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28 Druckmarkt 50 Oktober/November 2007 Freude an der Zeitung Forum von MAN Roland Swiss AG diskutierte das Medium Zeitung – Zofinger Tagblatt gilt als erfolgreiches Modell ZEITUNG Von Dipl.-Ing. Klaus-Peter Nicolay Die im letzten Jahr bei der Zofinger Tagblatt AG installierte MAN Roland Zeitungsrotati- on Cromoman macht dem Verlag ganz offensichtlich Freude. Denn die mo- derne Maschine ist auf die Bedürfnis- se des regionalen Zeitungshauses exakt zugeschnitten. Die Installation in Zofingen bildete deshalb den Hin- tergrund für einen von der MAN Roland Swiss AG organisierten Event, in dem das Medium Zeitung im Mittel- punkt stand. Dabei war den Referen- ten um das Medium Zeitung über- haupt nicht bange. Im Gegenteil gebe es Zahlen und Fakten, die den Erfolg der Zeitung weltweit unterstreichen. Nach Erhebungen des Wirtschafts- mediums Bloomberg ist der Wert von Zeitungsaktien außerhalb der USA 2006 um 25% gestiegen. Aber auch die jüngsten Übernahmen der »Chicago Tribune« (immerhin der zweitgrößte Zeitungsverlag in den USA) durch den Investor Sam Zell oder die 5 Mrd. US-$, die Rupert Murdoch für das »Wall Street Jour- nal« hinlegte, sprechen für sich – schließlich investieren diese Erfolgs- männer nicht in sterbende Märkte. Und auch die WAN (World Associati- on of Newspapers) meldet: »Die Zahl der Zeitungsleser steigt pro Jahr weltweit um ca. 2,3%. Täglich lesen 1,4 Mrd. Menschen eine Zei- tung. Die Zeitungsauflagen (inklusi- ve Gratisblätter) stiegen in den letz- ten fünf Jahren weltweit um 14,8%. Dabei gelten Zeitungen weltweit als zweitgrößter Werbeträger nach dem Fernsehen.« Die Schwarzseher Doch entweder sind diese Fakten zu wenig bekannt, oder es gibt Kreise, die das Medium Zeitung einem wie auch immer gearteten Zeitgeist fol- gend ernsthaft als »Auslaufmodell« sehen. Peter Kuisle, Leitung Vertrieb Rollen- drucksysteme von MAN Roland, sieht die Zeitungsindustrie derzeit in einem Wechselbad der Gefühle. Es gebe neben optimistischen Zahlen viele düstere Ausblicke – wie bei- spielsweise in der Wirtschaftszeit- schrift »The Economist« – die die Zeitungsbranche erschrecken. »Who killed the newspaper?« titelte das Blatt vor kurzer Zeit und stellte fest: »Noch hat das Zeitungssterben kein großes Ausmaß erreicht, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Über die nächsten Dekaden wird wohl die Hälfte der allgemeinen Zeitungen in der reichen Welt eingehen. Die Ar- beitsplätze verschwinden bereits.« Nun kann man es ja durchaus akzeptieren, wenn »The Economist« den Zeitraum dieses Prozesses mit »mehreren Dekaden« äußerst groß- zügig bemessen hat. Beunruhigender sei jedoch, so Kuis- le, wie sich Spitzenmanager der Zei- tungsbranche zu ihrem Medium äußern. So beispielsweise Arthur O. Sulzberger, Jr. Chair-man, The New York Times Company, der meint: »Ob die New York Times in fünf Jahren noch gedruckt wird, ist mir egal. Das Internet ist ein wunderbarer Ort, und da führen wir.« Auch Mathias Döpfner, Vorstands- vorsitzender von Axel Springer, schlägt in die gleiche Kerbe: »Ich kann es gar nicht abwarten, dass online-basierte elektronische Geräte das Papier ersetzen und Druck und Vertrieb überflüssig machen.« Doch ganz so ernst scheint es Döpfner mit seiner Aussage auch nicht immer zu sein. In einem anderen Statement erklärte er: »Ich stimme nicht mit denen überein, die das bedruckte Papier angesichts der Chancen einer BACKGROUND

Von Dipl.-Ing. Klaus-Peter Nicolay · vorsitzender von Axel Springer, schlägt in die gleiche Kerbe:»Ich kann es gar nicht abwarten,dass online-basierte elektronische Geräte das

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  • 28 • Druckmarkt 50 • Oktober/November 2007

    Freude an der ZeitungForum von MAN Roland Swiss AG diskutierte das Medium Zeitung – Zofinger Tagblatt gilt als erfolgreiches Modell

    ZEITUNG

    Von Dipl.-Ing. Klaus-Peter Nicolay

    Die im letzten Jahr bei

    der Zofinger Tagblatt

    AG installierte MAN

    Roland Zeitungsrotati-

    on Cromoman macht dem Verlag ganz

    offensichtlich Freude. Denn die mo-

    derne Maschine ist auf die Bedürfnis-

    se des regionalen Zeitungshauses

    exakt zugeschnitten. Die Installation

    in Zofingen bildete deshalb den Hin-

    tergrund für einen von der MAN

    Roland Swiss AG organisierten Event,

    in dem das Medium Zeitung im Mittel-

    punkt stand. Dabei war den Referen-

    ten um das Medium Zeitung über-

    haupt nicht bange. Im Gegenteil gebe

    es Zahlen und Fakten, die den Erfolg

    der Zeitung weltweit unterstreichen.

    Nach Erhebungen des Wirtschafts-mediums Bloomberg ist der Wertvon Zeitungsaktien außerhalb derUSA 2006 um 25% gestiegen. Aberauch die jüngsten Übernahmen der»Chicago Tribune« (immerhin derzweitgrößte Zeitungsverlag in denUSA) durch den Investor Sam Zelloder die 5 Mrd. US-$, die RupertMurdoch für das »Wall Street Jour-nal« hinlegte, sprechen für sich –schließlich investieren diese Erfolgs-männer nicht in sterbende Märkte.Und auch die WAN (World Associati-on of Newspapers) meldet: »DieZahl der Zeitungsleser steigt proJahr weltweit um ca. 2,3%. Täglichlesen 1,4 Mrd. Menschen eine Zei-tung. Die Zeitungsauflagen (inklusi-ve Gratisblätter) stiegen in den letz-ten fünf Jahren weltweit um 14,8%.Dabei gelten Zeitungen weltweit alszweitgrößter Werbeträger nach demFernsehen.«

    Die Schwarzseher

    Doch entweder sind diese Fakten zuwenig bekannt, oder es gibt Kreise,die das Medium Zeitung einem wieauch immer gearteten Zeitgeist fol-gend ernsthaft als »Auslaufmodell«sehen.Peter Kuisle, Leitung Vertrieb Rollen-drucksysteme von MAN Roland,sieht die Zeitungsindustrie derzeit ineinem Wechselbad der Gefühle. Esgebe neben optimistischen Zahlenviele düstere Ausblicke – wie bei-spielsweise in der Wirtschaftszeit-schrift »The Economist« – die die

    Zeitungsbranche erschrecken. »Whokilled the newspaper?« titelte dasBlatt vor kurzer Zeit und stellte fest:»Noch hat das Zeitungssterben keingroßes Ausmaß erreicht, aber es istnur eine Frage der Zeit. Über dienächsten Dekaden wird wohl dieHälfte der allgemeinen Zeitungen inder reichen Welt eingehen. Die Ar-beitsplätze verschwinden bereits.«Nun kann man es ja durchausakzeptieren, wenn »The Economist«den Zeitraum dieses Prozesses mit»mehreren Dekaden« äußerst groß-zügig bemessen hat.Beunruhigender sei jedoch, so Kuis-le, wie sich Spitzenmanager der Zei-tungsbranche zu ihrem Mediumäußern. So beispielsweise Arthur O.

    Sulzberger, Jr. Chair-man, The NewYork Times Company, der meint: »Obdie New York Times in fünf Jahrennoch gedruckt wird, ist mir egal. DasInternet ist ein wunderbarer Ort, undda führen wir.«Auch Mathias Döpfner, Vorstands-vorsitzender von Axel Springer,schlägt in die gleiche Kerbe: »Ichkann es gar nicht abwarten, dassonline-basierte elektronische Gerätedas Papier ersetzen und Druck und Vertrieb überflüssig machen.« Dochganz so ernst scheint es Döpfner mitseiner Aussage auch nicht immer zusein. In einem anderen Statementerklärte er: »Ich stimme nicht mitdenen überein, die das bedrucktePapier angesichts der Chancen einer

    BACKGROUND

  • fortschreitenden Digitalisierung derMedien vorzeitig zu Grabe tragenmöchten.« Dabei reflektieren wohl noch amehesten die aktuellen Realitäten derZeitungs- und Verlagswelt die der-zeitige Situation, so Peter Kuisle:»Tatsache ist, dass die Verlagshäu-ser in der westlichen Welt auch heu-te noch immer 90 Prozent ihres Umsatzes und Gewinns mit Print-produkten erwirtschaften.«

    Kreativität gefordert

    Alle Medien haben ihre Vorzüge,davon ist auch Peter Kuisle über-zeugt: »Print ist das Medium derEntspannung, der Orientierung, der Analyse und der Hintergrundinfor-

    mation. PC mit Internet ist das Me-dium des gezielten Suchens. UndMobilgeräte sind Medien des Au-genblicks und der Aktualität.« Aberdas Medium Print ist noch immereiner der bedeutendsten Werbeträ-ger. Laut European Advertising andMedia Forecast gehen weltweit über60% der Gesamtwerbeausgaben indie Printmedien.Diesen Umstand muss man sich vorAugen halten, wenn man beim In-ternet, im Vergleich zu den Printme-dien, von fantastischen Wachstums-zahlen redet. »Bei einem Markt-anteil von 10% aller Werbeausga-ben und den aktuellen Wachstums-zahlen bräuchte das Internet noch zwanzig Jahre, um die von den

    Printmedien gehaltenen Werbebud-gets zu erreichen«, so Kuisle.Doch beschönigt Peter Kuisle dieLage der Printmedien im Allgemei-nen und die der Zeitung im Beson-deren nicht. »Wer nichts tut und kei-ne Ideen entwickelt, dürftetatsächlich in den nächsten Jahrendüstere Zeiten erleben.« Deshalbplädierte er für neue Konzepte: So sollten beispielsweise Lokalzeitun-gen die Vision des Bürgerjournalis-mus aufgreifen. Oder man solle sichan neue Zielgruppen heranwagen:Kinder, Jugendliche, junge und junggebliebene Frauen würden immernoch viel zu wenig von den Zei-tungsverlagen als relevante Ziel-gruppe erfasst. Aber auch bei Anzei-gen könnten Verlagshäuser deutlich

    kreativer sein, meint Kuisle, der dazuauch konkrete Beispiele kennt undnennt. »Neue Materialien, kreativeFalzmöglichkeiten oder pfiffige Res-ponsekonzepte sind noch immer zuwenig genutzte Möglichkeiten, sichals Tageszeitung zu profilieren.« Dass sich die Zeitungen neu erfindenkönnen, machen die Gratiszeitun-gen vor: Weltweit hat die Auflagedieser so genannten »Free Sheets«in den letzten fünf Jahren um rund14% zugenommen. »Wie wäre esdenn mit neuen Formaten? Mit Sek-tionierung? Oder dem Mix von Heat-set mit Coldset«, fragte Kuisle. Wermeine, »Österreich« sei die ersteZeitung, die ein solches Konzept imgroßen Stil umgesetzt habe, liegefalsch – das Vorbild für dieses Pro-jekt sei die »Gulf News« aus Dubaigewesen, die das schon seit Jahrenpraktiziere, führte Kuisle aus. ImÜbrigen habe MAN Roland weltweitbereits 150 Installationen mit Cold-set/Heatset-Rotationen realisiert.»Natürlich müssen Zeitungsverlageihre Printprodukte crossmedial mitInternet, Mobilkommunikation oderLive-Papers koppeln. Denn nur so

    haben Zeitungsverlage die Wahl derMöglichkeiten, ihre Angebotspaletteattraktiver zu machen«, führte Kuis-le aus, der schließlich den Direktorder WAN (World Association ofNewspapers), Timothy Balding, zi-tierte: »Die Wahrnehmung, dass Zei-tungen sterben, verträgt sich einfachnicht mit den Fakten.«

    Mehrwerte im Versandraum

    Einen nicht unerheblichen Teil mo-derner verlegerischer Konzepte siehtVolker Leonhardt, General ManagerVerkauf & Marketing der MüllerMartini Versand-Systeme AG, inzwi-schen neben der Drucktechnik auchim Versandraum. Das Zusammen-spiel zwischen Zeitungsrotation und

    Versandraum gebe seit einiger Zeitwesentliche Impulse in der Zeitungs-industrie: »Wir beobachten bei denLesern einen fundamentalen Wandelbei der Demographie, ein veränder-tes Leseverhalten und höhere indivi-duelle Ansprüche an die Zeitung.«Dies zieht, so Leonhardt, Verände-rungen für die Werbung nach sich,bei der eine feinere Zielgruppen-Segmentierung und eine Vernetzungvon Web- und Print-Werbung not-wendig werden. So ergeben sichneue und interessante Angebotsmo-delle für Werbekunden. »Gleichzei-tig beobachten wir die Abwande-rung kommerzieller Beilagen ausden Tageszeitungen in die Wochen-endausgaben oder auch die Zunah-me bei Gratiszeitungen.« (Was imÜbrigen ja längst bei den kostenlo-sen Anzeigenblättern der Fall ist.) Diese Veränderungen haben natür-lich Einfluss auf Produktion und Dis-tribution der Zeitung. Als wesent-liche Trends lassen sich daher hö-here Druckqualität bis hin zur Pro-duktion von Semmicommercialsnennen, kleinere Formate, steigendeAutomatisierung und Optimierung

    der Workflows in Vorstufe, Druckund Verarbeitung. Für die Distributi-on bedeutet dies, so Leonhardt:»Zunehmende Regionalisierung undZoning, Kostenreduktion durch Out-sourcing, Partnerschaften oder In-sourcing von Druck und Weiterverar-beitung sowie zusätzliche Dienst-leistungen und schließlich eine opti-mierte Distributionslogistik.«

    Was bedeutet dies für die Zeitungs-verlage und Druckereien? VolkerLeonhardt hat da klare Vorstellun-gen: »Angesichts der dramatischenVeränderungen ist eine kontinuierli-che Überprüfung aller Geschäftsmo-delle notwendig. Dabei sind zusätz-liche Investitionsabsicherungen undeine Verkürzung des Return on In-vestments zwingend und eine Kon-solidierung unausweichlich.« Mitanderen Worten: es braucht einHöchstmaß an Flexibilität. Zeitungs-hersteller müssen sich und ihr Um-feld permanent hinterfragen und beiBedarf neu erfinden. Das ist ange-sichts der großen Investitionen, diein der Zeitungsindustrie zu tätigensind, keine einfache Aufgabe underfordert Weitblick.

    Im Geschäft seit 1873

    Wie die von Peter Kuisle geforderteKreativität und der mutige Blick indie Zukunft auch bei vergleichswei-se kleinen Zeitungen aussehenkann, beweist das »Zofinger Tag-blatt«. Roland Oetterli, Direktor derZofinger Tagblatt AG, verwies mit

    Peter Kuisle, Leitung Vertrieb Rollen-drucksysteme von MAN Roland,hielt beim Forum im Hotel Zofingeneinen bemerkenswerten Vortrag, indem er weniger die technischenAspekte der Zeitungstechnik be-leuchtete, sondern viel mehr derenAnwendungsmöglichkeiten. Gast-geber Piet von Gunten, Geschäfts-führer der MAN Roland Swiss AG,assistiert ihm bei der Präsentationkreativer Ideen.

    Zeitungen bieten nicht nur eineVielfalt an Formaten, sondern sindnach wie vor wirkungsvolle Werbe-träger für neue Ideen. KleinereFormate oder Gratiszeitungen kom-men beim Leser ebenso an, wiesogenannte »Halfcover« für dieWerbung erfolgreich sein. Auchaußergewöhnliche Experimente wiedas Superpanorama oder der Druckauf Pergamentpapier zeigen denIdeenreichtum der Zeitungen imKampf um die werbende Klientel.

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    Stolz auf die nunmehr 134-jährigeGeschichte des inzwischen zum Me-dienunternehmen »mutierten Lokal-blattes«.Am 1. Februar 1873 erschien das»Zofinger Tagblatt« zum ersten Malund behauptet sich bis zum heuti-gen Tag als Zeitung in der Region.Das sei keine Selbstverständlichkeit,habe man doch mit der Ringier AGdas größte Schweizer Medienhausfast vor der Haustür, so Roland Oet-terli: »Wir geben Zeitungen undZeitschriften von regionaler undüberregionaler Bedeutung heraus.Wir sind ein leistungsfähiger Her-steller von Kundendrucksachen. Da-neben sind wir Partner für Dienst-leistungen rund ums Internet undMitbetreiber eines Lokalradios.« Seit einiger Zeit hat sich die ZofingerTagblatt AG dem Verbund Mittel-land-Zeitung angeschlossen und istso in der Lage, den großen, in Zürich,Bern und Basel beheimateten Zei-tungshäusern Paroli zu bieten. Mitder Herausgabe einer Sonntagsaus-gabe ab Mitte September 2007 dürf-te die Position des Unternehmens inder Medienlandschaft der Schweiznoch stärker werden. Ab dem 19.September ist die Zofinger TagblattAG zudem Druckpartner der neuenGratiszeitung ».ch«.Doch auch Roland Oetterli sieht dieZeitungswelt – vor allem auch dieSchweizer Szene – nicht unkritisch:»Gerade in der Schweiz bebt derZeitungsmarkt. Gratis-Zeitungenschießen förmlich aus dem Bodenund wollen ihren Anteil am Werbe-

    kuchen. Zudem werden mit Sonn-tagsausgaben eigene Objekte kani-balisiert – doch besser, die Anzeigenwandern in ein eigenes Objekt, stattganz wegzubleiben.«

    Die Schweiz hat es besser

    Auch wenn immer wieder von einerÜbersättigung des Zeitungsmarktesund der Verdrängung des MediumsZeitung durch die elektronischenMedien die Rede ist (und in der Tatsind sowohl die Anzahl an Zeitung-stiteln als auch die Auflagen zurück-gegangen), ist die Schweizer Zei-tungslandschaft noch immer sehrvital. Im Vergleich zum übrigen Euro-pa sind die Zustände geradezu para-diesisch: Rund die Hälfte aller Wer-beausgaben im Print-Bereich gehennach wie vor in Richtung Zeitungen– das sind rund 30% der gesamtenWerbeausgaben, die sich allerdingsauf eine Vielzahl von Titeln aufteilen.Ohne Gratiszeitungen, Special-Inte-rest-Zeitungen, Amtsblätter undMitgliederzeitungen gibt es in derSchweiz über 200 Zeitungstitel. Diesmag nicht zuletzt an der Mehrspra-chigkeit der Schweiz liegen, denntatsächlich leistet sich die kleine Eid-genossenschaft neben den großenüberregionalen Zeitungstiteln aucheine Unzahl von regionalen Blätternund »Blättchen«.Piet von Gunten, Geschäftsführerder MAN Roland Swiss AG, stellte inseiner Moderation des Events inZofingen fest, dass es in der Schweiz70 Zeitungsrotationen gebe, wovon

    alleine 40 regionale Zeitungen pro-duzieren. Viele dieser Maschinensind zwar schon über 20 Jahre alt,verrichten aber vor allem im Bereichder Schwarzweiß-Objekte weiterhinzuverlässig ihre Dienste. Doch dieZeit dieser Maschinen läuft unwei-gerlich ab, da von der Werbung wievon den Lesern durchgängig vollfar-bige Zeitungen gefordert sind. Dochdas Aufrüsten der betagten Modelleist entweder nicht oder nur schwermöglich. Zudem sie in Sachen Pro-duktivität und Wirtschaftlichkeit mitmodernen Rotationen ohnehin nichtmithalten könnten.Deshalb erscheint es wahrschein-lich, dass in den nächsten Jahren einmassiver Abbau von Zeitungsrota-tionen einsetzen wird, denn nur diewenigsten Regionalzeitungen sindbereit oder in der Lage, in neue undteure Produktionsanlagen zu inves-tieren. Auch hier sind neue und zeit-gemäße Konzepte gefragt.

    Neue Konzepte schwerdurchsetzbar

    Da Verleger ja offensichtlich immerweniger Interesse am Drucken, son-dern viel mehr am Bereitstellen vonInformationen haben, ist es durch-aus denkbar, dass sich landauf lan-dab Druckzentren für die verschie-denen Verlagsobjekte bildenkönnten.Georg Riescher, Leiter GeschäftsfeldZeitungsdrucksysteme von MAN Ro-land in Plauen, sieht bereits welt-weit derartige Tendenzen. Als Bei-

    spiel nannte er das Outsourcing desDruckauftrages für den »San Fran-cisco Chronicle« an die kanadischeTranscontinental-Gruppe, ein reinesDruckunternehmen.Hemmschwellen für solche Konzep-te aber könnte das Beharren der Ver-leger an den vielen unterschiedli-chen Zeitungsformaten sein oder dieschwierige Kapazitätsplanung undLogistik. Denn Zeitungen müssennun einmal, um ihre Aktualität zuwahren, frühmorgens beim Lesersein und können daher nur nachtsgedruckt werden. Alternativen wä-ren zwar Mittags- und Abendzeitun-gen, allerdings derzeit nur schwerdurchsetzbar.

    Kleinvieh macht auch Mist

    Den eigenen Kapazitätsbedarf hatdie Zofinger Tagblatt AG nunmehrmit der Cromoman abgedeckt. DasZofinger Unternehmen ist als einsti-ge Buchdruckerei heute ein Medien-unternehmen mit 200 Mitarbeitern.Neben dem »Zofinger Tagblatt« istdie Zofinger Tagblatt AG durch Ver-lags- und Druckdienstleistungen fürdie wöchentlich erscheinende »Tier-welt«, einem zeitungsähnlichen Ma-gazin, bekannt. Dabei erfreut sichdie »Tierwelt« mit ihren Beiträgenzur Kleintierzucht, Haustierhaltung

    Die Cromoman von MAN Rolandstand im Mittelpunkt des Events beider Zofinger Tagblatt AG im Juni.Die konkrete Anschauung ist durchnichts zu ersetzen: Eventteilnehmeran der Cromoman.

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    und Freizeitgestaltung sowie demumfangreichem Kleinanzeigenanteilbei einer breiten Leserschaft großerBeliebtheit. Offensichtlich bereitetdas »animalische« Objekt auchkommerziell Freude – bislang habenGoogle, eBay und Co. offensichtlichkeinen nennenswerten Einfluss aufdie unzähligen Kleininserate (in de-nen alles Mögliche vom Vogelkäfigbis zum Traktor angeboten wird).Neben dem Verlagsgeschäft ist dieZofinger Tagblatt AG im Akzidenzbo-genoffsetdruck und im Digitaldruckaktiv: dies mit der Druckerei SuterAG, Oberentfelden, und der KellerDruck AG, Aarau. Die ZTOnline AGZofingen, ebenfalls ein Tochterun-ternehmen, engagiert sich erfolg-reich im Markt der elektronischenMedien.

    Flexible Cromoman

    Der Investition in Zofingen ging (wiesollte es auch anders sein) eine län-gere Evaluationsphase voraus. DasPflichtenheft forderte eine Rotation,die 32 vierfarbige Zeitungsseitenoder 64 vierfarbige Halbformatsei-ten (Format der »Tierwelt«) in einemDurchgang produzieren kann. »AmEnde entschieden wir uns für dieCromoman von MAN Roland. Nichtnur, weil das Zwischenmenschlichestimmte, die Maschine selbst zeich-net sich durch hohe Flexibilitätsowie größtmögliche Automatisie-rung aus«, so Andreas Neuen-schwander, Leiter Produktion derZofinger Tagblatt AG. Für ihn ist derUmstieg von der älteren Solna aufdie hochmoderne Cromoman einQuantensprung: »Es ist ja nicht so,dass wir mit der alten Rotation nichtmehr hätten drucken können. Aberbis dato mussten unsere Drucker diePapierbahn per Hand einziehen, wasnun automatisch mit einer Ge-schwindigkeit von 50 Metern proMinute erfolgt. Ähnliches gilt für dasGummituchwaschen – auch dies er-folgt automatisch und spart gleich-zeitig auch Reinigungschemie. Vonder Geschwindigkeit insgesamt undder Qualität müssen wir erst garnicht reden.« Das macht die Cromoman vor allemfür kleinere Verlagshäuser attraktiv.Die wellenlos angetriebene 4-Sei-ten-Zeitungsmaschine mit liegen-den Seiten und maximal 50000 Ex./h

    ist technologisch mit den größerenModellen (4/2- und den 6/2-Maschi-nen) auf einer Höhe. Gerade darinsieht Georg Riescher den Erfolg derCromoman: »Das Erfolgsrezept die-ser Maschine ist die kompakte undflexible Bauweise.Weltweit sind vonder neuesten Generation 742 Farb-werke installiert. Unter anderem beiOrkla Trykk in Norwegen mit maxi-mal 80 Seiten Tabloid, die ab 72 Sei-ten den 4-Tabloidseiten-Sprung ab-wärts ohne Wechsel auf teilbreiteBahnen durch eine Kombination von2/1- und 3/1-Druckeinheiten ermög-licht.« Die Installation in Zofingen basiertauf vier 2-1-Drucktürmen, dem acht-walzigen Filmfarbwerk und dem vonMAN Roland entwickelten Turbo-feuchtwerk. Ausgerüstet ist dieAnlage mit einem Falzwerk 2:3:3,mit einem dritten Falz sowie Paral-lel- und Deltafalzzylinder für hoheProduktvielfalt. Die Falzarten sindautomatisch umstellbar und bieteneine hohe Falzgenauigkeit. Die Flexi-bilität im neuen Zofinger Druck-zentrum wird mit einem SLS-Ein-stecksystem von Müller Martinizusätzlich erhöht.

    Mit Elan in die Zukunft

    So waren die letzten beiden Jahreeinmal mehr wichtige Wegmarken inder über 130-jährigen Geschichtedes Zofinger Unternehmens: 2005bezog man ein neues Verwaltungs-gebäude und letztes Jahr ging dieneue MAN Roland Zeitungsrotationin einer eigenen Halle in Betrieb.Beide Investitionen stehen im direk-ten Zusammenhang mit dem Ziel,optimale Unternehmens- und Pro-duktionsstrukturen zu schaffen, diees der Zofinger Tagblatt AG möglichmachen, auch in Zukunft erfolgreichbestehen zu können.

    V www.ztprint.chV www.man-roland.ch