2007): „Unter Mehrsprachigkeit versteht man die Fähigkeit, die Gesellschaften,

Institutionen, Gruppen und Personen haben, wenn sie regelmäßig mehr als eine Sprache

im täglichen Leben verwenden. Dabei wird Sprache neutral definiert als eine Varietät,

welche eine Gruppe für sich als gewöhnlichen Kommunikationscode verwendet. Das

umfasst regionale Sprachen, Dialekte und Zeichensprachen. Außerdem beschreibt der

Begriff Mehrsprachigkeit auch die Koexistenz von verschiedenen

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Sprachgemeinschaften in einem geographischen oder geo‐politischen Gebiet oder einer

politischen Entität“ (ebd. vgl. nach ONYSKO 2013, S. 225).

2.1.3 Abgrenzung zu anderen Begriffen

Dieser Teil untersucht die beiden Begriffe Erstsprache und Bilingualismus, die für die

Thematik Mehrsprachigkeit als relevant angesehen werden.

2.1.3.1 Erstsprache

Unter dem Begriff „Erstsprache“ finden sich verschiedenste Synonyme, etwa

Muttersprache, Primärsprache, Grundsprache, natürliche Sprache, Familiensprache,

Herkunftssprache oder L1 (BOECKMANN 2008, zit.n. WOJNESITZ 2010, S. 27; FLECK

2013, S. 11).

Konstitutiv ist, dass es sich hierbei um „[…] die Sprache [handelt], in der die

Primärsozialisation erfolgt […]“ (FLECK 2013, S. 11). Mit anderen Worten nach

WOJNESITZ (2010): „Das im Leben eines Menschen zuerst erworbene Idiom […]“ (ebd.,

S. 27).

Demzufolge entwickelt sich die Erstsprache zunächst in der unmittelbaren

Lebensumgebung, somit im kommunikativen Austausch innerhalb der Familie. „Dann

mit einer immer größer werdenden Zahl der Sprecher der eigenen Sprache und […]

auch der Sprecher anderer Sprachen“ (CHRIST 2009, S. 33f). TRIARCHI-HERMANN

(2012) fügt noch die Definition „[…] im engen Umgang von einer Bezugsperson

erworbenen Sprache“ (ebd., S. 28) hinzu. „Es kann damit [auch] die Sprache gemeint

sein, in der man sich spontan ausdrücken kann, die man als Kind erlernt und während

eines Großteils der Kindheit verwendet hat, in der man denkt und sich zu Hause fühlt“

(SCHNEIDER 2003, S. 19).

2.1.3.2 Bilingualismus/Zweisprachigkeit

Im folgenden Teil wird skizziert, wie Zweisprachigkeit definiert und bestimmt wird. So

charakterisiert SCHNEIDER (2003) „mit Bilingualismus […] sowohl das individuelle

Beherrschen zweier Sprachen seit der Kindheit als auch das kollektive Phänomen einer

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Gesellschaft, in der in allen wichtigen kommunikativen Interaktionen zwei Sprachen

verwendet werden“ (ebd., S. 18f).

Konkretisiert wird diese Sichtweise durch GOGOLIN (2008), für die als „[…]

Kennzeichen von Zweisprachigkeit eine vollkommene und ausgewogene Beherrschung

beider sprachlichen Systeme gilt“ (ebd., S. 154). In ihrer Erörterung zeigt sich weiters,

dass „die individuelle Aneignung von Zweisprachigkeit (meist) Konsequenz von

Lebensumständen [ist] […]“ (ebd., S. 165) bzw. „[…] sich infolge gesellschaftlicher

Sprachkontaktsituationen verschiedenen Charakters [ergibt]“ (ebd., S. 164).

Während APELTAUER (2001) bei dem Begriff Zweisprachigkeit lediglich auf den

„alternierenden Gebrauch zweier Sprachen“ Wert legt (ebd. zit.n. CHUDASKE, S. 105),

gelten für REICH (2010) Kinder als zweisprachig, die „[…] in ihren ersten Lebensjahren

in Interaktionssituationen geraten, in denen mehrere Sprachen […] Verwendung finden“

(ebd., S. 8).

Infolgedessen zeigt sich anhand der verschiedenen Definitionen von Zweisprachigkeit,

dass der bloße Gebrauch zweier Sprachen allen AutorInnen gemein ist, wobei auch die

Lebensumgebung ausschlaggebend, beinahe als elementar für Zweisprachigkeit ist.

Auch wenn viele AutorInnen die Begriffe Bilingualismus und Multilingualismus

trennen und insbesondere Zweisprachigkeit in diesem Abschnitt näher beleuchtet

wurde, differenziert die Mehrheit der VerfasserInnen, in den nachfolgenden Kapiteln,

nicht zwischen diesen beiden Begriffen, sondern bekräftigt die bilinguale Form.

2.1.4 Mehrsprachiger Spracherwerb

„Der Mensch ist in der Lage, sein ganzes Leben lang Sprachen zu lernen“ (GOMBOS

2003, S. 53). Dem fügt die Spracherwerbsforschung hinzu, dass die

Sprachlernfähigkeiten in den ersten vier Lebensjahren am stärksten ausgeprägt sind

(vgl. HOHENBERGER 2000, zit.n. GOMBOS 2003, S. 53). Die zeitliche Begrenzung für

den Erwerb von Sprachen ist nach CHRIST (2009) nicht zulässig, da die Verfügbarkeit

der Sprachen so lange vorherrscht wie Gebrauch davon gemacht wird, so dass der

Spracherwerb „lebensbegleitend“ (ebd., S. 36) ist.

Dies zeigen auch neuere Forschungen, die darlegen, dass der Erwerb einer oder weiterer

Sprache/n altersunabhängig ist, lediglich bei der Phonologie (Aussprache) und

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Intonation (Sprachrhythmus) gibt es Bestätigungen von besseren Erfolgen bei jüngeren

Personen (vgl. TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 56).

Eine generalisierte, aber treffende Aussage formuliert LARCHER (2003): „Sprache lernt

man am besten dann, wenn man vergisst, dass man spricht […]“ (ebd., S. 127).

Es gibt unterschiedliche Arten des mehrsprachigen Spracherwerbs. TRIARCHI-HERMANN

(2012) charakterisiert zwei große Kategorien des mehrsprachigen Spracherwerbs: Dazu

gehört einerseits die „simultane mehrsprachige Spracherziehung“, die dem Kind von

Geburt an das Aufwachsen mit zwei oder mehreren Sprachen ermöglicht, wobei die

Meinungen einiger AutorInnen bezugnehmend auf die Grenze für diese

Sprachentwicklung auseinandergehen. TRIARCHI-HERMANN (2012) verweist hierzu auf

MÜLLER et al. (2006), TSAKMAKI (2007) und CHILLA, ROTHWEILER, BABUR (2010), die

diesen Zeitraum bis zum zweiten oder sogar ersten Lebensjahr festlegen (vgl. TRIARCHI-

HERMANN 2012, S. 48). Die zweite große Kategorie ist der „Zweitspracherwerb“, der

erneut unterteilt wird in den „frühen Zweitspracherwerb“, bei dem der Erwerb einer

zweiten oder weiteren Sprache zwischen dem drittem Lebensjahr und der Pubertät

stattfindet und den „späteren Zweitspracherwerb“, der einen Erwerb einer zweiten bzw.

weiteren Sprache folglich erst nach der Pubertät beschreibt (vgl. TRIARCHI-HERMANN

2012, S. 48).

Ähnlich kategorisieren es auch CHILLA, ROTHWEILER & BABUR (2010), die aus der

aktuellen Mehrsprachigkeitsforschung drei Möglichkeiten nennen: Der simultane

Erwerb zweier Sprachen, der innerhalb der ersten beiden Lebensjahre geschieht, wie

auch der sukzessive Erwerb zweier Sprachen in der Kindheit, der dem „frühen

Zweitspracherwerb“ nach TIRARCHI-HERMANN gleichzusetzen ist und der

Zweitspracherwerb bei Erwachsenen, der dem „späteren Zweitspracherwerb“, also nach

der Pubertät stattfindenden, entspricht (vgl. ebd., S. 22f).

Die simultane mehrsprachige Sprachentwicklung kann nach TRIARCHI-HERMANN

(2012) ermöglicht werden, wenn jeder mehrsprachige Elternteil seine eigene

Erstsprache mit dem Kind spricht, wenn es also zu dem Idealfall „One Person – One

Language“ (ROMAINE 1995 zit. nach CHILLA, ROTHWEILER, BABUR 2010, S. 23) kommt

(vgl. TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 49). Eine weitere Möglichkeit stellt hierzu die

Situation dar, in der sich die Familiensprache von der Umgebungssprache unterscheidet

(vgl. TRIARCHI-HERMANN S. 49).

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Während sich die bisherigen AutorInnen im mehrsprachigen Erwerb hauptsächlich auf

den Zweitspracherwerb begrenzen, nimmt HUFEISEN (2001) die Position ein, dass „die

Tertiärsprache […] bewusster, kognitiver und konstruktivistischer gelernt […][wird

und] sich der Lernprozess durch größere Systematizität […], Bewusstmachung und

stärker selbstgesteuertes Lernen [auszeichnet]“ (ebd. zit.n. WOJNESITZ 2010, S. 47).

Denn die Ausprägungen der „[…] Sprachlernstrategien und [des]

Sprachbewusstsein[s…]“ (WOJNESITZ 2010, S. 48) von Mehrsprachigen sind stärker als

die der Bilingualen (vgl. ebd., S. 48). Demzufolge ist auch festzuhalten, dass niemals

auf Kosten anderer Sprachen gelernt wird, sondern stets mit Hilfe dieser (vgl.

CATHOMAS & CARIGIET 2008, S. 22).

Zusätzlich ist es bedeutend, den Vergleich zwischen dem Erwerb einer Sprache und

mehrerer Sprachen im Folgenden zu behandeln.

„Ein mehrsprachig aufwachsendes Kind braucht in etwa die gleiche Zeit wie ein

einsprachiges Kind, um seine Sprachen zu erwerben, es entwickeln sich aber nicht all

seine Sprachen gleich gut. Meistens ist es so, dass sich die eine Sprache viel weiter

entwickelt als die anderen (starke Sprache)“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 77). Dies

wird dadurch begründet, „dass die einzelnen Entwicklungsstufen der betreffenden

Sprache nicht synchron verlaufen können. Ab einem gewissen Zeitpunkt entwickelt sich

eine der Sprachen schneller als die andere, […] [während sich] die anderen Sprachen

[…] zwar auch parallel dazu [entwickeln], aber sehr langsam und in der Regel können

sie das Niveau der ‚starken‘ Sprache auch in späteren Jahren, nicht erreichen“ (ebd., S.

81). Dementsprechend ist die verzögerte Entwicklung einer der erworbenen Sprachen

bzw. der „schwachen“ Sprache keine Sprachstörung, sondern ein natürlicher Prozess

und reichliche Sprachförderung benötigt (vgl. ebd., S. 83).

Darüber hinaus werden unterschiedliche Möglichkeiten von Auswirkungen des

mehrsprachigen Spracherwerbs auf den Verlauf der sprachlichen Fähigkeiten eines

Individuums entwickelt und im Folgenden beschrieben.

Vorherrschend ist hierbei die Differenzierung zwischen „additiver“, „neutraler“ und

„subtraktiver“ Mehr- bzw. Zweisprachigkeit nach der „Schwellentheorie der

Zweisprachigkeit“ von CUMMINS und SKUTNABB-KANGAS (vgl. CATHOMAS &

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CARIGIET 2008, S. 25). Demnach bedeutet „additiv“, dass beide Sprachen altersgemäß

beherrscht werden. Als „neutral“ wird hier das Beherrschen einer der beiden Sprachen

beschrieben, was weder negative noch positive Auswirkungen mit sich bringt. Den

wahrscheinlichen negativen Einfluss bewirkt die subtraktive Stufe, auf der keine der

beiden Sprachen altersgemäßen Kompetenzen entspricht (vgl. ebd., S. 25). Die

subtraktive Zwei- oder Mehrsprachigkeit kommt nach SCHNEIDER (2003) bei Kindern

vor, deren Erstsprache eine Minderheitensprache ist und durch ihr geringes soziales

Prestige und außenpolitischen Druck die dominante Unterrichtssprache die Fähigkeiten

der anfangs erlernten Sprache gefährden (vgl. ebd., S. 16).

2.1.4.1 Sprachwechsel

Im folgenden Kapitel wird auf die Arten von Sprachwechsel, die sogenannten

„Sprachmerkmale“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 35), die bei Multilingualität auftreten

können, und auf ihren Einfluss auf den Spracherwerb eingegangen.

Innerhalb der Mehrsprachigkeit kommt es häufig zu Sprachwechsel, die meist

unbewusst angewandt und entweder als positiv oder negativ wahrgenommen werden.

Zweisprachige Personen können in einer bilingualen Interaktion sowohl die

„Basissprache“ als auch „[…] beide Sprachen gleichzeitig gebrauchen“ (SCHNEIDER

2003, S. 29). Darin unterscheidet SCHNEIDER (2003) die Wahl folgender Arten des

Sprachwechsels: „Codemixing“, auch „intrasententialer Sprachwechsel“ genannt, meint

die Sprachmischung innerhalb eines Satzes. „Codeswitching“ hingegen wird als

„intersententialer Sprachwechsel“ bezeichnet und beschreibt die Fähigkeit, nach einer

Satzgrenze in die jeweils andere Sprache zu wechseln. Zuletzt wird „Borrowing“ als

Form von Sprachwechsel genannt, die das Entlehnen von Wörtern impliziert (vgl.

SCHNEIDER 2003, S. 29; CHILLA, ROTHWEILER, BABUR 2010, S. 63f).

„Codeswitching“ wird von vielen Menschen „[…] als Indiz für mangelnde

Sprachbeherrschung“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 43) gesehen, jedoch von

Wissenschaftlerinnen als „[…] hohe kommunikative Leistung gewertet“ (ebd., S. 43).

Häufig wird bei Wortschatzlücken von Codeswitching Gebrauch gemacht. TRIARCHI-

HERMANN (2012) erklärt, dass „[…] die Gründe für das Erscheinen des Code-Switching

auch sozialer Natur sein [können]“ (ebd., S. 43). Sie verweist hierbei auf GROSJEAN

(1982), der erläutert, dass diese Art von Sprachwechsel als „[…]

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Kommunikationsstrategie verwendet wird, um den Gesprächspartner Informationen

[…] [ohne] Pausen zu vermitteln“ (ebd. vgl.n. TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 44). Eine

positive Sichtweise bezogen auf Codeswitching hat AUER (2009), der „Codeswitching

und Codemixing […] [als] Formen bilingualen Sprechens [erläutert], die Rückschlüsse

auf spezifische, positive sprachliche Kompetenzen erlauben“ (ebd., S. 95).

„Codemixing“ ist von Disparitäten von Kind zu Kind geprägt und von vielen Faktoren

abhängig, wobei dieser Sprachwechsel in den ersten Jahren der zweisprachigen

Sprachentwicklung als natürlich angesehen wird und die Ursachen im späteren Verlauf

häufig in Bequemlichkeit und lexikalischen Lücken liegen (vgl. TRIARCHI-HERMANN

2012, S. 45).

„Interferenzen“ gehören ebenfalls zu den Sprachmerkmalen der Mehrsprachigkeit, bei

der das unbewusste Einfügen von Sprachelementen aus einer anderen Sprache

vorkommt. Dabei wird zwischen „lautlichen, lexikalischen und grammatikalischen

Interferenzen“ (vgl. TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 36) unterschieden. Diese werden als

„unvermeidliche Spracherscheinung“ (ebd., S. 41) bezeichnet, die weitgehend nicht

stört, jedoch mit dem Heranwachsen durch Hinweise vermieden werden sollte (vgl.

ebd., S. 41).

2.1.4.2 Semilingualismus/ Halbsprachigkeit

Oft wurde Sprachwechsel als Hinweis für Semilingualismus, d.h. Halbsprachigkeit,

interpretiert. Forschungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigten, wurden in vielen

Fällen im Vergleich zwischen bilingualen und monolingualen Personen durchgeführt

(vgl. CHILLA, ROTHWEILER, BABUR 2010, S. 53).

Der Begriff „Halbsprachigkeit“ geht auf HANSEGÅRD (1986) zurück, der in Schweden

eine Untersuchung durchführte und dabei folgende sechs abhängige Faktoren als

Halbsprachigkeit initiierte: Größe des Vokabulars, Korrektheit der Sprache, Grad des

Automatismus, Bildung von Neologismen (sprachlicher Neukreationen), das Meistern

der Sprachfunktionen und schließlich die Bedeutung und Vorstellung von Sprache (vgl.

nach ATOSOY 2012). Halbsprachigkeit wird als Form des Bilingualismus gesehen, ist

jedoch nicht auf die Sprache als Ganzes, sondern nur auf die „kognitiv-akademischen

Sprachfähigkeiten [bezogen]“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 25f). Wie in Kapitel 2.1.4

erwähnt, bildet sich bei Bilingualismus zunächst eine starke und schwache Sprache

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heraus. Wenn hierbei durch Schuleintritt eine Umkehrung stattfindet, weil etwa die

Familiensprache nicht der Schulsprache entspricht, kann es folglich dazu kommen, dass

„[…] eine altersgemäße Ausbildung beider Sprachen verhindert wird und dass sich

(doppelter) Semilingualismus als reduzierte sprachliche Kompetenz sowohl in der

Erstsprache als auch in der Zweitsprache bemerkbar macht (begrenzter Wortschatz,

nicht korrekte Aussprache, Vermischen der beiden Sprachsysteme und weitere)“ (LLW

DAZ O.J., ad. Semilingualismus).

Eine „doppelte Halbsprachigkeit“ ist demnach das Beherrschen keiner der beiden

erworbenen Sprachen. BUSCH (2013) schildert, dass der Begriff Halbsprachigkeit

inzwischen nicht mehr durabel sei, dennoch in „[…] Alltags- oder akademischen

Diskursen […] als stigmatisierendes Etikett [bzw.] Teil der Selbstwahrnehmung […]

[Verwendung findet]“ (ebd., S. 53).

Gleichermaßen klären Professoren der Universität Potsdam in einer

sprachwissenschaftlichen Stellungnahme darüber auf, dass dieser „[…] populäre

Mythos auf einer Fehleinschätzung von Sprache und sprachlicher Vielfalt beruht. Er

gibt eher die soziale Bewertung – genauer: Abwertung – eines bestimmten

Sprachgebrauchs wieder als sprachliche oder grammatische Fakten“ (WIESE et al., S. 1).

Sie postulieren, dass mehrsprachige Kinder sich nicht wie „doppelt einsprachige“

Kinder verhalten, sondern dass sie ein „[…] besonderes Sprachprofil [haben], bei dem

die beiden Sprachen unterschiedliche Spezialisierungen haben können“ (ebd., S. 1).

Wenn Kompetenzen in einer Standardsprache getestet werden und die Ergebnisse bei

mehrsprachigen Kindern schlechter ausfallen als bei „monolingualen“, bedeutet dies

nicht, dass diese Kinder halbsprachig sind, sondern lediglich, dass „[…] ihre

Kompetenzen in der Standardsprache der Schule noch gefördert werden müssen“ (vgl.

ebd., S.1f).

Fundamental ist dennoch, dass die Erstsprache gut entwickelt ist und der Erwerb der

zweiten Sprache nicht unterbrochen wird, wie die Illustration der „Blume der

Zweisprachigkeit“ nach SKUTNABB-KANGAS (1981) in Abbildung 1 verdeutlicht (vgl.n.

CHILLA, ROTHWEILER, BARBUR 2010, S. 53f). Dies vertreten auch zahlreiche AutorInnen, darunter CHRIST (2009), der die Erstsprache

und andere gelernte Sprachen als „Basis“ für den Erwerb weiterer Sprachen sieht (ebd.,

S. 35).

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Abb.1: Semilingualismus

(Quelle: SKUTNABB-KANGAS 1981, S. 53 vgl. n. CHILLA, ROTHWEILER, BARBUR 2010, S.

53f)

2.1.4.3 Erfolgreicher Mehrsprachigkeitserwerb

„Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mehrsprachigkeit sind u.a. eine positive

Einstellung ihr gegenüber, ein hohes Sozialprestige der involvierten Sprachen und

Kulturen, eine ausreichende emotionale und sprachliche Zuwendung, regelmäßige

emotionale und kulturelle Beziehung zu den Sprachgemeinschaften [und] regelmäßiger

Kontakt zu mehr als einem Sprecher der jeweiligen Sprache […]“ beschreibt

SCHNEIDER (2003), der hier auf KIELHÖFER & JONEKEIT (91995) und andere AutorInnen

verweist (SCHNEIDER 2003, S. 41). Als Grundregel für einen erfolgreichen

Mehrsprachigkeitserwerb bezeichnet GOMBOS (2003) „das sprachliche Umfeld [zu]

stärken“ (ebd., S. 52), sodass das aktive Wahrnehmen der Sprachen seitens des Kindes

ermöglicht wird und die schwächere Sprache – die von weniger Personen gesprochen

wird und oft bei Minderheitensprachen vorkommt – im Umfeld gestärkt werden muss,

um nicht verdrängt zu werden (vgl. ebd., S. 52).

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2.2 Mehrsprachigkeit als Privileg

Dieser Passus diskutiert die Vor- und Nachteile von Mehrsprachigkeit, wobei u.a. der

Spracherwerb als Kriterium dafür und der grundsätzliche Nutzen von Sprachen wie

auch die gesellschaftliche Relevanz von Multilingualimus thematisiert wird. Anlässlich

der historischen Entwicklung der Auswirkungen von Mehrsprachigkeit wird zunächst

auf die Bedingungen für mögliche negative Auswirkungen bzw. auf einige wenige

Beispiele und anschließend auf positive Folgen von Mehrsprachigkeit eingegangen.

In früheren Untersuchungen und Studien wurden oftmals ungünstige Folgen von

mehrsprachiger Erziehung festgestellt, wie die Entwicklung von Halbsprachigkeit oder

negative Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten und das Verhalten bzw. das

Verursachen von Lernschwierigkeiten durch Überforderung. Einzelfallstudien, die zu

Ergebnissen mit positiven Auswirkungen kamen, waren damals in der Minderzahl (vgl.

TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 104).

Das Umdenken entstand in den 1960er Jahren durch die Längsschnittstudie von PEAL &

LAMBERT, in der multilinguale und monolinguale Kinder in Kanada mit sprachlichen

und nicht-sprachlichen Tests untersucht wurden und die Ergebnisse höhere Werte in

Sprach-, Intelligenztests und Schulleistungen der multilingualen Kinder ergaben. In den

darauffolgenden Jahrzehnten fanden vermehrt Forschungen zur mehrsprachigen

Erziehung und deren Auswirkungen statt, die jedoch meist unterschiedliche Prioritäten

bei den Kriterien festlegten und dadurch schwer vergleichbar waren. Die Mehrheit der

Studien belegten jedoch positive Auswirkungen auf viele Bereiche der kindlichen

Entwicklung (vgl. ebd., S. 106ff).

Neben den oben genannten ungünstigen Folgen von mehrsprachiger Erziehung

argumentiert auch BLOCHER (1910), dass Zweisprachigkeit lediglich „aus

Nützlichkeitsgründen“ vorteilhaft sein kann. Vorherrschend sind Nachteile wie die

„[…] Abstumpfung […] [und] Schwächung des Sprachgefühls durch gegenseitige

Beeinflussung der beiden Sprachen, […] Sprachmengerei, Armut des lebendigen

Wortschatzes [und] Lockerung der geistigen Gemeinschaft mit den Einsprachigen, d.h.

mit der großen Mehrzahl der Volksgenossen“ (ebd. zit.n. GOGOLIN 2009, S. 17).

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Problematisch wird eine zwei- oder mehrsprachige Erziehung dann, „[…] wenn das

Sprachenlernen zu einer chronischen Überforderung des Lerners, aber auch der […]

[umgebenden Personen] führt“ (CATHOMAS & CARIGIET 2008, S. 55), wie auch die

negative Einstellung zu dieser Tatsache seitens der Bezugspersonen (vgl. ebd., S. 55).

Weiters bringt die „spontan[e kindliche Zweisprachigkeit, die sich] ohne lenkende

Einwirkung der Erziehung entwickelt […]“ (VYGOTSKIJ 2007, S. 65) – womit die

Mischung zweier Sprachsysteme gemeint ist- negative Ergebnisse über mehrsprachiges

Aufwachsen hervor (vgl. ebd., S. 65).

Mehrsprachigkeit wird durch vielerlei Faktoren positiv oder negativ beeinflusst –

angefangen von der Einstellung und dem sozialen Status der Bezugspersonen des

Kindes bis hin zu den durch Sprachen repräsentierten Kulturen (vgl. SCHNEIDER 2003,

S. 38f). So kann Mehrsprachigkeit als „Gabe“, „Medium zur Distanzierung“ oder

„Zugehörigkeit“ gesehen werden, um nur einige Bezeichnungen von LARCHERs

Interviews mit mehrsprachigen Personen zu nennen (LARCHER 2003, S. 94-124).

Jedenfalls besteht bei Mehrsprachigkeit keine Überforderung des Gehirns, da es flexibel

genug für eine Vielzahl von Sprachen ist (vgl. CATHOMAS & CARIGIET 2008, S. 20f).

Infolgedessen wird nun auf Vorteile bzw. positive Auswirkungen von Bi- und

Multilingualtität eingegangen.

Um einen Vorteil durch die Zweisprachigkeit gegenüber Einsprachigen zu haben,

müssen nach CICHON (2005) Voraussetzungen wie die automatisierte Kompetenz beider

Sprachen und die positive bzw. gleichrangige „[…] gesellschaftliche Konnotation der

Kontaktsprachen […]“ (ebd. zit.n. WOJNESITZ 2010, S. 39) erfüllt werden.

Die aus Studien belegten positiven Ergebnisse reichen von „deutlich komplexeren

Intelligenzstrukturen als bei Einsprachigen, wodurch ihre kreative Denkfähigkeit und

ihre Erfindungsgabe gefördert wird“ (TRIARCHI-HERMANN 2012, S. 108), über eine

frühere Entwicklung eines metasprachlichen Bewusstseins bis hin zu höherer

Sprachgewandtheit und Interesse für Sprachen. Außerdem ist bei zweisprachigen

Kindern eine tolerantere, offenere und anpassungsfähigere Art als bei gleichaltrigen

einsprachigen Kindern erkennbar (vgl. ebd., S. 108).

Aus einer zwei- oder mehrsprachigen Erziehung zeigen sich nach CATHOMAS &

CARIGIET (2008) vielerlei Vorteile: Kommunikation mit einer größeren Anzahl von

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Menschen, Überbrückung von sowohl Kulturen als auch Generationen, ein Vorsprung

im Denken durch die Verfügbarkeit von mehreren Wörtern eines Begriffs und „[…]

erhöhte Wettbewerbsfähigkeit auf dem zunehmend globalisierten Arbeitsmarkt“ (ebd.,

S. 50). Des Weiteren sind die AutorInnen der Auffassung, dass „die Existenz zweier

Sprachen im Denksystem des Gehirns zu einer Bereicherung des Denkapparats führt

[…], [da ein zweisprachiges Kind] ein Problem durch die Optik zweier Sprachen

betrachten [kann]“ (ebd., S. 29). Mit anderen Worten: „Sprachenvielfalt ist ein

Reichtum“ (DIOP 2009, S. 15).

Der Nutzen von Sprachen liegt in zahlreichen Gebieten, wie bei der Arbeit, in

Institutionen, im Handel, in der Kultur, in der Politik und in der Wissenschaft (vgl.

CHRIST 2003, S. 37).

Darüber hinaus lässt sich bereits in der Schule für zwei- oder mehrsprachig

aufwachsende Kinder nach SCHADER (2012) ein Gewinn erkennen, der ihnen einen

Expertenstatus zuschreibt, der sich auf Hör- und Kostproben, einfache Begriffe sowie

Wendungen ihrer Sprachen und auf die Fähigkeit des früheren Sprachvergleichs

konzentriert (vgl. ebd., S. 34).

Außerdem formuliert die Europäische Kommission folgenden pro mehrsprachigen

Anspruch, als Voraussetzung für das Nutzen der persönlichen wie auch beruflichen

Chancen: „Jeder sollte drei Gemeinschaftssprachen beherrschen“ (vgl. EUROPÄISCHE

KOMMISSION 1995, S. 62).

Jedoch steht die Europäische Union vor einer Herausforderung die sprachlichen

Minderheiten und auch die Sprachen der MigrantInnen und Flüchtlinge in diesem

Anspruch miteinzubeziehen (vgl. BUTTARONI 2002 in WOJNESITZ 2010, S. 50) , da es

„[…] als ein Nebeneinander der Nationalsprachen der EU-Mitgliedstaaten und das

Fremdsprachenlernen ebenfalls als Lernen dieser verstanden wird“ (WOJNESITZ 2010, S.

50).

„In jeder demokratischen Gesellschaft gilt die Beachtung der Sprachenvielfalt als

höchst signifikantes politisches Recht, das zu kulturellen Vielfalt und zum friedlichen

Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Identität beiträgt“ (DIOP 2009, S. 15).

Doch handelt unsere Gesellschaft trotz seiner Vielsprachigkeit, „sprachenteilig, [was

die] […] Präsenz und Ordnung der Sprachen in der Gesellschaft [beschreibt]“ (CHRIST

et al. 1980 zit.n. CHRIST 2009, S. 37).

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Hierzu verweist BUSCH (2013) auf KROSKRITY (2005), der verschiedene Ebenen von

Sprachideologien vorschlägt zu denen die Repräsentation einer Sichtweise „auf Sprache

und Diskurs [gehört], die im Interesse einer bestimmten sozialen oder kulturellen

Gruppe konstituiert ist“ (KROSKRITY 2005 vgl. n. BUSCH 2013, S. 84). Ein Beispiel

dafür wäre wie CATHOMAS & CARIGIET (2008) darlegen, dass etwa Englisch als „in“

bezeichnet wird und durch ihre Position als Weltsprache u.a. die Wirtschaft und Politik

anglofon ausgerichtet sind (vgl. ebd., S. 79).

Des Weiteren sind Minderheitensprachen, wie oben bereits angeführt, in Bezug auf den

Mehrsprachigkeitserwerb hierbei ferner zu explizieren. Der Begriff Minderheit hat zwei

Bedeutungen: Einerseits handelt es sich um „ein Machtgefälle innerhalb einer

Gesellschaft […] [, das häufig als die Verbundenheit] mit anderen sozialen

Benachteiligungen […]“ (BUSCH 2013, S. 121) angesehen wird. Eine andere Sichtweise

schildert diesen Begriff als eine zahlenmäßige Minderheit in Bezug auf eine Gruppe

(vgl. ebd., S. 121).

Abschließend verdeutlicht CHRIST (2003) zusätzlich mit seinen drei Imperativen zur

Mehrsprachigkeit: „Handelt mehrsprachig, damit alle davon profitieren“ (ebd., S. 47).

2.3 Mehrsprachigkeit in der Schule

Dieses Kapitel zieht Folgerungen aus der historischen Entwicklung von

Mehrsprachigkeit bezugnehmend auf den Umgang mit ihr in der Schule, indem sie die

vorherrschende Monolingualisierung innerhalb dieser Institution diskutiert und sich im

weiteren Aufbau auf Möglichkeiten der Wertschätzung und Verwendung von

Multilingualität konzentriert.

Wiederholt „[…] wird der Moment des Schuleintritts […] [als Auslöser] der Irritation in

Bezug auf das eigene Sprachrepertoire“ (vgl. BUSCH 2013, S. 52) differenziert

wahrgenommen, etwa als Gefühl der Deplatzierung, als erstmalige Konfrontation „[…]

mit der Normativität von Standardsprache […]“ bzw. lokalen Dialekt oder keinerlei

Verständnis- bzw. geringer Ausdrucksmöglichkeit (vgl. ebd., S. 52). Insbesondere das

einsprachige literarische Angebot provoziert, dass zweisprachige Kinder nur eine

Sprache auf Bildungsniveau entwickeln können und die andere nicht (vgl. ebd., S. 52).

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Hierdurch wird klar, dass auch das Schulsystem einsprachig ausgerichtet ist und eher

dazu neigt „[…] mehrsprachige SchülerInnen zu ‚monolingualisieren‘, also auf eine

(Bildungs-) Sprache zu reduzieren“ (ebd., S. 53).

Neben dem von BUSCH (2013) erwähnten in der Schule herrschenden Problem der

Monolingualisierung, seien noch zusätzlich relevante Faktoren zusammengefasst, die zu

„spezifischen Schulproblemen von Kindern und Jugendlichen mit

Migrationshintergrund führen können […]“ (SCHADER 2012, S. 35f). Neben der

zeitweiligen mangelnden Förderung in der Erstsprache, die durch ein spracharmes

Milieu oder durch die Erwerbstätigkeit beider Eltern gegeben sein kann, werden auch

die „[…] geringe[n] Möglichkeiten [für Eltern aus bildungsfernen Schichten], das

Lernen in der Schule des Gastlandes zu stützen [genannt]“ (ebd., S. 36). Ebenso werden

Probleme durch die Institution Schule beleuchtet, zum Beispiel der einseitig auf eine

Sprache ausgerichtete Unterricht, marginale Perspektiven für Kinder bezogen auf die

Findung der Identität bzw. Einbringung ihrer Kompetenzen und „[…] ungünstige

Schulstrukturen, [die durch die] späte Einschulung, frühe Selektion weiterführender

Schultypen“ (ebd., S. 36) gekennzeichnet ist und zuletzt die nicht vorhandene Option

„eines ausgewogenen Aufbaus der Sprachkompetenz in ihrer Erst- und Zweitsprache“

(vgl. ebd., S. 36).

Obwohl es mittlerweile zu vielerlei Besserungen und Entwicklungen in Relation auf das

Einbeziehen der Mehrsprachigkeit der Kinder in der Schule und auf mehrere

Vorschläge für multilingualen Unterricht gekommen ist, wie weiter unten noch erläutert

wird, lässt „der (unbewusste) Glaube an den Mythos des einsprachigen,

monokulturellen Nationalstaats […] LehrerInnen zum Teil bis heute daran festhalten,

dass Homogenität der wünschenswerte, ‚normale‘ Zustand der Schule wäre.

Einheitlichkeit in Sprache, Kultur und sozialer Herkunft scheint ihnen der Idealzustand

einer zu unterrichtenden Klasse zu sein“ (WOJNESITZ 2010, S. 88).

Auch wenn weiterhin solche Rollenerwartungen den Schulalltag größtenteils

bestimmen, erfüllen immer mehr SchülerInnen diese nicht mehr. Fakt ist, dass es sich

mit der Sprache der Kinder wie mit ihrem Lerntempo, den Vorkenntnissen und sozialen

Voraussetzungen verhält: Sie sind heterogen (ebd., S. 89). WOJNESITZ (2010) formuliert

aus diesem Grund eine Notwendigkeit in der modernen Schule eines „[…]

Perspektivenwechsels weg vom Mythos der Homogenität und hin zum in der Wirtschaft

bereits gängigen Diversity-Gedanken […]“ (ebd., S. 91), der zum Teil bereits von

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Personen des Bildungswesens wahrgenommen wurde, jedoch nach wie vor nicht die

Mehrheit darstellt. Genauso fordert EHLICH (2013), dass das sprachliche

Selbstbewusstsein der Lernenden gestärkt und anerkannt gehört (vgl. ebd., S. 40).

Ursachen für die Vernachlässigung von sprachlichem Potenzial werden von SCHADER

(2012) angeführt, der behauptet, dass monolinguistisches und nationalstaatliches

Denken auch im Bildungswesen vertreten sind, wodurch Kinder mit

Migrationshintergrund nach KLAUSER (1992) als „problemverursachend“ oder

„problemhabend“ angesehen werden (KLAUSER 1992 zit.n. SCHADER 2012, S. 20).

Gleichermaßen verhält es sich in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von LehrerInnen,

wo sich demnach Lehrpersonen bezogen auf die Mehrsprachigkeit nicht ausreichend für

die Schulrealität vorbereitet fühlen. Außerdem erwähnt SCHADER (2012) die

Zusammensetzung des Lehrkörpers und ungenügende Informationen für LehrerInnen

über Unterrichtsideen und -modelle bzw. die Lehrmittel, die die multikulturelle und –

linguale Komponente der Gesellschaft zum Großteil außer Acht lassen (vgl. ebd., S.

21).

Abgesehen davon, dass „solche Vielfalt die Lehrkräfte mit beträchtlichen

Anforderungen [konfrontiert], stellt [sie] auch ein Potenzial dar, das dem Unterricht

ganz neue Möglichkeiten und Chancen bietet“ (SCHADER 2012, S. 19). Potenzial

insofern, dass das Wissen von allen vorhandenen Kulturen und Sprachen der

SchülerInnen ausgetauscht und verglichen werden kann und so die Erweiterung des

Horizontes von jedem Kind unterstützt wird. Das Nutzen dieser Ressource sollte aber

nicht ins „Othering“ (Anderssein) mit Ansagen wie „Heute singen wir einmal ein Lied

aus Merimans Heimat“ oder „Heute erklärt uns Maria, wie man in Italien Pizza macht“

kippen, was sicherlich nichts mit „[…] selbstverständlicher Einbeziehung […]“ (ebd., S.

20) gemein hat, sondern gegenteilig das Gefühl des Andersseins verursacht und

Blockaden im Kind hervorrufen kann. Es sollte eher darauf abgezielt werden, etwa

Begriffe in anderen Sprachen zu sammeln und das Kind somit zu motivieren, einen

wesentlichen Beitrag zu dem gemeinsamen Projekt zu leisten (vgl. ebd., S. 20; 35).

In diesem Zusammenhang werden aktuelle Untersuchungen angeführt, die die

Sprachenvielfalt in Volksschulen Österreichs und Wiens verdeutlichen. So wird nach

den Informationsblättern des Referats für Migration und Schule (Nr.2 der Jahre 2010

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und 2011) des BMUKKs veranschaulicht, dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt in

ganz Österreich mehr als 20% in den Volksschulen beträgt (vgl.n. HERZOG-

PUNZENBERGER 2013, S. 318). Höhere Prozentwerte ergeben sich in Wien, wo

SchülerInnen mit anderen Erstsprachen als Deutsch über 50% in den Volksschulen

ausmachen (vgl. ebd., S. 319). Der nationale Bildungsbericht Österreich (2012)

veranschaulicht genauere Informationen in der Statistik "Anteile von Klassen mit

unterschiedlicher Zusammensetzung von SchülerInnen nicht deutscher Alltagssprache"

(vgl.n. HERZOG-PUNZENBERGER 2013, S. 315), dass SchülerInnen aller Alltagssprachen

¾ des Klassenanteils in Volksschulen, d.h. 75% ausmachen, und lediglich ¼ dieses

Klassenanteils „nur deutschsprachige“ SchülerInnen sind (vgl. ebd., S. 315).

Daher beschreibt SCHADER (2012), dass das „Öffnen interkulturellen Unterrichts keinen

Luxus“ (ebd., S. 24), sondern vielmehr den Auftrag der Schule darstellt, die

Basiskompetenzen für die gesellschaftliche Realität, die von gleicher Art in

Schulklassen zu finden ist, zu lernen und zu leben (vgl. ebd., S. 24). Er nennt fünf

Gründe für die „[…] Auseinandersetzung mit sprachlichen Fragen zum bevorzugten

Thema für interkulturellen Unterricht […]“ (ebd., S. 54). Dazu gehören sowohl auf die

mehrsprachigen Kinder bezogenen Aspekte, wie das Miteinbeziehen des

Expertenwissens der SchülerInnen mit nicht deutscher Erstsprache als auch die

Unterstützung ihrer muttersprachlichen Kompetenzen sowie der Beitrag und die daraus

folgende Förderung der „bikulturellen Identität […], ohne zugleich die Intimität der

Persönlichkeit zu tangieren“ (vgl. ebd., S. 54f). Für einen Lernzuwachs der gesamten

Klasse steht u.a. das Argument, dass das „gemeinsame, forschende Lernen von

SchülerInnen verschiedener Erstsprache am selben Gegenstand [förderlich ist]“ (vgl.

ebd., S. 56).

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Wahrnehmung, Wertschätzung und

Einbeziehung der mitgebrachten Sprachen aller SchülerInnen innerhalb des

Bildungswesens, so wie die Sprachen im europäischen bzw. globalen Kontext von

zentraler Bedeutung sind, allerdings ebenfalls „im Binnenraum des eigenen Landes,

[wo] binnenkulturelle sprachliche und dialektale Vielfalt [des jeweiligen] Landes“

inbegriffen sein darf und soll (SCHADER 2012, S. 51).

SCHADER (2012) verweist bei dem Ansatz für mehrsprachigen Unterricht „Language

Awareness/Sprach(en)bewusstheit“ auf LUCHTENBERG (1992), der hierzu drei

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Dimensionen beschreibt: Das „[…] Sprachenlernen im Erstsprachbereich, […] den

Fremdsprachenunterricht [...] als Brücke zwischen Sprachen und […] der Umgang mit

Sprachenvielfalt in mehrsprachigen Klassen“ (LUCHTENBERG 1992 vgl. n. SCHADER

2012, S. 62.). Infolgedessen sollen Kinder neugierig und interessiert auf die Bereiche

Kommunikation, Sprache(n) und Dialekte gemacht werden, sowie „metasprachliche

Kommunikation [und] Strategien zur sprachlichen Gestaltung [kennenlernen]“

(SCHADER 2012, S. 62). Andere Ansätze wie „Embedding“, „Immersion“ und „CLIL

(content and language integrated learning)“ (ebd., S. 60f) werden in dieser Arbeit

genannt, aber nicht genauer beschrieben, da dies den Rahmen der Bachelorarbeit

überschreiten würde.

Nicht eingeschlossen sind in diesen Ansätzen dagegen Kompetenzen für einen

multilingualen Unterricht, worauf sich LehrerInnen meist unvorbereitet fühlen. Um

ihnen diesen Überblick zu verschaffen, welche Lehrkompetenzen für einen

mehrsprachigen Unterricht besondere Beachtung benötigen, hat SCHADER (2012) diese

in einer Übersicht, der sogenannten „Didaktischen Landkarte“ (s. Abb.2), kompakt

zusammengefasst (vgl. ebd., S. 50).

Voraussetzungen für eine „mehrperspektivische Anlage“ des Unterrichts führt

LUCHTENBERG (1994) in einem Fragenkatalog an. Dazu zählt nicht nur die Sichtbarkeit

der Mehrsprachigkeit der SchülerInnen im Schulgebäude sowie im Klassenraum,

sondern auch der Umgang mit Mehrsprachigkeit innerhalb der Schule seitens des

Personals. Aber auch Akzeptanz, Duldung oder sogar positive Aufnahme der

Erstsprachen der Kinder wie auch die Entwicklung von sprachlichen Ritualen und die

Verfügung über mehrsprachige Materialien der Klassenbibliothek, insbesondere

zweisprachiger Wörterbücher für jedes Kind mit anderer Erstsprache als Deutsch, sind

hierbei ausformuliert (ebd. vgl. n. SCHADER 2012, S. 49).

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Abbildung 2: „Didaktische Landkarte“ von Lehrkompetenzen in mehrsprachigen

Klassen

(Quelle: SCHADER 2012, S. 50)

Zuletzt sei noch NEUMANN (2009) erwähnt, die in ihrer Untersuchung „Der Beitrag

bilingualer Schulmodelle zur Curriculuminnovation“ mehrere bewährte daraus

resultierende Ansätze formuliert, die auf Regelklassen übertragbar sind. Sie kommt zu

folgender Schlussfolgerung: „Zweisprachigkeit eines Kindes und die Mehrsprachigkeit

der meisten Schulklassen muss sich weder als Hindernis für den Schulerfolg noch deren

Förderung als überflüssige Investition erweisen. Vielmehr bedeutet ihre ausdrückliche

Berücksichtigung eine pädagogische Chance […]“ (ebd., S. 329), die jedoch noch

weiterer Optimierung bedarf (vgl. ebd., S. 329).

Auch VYGOTSKIJ (2007) zieht eine ähnliche Folgerung, dass „die pädagogische

Einwirkung […] nirgends so eine entscheidende Bedeutung für das ganze Schicksal der

kindlichen Rede und der kindlichen intellektuellen Entwicklung [hat] wie in den Fällen

der Zwei- oder Mehrsprachigkeit der kindlichen Bevölkerung“ (ebd., S. 65).

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31

2.4 AMuSE-Projekt

Um die Grundlagen für den Rahmen der Datenerhebung dieser Untersuchung zu

schaffen, wird im folgenden Kapitel ein Überblick über EC-Projekte als

Finanzierungsmodell der Europäischen Kommission für das anlassgebende Projekt

„AMuSE“ gegeben, sowie das AMuSE-Projekt vorgestellt. Dabei werden sowohl die

Konferenzen, insbesondere die Tagung in Wien – während der die Interviews dieser

Untersuchung stattgefunden haben – als auch die Ergebnisse dieses Projektes, die in

Empfehlungen an EntscheidungsträgerInnen des Bildungssystems bzw. für die

LehrerInnenbildung formuliert wurden, erläutert.

2.4.1 EC-Projekte

Im Folgenden wird im Allgemeinen auf Projekte der „European Commission“ (EC)

eingegangen.

„Die Europäische Kommission vertritt die Interessen der Europäischen Union

insgesamt. Sie schlägt dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen

Union neue Rechtsvorschriften vor und stellt die korrekte Anwendung von EU-Recht in

den Mitgliedstaaten sicher“ (Europäische Kommission 2013a).

Die Europäische Kommission förderte und finanzierte im Rahmen des „LLP – Lifelong

Learning Programm“ das Projekt AMuSE. LLP ermöglicht Menschen aller

Altersgruppen, sich von Lernerfahrungen anregen zu lassen und unterstützt die

Entwicklung des Bildungssektors in ganz Europa. Vor allem Kulturen, Sprachen und

Wissenszuwachs sind bei diesem Programm wichtige Themenschwerpunkte.

Die Förderung im Bildungsbereich wird neben den vier Einzelprogrammen Comenius

(Schulbildung), Erasmus (Hochschulbildung), Leonardo da Vinci (Berufliche Aus- und

Weiterbildung) und Grundtvig (Erwachsenenbildung) auch für weitere Sektionen, wie

das Sprachenlernen, das das AMuSE-Projekt unterstützt, gewährt (vgl. GESSLBAUER

2009).

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2.4.2 Allgemeines zum Projekt AMuSE

„AMuSE“ steht für „Approaches to Multilingual Schools in Europe“ und für „Ansätze

zur Mehrsprachigkeit an Schulen in Europa“. Es ist ein Projekt der Europäischen

Kommission, das sich das Zusammentragen von grundlegendem und

wissenschaftlichem Know How für die EntscheidungsträgerInnen im Bildungsbereich

zum Ziel gesetzt hat, um somit Schulmodelle verbessern und mehrsprachigen Unterricht

unterstützen zu können (vgl. FURCH & BAUER 2012).

Der erste Arbeitsschwerpunkt setzte sich damit auseinander, wie in der Schule mit

Mehrsprachigkeit umgegangen wird. Dabei wurde der IST-Stand erhoben, indem

bestehende Projekte, Initiativen, Publikationen und Materialien zur Förderung der

Mehrsprachigkeit im Unterricht und an Schulen in einer Datenbank gesammelt wurden,

die auf der Homepage des Projektes eingesehen werden können (vgl. AMuSE o.J.a,

1.7.2015).

In der zweiten Phase von AMuSE wurden Dialoge zwischen AkteurInnen in der

LehrerInnenbildung, EntscheidungsträgerInnen an Schulen und in der Bildungspolitik

ermöglicht. Folglich wurde durch ExpertInnentreffen und internationale Konferenzen in

den Orten Wien, Tartu, Ankara und Göteborg, über aktuelle Modelle, die

PädagogInnenbildung NEU und die gesellschaftliche Entwicklung hinsichtlich der

Mehrsprachigkeit informiert und diskutiert (vgl. Engel et al. o.J., S. 1).

AMuSE setzte sich aus einem Konsortium von sechs Universitäten und

Forschungseinrichtungen zusammen. Zu diesem gehörten die Europäische Akademie

Bozen (EURAC), das Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit aus Italien,

die Pädagogische Hochschule Wien aus Österreich, die Universität Göteborg aus

Schweden, die Pädagogische Hochschule Zürich aus der Schweiz, die Universität Tartu

aus Estland und die Akdeniz Universität Antalya aus der Türkei (vgl. AMuSE o.J.b).

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33

2.4.3 Internationale Konferenzen und ExpertInnentreffen

Die oben genannten Tagungen von AMuSE an verschiedenen Orten, werden

anschließend angeführt und darauffolgend wird die Tagung in Wien umfassender

beschrieben, da während dieser die empirischen Daten erhoben wurden.

Die erste der vier Tagungen fand in Wien zwischen dem 24. und 25. September 2013 in

der Pädagogischen Hochschule Wien mit dem Titel „Die Ressource Mehrsprachigkeit

in der PädagogInnenbildung NEU“ statt. Ein halbes Jahr später erfolgte die zweite

Konferenz an der Universität Tartu in Estland mit der Thematik „Historie und

Aktualität von mehrsprachigen Gesellschaften“ zwischen dem 24. und 25. März 2014.

„Erfolgreiche Modelle von Mehrsprachigkeit im internationalen Vergleich“ hieß der

Titel des dritten Treffens zwischen dem 19. und 20. Februar 2015 und wurde an der

Akdeniz Universität in Antalya abgehalten. Das letzte ExpertInnenmeeting des

Projektes AMuSE fand am 16. und 17. März 2015 in der Universität Göteborg in

Göteborg/Schweden statt, das den Titel „Mehrsprachigkeit in Gesellschaft, Bildung und

Forschung“ trug (vgl. AMuSE o.J.c).

Alle vier Konferenzen trugen einen maßgebenden Anteil zum Projekt AMuSE bei, ohne

die später in Kapitel 2.4.4. erläuterte bedeutsame Empfehlungen nicht hätten entwickelt

werden können.

2.4.4 Tagung in Wien

Das erste internationale ExpertInnentreffen von AMuSE erfolgte an der Pädagogischen

Hochschule in Wien zwischen dem 24. und 25. September 2013 in den Sprachen

Englisch und Deutsch. Der erste Tag konzentrierte sich auf einführende Vorträge zur

Thematik, darunter gab es Eröffnungsstatements von Kurt KREMZAR, Walter SWOBODA

und Thomas BAUER sowie die Vorstellung des Projektes AMuSE durch den

Projektleiter Alexander ONYSKO. Nachmittags wurden für den darauffolgenden Tag

Diskussionsrunden in zwei Durchgängen zum Thema „Internationale Perspektiven zu

sprachlicher Vielfalt“ abgehalten, die unterschiedliche Themen mit Länderbezügen

behandelten, die in Abbildung 3 dargestellt sind:

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Abbildung 3: Diskussionsrunden zum Thema: „Internationale Perspektiven zu

sprachlicher Vielfalt“

(Quelle: AMuSE o.J.d: Programm des 1. Internationalen AMuSE-ExpertInnentreffens –

Die Ressource Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung NEU., S. 3).

Am zweiten Tag lag der Fokus auf zwei Impulsreferaten mit dem Titel „Zum Umgang

mit Mehrsprachigkeit an österreichischen Schulen – eine kritische Bestandsaufnahme“

von Mikael LUCIAK und „Mehrsprachigkeit im österreichischen Schulwesen –

Steuerung eines hochkomplexen Systems zwischen wissenschaftlichen Analysen und

öffentlichem Diskurs“ von Barbara HERZOG-PUNZENBERGER. Gefolgt wurden diese

beiden Vorträge von einer Podiumsdiskussion und sogenannten „Round Tables“ zum

Thema „Mehrsprachige Lehrpersonen in der Schulklasse“. Den Abschluss bot ein

Marktplatz mit dem inhaltgebenden Titel „Innovationen zur Unterstützung von

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Mehrsprachigkeit in Österreich“, dessen übersichtliche Aufzählung aller Marktstände

Abbildung 4 zeigt:

Abbildung 4:

Marktstände zum Thema: „Innovationen zur Unterstützung von Mehrsprachigkeit in

Österreich“

(Quelle: AMuSE o.J.d: Programm des 1. Internationalen AMuSE-ExpertInnentreffens –

Die Ressource Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung NEU., S. 4)

Das gesamte Programm des ersten internationalen AMuSE-ExpertInnentreffens befindet

sich im Anhang A.

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36

2.4.5 Empfehlungen von AMuSE

Die Laufzeit des Projektes AMuSE war im Zeitraum zwischen Jänner 2012 bis

einschließlich März 2015. Innerhalb dieser Phase wurden Empfehlungen für den

Bereich der LehrerInnenbildung und für EntscheidungsträgerInnen im Schulwesen bzw.

in der Bildungspolitik entwickelt, die im weiteren Verlauf weitgehend zusammengefasst

werden und sich auf die Publikation „Empfehlungen zur Förderung von

Mehrsprachigkeit an Schulen“ vom AMuSE-Team der Homepage beziehen (vgl. ENGEL

et al. o.J., S. 2-13).

Für den ersten Bereich wird neben der Integration von Pflichtmodulen in der Aus-,

Weiter- und Fortbildung empfohlen, die Inhalte zu sprachwissenschaftlichem Wissen

über Mehrsprachigkeit sowie Erst- und Zweitspracherwerb und Interkulturalität bzw.

Mehrsprachigkeits- und Zweitsprachdidaktik implizit zu behandeln. Auch einführende

Sprachkurse in den Herkunftssprachen der SchülerInnen soll es als verpflichtendes

Wahlfach geben (vgl. ENGEL et al. o.J., S.3). Neue Modelle der Sprachendidaktik sollen

auch im Rahmen von Gesamtsprachencurricula gefördert und die Bibliotheken mit

aktuellen wissenschaftlichen Publikationen und didaktischen Materialien zu den

Themen Mehrsprachigkeit und Sprachenvielfalt ausgestattet werden (vgl. ebd., S. 4).

Zuletzt werden regelmäßige Fachdiskussionen zu Mehrsprachigkeitsdidaktik

empfohlen, bzw. soll es mehr Lehrpersonen geben, die mehrsprachig sind (vgl. ebd., S.

5).

Die Empfehlungen des zweiten Bereichs schließen unter anderem das Entwickeln von

Begriffen und Konzepten zur Mehrsprachigkeitsdidaktik durch ExpertInnenteams ein,

die anschließend über die Bildungspolitik kommuniziert werden müssen und diese in

weiterer Folge für die entsprechenden Ressourcen sorgen muss, sowie die Forderung,

dass sich EntscheidungsträgerInnen im Bildungsbereich durch Fortbildungen zur

Mehrsprachigkeit weiter qualifizieren sollten (vgl. ENGEL et al. o.J., S. 7ff).

Weiters wird die Integration von herkunftssprachlichem Unterricht in den

Regelunterricht sowie die Erweiterung des Angebots im Sprachenunterricht

eingefordert, sodass ein sprachenfreundliches Klima an allen Schulen geschaffen wird

(vgl. ENGEL et al. o.J., S. 9ff). Hierbei soll das erweiterte Sprachenrepertoire von

SchülerInnen auch dementsprechend institutionell anerkannt und zertifiziert werden.

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Als letzte Empfehlung wird die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung von

vielversprechenden Projekten und Schulversuchen genannt (vgl. ENGEL et al. o.J., S.

12f).

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3 Forschungsteil

Anschließend an die theoretischen Grundlagen wird im Folgenden die empirische

Untersuchung in mehreren Schritten beschrieben. Zunächst werden elementare

Bereiche, wie die Fragestellung und die Hypothesen der Forschung geklärt. Darauf

folgen die Darstellung sowohl des Forschungsparadigmas als auch des Verlaufs der

Datenerhebung. Abschließend werden die Auswertungsmethodik erläutert und die

daraus hervorgehenden Daten ausführlich analysiert.

3.1 Forschungsfrage und Hypothesen

Die dieser Arbeit zugrundeliegende Forschungsfrage bezieht sich auf das internationale

ExpertInnentreffen in Wien im Herbst des Septembers 2013 und lautet wie folgt:

„Wie wird Mehrsprachigkeit im Rahmen des AMuSE-Projektes verstanden und wie

äußert sie sich der Meinung der ExpertInnen nach im Schulalltag?“

Als Ausgangsbasis dieser Forschungsfrage konnten folgende Hypothesen aus dem

Erfahrungsfeld der Verfasserin dieser Arbeit gebildet werden:

Im Zusammenhang zum Begriff „Mehrsprachigkeit“ wurde angenommen, dass sich

dieser lediglich auf ein Individuum bezieht, aufgrund des Präfixes „Mehr-“ von

Zweisprachigkeit abzugrenzen ist und daher erst ab dem Beherrschen von drei oder

mehr Sprachen gilt, wie auch von unterschiedlichen Sprachniveaus gekennzeichnet ist.

Weiters wurde davon ausgegangen, dass Mehrsprachigkeit von den befragten Personen

grundsätzlich als Privileg gesehen wird, wobei dieser Begriff mit Vorteil gleichgesetzt

wurde.

Aufgrund des zweiten Teils der Forschungsfrage wurde die Annahme formuliert, dass

ein Konglomerat zwischen Verhinderung bzw. keiner Beachtung und Wertschätzung

bzw. Nutzung von Mehrsprachigkeit innerhalb der Schule unter den Aussagen der

ExpertInnen entsteht.

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3.2 Forschungsparadigma

Im Folgenden wird das dieser Arbeit angewandte Forschungsparadigma näher erläutert.

Unterschieden wird dabei zwischen den qualitativen und quantitativen Ansätzen, die

meistens differenziert angewendet werden, jedoch auch ineinander fließen können.

Hierzu führen VON WRIGHT (1974) und RIEDEL (1978) in ihren Arbeiten ‚„Verstehen

und Erklären‘ […] auf die Orientierung am Besonderen versus die Orientierung am

Allgemeinen [zurück]“ (MAYRING 2010, S. 19). Des Weiteren hebt folgende

Gegenüberstellung die Diskrepanz der beiden Forschungsansätze hervor: „Qualitative

Wissenschaft als verstehende will also am Einmaligen, am Individuellen ansetzen,

quantitative Wissenschaft als erklärende will an allgemeinen Prinzipien, an Gesetzen

oder gesetzähnlichen Aussagen ansetzen“ (VON WRIGHT 1974 & RIEDEL 1978 zit.n.

MAYRING 2010, S. 19).

In dieser Ausarbeitung steht das Verstehen des Gegenstandes, d.h. die Wortwahl,

Einstellung und persönliche Definitionen und Erfahrungen der ExpertInnen im

Vordergrund und ist demnach qualitativen Ursprungs (vgl. MAYRING 2007, S.19).

Hieraus ergibt sich, dass das qualitative Forschungsparadigma das geeignete für diese

Untersuchung ist.

3.3 Interview

Als Erhebungsmethode wurde das problemzentrierte ExpertInnen-Interview gewählt,

das infolge erläutert wird:

Das Interesse der Autorin und die Forschungsfrage zielen auf die Einstellungen und

Erfahrungen der Befragten ab, weswegen die Wahl dieser Methode für die Forschung in

dieser Arbeit ausschlaggebend war. „Das Interview ist eine Form des Kommunizierens,

in welcher – per Definition – grundsätzlich dem Interviewten die Aufgabe zukommt

aktiv Ereignisse, Erfahrungen, Handlungen und Wissen zu rekonstruieren“ (HONER

2006, S. 95).

Nachdem die durchgeführten Interviews weniger direktiv bzw. weniger strukturiert,

sondern offen sind, zählen sie zu den qualitativen Interviewtechniken und entsprechen

somit dem dieser Untersuchung zugrundeliegenden Forschungsparadigma (vgl.

DIEKMANN 2010, S. 438).

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Qualitative Interviews können nach MAYRING (2010) neben anderen „als

Experteninterviews [geführt werden], in denen die Befragten als Spezialisten für

bestimmte Konstellationen befragt werden, oder als Interviews, in denen es um die

Erfassung von Deutung, Sichtweisen und Einstellungen der Befragten selbst geht“

(MAYRING 2010, S. 33). In dieser Arbeit werden beide Varianten ineinander fließen, da

die befragten ExpertInnen nicht nur über Mehrsprachigkeit Aussagen treffen, sondern

auch ihr Standpunkt zu diesem Thema von ausgesprochener Wichtigkeit ist. NAGEL &

MEUSER (2006) beschreiben hierzu, dass ExpertInneninterviews speziell auf den

„Wissensvorsprung, der aus der privilegierten Position des Experten in einem

Funktionskontext resultiert“ eingehen (vgl. ebd. S. 57).

Des Weiteren wurde, wie nachfolgend beschrieben, das problemzentrierte Interview als

Variante von qualitativen Interviewtechniken gewählt.

3.3.1 Das problemzentrierte Interview

Im Zentrum des problemzentrierten Interviews liegt ein vorab gewähltes Thema, das

durch spezifische Fragen gelenkt, aber trotzdem offen und ohne Antwortvorgaben

geführt wird.

Besonders die Offenheit und die „[…] zurückhaltende, nicht-direktive

Gesprächsführung […]“ (HOPF 2012, S. 355) sind von großer Bedeutung und gehören

zu den Vorteilen dieser Interviewtechnik, da die Befragten ihre subjektive Meinung

ausgiebig sprachlich formulieren können (vgl. MAYRING 1990, S. 46f).

3.4 Datenerhebung

Im Rahmen des AMuSE-ExpertInnentreffens in Wien im September 2013 wurde eine

Vollerhebung mittels problemzentrierten Interviews, das drei offene Fragen beinhaltete,

mit jeweils einer Person als VertreterIn der behandelten Themen durchgeführt. Die

ExpertInnen wurden so gewählt, dass durch ihre Erfahrungen die unterschiedlichen

wissenschaftlichen, aber auch praktischen Bereiche des Themas „Mehrsprachigkeit“

abgedeckt werden konnten.

Die ersten 16 Interviews wurden im Rahmen des ersten internationalen AMuSE-

ExpertInnentreffens am 24.9.2013 und 25.9.2013 an der Pädagogischen Hochschule

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Wien durchgeführt. Das letzte Interview wurde aus zeitlichen Gründen erst am

30.6.2014 realisiert. 16 Interviews wurden in deutscher Sprache gehalten, während eines

in englischer Sprache durchgeführt wurde.

3.4.1 Interviewfragen

Die drei Fragen des Interviews wurden offen formuliert und lassen daher eigene

Meinungen und Erfahrungen sowie Definitionen zu. Dabei konnten die ExpertInnen frei

sprechen, ohne dass ihre Aussagen kommentiert wurden. Die Interviewende fragte

lediglich nach, wenn der Frage ausgewichen, ergo sie nicht beantwortet wurde.

Die erste Frage lautet: „Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit?“.

Hierbei wurde speziell der Ausdruck ‚Auf den Punkt gebracht‘ gewählt, da sowohl

Definitionen als auch eigene Einstellungen erlaubt waren, diese aber in einer

komprimierten Art und Weise dargelegt werden sollten.

Die zweite Frage „Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg?“ beinhaltete

anfänglich noch den Anhang „…oder eine Bürde?“, doch dieser wurde aufgrund der

gegenteiligen Bedeutung herausgenommen. Somit handelt es sich hierbei zwar um eine

geschlossene Fragestellung, jedoch zielt diese darauf ab, in einer Zusatzfrage die

Begründung zu eruieren. Des Weiteren kann im Folgenden auf die eigene Definition des

Wortes „Privileg“ Bezug genommen werden.

Die dritte Frage „Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule?“ impliziert sowohl die

eigenen Erfahrungen der Befragten im Schulwesen als auch die allgemeine Einstellung

und Sichtweise auf Schulen und deren Umgang mit Mehrsprachigkeit. Weiters wurde

auf mögliche Unterschiede in den Aussagen im theoretischen als auch praktischen

Arbeitsfeld der ExpertInnen abgezielt.

3.4.2 Transkription

„Transkription bezeichnet im Wesentlichen die Verschriftlichung audiovisuell

aufgezeichneter Daten“ (KNOBLAUCH 2006, S. 159).

Das Datenmaterial besteht aus 17, auf der Basis von Audiodateien, transkribierten

Interviews.

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Hierzu wurden Grobtranskripte angefertigt, da hauptsächlich der Inhalt der Aussagen in

dieser Arbeit wesentlich ist. Diese wurden wörtlich ohne Berücksichtigung von

Dialekten ins Hochdeutsche übertragen. Die Interviewerin wurde durch ein „I“ und die

befragten Personen durch ein „B“ samt Kennnummer (1-17) gekennzeichnet.

Um die Lesbarkeit der Transkripte gewährleisten zu können, wurden folgende für den

Kontext irrelevanten Faktoren weggelassen, die jedoch den Inhalt und Sinn der

Aussagen nicht verändern würden:

x Verständnissignale der Interviewerin (z.B.: Mhm, Aha, Ok)

x abschließende Worte und Dankesworte

x Fülllaute (Ähm, Ah) sofern sie nicht langgezogen wurden oder eine Pause

danach folgt

x Überlappendes Sprechen

x Wort- und Satzabbrüche

x Intonationseinheiten, wobei betonte Wörter durch Großbuchstaben

gekennzeichnet wurden

x Wortwiederholungen und Unvollständigkeiten

x Einleitung der Fragen

Folgende Kennzeichnung wurde in den Transkripten vorgenommen:

Pausen ab zwei bis zu vier Sekunden und langgezogene Fülllaute wurden durch drei

Bindestriche in einer runden Klammer verdeutlicht. Lange Pausen wurden ab fünf

Sekunden durch Sekundenangaben in runden Klammern markiert. Emotionale

Äußerungen, wie zum Beispiel „Lachen“, wurden in runden Klammern und

unverständliche Wörter mit „(unv.)“ gekennzeichnet. Einwürfe wurden mit

Bindestrichen markiert (vgl. KNOBLAUCH 2006, S. 160; MAYRING 2010 S. 55).

3.5 Auswertungsmethodik

Als Auswertungsmethodik wurde für diese Forschung die qualitative Inhaltsanalyse

nach MAYRING (2010) gewählt, die im Folgenden näher erörtert wird.

Um die Zurückführung aller Auswertungsschritte zu gewährleisten, ist der Gegenstand

der Inhaltsanalyse das Analysieren von protokollierter Kommunikation, die nach einem

bestimmten System und nach Regeln ausgewertet werden muss (vgl. ebd., S.12f).

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Dabei ist die Anpassung der Inhaltsanalyse an das Material und an die Forschungsfrage

fundamental (vgl. ebd., S. 49).

Es ist erforderlich das Ablaufmodell der Analyse nach MAYRING, das „[…] eine

sukzessive Verdichtung von umfangreichem Datenmaterial ermöglicht“ (MEUSER 2006,

S. 90), in jeder Grundform der Analyse zu beleuchten.

Das Material und somit die Grundlage für die Inhaltsanalyse sind 17 transkribierte,

problemzentrierte Interviews auf der Basis von Tonbandaufnahmen, die ausschließlich

offen formulierte Fragen beinhalten und deren gesamter Umfang folglich erfasst und

ausgewertet wird. Die Richtung der Analyse ergibt sich durch das Thema

„Mehrsprachigkeit“ und soll durch die Beantwortung der drei gestellten Fragen

erschlossen werden. Die Analyseeinheiten teilen sich in das Festlegen der Kodier-, der

Kontext- und der Auswertungseinheit. Die Kodiereinheit ist der kleinste Bestandteil

eines Textes, der in der Kategorienbildung vorkommen kann und ist in dieser Arbeit auf

ein Wort festgelegt. Der größte Datenteil beschreibt die Kontexteinheit und ist hier als

Inhalt mehrerer Sätze definiert. Die Auswertungseinheit bestimmt die Reihenfolge der

auszuwertenden Textteile.

Die Auswertung in dieser Arbeit folgt der Unterteilung der einzelnen Interviews nach

Themengebieten, die den gestellten Fragen entsprechen. Demzufolge wurden die

Antworten zu den jeweiligen Fragen, und nicht, wie üblich, der gesamte Umfang jedes

einzelnen Interviews zu Kategorien zusammengefasst. Somit ist die Auswertungseinheit

auf die Reihenfolge der Fragen statuiert und nicht auf die einzelnen Interviews im

gesamten Umfang (vgl. MAYRING 2010, S.59). Die im Interview B13 gestellte

Zusatzfrage wird in der Auswertung nicht berücksichtigt, da diese ausschließlich diesem

Interviewpartner gestellt wurde und damit von allen anderen abweicht (vgl. B13, Z. 36-

45).

3.5.1 Analysetechnik

Bei der Interpretation von Texten in qualitativen Analysetechniken unterscheidet

MAYRING (2010) Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Für die

vorliegende Arbeit wurde das inhaltsanalytische Verfahren der Zusammenfassung

gewählt, dessen Ziel die Reduktion des Materials auf den Inhalt ist, um so einen

komprimierten, überschaubaren Text zu erhalten (vgl. ebd. 2010, S. 65). Dieses Modell

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wurde für eine induktive Kategorienbildung eingesetzt, da sie nach einer „[…]

möglichst naturalistischen, gegenstandsnahen Abbildung des Materials ohne

Verzerrungen durch Vorannahmen des Forschers, eine Erfassung des Gegenstands in

der Sprache des Materials [strebt]“ (ebd. 2010, S. 83). Dies hat zur Folge, dass die

Kategorien nicht im Vorhinein formuliert und festgelegt, sondern „[…] direkt aus dem

Material in einem Verallgemeinerungsprozess ab[geleitet werden], ohne sich auf vorab

formulierte Theorienkonzepte zu beziehen“ (ebd. 2010, S. 83).

Das zusammenfassende Modell umfasst mehrere Schritte, wobei bei der Reduktion

Analyseschritte zusammengefasst wurden, da es sich um eine größere Materialmenge

handelt. Eine einheitlich formulierte Sprache ist jedoch in allen Analyseschritten

wesentlich (vgl. MAYRING 2010, S. 69).

Zuerst werden im Prozess der Paraphrasierung die Kodiereinheiten „[…] in eine

knappe, nur auf den Inhalt beschränkte, beschreibende Form umgeschrieben“, wobei die

Wortwahl beibehalten wurde (MAYRING 2010, S. 69). Äußerungen der Befragten

wurden hierbei in ganzen Sätzen formuliert und gegebenenfalls getrennt voneinander

paraphrasiert. Die in den Interviews genannten Sprachen wurden in der

Paraphrasierung, sofern es nicht als konkretes Beispiel in einem Land, sondern als

Aufzählung gesehen wurde, in Klammer gesetzt. Aussagen, die inhaltlich zu der

Fragestellung als unpassend erschienen, wurden der passenden Frage zugeteilt und an

dieser Stelle ausgewertet.

Als zweiten Analyseschritt beschreibt MAYRING (2010) die Generalisierung, die das

Bestimmen eines Abstraktionsniveaus verlangt (vgl. ebd., S.69). Vorrangig wurden

daher alle Paraphrasierungen mit dem wesentlichen Inhalt stichwortartig, bei einigen

Ausnahmefällen aufgrund der Verständlichkeit aber auch in Sätzen formuliert. Des

Weiteren wurden inhaltsgleiche Paraphrasierungen zusammengefasst bzw. gestrichen

und unwichtige weggelassen.

Bei der ersten Frage wurden in der Generalisierung die Satzanfänge „Mehrsprachigkeit

ist …/ Mehrsprachig ist…“ gewählt.

Das Abstraktionsniveau der zweiten Frage ist auf die Antworten „Ja/Nein“ beschränkt

und beinhaltet die jeweilige Begründung der Befragten. Hierbei wurden auch „Wenn-

Formulierungen“ als Kriterien für ein „Privileg“ bezeichnet, weil es erst unter

bestimmten Voraussetzungen als solches definiert wird.

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Die Generalisierung der dritten Frage lässt keine einheitlichen Satzanfänge zu, da alle

Aussagen unterschiedliche Bereiche innerhalb der Schule behandeln und diese daher

gegebenenfalls lediglich an das Abstraktionsniveau angepasst wurden.

Die erste und zweite Reduktion wurden in dieser Arbeit zusammengefasst und münden

in einem umfangreichen Prozess in der Kategorienbildung. Diese beinhalten sowohl

Zitate als auch zusammengefasste Aussagen, die in jedem Fall im Anhang in der

Auflistung angegeben sind. Generalisierungen, die zu zwei Kategorien passen, wurden

doppelt, in jedem Fall aber mit Verweis, festgehalten. Die Kategorien wurden

nummeriert, wobei „K“ für Kategorie und „UK“ für Unterkategorie steht.

3.6 Analyse der Daten

Im weiteren Verlauf werden die Daten der Untersuchung analysiert, indem die

Kategorien (K/UK) ausführlich durch folgende ExpertInnen verdeutlicht werden:

Basil SCHADER (B1), Tore OTTERUP (B2), Esta SIKKAL (B3), Alexander ONYSKO (B4),

Jochen REHBEIN (B5), Barbara HERZOG-PUNZENBERGER (B6), Mikael LUCIAK (B7),

Günther LEEB (B8), Erika HUMMER (B9), Thomas AISTLEITNER (B10), Veronika

VANECEK (B11), Ferdinand STEFAN (B12), Beatrix HAIN (B13), Doris ENGLISCH-

STÖLNER (B14), Alexandra WOJNESITZ (B15), Elfie FLECK (B16) und Isabel AMBERG

(B17).

ad. Frage 1: „Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit?“ K1: Geltungsbereich von Mehrsprachigkeit UK 1.1: Sprachbeherrschung Wenige ExpertInnen sind sich bezüglich der Sprachbeherrschung einig, sodass sich

mehrere Standpunkte herausgebildet haben. Von wenigen Wörtern und ausreichender

Kommunikationsfähigkeit angefangen, über Ausdrucksfähigkeit, alltäglicher

Anwendung sowie bewusstem Gebrauch bis hin zu schnellem Sprachenwechsel, worin

die Offenheit dafür und positive Einstellung dazu inbegriffen sind, sind auch Aussagen

wie die „[…] vollkompetente Beherrschung einer Sprache“ (B1, Z. 12) und das

„rezeptive“ und „produktive Beherrschen“ (B12, Z. 9f) vertreten (vgl. B1, Z. 10ff; B3,

Z. 5; B4, Z.6-13; B9, Z. 27; B10, Z. 5; B11, Z. 7f; B13, Z. 7ff).

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UK 1.2: Language Awareness Den Begriff „Language Awareness“ versteht ENGLISCH-STÖLNER als die Verfügbarkeit

über Wissen von verschiedenen Sprachen: „Zur Mehrsprachigkeit gehört ein gewisses

Wissen, was es mit verschiedenen Sprachen auf sich hat, also eine gewisse ‚Language

Awareness‘“ (B14, Z. 8ff). Ohne diesen Begriff explizit zu erwähnen, bezeichnet

STEFAN das Erkennen von Sprachen als beginnende Mehrsprachigkeit: „Der erste

Schritt zur Mehrsprachigkeit ist, wenn man Sprachen zum Beispiel im Radio erkennt“

(vgl. B12, Z. 10ff).

UK 1.3: Emotionalität von Sprachen Emotionen erwähnen zwei ExpertInnen, darunter beschreibt HUMMER das

automatisierte Denken und Fühlen in Fremdsprachen (vgl. B9, Z. 21ff), sowie die

gefühlte Mehrsprachigkeit, mit der das vorhandene Interesse und die Lernbereitschaft

für andere Sprachen gemeint ist (vgl. B9, Z. 23; 24). Wohingegen VANECEK der

Meinung ist, dass ein gleichwertiges Ausdrucksvermögen von Gefühlen in allen

Sprachen nicht unbedingt erforderlich ist (vgl. B11, Z. 10f).

UK 1.4: Sprachniveau Zum Niveau von Sprachen innerhalb der Multilingualität äußert sich OTTERUP wie

folgt: „Man muss die Sprachen nicht alle auf demselben Niveau können“ (B2, Z. 13f).

FLECK zitiert hierzu KRUMM: „Ein Triathlonist wird nie so schnell laufen, wie einer, der

nur läuft. Dafür macht er drei Sachen“ (aus Frage 2: B16, Z. 31f) und STEFAN vertritt

die Meinung, dass das Sprachniveau der Sprachen von geringer Bedeutung ist: „Die

Definition von Mehrsprachigkeit ist mehr als eine Sprache immer rezeptiv, produktiv

und egal auf welchem Niveau zu beherrschen“ (vgl. B12, Z. 9f).

K2: Quantitative Kriterien für Mehrsprachigkeit Durch vielfältige quantitative Kriterien, die Mehrsprachigkeit bestimmen, ist folgende

Kategorie das Ergebnis.

Während OTTERUP Bilingualismus als Minimum von Mehrsprachigkeit charakterisiert

(vgl. B2, Z. 6f; B12, Z. 9f), setzen SCHADER und HUMMER die Bezeichnung „zwei oder

drei Sprachen“ fest (vgl. B1, Z. 12f; B9, Z. 17ff). HERZOG-PUNZENBERGER dagegen

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geht „[…] von dem Ideal der Dreisprachigkeit aus […]“ (B6, Z. 9), so auch FLECK, die

hierzu auf KRUMM verweist (aus Frage 2: B16, Z. 31f).

Im Vergleich dazu nennen viele Befragte eine ungenaue Anzahl („mehrere Sprachen“),

die nicht weiter definiert wird (vgl. B4, Z. 6f; B5 Z. 7f; B11, Z. 7f; B16, Z. 7f; B17, Z.

5f). Adäquat dazu setzen AMBERG und HUMMER des Weiteren Mehrsprachigkeit mit

„Vielsprachigkeit“ (B17, Z. 5-8; B9, Z.16) gleich.

Wenn sich die Erstsprache von der Unterrichtssprache unterscheidet, wird dies von

HAIN als mehrsprachig bestimmt (vgl. B13, Z. 10-13).

Abschließend kombiniert WOJNESITZ bisherige quantitative Kriterien für

Mehrsprachigkeit und konkretisiert diese zu dem „[…] gesamte[n] sprachliche[n] Besitz

eines Menschen“ (B15, Z. 8), womit die Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprachen und

Dialekte gemeint sind.

K3: Differenzierung von Mehrsprachigkeit Neben dem in Kategorie 1 genannten Geltungsbereich, der sich auf das Individuum

bezieht, werden, aus einem größeren Blickwinkel betrachtet, weitere Differenzierungen

genannt, die nachfolgend verdeutlicht werden. Zunächst unterscheiden REHBEIN und

FLECK Multilingualismus zwischen Individuum und Gesellschaft, wobei REHBEIN

zusätzlich meint, dass idealerweise ein Zusammenspiel beider herrscht (vgl. B5, Z. 7ff;

B16, Z. 7-11). Präziser beschreibt LUCIAK die Diskrepanz zwischen einer Person und

einer Kulturgruppe (vgl. B7, Z. 8-11). HUMMER geht hier auf den Bildungsbereich ein

und führt den Unterschied zwischen der Mehrsprachigkeit einer Person und einer

Schulklasse aus (vgl. B9, Z. 16-19).

K4: Bedeutung von Mehrsprachigkeit für Gesellschaft und Individuum UK 4.1: Gesellschaft Definiert wird die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit von FLECK als das

Sprachenrepertoire „[…] in einem Staatsgebilde, einer Stadt oder einer Schule […]“

(vgl. B16, 9ff). Auch LEEB führt an, dass „Mehrsprachigkeit […] die Gleichwertigkeit

verschiedener Sprachen [bedeutet], die in der Gesellschaft gesprochen werden“ (B8, Z.

6f). VANECEK legt mit ihrer Aussage „Einsprachigkeit gibt es eigentlich gar nicht“

(B11, Z. 24f) fest, dass Multilingualismus die Norm darstellt.

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Generell betrachtet, vertritt ONYSKO die Einstellung, dass „[…] Mehrsprachigkeit sich

sehr […] an dem Erfüllen eines Standards orientiert und alles andere wird eher negativ

beurteilt“ (B4, Z. 10f). Mit der Absicht die kommunikative Mehrsprachigkeit zu

verbessern, schildert REHBEIN Mehrsprachigkeit als das Ziel der Bildung und

gesellschaftlichen Entwicklung (vgl. B5, Z. 11ff). Ebenfalls verdeutlicht HERZOG-

PUNZENBERGER, dass Mehrsprachigkeit in der Gesellschaft eine relevante Bedeutung

hat, die sich durch das Angebot des Fremdsprachenunterrichts zeigt (aus Frage 2: vgl.

B6, 21ff).

UK 4.2: Individuum

Als individuelle Mehrsprachigkeit bezeichnet REHBEIN „[…] das anthropologische

Potenzial des Menschen zu einer Mehrsprachigkeit zu kommen, als Ausfaltung seiner

Anlagen als Mensch“ (B5, Z. 9f). Des Weiteren wird Multilingualismus von OTTERUP

als funktionsfähig bzw. als etwas Funktionales beschrieben (vgl. B2, Z. 7f; 15). Analog

dazu bezeichnet ENGLISCH-STÖLNER Mehrsprachigkeit als „Haltung“ (B14, Z. 8),

„Mittel zum Zweck“ (B14, Z. 37f) bzw. „Vehikel“ (B14, Z. 41), dass der

Kommunikation und Informationsbeschaffung dient und weniger als Ressource (vgl.

B14, Z. 40f).

Ferner besagt HUMMER, dass Multilingualismus einen emotionalen Zugang, also eine

Beziehung zu diesen Sprachen ermöglicht (vgl. B9, Z. 26ff). Zudem trägt sie auch zur

Erweiterung der individuellen Welt bei (vgl. aus Frage 2: B3, Z. 9f).

K5: Situative Anwendung von Sprachen OTTERUP und HERZOG-PUNZENBERGER differenzieren zwischen Sprachen

situationsabhängig, worunter Sprachen im Alltag und unter Freunden (vgl. B2, Z. 8-12)

in der Familie, im internationalen Raum, im Nachbarland, im Unterricht und unter den

SchülerInnen Verwendung finden (vgl. B6, Z. 9-14, 15ff). Letzteres bringen auch

mehrere andere ExpertInnen vor, allerdings bei der Beantwortung der dritten Frage (vgl.

B5, Z. 42ff; B7, Z. 21f, B9, Z. 60f).

Abschließend ist noch AISTLEITNERs Aussage erwähnenswert, da hier die zuvor

genannten Differenzierungen, aber auch der Geltungsbereich konkret zusammengefasst

werden: „Mehrsprachigkeit bedeutet […], dass man alle Sprachressourcen, die man hat,

bei den richtigen Gelegenheiten nützt“ (B10, Z. 5f).

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ad. 2. Frage: „Ist Ihrer Meinung nach, Mehrsprachigkeit ein Privileg?“

K6: Mehrsprachigkeit ist ein Privileg Inbegriffen sind hier alle Argumente der interviewten Personen, die diese Aussage mit

„Ja“ beantwortet haben. Zum einen beinhalten diese Begründungen das Verleihen einer

Fähigkeit in diversen Situationen adäquat zu reagieren, mit mehr Menschen zu

kommunizieren und Literatur aus aller Welt zu lesen (vgl. B2, Z. 20f), womit es einem

eine andere Sichtweise auf die Welt eröffnet (vgl. B9, Z. 31ff) bzw. auf den Bereich der

Kinder bezogen, sich die Welt durch mehrsprachige Kommunikation für jedes Kind

öffnet (vgl. aus Frage 3: B9, Z. 50ff). Auch die, durch die Förderung von Sprachen

resultierende Befähigung eine Zweitsprache leichter zu erwerben, wird von AMBERG

hinzugefügt (vgl. B17, Z. 11-16).

SIKKAL erweitert diesen Aspekt, indem sie postuliert, dass Mehrsprachigkeit einen

Beitrag zur Erweiterung der individuellen Welt leistet (B3, Z. 9f), indem es nach

HUMMER zur Persönlichkeitsentwicklung kommt, worin Offenheit, Toleranz, Neugierde

und Verständnis gegenüber anderen Kulturen inbegriffen sind (vgl. B9, Z. 33-39), somit

auch zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls führt (vgl. aus Frage 3: B9, Z. 71) und

einen Einblick in andere Kulturen und das Verständnis ihnen gegenüber ermöglicht

(vgl. B9, Z. 37-40).

Zum anderen zeigt der Fremdsprachenunterricht, dass Multilingualismus

gesellschaftlich relevant ist (vgl. B6, Z. 21ff) und Mehrsprachigkeit nach AMBERG

grundlegend eine besondere Bedeutung hat (vgl. B17, Z. 10f).

Auch ergänzen drei interviewte Personen, dass jede Sprache bereichernd ist (vgl. B3, Z.

9f; B8, Z. 11ff; B11, Z. 21ff). LUCIAK beschreibt hierzu spezieller, dass

Mehrsprachigkeit ein Privileg gegenüber einsprachigen Menschen darstelle (vgl. B7, Z.

48f). Bezogen auf das Bildungswesen verwendet SIKKAL synonym zu den Begriff

„Privileg“, Mehrsprachigkeit als eine Chance für LehrerInnen, speziell, wenn sie die

Sprachen der SchülerInnen verstehen (vgl. aus Frage 3: B3, Z. 15-18).

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K7: Mehrsprachigkeit ist kein Privileg Im Gegensatz zur vorherigen Kategorie und deren Argumenten Mehrsprachigkeit als

Privileg zu sehen, vertreten ExpertInnen mit dementsprechender Fundierung die dazu

gegenteilige folgende Meinung.

Einer der Gründe, warum Multilingualismus kein Privileg ist, liegt in der gegebenen

Wahrscheinlichkeit von Halbsprachigkeit (vgl. B3, Z. 10f), wobei speziell im Bereich

der MigrantInnen wenig Wertschätzung und Förderung gegenüber mitgebrachten

Sprachen dazu führt (vgl. B8, Z. 19ff; B16, Z. 16-20). Dadurch wird zusätzlich der

Wissenserwerb erschwert (vgl. B15, Z. 18f). REHBEIN postuliert, dass Mehrsprachigkeit

eine „menschliche Anlage“ ist, die aber auf unterschiedliche Entwicklungsbedingungen

trifft und allein deswegen kein Privileg ist (vgl. B5, Z. 15ff). Weiters beschreiben

ONYSKO und LUCIAK Mehrsprachigkeit als Norm (vgl. B4, Z. 19-27; B7, Z. 32-37).

Auch in Wien ist Mehrsprachigkeit nach ENGLISCH-STÖLNER laut Statistik ein Faktum

(vgl. aus Frage 3: B14, Z. 19-22). Am Rande muss erwähnt werden, dass somit

einsprachige Menschen nicht benachteiligt sind (vgl. B12, Z. 23f, 27; B16, Z. 34ff) und

Einsprachigkeit darüber hinaus ein „Exotikum“ ist (vgl. B14, Z. 24ff).

Eine weitere Begründung für diese Kategorie liefern FLECK und STEFAN, die beide

Multilingualität als ein „Zufallsprinzip der Geburt“ erklären (vgl. B16, Z. 36ff) wobei

STEFAN zusätzlich anführt, dass es deswegen nicht durch das Sozialgefüge entsteht (vgl.

B12, Z. 19f).

K8: Forderungen der Befragten betreffend Frage 2 Während AMBERG insistiert, dass Mehrsprachigkeit als Privileg betrachtet werden

sollte, um die Beachtung und Förderung aller Sprachen zu ermöglichen (vgl. B17, Z.

17f; 20f), vertritt HAIN die gegenteilige Einstellung, dass Multilingualität nicht als

„Luxus“ betrachtet werden soll, d.h. kein Privileg sein sollte (vgl. B13, Z. 27f). Weiters

fügt sie noch hinzu, dass Mehrsprachigkeit mit dem frühkindlichen Zweitspracherwerb

bereits im Vorschulbereich beginnen sollte, aufgrund der neuronalen Entwicklung und

dem lebenslangen Lernen (vgl. B13, Z. 24-27).

Umfassend fordert FLECK: „Man braucht einen Umdenkprozess in den Köpfen, sodass

man Mehrsprachigkeit als Geschenk sieht“ (B16, Z. 32f).

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K9: Mehrsprachigkeit als Privileg in Abhängigkeit von bestimmten Kriterien In dieser Kategorie finden sich jene Aussagen der ExpertInnen, die in ihrer Antwort

eine oder mehrere Bedingungen anführen, somit Mehrsprachigkeit nur in Abhängigkeit

von der Erfüllung dieser Kriterien als Privileg sehen oder nicht.

Neben allgemeinen Merkmalen wie der Erfüllung einer geforderten Sprachenkenntnis

(vgl. B7, Z. 37ff), sind sowohl finanzielle Ressourcen (vgl. B7, Z. 39-45) als auch die

Wertigkeit der Sprachen im historischen Zeitkontinuum (vgl. B13, Z. 16-20)

entscheidend.

Bezugnehmend auf den Bereich der Sprachen, kommt es darauf an, ob ein

vielsprachiger Erwerb ermöglicht wird (vgl. B1, Z. 25f), Strategien zum Erwerb von

Sprachen angeboten werden (vgl. B1, Z. 25f), um welche Sprachen es sich handelt (vgl.

B8, Z. 8f, B13, Z. 15f) und auf welchem Niveau der Spracherwerb liegt, womit die gute

Entwicklung der Bildungs- und Erstsprache gemeint ist (vgl. B15, Z. 23ff).

Gleichermaßen bestimmt auch das Kriterium „Lebensumgebung“, ob Mehrsprachigkeit

als Privileg gesehen wird, wie folgende Aussagen verdeutlichen: Maßgeblich ist die

Wahrnehmung der Menschen und der Umgang mit Mehrsprachigkeit (vgl. B4, Z. 27-

30; B7, Z. 50-53; B14, Z. 27ff) und die Bewertung von gesprochenen bzw. erworbenen

Sprachen und welcher Stellenwert ihnen zukommt (vgl. B4, Z. 16ff; B8, Z 8f), wobei

ONYSKO jenes im Zusammenhang auf Europa bezieht und somit westeuropäische

Sprachen meint (vgl. B4, Z. 30-34). Ebenso ist nach LEEB der Bildungshintergrund

bestimmend in Relation zu Sprachförderungen der Fremdsprachen oder der geringen

Wertschätzung von verfügbaren Sprachen (vgl. B8, Z. 15; 21f), wie demzufolge

Mehrsprachigkeit im Migrationsbereich als Hindernis gesehen werden kann (vgl. B8, Z.

22f). Außerdem führt er auch die Gegebenheit einer Förderstruktur als wesentliches

Kriterium an (vgl. B8, Z. 21f). Daneben nennen mehrere Befragte als

ausschlaggebendes Kriterium das Aufwachsen in einem mehrsprachigen oder

einsprachigen Kontext (vgl. B4, Z. 19; B5, Z. 21ff; B6, Z. 20; B7, Z. 31f; B8, Z. 10f;

B11, Z. 21ff) und ob diese Chance genützt wird (vgl. B12, Z. 18f).

Zusammenfassend verweist FLECK auf KRUMM, der Attribute wie den sozialen Kontext,

finanzielle Ressourcen, die Wertigkeit der Sprachen und das Niveau des Spracherwerbs

anführt (vgl. B16, Z. 13-23).

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K10: Synonyme für Privileg In diese Kategorie fallen jene Aussagen von einigen Befragten, die nach anderen

Formulierungen gesucht und auch gefunden haben. SCHADER expliziert zunächst den

Begriff „Privileg“ als unpassend (vgl. B1, Z. 18f), deren Ansicht auch vier weitere

ExpertInnen sind, die verschiedenste Synonyme apostrophieren zu denen sowohl

„Bereicherung“ (vgl. B2, Z. 20f), „Gewinn“ (vgl. B13, Z. 21) und „Schatz“ (vgl. B8, Z.

11; B11, Z. 22) als auch „Menschenrecht“ (vgl. B11, Z. 15) gehören.

ad. 3. Frage: „Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule?“

K11: Umgang mit Mehrsprachigkeit aus der Sicht der LehrerInnen und SchülerInnen UK 11.1: LehrerInnen Die Aussagen der interviewten Personen, welche in diese Unterkategorie fallen,

weichen stark voneinander ab. So erläutert SCHADER, dass Mehrsprachigkeit „[…] als

störend wahrgenommen […]“ (B1, Z. 30) wird, besonders wenn es sich um

Erstsprachen aus dem Migrationsbereich handelt, denen ein geringer Stellenwert

beigemessen wird, wodurch diese wenig beachtet und wertgeschätzt werden (vgl. B1, Z.

34ff; B2, Z. 26f). Weiters thematisieren LehrerInnen nach WOJNESITZ Mehrsprachigkeit

selten aufgrund ihrer Angst vor Kritik oder Beschimpfung, die aber selten vorkommt

(vgl. B15, Z. 35-39). Ebenso gibt es LehrerInnen, die sich in Bezug auf Sprachen der

SchülerInnen zurückhalten, da sich diese Sprachenvielfalt von ihrer eigenen Sprache

unterscheidet (vgl. B15, Z. 41-44). Trotzdem kommt es vor, dass Mehrsprachigkeit bei

Gruppenarbeiten zugelassen wird, auch wenn die Lehrperson die Sprache der Kinder

nicht beherrscht (vgl. B16, Z. 58ff).

UK 11.2: SchülerInnen Im Gegensatz zum Lehrkörper wird Mehrsprachigkeit von den SchülerInnen eher

genützt. So vertritt REHBEIN die Position, dass SchülerInnen eine mehrsprachige

Kommunikationsfähigkeit haben (vgl. B5, Z. 42ff) sowie laut OTTERUP eine Sprache

zum Kommunizieren finden (vgl. B2, Z. 24f), auch wenn sich ihre Sprachen

voneinander unterscheiden. Demzufolge sprechen sie ohne Vorbehalt und Hemmungen

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in mehreren Sprachen, wenn sie diese können (vgl. B12, Z. 22f). Ähnlich erläutert

LUCIAK den Begriff „[…] latente Mehrsprachigkeit […], dass man sagt, […] bestimmte

Schüler[Innen] verfügen über ein größeres Sprachenrepertoire“ (B7, Z. 19ff). Gerade in

Alltagssituationen ist das Sprachenlernen unter Kindern präsent (vgl. B8, Z. 26f). Wenn

Mehrsprachigkeit im Unterricht thematisiert wird, wirken SchülerInnen regelrecht

verwundert (vgl. B15, Z. 32-35).

HUMMER berichtet von SchülerInnen, die je nachdem entweder die Unterrichtssprache

oder Erstsprache besser beherrschen oder eine eigene Sprache je nach Funktion

entwickeln, wenn es eine 90%ige Mehrsprachigkeit in der Klasse gibt (vgl. B9, Z. 44ff;

57f). Weiters schulen sie einander in anderen Sprachen wodurch sich ihre Leistung und

ihr Selbstvertrauen im Regelunterricht verbessert (vgl. B9, Z. 72-76). Außerdem ergibt

sich nach WOJNESITZ ein Vorteil für das Lernen, wenn SchülerInnen ihre Erstsprache

im Unterricht zur gegenseitigen Erklärung verwenden (vgl. B15, Z. 39ff).

K12: Vorkommen von Mehrsprachigkeit in Schulen

Im Allgemeinen geht LUCIAK davon aus, dass das Vorkommen von Multilingualität

abhängig von den Regionen und der Schulpopulation ist und besonders durch Zuzug

von MigrantInnen und Flüchtlingen beeinflusst wird (vgl. B7, Z. 23-27).

SCHADER ist der Ansicht, dass sich Mehrsprachigkeit selten in der Schule zeigt und

wenn doch, dann im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts, in dem Prestigesprachen

vermittelt werden (vgl. B1, Z. 30-34). Gegenteiliger Meinung ist SIKKAL, da für sie der

Fremdsprachenunterricht eine „Simulation“ ist (vgl. B3, Z. 13f).

Einige ExpertInnen teilen den Standpunkt, dass SchülerInnen besonders in den Pausen

andere Sprachen als die Unterrichtssprache verwenden (vgl. B5, Z. 45f; B7, Z. 21f; B8,

Z. 25f; B15, Z. 30). Der gleichen Meinung ist auch HERZOG-PUNZENBERGER, die sich

explizit auf Österreich bezieht, indem sie erklärt, dass jedes vierte Kind in der

Volksschule über eine andere Sprache neben der Unterrichtssprache verfügt (vgl. B6, Z.

29ff), insbesondere in Wien ist die Zweisprachigkeit der Kinder stark präsent (vgl. aus

Frage 1: B15, Z. 10f). So sind sich auch HERZOG-PUNZENBERGER, FLECK und AMBERG

einig, dass die Mehrheit der Schulklassen angesichts der SchülerInnenpopulation

mehrsprachig ist (vgl. B6, Z. 34f; B16, Z. 47f; B17, Z. 23). Bezugnehmend auf die

LehrerInnenschaft, sagt LUCIAK einerseits, dass diese eher einsprachig ist und

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andererseits gibt AMBERG zu bedenken, dass diese zunehmend mehrsprachig wird (vgl.

B7, Z. 27ff; B17, Z. 24).

Des Weiteren wird das Lernen in mehreren Sprachen in bestimmten Schulmodellen

ermöglicht, darunter auch im Fachunterricht (vgl. B5, Z. 38-42). Daneben zeigt sich

Mehrsprachigkeit nach STEFAN durch Aufschriften an Schulen und in mehrsprachigen

Materialien und Schulbüchern (vgl. B12, Z. 24; 26), wie beispielsweise in der von

FLECK genannten dreisprachigen Kinderzeitschrift „TRIO“ (vgl. B16, Z. 56f).

Ferner legt FLECK dar, dass in Österreich der Muttersprachenunterricht in zahlreichen

Sprachen durch die vielen Lehrkräfte ermöglicht wird, wobei nach LEEB

Mehrsprachigkeit trotz dessen in den Hintergrund gerät (vgl. B16, Z. 55f; B8, Z. 27-30).

Abschließend postuliert HERZOG-PUNZENBERGER die Vision, dass es im

Pflichtschulbereich die Möglichkeit einer Weiterentwicklung und Entwicklung der

Familiensprache und dem Lernen von zwei Fremdsprachen geben soll (vgl. B6, Z. 23-

26).

K13: Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schule Im Folgenden werden sowohl übereinstimmende als auch konträre Standpunkte in

Bezug auf den Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schule eingehend erläutert. Laut

SCHADER, LEEB und FLECK wirken sich die Unterbrechung oder Verhinderung der

Kommunikation in der Nicht-Unterrichtssprache, die Diskriminierung der

Herkunftssprache durch die geringe Anerkennung und das Verbot der Erst- bzw.

Herkunftssprachen in den Pausen nachteilig auf Mehrsprachigkeit aus (vgl. B1, Z. 30ff;

B8, Z. 32ff; B16, Z. 52ff).

AISTLEITNER geht davon aus, dass Fremdsprachen im Unterricht als Vorteil empfunden

werden und das Sprachenrepertoire der Kinder als Nachteil bewertet wird (vgl. B10, Z.

11ff). Ob Einsprachigkeitsdogmen oder Mehrsprachigkeitspraxis herrschen, ist nach

FLECK von der Schulleitung abhängig (vgl. B16, Z. 61f).

Unterstützende Angebote werden durch Muttersprachenunterricht oder die Förderung

der Schulsprache ermöglicht, um laut HUMMER Halbsprachigkeit zu verhindern, wobei

die Sprachkompetenz nach FLECK nur an der Unterrichtssprache gemessen wird (vgl.

B9, Z. 43-49; aus Frage 2: B16, Z. 23-27). Gleichermaßen zeigt AMBERG auf, dass

vielseitige Förderangebote durch mehrsprachige LehrerInnen ermöglicht werden (B17,

Z. 26f).

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Von positiven Auswirkungen berichtet unter anderem LUCIAK, indem Mehrsprachigkeit

genützt oder als Schwerpunkt in Schulen festgelegt wird (vgl. B7, Z. 22f). Auch durch

die Darstellung von mehrsprachigen Willkommensplakaten oder Projekten entstehen

ein sprachenfreundliches Klima und ein Wohlfühlfaktor (vgl. B15, Z. 44-48; B16, Z.

60). Insbesondere durch den Gebrauch der Sprachenvielfalt der Kinder im Unterricht

besteht die Möglichkeit einer interessanteren Gestaltung durch Interaktion und damit

auch der Steigerung des Selbstwertgefühls jedes Kindes (vgl. B9, Z. 69-72). AMBERG

merkt dazu an, dass in Österreich Projekte zur Unterstützung und Darstellung von

Mehrsprachigkeit durch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und

Wirtschaft (BMWF) initiiert werden (vgl. B17, Z. 30ff).

Darüber hinaus werden auch spezifische Beispiele für den Umgang mit

Mehrsprachigkeit in der Schule genannt, so beschreibt ONYSKO beispielsweise das

ladinische Schulsystem. In diesem wird Ladinisch in der ersten und zweiten Klasse der

Volksschule als Unterrichtssprache und in höheren Klassen nur mehr als

Unterrichtsfach eingesetzt. Außerdem herrscht sowohl die gleichwertige Verwendung

zweier Unterrichtssprachen als auch der Unterricht in unterschiedlichen Sprachen,

darunter Deutsch, Italienisch und Ladinisch. Ebenfalls wird die Zweisprachigkeit der

Kinder berücksichtigt (vgl. B4, Z. 42-51).

Als weiteres Beispiel dafür referiert HUMMER von dem „voXmi“ Schulnetzwerk, bei

dem auf die mitgebrachten Sprachen der Kinder eingegangen und die Lernbereitschaft

und das Interesse der Kinder für andere Sprachen genützt wird. Des Weiteren ist ein

wichtiger Bestandteil des Projektes die Ermutigung der SchülerInnen in dem bewussten

Anwenden der ihrem Umfeld entsprechenden Sprache. Vor allem mehrsprachig

ausgebildete LehrerInnen zeigen Möglichkeiten der Nutzung von Multilingualität, wie

etwa die Recherche in anderen Sprachen (vgl. B9, Z. 49-55).

K14: Kritikpunkte der ExpertInnen Aus den Aussagen der ExpertInnen zum Thema Mehrsprachigkeit in der Schule

konnten folgende Kritikpunkte eruiert werden. In Bezug auf die Haltung der Schule

gegenüber der Multilingualität meint SCHADER, dass diese nicht als Potenzial gesehen

wird und AMBERG gleichfalls bemängelt in diesem Zusammenhang die fehlende

Wahrnehmung und Förderung vom schulischen Sprachenrepertoire (vgl. B1, Z. 34ff;

B17, Z. 24f).

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FLECK kritisiert die Orientierung der Beurteilung an der Unterrichtssprache, sowie auch

AISTLEITNER dazu anmerkt, dass eine Unterrichtssprache nicht ausreichend ist (vgl.

B16, Z. 48f; B10, Z. 16f).

In Relation zum Bildungssystem verurteilen LUCIAK und ENGLISCH-STÖLNER die bisher

nicht vorhandene Nutzung von Mehrsprachigkeit in der Schule (vgl. B7, Z. 14-16; B14,

Z. 32f). Hierzu fügt STEFAN die seltene aber mögliche Sichtbarkeit von

Mehrsprachigkeit im Lehrkörper an (vgl. B12, Z. 23ff).

REHBEIN sieht Schule eher als „institutionalisierte Verhinderung“ und Abgewöhnung als

Ausbildung von Mehrsprachigkeit, das durch wenige Mittel und die Tatsache, dass die

Nationalsprache im Vordergrund steht, begründet wird (vgl. B5, Z. 29-35).

Bezogen auf Österreich bemängelt FLECK, dass die „[…]

Leistungsbeurteilungsverordnung […] keinen expliziten Passus […] bezüglich

Mehrsprachigkeit oder Deutsch als Zweitsprache [hat]“ (vgl. B16, Z. 49ff). LEEB

erläutert, dass der Muttersprachenunterricht in Wien zwar forciert wird, aber „[…] bei

Weitem nicht mit ausreichenden Ressourcen versehen“ ist (vgl. B8, Z. 32ff).

K15: Forderungen der ExpertInnen an das Schulsystem Neben den oben genannten Kritikpunkten werden auch Forderungen an das

Schulsystem formuliert.

ONYSKO artikuliert den Wunsch der „[…] Öffnung gegenüber der Mehrsprachigkeit

[…]“ (B4, Z. 59), der nach REHBEIN mit der Überwindung der Schulsprache ermöglicht

wird, um eine kindgerechte Sprache zu gewährleisten, wobei Schulsprache der

Zwischenraum zwischen Unterrichtssprache und Sprache der SchülerInnen ist (vgl. B5,

Z. 46-51).

Neben der Förderung der Unterrichtssprache (vgl. B1, Z. 36f), fordert HAIN auch die der

vorhandenen Sprachen ein, wie es im Fremdsprachenunterricht gehandhabt wird (vgl.

B13, Z. 30). Daneben sollte der Erwerb von anderen Sprachen nach Belieben

ermöglicht werden, auch wenn es sich nicht um die Muttersprache handelt (aus Frage 2:

B11, Z. 15-18). Hierzu insistiert OTTERUP ein Umdenken: „But it really should be that

all languages are as worth as much as the same, we should consider them the same […]

and there are no languages which are better than others so they are just as good as“ (aus

Frage 3: B2, Z. 28ff).

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57

In Relation zum Unterricht fordert SCHADER auf die Thematisierung der Sprachen der

Kinder als Ressource (vgl. B1, Z. 38ff). Diese Ansicht teilt auch VANECEK, die darauf

beharrt, dass die Wertschätzung aller Sprachen einer Klasse durch die Nutzung aller

Mittel im Schulbereich gewährleistet wird (vgl. B11, Z. 30-33).

Ferner betont ONYSKO die Forcierung der gleichwertigen Verwendung der Regional-

und Minderheitensprachen (vgl. B4, Z. 53-56), wie HAIN ebenso auf das Angebot von

Minderheitensprachen als Fremdsprachenunterricht besteht (vgl. B13, Z. 34f).

Konkrete Forderungen stellt ONYSKO an das Schulsystem indem er die Vorstellung von

Unterrichtseinheiten, in denen ein „Kultursprachaustausch“ durch das gegenseitige

Erzählen über die jeweiligen Sprachgebiete der Schüler- und LehrerInnen stattfindet

(vgl. B4, Z. 63-68) und einen Mehrsprachigkeitsunterricht, in Form von

Sprachvergleichen von linguistischen Inhalten der Wesens- und Wertebildung hat (vgl.

B4, Z. 56-63).

Im Allgemeinen soll es nach REHBEIN die Möglichkeit geben, dass Kinder noch vor

Schuleintritt voneinander Sprachen lernen können, expliziter nennt HAIN hierbei den

Kindergarten (vgl. B13, Z. 31), da der frühkindliche Spracherwerb durch

Kommunikation gekennzeichnet ist, den SCHADER auch als „Wunder des

Spracherwerbs“ bezeichnet „[…], dass sie eben nicht aus dem Buch die Grammatik, die

Sprachen lernen […]“ (vgl. B5, Z. 23-29). Dies kann aber nur gewährleistet werden,

wenn es das Schulsystem ermöglicht (vgl. B5, Z. 33f).

In Bezug auf die PädagogInnenbildung sollte nach AISTLEITNER eine verpflichtende

Ausbildung für LehrerInnen initiiert werden, die sie befähigt die Unterrichtssprache als

Zweitsprache zu lehren, da es SchülerInnen gibt, die die Unterrichtssprache mangelhaft

beherrschen (vgl. B10, Z. 17-20).

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4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation Im abschließenden Kapitel wird die zugrundeliegende Forschungsfrage dieser Arbeit

„Wie wird Mehrsprachigkeit im Rahmen des AMuSE-Projektes verstanden und wie

äußert sie sich der Meinung der ExpertInnen nach im Schulalltag?“ beantwortet, indem

sowohl zwischen den empirischen Ergebnissen und den theoretischen Ausführungen

Zusammenhänge hergestellt, als auch die zu Beginn der Forschungsarbeit aufgestellten

Hypothesen überprüft werden. Die Gliederung dieses Kapitels orientiert sich an der

Reihenfolge der Interviewfragen.

Der in dieser Arbeit untersuchte Terminus „Mehrsprachigkeit“ wird sowohl in der

Literatur als auch innerhalb der durchgeführten Interviews kontrovers diskutiert. Die

Äußerungen der ExpertInnen zur ersten Frage, was Mehrsprachigkeit für sie sei, zeigen,

dass sich zu dieser Begrifflichkeit vielseitige Standpunkte herauskristallisiert haben, die

sowohl den Geltungsbereich als auch die Differenzierung von Mehrsprachigkeit

beinhalten. Im Hinblick auf die Quantität, d.h. wie viele Sprachen ein Individuum

anwenden können muss, um als mehrsprachig bezeichnet zu werden, reichen die

Kriterien von Bilingualismus bis zu einem Minimum von drei Sprachen, wobei die

überwiegende Mehrheit der ExpertInnen keine genaue Anzahl angibt, sondern sich der

Formulierung „mehrere Sprachen“ bedient (vgl. K2). In der Literatur, die in dieser

Arbeit Eingang gefunden hat, konkretisiert ein Großteil der AutorInnen die

Mindestanzahl von drei Sprachen, um als multilingual zu gelten (vgl. Kapitel 2.1.2).

Ab wann ein Individuum in Bezug auf die sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten als

mehrsprachig gilt, ruft eine hohe Diskrepanz sowohl unter den Aussagen der

interviewten Personen als auch in der Literaturrecherche hervor. Die Interviews haben

ergeben, dass das rezeptive und produktive Beherrschen von Sprachen, die je nach

Situation bewusst angewendet werden, und das Wissen über diese Sprachen (Language

Awareness) die Fähigkeiten von Mehrsprachigkeit zusammenfassen, wobei dem

Sprachniveau eine geringe Bedeutung beigemessen wird und die Emotionalität von

Sprachen weniger thematisiert bzw. unterschiedlich gewertet wird (vgl. K1; K5).

Nach einer ausführlichen Erörterung über die Begrifflichkeit „Mehrsprachigkeit“ wird

deutlich, dass es eine Vielzahl von Definitionen gibt, die sich je nach gelegtem Fokus

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ähneln oder widersprechen, womit bewiesen ist, dass der Diskurs bisher rege geführt

wurde und weiterhin besteht.

Außerdem differenzieren einige ExpertInnen zwischen Multilingualismus eines

Individuums und einer bestimmten Gruppe (vgl. K3), wie beispielsweise auch GOGOLIN

(2009) zwischen gesellschaftlicher und individueller Multilingualität unterscheidet (vgl.

Kapitel 2.1.2). Eine hohe Bedeutung hat Mehrsprachigkeit für die Gesellschaft, weil sie

nach Meinung der ExpertInnen die Norm bzw. Einsprachigkeit ein "Exotikum" (vgl.

K7) ist (vgl. UK 4.1) wie auch in Kapitel 2.1.2, in dem Mehrsprachigkeit als Normalfall

und Einsprachigkeit als Ausnahme festgelegt wird und Kategorisierungen wie

einsprachig und mehrsprachig ungültig sind (vgl. Kapitel 2.1.1). Dies wird auf

europäischer Ebene von der VALEUR STUDIE (2007) bestätigt (Kapitel 2.1.1). Auch ist

Trilingualität, d.h. Dreisprachigkeit, der EUROPÄISCHEN KOMMISSION ein bedeutsames

Anliegen (vgl. Kapitel 2.2.1). Die Verbesserung der kommunikativen Mehrsprachigkeit

ist laut den Interviews auch das Ziel der Bildung, was sich durch den

Fremdsprachenunterricht zeigt (vgl. UK 4.1). Hierzu ist jedoch anzumerken, dass der

Fokus des Fremdsprachenunterrichts in Europa auf den sogenannten „Prestigesprachen“

liegt, wie sowohl in den Daten als auch in der Theorie aufgezeigt wird (vgl. K12;

Kapitel 2.2.1).

Die Multilingualität des Individuums wird von den befragten ExpertInnen dieser

Untersuchung als etwas Nützliches beschrieben (vgl. UK 4.2) und stellt die Erweiterung

der individuellen Welt durch kulturelle Einblicke und die Entwicklung der

Persönlichkeit dar (vgl. K6).

Zusammenfassend kann die Hypothese bezüglich der unterschiedlichen Sprachniveaus

zur Gänze bestätigt werden, wobei sich die Abgrenzung von Mehrsprachigkeit zur

Zweisprachigkeit in den Erhebungsdaten nicht eindeutig finden lässt. Aufgrund dessen

kann davon ausgegangen werden, dass Sprachen nicht eindeutig messbar und

Beherrschung dieser ebenfalls nicht klar definierbar ist, wie auch VYGOTSKIJ (2007) in

seinem Text zu der Feststellung kommt: „Die Zweisprachigkeit muß (sic!) in der

ganzen Breite und der ganzen Tiefe ihrer Einflüsse auf die ganze psychische

Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes, als ganze genommen, untersucht werden.

Nur ein solches Herangehen an das Problem der Zweisprachigkeit ist durch den

gegenwärtigen Stand der Theorie zu dieser Frage gerechtfertigt“ (ebd., S. 73).

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Die Antworten der befragten Personen auf die zweite Frage, ob Mehrsprachigkeit ein

Privileg sei, beziehen sich hauptsächlich auf ein Individuum und schließen Bereiche ein,

die sowohl Gründe für oder gegen die formulierte Fragestellung, als auch

Mehrsprachigkeit als Privileg in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren behandeln.

Die Aussagen der ExpertInnen, dass Mehrsprachigkeit ein Privileg sei, überwiegen, da

Multilingualität u.a. positive Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl hat und weltweite

Möglichkeiten in Bezug auf Literatur, Kommunikation und das adäquate Reagieren in

Situationen ermöglicht. Weiters erleichtert Mehrsprachigkeit den Erwerb weiterer

Sprachen, was ein Privileg gegenüber Einsprachigen darstellt (vgl. K6). Letzteres wird

auch von WOJNESITZ (2010) in Kapitel 2.1.4 und TRIARCHI-HERMANN in Kapitel 2.2

bestätigt. Wobei nach TRIARCHI-HERMANN der Vergleich zwischen Einsprachigkeit und

Mehrsprachigkeit grundsätzlich nicht legitim ist, da die Fertigkeiten von einsprachigen

Personen mit denen der multilingualen in den jeweiligen Sprachen nicht gleichgestellt

werden können (vgl. Kapitel 2.1), wie auch FLECK in ihrem Interview beschreibt (vgl.

UK 1.4).

Im Gegenteil zu den Vorzügen von Mehrsprachigkeit werden auch andere Meinungen

aus den Interviews vertreten, worin Multilingualismus nicht als Privileg gesehen wird,

da er einerseits die Anlage jedes Menschen, andererseits ein Zufallsprinzip der Geburt

ist. Im Speziellen wurde das Auftreten von (doppelter) Halbsprachigkeit in diesem

Zusammenhang erwähnt (vgl. K7). Dem entgegen wird von CATHOMAS & CARIGIET

(2008) kritisiert, dass obwohl bei mehrsprachigen Kindern und Erwachsenen nicht alle

erworbenen Sprachen auf demselben Niveau sind, nie auf Kosten anderer Sprachen

gelernt wird, sondern stets mit Hilfe dieser (vgl. Kapitel 2.1.4). So stellt

Semilingualismus (Halbsprachigkeit) nach aktuellen Ergebnissen einen Mythos dar und

schlechtere Ergebnisse bei mehrsprachigen Kindern in der Standardsprache sind

lediglich ein Beweis dafür, dass die Förderung der Kompetenzen in der jeweiligen

Standardsprache der Schule forciert werden muss (vgl. Kapitel 2.1.4.2).

Die meisten ExpertInnen setzen sich ebenso mit bestimmten Kriterien auseinander, von

denen es abhängt, ob Mehrsprachigkeit ein Privileg ist oder nicht. Darüber hinaus

werden hierzu Faktoren wie finanzielle Ressourcen und der Stellenwert von Sprachen

bzw. Umgang mit diesen in der Lebensumgebung sowie die Förderstruktur einer

Gesellschaft und der Bildungshintergrund einer Person genannt (vgl. K11). Dies wird

auch von KROSKRITY (2005) und CHRIST et al. (1980) bestätigt, wo Sprachideologien

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61

und sprachenteilige Handlungen in der Gesellschaft herrschen (vgl. Kapitel 2.2.1).

Außerdem werden von einigen Befragten auch Synonyme für den Begriff "Privileg"

verwendet, da ihnen dieser als unpassend erscheint (vgl. K10).

Anhand der Ergebnisse der Daten in Bezug auf die zweite Interviewfrage, wird die

Hypothese, dass Mehrsprachigkeit grundsätzlich als Privileg gesehen wird – wobei

dieser Begriff mit Vorteil gleichgesetzt wurde – widerlegt, da auch gegenteilige

Positionen eingenommen und eine Vielzahl von Kriterien diesbezüglich formuliert

wurden.

Die Analyse der Daten zur dritten Interviewfrage, wie sich Mehrsprachigkeit in der

Schule zeige, beinhaltet Bereiche wie das Vorkommen und den Umgang von bzw. mit

Mehrsprachigkeit in der Schule innerhalb dieser Institution, sowie die Sichtweisen der

LehrerInnen und SchülerInnen dazu. Die meisten Aussagen betreffend des Lehrkörpers

konzentrieren sich auf die Unsicherheit der LehrerInnen bzw. auf die geringe

Anerkennung in Bezug auf die Sprachenvielfalt der SchülerInnen, sodass diese

Sprachen oft als störend wahrgenommen werden (vgl. UK 11.1). Hierzu nennt SCHADER

(2012) dazugehörige Ursachen, darunter Mängel in der Ausbildung, sodass sich

LehrerInnen unvorbereitet fühlen, und das Außerachtlassen des Bildungssystems

bezugnehmend auf die präsente multilinguale Gesellschaft. Woraufhin er als

Unterstützung eine didaktische Landkarte für mehrsprachigen Unterricht anbietet (vgl.

Kapitel 2.3; Abb.2). Es werden auch LehrerInnen in den Interviews beschrieben, die

Multilingualismus im Unterricht innerhalb von Gruppenarbeiten zulassen (vgl. UK

11.1).

Vergleichbare Aussagen finden sich bezüglich des Umgangs der SchülerInnen mit

Mehrsprachigkeit, da Kinder grundsätzlich mehrsprachig kommunizieren und diese

auch innerhalb des Unterrichts für andere bzw. mit anderen Kindern ohne Bedenken

nützen (vgl. UK 11.2). Folglich wären sie auch bereit ihr ExpertInnenwissen mit den

Kindern und LehrerInnen der Klasse zu teilen (vgl. Kapitel 2.3).

In Relation zu dem Vorkommen von Mehrsprachigkeit und dem Umgang mit dieser in

Schulen, gehen die Meinungen der ExpertInnen auseinander, da diese von den Regionen

und der Schulpopulation bzw. der Schulleitung abhängig ist. So wird einerseits gesagt,

dass sich Mehrsprachigkeit der Kinder im Unterricht selten zeigt und daher im

Hintergrund steht, andererseits kommt sie vor allem in den Pausen vor, wenn

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SchülerInnen andere Sprachen als die Unterrichtssprache verwenden, sofern dies nicht

unterbrochen oder verboten wird. Hierzu wird die Schülerschaft als eindeutig

mehrsprachig und die Lehrerschaft als zunehmend mehrsprachig charakterisiert. Wenn

Mehrsprachigkeit wahrgenommen und wertgeschätzt wird, zeigt sie sich in

Schulmodellen, wo sie als Schwerpunkt festgelegt oder durch Projekte genützt wird und

dadurch ein sprachenfreundliches Klima entsteht. Auch wird Multilingualismus durch

Aufschriften in Schulen und in Materialien sichtbar. Konkrete Beispiele für das

Nutzbarmachen von Mehrsprachigkeit werden anhand des ladinischen Schulsystems

und des „voXmi“-Schulnetzwerks erläutert (vgl. K12; K13). Diese Ausführungen

beantworten die von LUCHTENBERG (1994) formulierten Voraussetzungen für die

mehrperspektivische Anlage des Unterrichts (vgl. Kapitel 2.3).

In den meisten Interviews werden sowohl Kritikpunkte an dem Schulsystem formuliert,

als auch Forderungen daran gestellt, wobei in beiden Bereichen Bezug auf die Haltung,

den Unterricht und das Bildungssystem genommen wird (vgl. K14, K15).

Die grundlegende Haltung der Schule soll sich gegenüber Mehrsprachigkeit öffnen,

indem sie als Potenzial gesehen wird, sodass sie durch die Nutzung aller Mittel im

Schulbereich wahrgenommen und gefördert werden kann (vgl. K14). Dies wird auch

von SCHADER (2012) in Kapitel 2.3 bekräftigt, wobei dies keinesfalls ins "Othering"

kippen darf, d.h. den Kindern das Gefühl des Andersseins zu geben.

Da die Sprachkompetenz und folglich die Beurteilung weiterhin an einer

Unterrichtssprache orientiert ist, wird insistiert, dass die Sprachen der Kinder als

Ressource im Unterricht thematisiert werden. Denn die Schule hat die Sprachenvielfalt

der Kinder bisher nie genützt und eher verhindert bzw. abgewöhnt als ausgebildet (vgl.

K14, K15). Dies wird auch in Kapitel 2.3 von BUSCH (2013) kritisiert, weil das

Bildungssystem Kinder immer noch monolingualisiert statt multilingualisiert.

Davon ausgehend kann die Annahme des Konglomerats zwischen Verhinderung bzw.

keiner Beachtung, Wertschätzung und Nutzung von Mehrsprachigkeit innerhalb der

Schule bestätigt werden.

Aus diesen Gründen soll es die Option des Lernens mehrerer Sprachen bereits vor

Schuleintritt geben, da der frühkindliche Spracherwerb von Kommunikation und nicht

von Büchern gekennzeichnet ist (vgl. K15). Dies führt zurück auf die

Spracherwerbsforschung aus Kapitel 2.1.4, welche die Sprachlernfähigkeiten in den

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ersten vier Lebensjahren als am stärksten ausgeprägt bezeichnet. Auch

Sprachlernstrategien und Sprachbewusstsein sind beim Erlernen einer dritten Sprache

stärker ausgeprägt als bei Bilingualen (vgl. WOJNESITZ 2010, Kap. 2.4).

Ebenso sollen die Regional- und Minderheitensprachen laut ExpertInnen als

Fremdsprachenunterricht gleichwertig eingesetzt werden. Weiters wird auch ein

Mehrsprachigkeitsunterricht gefordert, der Sprachenvergleiche und einen

Kultursprachaustausch durch Kommunikation ermöglicht, sowie Inhalte der Wesens-

und Wertebildung miteinschließt (vgl. K15). Mögliche Unterrichtsansätze wurden

bereits in Kapitel 2.3 erwähnt.

Zuletzt soll es in Bezug auf die PädagogInnenbildung eine verpflichtende Ausbildung

für LehrerInnen geben, die sie befähigt, die Unterrichtssprache als Zweitsprache zu

lehren (vgl. K14; K15). Neben dieser Forderung werden auch vielerlei Empfehlungen

vom AMuSE-Team formuliert, die die Forderungen der ExpertInnen größtenteils

decken (vgl. Kapitel 2.4.5). Auch die Datenbank von AMuSE zum Thema „Förderung

der Mehrsprachigkeit im Unterricht und an Schulen“ gibt erstmals eine umfangreiche

und übersichtliche Zusammenstellung u.a. von Materialien, die es Lehrpersonen

ermöglicht, die vorhandenen Sprachen der Kinder wertzuschätzen, indem Gebrauch von

ihnen gemacht wird (vgl. 2.4.2).

Wie sowohl die Theorie als auch die Aussagen der ExpertInnen aufzeigen, ist es

sinnvoll, wünschenswert und essenziell Mehrsprachigkeit im Unterricht zu nützen.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Analyse der Daten (Kapitel 3.7), die in diesem

Kapitel mit Bezug auf Literaturrecherche zusammengefasst wurde, die Überprüfung der

Hypothesen ermöglichte und die zugrundeliegende Forschungsfrage wie oben

dargestellt vollständig beantwortet wurde.

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5 Ausblick Schließlich sollen in diesem Kapitel die Ergebnisse der vorliegenden Erhebung

nochmals – aber konkreter – zusammengeführt werden und die Relevanz dieser

Untersuchungsergebnisse für das Volksschullehramt sowie ein weiterer

Forschungsbedarf skizziert werden.

Die Zusammenführung der Resultate hat ergeben, dass ein konkreter Geltungsbereich

und eine Definition von Mehrsprachigkeit von verschiedenen Faktoren abhängt und

aufgrund widersprüchlicher aber auch ähnlicher Aussagen der ExpertInnen nicht klar

definierbar ist, sondern überwiegend mittels Umschreibungen ermöglicht wird.

Auch kann Mehrsprachigkeit nicht notwendigerweise als Privileg gesehen werden, da

dies wiederum von sowohl finanziellen als auch örtlichen und gesellschaftlichen

Kriterien abhängt. Zuletzt wurden neben Kritik am Schulsystem auch

Verbesserungsvorschläge formuliert, die sich, wie bereits erwähnt, mit den

Empfehlungen von AMuSE decken. Abschließend kann festgestellt werden, dass

SchülerInnen die Voraussetzungen und den Willen für mehrsprachigen Unterricht

mitbringen und Schulen beginnen, von Mehrsprachigkeit Gebrauch zu machen. Jedoch

besteht in der PädagogInnenbildung ein hoher Verbesserungsbedarf in Hinblick auf

Mehrsprachigkeit im Unterricht. Auch die Haltung des gesamten Bildungssystems muss

sich zusätzlich ändern, um Mehrsprachigkeit nützen zu können.

Wie bereits im vorherigen Kapitel dargestellt und von den ExpertInnen einstimmig

gefordert wurde, konnte in dieser Arbeit aufgezeigt werden, dass die Integration von

Mehrsprachigkeit im Unterricht von zentraler Bedeutung ist und deshalb nach Meinung

der Befragten und Empfehlungen von AMuSE in der Ausbildung der LehrerInnen

Eingang finden sollte.

Ausgehend von den hier dargestellten Ergebnissen kann in einem größeren Rahmen ein

Vergleich auf europäischer Ebene unter Einbezug der am Projekt teilnehmenden Länder

hergestellt werden. Die gewonnenen Einsichten ließen sich durch weitere

Untersuchungen ergänzen, wie beispielsweise einem Vergleich zwischen den aus dieser

Arbeit gewonnenen Resultaten und einer weiteren Studie mit Lehrpersonen im

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Volkschulbereich, unter Berücksichtigung demographischer Verteilung von

„einsprachigen“ bzw. mehrsprachigen SchülerInnen.

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66

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6.2 Elektronische Quellen

AMuSE (o. J.a): Publikationen. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/de/publications/default.html (1.7.2015).

AMuSE (o. J.b): Partner. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/de/partners/default.html (1.7.2015).

AMuSE (o. J.c): Konferenzen. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/de/conferences/default.html (1.7.2015).

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71

AMuSE (o. J.d): 1.Internationales AMuSE-ExpertInnentreffen – Die Ressource Mehrsprachigkeit

in der PädagogInnenbildung NEU. Programm. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/Documents/Publications/conferences/AMuSE_PROG_ExperttrWIEN[14_

09_13].pdf (1.7.2015).

AMUSE-TEAM (2013): E-Portfolio. 1. Internationales AMuSE-ExpertInnentreffen – Die

Ressource Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung NEU. Wien. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/Documents/Publications/scientific/eportfolio_vienna_final.pdf

(20.7.2015).

ANGEHRN, Catherine; SCHRANER, Johanna (2007): Zusammenfassung: Mehrsprachigkeit und

Sprachentwicklung nach Kracht, Annette (2001). In: SAL-Bulletin Nr. 125, S. 25-29. Abrufbar

unter:

http://www.logopaedieschweiz.ch/media/bulletin_archiv/125_Mehrsprachigkeit%20und%20Spra

chentwicklung_Angehrn.pdf (27.6.2015).

ATOSOY, Kübra (2012): Mythos Halbsprachigkeit. In: Unique Wissenschaft, Ausgabe 6.

Abrufbar unter: http://www.univie.ac.at/unique/uniquecms/?p=2160 (26.6.2015).

BRIZIC, Katharina (2006): Das geheime Leben der Sprachen. Eine unentdeckte migrantische

Bildungsressource. In: Kurswechsel, Heft 6. Sonderzahl Verlag: Wien. Abrufbar unter:

http://www.beigewum.at/wordpress/wp-content/uploads/032_katharina_brizic.pdf (21.7.2015).

ENGEL, Dana; et al. (o.J.): Empfehlungen zur Förderung der Mehrsprachigkeit an Schulen –

Langversion. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/en/publications/Documents/AMuSE-recommendations-full-DE.pdf

(1.7.2015).

EUROPÄISCHE KOMMISSION (1995): Lehren und Lernen – Auf dem Weg zur kognitiven

Gesellschaft. Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung. Abrufbar unter:

http://europa.eu/documents/comm/white_papers/pdf/com95_590_de.pdf (26.6.2015).

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EUROPÄISCHE KOMMISSION (2013a): Die Europäische Kommission bei der Arbeit. Abrufbar

unter: http://ec.europa.eu/atwork/index_de.htm (3.1.2014).

FURCH, ELISABETH; BAUER, THOMAS (2012): Information zum Projekt der Europäischen

Kommission Nr. 519055-LLP-1-2011-1-IT-KA2- KA2NW: AMuSE ─ Approaches to

Multilingual Schools in Europe. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/Documents/Publications/General/Amuse%20Projektbeschreibung%20092

012.pdf (1.7.2015).

HERZOG-PUNZENBERGER, Barbara (2013): Mehrsprachigkeit im österreichischen Schulwesen –

Steuerung eines hochkomplexen Systems zwischen wissenschaftlichen Analysen und

öffentlichem Diskurs. In: AMUSE-TEAM (2013): E-Portfolio. 1. Internationales AMuSE-

ExpertInnentreffen – Die Ressource Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung NEU. Wien.

Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/Documents/Publications/scientific/eportfolio_vienna_final.pdf

(20.7.2015).

LLW DaZ/ Lehr- und Lernwerkstatt Deutsch als Zweitsprache (o.J.): Halbsprachigkeit/

Semilingualismus. Abrufbar unter: http://daz-lernwerkstatt.de/glossar/halbsprachigkeit-

semilingualismus/?forwardOutdatedBrowser=1 (27.6.2015).

MCPAKE, Joanna et al. (2007): Valuing All Languages in Europe. Straßburg / Graz: Council of

Europe / European Centre for Modern Languages. Abrufbar unter:

http://archive.ecml.at/mtp2/publications/Valeur-report-E.pdf (21.7.2015).

ONYSKO, Alexander (2013): Sprachenvielfalt an Schulen in ausgewählten europäischen

Regionen. In: AMUSE-TEAM (2013): E-Portfolio. 1. Internationales AMuSE-ExpertInnentreffen

– Die Ressource Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung NEU. Wien. Abrufbar unter:

http://amuse.eurac.edu/Documents/Publications/scientific/eportfolio_vienna_final.pdf

(20.7.2015).

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REICH, Hans (2010): Frühe Mehrsprachigkeit aus linguistischer Perspektive. Deutsches

Jugendinstitut: München. Abrufbar unter: http://www.plattform-

migration.at/fileadmin/data/Publikationen/Reich_2010_Fruehe_Mehrsprachigkeit_aus_linguistisc

her_Perspektive.pdf (27.6.2015).

RITTERFELD, Ute et al. (2013): Studien zur Mehrsprachigkeit: Beiträge der Dortmunder

Arbeitsgruppe. In: Logos 3, S. 168- 179. Abrufbar unter: http://updatehomepage.logos-

fachzeitschrift.de/inhalte/inhalte-der-

ausgaben.html?file=files/LOGOS/inhalte/Inhalte%20der%20Ausgaben/ritterfeldetal168-179.pdf

(26.6.2015).

WIESE, Heike; et al. (2011): Die sogenannte „Doppelte Halbsprachigkeit“: eine

sprachwissenschaftliche Stellungnahme. Potsdam: Universität Potsdam. Abrufbar unter:

http://www.uni-

potsdam.de/fileadmin/projects/svm/pdf/DoppelteHalbsprachigkeit_Stellungnahme.pdf

(27.6.2015).

7 Anhang A Programm des 1. Internationalen AMuSE-ExpertInnentreffens (S. 74-77)

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8 Anhang B

8.1 Transkripte

B1: Basil Schader

Datum: 24.9.2013

Dauer: 3 min. 55 sec.

I: Mein Name ist Vivien Tynecki. Ich studiere im fünften Semester Volksschullehramt an der 1 Pädagogischen Hochschule Wien und möchte im Rahmen meiner Bachelorarbeit ein paar 2 Interviews zum Thema Mehrsprachigkeit durchführen. Bitte stellen Sie sich kurz vor. 3

B1: Ich bin Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Zürich, seit Jahren in der Lehrerinnen- 4 und Lehrerbildung tätig, bin im Bereich der Deutschdidaktik und Deutsch als Zweitsprache 5 zuständig, habe mich spezialisiert in interkultureller Pädagogik und in der mehrperspektivischen 6 Öffnung des Sprachunterrichts, habe in dem Bereich auch einiges publiziert, Sprachenvielfalt als 7 Chance usw. Bin jetzt auch vor allem im albanischen Sprachraum tätig. 8

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 9

B1: (lacht) Eine ziemlich fundamentale Frage. Es gibt die verschiedensten Definitionen. (---) 10 Angefangen von dem, dass wenn ich irgendwie zehn Wörter – ich weiß nicht – in Kurdisch kann, 11 dass ich dann mehrsprachig bin (---) bis zum vollkompetenten Beherrschen einer Sprache. Ich 12 würde sagen, wer sich in zwei oder mehr Sprachen einigermaßen bewegen kann, der ist für mich 13 mehrsprachig. Aber das muss nicht perfekt sein, man muss doch irgendwie ein bisschen 14 kommunizieren können, das heißt ein paar Wörter (---) würde jetzt für mein ganz subjektives 15 Verständnis nicht reichen. 16

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 17

B1: (---) Ja, ein PRIVILEG (---) Nein, also der Begriff scheint mir jetzt irgendwie (---) passt mir 18 nicht ganz. Ich denke mir, Mehrsprachigkeit ist für mich ein großer Vorteil, ist aber eigentlich 19 auch die Regel. Also das weiß man, dass global gesehen Mehrsprachigkeit ja nicht die Regel und 20 nicht die Ausnahme ist. Ich denke, dass es etwas ist, das man unbedingt fördern sollte, weil je 21 mehr Sprachen man kann, desto breiter sind die Möglichkeiten zu kommunizieren. (---) Das 22 stimmt insofern nicht mehr ganz als oft die Leute nur noch auf Englisch kommunizieren, auch 23 wenn sie sich in anderen Sprachen verständigen könnten. Aber unbedingt würde ich sagen - auch 24 aus meiner persönlichen Erfahrung - das ist ein GROSSER VORTEIL. Es ist ein Privileg, wenn 25 jemand die Gelegenheit hat, möglichst viele Sprachen zu lernen oder wenn jemand die 26

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Gelegenheit hat, (---) sich Strategien anzueignen, die ihm erlauben nachher auch selbstständig 27 Sprachen zu lernen. Das kann man sagen, ist vielleicht ein Privileg, ja. 28

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 29

B1: Leider oft gar nicht. (---) Oder so, dass sie störend wahrgenommen wird. Also wenn zwei 30 Kinder miteinander auf Italienisch oder Kroatisch kommunizieren, gibt es Lehrerkräfte, die sofort 31 reinfahren und sagen „Das geht nicht!“ und so. (---) Sie zeigt sich natürlich im Rahmen der 32 schulisch vermittelten Prestigesprachen: Englisch und bei uns auch Französisch als zweite 33 Fremdsprache. Dort schon, aber sie zeigt sich viel zu wenig mit Bezug auf das riesen Potenzial, 34 was vorhanden wäre an Erstsprachen der Kinder mit Migrationshintergrund. Das wird WENIG 35 wertgeschätzt, aufgegriffen und thematisiert. Da könnte man vielmehr machen. Also nicht nur im 36 Bereich der Deutschförderung, wo diese Kinder vielleicht Probleme haben. Aber das müssen sie 37 gar nicht unbedingt haben, sondern im Bereich auch, natürlich in dem Sinn, dass man mit diesen 38 Sprachen etwas macht und dass man das als Ressource und Potenzial als etwas sehr spannendes 39 wahrnimmt und thematisiert. 40

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B2: Tore Otterup

Datum: 24.9.2013

Dauer: 4 min. 09 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 (auf Englisch) 1

B2: My name is Tore Otterup and I am a senior lecturer and assistant professor at the university 2 of Gothenburg, Department of Swedish. I am dealing with swedish as a second language and 3 multilingual questions and things like that. 4

I: Allright. To put it straight: What is multilingualism for you? 5

B2: What it means? (---) To be multilingual means that you as a person can use (---) different 6 languages, you can use at least two. But you can also use maybe three or more. I always think of 7 multilingualism as something FUNCTIONAL that you can use when you do long things you can 8 use one language because you are used to using the language in that situation when you do this. 9 But if you do another thing maybe where you used to do that in another language for example – 10 at home you speak one language with your parents but if you go outside and meet your friends 11 you can speak another language. You can switch very easily between them. There might be even 12 more languages that you can use in different situations. But it is not that you have to know all the 13 languages at the same level but you can use them. They are good for what you do with them. So 14 it is a sort of functional definiton, i think, of multilingualism. 15

I: Is multilingualism in your opinion a privilege? 16

17

B2: Yes, because I don’t consider myself as being multilinugal so I always envy people who can 18 speak and use many languages. So it’s definitely an advantage to know many languages because 19 of course you can handle many more situations, speak with many more people, read literature 20 from different parts of the world in different languages and I’m sure you are a richer person if 21 you know many or several languages. So it’s an advantage. Yes, absolutely. 22

I: How does multilingualism show up in schools? 23

B2: It shows in the way that of course that (---) depends on what you mean with your question 24 but you know this of course that pupil, so the children speak different languages but usually they 25 find one language to communicate with. (---) Unfortunately not all languages are (---) appreciated 26 in schools. So if you speak a language which is not so a high status language the teacher probably 27 wouldn’t – what do you say – (---) approve of the use of that language. But it really should be 28 that ALL languages are as worth as much as the same, we should consider them the same really 29 and there are no languages which are better than others so they are just as good as. But I don’t 30 know if I answer your question really (laughs 31

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B3: Esta Sikkal

Datum: 24.9.2013

Dauer: 2 min. 30 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B3: Ich heiße Esta. Ich komme aus Estland, Universität Tartu, und ich betreue eben manche 2 Studienarbeiten zum Thema Mehrsprachigkeit. 3

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 4

B3: Mehrsprachigkeit ist in erster Linie keine additive Mehrsprachigkeit. Sondern 5 Mehrsprachigkeit ist, wenn die Leute BEWUSST viele Sprachen in unterschiedlichen Situationen 6 verwenden, gebrauchen und lieben. (lacht) 7

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 8

B3: Ja und Nein. (---) Grob genommen ist es ein Privileg, denn jede Sprache ist ein Reichtum 9 und verbreitet die Welt jedes Einzelnen, aber andererseits wenn jemand halbsprachig wird 10 dadurch, ist es auch nicht gut. Also je nachdem. 11

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 12

B3: (---) Das zeigt sich nicht im Fremdsprachenunterricht. Das ist klar, denn 13 Fremdsprachenunterricht ist künstlich – das ist eine Simulation sowieso. Aber wenn ich zum 14 Beispiel eine Sprache, eine zweite Sprache oder die Muttersprache eines Schülers verstehe oder 15 bewusst verwende zum Beispiel einige Redewendungen – ich bin Estin, aber wenn ich einige 16 Redewendungen auf Russisch sage zu meinen StudentInnen, dann ist schon (---) Ich glaube, das 17 ist eine Chance. 18

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B4: Alexander Onsyko

Datum: 24.9.2013

Dauer: 7 min. 32 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B4: Ich bin Alexander Onysko und bin in Bozen momentan beauftragt das AMuSE Projekt 2 durchzuführen, das sich eben mit Ansätzen zur Mehrsprachigkeit an Schulen in Europa 3 beschäftigt. Und ja, legen wir los! (lacht) 4

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 5

B4: Mehrsprachigkeit ist für mich die Fähigkeit sich in mehreren Sprachen ausdrücken zu 6 können und auch zwischen den Sprachen wechseln zu können. Und (---) gleichzeitig auch (---) 7 also zusätzlich noch zu dem auch die Offenheit zu haben, wenn mehrsprachige Unterhaltungen 8 stattfinden, die Codeswitching oder Sprachwechsel oder so miteinschließen, dass das auch als 9 etwas Positives beurteilt wird, weil sehr oft eben die Mehrsprachigkeit sich sehr (---) an dem 10 Erfüllen eines Standards orientiert und alles andere wird eher negativ beurteilt. Aber meiner 11 Meinung nach gehört zur Mehrsprachigkeit auch die kommunikative Fähigkeit sich in mehreren 12 Sprachen auch unter zu Hilfenahme mehrerer Sprachen in einer Situation ausdrücken zu können. 13

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B4: (lacht) Wie man es nimmt. Also das kommt darauf an, wo man lebt und wie das Umfeld in 15 dem Lebensfeld, also wie die Mehrsprachigkeit und vor allem auch die Sprachen, die jemand 16 sprechen kann und wie die in dem Umfeld bewertet werden. Das ist praktisch das Um und Auf. 17 Ob das ein Privileg sein kann oder nicht, wenn man zum Beispiel afrikanischer Herkunft ist und 18 viele afrikanische Sprachen sprechen kann und auch in einem Umfeld aufwächst, wo man mit 19 fünf verschiedenen Sprachen aufwächst, wie in Kenia zum Beispiel auch oder in Nigeria, wo 20 Englisch dann sehr oft so eine Übersprache ist auch um die ethnischen Verschiedenheiten 21 praktisch oder als eine Verkehrssprache dann das Englisch auch dort gilt neben den ganzen 22 anderen verschiedenen afrikanischen Sprachen, die dort gesprochen werden. Dann ist es ein (---) 23 – also immer gebunden auf den Kontext. Also wenn diese Person dort lebt und sich damit so 24 ausdrücken kann, dann ist das sicherlich ein Privileg, aber es ist auch etwas Normales dort, weil 25 man praktisch aufwächst in einer mehrsprachigen Umgebung. Wenn diese Person in einem 26 anderen Kontext lebt, zum Beispiel in Europa, dann ist eben DIE Mehrsprachigkeit, die diese 27 Person eigentlich hat, sicherlich kaum ein Privileg, weil die Sprachen bei uns wenig Rücksicht 28 finden oder keine Wichtigkeit haben. Also das kann man irgendwie so sehen. Aus unserer Sicht 29 ist es oft ein Privileg, wenn man mehrsprachig ist – diese klassische Sicht der Mehrsprachigkeit, 30 dass man halt einfach zwei oder mehrere Sprachen möglichst gut beherrscht und dabei ist immer 31 eine Sprache, meistens das Englische, oder dann eben noch eine andere wichtige Sprache in 32 Europa: Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch (---). Wenn man diese Sprachen 33

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gut beherrscht, dann ist es sicherlich ein Privileg (---) was die Wirtschaftlichkeit ist, was den 34 europäischen Raum betrifft. Das ist halt leider so. Muss man eben differenziert sehen. 35

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 36

B4: (lacht) Gute Frage! Das müssen wir erst im Projekt herausfinden. (lacht) Ja eben, das ist eben 37 auch wieder ganz verschieden. Also ist die Frage, wie soll es sich zeigen oder wie zeigt es sich 38 aus dem eigenen Erfahrungsschatz? 39

I: Aus dem eigenen Erfahrungsschatz. 40

B4: Ok. Also mein Erfahrungsschatz ist vor allem im Bereich der Minderheiten – oder 41 Regionalsprachen und da bezieht sich das wiederum – also von den Beispielen, die mir so 42 bekannt sind, die ich auch erleben hab‘ können und sehen hab‘ können, finde ich das ladinische 43 Schulsystem ein mehrsprachiges System. Weil dort halt zwei Sprachen paritätisch, also 44 gleichwertig, als Unterrichtssprachen verwendet werden. Da werden die Fächer aufgeteilt in 45 teilweise Italienisch teilweise Deutsch, also Mathematik auf Deutsch, Geschichte auf Italienisch 46 und Religion in Ladinisch, Deutsch und Italienisch. Das heißt, dort spielt die Zweisprachigkeit 47 zum Teil auch die Deutschsprachigkeit eine Rolle vor allem in den höheren Klassen. Also in der 48 Volksschule in der ersten und zweiten Klasse wird Ladinisch noch als Unterrichtssprache 49 verwendet, dann nur noch als Unterrichtsfach. Ja, das ist ein Modell, wie Mehrsprachigkeit 50 ausschauen kann in Bezug auf eine Regional- und Minderheitensprache, obwohl meiner Meinung 51 nach der Optimalfall für Regional- und Minderheitensprachen – das ist ein eigener Fall – so sein 52 sollte, dass auch bei den Ladinern, dass es total dreigeteilt sein sollte. Also, dass Latinisch, 53 Deutsch und Italienisch auch als Unterrichtssprachen auch in gleichwertiger Verwendung finden 54 sollen. Das ist leider auch nicht so. Ansonsten glaube ich, ist es für andere Schulen, die immer 55 noch mit dem klassischen System der einen Unterrichtssprache und mehreren Fremdsprachen 56 unterrichten, dort könnte die Mehrsprachigkeit vielleicht als Unterrichtsfach kommen, das sich 57 auf linguistische Inhalte des Sprachvergleichs, der auch irgendwie der Wesensbildung oder der 58 Öffnung gegenüber der Mehrsprachigkeit als Realität, dass das praktisch in dem Fach bearbeitet 59 wird. Also von der soziologischen Seite, von der linguistischen Seite. Das könnte oder das sollte 60 eine Rolle spielen als Mehrsprachigkeitsunterricht als solches, also auf der Ebene der – wie soll 61 man sagen – der Wesensbildung, der Wertebildung auch. (---) Dass man dann auch im Unterricht 62 selbst alle Sprachen, die in dem Unterrichtskontext vertreten sind, in der Schülerschaft und auch 63 in der Lehrerschaft auch klar ist, dass da mehrere Sprachen sind und diese ja auch vertreten sind 64 im Klassenzimmer, dass es da auch irgendwie vielleicht Einheiten geben könnte, wo ein Schüler 65 aus einem Sprachgebiet heraus etwas erzählen könnte, sodass dieser Kultursprachaustausch dann 66 auch in diesen Klassenräumen (---) noch präsenter ist und noch stärker da ist. 67

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B5: Jochen Rehbein

Datum: 24.9.2013

Dauer: 5 min. 45 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B5: Ja, mein Name ist Jochen Rehbein. Ich war früher Professor für Deutsch als Fremdsprache an 2 der Universität Hamburg und bin seit sechs Jahren in der Türkei Professor für Mehrsprachigkeit. 3 Also lehre und lerne verschiedene Sprachen. Ich war zuerst in Ankara, dann in Antalya und jetzt 4 als türkischer Professor eingestellt bin ich dort tätig. 5

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 6

B5: Mehrsprachigkeit ist die (---) Verfügbarkeit eines Individuums und auch einer Gesellschaft 7 über mehrere Sprachen. Es gibt individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit und im 8 Idealfall greift beides zusammen. Mehrsprachigkeit ist aber auch das anthropologische Potenzial 9 des Menschen zu einer Mehrsprachigkeit zu kommen als Ausfaltung seiner Anlagen als Mensch. 10 Deswegen ist für mich Mehrsprachigkeit einerseits ein Potenzial, andererseits auch ein Ziel nicht 11 nur der Bildung, sondern auch der gesellschaftlichen Entwicklung insgesamt mit dem Ziel 12 untereinander besser in mehreren Sprachen zu kommunizieren. (lacht) 13

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B5: Nachdem, was ich eben schon gesagt habe, ist es kein Privileg. Sondern es ist eben eine 15 Anlage jedes Einzelnen, eine menschliche Anlage, die allerdings auf unterschiedliche 16 Entwicklungsbedingungen trifft. Wenn ein Kind geboren wird, und es kommt sozusagen im 17 kindlichen Spracherwerb zu einer Mehrsprachigkeit. 18

(Unterbrechung des Tonbands) 19

B5: Ich hatte gesagt, es trifft auf unterschiedliche Bedingungen, eigentlich 20 Entwicklungsbedingungen, je nachdem, ob das Kind in einem mehrsprachigen Kontext groß 21 wird. Dann hat es natürlich eine größere Chance mehrere Sprachen gleich frühkindlich zu 22 erwerben oder eben in einem sozusagen einsprachig ausgerichteten Elternhaus. Es ist aber 23 wichtig zu verstehen, dass Sprachen auch gerade frühkindlich in der Kommunikation beim 24 HÖREN und Aufnehmen erworben werden. Das ist eigentlich das WUNDER des Spracherwerbs 25 bei Kindern, dass sie eben NICHT aus dem Buch die Grammatik, die Sprachen lernen, sondern 26 durch einfaches HÖREN und das wäre eben auch die Möglichkeit alle Kinder dadurch, dass sie 27 voneinander die Sprachen lernen, mehrsprachig auszubilden bevor sie überhaupt in die Schule 28 kommen. Es ist ja so, leider muss man das sagen, dass unser heutiges Schulsystem 29 Mehrsprachigkeit eigentlich eher abgewöhnt, als ausbildet. Das wird immer begründet mit 30 knappen Mitteln oder auch mit sozusagen der Erziehung zur Nationalsprache, sei es Türkisch, sei 31 es Deutsch oder sei es Französisch. Das müssten die Kinder gut können, aber das ist sozusagen 32

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nur die halbe Wahrheit. Die eigentliche Wahrheit ist, dass sie mehrere Sprachen eigentlich 33 entwickeln könnten, wenn das Schulsystem die entsprechenden Möglichkeiten gibt. Also Schule 34 ist im Augenblick noch die institutionalisierte VERHINDERUNG von Mehrsprachigkeit. 35

I: Das beantwortet zum Teil meine letzte Frage, aber wenn Sie etwas ergänzen wollen: Wie zeigt 36 sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 37

B5: Mehrsprachigkeit, ja, das zeigt sich natürlich also in (---) sagen wir einmal so in 38 verschiedenen Schulmodellen. Wenn eine mehrsprachige Schule tatsächlich funktioniert und das 39 gibt es ja auch, dann werden verschiedene Sprachen als Unterrichtssprachen verwendet, sodass 40 sozusagen die Kinder mit mehreren sozusagen Unterrichtssprachen konfrontiert werden und in 41 diesen Sprachen eben ihre Fächer lernen. So könnte man sagen, zeigt sich das eine. Das andere 42 ist, dass sich von der Schülerseite her zeigt, dass die Schüler untereinander durchaus in mehreren 43 Sprachen miteinander kommunizieren, so wie sie das auch im Alltag außerhalb der Schule tun. 44 Wenn man nicht aufpasst – also in der Pause zum Beispiel (lacht) ist ja das institutionelle Nicht-45 Aufpassen – da sprechen sie eben eine andere Sprache als im Unterricht. Das Problem ist, dass 46 wir immer noch nicht gelernt haben, dass die Sprache des LEHRENS nicht sozusagen die 47 Sprache der Kinder ist sondern, dass es dazwischen einen großen Sprung gibt. Dieser Sprung – 48 man sagt dann auch SCHULSPRACHE – der ist auch eine Frage der pädagogischen 49 Theoretisierung, dass man das einmal überwindet und sozusagen auch eher kindgerecht spricht 50 und erklärt. 51

B6: Barbara Herzog-Punzenberger

Datum: 25.9.2013

Dauer: 3 min. 44 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B6: Also mein Name ist Barbara Herzog-Punzenberger. Ich habe Ethnologie studiert, also das ist 2 Kultur- und Sozialanthropologie. Dann hab ich Politikwissenschaften im postgraduierten 3 Lehrgang gemacht. Jetzt habe ich das Doktorat in der Soziologie abgeschlossen und bin daher 4 sehr in dem interdisziplinären Zugang zur Frage: Mehrsprachigkeit, Migration und 5 Interkulturalität im Bildungswesen insbesondere im Schulwesen UND was ich seit zehn, 15 6 Jahren jetzt mache vor allem im internationalen Vergleich. 7

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 8

B6: Ich gehe von dem Ideal jetzt der Dreisprachigkeit aus. Trilingualität, wie es der Europarat 9 auch jetzt proklamiert. Das heißt, ideal wäre, wenn jede Schülerin/jeder Schüler oder jedes Kind, 10 jeder Jugendliche eine Familiensprache hat – es können auch mehrere sein, aber sagen wir einmal 11

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es hat eine - dann eine Verkehrssprache – Englisch in unserem Fall meistens - über die verfügt 12 UND eine Nachbarschaftssprache und es kann dann von den Gruppen, die am häufigsten in der 13 Nachbarschaft anzutreffen sind oder von den Ländern, die angrenzen an Österreich sein. Oder 14 auch umgekehrt ein Kind, das zu Hause eine andere Sprache als die Unterrichtssprache spricht 15 eben ist ja vom Vornherein dann schon mehrsprachig und wird dann auch noch eine 16 internationale Verkehrssprache so wie Englisch dazulernen. Also das ist mein normatives Bild 17 zur Mehrsprachigkeit. 18

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 19

B6: Das ist GANZ sicher ein Vorteil, wenn man mit mehreren Sprachen aufwächst. Ich meine, 20 dass wir in der Schule den Kindern Fremdsprachen-Lernen zur Verfügung stellen, zeigt ja auch, 21 dass die Gesellschaft der Überzeugung ist, dass das GUT und wichtig ist, wenn man mehr als 22 eine Sprache sprechen kann. Es soll ja auch jetzt im Pflichtschulbereich so sein, dass man zwei 23 Fremdsprachen LERNEN KANN und nicht nur Englisch in der Neuen Mittelschule, sondern 24 auch, entweder wenn ein Kind schon mehrsprachig ist, die Familiensprache auf ein höheres 25 Niveau als Bildungssprache entwickeln kann oder eine andere Fremdsprache eben noch dazu. Es 26 ist auf jeden Fall ein Privileg. 27

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 28

B6: Naja, in der österreichischen Schule jetzt rein von der Statistik her, haben wir jedes vierte 29 Kind in der Volksschule, das mit einer anderen Familiensprache, als der Unterrichtssprache also 30 Deutsch plus – sagen wir Bosnisch, Kroatisch, Serbisch oder Türkisch, Ungarisch, Polnisch was 31 auch immer kommt – und das sozusagen schon die Schule wesentlich prägt, dass wir nur mehr 32 ein VIERTEL der Klassen haben in ganz Österreich, die nur einsprachige SchülerInnen haben, 33 zeigt, dass drei Viertel der Klassen MEHRSPRACHIGE Klassen sind und die Mehrheit der 34 Schulen eben mehrsprachige Schulen sind. 35

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B7: Mikael Luciak

Datum: 25.9.2013

Dauer: 5 min. 34 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B7: Also ich heiße Mikael Luciak und ich habe die letzten zehn Jahre an der Uni Wien gearbeitet 2 am Institut für Bildungswissenschaften und arbeite zu Schwerpunkten der Migrationsforschung, 3 zur Bildungssituation ethnischer Minderheiten zu Überrepräsentanzen im Sonderschulwesen von 4 verschiedenen Minderheiten- und Migrantengruppen und allgemein zur interkultureller 5 Pädagogik. 6

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 7

B7: Naja relativ einfach, so wie der Begriff schon irgendwie sagt hat Mehrsprachigkeit etwas 8 mit mehreren Sprachen zu tun, wobei man das natürlich immer versucht zu personalisieren und 9 sich die Frage stellt: „Ist eine Person mehrsprachig, die jetzt mehrere Sprachen spricht oder ist 10 eine sozusagen Kulturgruppe auch mehrsprachig?“. Im schulischen Kontext denkt man natürlich 11 an die Vielfalt der verschiedenen Sprachen, die präsent sind und unabhängig davon, ob die jetzt 12 zur Unterrichtssprache gemacht werden oder nicht – es kann jetzt sein, dass jetzt nur eine 13 Sprache die dominante Sprache, Landessprache ist – so lange die Schüler- oder die Lehrerschaft 14 mehrsprachig sind, gibt es auch Mehrsprachigkeit, auch wenn sie jetzt vielleicht nicht genutzt 15 wird. 16

I: Da haben Sie mir jetzt schon vorgegriffen, weil die letzte Frage wäre: Wie zeigt sich 17 Mehrsprachigkeit in der Schule? Aber würden sie dazu noch etwas hinzufügen wollen? 18

B7: Naja wie zeigt sie sich. Ich meine, (---) es gibt so etwas wie LATENTE Mehrsprachigkeit 19 eben. Also, dass man sagt - wer weiß warum - bestimmte Schüler verfügen über ein größeres 20 Sprachenrepertoire. Es gibt die Pausensprachen, wo Schüler sozusagen miteinander in anderen 21 Sprachen sprechen, die aber sonst im Unterricht nicht genutzt werden. Es gibt Schulen wo 22 Mehrsprachigkeit genutzt wird zum Schwerpunkt sogar vielleicht gemacht wird. Dann gibt es 23 natürlich – je Regionen abhängig und von den jeweiligen Schulpopulationen abhängig – manche 24 Situationen, die stärker bilingual ausgerichtet sind und andere, die also auch wirklich vielsprachig 25 ausgerichtet sind, wenn es einen Zuzug von Migranten oder Flüchtlingen aus den 26 unterschiedlichsten Ländern, dann hat man eben eine Vielfalt verschiedener Sprachen. (---) Das 27 betrifft immer Schülerschaft und Lehrerschaft, wobei wir im österreichischen Kontext wissen, 28 dass vielfach die Schülerschaft mehrsprachig ist und die Lehrerschaft einsprachig. 29

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 30

B7: (5 sec.) Ein Privileg (---) nicht notwendiger Weise. Das kommt immer darauf an, in welchem 31 KONTEXT Mehrsprachigkeit auftritt. (---) Also ich denke - so wie das zum Teil früher war, dass 32

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Leute, die in Grenzregionen aufgewachsen sind, rein aufgrund ihrer Umstände in sozusagen 33 sprachlicher Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Leuten einfach verschiedene Sprachen 34 erlernt und dann auch genutzt haben, dann ist das für sie sozusagen dienlich gewesen oder ist 35 zum Teil auch gar nicht anders gegangen für den alltäglichen UMGANG. Waren sie deswegen 36 privilegiert (---) nicht unbedingt. In manchen Situationen kann es zu einem Privileg werden, 37 wenn ich zum Beispiel denke an Stellenausschreibungen, wo unterschiedliche 38 Sprachenkenntnisse gefordert werden und ich dann über die verfüge. Privileg vielleicht dort, wo 39 es davon abhängig ist: Kann es sich jemand LEISTEN mehrsprachig zu werden oder nicht. Also 40 ist das zum Beispiel davon abhängig, ob meine Eltern mich in eine bilinguale Schule schicken – 41 gleich welcher Art, also ob das jetzt Deutsch/Englisch ist, oder Deutsch/Französisch oder 42 Deutsch und eine Migrantensprache – also wenn es kostenabhängig ist und es dadurch auch zu 43 Unterschieden kommt, dass man sagt, manche haben dieses Privileg und andere haben es NICHT 44 – dann würde ich es als Privileg bezeichnen, in so einem Fall. Aber die Frage ist aber auch, wie 45 wir Privileg definieren. 46

I: Wie würden Sie es definieren? 47

B7: Eben nicht nur, dass es einem zum Vorteil gereicht, (---) sondern dass man gegenüber 48 anderen die eben EINSPRACHIG sind, privilegiert ist. Wir haben manchmal sogar 49 Umkehrsituationen, wo es fast den Eindruck hat: Die Schülerinnen, die ihre Mehrsprachigkeit 50 nutzen möchten oder zeigen möchten (---) dadurch auch BENACHTEILIGT werden. Also das 51 kann sogar ins Negative ausschlagen, je nachdem wie die jeweilige Umgebungssituation ist und 52 wie das aufgenommen wird. 53

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B8: Günther Leeb

Datum: 25.9.2013

Dauer: 4 min. 04 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B8: Mein Name ist Günther Leeb. Ich leite die Initiative für interkulturelle Arbeit bei den 2 österreichischen Kinderfreunden und bin hier als Repräsentator eines Schüler-Mentoring 3 Projekts. 4

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 5

B8: Ja, Mehrsprachigkeit bedeutet die Gleichwertigkeit verschiedener Sprachen, die in der 6 Gesellschaft gesprochen werden. Da gibt es speziell im Bildungsbereich viel zu tun, um diese 7 Gleichwertigkeit sozusagen also Gleichberechtigung verschiedener Sprachen herzustellen. 8

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 9

B8: Ja, ein GESCHENK würde ich meinen. Je mehr Sprachen man in früher Kindheit bereits 10 erwirbt oder erlernt, hört, konfrontiert ist – eine Sprache ist ein SCHATZ, ein Reichtum. Sie gibt 11 einem die Möglichkeit in andere Kulturen hineinzublicken und öffnet sozusagen einen Horizont 12 für andere Welten. 13

I: Aber ist es ein Privileg oder wie würden Sie das beschreiben? 14

B8: Naja ein Privileg, ich meine, das hängt vom Bildungshintergrund ab. Es gibt sozusagen in 15 den besser gebildeten Schichten der Gesellschaft werden Kinder vor allem in romanischen 16 Sprachen sehr stark gefördert. Da gibt es halt im Gymnasium usw. eine Vielzahl von 17 Sprachangeboten, die dann sozusagen noch verbessert, verstärkt werden durch Sprachreisen usw. 18 Am anderen Ende der Skala in weniger gebildeten Schichten, im Bereich der MigrantInnen usw. 19 werden die mitgebrachten Sprachen oft nicht wertgeschätzt, werden oft nicht gefördert, werden 20 oft nicht im ausreichendem Maße erlernt, was dann zu so einer Halbsprachigkeit führt. Es KANN 21 ein Privileg sein, wenn man sozusagen in einer richtigen Förderstruktur sich befindet und es kann 22 ein Hindernis sein, wenn man sozusagen im Migrationsbereich sich das anschaut. 23

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 24

B8: Naja da brauchen Sie nur in der Pause einmal am Gang oder so hören, was die Kinder alles 25 für Sprachen können. Kinder lernen ja auch Sprachen voneinander, wenn sie miteinander in 26 Wohnhäusern und in Parks und so aufwachsen, lernen sie ja auch die Sprachen der anderen. Sie 27 stehen dann in der Schule vor dem Problem, dass sozusagen sehr viel Druck erzeugt wird, dass 28 Deutsch gesprochen werden muss und dass sie ihre eigenen Muttersprachen oder ihre eigenen 29 Sprachen, die sie sonst noch können, da irgendwie nur am Rande vorkommen. Trotz 30 Muttersprachenunterricht, den es natürlich auch gibt und der natürlich gerade in Wien forciert 31

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wird, aber das ist alles bei Weitem nicht mit ausreichenden Ressourcen versehen. Ja, diese Kinder 32 werden im Grunde häufig diskriminiert, weil ihre Herkunftssprache – ihre Muttersprache – nicht 33 als Unterrichtssprache sozusagen gesehen wird und nicht so anerkannt wird, wie Deutsch.34

B9: Erika Hummer

Datum: 25.9.2013

Dauer: 7 min. 09 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B9: Mein Name ist Erika Hummer. Ich leite ein österreichisches Projekt – österreichisch ist gut, 2 d.h. Wien, Graz, Burgenland und wir haben auch erste Interessenten auch aus Vorarlberg. Das 3 Projekt heißt „voXmi“ – voneinander miteinander Sprachen lernen – und da geht es darum, dass 4 Kinder in unseren Schulen, in diesen Klassen, die ja meistens vielsprachig sind, immer viel mehr 5 mehrsprachig sind voneinander von diesem Sprachenschatz profitieren und dass Lehrer sehen, 6 wie man interkulturellen Unterricht macht, weil interkulturelles Lernen ist ein Unterrichtsprinzip 7 in Österreich, aber kein Lehrer weiß wirklich wie das funktioniert. (lacht) „voXmi“ will eben 8 dieses Interkulturelle Lernen zum Leben erwecken, Kollegen sensibel für Vielsprachigkeit 9 machen und vor allem dafür sensibel zu machen, welche Schätze sie in ihrer Schule haben, in 10 ihrer Klasse haben. Was es bedeutet in einer Klasse zu unterrichten, wo eben viele Kinder nicht 11 nur ein, zwei, drei Sprachen können – manchmal sogar mehr – oder dass ich in einer Klasse sehr, 12 sehr viele Sprachen und kulturellen Hintergrund miteinander verbinden kann und das auch 13 NUTZEN kann für den Unterricht. 14

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 15

B9: Für mich persönlich, Mehrsprachigkeit ist – ich unterscheide zwischen Vielsprachigkeit – 16 zum Beispiel eine Klasse ist vielsprachig, weil viele Kinder viele Sprachen sprechen. 17 Mehrsprachig bin ich als Person, d.h. ich habe ein, zwei Erstsprachen, bin vielleicht zweisprachig 18 oder dreisprachig aufgewachsen möglicherweise – ich selbst bin nur mit Deutsch aufgewachsen, 19 habe dann aber Italienisch studiert, was ich noch nicht als Mehrsprachigkeit bezeichne jetzt, weil 20 ich studiert habe. Aber seitdem ich einige Jahre sehr viel in Italien bin und wenn ich dort bin auch 21 schon so denke (lacht) und nicht mehr weiß in welcher Sprache ich wirklich spreche, fühle ich 22 mich da schon mindestens zweisprachig. Ich verwende auch Englisch sehr viel, d.h. habe großes 23 Interesse für andere Sprachen auch noch für Serbisch, Türkisch – versuche das zu lernen. Also 24 irgendwie, für MICH selber bin ich mehrsprachig und mit meinen Schülern ist das auch so, wenn 25 ich mit Kindern spreche und sage: „Wie viele Sprachen kannst du?“. Wenn sie fähig sind die 26 Sprachen zu verstehen, damit kommunizieren und wenn sie irgendwie eine emotionelle 27

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Beziehung auch zu der Sprache haben, dann ist für mich diese Person mehrsprachig. Aber ich 28 glaube, die Definitionen sind ohne Zahl zu diesem Wort (lacht). 29

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 30

B9: Ja natürlich, also ich finde absolut. Es ist ein Privileg, weil man eigentlich in jeder Sprache, 31 in der man auch gefühlsmäßig daheim ist, ein bisschen eine andere Sicht auf die Welt hat, weil 32 man andere Gefühle entwickelt, weil man auch ein anderer Mensch ist (lacht) und weil man 33 offener, toleranter und neugieriger ist, glaube ich, wenn man mehrsprachig ist. Es gibt ja – man 34 weiß das vom Sprachenlernen – manche Ausdrücke oder Worte, die es nicht in allen Sprachen 35 gibt. Genauso gibt es eben auch so Gefühlszustände, die man nicht einfach übersetzen kann. 36 Deswegen glaube ich ist Mehrsprachigkeit schon ein Privileg, weil man nicht mehr so 37 EINDIMENSIONAL denkt und irgendwie toleranter wird auch gegenüber ein eigenes Nicht-38 Verstehen von anderen Kulturen, anderen Sprachen. Es ist einfach so und es ist nicht mehr ein 39 Problem. 40

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 41

B9: In der Schule, wenn man es wahrnimmt, also dann (---) wie zeigt sich das? Das ist jetzt ein 42 bisschen eine schwierige Frage. Also ich selber unterrichte teilweise noch an einer Schule wo 43 ungefähr 45 Prozent der Kinder mit anderen Erstsprachen aufgewachsen sind, die diese 44 Erstsprache mehr oder weniger gut beherrschen. Manchmal beherrschen sie Deutsch besser, 45 manchmal ihre Erstsprache besser, manchmal beherrschen sie keine der beiden Sprachen – das ist 46 überhaupt die größte Problematik. Da versucht man natürlich durch muttersprachlichen 47 Unterricht das zu unterstützen, dass sie ihre Erstsprache besser lernen oder durch mehr Förderung 48 der Schulsprache – durch Deutsch. Das ist oft problematisch, aber gerade in dem Projekt, das ich 49 leite – das voXmi Projekt – wird nicht jetzt auf die Problematik so sehr eingegangen, sondern auf 50 den SCHATZ, den die Kinder mitbringen. Dieses Interesse für andere Sprachen, für die eigene 51 Sprache, dass sie die wieder besser lernen wollen, die sie von den Eltern mitbekommen. Auch 52 das Bewusstsein geben wir diesen Kindern mit, dass es ganz wichtig ist, dass sie zu Hause DIE 53 Sprache sprechen, die die Familie am besten kann und nicht unbedingt jetzt Deutsch, weil das 54 lernen sie eh in der Schule. Es zeigt sich auch, dass in vielen Schulen, wo Mehrsprachigkeit 55 wirklich gepflegt, unterstützt und akzeptiert wird, sich die Kinder auch gegenseitig andere 56 Sprachen beibringen. Ich kenne einige Klassen, wo bis zu 90 Prozent der Kinder nicht 57 einsprachig sind, aber die schon eine eigene Sprache entwickeln. Schimpfen tun alle auf Türkisch 58 (lacht). Ja (---) Sie wissen Ausdrücke auf Chinesisch. Sie wissen was sie sagen auf Kroatisch und 59 Bosnisch, damit es der Lehrer nicht versteht. Also ich glaube schon, dass auch für diese Kinder 60 sich die Welt auch öffnet, weil sie miteinander mehrsprachig kommunizieren und ich glaube 61 nicht, dass das in irgendeiner Weise ein Hindernis ist. Was mich sehr fasziniert, gerade in 62 unserem voXmi-Unterricht. Da sind eben Lehrer, die BESONDERS ausgebildet werden in 63 Hinblick auf Mehrsprachigkeit, dass wir Kollegen zeigen können, wie sie diese Kapazitäten 64 HEBEN – ganz einfach zum Beispiel bei größeren Schülern, dass sie zum Beispiel mehrsprachig 65 recherchieren. Wenn sie in Geschichte in der Wikipedia nachschauen, warum auf Deutsch, 66

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warum nicht auch auf Türkisch, auf Persisch, auf Italienisch, auf Chinesisch und darüber dann 67 eben Diskussionen entstehen: „Ist das aus der gleichen Sicht? Ist das aus demselben Blickwinkel? 68 Bedeutet das was anderes?“ Also es gibt da SO viele Möglichkeiten, den eigenen Unterricht noch 69 durch DIESES Potenzial der Kinder besser zu machen, interessanter zu machen und diese Kinder 70 vor allem ihnen selbst – wie soll ich sagen – Selbstwertgefühl zu geben, weil sie dann die Stars 71 im Unterricht sind, weil sie etwas können, was andere nicht können. In unseren voXmi-Stunden 72 geht es eben darum, dass Kinder Kinder SCHULEN in anderen Sprachen und wir haben erfahren, 73 durch jahrelange Beobachtung, dass diese Kinder im Regelunterricht in den anderen Fächern an 74 Selbstvertrauen gewonnen haben, weil sie WISSEN, sie können etwas, was andere nicht können 75 und dadurch werden sie auch in den anderen Fächern besser, weil sie sich selbstbewusster zeigen. 76

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B10: Thomas Aistleitner

Datum: 25.9.2013

Dauer: 1 min. 51 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B: Thomas Aistleitner. Journalist in Wien. Chefredakteur der Zeitschrift „TRIO“, ein 2 mehrsprachiges Kindermagazin. 3

I: Alles klar. Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 4

B10: Mehrsprachigkeit bedeutet für mich, dass man alle Sprachressourcen, die man hat bei den 5 richtigen Gelegenheiten nützt. 6

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 7

B: Ich finde, es ist ein Privileg (---) und ich verstehe nicht, dass es auch in Österreich bei 8 manchen Sprachen als Privileg gesehen wird und bei anderen nicht. 9

I: Also alle Sprachen sind gleichwertig? 10

B10: Ja, also ich finde (---) Eltern zahlen viel Geld dafür, dass ihre Kinder Französisch lernen 11 gleichzeitig mit Deutsch womöglich noch in einer bilingualen Schule. Während in anderen 12 Schulen, wo Bilingualität sowieso gegeben ist, das als Nachteil empfunden wird. Das verstehe 13 ich nicht. 14

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 15

B10: Mehrsprachigkeit in der Schule. Wie sie sich zeigt? Sie zeigt sich darin, (---) dass es 16 heutzutage nicht mehr reicht den ganzen Unterricht in einer Sprache abzuhalten (---) man hat 17 eben Kinder, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, die aber trotzdem schulpflichtig sind. (---) 18 Deswegen glaube ich, dass alle Lehrer, die in Österreich unterrichten, eine Ausbildung in 19 Deutsch als Zweitsprache haben sollten. 20

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B11: Veronika Vanecek

Datum: 25.9.2013

Dauer: 3 min. 05 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B11: Ja mein Name ist Nika Vanecek. Ich unterrichte an einer Volksschule in Wien im zehnten 2 Bezirk, wo wir hauptsächlich Kinder mit Migrationshintergrund haben, mit vielen Sprachen, die 3 teilweise sogar dreisprachig sind, weil sie die Eltern aus verschiedenen Ländern haben. Die 4 sprechen dann eben die Mama-Sprache, die Papa-Sprache und Deutsch halt. 5

I: Danke. Auf den Punkt gebracht: Was ist für Dich Mehrsprachigkeit? 6

B11: Wenn man mehrere Sprachen SO verwenden kann, dass man SEHR viel damit ausdrücken 7 kann, dass man sich verständigen kann mit anderen Menschen in dieser Sprache, NICHT 8 unbedingt so weit – ich würde das jetzt, weil da sind verschiedene (---) Dinge im Umlauf, wie 9 man eben das Wort Mehrsprachigkeit formuliert. Für mich ist es noch nicht so weit, dass man 10 auch Gefühle darin ausdrücken MUSS. Es ist für mich Mehrsprachigkeit, wichtig, dass man 11 einfach die Kommunikation mit anderen Menschen, die Interessen austauschen kann, fragen 12 kann, antworten kann, Wissensgebiete austauschen kann. 13

I: Ist deiner Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B11: Es ist, finde ich, ein Recht der Menschen. Also ich finde, jeder Mensch sollte das Recht 15 haben, die Sprachen, die er mag oder für die er sich interessiert kennen zu lernen, sprechen zu 16 lernen, ausprobieren zu können, benützen zu können – auch wenn sie jetzt nicht seine 17 Muttersprachen sind. 18

I: Aber Privileg: Ja oder Nein? 19

B11: Privileg. Ja, das Wort Privileg ist halt immer so eine Geschichte. Also ich würde eher 20 darauf plädieren, dass das Wort RECHT, ein Recht darauf ist. (lacht). Privileg, ja die sind 21 privilegiert natürlich, haben sie natürlich mehr, also einen größeren Schatz, wenn sie schon SO 22 aufwachsen, klarerweise. (---) Und genau das ist aber das was ich zum Beispiel auch für Kinder, 23 die einsprachig – ich sage es jetzt ganz brutal obwohl es ja NIE so Einsprachigkeit, gibt es ja 24 eigentlich gar nicht – ist, dass die eben auch das Recht dazu haben mehrere Sprachen nützen zu 25 können. Und wenn es nur die vom Freund ist und nur minimal. (lacht) 26

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 27

B11: Ich mein klarerweise ist Deutsch die, ich sage jetzt einmal die Arbeitssprache, ganz brutal 28 gesagt. Ja auch in der Volksschule (lacht) arbeiten wir ja schon sehr viel. ABER ich finde, dass 29 jede Sprache, die NATÜRLICH in einer Klasse gesprochen wird, wirklich auch der Platz 30 eingeräumt werden soll, den sie verdient. Also mit allen Mitteln, die einem zur Verfügung stehen, 31

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ob das jetzt die Muttersprachen-Zusatzlehrer sind, ob das die Eltern sind, ob das Internet ist, 32 Bücher sind, Hör-CDs, Filme – was immer auch zur Verfügung steht, sollte genützt WERDEN. 33

B12: Ferdinand Stefan

Datum: 25.9.2013

Dauer: 2 min. 57 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B12: Mein Name ist Ferdinand Stefan. Ich bin an der Pädagogischen Hochschule Kärnten – 2 Viktor Frankl Hochschule – Institutsleiter, am Institut für Mehrsprachigkeit und interkulturelle 3 Bildung. Dort ist alles angesiedelt, was mit Sprachen zu tun hat: Zweitsprachen, Fremdsprachen, 4 Deutsch als Zweitsprache, nicht aber Deutsch als Erstsprache. 5

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 6

B12: Auf den Punkt gebracht. Da gibt es viele verschiedene Definitionen von Mehrsprachigkeit. 7

I: Aber Ihre? 8

B12: Meine Definition von Mehrsprachigkeit ist: (---) mehr als eine Sprache (---) auf welchem 9 Niveau auch immer zu beherrschen, rezeptiv, produktiv. Mehrsprachigkeit beginnt für mich 10 schon, wenn man eine Sprache ERKENNT, wenn ich selbst eine Sprache höre, im Radio, und ich 11 erkenne die Sprache, ist das für mich der erste Schritt zur Mehrsprachigkeit. So würde ich es 12 definieren und NICHT wie es heute häufig definiert wird: Perfekte Kenntnisse in einem Bereich 13 – das ist nicht mehr sinnvoll in der heutigen gesellschaftlichen Situation, sondern je nach Bedarf 14 braucht man eine Sprache rezeptiv, in einem Bereich produktiv, für einige Bereiche. Das ist für 15 mich Mehrsprachigkeit. 16

I: Und ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 17

B12: (---) Ein Privileg der Geburt kann es sein, wenn man zum Beispiel in einem mehrsprachigen 18 Kontext hineingeboren wird und diese Chance auch NÜTZT. Das halte ich für ein Privileg im 19 Sinne von nicht sozialem Privileg, aber ein Privileg, das einem zufällt. 20

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 21

B12: Mehrsprachigkeit in der Schule zeigt sich (---) daran, dass Schüler OHNE (---) Vorbehalt, 22 ohne Hemmungen in mehreren Sprachen sprechen, wenn sie diese können. Dass an der Schule 23 auch mehrsprachige Aufschriften zu sehen sind, dass im Lehrkörper, im Konferenzzimmer 24 MEHR als eine Sprache zu hören ist, was an vielen Schulen möglich wäre, aber nicht der Fall ist. 25

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(---) Und in den Materialien – mehrsprachigen Materialien und mehrsprachigen Schulbüchern. 26 Ich denke, das sind Möglichkeiten, wie sich Mehrsprachigkeit in der Schule zeigen kann. 27

B13: Beatrix Hain

Datum: 25.9.2013

Dauer: 4 min. 20 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B13: Ja, mein Name ist Beatrix Hain. Ich leite die Wissensvermittlung am Technisches Museum 2 Wien und bin dort für die Museumspädagogik aber auch für andere Projekte zuständig. Ich bin 3 auch für den Kleinkinderbereich des Technischen Museums zuständig UND schon seit dem Jahr 4 1990 an dem Haus. 5

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 6

B13: Mehrsprachigkeit (---) – wie eigentlich das Wort schon sagt – bedeutet, dass ich mehrere 7 Sprachen oder mich gut in unterschiedlichen Sprachen ausdrücken kann, dass ich von einer auf 8 die andere Sprache jederzeit switchen kann. Also das ist an und für sich so etwas Visionäres, dass 9 ich gerne KÖNNTE, weil ich eigentlich, muss ich sagen, monolingual bin und jeden beneide und 10 JEDEN Schüler, der zu uns kommt nicht deutscher Erstsprache ist, Türkisch kann oder Serbisch, 11 Kroatisch – also ich finde das immer faszinierend, dass diese Kinder doch MEHRSPRACHIG 12 sind, was meine Generation leider verabsäumt hat. 13

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B13: Man sollte es eigentlich (---) naja, das kommt immer auf die Betrachtung an, nicht? 15 Mehrsprachigkeit – es kommt auf die Sprache an. Also ich sage es einmal so, zu meiner Zeit war 16 es eher so: Da hat es Französisch gegeben oder Englisch – das waren so die hochkultivierten 17 Sprachen (---) Aber mittlerweile muss ich sagen (---) finde ich zum Beispiel Türkisch hoch 18 interessant und man verbindet leider immer noch mit Türkisch oder mit den anderen Sprachen – 19 immer noch hat man dieses kulturelle Bild im Kopf und das müsste sich ändern. Ich finde diese 20 Mehrsprachigkeit also (---) Ich denke, das ist ein Gewinn für jeden. – Jetzt bin ich irgendwie von 21 der Frage weggekommen. Was war noch einmal die Frage? 22

I: Ob Mehrsprachigkeit Ihrer Meinung nach ein Privileg ist. 23

B13: Achso, ok gut. Ja. Also ich finde mittlerweile sollte es überhaupt KEIN Privileg sein, es 24 sollte jeder von klein auf eigentlich vom Kindergarten angefangen, schon unbedingt eine zweite 25 Sprache lernen. Weil die Aufnahme, also die neuronalen Vernetzungen halte ich für EXTREM 26

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wichtig, auch dieses lebenslange Lernen. Also es ist kein Luxus mehrere Sprachen zu sprechen 27 und ich finde es sollte kein Privileg sein. 28

I: Und wie zeigt sich dann Mehrsprachigkeit in der Schule? 29

B13: Mehrsprachigkeit in der Schule sollte auch stark gefördert werden. Also Englisch in der 30 Volksschule, soviel ich weiß. (---) Also ich finde im Kindergarten muss man ansetzen, in den 31 Schulen unbedingt eine zweite Sprache und ich bin der Meinung, also ich weiß schon. Englisch 32 ist eine vielgesprochene Sprachen, man drückt sich damit aus, man kommt weiter. Sie wird in der 33 Wirtschaft eingesetzt, aber ich finde man sollte auch UNBEDINGT eine – ich will es jetzt nicht 34 so negativ sagen – eine Minderheitensprache auch noch, auf jeden Fall anbieten und lernen. 35

I: Haben Sie noch etwas zu ergänzen? 36

B13: (---) Was hätten Sie jetzt noch gerne hören wollen? 37

I: Na wenn Sie was wollen, sonst sage ich: Danke für das Interview. 38

B13: Ja ok. (---) Na was ich finde, wenn ich mir die PädagogInnen anschaue, (---), die teilweise 39 extrem engagiert sind, aber auch die älteren PädagogInnen, dann tut es mir manchmal leid, dass 40 dieses Verständnis nicht in den Klassen da ist. (---) Dass sie schätzen, dass die Kinder mehrere 41 Sprachen sprechen, also dass man das auch SEHR stark in den Unterricht einbauen müsste diese 42 (---) Mehrsprachigkeit, diese Multikulturalität, (---). Ich finde diese Wertschätzung sollte es mehr 43 in der Schule geben. Aber nicht nur in der Volksschule, auch in den neuen Mittelschule. Ich 44 glaube da ist das Verständnis nicht vorhanden. Oder NOCH nicht. Das fängt mit Ihnen an! (lacht) 45

B14: Doris Englisch-Stölner

Datum: 25.9.2013

Dauer: 3 min. 57 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B14: Mein Name ist Doris Englisch-Stölner. Ich bin auch Volksschullehrerin, habe hier auch 2 studiert vor (---) mehr als zwei Jahrzehnten (lacht) und bin Ethnologin und Hispanistin und 3 arbeite nach zehn Jahren unterrichte an verschiedenen Volksschulen in Wien und in Deutschland 4 im Sprachförderzentrum Wien – das ist eine Wiener Einrichtung des Wiener Stadtschulrates, die 5 mit der Begleitung und Dokumentation von Sprachförderkursen (---) betraut ist. 6

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 7

B14: Mehrsprachigkeit ist vielmehr als viele Sprachen können, eine Haltung. Zur 8 Mehrsprachigkeit – ein gewisses Wissen, was es mit verschiedenen Sprachen auf sich hat, also 9

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eine gewisse „Language Awareness“ (---) und eine Haltung. Genau, also ich würde mir 10 wünschen, vielmehr als SPRACHENUNTERRICHT für angehende Lehrer (---) eine 11 Persönlichkeitsbildung, die auch im Bereich Mehrsprachigkeit und wie gehe ich damit um, wie 12 gehe ich mit mehrsprachigen Kindern um (---) integriert zu haben. 13

I: Und ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B14: Nein. 15

I: Nein? 16

B14: Nein. 17

I: Was ist es denn? 18

B14: (---) Schauen Sie, wenn wir in Wien 57 Prozent Kinder haben, die AUCH oder 19 ausschließlich miteinander mehr als einer Sprache als Deutsch in die Schule kommen, (---) die 20 also VIELLEICHT mehrsprachig sind, dann ist es jetzt keine Ressource oder ein Privileg, es ist 21 ein FAKTUM. (---) Dass die Wiener Stadtschulratspräsidentin den Slogan hat „Einsprachigkeit 22 ist heilbar“, finde ich ganz WITZIG. Ich glaube aber nicht, dass also einsprachige (unv.) Leute 23 jetzt minderprivilegiert sind. Fakt ist, dass weltweit die Menschen eher zweisprachig sind, also es 24 sind mehr Menschen zwei- und mehrsprachig, als einsprachig. Also das ist schon ein 25 EXOTIKUM, ja, das aufgrund der Nationalstaatsbildung entstanden ist. Ich glaube aber nicht, 26 dass das eine Benachteiligung ist. Ich glaube, dass Mehrsprachigkeit zum Vorteil reichen KANN 27 (---), wenn das Umfeld passt. Aber ich glaube nicht, dass Mehrsprachigkeit per SE eine 28 Ressource ist. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. 29

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 30

B14: (---) Ja was heißt, wie zeigt sich? Es ist ein Faktum. Die Schule IST mehrsprachig. (lacht) 31 Ich brauche nur hinschauen. Also es ist so. (lacht). Die Kinder kommen mehrsprachig in die 32 Schule (---) und die Schule hat es leider verabsäumt in den letzten Jahrzehnten das aufzugreifen. 33 Also ich will jetzt nicht sagen, daraus Kapital zu schlagen, das wäre der falsche Ausdruck - 34 vielmehr das Kapital, dass die Kinder mitbringen, aufzugreifen und daraus was zu MACHEN, zu 35 nützen. Ich sage mir immer – sage ich auch den SPRACHFÖRDERLEHRERN immer, wenn wir 36 sie in den Einschulungen oder Workshops haben. Also die Sprache AN SICH, ist ein Mittel zum 37 Zweck. Also ich tu mir ein bisschen schwer mit der RESSOURCE Mehrsprachigkeit, weil ich 38 sage: das ist ein Mittel zum Zweck. Sprache an sich – ich meine, es sei denn ich bin ein 39 Germanist oder ein Sprachwissenschaftler. Aber ansonsten ist mir Sprache ein Mittel zur 40 Kommunikation und zur Informationsbeschaffung. Aber es ist ein VEHIKEL eigentlich. 41

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B15: Alexandra Wojnesitz

Datum: 25.9.2013

Dauer: 3 min. 47 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B15: Ja, mein Name ist Alexandra Wojnesitz. Ich arbeite beim österreichischen 2 Sprachenkompetenzzentrum und bin zuständig für die Bereiche: Deutsch als Bildungssprache, 3 Deutsch als Zweitsprache, Chancengerechtigkeit und Kompetenzorientierung im 4 Fremdsprachenunterricht und bin auch Lektorin für Deutsch als Zweitsprache an der Universität 5 Wien. 6

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 7

B15: Für mich ist Mehrsprachigkeit der gesamte sprachliche Besitz eines Menschen, d.h. es 8 betrifft die Erstsprache eines Menschen, eine Zweitsprache, sofern er eine hat – also meine 9 Erstsprache ist zum Beispiel Ungarisch, meine Zweitsprache ist Deutsch. Es gibt ja sehr, sehr 10 viele Kinder, die besonders in Wien zwei Sprachen haben. Dann Dialekte, gehört für mich dazu 11 zur Mehrsprachigkeit und auch die Fremdsprachen, die man im Laufe seines Lebens erwirbt. 12 Also der ganze sprachliche Besitz eines Menschen sozusagen. 13

I: Und ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 14

B15: Ein Privileg - ich finde schon, dass es ein Privileg ist. Also ich habe es für mich persönlich 15 immer als Privileg empfunden (---) man muss nur ein bisschen aufpassen, für manche Kinder, die 16 so eine Art Halbsprachigkeit entwickeln, weil sie keine Sprache wirklich gut beherrschen, weil 17 sie zu Hause keine sprachliche Anregung bekommen ist es (---) ist es in dem Sinn nicht nur ein 18 Vorteil, weil sie (---) wenn man keine Sprache wirklich gut beherrscht tut man sich einfach 19 schwer im Wissenserwerb und tut man sich schwer Inhalte aufzunehmen und Halbsprachigkeit ist 20 jetzt kein wissenschaftlicher Begriff, das betrifft eben die Kinder, die in beiden Sprachen 21 unsicher sind und da muss man ein bisschen aufpassen. Also zu sagen „Mehrsprachigkeit ist 22 immer ein Gewinn.“ das kann man nicht so sagen. Es ist total wichtig die Bildungssprache 23 auszubilden dieser Kinder. Also, dass sie in beiden Sprachen ein gutes Niveau haben und DANN 24 ist es ein großer Vorteil. 25

I: Wie zeigt sich denn Mehrsprachigkeit in der Schule? 26

B15: Zeigen im Sinne von öffentlich also wie wird sie dargestellt oder was meinen Sie da genau? 27

I: Wie sich Mehrsprachigkeit in der Schule zeigt. Also in der Schule im Unterricht oder unter den 28 Kindern, bei den Lehrern. Allgemein. 29

B15: Also es ist sehr, sehr verschieden. Also SchülerInnen reden ihre Erstsprachen größtenteils 30 in der Pause, wenn sie das dürfen – es gibt auch Schulen, (lacht) die das verbieten. Sie switchen 31

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automatisch im Unterricht auf das Deutsche, sie sagen, dann selbstverständlich „Deutsch ist 32 Unterrichtssprache, das ist ganz normal“. Sie sind eher VERWUNDERT meistens, wenn man 33 Mehrsprachigkeit thematisiert, dann sagen sie: „Naja, das interessiert ja keinen.“ oder „Warum 34 fragen Sie das?“ Da sind sie sehr erstaunt. Lehrer thematisieren sie WENIG, aus meiner 35 Erfahrung, aus verschiedenen Gründen, teilweise (---) sie gehen mit Mehrsprachigkeit ein 36 bisschen fast furchtsam um, weil sie immer oder weil sie oft befürchten, dass SchülerInnen da 37 vielleicht etwas äußern, was gegen sie gerichtet ist, was vielleicht eine Kritik ist, was vielleicht 38 sogar Beschimpfung ist. (---) Es zeigt die Praxis, dass das sehr oft nicht der Fall ist. Also Kinder 39 reden oft ihre Erstsprache im Unterricht, wenn sie ihrem Kameraden etwas erklären, schnell in 40 der Muttersprache – Also es ist eigentlich ein Vorteil für den Unterricht. Der zweite Grund ist 41 sicher, dass die LehrerInnen ganz andere Sprachen beherrschen, als die SchülerInnen. Also die 42 können halt die Schulsprachen, die klassischen Englisch, Französisch usw. und (---) sind da eher 43 zurückhaltend, was die Sprachen der SchülerInnen betrifft. Der dritte Punkt ist vielleicht noch die 44 Darstellung in der Schule. Also es gibt ja sprachenfreundliche Schulen. Die haben so Plakate, da 45 steht „Willkommen“ in zehn Sprachen oder da gibt es Projekte, die dargestellt werden und es 46 trägt einfach etwas bei zum sprachenfreundlichen Klima, wo sich die Leute dann irgendwie 47 wohler fühlen. 48

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B16: Elfie Fleck

Datum: 25.9.2013

Dauer: 6 min. 30 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B16: Ich heiße Elfie Fleck. Ich arbeite im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2 im Referat für Migration und Schule und wie der Name schon sagt bin ich für die Fragen von 3 Mehrsprachigkeit, Deutsch als Zweitsprache, Förderung der Erstsprache, Interkulturelles Lernen 4 (--) Migrationsfragen – auf die Schule bezogen – zuständig. 5

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 6

B16: Das kann ich schwer auf den Punkt bringen. Es gibt die individuelle Mehrsprachigkeit, dass 7 ein Mensch in mehreren Sprachen lebt oder mehrere Sprachen beherrscht. Da gibt es auch 8 unterschiedliche Definitionen oder Auffassungen und natürlich eine gesellschaftliche 9 Mehrsprachigkeit, dass es einfach in einer (6 sec.) ja in einer Gesellschaft, die in einer Stadt, in 10 einer Schule, in einem Staatsgebilde einfach mehrere oder viele Sprachen gibt. 11

I: Und ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 12

B16: (---) Da zitiere ich den Herrn Professor Krumm: „Es gibt die Elitenmehrsprachigkeit und 13 die Armutsmehrsprachigkeit.“ (---) Wenn jemand Englisch, Französisch und Deutsch fließend 14 kann in Wort und Schrift, ja dann wird das generell als sehr positiv gesehen. Wenn jemand 15 serbisch, rumänisch und Deutsch vielleicht nicht so perfekt kann, dann landet das Kind in der 16 Sonderschule. 17

I: Ja, das habe ich auch schon öfters gehört. 18

B16: Ich habe das jetzt ein bisschen zugespitzt, ja? 19

I: Aber um die Frage konkret zu beantworten: Ist es Ihrer Meinung nach nun ein Privileg? 20

B16: Es KANN ein Vorteil sein, ja, wenn es auch … 21

(Unterbrechung durch andere Person) 22

B16: Wenn es auch von den anderen rundherum als Vorteil GESEHEN wird. Wenn die 23 mehrsprachigen Kinder in der Schule zum Beispiel nur daran gemessen werden, wie sie in 24 DEUTSCH abschneiden und wenn sie vielleicht Deutsch erst seit ein paar Jahren lernen und noch 25 nicht so gut können, dann sagt man: „Ach, die Armen, die können noch nicht so gut Deutsch. Wir 26 müssen sie FÖRDERN.“ Man schaut sie unter diesen Defizit-Gesichtspunkt an. Gleichzeitig sagt 27 man dann: „Und ihre Muttersprache können sie aber auch nicht richtig gut.“ Und da zitiere ich 28 wieder den Herrn Professor Krumm, weil er das so schön auf den Punkt gebracht hat. Es gibt den 29 Triathlon. Das ist ein Kombiwettbewerb im Sport zwischen Laufen (---) Schwimmen, Schießen 30 oder irgendetwas. „Ein Triathlonist wird nie so schnell laufen, wie einer, der nur läuft. Dafür 31

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macht er drei Sachen.“ So ist es mit der Mehrsprachigkeit auch. Also ich denke, es braucht da 32 eher einen Umdenkprozess in den Köpfen auch. Dass man das einmal als Geschenk sieht (---). 33 Aber gleichzeitig würde ich sagen, man darf dann auch nicht in die Gegentendenz verfallen und 34 sagen: „Mein Gott, die armen Einsprachigen. Das sind jetzt die Dummen. Das sind die neuen 35 Dummen. Die sind nur einsprachig.“ Niemand kann sich seine Familie aussuchen oder wie er 36 aufwächst und ob er ein-, zwei- oder dreisprachig in der Familie aufwächst und eigentlich sollte 37 alles ok sein. 38

I: Und wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 39

B16: Kinder sind mehrsprachig, die Lehrer nicht. (lacht) Das ist jetzt auch sehr pauschal gesagt. 40 (---) D.h. die Realität ist mehrsprachig, das hat man ja auch an den Statistiken von der Barbara 41 Herzog-Punzenberger gesehen, dass sozusagen österreichweit ein Viertel der Schulen nur 42 einsprachig sind und selbst da würde ich die Statistiken SEHR vorsichtig interpretieren, weil 43 auch unter den sogenannten Einsprachigen unter Umständen Mehrsprachige verstecken (lacht), 44 die das eben nicht kundtun. (---) Was war die Frage? 45

I: Wie sich Mehrsprachigkeit in der Schule zeigt. 46

B16: Achso, ja. Also d.h. eigentlich die Mehrheit der Schulklassen ist einmal von der 47 Schülerpopulation her MEHRSPRACHIG. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Man wird immer 48 noch an der Latte des Deutschen gemessen. Es gibt eine Leistungsbeurteilungsverordnung, die 49 keinen Passus hat bezüglich Mehrsprachigkeit oder Deutsch als Zweitsprache – also keinen 50 expliziten Passus. (---) Es gibt mehr als mir lieb wäre, auch Sprachenverbote, dass man den 51 Kindern selbst in der Pause sagt: „Ge, redet Deutsch miteinander, sonst versteht man euch nicht!“ 52 (---) Das ist sozusagen immer noch diese monolinguistische KEULE, die da über Allem schwebt 53 und andererseits gibt es natürlich SEHR viele positive Ansätze also, die man heute zum Beispiel 54 auch exemplarisch gesehen hat. Es gibt österreichweit über 400 muttersprachliche Lehrkräfte in 55 heuer 22 Sprachen, die eine sehr wertvolle Arbeit leisten. Wir haben auch diese dreisprachige 56 Kinderzeitschrift „TRIO“, nur um also ein Beispiel zu bringen. Es gibt Lehrer, die auch wenn sie 57 selber der Migrantensprachen nicht mächtig sind, das zulassen in ihrer Klasse und sogar MEHR 58 als zulassen, die Kinder animieren, das durchaus auch in Gruppenarbeiten einzusetzen. (---) Oder 59 das Ganze findet oft auch in schulischen Projekten seinen Niederschlag, d.h. wir haben (---) ein 60 Nebeneinander von Einsprachigkeitsdogmen und Mehrsprachigkeitspraxis IN der Schule. Das ist 61 – irgendjemand hat gesagt: „Es hängt sehr stark von der Schulleitung ab.“ Das glaube ich auch. (-62 --) So schaut die Landschaft aus, also sehr vielfältig. (lacht) 63

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B17: Isabel Amberg

Datum: 30.6.2014

Dauer: 3 min. 51 sec.

Vorstellung der Interviewerin wie bei Interview 1 1

B17: Ja, Isabel Amberg ist mein Name. Ich bin an der Pädagogischen Hochschule tätig im Bereich der 2 Lehre und im Bereich der Forschung und im Bereich der Fortbildung. 3

I: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit? 4

B17: Ja Mehrsprachigkeit ist gleichzusetzen mit Vielsprachigkeit, würde ich einmal sagen. Also es 5 bedeutet mehrere Sprachen, zu sprechen, einerseits. Also ich würde einmal sagen, es geht um sowohl um 6 den (---) ja um den primären Spracherwerb und gleichzeitig aber auch um den fremden Spracherwerb und 7 den Zweitspracherwerb. 8

I: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg? 9

B17: Ja, auf jeden Fall. Also Mehrsprachigkeit ist ein Privileg, weil es eine ganz besondere Bedeutung hat 10 viele Sprachen sprechen zu können. Wenn wir jetzt einmal – abgesehen von dem Fremdspracherwerb – 11 wenn ich jetzt Mehrsprachigkeit im Sinne von mehrere Sprachen zu erwerben, nicht nur eine Mehrsprache 12 zu haben, sondern auch mehrere Erstsprachen zu haben – dann ist es, in erster Linie ein Privileg oder 13 etwas Besonderes auch. Weil wenn ich eine Sprache gut beherrsche sozusagen, dann ist es ja auch immer 14 – und diese Erstsprache gut gefördert wird –ist es auch viel leichter eine Zweitsprache zu erwerben. Also 15 ich gehe jetzt schon auf den schulischen Bereich natürlich. Mir ist es wichtig Mehrsprachigkeit als 16 Privileg zu sehen auch hinsichtlich der Sprachen, die vielleicht nicht so als die privilegierten Sprachen 17 gelten, also wie zum Beispiel in Wien betrifft das natürlich zum Beispiel jetzt auch im schulischen 18 Bereich Türkisch und Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und Albanisch. Also ich denke mir, dass es sehr 19 wichtig ist, dass wir endlich sehen und diese Sprachen wahrnehmen und sie auch fördern. 20

I: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule? 21

B17: Ja, Mehrsprachigkeit in der Schule zeigt sich eben durch die sprachliche Vielfalt bei den Kindern 22 natürlich und zunehmend auch bei LehrerInnen. Also das Problem ist halt, dass so etwas nicht wirklich 23 wahrgenommen wird bzw. überhaupt nicht gefördert wird. Aber es ist eben so, dass wir glücklicherweise 24 auch, dass wir schon LehrerInnen haben, die mehrsprachig sind. Dann zeigt sich Mehrsprachigkeit durch 25 verschiedene Förderangebote – also ich sage einmal Deutsch als Zweitsprache oder diesen großen Bereich 26 der Muttersprachenförderung. Dadurch zeigt sich ja Mehrsprachigkeit auch. Ja, manchmal zeigt sich 27 Mehrsprachigkeit auch dadurch, dass Schulen das nach AUSSEN tragen und es gibt ja inzwischen zum 28 Beispiel vom BMWF große und viele Projekte, die Mehrsprachigkeit unterstützen oder auch um 29 Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen, werden da Projekte initiiert. Dadurch zeigt sich natürlich die 30 Mehrsprachigkeit in der Schule auch. 31

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8.2 Auswertung der Daten

Frage 1: Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit?

Nr. Zeilennr. Paraphrase Generalisierung Reduktion

B1 1 10-12 Es gibt die verschiedensten Definitionen von Mehrsprachigkeit, angefangen von dem, dass wenn man zehn Wörter einer Sprache (Kurdisch) kann, bis zum vollkompetenten Beherrschen einer Sprache.

Fängt bei wenigen Wörtern an, reicht bis zu vollkompetenten Beherrschung einer Sprache

UK 1.1

B1 2 12; 13 Wer sich in zwei oder mehr Sprachen bewegen kann, ist mehrsprachig.

In zwei oder mehr Sprachen ausreichend kommunizieren können

UK 1.2

B1 3 14; 15 Man muss in diesen Sprachen ein wenig kommunizieren können.

B2 4 6; 7 Mehrsprachig als Person zu sein bedeutet, mindestens zwei Sprachen verwenden zu können.

Mindestens zwei Sprachen verwenden zu können

UK 1.2

B2 5 7; 8 Mehrsprachigkeit ist immer etwas Funktionsfähiges.

Ist etwas Funktionsfähiges UK 4.2

B2 6 8-12 Wenn man Sachen über einen längeren Zeitraum macht, verwendet man eine Sprache aus Gewohnheit, aber wenn man Freunde trifft spricht man andere Sprachen als zu Hause.

Verwenden von Sprachen aus Gewohnheit: Sprachen unter Freunden unterscheiden sich von der Sprache zu Hause

K5

B2 7 12 Man kann leicht zwischen den Sprachen wechseln.

Leichter Sprachenwechsel in unterschiedlichen Situationen

UK 1.1

B2 8 13; 14 Man kann auch mehr Sprachen in unterschiedlichen Situationen anwenden.

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B2 9 13; 14 Man muss die Sprachen nicht alle auf demselben Niveau können, aber man muss sie anwenden können.

Niveau der Sprachen kann unterschiedlich sein Anwendung ist ein Muss

UK 1.4 UK 1.1

B2 10 15 Mehrsprachigkeit ist eine Art von funktionaler Definition.

Funktionale Definition UK 4.2

B2 11 28; 29 Alle Sprachen sollten ebenso viel wert sein und man sollte sie als gleich betrachten.

Alle Sprachen sollten gleichwertig behandelt sein.

K15

B2 12 30 Es gibt keine Sprachen, die besser sind als andere, denn sie sind alle gleich gut.

B3 13 5 Mehrsprachigkeit ist in erster Linie nicht additiv.

Nicht additiv, sondern bewusstes Verwenden und Lieben von Sprachen in unterschiedlichen Situationen

UK 1.1

B3 14 6; 7 Mehrsprachigkeit ist, wenn man bewusst viele Sprachen in unterschiedlichen Situationen verwendet, gebraucht und liebt.

B4 15 6; 7 Mehrsprachigkeit ist die Fähigkeit, sich in mehreren Sprachen ausdrücken und zwischen ihnen wechseln zu können.

Fähigkeit, sich in mehreren Sprachen ausdrücken und zwischen ihnen wechseln zu können

UK 1.1

B4 16 8-10 Zusätzlich auch noch die Offenheit zu haben, wenn mehrsprachige Unterhaltungen stattfinden, die Code-Switching oder Sprachwechsel miteinschließen und das auch als etwas Positives beurteilt wird.

Offenheit für Code-Switching und Sprachwechsel innerhalb von Gesprächen Wird als positiv beurteilt

UK 1.1

B4 17 10; 11 Mehrsprachigkeit orientiert sich oft an dem Erfüllen eines Standards daher wird alles andere eher negativ beurteilt.

Orientiert sich an dem Erfüllen von einem Standard Sonstiges wird eher negativ beurteilt

UK 4.1 UK 4.1

B4 18 12-14 Zur Mehrsprachigkeit gehört auch die kommunikative Fähigkeit sich in mehreren

situativbezogene Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit in mehreren Sprachen

UK 1.1; K2

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Sprachen in einer Situation ausdrücken zu können.

B5 19 7; 8 Mehrsprachigkeit ist die Verfügbarkeit eines Individuums und auch einer Gesellschaft über mehrere Sprachen.

Individuelle und gesellschaftliche Verfügbarkeit über mehrere Sprachen Idealerweise greift beides zusammen

K3 K2 K3

B5 20 8;9 Es gibt individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit und im Idealfall greift beides zusammen.

B5 21 9; 10 Mehrsprachigkeit ist auch das anthropologische Potenzial des Menschen zu einer Mehrsprachigkeit zu kommen als Ausfaltung seiner Anlagen als Mensch.

Anthropologisches Potenzial des Menschen zu einer Mehrsprachigkeit zu kommen als Ausfaltung seiner Anlagen als Mensch

UK 4.2

B5 22 11 Mehrsprachigkeit ist einerseits ein Potenzial. Potenzial /

B5 23 11-13 Andererseits ist Mehrsprachigkeit auch ein Ziel nicht nur der Bildung, sondern auch der gesellschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel untereinander besser in mehreren Sprachen zu kommunizieren.

Ziel der Bildung und gesellschaftlichen Entwicklung Mit Absicht mehrsprachige Kommunikation zu verbessern

UK 4.1

B6 24 9 Es wird von dem Ideal der Dreisprachigkeit ausgegangen.

Trilingualität: Familiensprache, internationale Verkehrssprache und Nachbarschaftssprache

K2 K5

25 9-14 Trilingualität d.h., dass jedes Kind und jeder Jugendliche eine Familiensprache hat, eine Verkehrssprache (Englisch) und eine Nachbarschaftssprache von den Ländern, die an Österreich angrenzen.

B6 26 15-17 Oder auch umgekehrt: Ein Kind, das zu Hause eine andere Sprache als die Unterrichtssprache

Dreisprachigkeit ist bereits vorhanden, wenn sich Familiensprache von

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spricht ist vom Vornherein schon mehrsprachig und wird dann auch noch eine internationale Verkehrssprache so wie Englisch dazulernen.

Unterrichtssprache unterscheidet und eine internationale Verkehrssprache erlernt wird.

K2 K5

B7 27 8-11 Mehrsprachig kann eine Person oder eine Kulturgruppe sein.

Kann Person oder Kulturgruppe sein K3

B8 28 6; 7 Mehrsprachigkeit ist die Gleichwertigkeit verschiedener Sprachen, die in der Gesellschaft gesprochen werden.

Gleichwertigkeit verschiedener Sprachen, die in Gesellschaft gesprochen werden

UK 4.1

B9 29 16; 17 Vielsprachig kann eine Klasse sein, weil viele Kinder viele Sprachen sprechen.

Klasse, die aufgrund unterschiedlicher Sprachen der Kinder vielsprachig ist

K3 K2

B9 30 17-19 Mehrsprachig als Person ist man, wenn man ein oder zwei Erstsprachen hat und somit zwei- oder dreisprachig aufgewachsen ist.

Person, die zwei- oder dreisprachig aufgewachsen ist

K3, K2

B9 31 19-21 Als mehrsprachig bezeichnet man eine Person nicht, wenn sie die Unterrichtssprache (Deutsch) als Erstsprache und eine Sprache (Italienisch) studiert hat.

Nicht, wenn Zweisprachigkeit durch Studium erworben wurde

/

B9 32 21-23 Aber wenn man in dieser studierten Sprache schon denkt und nicht mehr weiß, welche Sprache man spricht, dann fühlt man sich mindestens zweisprachig.

Als Gefühl sobald Denken und Sprechen in erworbenen Sprache automatisiert ist

UK 1.3

B9 33 23; 24 Eine Person, die ein großes Interesse für andere Sprachen (Türkisch, Serbisch) hat und sich auch bemüht diese zu erlernen, fühlt sich mehrsprachig.

Als Gefühl, wenn Interesse und Lernbereitschaft für andere Sprachen vorhanden ist

UK 1.3

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B9 34 26-28 Eine Person ist mehrsprachig, wenn sie mit ihren erworbenen Sprachen kommunizieren kann und eine emotionelle Beziehung zu diesen hat.

Person, die mit erworbenen Sprachen kommunizieren kann und eine emotionelle Beziehung zu diesen hat

UK 1.1 UK 4.2

B10 35

5; 6 Mehrsprachigkeit bedeutet, dass man alle Sprachressourcen, die man hat, bei den richtigen Gelegenheiten nützt.

Alle Sprachressourcen, die man hat, bei den richtigen Gelegenheiten zu nützen

K5

B11 36 7; 8 Mehrsprachig ist man, wenn man mehrere Sprachen so verwenden kann, dass man sehr viel damit ausdrücken kann und dass man sich mit anderen Menschen in dieser Sprache verständigen kann.

Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit in mehreren Sprachen, wobei das Ausdrücken von Gefühlen nicht unbedingt vorhanden sein muss

UK 1.1 UK 1.3

B11 37 10; 11 Man muss aber nicht unbedingt auch Gefühle in diesen Sprachen ausdrücken.

B11 38 11-13 Die Kommunikation mit anderen Menschen ist wichtig, sodass man Interessen austauschen, fragen, antworten und Wissensgebiete austauschen kann.

B11 39 24; 25 Einsprachigkeit gibt es eigentlich gar nicht. Norm UK 4.1

B12 40 9; 10 Die Definition von Mehrsprachigkeit ist mehr als eine Sprache immer rezeptiv, produktiv und egal auf welchem Niveau zu beherrschen.

Rezeptives und produktives Beherrschen von mehr als einer Sprache, wobei das Niveau eine geringe Rolle spielt

UK 1.1 K2 UK 1.4

B12 41 10-12 Der erste Schritt zur Mehrsprachigkeit ist, wenn man Sprachen zum Beispiel im Radio erkennt.

Erste Schritt: Wenn man erkennt, um welche Sprachen es sich handelt

UK 1.2

B12 42 12-16 Perfekte Kenntnisse in den jeweiligen Ist nicht das perfekte Beherrschen einer /

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Sprachen zu haben, ist nicht die Definition von Mehrsprachigkeit, da das in der heutigen gesellschaftlichen Situation nicht mehr sinnvoll ist.

Sprache

B12 43 14; 15 Je nach Bedarf braucht man eine Sprache rezeptiv, in einem Bereich produktiv.

/

B13 44 7-9 Mehrsprachigkeit bedeutet, dass man sich gut in unterschiedlichen Sprachen ausdrücken kann und dass man von einer auf die andere Sprache jederzeit switchen kann.

Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit in unterschiedlichen Sprachen und die Fähigkeit, zwischen ihnen zu wechseln

UK 1.1

B13 45 10-13 Faszinierend und beneidenswert sind SchülerInnen, die nicht die Unterrichtssprache (Deutsch) als Erstsprache haben und dadurch mehrsprachig sind. (Türkisch, Serbisch-Kroatisch)

SchülerInnen, deren Erstsprache nicht der Unterrichtssprache entspricht und andere Sprachen können

K2

B14 46 8 Mehrsprachigkeit ist vielmehr als viele Sprachen zu können, eine Haltung.

Haltung Wissen über verschiedene Sprachen

UK 4.2 UK 1.2

B14 47 8-10 Zur Mehrsprachigkeit gehört ein gewisses Wissen, was es mit verschiedenen Sprachen auf sich hat, also eine gewisse „Language Awareness“.

B14 48 37; 40; 41 Sprache an sich, ist ein Mittel zum Zweck, zur Kommunikation und zur Informationsbeschaffung.

Mittel zum Zweck, zur Kommunikation und zur Informationsbeschaffung

UK 4.2 B14 49 38; 41 Mehrsprachigkeit als Ressource zu sehen fällt

einem schwer, denn es ist eigentlich ein Vehikel.

Keine Ressource Vehikel

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B15 50 8 Mehrsprachigkeit ist der gesamte sprachliche Besitz eines Menschen.

Gesamte sprachliche Besitz eines Menschen Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprachen und Dialekte

K2

B15 51 9; 11; 12 Es betrifft die Erstsprache des Menschen, eine Zweitsprache, sofern er eine hat, Dialekte und Fremdsprachen, die man im Laufe seines Lebens erwirbt.

B15 52 10; 11 Es gibt ja sehr viele Kinder, die besonders in Wien zwei Sprachen haben.

Zweisprachigkeit der Kinder in Wien präsent

K12

B16 53 7; 8 Es gibt die individuelle Mehrsprachigkeit, dass ein Mensch in mehreren Sprachen lebt oder mehrere Sprachen beherrscht.

Individuell: Leben und Beherrschen mehrerer Sprachen

K3

B16 54 9-11 Es gibt auch die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit, dass es in einem Staatsgebilde, einer Stadt oder einer Schule mehrere oder viele Sprachen gibt.

Gesellschaftlich: vorhandene Sprachenrepertoire in einem Staatsgebilde, einer Stadt oder einer Schule

K3; UK 4.1

B17 55 5 Mehrsprachigkeit ist gleichzusetzen mit Vielsprachigkeit.

Vielsprachigkeit: Sprechen mehrerer Sprachen Primärer, Zweit- und Fremdspracherwerb

K2

B17 56 5; 6 Es bedeutet mehrere Sprachen zu sprechen einerseits.

B17 57 6-8 Es geht sowohl um den primären Spracherwerb, aber gleichzeitig auch um den fremden Spracherwerb und den Zweitspracherwerb.

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2. Frage: Ist Ihrer Meinung nach Mehrsprachigkeit ein Privileg?

Nr. Zeilennr. Paraphrase Generalisierung Reduktion

B1 57 18; 19 Der Begriff passt nicht ganz. unpassender Begriff K10

B1 58 19 Mehrsprachigkeit ist ein großer Vorteil, aber auch die Regel. Diese Paraphrase wurde aufgrund von Widersprüchlichkeit nicht generalisiert.

/

B1 59 20; 21 Global gesehen ist Mehrsprachigkeit nicht die Regel und nicht die Ausnahme. Diese Paraphrase wurde aufgrund von Widersprüchlichkeit nicht generalisiert.

/

B1 60 25; 26 Mehrsprachigkeit ist ein Privileg, wenn jemand die Gelegenheit hat, möglichst viele Sprachen zu lernen oder sich Strategien anzueignen, die ihm erlauben nachher auch selbstständig Sprachen zu lernen.

Ja Wenn jemand Gelegenheit hat, viele Sprachen und Strategien zum Sprachenlernen zu erwerben

K9

B2 61 18-20 Ja, Mehrsprachigkeit ist definitiv ein Vorteil, weil mehrere Sprachen zu können einem ermöglicht, mit mehreren Situationen umgehen, mit mehr Menschen sprechen und Literatur aus aller Welt lesen zu können.

Ja Umgang mit mehreren Situationen Kommunikation mit mehr Menschen Lesefertigkeit für Literatur aus aller Welt

K6

B2 62 20; 21 Es bereichert einen, wenn man viele oder einige Sprachen kann.

Bereicherung K10

B3 63 9; 10 Grob genommen ja, denn jede Sprache ist ein Reichtum und verbreitet die Welt jedes Einzelnen.

Ja Weil jede Sprache bereichernd ist und zur Erweiterung der individuellen Welt beiträgt

K6 UK 4.2

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B3 64 10; 11 Wenn jemand aber andererseits dadurch halbsprachig wird, ist es auch nicht gut.

Nein Bei Halbsprachigkeit

K7

B4 65 16-18 Das kommt darauf an, wo man lebt, wie die Mehrsprachigkeit und vor allem auch die Sprachen, die jemand sprechen kann, in dem Umfeld bewertet werden.

Abhängig von: Lebensumgebung Bewertung von dort gesprochenen Sprachen

K9

B4 66 19-27 Wenn man zum Beispiel afrikanischer Herkunft ist und auch in einem Umfeld lebt, wo man mit fünf verschiedenen Sprachen aufwächst (Kenia, Nigeria) und sich mit diesen ausdrücken kann, wo Englisch oft als Verkehrssprache gilt, dann ist es sicherlich ein Privileg, aber es ist auch etwas Normales dort, weil man in einer mehrsprachigen Umgebung aufwächst.

Ja Wenn Person in mehrsprachiger Umgebung aufwächst Norm Nein Wenn in anderem Lebenskontext Sprache wenig Beachtung und keine Wichtigkeit hat

K9 K7 K9

B4 67 27-30 Wenn diese Person in einem anderen Kontext lebt (Europa), dann ist eben die Mehrsprachigkeit, die diese Person eigentlich hat, sicherlich kaum ein Privileg, weil die Sprachen dort wenig Rücksicht finden oder keine Wichtigkeit haben.

B4 68 30-34 Aus europäischer Sicht ist es oft ein Privileg, wenn man mehrsprachig ist aufgrund dieser klassischen Sicht der Mehrsprachigkeit, dass man zwei oder mehrere Sprachen möglichst gut beherrscht, wobei hierbei immer eine Sprache, meistens das Englische ist oder noch eine andere wichtige Sprache in Europa (Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch).

Ja, in Europa sind westeuropäische Sprachen gemeint

K9

B5 69 15-17 Es ist kein Privileg, sondern eine menschliche Anlage jedes Einzelnen, die allerdings auf unterschiedliche

Nein Menschliche Anlage beeinflusst durch

K7

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113

Entwicklungsbedingungen trifft. unterschiedliche Entwicklungsbedingungen

B5 70 21-23 Je nachdem, ob das Kind in einem mehrsprachigen Kontext groß wird, hat es eine größere Chance mehrere Sprachen gleich frühkindlich zu erwerben oder in einem einsprachig ausgerichteten Elternhaus.

Abhängig von Aufwachsen in mehrsprachigen oder einsprachigen Kontext

K9

B6 71 20 Es ist ganz sicher ein Vorteil, wenn man mit mehreren Sprachen aufwächst.

Ja Wenn im mehrsprachigen Umfeld aufwächst

K9

B6 72 21-23 Dass man in der Schule den Kindern Fremdsprachen-Lernen zur Verfügung stellt, zeigt auch, dass die Gesellschaft der Überzeugung ist, dass das gut und wichtig ist, wenn man mehr als eine Sprache sprechen kann.

Ja Gesellschaftlich relevant deshalb Fremdsprachenunterricht

K6; UK 4.1

B6 73 26; 27 Mehrsprachigkeit ist auf jeden Fall ein Privileg.

B7 74 31 Mehrsprachigkeit ist nicht notwendiger Weise ein Privileg. Nicht notwendiger Weise Weil abhängig von Kontext Weil Norm

K9 K7 B7 75 31; 32 Es kommt darauf an, in welchem Kontext

Mehrsprachigkeit auftritt. B7 76 32-37 Privilegiert waren die Leute von Früher, die in

Grenzregionen aufgewachsen sind, nicht unbedingt, da sie rein aufgrund ihrer Umstände in sprachlicher Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Leuten waren und verschiedene Sprachen erlernt und auch für den alltäglichen Umgang genutzt und gebraucht haben.

B7 77 37-39 In manchen Situationen kann es zu einem Privileg werden, wie bei Stellenausschreibungen, wo unterschiedliche Sprachenkenntnisse gefordert werden und man über diese

Ja Wenn geforderte Sprachkenntnisse erfüllt werden

K9

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verfügt.

B7 78 39; 40 Privileg vielleicht dort, wo es davon abhängig ist, ob man es sich leisten kann mehrsprachig zu werden oder nicht.

Ja in Abhängigkeit von finanziellen Ressourcen

K9

B7 79 40-45 Es ist ein Privileg, wenn es zum Beispiel davon abhängig ist, ob die eigenen Eltern einen in eine bilinguale Schule gleich welcher Art schicken und es dadurch kostenabhängig ist und auch zu Unterschieden kommt, dass man sagt, manche haben dieses Privileg und andere haben es nicht.

B7 80 48; 49 Privileg definiert man nicht nur, dass es einem zum Vorteil gereicht, sondern dass man gegenüber anderen die eben einsprachig sind, privilegiert ist.

Privileg Vorteil zu Folge gegenüber einsprachigen Personen

K6

B7 81 50; 51 Es gibt auch Umkehrsituationen, wo es den Eindruck hat, die Schülerinnen, die ihre Mehrsprachigkeit nutzen oder zeigen möchten dadurch auch benachteiligt werden.

Nein Abhängig von Umgebung Beim Zeigen von Mehrsprachigkeit

K9

B7 82 51-53 Das kann sogar ins Negative ausschlagen, je nachdem wie die jeweilige Umgebungssituation ist und wie das aufgenommen wird.

B8 83 10; 11 Ja, es ist ein Geschenk je mehr Sprachen man in früher Kindheit bereits erwirbt, erlernt, hört, oder mit denen man konfrontiert ist.

Ja Geschenk, wenn Sprachen frühkindlich erworben und wahrgenommen werden

K10 K19

B8 84 11-13 Eine Sprache ist ein Schatz und Reichtum, denn sie gibt einem die Möglichkeit in andere Kulturen hineinzublicken und öffnet einen Horizont für andere Welten.

Ja Schatz Bereichernd, weil Einblick in andere Kulturen und Horizonterweiterung

K10 K6 K6

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B8 85 15 Ob es ein Privileg ist, hängt vom Bildungshintergrund ab. Abhängig vom Bildungshintergrund In gebildeten Schichten Förderung von Sprachen durch hohes Sprachangebot In Bereich weniger gebildeten Schichten, im Bereich der MigrantInnen, führt wenig Wertschätzung und Förderung gegenüber mitgebrachten Sprachen zu Halbsprachigkeit.

K9 K7

B8 86 15-18 In besser gebildeten Schichten der Gesellschaft werden Kinder vor allem in romanischen Sprachen sehr stark gefördert, wo es auch eine Vielzahl von Sprachangeboten gibt, die dann noch durch Sprachreisen verbessert und verstärkt werden.

B8 87 19-21 Am anderen Ende der Skala in weniger gebildeten Schichten, im Bereich der MigrantInnen, werden die mitgebrachten Sprachen oft nicht wertgeschätzt, gefördert und im ausreichendem Maße erlernt, was dann zu so einer Halbsprachigkeit führt.

B8 88 21; 22 Es kann ein Privileg sein, wenn man sich in einer richtigen Förderstruktur befindet.

Ja Wenn Förderstruktur gegeben

K9

B8 89 22; 23 Es kann ein Hindernis sein, wenn man sich das im Migrationsbereich anschaut.

Nein Im Migrationsbereich

K9

B9 90 31 Ja, absolut. Ja, weil andere Sicht auf die Welt trägt zur emotionalen Entwicklung bei

K6; UK 4.2

B9 91 31-33 Es ist ein Privileg, weil man in jeder Sprache, in der man auch gefühlsmäßig daheim ist, eine etwas andere Sicht auf die Welt hat, weil man andere Gefühle entwickelt.

B9 92 33; 34 Weil man auch ein anderer Mensch ist, als mehrsprachiger, weil man offener, toleranter und neugieriger ist.

Ja Trägt zur Persönlichkeitsentwicklung in Bezug auf Offenheit, Toleranz, Neugierde und Verständnis gegenüber anderen Kulturen bei

K6

B9 93 36-39 Es gibt Gefühlszustände, die man nicht einfach übersetzen kann, daher ist Mehrsprachigkeit schon ein Privileg, weil man nicht mehr so eindimensional denkt und toleranter gegenüber einem eigenen Nicht-Verstehen von anderen Kulturen, anderen Sprachen wird und es dadurch kein

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Problem ist.

B10 94 8 Es ist ein Privileg. Ja Abhängig von Sprachen gesellschaftlicher Sichtweise Finanziellen Ressourcen

K9

B10 95 8; 9 Es ist unverständlich, dass es auch in Österreich bei manchen Sprachen als Privileg gesehen wird und bei anderen nicht.

B10 96 11-13 Eltern zahlen viel Geld dafür, dass ihre Kinder gleichzeitig zur Unterrichtssprache auch eine Fremdsprache (Deutsch, Französisch) lernen womöglich noch in einer bilingualen Schule, während in anderen Schulen, wo Bilingualität sowieso gegeben ist, das als Nachteil empfunden wird.

B11 97 15 Es ist ein Recht der Menschen. Menschenrecht auf Erwerb von anderen Sprachen neben der Muttersprache

K10 K15

B11 98 15-18 Jeder Mensch sollte das Recht haben, die Sprachen, die er mag oder für die er sich interessiert kennen, sprechen zu lernen, ausprobieren und benützen zu können, auch wenn sie jetzt nicht seine Muttersprachen sind.

B11 99 21-23 Ja, mehrsprachige Menschen sind privilegiert, da sie einen größeren Schatz haben, wenn sie schon so aufwachsen.

Ja Schatz bereichernd Wenn mehrsprachig aufwächst

K10 K6 K9

B11 100 23-26 Aber Kinder, die einsprachig sind, haben auch das Recht mehrere Sprachen nützen zu können, auch wenn es die vom Freund und nur minimal ist. Diese Paraphrase wurde aufgrund von Widersprüchlichkeit nicht generalisiert. (aus Frage 1: B11, Z. 24,25)

/

B12 101 18;19 Ein Privileg der Geburt kann es sein, wenn man zum Ja K9

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Beispiel in einem mehrsprachigen Kontext hineingeboren wird und diese Chance auch nützt.

Wenn frühkindliche Mehrsprachigkeit im Lebenskontext genutzt wird Nach Zufallsprinzip der Geburt und nicht durch Sozialgefüge

B12 102 19; 20 Das ist aber ein Privileg nicht im Sinne von einem sozialen Privileg, sondern ein Privileg, das einem zufällt.

K7

B13 103 15; 16 Es kommt immer auf die Betrachtung und die Sprache an. Abhängig von Betrachtung Sprache

K9

B13 104 16-20 Früher waren es die hochkultivierten Sprachen (Englisch, Französisch), aber mittlerweile sind auch andere Sprachen (Türkisch) interessant, wobei man noch immer das kulturelle Bild im Kopf hat, das sich ändern müsste.

Abhängig von Wertigkeit der Sprachen im historischen Zeitkontinuum

K9

B13 105 21 Mehrsprachigkeit ist ein Gewinn für jeden. Ja Gewinn

K10

B13 106 24 Mittlerweile sollte es kein Privileg sein. Sollte keins sein, weil frühkindlicher Zweitspracherwerb bereits im Vorschulbereich aufgrund von neuronaler Entwicklung und lebenslangem Lernen beginnen sollte.

K8

B13 107 24-27 Es sollte jeder von klein auf, im Kindergarten angefangen, unbedingt eine zweite Sprache zu lernen, weil die Aufnahme und die neuronalen Vernetzungen wichtig für das lebenslange Lernen sind.

B13 108 27; 28 Es ist kein Luxus mehrere Sprachen zu sprechen und es sollte kein Privileg sein.

Norm, kein Luxus K8

B14 109 15; 17 Nein. Nein Weil statistisches Faktum in Wien

K7

B14 110 19-22 Wenn es in Wien 57 Prozent der Kinder gibt, die auch oder ausschließlich mit mehr als einer Sprache in die Schule kommen, die vielleicht mehrsprachig sind, dann ist es jetzt keine Ressource oder ein Privileg, es ist ein Faktum.

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B14 111 23; 24; 27 Einsprachige Leute sind nicht minderprivilegiert oder benachteiligt.

Einsprachigkeit als Ausnahmefall aber kein Nachteil

K7

B14 112 24-26 Fakt ist, dass mehr Menschen zwei- und mehrsprachig als einsprachig sind, denn letzteres ist eher ein Exotikum.

B14 113 27; 28 Mehrsprachigkeit kann zum Vorteil reichen, wenn das Umfeld passt.

Abhängig von Umfeld Umgang mit Mehrsprachigkeit

K9

B14 114 28; 29 Aber Mehrsprachigkeit per se ist keine Ressource, denn es kommt darauf an, wie man damit umgeht.

B15 115 15 Es ist ein Privileg. Ja, aber Halbsprachigkeit als Gefahr durch fehlende sprachliche Anregungen Dadurch wird Wissenserwerb erschwert

K7

B15 116 16-20 Man muss nur bei den Kindern aufpassen, die eine Halbsprachigkeit durch fehlende sprachliche Anregungen entwickeln, weil sie keine Sprache gut beherrschen und ihnen der Wissenserwerb und das Aufnehmen von Inhalten schwer fällt.

B15 117 22; 23 Dass Mehrsprachigkeit immer ein Gewinn ist, kann man nicht sagen.

Ja Wenn Bildungs- und Erstsprache gut entwickelt sind

K9

B15 118 23-25 Es ist sehr wichtig die Bildungssprache dieser Kinder auszubilden, sodass sie in beiden Sprachen ein gutes Niveau haben, denn dann ist es ein großer Vorteil.

B16 119 13; 14 Laut Herrn Prof. Krumm gibt es die Elitenmehrsprachigkeit und die Armutsmehrsprachigkeit.

Abhängig von Sozialem Kontext Finanziellen Ressourcen Wertigkeit der Sprachen Niveau des Spracherwerbs

K9

B16 120 14; 15 Wenn jemand Englisch, Französisch und Deutsch fließend kann in Wort und Schrift, dann wird das generell als sehr positiv gesehen.

B16 121 15-17; 19 Wenn jemand serbisch, rumänisch und Deutsch vielleicht nicht so perfekt kann, dann landet das Kind in der Sonderschule, zugespitzt gesagt.

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B16 122 20; 23 Es kann als Vorteil gesehen werden, wenn es auch von den anderen rundherum als Vorteil gesehen wird.

B16 123 23-27 Wenn die mehrsprachigen Kinder in der Schule zum Beispiel nur daran gemessen werden, wie sie in der Unterrichtssprache (Deutsch) abschneiden, obwohl sie diese vielleicht erst seit ein paar Jahren lernen, sagt man, dass man sie fördern müsse, da man sich das unter diesem Defizit-Gesichtspunkt anschaut.

Mehrsprachigkeit als Defizit, da Maß an Unterrichtssprache liegt – ggf. dadurch Förderung des Kindes in Unterrichtssprache und Muttersprache

K13

B16 124 28 Man sagt, dass sie ihre Muttersprache auch nicht so gut könnten.

B16 125 29; 31-32 Laut Herrn Professor Krumm wird ein Triathlonist nie so schnell laufen, wie einer, der nur läuft, aber dafür macht er drei Sachen und so ist es mit der Mehrsprachigkeit auch.

Drei Sprachen anwenden zu können, auch wenn womöglich nicht alle gleich gut

UK 1.4; K2

B16 126 32; 33 Man braucht einen Umdenkprozess in den Köpfen, sodass man Mehrsprachigkeit als Geschenk sieht.

Umdenkprozess Als Geschenk ansehen

K8

B16 127 34-36 In die Gegentendenz zu fallen und zu sagen, dass die Einsprachigen jetzt die Dummen seien, darf man auch nicht.

Einsprachigkeit: kein Nachteil unabhängig von Intelligenz

K7

B16 128 36-38 Niemand kann sich seine Familie aussuchen oder wie er aufwächst und ob er ein-, zwei- oder dreisprachig in der Familie aufwächst und eigentlich sollte alles ok sein.

Frühkindliche Mehrsprachigkeit oder Einsprachigkeit nach Zufallsprinzip

K6

B17 129 10 Ja, auf jeden Fall. Ja, weil Besondere Bedeutung Beherrschung und Förderung von Sprachen erleichtert Zweitspracherwerb

K6

B17 130 10; 11 Mehrsprachigkeit ist ein Privileg, weil es eine ganz besondere Bedeutung hat viele Sprachen sprechen zu können.

B17 131 11-16 Abgesehen von dem Fremdspracherwerb, ist Mehrsprachigkeit im Sinne von mehrere Sprachen zu

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erwerben und auch mehrere Erstsprachen zu haben in erster Linie ein Privileg oder etwas Besonderes, weil wenn man eine Sprache gut beherrscht und diese auch gefördert wird, dann ist es auch immer viel leichter eine Zweitsprache zu erwerben.

B17 132 17;18; 20;21

Es ist wichtig, Mehrsprachigkeit als Privileg zu sehen auch hinsichtlich der Sprachen, die vielleicht nicht so als die privilegierten Sprachen gelten, indem man diese endlich sieht, wahrnimmt und sie auch fördert.

Ja Beachtung und Förderung aller Sprachen notwendig

K8

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3. Frage: Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule?

Nr. Zeilennr. Paraphrase Generalisierung Reduktion

B1 137 30 Mehrsprachigkeit zeigt sich in der Schule leider oft gar nicht oder wird als störend wahrgenommen.

Selten Als störend wahrgenommen

K12 UK 11.1

B1 138 30-32 Wenn zwei Kinder miteinander auf einer anderen Sprache kommunizieren (Italienisch oder Kroatisch), gibt es Lehrkräfte, die sofort reinfahren und sagen, dass das so nicht ginge.

Kommunikation zwischen Kindern in einer Nicht-Unterrichtssprache wird durch die Lehrkräfte unterbrochen und verhindert.

K13

B1 139 32-34 Mehrsprachigkeit zeigt sich im Rahmen der schulisch vermittelten Prestigesprachen (Englisch und Französisch) als zweite Fremdsprache.

Im Fremdsprachenunterricht von schulisch vermittelten Prestigesprachen

K12

B1 140 34; 35 Sie zeigt sich viel zu wenig mit Bezug auf das riesen Potenzial, was an Erstsprachen der Kinder mit Migrationshintergrund vorhanden wäre.

Erstsprachen der Kinder mit Migrationshintergrund finden in Schule wenig Wertschätzung, Beachtung nicht als Potenzial gesehen

UK 11.1 UK 14.1 B1 141 35; 36 Das wird wenig wertgeschätzt, aufgegriffen und

thematisiert. B1 142 36-38 Man könnte nicht nur im Bereich der

Deutschförderung vielmehr machen, wo diese Kinder vielleicht Probleme haben, aber das müssen sie gar nicht unbedingt haben.

Mehr Bedarf an Förderung der Unterrichtssprache und vorhandenen Sprachen, indem man diese als Ressource anerkennt und im Unterricht thematisiert.

UK 15.2 UK 15.3

B1 143 38-40 Sondern auch in dem Sinn, dass man mit diesen Sprachen etwas macht und man das als Ressource und Potenzial als etwas sehr spannendes wahrnimmt und thematisiert.

B2 144 24; 25 Kinder sprechen unterschiedliche Sprachen, aber für gewöhnlich finden sie eine Sprache, mit der sie

Kinder finden eine Sprache zum Kommunizieren

UK 11.2

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miteinander kommunizieren können.

B2 145 25; 26 Leider werden nicht alle Sprachen in den Schulen geschätzt.

/

B2 146 26; 27 Wenn man eine Sprache mit einem nicht so hohen Stellenwert spricht, würden die LehrerInnen mit dem Gebrauch dieser Sprache wahrscheinlich nicht einverstanden sein.

Wenn Sprache geringen Stellenwert, wahrscheinlich keine Erlaubnis für Gebrauch dieser

UK 11.1

B3 147 13; 14 Mehrsprachigkeit zeigt sich nicht im Fremdsprachenunterricht, denn dieser ist künstlich und eine Simulation.

Nicht im Fremdsprachenunterricht, da Simulation

K12

B3 148 15-18 Wenn man eine Sprache, eine zweite Sprache oder die Muttersprache eines Schülers versteht oder durch Redewendungen bewusst verwendet, ist das eine Chance.

Chance für LehrerInnen, wenn Verstehbarkeit von Sprachen der SchülerInnen gegeben

K6

B4 149 42-46 Im Bereich der Minderheiten oder Regionalsprachen findet man das latinische Schulsystem, das ein mehrsprachiges System ist, weil dort zwei Sprachen paritätisch, also gleichwertig, als Unterrichtssprachen verwendet werden.

Im latinischen Schulsystem durch gleichwertige Verwendung zweier Unterrichtssprachen Fächer auf unterschiedlichen Sprachen unterrichten

K13

B4 150 46-48 Dort werden die Fächer auf den Sprachen Deutsch, Italienisch und Ladinisch unterrichtet.

B4 151 48; 49 Es spielt dort die Zweisprachigkeit zum Teil auch die Deutschsprachigkeit eine Rolle vor allem in den höheren Klassen.

Zweisprachigkeit findet Berücksichtigung im Unterricht

B4 152 49-51 In der Volksschule der ersten und zweiten Klasse wird Ladinisch noch als Unterrichtssprache

Ladinisch in ersten und zweiten Klasse als Unterrichtssprache

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verwendet, dann nur noch als Unterrichtsfach. in höheren Klassen nur als Unterrichtsfach

B4 153 53-56 Der Optimalfall für Regional- und Minderheitensprachen – das ist ein eigener Fall – sollte ganz dreigeteilt sein und somit sollen alle drei als Unterrichtssprachen gleichwertige Verwendung finden.

Gleichwertige Verwendung der Regional- und Minderheitensprachen im Unterricht sollte forciert werden

UK 15.3

B4 154 56-61 Für andere Schulen, die immer noch mit dem klassischen System der einen Unterrichtssprache und mehreren Fremdsprachen unterrichten, könnte die Mehrsprachigkeit vielleicht als Unterrichtsfach kommen, das linguistische Inhalte des Sprachvergleichs, der Wesensbildung oder der Öffnung gegenüber der Mehrsprachigkeit als Realität von der soziologischen Seite, als auch von der linguistischen Seite bearbeitet.

Option des Mehrsprachigkeitsunterrichts in Form von Sprachvergleich von linguistischen Inhalten, der Wesens- und Wertebildung und Öffnung gegenüber der Mehrsprachigkeit.

UK 15.3

B4 155 61-63 Der Mehrsprachigkeitsunterricht sollte eine Rolle auf der Ebene der Wesensbildung und der Wertebildung gesehen werden.

B4 156 63-65 Es soll in der Schülerschaft und in der Lehrerschaft klar sein, dass mehrere Sprachen im Unterrichtskontext vertreten sind.

Im Unterricht sollte es aufgrund aller Sprachen, die in der Schüler- und Lehrerschaft vertreten sind, Einheiten geben, die durch das Erzählen von SchülerInnen über Sprachgebiete den Kulturaustausch noch präsenter machen.

UK 15.3

B4 157 66-68 Es könnte vielleicht Einheiten geben, wo ein Schüler aus einem Sprachgebiet heraus etwas erzählen könnte, sodass dieser Kultursprachaustausch dann auch in diesen Klassenräumen noch präsenter ist.

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B5 158 23-26 Es ist aber wichtig zu verstehen, dass Sprachen auch gerade frühkindlich in der Kommunikation beim Hören und Aufnehmen erworben werden und nicht die Grammatik aus dem Buch, was ein Wunder dieses Spracherwerbs ist.

Möglichkeit aller Kinder vor Schule: frühkindlicher gegenseitiger Spracherwerb durch Kommunikation, Hören und Aufnehmen

K 15.4

B5 159 27-29 Das wäre die Möglichkeit alle Kinder dadurch, dass sie voneinander Sprachen lernen, mehrsprachig auszubilden, bevor sie überhaupt in die Schule kommen.

B5 160 29; 30 Unser heutiges Schulsystem gewöhnt Mehrsprachigkeit eher ab, als dass es diese ausbildet.

Eher Abgewöhnung als Ausbildung von Mehrsprachigkeit durch heutiges Schulsystem Begründung: Wenig Mittel Erwerb der Nationalsprache im Vordergrund Beherrschen der Nationalsprache aber unvollständige Sichtweise

UK 14.3

B5 161 30-33 Das wird immer mit knappen Mitteln oder auch mit der Erziehung zur Nationalsprache egal welcher (Türkisch, Deutsch oder Französisch) begründet, wobei diese gut zu können nur die halbe Wahrheit ist.

B5 162 33-34 Die eigentliche Wahrheit ist, dass sie mehrere Sprachen entwickeln könnten, wenn das Schulsystem die entsprechenden Möglichkeiten gibt.

Option von Entwicklung mehrerer Sprachen, wenn Schulsystem ermöglicht

UK 15.4

B5 163 34-35 Schule ist im Augenblick noch die institutionalisierte Verhinderung von Mehrsprachigkeit.

Schule verhindert zurzeit Mehrsprachigkeit UK 15.3

B5 164 38; 39 Mehrsprachigkeit zeigt sich in verschiedenen Schulmodellen.

In Schulmodellen Lernen von Fächern in mehreren Unterrichtssprachen

K12

B5 165 39-42 Das Eine zeigt sich, wenn eine mehrsprachige

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Schule tatsächlich funktioniert und verschiedene Sprachen als Unterrichtssprachen verwendet, sodass die Kinder mit diesen konfrontiert werden und in diesen Sprachen ihre Fächer lernen.

B5 166 42-44 Das Andere ist, dass sich von der Schülerseite her zeigt, dass sie untereinander durchaus in mehreren Sprachen miteinander kommunizieren so wie auch im Alltag außerhalb der Schule.

SchülerInnen haben mehrsprachige Kommunikationsfähigkeit

K5 UK 11.2

B5 167 45; 46 Beim institutionellen Nicht-Aufpassen, also in der Pause, sprechen sie eine andere Sprache als im Unterricht.

In Pause: Gebrauch anderer Sprachen als Unterrichtssprache

K12

B5 168 46; 47 Das Problem ist, dass die Sprache des Lehrens nicht die Sprache der Kinder ist.

Schulsprache ist der Zwischenraum zwischen Unterrichtssprache und Sprache der SchülerInnen Überwindung dieser muss forciert werden, um kindgerechte Sprache zu ermöglichen

UK 15.1

B5 169 48; 49 Dazwischen gibt es einen Sprung, zu dem man auch Schulsprache sagt, der auch eine Frage der pädagogischen Theoretisierung ist.

B5 170 50; 51 Dass man diesen einmal überwindet und eher kindgerecht spricht und erklärt.

B6 171 23-26 Es soll jetzt auch im Pflichtschulbereich so sein, dass man zwei Fremdsprachen lernen kann und nicht nur Englisch in der Neuen Mittelschule, sondern auch, entweder wenn ein Kind schon mehrsprachig ist, die Familiensprache auf ein höheres Niveau als Bildungssprache entwickeln kann oder eine andere Fremdsprache noch dazu.

Im Pflichtschulbereich wird es in Zukunft Möglichkeit von Weiterentwicklung/Entwicklung von Familiensprache und Fremdsprache geben

K12

B6 172 29-31 Rein von der Statistik her, hat in der österreichischen Schule jedes vierte Kind in der

Laut österreichischer Statistik verfügt jedes vierte Kind in der Volksschule über eine weitere

K12

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Volksschule, eine andere Familiensprache, als der Unterrichtssprache, also Deutsch plus einer anderen Sprache. (Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Türkisch, Ungarisch, Polnisch)

Sprache neben der Unterrichtssprache. Mehrheit der Klassen ist mehrsprachig.

B6 173 32; 33 Das prägt die Schule wesentlich, sodass wir nur mehr ein Viertel der Klassen in ganz Österreich haben, die nur einsprachige SchülerInnen haben.

B6 174 34; 35 Dieses zeigt, dass drei Viertel der Klassen mehrsprachige Klassen sind und die Mehrheit der Schulen mehrsprachig ist.

B7 175 11-13 Im schulischen Kontext denkt man natürlich an die Vielfalt der verschiedenen Sprachen, die präsent sind und unabhängig davon, ob die jetzt zur Unterrichtssprache gemacht werden oder nicht.

Die der Lehrer- und Schülerschaft, auch wenn nicht genützt wird.

UK 14.3

B7 176 13; 14 Es kann jetzt sein, dass jetzt nur eine Sprache die dominante Sprache, Landessprache ist.

B7 177 14-16 So lange die Schüler- oder die Lehrerschaft mehrsprachig sind, gibt es auch Mehrsprachigkeit auch wenn sie jetzt vielleicht nicht genutzt wird.

B7 178 19-21 Es gibt die latente Mehrsprachigkeit, dass bestimmte SchülerInnen über ein größeres Sprachenrepertoire verfügen.

Latente Mehrsprachigkeit: Über ein größeres Sprachenrepertoire verfügen

UK 11.2

B7 179 21; 22 Es gibt die Pausensprachen, wo Schüler miteinander in anderen Sprachen sprechen, die aber sonst im Unterricht nicht genutzt werden.

Pausensprachen sind alle Sprachen der SchülerInnen außer der Unterrichtssprache

K12, K5

B7 180 22; 23 Es gibt Schulen, in denen Mehrsprachigkeit genutzt wird und vielleicht sogar zum Schwerpunkt

Nutzung oder Schwerpunkt in Schulen K13

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gemacht wird.

B7 181 23-25 Je Regionen und von den jeweiligen Schulpopulationen abhängig, gibt es manche Situationen, die stärker bilingual ausgerichtet sind.

Bilingualität abhängig von: Regionen und Schulpopulation

K12

B7 182 25-27 Es gibt auch andere, die auch wirklich vielsprachig ausgerichtet sind, wenn es einen Zuzug von Migranten oder Flüchtlingen aus den unterschiedlichsten Ländern gibt, hat man eine Vielfalt verschiedener Sprachen.

Vielsprachigkeit durch MigrantInnen oder Flüchtlinge gegeben

K12

B7 183 27-29 Das betrifft in jedem Fall Schülerschaft und Lehrerschaft, wobei man im österreichischen Kontext weiß, dass vielfach die Schülerschaft mehrsprachig und die Lehrerschaft einsprachig ist.

Betrifft Schüler- und Lehrerschaft, wobei Lehrerschaft in Österreich eher einsprachig ist

K12

B8 184 25; 26 Da braucht man nur in der Pause einmal am Gang zu hören, was die Kinder alles für Sprachen können.

Vielfältige Sprachen in Pause K12

B8 185 26; 27 Kinder lernen auch Sprachen voneinander, wenn sie miteinander in Wohnhäusern und in Parks aufwachsen, lernen sie ja auch die Sprachen der anderen.

Voneinander Sprachenlernen im Alltag, aber im Schulkontext werden diese trotz Muttersprachenunterrichts in den Hintergrund gestellt.

UK 11.2 K12

B8 186 27-30 In der Schule stehen sie dann vor dem Problem, dass sehr viel Druck erzeugt wird, dass Deutsch gesprochen werden muss und dass ihre eigenen Muttersprachen oder ihre eigenen Sprachen, die sie sonst noch können, nur am Rande vorkommen.

B8 187 30-32 Trotz Muttersprachenunterrichts, den es natürlich auch gibt und gerade in Wien forciert wird, ist das alles bei Weitem nicht mit ausreichenden

Muttersprachenunterricht wird in Wien zwar forciert, aber nicht ausreichend

UK 14.3

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Ressourcen versehen.

B8 188 32-34 Diese Kinder werden im Grunde häufig diskriminiert, weil ihre Herkunftssprache, ihre Muttersprache nicht als Unterrichtssprache gesehen und nicht so wie diese anerkannt wird.

Diskriminierung der Herkunftssprache durch geringe Anerkennung

K13

B9 189 43-47 Wenn man in einer Schule unterrichtet, in der ungefähr 45 Prozent der Kinder mit anderen Erstsprachen aufgewachsen sind, beherrschen diese manchmal Deutsch oder ihre Erstsprache besser oder keine beider Sprachen, wobei das die größte Problematik ist.

Bessere Beherrschung der Unterrichtssprache oder Erstsprache Keine Beherrschung beider Sprachen (Halbsprachigkeit) um diese zu verhindern wird durch Muttersprachenunterricht oder Förderung der Schulsprache versucht zu unterstützen

UK 11.2 K13

B9 190 47-49 Diese Problematik versucht man durch muttersprachlichen Unterricht zu unterstützen, sodass sie ihre Erstsprache besser lernen oder durch mehr Förderung der Schulsprache. (Deutsch)

B9 191 49-52 Aber gerade in dem voXmi-Projekt, wird nicht so sehr auf diese Problematik eingegangen, sondern auf den Schatz, den die Kinder mitbringen und ihr Interesse für andere Sprachen, für die eigene Sprache, die sie von den Eltern mitbekommen, die sie wieder besser lernen wollen.

Eingehen auf mitgebrachte Sprachen Lernbereitschaft und Interesse für andere Sprachen Sprachen bewusst dem Umfeld entsprechend verwenden

K13

B9 192 52-55 Auch das Bewusstsein, dass es ganz wichtig ist, zu Hause die Sprache zu sprechen, die die Familie am besten kann und nicht unbedingt die Schulsprache, gibt man diesen Kindern innerhalb dieses Projekts mit. (Deutsch)

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B9 193 55-57 Es zeigt sich auch, dass in vielen Schulen, wo Mehrsprachigkeit wirklich gepflegt, unterstützt und akzeptiert wird, sich die Kinder auch gegenseitig andere Sprachen beibringen.

Durch Akzeptanz und Pflege von Mehrsprachigkeit: gegenseitiges Sprachenlernen unter Kindern

UK 11.2

B9 194 57; 58 Es gibt Klassen, wo bis zu 90 Prozent der Kinder nicht einsprachig sind, aber die schon eine eigene Sprache entwickeln.

Bei 90%iger Mehrsprachigkeit in Klassen: Entwicklung eigener Sprache je nach Funktion

UK 11.2

B9 195 58-60 Kinder kennen Ausdrücke in unterschiedlichen Sprachen und benutzen diese auch zum Schimpfen oder so, dass es der Lehrer nicht versteht. (Türkisch, Chinesisch, Kroatisch, Bosnisch)

B9 196 60; 61 Für diese Kinder öffnet sich die Welt, weil sie miteinander mehrsprachig kommunizieren.

Durch mehrsprachige Kommunikation zwischen Kindern, öffnet sich die Welt für sie (Horizonterweiterung) Kein Hindernis

K5, K6

B9 197 62 Es ist nicht in irgendeiner Weise ein Hindernis.

B9 198 63-69 Im voXmi-Unterricht gibt es Lehrer, die besonders ausgebildet werden in Hinblick auf Mehrsprachigkeit und zeigen können, wie sie die Kapazitäten heben können, indem zum Beispiel ältere Schüler in Geschichte mehrsprachig recherchieren (Deutsch, Türkisch, Persisch, Italienisch, Chinesisch) und darüber Diskussionen mit den Fragen „Bedeutet das das gleiche?“ oder „Ist das aus der gleichen Sicht?“ entstehen.

Mehrsprachig ausgebildete LehrerInnen zeigen Möglichkeiten der Nutzung: Recherche auf anderen Sprachen

K13

B9 199 69-72 Es gibt da sehr viele Möglichkeiten, den eigenen Unterricht noch durch dieses Potenzial der Kinder besser und interessanter zu machen und diesen Kindern somit Selbstwertgefühl zu geben, weil sie

Durch Gebrauch von Mehrsprachigkeit der Kinder im Unterricht besteht Möglichkeit einer interessanteren Gestaltung und damit Hebung des Selbstwertgefühls jedes Kindes.

K6 & 13

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dann die Stars im Unterricht sind, weil sie etwas können, was andere nicht können.

B9 200 72; 73 In den voXmi-Stunden geht es darum, dass Kinder Kinder in anderen Sprachen schulen.

Gegenseitiges Schulen anderer Sprachen unter den Kindern verbessert Leistung und Selbstvertrauen im Regelunterricht

UK 11.2.

B9 201 73-76 Durch jahrelange Beobachtung wurde erfahren, dass diese Kinder im Regelunterricht in den anderen Fächern an Selbstvertrauen gewonnen haben, weil sie wissen, sie können etwas was andere nicht können und dadurch werden sie auch in den anderen Fächern besser, weil sie sich selbstbewusster zeigen.

B10 202 11-13 Eltern zahlen viel Geld dafür, dass ihre Kinder gleichzeitig zur Unterrichtssprache auch eine Fremdsprache (Deutsch, Französisch) lernen womöglich noch in einer bilingualen Schule, während in anderen Schulen, wo Bilingualität sowieso gegeben ist, das als Nachteil empfunden wird.

Fremdsprachen im Unterricht werden als Vorteil, andere, die gegeben sind, als Nachteil empfunden.

K13

B10 203 16; 17 Sie zeigt sich darin, dass es heutzutage nicht mehr reicht den ganzen Unterricht in einer Sprache abzuhalten.

Eine Unterrichtssprache nicht ausreichend UK 14.2

B10 204 17; 18 Man hat eben Kinder, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, die aber trotzdem schulpflichtig sind.

Aufgrund mangelnder Beherrschung der Unterrichtssprache seitens der Kinder ist Pflicht der LehrerInnen: Ausbildung für Unterrichtssprache als Zweitsprache

UK 15.4

B10 205 19; 20 Deswegen sollten alle Lehrer, die in Österreich unterrichten, eine Ausbildung in Deutsch als Zweitsprache haben.

B11 206 30; 31 Jede Sprache, die natürlich in einer Klasse Wertschätzung aller Sprachen einer Klasse UK 15.3

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gesprochen wird, soll wirklich auch der Platz eingeräumt werden, den sie verdient.

durch Nutzung aller Mittel im Schulbereich

B11 207 31-33 Alle Mittel, die einem zur Verfügung stehen sollen genützt werden, ob das jetzt die Muttersprachen-Zusatzlehrer, Eltern, Bücher, Hör-CDs, Filme sind oder das Internet ist.

B12 208 22; 23 Mehrsprachigkeit in der Schule zeigt sich daran, dass Schüler ohne Vorbehalt und Hemmungen in mehreren Sprachen sprechen, wenn sie diese können.

SchülerInnen sprechen ohne Vorbehalt und Hemmungen in mehreren Sprachen, wenn sie diese können.

UK 11.2

B12 209 23-25 Dass an der Schule auch mehrsprachige Aufschriften zu sehen sind und dass im Lehrkörper, im Konferenzzimmer, mehr als eine Sprache zu hören ist, was an vielen Schulen möglich wäre, aber nicht der Fall ist.

Mehrsprachige Aufschriften an Schule Im LehrerInnenzimmer möglich, aber selten Mehrsprachige Materialien und Schulbücher

K12 K 12

B12 210 26 Und in mehrsprachigen Materialien und mehrsprachigen Schulbüchern.

B13 211 30 Mehrsprachigkeit in der Schule sollte auch stark gefördert werden, wie Englisch in der Volksschule.

Mehr Bedarf an gleichwertiger Förderung der Mehrsprachigkeit wie bei Fremdsprachen

UK 15.2

B13 212 31-35 Im Kindergarten muss man ansetzen und in den Schulen unbedingt eine zweite Sprache, etwa eine Minderheitensprache auch noch anbieten und lernen.

Beginn sollte im Kindergarten sein Angebot von Minderheitensprachen im Fremdsprachenunterricht

UK 15.4 UK 15.3

B14 213 31 Es ist ein Faktum, dass die Schule mehrsprachig ist. Faktum, weil Kinder vor Schuleintritt mehrsprachig sind Schule hat diese bisher nicht genützt

K7 UK 14.3

B14 214 32; 33; 35; 36

Die Kinder kommen mehrsprachig in die Schule und die Schule hat es leider verabsäumt das in den letzten Jahrzehnten aufzugreifen, daraus etwas zu

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machen und es zu nützen.

B15 215 30 Es ist sehr verschieden. Erstsprachen in Pause, falls erlaubt Wechseln auf Unterrichtssprache im Unterricht ist Norm

K12 UK 11.2 B15 216 30; 31 SchülerInnen reden ihre Erstsprachen größtenteils

in der Pause, wenn sie das dürfen, denn es gibt auch Schulen, die das verbieten.

B15 217 31-33 Sie switchen automatisch im Unterricht auf das Deutsche und sehen das als normal an.

B15 218 32-35 Wenn man Mehrsprachigkeit thematisiert sind sie verwundert und sagen, dass das keinen interessiere oder fragen, warum man das frage.

Hervorrufung von Verwunderung seitens SchülerInnen bei Thematisierung der Mehrsprachigkeit

UK 11.2

B15 219 35-39 Lehrer thematisieren sie wenig, was verschiedene Gründe hat, wie dass sie fast furchtsam mit ihr umgehen, weil sie immer oder oft befürchten, dass SchülerInnen vielleicht etwas äußern, was gegen sie gerichtet, Kritik oder sogar Beschimpfung ist.

Seltene Thematisierung seitens der LehrerInnen aufgrund von Angst vor Kritik oder Beschimpfung, die aber selten ist SchülerInnen verwenden Erstsprache im Unterricht zur gegenseitiger Erklärung, daher Vorteil für Unterricht

UK 11.1 UK 11.2

B15 220 39-41 Das ist aber oft nicht der Fall, denn Kinder reden oft ihre Erstsprache im Unterricht, wenn sie ihrem Kameraden schnell etwas in der Muttersprache erklären, was eigentlich ein Vorteil für den Unterricht ist.

B15 221 41-44 Der zweite Grund ist, dass die LehrerInnen ganz andere Sprachen beherrschen, wie die klassischen Schulsprachen (Englisch, Französisch), als die SchülerInnen und daher eher zurückhaltend sind, was die Sprachen der SchülerInnen betrifft.

Unterschiedliche Sprachenvielfalt in Schüler- und Lehrerschaft, daher Zurückhaltung der LehrerInnen in Bezug auf Sprachen der SchülerInnen

UK 11.1

B15 222 44-46 Der dritte Punkt ist die Darstellung in der Schule, Sprachenfreundliches Klima und K13

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wie es sprachenfreundliche Schulen machen, die Plakate mit dem Wort „Willkommen“ in zehn Sprachen haben oder Projekte machen, die dargestellt werden.

Wohlfühlfaktor durch Darstellung von mehrsprachigen Willkommensplakaten oder Projekten

B15 223 46-48 Es trägt etwas zum sprachenfreundlichen Klima bei, wo sich die Leute dann wohler fühlen.

B16 224 23-27 Wenn die mehrsprachigen Kinder in der Schule zum Beispiel nur daran gemessen werden, wie sie in der Unterrichtssprache (Deutsch) abschneiden, obwohl sie diese vielleicht erst seit ein paar Jahren lernen, sagt man, dass man sie fördern müsse, da man sich das unter diesem Defizit-Gesichtspunkt anschaut.

Durch alleinige Überprüfung der Unterrichtssprache: Förderung von mehrsprachigen Kindern in Unterrichtssprache und Muttersprache jedoch defizitäre Sichtweise

K13

B16 225 28 Man sagt, dass sie ihre Muttersprache auch nicht so gut könnten.

B16 226 47; 48 Die Mehrheit der Schulklassen ist von der Schülerpopulation her mehrsprachig.

Mehrheit der Schulklassen ist angesichts der Schülerpopulation mehrsprachig.

K12

B16 227 48; 49 Die Unterrichtssprache ist Deutsch, daher wird immer noch an der Latte des Deutschen gemessen.

Beurteilung weiterhin an Unterrichtssprache orientiert

UK 14.2

B16 228 49-51 Es gibt eine Leistungsbeurteilungsverordnung, die keinen expliziten Passus bezüglich Mehrsprachigkeit oder Deutsch als Zweitsprache hat.

In Österreich hat Leistungsbeurteilungsverordnung keinen expliziten Passus bezüglich Mehrsprachigkeit oder Deutsch als Zweitsprache hat.

UK 14.3

B16 229 52-54 Es gibt auch Sprachenverbote, indem man den Kindern in der Pause sagt, dass sie die Unterrichtssprache sprechen sollen, wobei das immer noch diese monolinguistische Keule ist, die

Sprachenverbot in Pausen ausgenommen der Unterrichtssprache

K13

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134

über Allem schwebt.

B16 230 54; 55 Andererseits gibt es natürlich sehr viele positive Ansätze, die man auf der Tagung auch exemplarisch gesehen hat.

Viele Lehrkräfte für Muttersprachenunterricht in zahlreichen Sprachen Dreisprachige Kinderzeitschrift

K 12

B16 231 55-57 Es gibt österreichweit über 400 muttersprachliche Lehrkräfte in heuer 22 Sprachen, die eine sehr wertvolle Arbeit leisten.

B16 232 57; 58 Ein Beispiel ist auch die dreisprachige Kinderzeitschrift TRIO.

B16 233 58-60 Es gibt Lehrer, die auch wenn sie selber der Migrantensprachen nicht mächtig sind, dieses in ihrer Klasse zulassen und sogar mehr als zulassen, indem sie die Kinder animieren, das durchaus auch in Gruppenarbeiten einzusetzen.

Trotz nicht Beherrschen von Sprachen der SchülerInnen: Zulassung von Mehrsprachigkeit in Gruppenarbeiten

UK 11.1

B16 234 60-62 Oder das Ganze findet oft auch in schulischen Projekten seinen Niederschlag, d.h. es gibt ein Nebeneinander von Einsprachigkeitsdogmen und Mehrsprachigkeitspraxis in der Schule.

Projekte Einsprachigkeitsdogmen und Mehrsprachigkeitspraxis sind abhängig von Schulleitung

K13

B16 235 62; 63 Das hängt auch stark von der Schulleitung ab.

B17 236 23; 24 Mehrsprachigkeit zeigt sich in der Schule durch die sprachliche Vielfalt bei den Kindern und zunehmend auch bei LehrerInnen.

Sprachliche Vielfalt der Kinder und zunehmend der LehrerInnen

K12

B17 237 24; 25 Das Problem ist, dass diese nicht wirklich wahrgenommen wird bzw. überhaupt nicht gefördert wird.

Fehlende Wahrnehmung und Förderung vom schulischen Sprachenrepertoire

UK 14.1

B17 238 26-28 Glücklicherweise gibt es auch mehrsprachige Vielseitige Förderangebote (DaZ, K13

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LehrerInnen, wodurch sich Mehrsprachigkeit dann durch verschiedene Förderangebote, wie Deutsch als Zweitsprache oder diesen großen Bereich der Muttersprachenförderung, zeigt.

Muttersprachenunterricht.) durch mehrsprachige LehrerInnen

B17 239 29 Manchmal zeigt sich Mehrsprachigkeit auch dadurch, dass Schulen das nach außen tragen.

Darstellung von Mehrsprachigkeit durch Schule K13

B17 240 30-32 Vom BMWF (Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) werden viele große Projekte initiiert, die Mehrsprachigkeit unterstützen oder auch um Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen.

Projekte zur Unterstützung und Darstellung von Mehrsprachigkeit durch BMWF

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8.3 Auflistung der Kategorien

ad. Frage 1: „Auf den Punkt gebracht: Was ist für Sie Mehrsprachigkeit?“

K1: Geltungsbereich von Mehrsprachigkeit

x UK 1.1: Sprachbeherrschung o wenige Wörter (B1, Z. 11) o Sprachenwechsel (schnell, Offenheit dafür und positive Einstellung dazu) (B2, Z.

12ff; B13, Z. 7ff) o vollkompetente Beherrschung einer Sprache (B1, Z. 12; B4, Z. 8ff)

o ausreichende Kommunikationsfähigkeit (B9, Z. 26f; B11, Z. 7f; B4, Z. 12; B13,

Z. 7ff)

o bewusster Gebrauch (B3, Z. 5)

o Ausdrucksfähigkeit (B11, Z. 7f; B4, Z. 13; B13, Z. 7ff)

o alltägliches Anwenden (B2. Z. 12ff)

o rezeptives und produktives Beherrschen (B12, Z. 9f)

x UK 1.2: Language Awareness bedeutet … o zu erkennen, um welche Sprachen es sich handelt. (B12, Z. 10ff)

o über Wissen von verschiedenen Sprachen zu verfügen. (B14, Z. 8ff)

x UK 1.3: Emotionalität von Sprachen o automatisiertes Denken und Fühlen in Fremdsprachen (B9, Z. 21ff)

o Ausdruck von Gefühlen nicht unbedingt notwendig (B11, Z. 10f)

o Gefühlte Mehrsprachigkeit (vorhandenes Interesse und Lernbereitschaft für

andere Sprachen) (B9, Z. 23; 24)

x UK 1.4: Sprachniveau o unterschiedliche Sprachniveaus möglich (B2, Z. 13f; aus Frage 2: B16, Z. 31f)

o von geringer Bedeutung (B12, Z. 9f)

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K2: Quantitative Kriterien für Mehrsprachigkeit

x mindestens zwei Sprachen (B2, Z. 6f; B12, Z. 9f)

x mehrere Sprachen (B4, Z. 6f, 14; B5 Z. 7f; B11, Z. 7f; B16, Z. 7f; B17, Z. 5f)

x drei Sprachen (B6, Z. 9; aus Frage 2: B16, Z. 31f)

x zwei oder drei Sprachen (B1, Z. 12f; B9, Z. 17ff)

x gesamter sprachliche Besitz (Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprachen und Dialekte)

(B15, Z. 8)

x Vielsprachigkeit (B17, Z. 5-8; B9, Z. 16)

x Erstsprache unterscheidet sich von der Unterrichtssprache (B13, Z. 10-13; B6, Z. 14ff)

K3: Unterscheidung von Mehrsprachigkeit zwischen …

x Individuum und Gesellschaft. (im Idealfall ein Zusammenspiel) (B5, Z. 7ff; B16, Z. 7-11)

x Person und Kulturgruppe. (B7, Z. 8-11)

x Person und Schulklasse. (B9, Z. 16-19)

K4: Bedeutung von Mehrsprachigkeit für …

x UK 4.1: die Gesellschaft: Mehrsprachigkeit …

o orientiert sich an Standards und alles andere wird eher negativ beurteilt. (B4, Z.

10f)

o ist das Ziel der Bildung und gesellschaftlichen Entwicklung mit der Absicht die

kommunikative Mehrsprachigkeit zu verbessern. (B5, Z. 11ff)

o ist die Norm. (B11, Z. 24f)

o ist das Sprachenrepertoire in einem Staatsgebilde, einer Stadt oder einer Schule.

(B16, Z. 9ff)

o bedeutet die Gleichwertigkeit verschiedener Sprachen, die in der Gesellschaft

gesprochen werden. (B8, Z. 6f)

o hat eine besondere Bedeutsamkeit, die sich durch das Angebot des

Fremdsprachenunterrichts zeigt. (aus Frage 2: B6, Z. 21ff)

x UK 4.2: das Individuum: Mehrsprachigkeit…

o ist das anthropologische Potenzial des Menschen zu einer Mehrsprachigkeit zu

kommen, als Ausfaltung seiner Anlagen als Mensch. (B5, Z. 9f)

o ist eine Haltung. (B14, Z. 8)

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o ist ein Mittel zum Zweck. (B14, Z. 37f)

o ist ein Vehikel. (B14, Z. 41)

o dient einem zur Kommunikation und Informationsbeschaffung. (B14, Z. 40f)

o ist funktionsfähig. (B2, Z. 7f; 15)

o ermöglicht einen emotionalen Zugang. (Beziehung) (B9, Z. 26ff)

o trägt zur Erweiterung der individuellen Welt bei. (aus Frage 2: B3, Z. 9f)

K5: Situative Anwendung von Sprachen…

o im Alltag und unter Freunden. (B2, Z. 8-12)

o in der Familie. (B2, Z. 8-12; B6, Z. 11)

o im internationalen Raum. (B6, Z. 12; 17)

o im Nachbarland. (B6, Z. 13f)

o im Unterricht unter den SchülerInnen. (B6, Z. 9-14, 15ff; aus Frage 3: B5, Z.

42ff; B7, Z. 21f, B9, Z. 60f)

o mit Hilfe aller Sprachressourcen. (B10, Z. 5f)

2. Frage: „ Ist Ihrer Meinung nach, Mehrsprachigkeit ein Privileg?“

K6: Mehrsprachigkeit ist ein Privileg, weil …

x sie einem die Fähigkeit verleiht....

o in diversen Situationen adäquat zu reagieren. (B2, Z. 20)

o mit mehr Menschen zu kommunizieren. (B2, Z. 20)

o Literatur aus aller Welt zu lesen. (B2, Z. 20f)

o durch die Förderung von Sprachen eine Zweitsprache leichter zu erwerben. (B17,

Z. 11-16)

x Mehrsprachigkeit einen Beitrag zur Erweiterung der individuellen Welt leistet durch (B3,

Z. 9f)

o die Persönlichkeitsentwicklung. (Offenheit, Toleranz, Neugierde und Verständnis

gegenüber anderen Kulturen) (B9, Z. 33f)

o den Einblick in andere Kulturen und das Verständnis ihnen gegenüber. (B9, Z.

37-40)

x der Fremdsprachenunterricht zeigt, dass sie gesellschaftlich relevant ist. (B6, Z. 21ff)

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x sie eine besondere Bedeutung hat. (B17, Z. 10f)

x jede Sprache bereichernd ist. (B3, Z. 9f; B8, Z. 11ff; B11, Z. 21ff)

x sie ein Privileg gegenüber einsprachigen Menschen darstellt. (B7, Z. 48f)

x sie eine Chance für LehrerInnen ist, wenn sie die Sprachen der SchülerInnen verstehen.

(aus Frage 3: B3, Z. 15-18)

x sich durch die mehrsprachige Kommunikation unter Kindern die Welt für jedes Kind

öffnet. (aus Frage 3: B9, Z. 50ff)

x sie zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls führt. (aus Frage 3: B9, Z. 71)

K7: Mehrsprachigkeit ist kein Privileg, weil …

x die Wahrscheinlichkeit von Halbsprachigkeit gegeben ist. Dadurch wird der

Wissenserwerb erschwert. (B3, Z. 10f; B15, Z. 18f; B8, Z. 19ff)

x sie eine menschliche Anlage ist, die aber auf unterschiedliche Entwicklungsbedingungen

trifft. (B5, Z. 15ff)

x sie die Norm ist. (B4, Z. 19-27; B7, Z. 32-37)

x sie ein Faktum ist. (aus Frage 3: B14, Z. 19-22)

x einsprachige Menschen nicht benachteiligt sind. (B12, Z. 23f, 27; B16, Z. 34ff)

x sie ein Zufallsprinzip der Geburt ist und nicht durch das Sozialgefüge entsteht. (B16, Z.

36ff; B12, Z. 19f)

x Einsprachigkeit ein Exotikum ist. (B14, Z. 24ff)

K8: Forderungen der Befragten zur Frage 2: Mehrsprachigkeit …

x sollte als Privileg betrachtet werden, um die Beachtung und Förderung aller Sprachen zu

ermöglichen. (B17, Z. 17f; 20f)

x sollte als Geschenk betrachtet werden. (Umdenkprozess) (B16, Z. 32f)

x sollte nicht als Luxus betrachtet werden, d.h. kein Privileg sein. (B13, Z. 27f)

x sollte mit dem frühkindlichen Zweitspracherwerb aufgrund der neuronalen Entwicklung

und dem lebenslangen Lernen bereits im Vorschulbereich beginnen. (B13, Z. 24-27)

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K9: Mehrsprachigkeit als Privileg in Abhängigkeit von…

x der Erfüllung einer geforderten Sprachenkenntnis. (B7, Z. 37ff)

x finanziellen Ressourcen. (B7, Z. 39-45; B16, Z. 13f)

x der Wertigkeit der Sprachen im historischen Zeitkontinuum. (B13, Z. 16-20)

x Sprachen: o Ob der Erwerb vieler Sprachen ermöglicht wird. (B1, Z. 25f) o Ob Strategien zum Erwerb von Sprachen angeboten werden. (B1, Z. 25f)

o Welche Sprachen es sind. (B8, Z. 8f, B13, Z. 15f)

o Wo das Niveau des Spracherwerbs liegt. (gute Entwicklung der Bildungs- und

Erstsprache) (B15, Z. 23ff; B16, Z. 14-19)

x der Lebensumgebung:

o Wie die Bewertung von gesprochenen/erworbenen Sprachen erfolgt und welcher

Stellenwert ihnen zukommt. (B4, Z. 16ff; B8, Z. 8f; B16, Z. 20-23) In Europa

sind zum Beispiel westeuropäische Sprachen gemeint. (B4, Z. 30-34)

o Wie die Wahrnehmung der Menschen und der Umgang mit Mehrsprachigkeit

sind. (B4, Z. 27-30; B7, Z. 50-53; B14, Z. 27ff)

o Wie die Förderung und sprachliche Anregungen verlaufen. (B8, Z. 21f)

o Im Migrationsbereich kann sie als Hindernis gesehen werden. (B8, Z. 22f)

o Wie der Bildungshintergrund ist (Sprachförderungen von Fremdsprachen oder die

geringe Wertschätzung von verfügbaren Sprachen). (B8, Z. 15; 21f)

o Ob man in einem mehrsprachigen oder einsprachigen Kontext aufwächst und

(B4, Z. 19; B5, Z. 21ff; B6, Z. 20; B7, Z. 31f; B8, Z. 10f; B11, Z. 21ff) ob die

Chance genützt wird. (B12, Z. 18f)

K10: Synonym für Privileg

x Bereicherung (auch: Gewinn) (B2, Z. 20f; B13, Z. 21)

x Geschenk (B16, Z. 32f)

x Schatz (B8, Z. 11; B11, Z. 22)

x Menschenrecht (B11, Z. 15)

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Ad. 3. Frage: „Wie zeigt sich Mehrsprachigkeit in der Schule?“

K11: Umgang mit Mehrsprachigkeit aus der Sicht der …

x UK 11.1: LehrerInnen … o nehmen Mehrsprachigkeit als störend wahr. (B1, Z. 30)

o messen Erstsprachen aus dem Migrationsbereich einen geringen Stellenwert bei

und werden daher wenig beachtet und wertgeschätzt. (B1, Z. 34ff; B2, Z. 26f)

o thematisieren Mehrsprachigkeit selten aufgrund ihrer Angst vor Kritik oder

Beschimpfung, die aber selten ist. (B15, Z. 35-39)

o halten sich in Bezug auf Sprachen der SchülerInnen zurück, da sich diese

Sprachenvielfalt von ihrer eigenen Sprache unterscheidet. (B15, Z. 41-44)

o lassen Mehrsprachigkeit bei Gruppenarbeiten zu, auch wenn die Lehrerin/der

Lehrer die Sprache der Kinder nicht beherrscht. (B16, Z. 58ff)

x UK 11.2: SchülerInnen … o finden eine Sprache zum Kommunizieren. (B2, Z. 24f)

o haben eine mehrsprachige Kommunikationsfähigkeit. (B5, Z. 42ff)

o können über ein großes Sprachenrepertoire verfügen. (latente Mehrsprachigkeit)

(B7, Z. 19ff)

o lernen Sprachen im Alltag. (B8, Z. 26f)

o Sind verwundert, sobald Mehrsprachigkeit thematisiert wird. (B15, Z. 32-35)

o beherrschen manchmal die Unterrichtssprache oder Erstsprache besser. (B9, Z.

44ff)

o entwickeln eine eigene Sprache je nach Funktion, wenn es eine 90%ige

Mehrsprachigkeit in der Klasse gibt. (B9, Z. 57ff)

o schulen einander in anderen Sprachen wodurch sich ihre Leistung und ihr

Selbstvertrauen im Regelunterricht verbessert. (B9, Z. 72-76)

o verwenden ihre Erstsprache im Unterricht zur gegenseitigen Erklärung, wodurch

sich auch ein Vorteil für das Lernen ergibt. (B15, Z. 39ff)

o sprechen ohne Vorbehalt und Hemmungen in mehreren Sprachen, wenn sie diese

können. (B12, Z. 22f)

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K12: Vorkommen von Mehrsprachigkeit in Schulen: Mehrsprachigkeit zeigt sich …

x selten in Schulen. (B1, Z. 30)

x im Fremdsprachenunterricht (Prestigesprachen). (B1, Z. 32ff)

x nicht im Fremdsprachenunterricht, weil das eine Simulation ist. (B3, Z. 13f)

x in Schulmodellen in denen Lernen in mehreren Sprachen ermöglicht wird, auch im

Fachunterricht. (B5, Z. 38-42)

x in den Pausen, in denen andere Sprachen als die Unterrichtssprache verwendet werden.

(B5, Z. 45f; B7, Z. 21f; B8, Z. 25f; B15, Z. 30)

x in der Lehrer- und Schülerschaft:

o Die Mehrheit der Schulklassen ist angesichts der Schülerpopulation

mehrsprachig. (B6, Z. 34f; B16, Z. 47f; B17, Z. 23)

o Die Lehrerschaft ist eher einsprachig. (B7, Z. 27ff)

o Die Lehrerschaft ist zunehmend mehrsprachig. (B17, Z. 24)

x ist abhängig von den Regionen und der Schulpopulation. (B7, Z. 23-25)

x durch MigrantInnen und Flüchtlinge. (B7, Z. 25ff)

x trotz des Muttersprachenunterrichts im Hintergrund. (B8, Z. 27-30)

x durch Aufschriften an Schulen. (B12, Z. 24)

x in mehrsprachigen Materialien und mehrsprachigen Schulbüchern. (B12, Z. 26)

x in Österreich durch die vielen Lehrkräfte für den Muttersprachenunterricht in zahlreichen

Sprachen. (B16, Z. 55f)

x in Österreich in der dreisprachigen Kinderzeitschrift „TRIO“. (B16, Z. 56f)

x in Österreich, da jedes vierte Kind in der Volksschule über eine andere Sprache neben

der Unterrichtssprache verfügt (B6, Z. 29ff), speziell in Wien gibt es eine hohe Anzahl an

zweisprachigen Kindern (B15, Z. 10f)

x in folgender Vision:

o Im Pflichtschulbereich soll es die Möglichkeit einer Weiterentwicklung und

Entwicklung der Familiensprache und dem Lernen von zwei Fremdsprachen

geben. (B6, Z. 23-26)

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K13: Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schule:

x Die Kommunikation in der Nicht-Unterrichtssprache wird unterbrochen oder

verhindert. (B1, Z. 30ff)

x Mehrsprachigkeit wird genützt oder als Schwerpunkt in Schulen festgelegt. (B7,

Z. 22f)

x Es kommt zur Diskriminierung der Herkunftssprache durch die geringe

Anerkennung. (B8, Z. 32ff)

x Fremdsprachen werden im Unterricht als Vorteil empfunden. (B10, Z. 11f)

x Die Sprachen der Kinder werden als Nachteil empfunden. (B10, Z. 12f)

x Ein sprachenfreundliches Klima und ein Wohlfühlfaktor entstehen durch die

Darstellung von mehrsprachigen Willkommensplakaten oder Projekten. (B15, Z.

44-48)

x Mehrsprachige Kinder werden in der Unterrichtssprache und Muttersprache

gefördert, dabei wird jedoch nur die Sprachkompetenz an der Unterrichtssprache

gemessen (Defizitäre Sichtweise). (B16, Z. 23-27)

x Verbot der Erst- bzw. Herkunftssprachen in den Pausen. (B16, Z. 52ff)

x Es gibt schulische Projekte zum Thema Mehrsprachigkeit. (B16, Z. 60)

x Einsprachigkeitsdogmen oder Mehrsprachigkeitspraxis sind abhängig von der

Schulleitung. (B16, Z. 61f)

x Vielseitige Förderangebote (DaZ, Muttersprachenunterricht) werden durch

mehrsprachige LehrerInnen ermöglicht. (B17, Z. 26f)

x Keine Beherrschung beider Sprachen bedeutet Halbsprachigkeit. Um diese zu

verhindern wird Muttersprachenunterricht oder die Förderung der Schulsprache

unterstützend angeboten. (B9, Z. 43-49)

x In Österreich werden Projekte zur Unterstützung und Darstellung von

Mehrsprachigkeit durch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung

und Wirtschaft (BMWF) initiiert. (B17, Z. 30ff)

x Durch den Gebrauch von der Sprachenvielfalt der Kinder im Unterricht besteht

die Möglichkeit einer interessanteren Gestaltung (Interaktion) und damit

Steigerung des Selbstwertgefühls jedes Kindes. (B9, Z. 69-72)

x Im ladinischen Schulsystem …

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o herrscht die gleichwertige Verwendung zweier Unterrichtssprachen. (B4,

Z. 44f)

o werden Fächer in unterschiedlichen Sprachen unterrichtet (D, I,

Ladinisch). (B4, Z. 44-47)

o wird Zweisprachigkeit berücksichtigt. (B4, Z. 47-48)

o wird Ladinisch in der ersten und zweiten Klasse als Unterrichtssprache,

jedoch in höheren Klassen als Unterrichtsfach eingesetzt. (B4, Z. 48-50)

x Im „voXmi“ Schulnetzwerk …

o geht man auf die mitgebrachten Sprachen der Kinder ein. (B9, Z. 49-51)

o wird die Lernbereitschaft und das Interesse der Kinder für andere

Sprachen genützt. (B9, Z. 51f)

o werden Sprachen dem Umfeld entsprechend bewusst verwendet. (B9, Z.

52-55)

o zeigen mehrsprachig ausgebildete LehrerInnen Möglichkeiten der

Nutzung (Recherche in anderen Sprachen). (B9, Z. 63-69)

K14: Kritikpunkte der ExpertInnen betreffend …

x UK 14.1: der Haltung: o Mehrsprachigkeit wird nicht als Potenzial gesehen. (B1, Z. 34ff)

o Es herrscht eine fehlende Wahrnehmung und Förderung vom schulischen

Sprachenrepertoire. (B17, Z. 24f)

x UK 14.2: des Unterrichts: o Die Beurteilung ist weiterhin an der Unterrichtssprache orientiert. (B16,

Z. 48f)

o Eine Unterrichtssprache ist nicht ausreichend. (B10, Z. 16f)

x UK 14.3: des Bildungssystems: o Die Schule hat die Mehrsprachigkeit bisher nicht genützt. (B7, Z. 14-16;

B14, Z. 32f)

o Mehrsprachigkeit zeigt sich selten im Lehrkörper, wobei dies aber

möglich wäre. (B12, Z. 23ff)

o Durch das heutige Schulsystem kommt es eher zur Abgewöhnung und

Verhinderung als Ausbildung von Mehrsprachigkeit, das durch wenige

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Mittel und die Tatsache, dass die Nationalsprache im Vordergrund steht,

begründet ist. (B5, Z. 29-35)

o In Österreich hat die Leistungsbeurteilungsverordnung keinen expliziten

Passus bezüglich Mehrsprachigkeit oder Deutsch als Zweitsprache. (B16,

Z. 49ff)

o In Wien wird der Muttersprachenunterricht zwar forciert, aber es gibt

keine ausreichenden Ressourcen. (B8, Z. 32ff)

K15: Forderungen der ExpertInnen an das Schulsystem, betreffend …

x UK 15.1: der Haltung: o Öffnung gegenüber der Mehrsprachigkeit (B4, Z. 59), d.h. die

Überwindung der Schulsprache, um eine kindgerechte Sprache zu

ermöglichen. (Schulsprache ist: der Zwischenraum zwischen

Unterrichtssprache und Sprache der SchülerInnen) (B5, Z. 46-51)

o Alle Sprachen sollten gleichwertig behandelt werden. (B2, Z. 28ff)

x UK 15.2: der Förderung… o der Unterrichtssprache (B1, Z. 36f) und der vorhandenen Sprachen wie

bei den Fremdsprachen im Fremdsprachenunterricht. (B13, Z. 30)

x UK 15.3: des Unterrichts: o Die Sprachen der Kinder sollten als Ressource im Unterricht thematisiert

werden. (B1, Z. 38ff)

o Gleichwertige Verwendung der Regional- und Minderheitensprachen

sollte forciert werden. (B4, Z. 53-56)

o Es könnte ein Mehrsprachigkeitsunterricht in Form von

Sprachvergleichen von linguistischen Inhalten der Wesens- und

Wertebildung kommen. (B4, Z. 56-63)

o Aufgrund der Sprachen der Schüler- und LehrerInnen könnte es

Einheiten geben, in denen ein Kultursprachaustausch durch das

gegenseitige Erzählen über die jeweiligen Sprachgebiete präsenter wird.

(B4, Z. 63-68)

o Die Wertschätzung aller Sprachen einer Klasse soll durch die Nutzung

aller Mittel im Schulbereich gewährleistet werden. (B11, Z. 30-33)

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o Es soll ein Angebot von Minderheitensprachen als

Fremdsprachenunterricht geben. (B13, Z. 34f)

o Es sollte für jedes Kind der Erwerb von anderen Sprachen nach Belieben

ermöglicht werden, auch wenn es sich nicht um die Muttersprache

handelt. (aus Frage 2: B11, Z. 15-18)

x UK 15.4: des Bildungssystems: o Der Beginn soll im Kindergarten dominieren (B13, Z. 31), da

frühkindlicher Spracherwerb durch Kommunikation, Hören und

Aufnehmen geschieht. (B5, Z. 23-29)

o Wenn es das Schulsystem ermöglicht, könnte es eine Option für das

Lernen mehrerer Sprachen geben. (B5, Z. 33f)

o Aufgrund mangelnder Beherrschung der Unterrichtssprache seitens der

SchülerInnen, sollte eine Ausbildung für LehrerInnen, die sie befähigt

die Unterrichtssprache als Zweitsprache zu lehren, verpflichtend sein.

(B10, Z. 17-20)