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RAY LONG
VINYASA FLOWSTANDHALTUNGEN
UND
Y O G A A N A T O M I E 3 D
Long_Yoga_Anatomie_3D_alle_Titeleien.indd 1 14.10.14 12:45
© des Titels »Yoga Anatomie 3D Teil 1« von Ray Long (ISBN Print: 978-3-86883-469-7)2015 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München
Nähere Informationen unter: http://www.riva-verlag.de
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Die Bücher dieser Reihe sollen Ihnen helfen, die funktionelle Anatomie des Yoga zu ver-
stehen. Obwohl alle Asanas miteinander verbunden sind, haben wir sie aus didaktischen
Gründen nach ihrer allgemeinen Form in verschiedene Kategorien eingeteilt. Mit diesem
ersten Buch möchten wir verdeutlichen, wie sich die westliche Wissenschaft mit der Pra-
xis des Vinyasa Flow und den Standhaltungen verbinden lässt. Im Vinyasa Flow werden
einzelne Asanas aus verschiedenen Kategorien in eine sich stetig wiederholende Übungs-
folge eingebettet. Diese dynamische aerobische Praxis verbindet Atmung und Bewegung,
um Muskeln, Sehnen und Bänder aufzuwärmen, Hitze zu erzeugen und über das Schwit-
zen zu entgiften. Das Üben in einem aufgeheizten Raum verstärkt diese Wirkung noch. Im
ersten Teil des Buches beschäftigen wir uns mit der praktischen Anwendung westlichen
Wissens auf die Praxis des Vinyasa Flow.
Im zweiten Teil folgen die Standhaltungen. Wer Hatha-Yoga lernt, beginnt mit
diesen Grundübungen. Sie dehnen und kräftigen die Beinmuskulatur, öffnen Hüften
und Becken. Das Üben macht alltägliche Anstrengungen wie das Stehen und Gehen
mühelos und angenehm. Die Beanspruchung der Muskulatur und Gelenke der Beine
stimuliert die Nervenzentren in diesem Bereich und erhöht die elektrische Aktivität im
Lenden-Kreuz-Geflecht (Plexus lumbosacralis). Dies wiederum lässt die ersten beiden
Chakren des Energiekörpers aufleuchten und hilft, die im Laufe eines Lebens ent-
stehenden Energieblockaden zu beseitigen. Durch diese Verbindung aus biomecha-
nischen, physiologischen und energetischen Vorgängen unterscheidet sich Yoga von
anderen Formen körperlicher Bewegung.
EINLEITUNG
© des Titels »Yoga Anatomie 3D Teil 1« von Ray Long (ISBN Print: 978-3-86883-469-7)2015 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München
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Abbildung 1 Der Abschnitt
„Schlüsselprinzipien“ zeigt, wie
Sie biomechanische und physiolo-
gische Grundsätze auf die Asanas
übertragen können. Lesen Sie ihn
gleich zu Beginn, und frischen Sie
Ihr Wissen zwischendurch immer
wieder auf.
Beim Yogaüben ist es, als würde man eine Reihe von Türen durchschreiten, die immer neue
Möglichkeiten im Hinblick auf die Haltungen eröffnen. Der Schlüssel zur ersten Tür ist das Ver-
ständnis für die Stellung der Gelenke. Es hilft erkennen, welche Muskeln der Haltung ihre Form
verleihen und welche gedehnt werden. Um die Gelenke in die gewünschte Position zu bringen,
müssen Sie die richtigen Muskeln anspannen. Kontrahieren Sie zunächst die Agonisten, um
die Knochen auszurichten. Zur Vertiefung der Haltungen benötigen Sie Ihr physiologisches
Wissen. So erzeugen Sie Länge in den gedehnten Muskeln. Wenn Sie diese Grundprinzipien
beachten, ergeben sich die Haltungen wie von selbst und Yoga entfaltet seine wohltuenden
Wirkungen wie mehr Beweglichkeit, Gewahrsein, Wohlbefinden und Entspannung.
Diese Buchreihe funktioniert nach dem Baukastenprinzip. Jeder Band rückt eine andere
Gruppe von Asanas in den Mittelpunkt und enthält folgende Elemente:
• Schlüsselprinzipien: die Beschreibung biomechanischer und physiologischer
Grundsätze und ihrer Anwendung auf bestimmte Haltungen.
• Bandha Yoga Codex: fünf einfache Schritte, um Beweglichkeit, Kraft und Präzision in
den Asanas zu verbessern.
• Asanas: eine genaue Darstellung der einzelnen Haltungen.
• Verzeichnis der Bewegungen: eine Erläuterung aller Bewegungsabläufe sowie
Tabellen, in denen die Muskeln und ihre Bewegungen aufgeführt sind.
• Verzeichnis der Anatomie: eine bildhafte Darstellung der Knochen, Bänder und
Muskeln (mit Ursprung, Ansatz und Funktion).
• Glossar
• Register – Die Haltungen
HINWEISE ZUR VERWENDUNG DIESES
BUCHES
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HINWEISE ZUR VERWENDUNG D IESES BUCHES 7
Abbildung 4 Zu jeder Haltung gibt es
eine Schritt-für-Schritt-Erklärung, welche
Muskeln aktiviert werden müssen, um
die Gelenke in die korrekte Position zu
bringen, sowie eine Zusammenfassung
der gedehnten Muskeln. Die kontrahierten
Muskeln werden blau (die Hauptmuskeln
dunkelblau), die gedehnten rot dargestellt.
Mit diesen Informationen können Sie die
Anatomie jeder Haltung meistern.
Abbildung 2 Die Überblicksseite zu
einem Asana illustriert die Grundbewe-
gungen der Gelenke und Grundpositionen
des Körpers. Hier finden Sie sowohl den
deutschen Namen als auch die San-
skritbezeichnung der Haltung. Die Seite
soll Ihnen helfen, die Grundform des
Asanas zu erlernen, und weitere Details
vermitteln.
Abbildung 3 Der Vorbereitungsteil
zeigt, wie Sie in die Haltung kommen.
Falls Sie neu oder ein wenig steif sind,
üben Sie eine der aufgeführten Varianten.
Die Vorübungen beanspruchen im Allge-
meinen die gleichen Muskelgruppen wie
das Asana selbst. Die Haltung wird Ihnen
guttun, ganz gleich welche Variante Sie
wählen.
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8 Yoga-anatomie 3D | BUCH 1
Einer meiner Lieblingslehrer, Professor Norman Fryman
von Parsons The New School for Design, begann seinen
Kurs mit der Aufzählung der Eigenschaften, die für erfolg-
reiche Bemühungen jedweder Art vonnöten sind: gesun-
der Menschenverstand, Disziplin und Liebe zum Detail.
Hier einige Vorschläge, wie Sie sie auf Ihre Yogapraxis
übertragen können:
1. Gesunder Menschenverstand. Erzwingen Sie nie eine
Haltung. In vielen Asanas gelangen die Gelenke an die
Grenzen ihrer Beweglichkeit. Wenn Sie etwas erzwingen,
können die umliegenden Knorpel, Bänder und Muskeln
Schaden nehmen. Die Bücher dieser Reihe zeigen, wie
Sie auf physiologische Weise Blockaden auflösen und die
Beweglichkeit der Gelenke erhöhen können. Wenn Sie Ihr
physiologisches Wissen nutzen, statt Gewalt anzuwenden,
handeln Sie nach dem chinesischen Sprichwort: „Wenn es
dir schwerfällt, dein Ziel zu erreichen, so halte daran fest,
aber ändere die Strategie.“
2. Disziplin. Im Yoga geht es um Freiheit – Freiheit der
Bewegung, des Denkens und der Energie. Seien Sie des-
halb sparsam mit Disziplin. Schaffen Sie einen Ausgleich
zwischen Intensität und Stetigkeit. Regelmäßige kurze
Übungseinheiten sind besser als intensive Exzesse. Sie
machen Yoga zu einem Teil Ihres Lebens, bewirken dauer-
hafte Veränderungen und öffnen die Energiekanäle.
Ein Timer verbindet moderne Technik und Yoga.
Yogameister B. K. S. Iyengar übte oft mit Stoppuhr. Auch
ich finde dies hilfreich, da ich so beide Körperseiten
gleichmäßig trainieren kann. Zudem setzt ein Timer
klare Grenzen (zum Beispiel von 30 Sekunden). Wenn der
Alarm ertönt, ist das Asana für mich abgeschlossen und
ich denke nicht mehr daran. Der Timer ist wie ein Guru.
Disziplin kann auch heißen, unmittelbar im Anschluss an
Savasana oder die Endentspannung kurz über die Übungs-
einheit nachzudenken – Was war gut? Wo haben Sie sich
verbessert? – und dann loszulassen. Yogalehrer können
dies nach dem Unterricht tun. Dieser kurze Moment
verankert die Praxis in Ihren Schaltkreisen, da Ihr Unbe-
wusstes die Ruhepausen zur Integration der Früchte Ihrer
harten Arbeit nutzt. Die bewusste Reflexion verbindet die
Praxis mit dem Unbewussten und verstärkt ihre Wirkung.
3. Liebe zum Detail. Der Kunsthistoriker Aby Warburg
sagte: „Der liebe Gott steckt im Detail.“ Wenn wir mit
korrekter Ausrichtung Hatha-Yoga praktizieren, wird der
Körper das Mittel zur Einheit. Beim Atmen und Üben
schenken chemische Veränderungen Wohlbefinden und
Entspannung. Kommt Drishti – Fokus – hinzu, beruhigt
sich der Geist. Die Bücher dieser Reihe dienen als Wegwei-
ser zu den Muskeln, die kontrahiert und gedehnt werden,
und als schrittweise Anleitung zu allen Asanas. Wenn Sie
den Fokus auf die Muskeln legen, welche die Gelenke in
Stellung bringen, verbessern Sie Haltung, Ausrichtung und
Gemütszustand.
RICHTLINIEN FÜR DIE PRAXIS
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DIE SCHLÜSSEL-PRINZIPIEN
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10 Yoga-anatomie 3D | BUCH 1
Bezeichnend für die Beziehung von Agonist und Antagonist
ist, dass die Muskeln an den gegenüberliegenden Seiten
eines Gelenks an- und entspannen – ein biomechanisches
Yin und Yang. Ein Muskel kontrahiert, um ein Gelenk zu
bewegen. Ein anderer arbeitet dagegen und wird gedehnt.
Wenn Sie das Knie strecken, ist der kontrahierende Quad-
rizeps (Quadriceps femoris) der Agonist. Die Muskeln der
Oberschenkelrückseite sind die Antagonisten und werden
gedehnt. Wenn Sie das Knie beugen, sind die hinteren
Oberschenkelmuskeln die Agonisten, der Quadrizeps ist
der Antagonist. Die Bewegung eines Gelenks durch Mus-
kelkontraktion ist ein biomechanisches Ereignis, verbun-
den mit einem physiologischen Ereignis – der reziproken
Hemmung. Denn wenn das Gehirn dem Agonisten sig-
nalisiert, dass er kontrahieren soll, erhält der Antagonist
gleichzeitig den Befehl zur Entspannung – ein physiologi-
sches Yin und Yang. Das Verständnis der wichtigen Ago-
nisten und Antagonisten ist ein Schlüssel zu erfolgreichen
Yogahaltungen. Daher sollte man sich das Wissen um die
Muskeln und ihre Funktionen aneignen.
AgOniST/AnTAgOniST: REZiPROKE HEMMung
SCHLÜSSELPRINZIP
Abbildung 1 Im Dreieck (Utthita Trikonasana) streckt der
Quadrizeps das Knie und richtet den Oberschenkelknochen
mit dem Schienbein aus. Die Gelenkkongruenz bleibt gewahrt,
Verletzungen werden vermieden. Wird der Quadrizeps des
vorderen Beins (der Agonist) angespannt, enthalten die Muskeln
der Oberschenkelrückseite (die Antagonisten) das Signal zur
Entspannung. Dadurch können Sie tiefer in die Haltung gehen.
Dies ist ein Beispiel für reziproke Hemmung. Testen Sie es selbst
und spüren Sie den Unterschied in der Dehnung, wenn Sie den
Quadrizeps des vorderen Beins anspannen.
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SCHLÜSSELPRINZ IP : AGONIST/ANTAGONIST: REZ IPROKE HEMMUNG 11
Abbildung 2 In der Vorbeuge aus dem
Stand (Uttanasana) beugen die geraden Bauch-
muskeln (Rectus abdominis) den Rumpf. Ihre
Antagonisten, die Rückenstrecker (Erector
spinae) und die quadratischen Lendenmuskeln
(Quadratus lumborum), erhalten das Signal
zur Entspannung. Spannen Sie bei Vorbeu-
gen die geraden Bauchmuskeln an, um die
Rückenstrecker intensiver zu dehnen.
Abbildung 3 In der gestreckten Winkelhaltung (Utthita
Parsvakonasana) beugt der Lenden-Darmbein-Muskel (Iliopsoas)
die Hüfte und kippt das Becken nach vorne (Anteversion).
Sein Antagonist, der große Gesäßmuskel (Gluteus
maximus), erhält den Befehl zur Entspannung.
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12 Yoga-anatomie 3D | BUCH 1
SCHLÜSSELPRINZIPMuSKEliSOlATiOnDie Muskeln bringen Gelenke und Knochen in Posi-
tion. Wir können zwar auch mithilfe der Schwerkraft
und anderer Kräfte in ein Asana kommen, doch nur die
bewusste Kontraktion bestimmter Muskeln ermöglicht
Präzision. Isolieren Sie die für die Bewegung der wichti-
gen Gelenke verantwortlichen Muskeln, um eine Haltung
zu formen. Die folgenden Hinweise sollen Ihnen helfen,
diejenigen Muskeln zu aktivieren, auf die es in den Stand-
haltungen ankommt. Sie können auch mit der Vorstel-
lungskraft arbeiten. Betrachten Sie die Abbildungen und
visualisieren Sie die aktiven Muskeln.
Abbildung 2 In der gestreckten
Winkelhaltung (Utthita Parsvakonasana)
beugt der Lenden-Darmbein-Muskel
(Iliopsoas) Rumpf und Hüfte. Stützen Sie
den Ellenbogen auf den Oberschenkel und
neigen Sie den Rumpf, um die Bewegung
zu isolieren. Drücken Sie das Bein gegen
den Ellenbogen, um die Kontraktion zu
spüren. Aktivieren Sie diesen Muskel bei
allen Asanas mit Hüftbeugung zur Stabili-
sierung des Körpers.
Abbildung 1 Im Krieger I (Virabhadrasana I)
strecken die Gesäßmuskeln die Hüfte und kippen das
Becken nach hinten (Retroversion). Kneifen Sie dazu die
Pobacke zusammen und rollen Sie das Steißbein ein.
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SCHLÜSSELPRINZ IP : MUSKEL ISOLAT ION 13
Abbildung 3 Bei der intensiven Flankendehnung
(Parsvottanasana) bewirken der mittlere Gesäßmuskel
(Gluteus medius) und der Schenkelbindenspanner (Tensor
fasciae latae) die Abduktion und Einwärtsdrehung des
hinteren Beins. Der Schenkelbindenspanner unterstützt
zudem die Kniestreckung durch den Quadrizeps (Quad-
riceps femoris). Isolieren Sie diese Muskeln, indem Sie
versuchen, den hinteren Fuß vom vorderen wegzuziehen.
Sie werden spüren, wie sie kontrahieren und die Kniekehle
öffnen.
Abbildung 4 Über leicht zugängliche Muskeln
lassen sich schwer zugängliche Muskeln isolieren
und aktivieren. Dieses Phänomen heißt Rekrutie-
rung. Pressen Sie in der Mächtigen (Utkatasana) die
Knie aneinander, um die Oberschenkeladduktoren
anzuspannen. Ziehen Sie die Anusschließmuskeln
zusammen, um den Beckenboden zu aktivieren. Dies
ist Mula Bandha. Sie werden feststellen, dass der
Wurzelverschluss bei zusammengepressten Knien
leichter fällt.
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14 Yoga-anatomie 3D | BUCH 1
Das I Ging, das klassische chinesische „Buch der Wand-
lungen“, widmet dem Yoga ein Hexagramm: „das Stille-
halten“. Frei nach Richard Wilhelm setzt Bewegung die
Alternative der Stille voraus. Wir bewegen den Körper,
um in die Asanas zu kommen, in denen wir letztlich Stille
und Stabilität suchen. Diese Ruhe lässt sich unter ande-
rem durch Co-Aktivierung erreichen. Dazu gibt es viele
Möglichkeiten, es werden jedoch immer mindestens zwei
Muskeln gleichzeitig kontrahiert. In Standhaltungen zum
Beispiel können wir das Becken stabilisieren, indem wir
den Lenden-Darmbein-Muskel (Iliopsoas) des vorderen und
den großen Gesäßmuskel (Gluteus maximus) des hinteren
Beins anspannen. Die Stille im Becken breitet sich im gan-
zen Körper aus (Abb. 1).
CO-AKTiViERungSCHLÜSSELPRINZIP
A b b i l d u n g 2 Die Darstellungen zeigen die Dynamik
der Co-Aktivierung von Lenden-Darmbein-Muskel und gro-
ßem Gesäßmuskel an einer Reihe von Standhaltungen mit
zunehmender Beckendrehung. Die Anordnung der Asanas
ermöglicht die bewusste Kontrolle über diese beiden Mus-
keln – vor allem den Lenden-Darmbein-Muskel. Das dabei
gewonnene Bewusstsein hilft, sie auch in anderen Asanas zu
kontrahieren, um den Rumpf noch stärker zu beugen und die
Stabilität zu verbessern.
Abbildung 1
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SCHLÜSSELPRINZ IP : CO-AKT IV IERUNG 15
Abbildung 4 Die Co-Aktivierung der Atemhilfsmuskula-
tur öffnet den Brustkorb und verbessert die Atmung. Zie-
hen Sie mit den rautenförmigen Muskeln (Rhomboidei) die
Schulterblätter zur Wirbelsäule. Dies stabilisiert die Schul-
terblätter und öffnet den Brustkorb. Aktivieren Sie in die-
ser Haltung die kleinen Brustmuskeln (Pectoralis minor),
indem Sie versuchen, die Schultern nach vorne zu rollen.
Da die rautenförmigen Muskeln die Bewegung verhindern,
überträgt sich die Kraft der Kontraktion der kleinen Brust-
muskeln auf ihren Ursprung am Brustkorb und hebt ihn
an. Kontrahieren Sie die vorderen Sägemuskeln (Serratus
anterior), um die Brust noch stärker zu weiten. Die Atmung
vertieft sich.
Abbildung 3 Mit Co-Aktivierung lassen sich auch Schultern und
Arme stabilisieren: Drehen Sie die Handflächen nach unten. Bei
dieser Einwärtsdrehung der Unterarme kontrahieren die runden
und viereckigen Einwärtsdreher (Pronator teres und quadratus).
Drehen Sie die Schultern auswärts, um die Untergrätenmuskeln
(Infraspinatus) und kleinen runden Muskeln (Teres minor) der
Rotatorenmanschette zu aktivieren. Strecken Sie mit den Trizepsen
(Triceps brachii) die Ellenbogen. Die Innenrotation der Unterarme
und die Außenrotation der Schultern verschrauben die Arme auf
ganzer Länge, straffen die Bänder der Ellenbogen und stabilisieren
die Gelenke.
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