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27.05.2010 Prof. Dr. Ernst Halbmayer | VO Einführung in die Methoden der KSA 1 VO Einführung in die Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie 10.Einheit Analysestrategien: Kodierstrategien & Memos in der Ethnographie und Grounded Theory

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27.05.2010 Prof. Dr. Ernst Halbmayer | VO Einführung in die Methoden der KSA 1

VO Einführung in die Methoden der

Kultur- und Sozialanthropologie

10.Einheit

Analysestrategien:

Kodierstrategien & Memos in der Ethnographie und Grounded Theory

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Auswertungsstrategien

Daten sprechen nicht für sich selbst Auswerten Interpretieren

Quantitativ/Qualitativ numerisch nicht numerisch

visuell/deskriptiv

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Ebenen der Textanalyse Auf der syntaktischen Ebene geht es um die Beziehung zwischen den Zeichen.

D.h. es handelt sich um eine formale Textanalyse, die z.B. auf grammatikalischen Strukturen (Phonetik, Lehre vom Satzbau etc.) und die Mittel der Zeichendarstellung abstellt, aber auch den spezifischen Stil von SprecherInnen/AutorInnen untersuchen kann.

Auf der semantischen Ebene geht es um die Beziehung zwischen den Zeichen und dem Bezeichneten. Es steht die Frage nach der Assoziation der Zeichen zu bestimmten Objekten, Ideen und Begriffen

und ihrer Bedeutung im Zentrum. Unter diesem Aspekt würde man einen Text z.B. auf die in ihm vorkommenden Themen und ihre Bedeutung hin analysieren, wie es z.B. auch im Rahmen der interpretativen Anthropologie der Fall ist.

Auf der pragmatischen Ebene steht die Frage nach der Beziehung von Zeichen und ihren Benutzern sowie der Situation im Vordergrund. Es geht also um die Wirkung der Zeichen in der sozialen Praxis. Hier können einerseits Analysen der

Folgen und Wirkungen von Kommunikation durchgeführt werden, andererseits aber auch der Frage nach gegangen werden, wie mit Kommunikation Macht-, Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse verschleiert, legitimiert und aufrecht erhalten werden können (z.B. kritische Diskursanalyse). Es geht also um Sprache als eine Form sozialer Praxis, oder - mit John Austin (1967) formuliert - um die Frage "how to do things with words".

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Zwei Beispiele zur Analyse von Daten:Kode-Indikator vs. sequenzielle Analyse Kode- Indikator-Modell. In dieser Logik

werden einzelnen Datenausschnitten abstraktere Begrifflichkeiten (Kodes) zugeordnet und in weiterer Folge Beziehungen zwischen den Kodes entwickelt.

Dies ist etwa im Rahmen der Grounded Theory, der qualitativen Inhaltsanalyse oder häufig bei der ethnographischen Analyse von Feldnotizen der Fall.

Eine solche Analyse bricht die zeitliche Struktur der Ereignisse auf und verbindet entlang allgemeinerer Konzepte Daten miteinander, die von unterschiedlichen Beobachtungen und aus unterschiedlichen Kontexten stammen können.

Im Zentrum steht die Entwicklung von Kodes und Konzepten und der Beziehungen zwischen diesen im Zuge der Theorieentwicklung

Sequenzanalyse. Dem stehen Verfahren gegenüber, die sich am Ablauf bzw. der Abfolge von Ereignissen orientieren und davon ausgehen, dass ein adäquates Verständnis nur entlang der sequentiellen Abfolge der Ereignisse erreicht werden kann. Dazu gehört etwa das sequenzanalytische Vorgehen im Rahmen der objektiven Hermeneutik (Reichertz 2000),

Im Zentrum steht im Sinne der Hermeneutik, die Interpretation von Sinneinheiten.

Die Hermeneutik ist die "Kunst" des Verstehens und Deutens von Texten, Verhaltensweisen und Kulturmustern. Sie ist nach dem griechischen Gott Hermes benannt, der das Verstehen zwischen Göttern und Menschen und damit auch zwischen Menschen und Menschen gefördert hat.

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Einige weitere Analyseverfahren

Inhaltsanalyse fokussiert auf manifeste Kommunikationsinhalte, mit dem Ziel von den Textmerkmalen

auf den Kontext (auf den Autor, die Situation bzw. die Rezipienten) zu schließen.

Diskursanalyse Der (post)strukturalistische Diskursbegriff, in Anschluss an Foucault, stellt die Frage, wie

gesellschaftliche Interaktionen Gegenstände, Themen, Begriffe etc. konsituieren und wie sich diese, im Sinne einer historischen Diskursanalyse, im Laufe der Zeit verändern.

Zentrale Fragestellungen sind die kommunikative Konstitution von Wirklichkeit, Veränderungen dieser Wirklichkeitskonstruktionen, das soziale Wissen bestimmter Gruppen oder der Gesamtgesellschaft diskursive Machtwirkungen: Was darf gesagt werden? Was darf nicht gesagt werden?

Synchrone Weiterentwicklungen der Diskursanalyse stellen die unterschiedlichen Ansätze der so genannten kritischen Diskursanalyse dar. Diese beziehen sich neben Michel Foucault insbesondere auf Theorien von Antonio Gramsci und der Frankfurter Schule, d.h. des Neomarxismus.

Konversationsanalyse ist im Rahmen der US-amerikanischen ethnomethodologische Tradition (Garfinkel)

entstanden und fokussiert auf Mikro-Analysen des Ablaufs, der Themenorganisation und der Rollen in face- to-face-Gesprächen.

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Methodenspezifische Analyseverfahren vs. integrative Analysestrategien

Methodenspezifische Analyseverfahren gibt es viele…

Integrative Analysestrategien betreiben implizite Datentriangulation

Wobei Triangulation im Sinne von Flick, der sich hier auf Fielding und Fielding (1986: 33) beruft, nicht als „Strategie der Validierung sondern vielmehr als Alternative dazu“ (Flick 2004: 18f) aufgefasst wird. Die zusätzliche Geltungsbegründung wird „über eine größere Angemessenheit und umfassendere Gegenstandsabbildung durch die eingesetzte Methodenvielfalt und nicht über die einseitige oder wechselseitige Validierung der Einzelergebnisse angestrebt.“ (Flick 2004: 19).

D.h. die Geltungsbegründung ergibt sich aus dem umfassenderen, komplexeren und multidimensionaleren Bild, welches sich aus dieser Vielfalt der Beobachtungsstandpunkte ergibt. Sie ist keine Strategie die die Überprüfung der Gültigkeit von einzelnen Teilerergebnissen zum Ziel hat.

Insbesondere im Zuge der Bearbeitung von Feldnotizen relevant.

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Fieldnotes Zu den Textsorten, welche die fieldnotes umfassen,

gehören u.a.: Stichwörter, ausgearbeitete Feldnotizen, Transkripte, spezialisierte Datensammlungen (-> eigene

Analysestrategien) eine Metadatendokumentation sowie schriftliche Interaktionen aus dem Feld. 

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Die Analyse der Feldnotizen

Zu einer ersten Analyse der eigenen Feldnotizen gehört:

das Lesen des gesamten Korpus der Aufzeichnungen das Codieren der Feldnotizen das Stellen von Fragen an die Fieldnotes das Verfassen von Memos

Wann sollte die Analyse stattfinden? Keine strikte Trennung von Erhebungs- und Analysephase

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Das Lesen der Fieldnotes

Fieldnotes werden diese im Zuge der Analyse als Datenset behandelt und analytisch, d.h. mit einem Blick von außen gelesen. Dies impliziert eine emotionale Distanz. Dieses gründliche und systematische Lesen dient dazu Themen, Muster

und Variationen innerhalb der Fieldnotes zu identifizieren. Analoge Ereignisse bzw. Phänomene können nun durch Kodes

miteinander in Verbindung gebracht werden.

Dieses close reading ermöglicht in einem relativ kurzen Zeitraum aufzunehmen, was alles beobachtet und aufgezeichnet wurde.

Es ermöglicht Muster zu erkennen zu vergleichen neue Einsichten, Hypothesen und Interpretationen zu generieren Lücken im Datenmaterial und neue Fragestellungen zu identifizieren, welche die weiteren

Forschungsschritte anleiten.

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Das Kodieren von Fieldnotes Beim Codieren der gesammelten Daten werden Teile der Daten z.B.

bestimmte Textausschnitte mit ausgewählten Begriffen bzw. Kategorien verknüpft.

Diese Begriffe bzw. Kategorien werden Kodes genannt. Sie ermöglichen eine Indizierung des Materials und machen relevante Stellen rasch auffindbar und miteinander verknüpfbar.

In der Bezeichnung des Kodes kommt der Inhalt des Datenausschnitts auf eine kurze, prägnante und vergleichsweise abstrakte Weise zum Ausdruck.

Kodes können von außen, als etischer Kategorien, an das zu analysierende Material herangetragen werden. In diesem Fall werden die Kategorien aus bestehenden Theorien übernommen oder bereits existierende standardisierte Kodeschemata verwendet (z.B. das Outline of Cultural Materials).

Analysestrategien, die an der Entwicklung von Theorien bzw. an der ethnographischen Analyse lokal verwendeter, emischer Kategorien und Verhaltensweisen interessiert sind, entwickeln eigene Kodeschemata.

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Kodes können also auf

externe Ordnungslogiken und Theorien, die an die Daten herangetragen werden, Aus einer ethnographischen Perspektive besteht beim Herantragen externer

Ordnungslogiken, Begriffe und Theorien die Gefahr lokale Bedeutungen, Ordnungslogiken und Theorien zu ignorieren oder zu verkennen und deshalb eurozentristisch zu interpretieren. 

ethnographisch auf Konzepte lokaler Akteure und emische Kategorien als Ausdruck einer spezifischen Kultur

und können zur Entwicklung gegenstandsbezogener Theorien im Sinne der Grounded Theory genützt werden

spezifische Betrachtungsweisen des Inhalts, d.h. sie bringen eine analytische Perspektive zum Ausdruck.

Textstellen können auch mit mehreren Kodes belegt werden

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Drei zentrale Kodierstrategien

das offene Kodieren

das Kodieren vor dem Hintergrund von Fragestellungen

vor dem Hintergrund der Konzeptualisierung einer ethnographischen Erzählung

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Das offene Kodieren Lesen der Texte und das Markieren von Textstellen durch kurze, prägnante

und vergleichsweise abstrakte Konzepte (Kodes), die den Inhalt der jeweiligen Textstelle charakterisieren.

Dabei entwickelt man eine Vielzahl von Kodes und ordnet sie einzelnen Textstellen zu. Die resultierende Liste von Kodes bildet die zu analysierenden Phänomenbereiche ab.

Wenn man verschiedenen Textstellen den selben Kode zuweist, stellt man systematische Beziehungen zwischen unterschiedlichen und bis dato nicht miteinander verbundenen Datenausschnitten her

Der Kode kann aus einem einzigen Wort oder aus mehreren möglichst prägnanten Wörtern bestehen.

Kodes sollten möglichst einheitlich und eindeutig verwendet werden. präzise definieren d.h. festzulegen welche Datenausschnitte mit solchen

Kodes belegt werden können. die Bedeutung einzelner Kodes kann sich im Laufe der Analyse

verändern Kodenotizen

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Konzeptualisieren: das Benennen der Phänomene

Arbeitsplatz Beobachten Küchenarbeit Informationsweitergabe Aufmerksamkeit Unaufdringlichkeit Effizienz Überwachen Qualität Timing der Bedienung Reaktion und Zufriedenheit der Gäste Unterstützung geben Erfahrenheit Informationsgewinnung Beraten

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Konzeptualisieren: das Benennen der Phänomene Arbeitsplatz Beobachten Küchenarbeit Informationsweitergabe Aufmerksamkeit Unaufdringlichkeit Effizienz Überwachen -> Warum, Was? Qualität Timing der Bedienung Reaktion und Zufriedenheit der Gäste Unterstützung geben Erfahrenheit Informationsgewinnung Beraten

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Konzeptualisieren: das Benennen der Phänomene

Überwachen -> Warum, Was? Arbeit, die sich auf das Beurteilen und Aufrechterhalten des

Arbeitsflusses bezieht

Speisendirigentin

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Kategorien analytisch entwickeln: Eigenschaften & Dimensionen

Kategorie Eigenschaften Dimensionale Ausprägung

(pro Ereignis)

Beobachten Häufigkeit oft--------nie

Ausmaß viel--------wenig

Intensität hoch--------niedrig

Dauer lang--------kurz

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Kategorien analytisch entwickeln: Eigenschaften & Dimensionen

Kategorie Eigenschaften Dimensionale Ausprägung

(pro Ereignis)

Beobachten Häufigkeit oft--------nie

Ausmaß viel--------wenig

Intensität Hoch--------niedrig

Dauer lang--------kurz

Dimensionales Profil

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Axiales und thematisches Kodieren(Kodieren vor dem Hintergrund von Fragestellungen)

In der Grounded Theory legt die Strategie des axialen Kodierens nach Anselm Strauss bereits einen spezifischen Analysefokus fest.

Für vergleichende Analysen hat Uwe Flick die Strategie des thematischen Kodierens entwickelt.

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Axiales Kodieren

Im Gegensatz zur Ergründung lokalspezifischer, emischer kultureller Konzepte stellt die

Grounded Theory auf die Entwicklung gegenstandsbezogener Theorien ab. Dies tut sie ausgehend von Phänomenen, an welche nach Anselm Strauss und Juliet Corbin (1996) folgende Fragen gerichtet werden:

Was sind die ursächlichen Bedingungen des Phänomens? Was ist der Kontext? Was sind die intervenierenden Bedingungen? Was sind die Handlungs- und interaktionalen Strategien? Was sind die Konsequenzen?

Diese Fragen bringen das sogenannte Kodierparadigma zum Ausdruck. Ausgehend von einem Phänomen werden dabei unterschiedliche

Kodes/Kategorien miteinander in Beziehung gesetzt. Dieses In-Beziehung-Setzen unterschiedlicher Kodes und Kategorien ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entwicklung einer gegenstandsbezogenen Theorie.

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Quelle: Disselkamp-Niewiarra (2000: 504)

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Thematisches Kodieren Ausgehend von einer Fragestellung vorab festgelegte Gruppen vergleichend untersucht

Annahme, dass in unterschiedlichen sozialen Welten bzw. Gruppen differierende Sichtweisen anzutreffen sind.

D.h. das Sampling orientiert sich nicht am jeweiligen Stand der Interpretation (Grounded Theory) bereits analysierter Daten

Es steht aber auch im Gegensatz zur klassischen Ethnographie, die ihre Samplingstrategie an der Dynamik, den Akteuren und den Strukturen des jeweiligen Feldes ausrichtet. 

Das thematische Kodieren orientiert sich an einer vertiefenden Analyse einzelner Fälle

Zuerst wird ein Kategoriensystem für den einzelnen Fall entwickelt

in einem nächsten Schritt wird dieses zwischen den einzelnen Fällen abgeglichen , woraus eine thematische Struktur resultiert, die für die Analyse weiterer Fälle zu Grunde gelegt wird.

Die Struktur wird also aus den ersten Fällen entwickelt und an allen weiteren Fällen überprüft und weiter modifiziert und dient dem Fall- und Gruppenvergleich.

Im Gegensatz zum Vorgehen der Grounded Theory werden im ersten Schritt fallbezogene Analysen und erst im zweiten Schritt fallübergreifende Gruppenvergleiche durchgeführt.

Flick (1996; 2002: 271ff)

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Kodieren vor dem Hintergrund ethnographischer Fragestellungen

Emerson et al. (1995: 146) identifizieren unter anderem folgende Fragen, welche das Kodieren anleiten können:

Was tun die Leute? Was versuchen sie zu erreichen/schaffen? Wie tun sie das genau? Welche spezifischen Mittel bzw. Strategien

verwenden sie? Wie sprechen, charakterisieren u. verstehen Mitglieder was passiert? Welche Annahmen haben sie?

Dadurch lassen sich unterschiedliche Gruppen von Akteuren in Bezug auf ihre Handlungsstrategien und Intentionen, sowie ihre Interpretation von Ereignissen charakterisieren. Vor dem Hintergrund solcher Fragen lassen sich also ethnographische, lokalspezifische kulturelle Konzepte und emische Kategorien ergründen.

In den Fragestellungen, entlang derer kodiert wird, kommt der Analysefokus der jeweiligen Untersuchung zum Ausdruck.

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Das Verfassen von Memos dienen der Entwicklung allgemeiner ethnographischer u./o. theoretischer Aussagen. schriftliche Protokolle, die den jeweiligen Stand der Analyse in Bezug auf bestimmte

Phänomene, Kategorien bzw. Ereignisse darstellen.

Initial- und Integrationsmemos Initialmemos kommen in frühen Phasen der Datenanalyse zum Einsatz, wo zu einer

Reihe separater Phänomenen, Themen und Kategorien anfängliche Ideen und Einsichten ausgearbeitet werden.

Integrationsmemos werden zu einem späteren Zeitpunkt im Forschungsablauf verfasst, wenn bereits eine Themenauswahl stattgefunden hat und vor deren Hintergrund selektiv kodiert wurde. Integrationsmemos haben einen fokussierteren Charakter und verbinden u. integrieren früher getrennte Daten und Analysepunkte

In Grounded Theory werden z.B. Theoretische Memos, die "die Produkte des induktiven und deduktiven Denkens über

tatsächlich oder möglicherweise relevante Kategorien, ihre Eigenschaften, Dimensionen, Beziehungen, Variationen" etc. enthalten und

Planungsnotizen unterschieden, die Handlungsanweisungen beinhalten, welche z.B. die Fallauswahl, die Interviewgestaltung mögliche Vergleiche und weiter zu verfolgende Ideen enthalten (ebd.).

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Literatur

Emerson, R.M., Fretz, R.I., and Shaw Linda L. 1995. Writing Ethnographic Fieldnotes. Chicago, London: Chicago University Press.

Strauss Anselm, Juliet Corbin 1990 Grounded Theory. Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz