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Vorbemerkung Es wurde die ursprüngliche Rechtschreibung des Orginals ausnahmslos übernommen. Offensichtliche Rechtschreibefehler und Fehler in der Nummerierung der Fußnoten wurden, soweit feststellbar, berichtigt. Der Text wurde ausweislich des Impressums im Jahre 1940 veröffentlicht. Er beinhaltet in einigen Abschnitten nicht nur sehr antiklerikale sowie nationalistische Untertöne, sondern enthält auch eindeutige antisemitische Aussagen. Insbesondere die Seiten 89/90 sowie die Seiten 107 und 139 geben hier eindeutige Belege. Diese Abschnitte sind rot unterlegt. Im Text sind einige Begriffe gelb unterlegt. Ihre Bedeutung ist im unten angeführten Glossar erklärt. Glossar Büttel Gerichtsdiener erkiesen, greifen, erwählen; gewahren, sehen; ersinnen, erfinden Funkenmilch Wegen der Martinsfeuer Bezeichnung für den 10.11., den Martinsabend. In Woringen und Umgebung wird an dem Tage nach der Stallarbeit die „Funkenmilch" und das „Funkenbrot" ausgetragen, d.h. es werden Milch und Brot oder Küchlein an solche gegeben, die kein eigenes Vieh haben. Gült-renten oder Gilt Einkommen, Rente, Zins Huben Die Hufe, in Süddeutschland Hube genannt, ist ein altes, relativ großes Flächenmaß. Typischerweise beträgt es dreißig Morgen, also entsprechend etwa sechs bis achtzehn Hektar Jakobi Jakobi wird auch der Jakobustag (25. Juli) genannt Klausenbroten Das Klausenbrot, spezielles Gebäck das im oberen Allgäu die Taufpaten am Nikolaustage zu schenken pflegen, hatte meist die Gestalt von Vögeln oder auch von Schnecken. Meieramt Der Begriff Meier (Mehre, Meyer, Maier, Mäher, Mäger, Major, Meiur, Mayr, aus lat. maior) bezeichnet ursprünglich einen Amtsträger des adligen oder geistlichen Grundherrn zur Verwaltung des Grundbesitzes, ab dem späteren Mittelalter auch einen Pächter oder selbständigen Bauern. Für den Meier gab es eine Vielzahl

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Page 1: Vorbemerkung - OTTOBEUREN MACHT GESCHICHTE€¦ · die Erdscheibe kreisen und wanderte mit dem Märchenmann bis an das Ende der Welt. Noch im 12. Jahrhundert war auf der ottenbeurischen

Vorbemerkung

Es wurde die ursprüngliche Rechtschreibung des Orginals ausnahmslos

übernommen. Offensichtliche Rechtschreibefehler und Fehler in der

Nummerierung der Fußnoten wurden, soweit feststellbar, berichtigt.

Der Text wurde ausweislich des Impressums im Jahre 1940 veröffentlicht. Er

beinhaltet in einigen Abschnitten nicht nur sehr antiklerikale sowie nationalistische

Untertöne, sondern enthält auch eindeutige antisemitische Aussagen.

Insbesondere die Seiten 89/90 sowie die Seiten 107 und 139 geben hier

eindeutige Belege. Diese Abschnitte sind rot unterlegt. Im Text sind einige Begriffe

gelb unterlegt. Ihre Bedeutung ist im unten angeführten Glossar erklärt.

Glossar

Büttel Gerichtsdiener

erkiesen, greifen, erwählen; gewahren, sehen;

ersinnen, erfinden

Funkenmilch Wegen der Martinsfeuer Bezeichnung für

den 10.11., den Martinsabend. In Woringen

und Umgebung wird an dem Tage nach der

Stallarbeit die „Funkenmilch" und das

„Funkenbrot" ausgetragen, d.h. es werden

Milch und Brot oder Küchlein an solche

gegeben, die kein eigenes Vieh haben.

Gült-renten oder Gilt Einkommen, Rente, Zins

Huben Die Hufe, in Süddeutschland Hube genannt,

ist ein altes, relativ großes Flächenmaß.

Typischerweise beträgt es dreißig Morgen,

also entsprechend etwa sechs bis achtzehn

Hektar

Jakobi Jakobi wird auch der Jakobustag (25. Juli)

genannt

Klausenbroten Das Klausenbrot, spezielles Gebäck das im

oberen Allgäu die Taufpaten am

Nikolaustage zu schenken pflegen, hatte

meist die Gestalt von Vögeln oder auch von

Schnecken.

Meieramt Der Begriff Meier (Mehre, Meyer, Maier,

Mäher, Mäger, Major, Meiur, Mayr, aus lat.

maior) bezeichnet ursprünglich einen

Amtsträger des adligen oder geistlichen

Grundherrn zur Verwaltung des

Grundbesitzes, ab dem späteren Mittelalter

auch einen Pächter oder selbständigen

Bauern. Für den Meier gab es eine Vielzahl

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regional und zeitlich unterschiedlicher

Bezeichnungen wie z. B. Amtmann

(Ammann), Amtsschulze, Bauernvogt, Drost,

Gutsvogt, Hofbauer, Hofschultheiß,

Meiervogt, Schultheiß, Vogt. Ist der

Grundherr ein Kloster, spricht man auch von

Klostermeier, Kellerer, Pfleger, Schaffner

oder Stiftsamtmann.

Sonntag Laetare Der Sonntag Laetare steht in der Mitte der

Fastenzeit („Mittfasten“) und hat einen

fröhlicheren, tröstlichen Charakter.

Strangen Örtlich verschieden wurden Beet und Strang

gleichgesetzt oder man faßte drei bis vier

Beete zu einem Strang zusammen.

Tand

Tratt s. Wun

Vesen Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta)

oder Spelz (auch: Spelt, Fesen, Vesen oder

„Schwabenkorn“) ist eine Getreideart und ein

enger Verwandter des heutigen Weizens. Es

gibt sehr viele Mischformen und Übergänge

zwischen „modernem“ Weizen und Dinkel,

weil beide in manchen Regionen gemeinsam

angebaut und auch miteinander gekreuzt

wurden.

Vierer waren ab 1303 bis 1837

Erfüllungsgehilfen

der Exekutive und Judikative und eine

früheste Form von Demokratie im Heiligen

Römischen Reich Deutscher Nation.

-widem Was bei Eingehung der Ehe der Bräutigam

der Braut (urspr. als Kaufpreis ihrem Vater)

gibt, Brautgabe.

Wun Nach der Ernte waren die Felder dem Vieh

zur Weide geöffnet. Alte Namen für die

gemeinsamen Nutzungen sind Wun und

Weid, Trieb und Trat, Weg und Steg, Stock

und Stein, Wasser und Wasserleitungen.

Zentene Zent (mhd., auch cent, zenderei; aus lat.

centena = Hundertschaft). Unterbezirk einer

Grafschaft (westfränk. Reich) oder

Militärsiedlung auf Königsgut (ostfränk.

Reich; angelegt zur Sicherung unterworfener

Gebiete, bes. am Main, zwischen Main und

Neckar und im sächs. Stammesgebiet).

Gerichtsbezirk, dessen Grenzen sich oft mit

denen des Dekanats- oder Pfarrsprengels

deckten. Vorsitzender des Zentgerichts für

niedergerichtliche, später auch für

hochgerichtliche Sachen war der Zentgraf

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(centenarius), der auch für die Verwaltung

der Zent zuständig war. Zentgrafen waren

nicht überall adeliger Herkunft, zumindest in

den mainfränkischen Bistümern (Würzburg,

Bamberg) gab es bürgerliche und bäuerliche

Zentenare. Zentbezirke bestanden mit

Sicherheit in Lothringen, Hessen und

Mainfranken, während sie in anderen

Gebieten fehlten oder nicht eindeutig

nachzuweisen sind; ihre Grenzen wurden

großenteils zu denen der spätmittelalterlichen

Landgerichtsbezirke.

Zülpich Die Schlacht von Zülpich (Tolbiac) wurde

im Jahre 496 zwischen den Rheinfranken

unter Sigibert von Köln mit der Hilfe der

Franken unter Chlodwig I. gegen die

angreifenden Alemannen ausgetragen. Durch

die Schlacht wurden die Alemannen

entscheidend geschwächt.

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Allgäuer Heimatbücher

33. Bändchen ____________

Ottenbeuren

Geschichte des Marktes

1. Teil

herausgegeben von

Karl Schnieringer

1940 Otto Oechelhäuser Verlag, Kempten (Allgäu)

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Allgäuer Heimatbücher Eine Folge von heimatkundlichen Schriften

aus dem Allgäu

Bänd- Preis chen 1 Die St.-Lorenz-Kirche zu Kempten.

Eine ästhetisch-kunstgeschichtliche Studie. Von M. Kellenberger 1.50

2 Heiligtümer.

Ein Spiel aus des Allgäus trübsten Tagen. Von B. Hummel. 1.50

3 Geschichte der Reichsritter von Werdenstein.

Von A. Ullrich und J. Rottenkolber. 1.50 4 Die Fürstabtei Kempten am Vorabend der Säkulari- sation und ihr Übergang an Bayern.

Von Dr. J. Rottenkolber. 1.50 5 Allgäuer, besonders Kemptener, auf der Hohen Schule zu Heidelberg im 15. und 16. Jahrhundert. Von Dr. Karl Weitnauer. 1.50

Alte Allgäuer Geschlechter

Herausgegeben von Dr. Dr. Alfred Weitnauer. 6 I. Register einer Türkenanlag in der fürstlichen Grafschaft Kempten von 1593. Von Dr. Dr. Alfred Weitnauer. 1.50 7 II. Das Rotenfelser Urbar und Leuteverzeichnis

von 1451. Von Dr. Dr. Alfred Weitnauer. 3.50

8 III. Das Lehenbuch des Fürstlichen Stifts Kempten von 1451.

Von Dr. Dr. Alfred Weitnauer. 6.— 9 IV. Das Altenburger Urbar von 1569.

Von Dr. Richard Dertsch. 2.50 10 V. Allgäuer auf hohen Schulen.

Von Dr. Dr. Alfred Weitnauer. 3.50

Otto Oechelhäuser Verlag, Kempten (Allgäu)

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Allgäuer Heimatbücher

33. Bändchen ____________

Ottenbeuren

Geschichte des Marktes

1. Teil

herausgegeben von

Karl Schnieringer

1940 Otto Oechelhäuser Verlag, Kempten (Allgäu)

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(Leerseite)

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(Seite im Querformat)

Reichshof der Zentene Uotenburen (nach einem Modell vom Verfasser): 1 Herrenhof des Zentgrafen Sylach, 2 Dienstbotenhaus, 3 Scheune, 4 Stallungen, 5 Schmiede und Wagnerei, 6 Reichshofmühle, 7 Kornhaus, 8 Gästehaus mit Mälzerei, 9 Reichskirche St. Peter, 10 Taufkapelle, 11 Reichspfarrwidem (dann Kloster), 12 Fronfeste, 13 Flechtzaun, 14 altschwäbische Malstätte am Losbaum, 15 Graben. Tafel 1

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(Leerseite ausgelassen)

Vorwort Die Chronik unseres Marktes ist kein Buch, das man hinter den Spiegel steckt, um es dort aufzubewahren, bis das kleine Büblein lesen gelernt hat. Die Geschichte ist allzeit auch eine vorzügliche Lehrmeisterin für Erwachsene, ein Spiegelbild vom Gestern, das uns die Gegenwart meistern, formen und verstehen hilft. In diesem Sinne will das neue Büchlein, das Bürgermeister Josef Hasel für seine Marktgemeinde gewünscht und vorzüglich gefördert hat, den Reichsgedanken vertiefen helfen. Ich habe deswegen das Geschehen unserer Heimatgemeinde in den Ablauf der Reichsgeschichte hineingebaut. Genaue Forschungen und jahrelanges heimatkundliches Schaffen haben es mir ermöglicht, neue Entdeckungen zu machen, auf die unser Markt besonders stolz sein kann. Das sind neben den Funden die Ausführungen über Reichshof und Zentene Ottenbeuren. Ich habe mich hier an die vorbildlichen Reichshofforschungen Dr. Franks, Kaufbeuren, gehalten und konnte an Hand seiner Beispiele und Erfahrungen endlich die Entstehungsgeschichte unseres Ortes, sowie des Klosters in Ordnung bringen. Es war nicht immer einfach, der urkundenlosen Zeit Licht zu geben. Ich habe den Beweis immer gesucht. Mögen es auch jene tun, die es besser wissen werden. Unsere alte vierbändige Chronik über das Herrschaftsgebiet der Abtei enthält viele Irrtümer und Fälschungen. Wir haben sie deswegen nicht weggeworfen. Letztere suchte ich richtig zu stellen. Der Irrtum aber bleibt eine menschliche Angelegenheit. Man schüttet deswegen das Kind nicht mit dem Bade aus. Zur Beruhigung sei gesagt: Ottenbeuren ist die vierzehnte Gemeinde, die eine Ortsgeschichte aus meinen Händen nimmt. Es wäre mein Wunsch, daß diesem ersten Teil bald der andere folgen könnte. Das geht aber nicht, wenn man die Chronik nur durch das Schaufenster betrachtet. Man muß sie kaufen und lesen. Dann ist beiden Teilen geholfen. Zum Schlusse danke ich allen Förderern dieses Heimatbüchleins, indem ich ihre Namen in beigegebene Ehrentafel schreibe. Ottenbeuren, 20. September 1940. Schnieringer Karl.

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Hasel Josef, Bürgermeister des Marktes Ottenbeuren. Dr. Merkt, Oberbürgermeister der Stadt Kempten. Dr. Dr. Weitnauer, Heimatpfleger des Gaues Schwaben. Frau Ulrica O. S. B. Albrecht Theodor Benediktiner-Brauerei Ottenbeuren-Memmingen. Claessens Franz. Darlehenskassenverein Ottenbeuren. Döring Xaver. Graf Max. Hatzelmann Michael. Högg Engelbert. Maurus Jos. Witwe. Müller Xaver. Plersch Ludwig. Plersch Georg. Raith Alfons, Casimir und Emmi. Schaber Johann. Sönning Alfons, Aschaffenburg. Wagner Alfons, Metzgermeister. Wagner Ulrich.

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Inhalt

Heimatland. Seite Sonniges Land ....................................................................... 8 Die Katastrophe ..................................................................... 8 Die geologischen Orgeln ........................................................ 9

Vorgeschichte.

Den Steinzeitmenschen auf der Spur ................................... 10 Die ersten Ackerbauern ......................................................... 11 Die Römer kommen .............................................................. 14 Wie unser Land schwäbisch wurde ....................................... 14 Bei den Uotbauern ................................................................. 16 Am Losbaum .......................................................................... 17 Die Opferstätte auf dem Froberg ........................................... 19

Unter fränkischer Herrschaft.

Wie Schwaben an das Reich der Franken kam .................... 25 Graf Sylach, der Beauftragte des Frankenkönigs Pipin ........ 28 Der Reichshof in Uotenburen ................................................ 30 Die Zentene Uotenburen ....................................................... 35 Die Reichskirche St. Peter in Uotenburen ............................ 42 Das Reichspfarrkirchenwidem .............................................. 44 Graf Sylach, Richter in der Zentene Uotenburen ................. 45 Sylachs Mönchsnachbarschaft ............................................. 46 Sylach und seine Familie ..................................................... 47 Sylach und Toto stiften ein Kloster ..................................... 48 Wie Ottenbeuren unter König Karl das Markt- und Stadtrecht erlangte ...................................................................... 52 Das Gästehaus des Reichshofes ........................................ 62

Das Reich zerfällt. – Unser Reichshof wird Fronhof.

Die Fronfeste auf dem Berg ................................................ 65 Die Fronhofleute .................................................................. 66 Das Fronhofthing ................................................................. 66

Otto der Große baut das Reich neu auf. – Bischof Ulrich erbittet für Ottenbeuren Befreiung vom Heeresdienst.

Echte Urkunde aus dem Jahre 972 .................................... 69 Die Ritter von Ottenbeuren ................................................. 74 Das Ritterhaus .................................................................... 76

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Seite Das Canossa Heinrichs IV. – Königstreue Ritter um Ottenbeuren ............................................................................. 79 Das Reich ohne Macht. – Mächte ohne Reich.

Der Klostervogt ................................................................. 82 Verzeichnis ottenbeurischer Vögte und Schutzherren ...... 84 Das Vogteigericht .............................................................. 85 Das Fleckengericht ........................................................... 87 Der Scharfrichter. Galgen ................................................. 91 Das Marktgericht: Vertrag mit dem Gotteshaus ................ 93 Die Gerichtsordnung des Fleckens von 1463 ................... 97 Die Gemeindeverordnung des Fleckens Ottenbeuren ...... 99 Ottenbeurer Amtsleut im Memminger Diebsturm .............. 105

Kirchturmpolitik. Die Marktpfarrei ................................................................ 109

Die Pfarrkirche St. Peter ................................................... 112 Die Peterskirche wird Schulhaus ...................................... 113 Die Pfarrwohnung ............................................................. 114 Verzeichnis der Pfarrer bis 1718 ...................................... 115 Einkommen der Pfarrer .................................................... 116 Die Klosterpfarrei ............................................................. 116 Die St. Nikolauskapelle auf dem Gewölb ......................... 117 Das Kloster Eldern ........................................................... 118

Die Bauern wollen das Reich erneuern. – Balthes Färber führt den Ottenbeurer Haufen ...................................... 122 Das Volk verblutet. – In Ottenbeuren läutet fast immer die Sturmglocke ............................................................... 133 Anhang.

Die Mahl- und Sägemühlen .............................................. 140 Das Haus der Armen oder Sondersiechen ....................... 142 Die Bleiche ....................................................................... 144 Verzeichnis der Bürger – Register ................................... 147 Die Flurnamen ................................................................. 151 Personen-, Orts- und Sachverzeichnis ............................ 155

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Heimatland

Neunzehnhundertundsiebenunddreißig! Durch die sternklare Nacht jagt ein feuriger Lichtstreifen. Man muß sich etwas wünschen, sagt der Abergläubische, und hält sich den Daumen. Aber die Dennenberger haben das Glück tatsächlich in die Hand bekommen. Der Meteor ist unweit des Weilers in einem Acker niedergegangen. Mit Roß und Wagen haben sie die geschmolzene Erdmasse weggefahren1). Das war ein leuchtender Gruß aus der Unendlichkeit; ein Geschenk von einem der Millionen Gestirne, die im Weltenraum flimmern und funkeln, die sich in rasender Schnelle bewegen, seit Jahrmillionen.

Auch unsere Erde ist eine rollende Kugel. Das hat schon der Thorner Ratsherr Nikolaus Kopernikus gesagt. Sie war einst ebenso flackerndes Licht wie Sonne, Mond und Sterne; eine feurige Kugel, die seit unzählbaren Lichtjahren um die Sonne sich bewegt und von ihr die Kraft empfängt. Auch sie schleuderte Licht-und Glutmassen in den Weltenraum, bis ihr Geflimmer erblaßte und der glühende Stein zersprang. Da begann sie Erde zu werden, sich zu formen und zu gestalten. Die Oberfläche verkrustete. Nur im Innern birgt sie noch die Glut. Die begann gar oft zu toben, faltete Berge und Täler, ließ Erdteile versinken und Länder überschwemmen. Katastrophe jagte Katastrophe. Nun ist die Erdkruste dick und hart geworden und vermag manchen Stoß der glühenden Macht zu ertragen.

So hat der Schöpfer dem Menschen die Erde geschenkt. Eine erloschene Feuerkugel mit Wasser, Steinen, Tieren, Pflanzen und ewigen Naturgesetzen. Sie ist uns Menschen Heimat geworden vor Jahrtausenden. Sie hat die Völker ernährt und geborgen und wir haben sie nicht erkannt, lange nicht. Man ließ die Sonne um die Erdscheibe kreisen und wanderte mit dem Märchenmann bis an das Ende der Welt. Noch im 12. Jahrhundert war auf der ottenbeurischen Erdkarte2) Amerika etwas Unbekanntes und heute noch gibt es manches stille Tal, das noch nie ein Mensch betreten hat.

148 671 500 qkm groß ist die Erdfläche und beherbergt 2139 Millionen Menschen aller Rassen. Mitten im europäi- _________________________________________________________________ 1) Im Besitze des Bauern Briechle, Dennenberg. 2) Baumann, Geschichte des Allgäus, Bd. I, 377.

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schen Raum ist unser großes Reich mit 80 Millionen Deutschen. Wir haben es erkämpfen müssen. Aber alle die fetten und mageren Jahre, die guten und bösen Tage, die Katastrophen der Erde, die Kriege der Völker hat miterlebt und miterduldet unser engstes Heimatland Ottenbeuren, als kleinstes Glied eines großen Vaterlandes. Wir wollen deshalb mit Liebe das Auferstehen und Werden unseres Mutterlandes betrachten. Aus seinem Geschick schöpfen wir Kraft und Liebe, Bausteine für unser neues Reich und unserer Kinder Zukunft. „Nur wer die Vergangenheit ehrt, kann die Zukunft meistern.“ Sonniges Land.

Vor sechs Jahren hat es in der Benninger Kiesgrube ein großes Aufsehen gegeben. Fand da ein Grubenarbeiter tief unter Lehm und Sand einen mächtigen Stoßzahn. Bald erfuhren fachkundige Männer davon und veranlaßten weitere Nachgrabungen1). Die Überraschung war groß. Man fand eingebettet im Lehm ein riesiges Dinotherium. Das war ein Dickhäuter mit Rüssel und Stoßzahn, eine Art Elefant. Wie kommt denn der in unsere Gegend, haben wir gedacht; er kann doch nicht von Gras und Tannennadeln gelebt haben! Wenn man da zurechtkommen will, muß man in einem Geologiebuch nachblättern. Da steht drin: Vor drei Millionen Jahren war die Terziärzeit. Auf die Schwäbisch-Bayerische Hochebene brennt mit tropischer Glut die Sonne nieder. Mächtige Sümpfe, riesige Torflager wechseln ab mit trägen Strömen und geheimnisvollen Urwäldern. Riesige Sagopalmen recken ihre Wedel in die Luft; sie stehen im Lichtkampfe mit Zimt-, Lorbeer- und Feigenbäumen. Fabelhafte, drachenähnliche Riesentiere kreuchen und schleichen aus Rohr, Sumpf und Wald. – Nun paßt unser Benninger Elefant schon besser herein, ins Land der Sonne, ins Land der Glut. Vor Jahrtausenden hat er gelebt, geatmet und gekämpft. Dann hat ihn eine 14 Meter dicke Erdschicht gedeckt. Nun aber steht er wieder riesenhaft und aufgerichtet als Zeuge jener tropischen Zeit im Museum unserer Nachbarstadt Memmingen. Die Katastrophe.

Wir aber dürfen froh sein, daß wir in jener Zeit nicht leben mußten, denn eine furchtbare Katastrophe brach herein. Die Erde begann zu beben und türmte unsere Alpen zu ihrer heutigen Höhe empor. Die Sonne versagte Pflanzen _________________________________________________________________ 1) „Lueg ins Land― (Allgäuer Beobachter) 1934, Nr. 4

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und Tieren ihre Wärme. Große Kälte brach herein. Riesige Ströme ergossen sich von Süden nach dem Norden. „Eiszeit“, sagt der Geologe. So lag unser Heimatland jahrhundertelang unter Eis, Schnee und Wasser. Kälte und Wärme wechselten. Die Gletscherströme brachten Schottermassen, Sand und Schlamm. Sie preßten den Nagelfluh und formten unsere Hügel. Die Eiszeit schenkte unserer Landschaft jenes Gesicht, das wir an ihr lieben, das Auf und Nieder, den Hügel und das Tal. Sie schenkte uns auch die Geologischen Orgeln auf dem Konenhof, in Niebers und am ausgeprägtesten in Bossarts. Kommen wir dort an den westlichen Steilhang zur ehemaligen Burg Felsenberg, so finden wir brunnenähnliche Schächte 15 bis 20 Meter tief in den Nagelfluh gebohrt. Sie sind also kein Werk der Menschen. Ganz Bossarts steht auf solchen Röhren. Noch vor der Eiszeit vegetierte hier ein hoher Auenwald. Die Bäume hatten einen Durchmesser von 1,5 Meter und mehr. Die Eiszeit hat ihn überschwemmt, mit Geröll und Sand aufgefüllt bis zu 20 Meter Höhe. In diesem Steinmantel sind die Bäume abgestorben und vermodert. Was übrig blieb vom einstigen Wald, sind die Schächte. Ein furchtbares Wunder der Eiszeit ist uns zum Zeugen und zur Freude geworden.

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Vorgeschichte

Den Steinzeitmenschen auf der Spur. (Jüngere Steinzeit 6000 bis 2000 v. Chr.) Wieder sind Jahrhunderte vergangen. Sonnenglut, Frost, Regen, Schnee und Hagel haben das eizeitliche Geröll zerschlagen und in fruchtbares Erdreich umgebildet. Die Winde trugen den Reichtum in das öde Land: Samen von Bäumen, Gräsern und Kräutern. Eichen, Buchen, Ahorn und Tannen besetzten die Hügel; Erlen und Weiden suchten das Tal. Unsere Heimat zog sich ein Festkleid an und zeigte sich in einem Bilde, das noch reicher war an Wäldern und an allem Getier. Es wurde ein schönes, stilles Tal an der Günz, ein Land ohne Leute. Die Günz aber, als Überbleibsel des einstigen großen Gletscherstromes, begann das Werk auf ihre Weise. Wie ein schmales Silberband, unendlich reich an Windungen, zog sie ihre Bahn durch dunkle Wälder dem Norden zu. Erlen und Weiden hüteten ihren Lauf. Noch war sie namenlos, ein kleiner wilder Bach; die Mutter aller von den Hügeln eilenden Wässerlein. Zahlreiche Altwasser verdankten ihr das Sein. Und miteinander tränkten sie das Tal allzureich. Es wurde ein großes Moor, das sich von Hopferbach bis Westerheim zog. In dieses Tal zog einst der Mensch. Wir wissen nicht, woher er kam, wohin er ging. Aber er war da, der Steinzeitmensch. Wir sind ihm durch zahlreiche Funde (Auswahl siehe Tafel II!) auf die Spur gekommen. Die bisherigen Fundstellen sind der Eyberg in Boschach (Nr. 1 - 10), der sog. Kreuzacker an der Günz, unterhalb Eggisried (13 - 20); ein Hausgarten in Leupolz (11,12); die Winkelwiese auf dem Konenhof (19) birgt neben Hautschabern auch zahlreiche Urnenscherben; ferner die Acker auf dem Galgenberg (21) und die Krautgärten beim Losbaum (20). „Ein Junge von heute hätte sein Vergnügen daran, wenn er einen Tag im Lager dieser Steinzeitjäger sitzen könnte. Da wird geschnitzt und gebastelt. Der eine Mann hat einen Feuerstein in der Linken und schlägt davon mit einem zweiten kleine Splitter ab, hämmert und klopft die Schneiden und Spitzen kunstgerecht zu, bis eine Lanzenspitze oder ein Messer daraus entsteht. Ein anderer schnitzt mit einer Steinklinge Pfeile für seinen Bogen. Oben klemmt er in einen Spalt eine scharfe Knochenspitze ein. Ein Dritter schneidet aus einer Tierhaut schmale Lederstreifen ab und wickelt sie in über-

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Nr. 1 - 7 Hautschaber, 8 kleines Fellschneidemesser, 9 Steinmesser, 10 Bernsteinperle (von Boschach). Nr. 11 gelber Hautschaber, 12 gelbe Pfeilspitze (Leupolz). Nr. 13 Steinmesser, 14 - 16 Kielschaber, 17 unbekanntes Werkzeug (Eggisried). Nr. 18 - 21 honiggelbe Hautschaber. Nr. 22 Urnenscherben aus der Schelmenheide. Nr. 23 Fundstück von C. Raith. Nr. 24 Durchbohrter Stein. Nr. 25 Wetzstein? Nr. 26 Wildschweinhauer.

Tafel II

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(Leerseite ausgelassen)

kreuzten Linien um den Griff seines Steinmessers, daß es gut und bequem in seiner Hand liegt. Der andere ist ein Fischer; er macht aus einem spitzen Knochen einen Angelhaken und bindet ihn an die Angelschnur aus Baumbast. Wieder einer müht sich ab, in eine Knochennadel mit einem spitzen Pfriem ein Öhr zu ritzen. Als das mühsame Werk gelungen war, ruft er seine Frau herbei und zeigt ihr, wie sie Fellkleider nähen kann. Ein geduldiges Werk verrichtet eher dort, der einen Haufen Hirschzähne vor sich liegen hat; er bohrt in jeden Zahn ein dünnes Loch, es soll eine Halskette geben für sein Kind.“ 1)

Am frühen Morgen pirschen die Jäger in den Talgrund. In den Altwassern der Günz tummeln sich wilde Enten, Gänse und Reiher. Am frischen Quell nimmt der Hirsch seinen Trunk. Im Laubwalde grunzen wilde Schweine. Und ist der Fang mißglückt, sieht man noch nach der Grube in dichten Tann, die schon seit geraumer Zeit den alten Meister Petz in Gewahrsam nehmen soll 2). Fischen und Jagen ist ihr Vergnügen, ihre Arbeit. Vor ungefähr 6000 Jahren haben die Steinzeitjäger unsere Höhen bewohnt. Zahlreiche Wohngruben sind auf dem westlichen Höhenrand im „kalten Brunnen“ zu finden. Die ersten Ackerbauern.

Unsere Äcker bieten noch mehr. Zwischen dem Friedhof und der ehemaligen Ölmühle finden wir, allerdings zerstreut, eine Menge schwarzer Topfscherben. Ein Forscher weiß, daß das keine „alten Blumenhäfen“ sind. Sie sind uralt und wurden ungefähr 700 Jahre v. Chr. in die Erde gesenkt. Ein Trauertag ist es gewesen, als damals die Kelten von ihrem Dorf hinauszogen gegen Südosten zu ihrem Friedhof. Sie haben den Toten hinausgetragen, legten ihn auf einen Scheiterhaufen und umstanden schweigend das hochauflodernde Feuer. Ihr Priester betete zu Granus, dem Sonnengott, zu Teutates, Taranis oder Hesus. Dann sammelten sie die Knochen, zerschlugen sie und legt ihn diese samt der Asche in ein tönernes Gefäß, in die Urne. Die Hinterbliebenen gaben Schmuck und Waffen dazu und stellten die Urne in einen Steinkranz. Nun sollte sich ein Hügel Erde über den Toten. 18 - 25 Schritt im Durchmesser und mehr als 3 Meter hoch waren die Grabhügel. So sah er aus, ihr Friedhof: Kegelförmige, wuchtige Hügelgruppen in freier, sonnbeschienener Wiese. Jahrhunderte ist das ihre heilige Stätte gewesen. _________________________________________________________________ 1) Fikenscher, Deutsche Geschichte. 2) Flurname Bärfalle.

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Dann aber ist ein anderes Volk und das Christentum gekommen. Die Flügel verschwanden und heute zieht der Pflug Furche um Furche durch keltisch geweihte Erde. Über 2000 Jahre schritten schon die Bauern darüber, durchschnitten die Urnen und säten. Uns blieben vom Volke der Kelten nur die Scherben als Zeugen ihrer Anwesenheit, ihrer Arbeit ihrer Trauer. Unsere Ahnen aber gaben dem keltischen Begräbnisplatz den Namen Schelmenheide. Man hat das Wort lange nicht verstanden und dachte an mittelalterliche Galgen, Schelmen oder Spitzbuben. Althochdeutsch heißt aber „scalmo“ (schelm) Aas oder Leichnam1). Eine Heide ist dieses eher feuchte als trockene Gebiet früher erst recht nicht gewesen. Also dürfen wir aufgrund der Funde2) ruhig mit unseren Vorfahren sprechen: Heidenleichnam oder Heidengräber.

Nun suchen wir das keltische Dorf. Da brauchen wir weder Pickel noch Spaten, denn die Häuser waren klein und aus Lehm. Sie sind längst zu Staub zerfallen. Als uns der Galgenberg bei dieser Suche leer ausgehen ließ, gab es fast eine Enttäuschung. Dies wäre doch ein feines Plätzchen gewesen, haben wir gemeint. Die Kelten aber sagten: Wir bauen an die Ach3). Dort können wir leichter unsere Kühe tränken und unsere Töpfe drehen. Das Forscherglück hat uns in das zerfallene Dorf geführt, nämlich in die Hofäcker zwischen Günz und Friedhof. Das ist ein günstiger Platz, eben, ziemlich windstill und fruchtbar. Hier finden wir in großer Zahl 2 cm starke Gefäßscherben in allen Größen. Sie sind aus dem gleichen Material wie die viel dünneren Urnenreste in der Schelmenheide. Es handelt sich also hier um Scherben von Gefäßen, welche im Hause verwendet wurden. Die keltische Hausmutter holte darin Wasser zum Kochen und Putzen; sie saß damit unter die Kuh und molk; sie benutzte ihre Gefäße zur Aufbewahrung von Mehl, Hirse und Schmalz. Der Küchentopf ist noch immer beim Haus gewesen. Darum stand auch hier das keltische Dorf. Wer es aber noch nicht glauben will, der komme mit. Wir wollen den Hofacker genauer untersuchen. Grundmauern gibt es allerdings nicht zu sehen; auch keine ganzen Töpfe mehr. Dafür haben die Zeit und der Pflug schon gesorgt. Wir wollen aber keine Mühe scheuen und den Acker kreuz und quer durchlaufen. Dann wird festgestellt: Nur an einzelnen Stellen, in zwei von Süden nach Norden verlaufenden _________________________________________________________________ 1) Wasserzieher: Woher? S. 336 und Baumann, Bd. I, 239. 2) Urnenreste im Besitz des Verfassers; siehe Tafel II, 22. 3) Ach heißt keltisch Günz.

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Streifen finden wir größere Mengen von Gefäßscherben (schwarz und quarzhaltig). Die dazwischenliegenden sind von Pflug und Egge verschleift. Wie weit sich die Niederlassung nach Norden vorgeschoben hatte, müßten erst weitere Funde ergeben. Jedenfalls hat der Verfasser auch bei der Lindenwirtschaft (1939), bei Alex Krumm und im Schulgarten 1940 noch solche Scherben gefunden. Es handelt sich also um eine ziemlich große, ausgedehnte keltische Niederlassung. Wir sollten auf alles obacht geben, was uns die Scholle wieder herausgibt an Gefäßen, Schmuck und Waffen.

Das keltische Geld heißt man Regenbogenschüsselchen. Es ist aus reinem Golde. Erde, Sonne und Mond ist darauf abgebildet, ähnlich wie auf dem Stein (Tafel II, 23), den mir Schlossermeister Raith als seltenes ottenbeurer Fundstück überlassen hat. Wir sollen nun keine Schatzgräber werden. Unser Schatz ist die Scholle und die Arbeit. Auch der keltische Bauer nicht auf den Bärenhaut gelegen und im Tierfell auf die Jagd gegangen. Er war Ackerbauer. Seine Frau konnte schon Flachs spinnen und auf dem Webstuhl weben. Der Kelte riß mit seinem einfachen Holzpflug die Erde auf und säte Vesen, Hafer, Hirse; er züchtete Kühe, Hühner und Bienen. Sie waren auch nicht verlassen und weltvergessen. Die angrenzenden Germanen und Römer kauften gerne ihre weltberühmten Käse, ihren Honig, ihr Harz und Kien. Der Händler gab dafür Gold, Eisen, Waffen oder was sonst der Kelte begehrte. Solche Eisenbarren wurden nach dem Bericht des Schwäbischen Museums1) gefunden in Ottenbeuren und in Memmingen. Die Kelten hatten also auch eigene Schmelzöfen und Gebläse. Ihr Schmied stellte Schmuck, Werkzeuge und Waffen aus Eisen, nicht wie ihre Ahnen aus Kupfer oder Bronze her. Hauptsitz der Kelten im Allgäu war Cambodunum, das ist Kempten. Sie nannten ihre Stadt nach ihrem Ältesten: Cambo. Eine keltische Erdburg, Refugue genannt, war vermutlich auf dem Falkenberg bei Wolfertschwenden und auf dem Theinselberg. Unklar aber ist der Geschichtsforschung immer noch, gegen welchen Feind sich die Kelten zu schützen hatten. Bekannt ist dagegen, daß sie von den kulturell höher stehenden Germanen von Mitteldeutschland immer weiter nach dem Süden gedrängt wurden. An der Iller, also auch bei uns, lebten die Estionen (keltischer Stamm). Sie bauten einst das Lehmdorf, rodeten den Urwald und säten das erste Korn. Weil sie als erste von unserer Scholle aßen, wollen wir ihrer gedenken, wenn sie auch nicht unseres Blutes waren. _________________________________________________________________ 1) Zeitschrift für Kultur, Kunst und Geschichte Schwabens, Augsburg, Verlag Hans & Grabherr, S. 127. Eisenbarren im Museum Ottenbeuren.

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Die Römer kommen! (15 v. Chr.)

Drusus, der junge römische Feldherr, führte seine Legionen über die Alpen. Niemand wußte, daß sich sein Kaiser entschlossen hatte, das Römerreich bis zur Elbe und von den Alpen bis zur Donau auszudehnen. Hell loderten im keltischen Lande die Kriegsfeuer auf Bergen und Hügeln. Die Männer eilten auf ihre Burgen und warteten. Sie dachten nicht daran, daß eine gemeinsame Gefahr auch gemeinsam abzuwehren ist. So haben sie es den Römern leicht gemacht. Drusus zerstörte Kempten und schlug die einzelnen Verbände der Kelten, wo sie Widerstand entgegensetzt. Nur wenige Greise, Weiber und Kinder blieben am Leben. Keine Kunde meldet uns, wieviel Flamme und Schwert vernichtet haben. Drusus drang vor bis zur Donau und gründete die Provinzen Noricum, Vindelicien und Räthien. Römische Siedler zogen die neugebauten Straßen entlang. In keltischen Dörfern tummelten sich bald römische Buben und Mädchen. Sie waren schwarzhaarig und gehörten den römischen Bauernsoldaten, die zur Besatzung zurückgeblieben waren. In unserer Gegend kennen wir bisher nur die Wachtürme in Memmingen, Dickenreis, Stiehlings, Hörensberg als Straßenbefestigungen. Größere Römerkastelle waren in Kempten und Kellmünz und in einem bei Memmingen abgegangenen Ort. In unserem Günztal haben sie keine Spuren hinterlassen1). Unter ihrer 300jährigen Besatzung mag das keltische Lehmdorf verfallen sein. Sind die Bewohner unter dem römischen Steuerdruck verdorben, ausgewandert oder ist ihr Blut im römischen aufgegangen? Nie wird das die Geschichte ergründen können. Unter der römischen Herrschaft ist unser Günztal wieder ein Land ohne Leute geworden. Wie unser Land schwäbisch wurde.

Der altgermanische Stamm der Sweben oder Schwaben saß im Elbe- und Odergebiet. Es war ein umfassender Stamm mit reicher Untergliederung. Zu ihnen zählten die Semnonen (Brandenburger Gebiet), die Hermunduren (Thüringer) um den Harz und die Markomannen, die Marbod nach Böhmen führte. In diesen volkreichen Heimatgauen litten sie an Raummangel. Sie konnten ihren nachgeborenen Söhnen kein Hofland mehr geben. Sie mußten also neuen Siedlungsraum gewinnen, friedlich oder mit Waffen. Diese Landsuche nennt die Geschichte Völkerwanderung. Um 213 stoßen die Schwaben gegen Süden vor. An den Grenzen des Römerreiches, am Limes, stauten sich die Völkermassen an. „Das Neckarland _________________________________________________________________ 1) Bisher wurden keine Funde gemacht.

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und die Alb waren die Beute. Da die Bauern um das Sein oder Nichtsein kämpften, war das Ringen wild und erbittert. Noch ruhte beim mächtigen Heerhaufen Pflug und bäuerliches Geschirr im Ochsenkarren. Die Eroberung des schwäbischen Kernlandes scheint von allen germanischen Landnahmen am blutigsten gewesen zu sein. Die Schwaben haben mit dem Römertum gründlich aufgeräumt und saßen auf diesem ersteroberten Boden: groß, blond, kinderreich und kampfesfroh. Sie waren Ackerbauern mit ausgedehnter Viehzucht. Sie züchteten ein begehrtes Vieh, das die rhätischen Romanen gerne gegen ihr unansehnliches kleinwüchsiges Vieh umtauschten. Woran es ihnen im alten angestammten Heimatlande gebrach, das suchten sie im neuen: Ackerland für Sippen und Gesinde, Wiese, Wun und Weid für das Vieh. Kein Wunder, wenn von ihnen berichtet wird: Sie mieten die Städte wie umgitterte Grabstätten. Was sollte auch dieses schwäbische Bauernvolk mit dem städtischen Tand der Römer anfangen? Was war ihnen schon römische Zivilisation und römischer Kult? Der vorderasiatisch-afrikanische Geist konnte sie nicht locken. Sie waren ja nicht ausgezogen, um Beute und Wohlleben zu suchen und nicht um des Raubes willen – sie suchten nur Land. Auf dem Lande wohnten sie als Meister der Holzbaukunst in eigenen Höfen. Mit den römischen Steinhäusern haben sie nichts anzufangen gewußt. Feste Bauern waren die landnehmenden Schwaben des 3. Jahrhunderts. Unter ihren starken Fäusten und ihrem harten bäuerlichen Willen ist das neue Land zu einem Garten geworden. So dürfen wir Schwaben stolz sein, der Alten Nachfahren zu sein.“ 1) Die Römer haben es den Schwaben nicht leicht gemacht. Immer noch brachten sie die Kraft zu einzelnen Strafzügen auf. 200 Jahre lang stürmten die schwäbischen Reiterheere gegen die römischen Söldner. Um 450 ist dieses Kämpfen beendet. Dann beginnen sich die Schwaben ungehemmt auszudehnen. Das Elsaß, die Rheinpfalz, die Ostschweiz werden zum Siedlungsland ihrer Jungmannen. Im Osten setzen ihnen die Bayern am Lech die Grenze. Damit war die schwäbische Landnahme beendet. Sie hatte ihre geschichtliche Aufgabe, den süddeutschen Boden von Lech und Wörnitz bis weit über den Rhein hinüber dem germanischen Blute zu erschließen, erfüllt. Den Schwaben ist es zu danken, daß in diesen Gebieten die deutsche Zunge klingt.

In unserem Schwaben zwischen Iller und Lech können wir die Züge unserer Ahnen den Flußläufen entlang ver- _________________________________________________________________ 1) Nach Wilhelm Kinkelin: Cannstatt, die Tragödie des schwäbischen Stammes, Berlin W 35, 1935.

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folgen. Sie ließen sich sippenweise nieder, nahmen gemeinsam Besitz von der Scholle, bauten ihre Holzhäuser und nannten ihr Dorf nach dem Ältesten. Wir kennen ihre Niederlassungen an den Ortsnamen mit der Endung „ing“ (z.B. Beningen, Memmingen). Im späteren Zuge entstanden die Hausen- und Hofenorte (Herbishofen, Attenhausen), soweit sie nicht Ausbauten aus der Ursiedlung sind. Die eigentliche Geschichte unseres Marktes beginnt somit gegen Ende des 5. Jahrhunderts. Bei den Uotbauern.

Fast ein halbes Jahrtausend war es wieder still gewesen an der Günz. In das keltische Dorf ist der Wald gewandert. Von den Hängen und Höhen rauschte der dunkle Tann. In diesen Frieden hinein zog einst Uot, der Bauer1). Er ist von seinem schwäbischen Vater gegangen, um sich hier im Niemandsland ein eigenes Heim zu gründen. Nun sang gar bald die Säge im Walde. Uot und seine Knechte hieben gar mächtig in die Stämme. Ihr harter Wille formte Urwaldriesen zu Balken und Häusern. Sein junges Weib und ihre Gesinde machte sich im Rohr zu schaffen. Sie flochten aus Schilf ein schützendes Dach. So haben sie es geschafft. Der Herr bekam den Hof und der Knecht Sölde. Der Uotbauer werkelte, wie es ein Schwabe von jeher tat, den lieben langen Tag. Er rodete den Wald, jetzt pflügt die harte Scholle und sät sein Korn. Von Jahr zu Jahr nehmen die Ackerflächen zu. Das brauchte es schon; denn seine Hausmutter verlangt immer mehr Korn, Mehl und Brot für die blonden Buben und Mädel, für Mägde und Knechte. Die Jugend wächst gar schnell. Da muß er genügend Ackernahrung und Mitgift haben. Drum rodet Uot, so lang er lebt, für seine Kinder. Er schenkt ihnen Acker, Haus und Hof. So ist er ihnen Vorbild. Sie treibens wieder so. Schwäbischer Fleiß und Wille baute in kurzer Zeit das Dorf der Uoten, das wir heute Ottobeuren nennen.

Das ist von uns nicht recht. Uot war kein Gote und hieß nicht Otto (gotisch

Uto, Atta), sondern schön schwäbisch Uot. Bur heißt Haus. Die richtige Schreibweise wäre Uotenburen, das würde heißen bei den Uotburen, oder Uotbauern. Über 1000 Jahre lang hat man, wie auch Feyerabend sagt 2), richtig geschrieben: Uotenburen, Uttenburren, Ottenburen, Yttenburen, Ottenbeuren. Erst seit ungefähr 1780 hat irgend ein Schreiberling die Widertaufe Ottobeuren vorgenommen. _________________________________________________________________ 1) Uotbur, Uotbauer. 2) Feyerabend, Jahrbücher I, 89.

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Wir wollen den Fehler wieder gutmachen und zurückkehren zur richtigen Schreibweise. Als Verfasser dieser Arbeit möchte ich der mündlichen und

schriftlichen Überlieferung das Recht verschaffen. Darum: Ottenbeuren.

Am Losbaum. Die knorrige Föhre mit der steinernen Ruhebank kennt bei uns jedes Kind. Sie ist am westlichen Ortseingang, an der alten Memminger Straße. Einst stand sie im Lichtkampfe ihrer Sippe, mitten im Allenberg. Dessen südliche Grenze war der Bannwald. „Lausbaum“ heißt die Föhre von altersher. Nun aber wollen wir aufräumen mit der naiven Namenserklärung, nach der sich hier Handwerksburschen entlaust hätten. Und das an öffentlicher Landstraße? Dagegen hätte der Ottenbeurer Amtmann und sein Büttel wohl einzuschreiten gewußt. Richtig heißt der Baum Losbaum. Unter seinem Schatten saß einst der schwäbische Richter und sprach den Angeklagten schuldig oder los. Daran erinnert uns besonders die Steinbank als uralter Richtersitz. Die Anbringung einer solchen ist Überlieferung. Die weiteren zwölf Sitze für die Schöffen sind leider zu unbekannter Zeit entfernt worden1). Es ist erfreulich, daß sich die Gemeinde dieses Platzes besonders angenommen hat.

Erster Richter war ohne Zweifel der Bauer Uot. Als Gründer des Ortes leitete er auch die Geschicke des Dorfes und seines Sippe. Er übernahm das sogenannte Dorfgericht oder Meieramt. Er war Herr über sämtliche Ortsbewohner, über Knechte, Mägde und Zugezogene. Das Meieramt, das später auf die Erben des Meierhofes überging, brachte ihm bestimmte Vorrechte innerhalb der Sippe ein. Er besaß mehr Grund und Boden als die anderen, er hatte den größten Hof und konnte fischen und jagen, wo er wollte. Ja die Dorfbewohner waren ihm Dienste und Bodenzinse schuldig. Aus solchen Urmeierhöfen stand in der Folge der schwäbische Adel. Wir suchen diesen Hof an der Peterskirche. Später wurde er enteignet und zum Reichshof umgebaut.

Uot richtete nach dem altschwäbischen Volksrecht, nach dem „Lex

Alamanorum“. Daraus ein kleiner Auszug2):

Vollberechtigt sind beim Schwaben nur die freien Grundherren. Das sind Bauern, die frei über ihren Grund und Boden verfügen und nichts davon verpfändet haben. Sie bilden die Volksgemeinde und vertreten diese vor dem Richter und im Kriege. Freier Grundherr aber konnte nur der Waffen- _________________________________________________________________ 1) Siehe Tafel I. 2) Baumann, Geschichte des Allgäus, Bd. I, 198.

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fähige werden. Wer nicht waffenfähig war, bedurfte eines Schutzherrn. So kam z.B. das Weib lebenslang nicht aus der Munt (Vormundschaft) ihres Mannes oder Vaters. Die Söhne erlangten die Schwertleite, das ist die Wehrhaftmachung, schon im 12. Lebensjahr. Von da ab waren sie vollberechtigte Glieder der Volksgemeinde, die keine andere Gewalt mehr über sich hatten, als die öffentliche. Nicht mehr berechtigt in der Volksgemeinde war derjenige, der sein Eigen aufgab. Er stand unter der Schirmherrschaft des, dem er seinen Besitz übertragen hatte. Nicht mehr er selbst, sondern sein Grundherr hatte ihn zu schützen und sein Recht vor Gericht zu vertreten. Die Unfreien waren für das öffentliche Recht nicht vorhanden, außer es galt zu strafen.

Auch Grundstückserwerbungen wurden öffentlich vor Gericht abgeschlossen. Der Käufer hatte das neue Grundstück drei Tage lang zu bewachen. Erst dann wurde er von der Gerichtsgemeinde als Herr des erworbenen Eigentums anerkannt. Als äußerliches Zeichen übergab der Verkäufer von seinem Grundstück einen Baumzweig oder ein Rasenstück.

Der Ehe ging die Verlobung voraus. Wer seine Braut verließ, mußte ihr alles

geben, was er bei der Verlobung verheißen, und noch dazu 40 Schillinge; außerdem mußte er mit noch zwölf Eideshelfern schwören, daß an der Braut kein Fehler sei und daß er sie nur aus Liebe zu einer anderen verlassen habe. Verboten war die Ehe bis zum vierten Grade der Verwandtschaft und Schwägerschaft. Gegenseitige Übereinkunft der Gatten hob die Ehe ohne weiteres auf. Eine Brautentführung kostete 200 Schilling; wenn der Entführer sie nicht zurückgeben wollte, zahlte er 400 Schilling Sühne. Dagegen kostete die Entführung einer Frau nur 80 Schillinge.

Was das Erbrecht betrifft, so erbten die gleichberechtigten Erben zu gleichen Teilen. Gestorbene Kinder, „mochten sie nur die vier Wände beschrieen haben“, zählten mit unter die Erben. Ihr Anteil fiel an die nächsten Erben. Ging eine Familie in zwei oder mehrere Linien auseinander, so wurde der Hausbesitz unter dieselben vollem Eigentum verteilt. Jede Linie konnte frei über ihren Teil verfügen. Beim Aussterben einer Linie fiel die ganze Verlassenschaft an den nächsten Verwandten des letzten Gliedes der erloschenen Linie. Eine solche Teilung, die noch im 13. Jahrhundert üblich war, hieß man Todteilung. Kleinste Äcker und Strangen, zerstreut in allen Richtungen, sind die Folgen gewesen. Sie machten später die Vereinödung notwendig.

Das altschwäbische Recht erkannte die Todesstrafe nur bei Mordanschlag

auf den Herzog, bei Landesverrat, Meuterei und Schlägerei im Heere. Unter den Karolingern ist die 18

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Todesstrafe sehr erweitert worden: Majestätsverbrechen, Fahnenflucht, Verkauf von Waffen an den Feind, Kirchenraub, wiederholter Raub, Totschlag in der Kirche. Die Todesstrafe wurde sofort auf der Thingstätte durch den Büttel vollzogen. Vornehme wurden enthauptet, Geringere gehängt. Die Erhaltung des Galgens war Pflicht des Grafen und seiner Schultheißen. Als Gnadenakt trat unter den Franken an Stelle der Todesstrafe die Blendung. Andere grauenhafte (fränkische) Strafen waren Abschlagen der Hand, Ausstechen der Augen, Nasenabschneiden u. a. Gefängnis gab es vor 912 noch nicht. Nach dem schwäbischen Rechte konnten die meisten Vergehen mit Geldbußen gesühnt werden. Wer einen Freien tötete, zahlte 160 Schillinge, mit heimlicher Nachstellung aber 1440 Schillinge.

Der Losbaum stand einst im weitausgedehnten Allenberg. Baumann deutet den Flurnamen als Stätten religiöser Feierlichkeiten und der Götterverehrung eigens dazu bestimmte Haine. In der altdeutschen Sprache trugen sie den Namen Alah. Das bedeutet einen umfriedeten Raum. Diese so genannten Allenberge lagen auf Anhöhen und an den sonst üblichen Kultstätten. Die Schwaben beteten an solchen Plätzen zu ihren Göttern und brachten ihnen Opfer dar.“1)

Nun ist aber hier in Ottenbeuren sonderbar, daß der nördliche Teil des Allenberges ein sumpfiges Tal ist, das sich zur Götterverehrung kaum geeignet hat. Auszunehmen wäre die Höhe am Spital, die ja in früher Zeit zu diesem Wald gehörte. Nach meiner Ansicht dürfen wir die Stelle am Losbaum als solchen umfriedeten Hain betrachten; denn bei den öffentlichen Gerichten beteten die Vorfahren gewöhnlich auch zu den Göttern. Vielleicht war der große Findling aus Nagelfluh unweit des Losbaumes am Feldweg doch ein Opferstein. Ein Tempel, die bei den Vorfahren selten waren, kommt hier nicht in Frage. Dagegen sprechen unsere schönen altschwäbischen Sagen. Die Opferstätte auf dem Froberg (Buschelberg).

Unser Ortsgründer Uot und seine Nachfahren waren Ackerbauern. Als solche verehrten sie besonders den Gott, der über das Wachstum der Erde gebietet. Das ist Fro und Donar, Gott der Fruchtbarkeit und des Landbaues, Schirmherr des Viehes. Sein heiliges Tier ist der Eber, der mit den Hauern die Erde durchwühlt und also den Landbau versinnbildet. Fro ist auch Gott der Liebe, darum auch der Gabenspender und Befreier der Gefangenen. Weil er den _________________________________________________________________ 1) Baumann, Geschichte des Allgäus, Bd. I, 85.

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dunklen Naturkräften gebietet, ist er endlich auch Vorsteher des Wahrsage- und Orakelwesens1).

Unser sagenreicher Buschelberg erhielt seinen Namen von dem im 11. Jahrhundert angelegten Burgstall2). Vorher muß der Berg einen anderen Namen gehabt haben er wird uns genannt in alten Urkunden und Katastern. Da lesen wir nicht Buschelwiese, Buschelwald, sondern Frolisholz, Frolisberg, Frolisacker. Schließlich wurde zu dem ehemaligen Schloß auf dem Froberg der Schloßbauernhof Frölis gebaut, der den Ritter mit Lebensmitteln zu versorgen hatte. Es ist schon nachgewiesen worden3), daß der Hof seinen Namen vom Berg erhalten hat. In der Mundart ist die ursprüngliche Sprechweise: Fröles oder Frolis erhalten geblieben. Wir haben es hier wirklich mit einer altschwäbischen Kultstätte zu tun. Der schönste Beweis sind uns die an den Berg gebundenen Sagen4):

Ein Hirtenbüblein hütete einst auf dem Buschel dunkelfarbige Kühe. Da sie gar friedlich fraßen, suchte es im Burgstalle glitzernde Steine, mit denen es Feuer schlagen könnte. Die schob es in die Tasche. Uh! und plötzlich stand es vor dem Teufelsloch, von dem Mutter gar gruslige Geschichten zu erzählen wußte. Soll ich, soll ich mich, dachte sich das Büblein. Dann aber nahm es alle Schneid zusammen und schlüpfte hinein. Und siehe, o Wunder, da ist ja gar kein Teufel und kein Pudel mit Feueraugen, wie Mutter es sagte. Ein schön gewölbter Gang führt da hinein ins Dunkle. Fast aufrecht kann man darin gehen. Jetzt hatte das Büblein keine Angst mehr, immer weiter schritt es in den Berg hinein, rechts, links, geradeaus. Was würde doch die Mutter sagen? Nun ward es vollends dunkel, modrig, kalt die Luft, sie würgt an der Kehle. Nun wird ihm angst und bang. Das Büblein möchte Mutter! rufen. Da vernimmt es leis: Was suchst du hier? und es wird licht. Die Stimme kam von einer Frau, die ward hell, schön und gut. Da starrt es zu der Truhe, auf der sie saß. Wieder sprach die Frau: Wieviel möchtest von dem Schatze haben, Büble? Nun gab die Stimme ihm wieder an: Eine Peitschenschnur möcht ich mir wohl kaufen! Gibst mir das? Das Hirtenbüblein merkte es nicht und sah es nicht, wie die Frau den Deckel hob. Schon reichte sie ihm ein kleines helles Geld. Sie hätte ihm gerne mehr gegeben; doch sie liebt auch das Bescheidensein. Mit einem guten Lächeln wies sie ihm den Weg zurück ans Licht. _________________________________________________________________ 1) Baumann, Geschichte des Allgäus, Bd. I, 82. 2) Burgstell, Burschell, Buschel. 3) Geschichte Guggenberg von Schieringer. 4) Gesammelt von Oberlehrer Strobl, neu erzählt vom Verfasser.

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Da fuhr dem Bub das Glück in seine Beine. Er ließ Küh und Geißen stehn, rannte heim, muß es gleich dem Mütterlein erzählen. – Da aber gab es arge Schelte: Warum hast du mehr denn nicht gefordert? Gleich gehst zur Frau zurück! Sag viel Geld, alle Taschen voll will ich. Die gute Frau im Berge die wußt‘ das schon. Sie hielt den dunklen Gang verschlossen und blieb für sich allein. Kein Hirtenbüblein fand bis heute wieder zu dem Schatz hinein.

Die Schatzgräber. – Es war am Tag St. Bartholomä. Da hub der Buschelberg ein Glitzern und Gefunkel an so hell, als hätte er sich im Glas verwandelt. Und die Leut im Tal? Die schauten solches Wunder mit Gruseln und Grauen: Es ist ein schlimmer Teufelsspuk! Andere nahmens halb so übel: Es sind die reichen Schätze der alten guten Frau. So schaut es ein jeder, wie er’s fühlte, wie er’s glaubte. Andere sahens mit Gewinn; sie gingen hin und holten Axt und Spaten. So stiegen sie zum hellen Glimmerberge. Da erging es ihnen wie dem Herzenbüblein: Wo liegt der Glanz? Der Spuk entschwand. Da dachten sie nichts anderes, als daß mit flinken Händen eine große Zwergenschar die Schätze in die Truhe barg. Drum ließen sie den Mut nicht sinken und huben an mit hauen, graben, wühlen; gar groß war ihr Bemühen: Der Schatz muß unser sein! Einer wußt in solchem Graben schon Bescheid und sprachs jedem leis ins Ohr: Wenn wir die Truhe heben, mußt du schweigsam sein! – Ein letzter Hieb, ein letzter Schlag; da rollt ein Stein; ihm folgt ein heller Klang – hier muß die Truhe seien! Der Berg meint’s ihnen gut, er gibt den Schatz heraus. Sie heben schwer, sie keuchen laut. „Itz hammerse!― schreit der Mätl laut. – O Schreck, die Truhe sank darob tief, tief in den Berg hinein. Ein schwarzer Pudel setzte sich darauf, sah mit feurigen Augen aus dem Schacht herauf. Da rissen sie denn aus. Die Schatzgräbergeschichte flog von Haus zu Haus. Seitdem ist der Teufel in dem Loch und wer will den Schatz gewinnen, muß erst den bösen Hund bezwingen1).

Sagen sind mündliche Überlieferungen, bestehend aus Dichtung und

Wahrheit. Es soll ich hier nun versucht werden, den wahren Kern herauszuschälen. Richtunggebend ist mir hier das Werk von Dr. Anton Stonner2). Nach obiger Sage führt das Teufelsloch in einen unterirdischen Gang, der in einer Schatzhöhle endet. Nach einer anderen Überlieferung soll der Gang eine unterirdische Verbindung herstellen mit dem Schloß Hawangen. Hier sind zwei Möglichkeiten zu einer _________________________________________________________________ 1) Aus der Sammlung von Oberlehrer Strobl; neu erzählt vom Verfasser. 2) Stonner, Von germanischer Kultur und Geistesart, 1936, Buchgemeinde Bonn.

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Sage verschmolzen worden. Älter ist der Zugang zum Schatz im Berge. Demnach könnte auf dem Froberg schon eine keltische Kultstätte gewesen sein. Baumann erzählt darüber: „Ernst, ja düster, das Geheimnisvolle liebend ist der keltische Götterdienst. Dafür legen ein beredtes Zeugnis ab die merkwürdigen unterirdischen Bauten, die von Überlingen über Kellmünz bis an den Inn reichen. Es sind das schmale, in den Stein gehauene labyrinthische Gänge, die bald so niedrig werden, daß man sie kaum durchkriechen kann, bald in Kammern und Rondelle sich erweitern, bald aufwärts und bald abwärts steigen. In diesen Rondellen und gingen erscheinen Nischen, die auffallend von Ruß geschwärzt sind, und aus der Sandmasse herausgearbeitete Sitze. Es wird jetzt allgemein angenommen, daß die Bauten religiösen Zwecken dienten. Da auch bei uns im Allgäu die Estionen in ihrem Götterdienst kaum von den übrigen Vindeliciern abwichen, so darf mit Wahrscheinlichkeit das Vorhandensein solcher geheimnisvollen Gänge angenommen werden. … Überall wo das Volk von unterirdischen Gängen oder von periodischen Spuken von Erdmännlein im Innern der Berge zu erzählen weiß, darf an das Vorhandensein solcher künstlichen Höhlenbauten gedacht werden.“1)

Ähnliche Gänge und Nischen und Brandresten wurden bei Grabungen auch auf dem Theinselberg festgestellt2). Das sind gerade Gebiete, in denen sich wie hier die vorchristliche Siedlung nachweisen läßt. Da nun die Sage hier von unterirdischen Schätzen spricht, müßten auch unterirdische Räume vorhanden gewesen seien, von denen die Schwaben noch wußten oder von diesen gefunden worden. Sie hätten somit eine keltische Kultstätte übernommen und ihrem Fro geweiht. Die Schätze rühren aber wohl von den Schwaben her. Sie opferten ihrem Gotte Tiere aller Art, Feldfrüchte, Bier und aus Teig hergestellte Götterbilder, wie sie uns noch in den Klausenbroten überliefert sind. Am liebsten beschenkten sie ihren Fro mit dem Eberkopf vor und nach der Ernte. Mit dieser Feierlichkeit war immer ein Opferschmaus verbunden. Jeder Teilnehmer am Opferschmaus leerte einen Teil des Getränkes zu Ehren des Gottes aus, dann erst trank er selbst. Das hieß man die Minne oder zum Andenken der Gottheit trinken. Das ist also ein Verschenken, wie es heute noch der seßhafte Bauer mit der Funkenmilch und auch mit der Schlachtschüssel hält. Eine Truhe voll Geld ist im Berge wohl kaum zu finden; denn der Ritter auf dem Berge hätte es wohl gefunden; er war ja auch nur ein armer _________________________________________________________________ 1) Baumann I, 22. 2) Schnieringer, Heimatsgeschichte Lachen.

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Schlucker, ein Höriger des Klosters. Das Schloß auf dem Buschel ist auch nicht versunken, sondern verfallen. Die heimlichen Opfer von liebenden Mädchen und Burschen aber bestanden aus Geld und Schmuck. Das gaben sie der Göttin der Liebe heimlich in die Erde. Die schwäbische Venus ist Fros Schwester, die Frouwa (Frau), welcher die Katze und der Eber heilig sind. Sagt man nicht heute noch: Wer die Katzen nicht mag, bekommt keinen braven Mann; und ist nicht das Schwein jenes Tier, welches uns Glück bringen kann? Die Frau im Berge ist also nicht Teufels Großmutter, sondern die gute schöne Frouwa, der einst die Schätze geopfert wurden. Davon hat man noch Jahrhunderte später gewußt und es braucht uns nicht zu wundern, daß zu verschiedenen Zeiten Schatzgräber nach diesen verborgenen Opfergaben suchten. Auch dem Hirtenbüblein gönnen wir den Groschen. Es hat ihn wohl aus der Erde gescharrt oder in einem unterirdischen Gang gefunden. Das Vorhandensein solcher Gänge ist wohl kaum zu bestreiten. Das Teufelsloch erhielt seinen Namen in der ersten christlichen Zeit, als die Peterskirche hier schon erbaut war und trotzdem noch mancher gute Uotbauer auf dem Berge seine Götter verehrte. Da mußte dann der Pfarrer wettern, und aus der Höhle wurde ein Loch des Teufels (Unglaubens); aus der Frouwa wurde eine häßliche Großmutter. Jetzt kam auch der Pudel auf die Truhe und der keltische Tempeleingang wurde zum Loch in die Hölle.

Die Meinung, zum Schloß Hawangen habe ein unterirdischer Gang geführt, ist nicht richtig und wäre in diesem moorigen Gelände auch nicht möglich gewesen. Wahrscheinlich jedoch ist ein Notausgang des Ritters Getinbratter auf der Frölisburg. Solche führten meistens vom Burgbrunnen oder Burgkeller aus unterirdisch weiter in ein Waldstück oder in ein Versteck. Durch solche Gänge entwich der Burgherr, wenn er belagert und die Übergabe auf Gnad und Ungnade gefordert wurde.

Mit dem Geflimmer auf dem Frölisberg hatte es wohl seine Richtigkeit. Es ging jedoch nicht von Schätzen, sondern von quarzhaltigen Steinen und dem Glimmer aus.

Und die Pfingstzeit und in der Allerseelenwoche kommt von der

Schelmenheide unter Sturmgebraus ein seltsames Gefährte, „bespannt mit Pferden ohne Köpfe; man sieht ein Leuchten, hört Katzengeschrei und Wimmern“. Ja der Rasselwagen hat schon manchem Ottenbeurer auch in unseren Tagen Angst und Schrecken eingejagt. Man ahnt Unheil, wenn er von der Eldernstraße kommend über die Günz zum Flecken und zum Buschelberg rasselt. Auf dem Gefährte sitzen die unbekannten Toten vieler Jahrhunderte.

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Zwei Männer darauf haben die Ottenbeurer erkannt. Es sind die

Rentbeamten Durocher und Wiggermann, welche ich hier im Auftrage des bayerischen Kurfürsten die Säkularisation durchgeführt haben. Es ist also keine Ehre, auf dem Gefährte zu sitzen! Ist es der Seelenwagen der Gottlosen, der Nichtchristen? Gottlos waren unsere Vorfahren nicht und vom Christentum haben sie lange nichts gewußt. Wir aber verstehen nun umso besser, weshalb die Fahrt in der Schelmenheide, also im Gräberfeld der Kelten und Schwaben beginnt und auf dem Buschel endet. Freya fährt mit ihrem katzenbespannten Wagen zurück zu Wuotan, ihrem Gemahl. Der hat die Verstorbenen eingeladen zum wilden Gejaid (Jagd) und bewaffnet sie mit Schild und Speer. Er selbst reitet mit breitem Hute oder blitzenden Helme, umwallt mit weitem Mantel auf weißem Rosse. Auf seinen Schultern sitzen die beiden Raben Hugin (= Gedanke) und Munin (= Erinnerung). Ihm voraus jagen lechzend reißende Wölfe. Mit Hoha hußa jagt Wuotan mit seinem wilden Gefolge durch die Lüfte, über den Guggenberg, zur Schelmenheide und zum Flecken. Wehe aber den Neugierigen! Wer immer bei dem Gesaus und Gebraus seinen Kopf durch den Fensterrahmen streckte, dem schwoll er mächtig an, sodaß er ihn nicht wieder zurückbringen konnte. So erzählt’s die Sage. Aber die Ottenbeurer namen’s dem sonst guten Wout, den Gott des Lebens dem Belohner und Bestrafer nicht übel. Ja mancher sagt gar heute noch mit stiller Freude: „Guden Tag!“, das ist Montag oder Wotanstag.

In einer anderen Sage wird erzählt, daß die Schelmenheide früher Waldgeister und Hexen beherbergt habe, die zuweilen des Nachts in die Häuser herunter kamen, um zu beobachten, zu belohnen oder zu bestrafen. Schönere Beweise für die keltischen Grabhügel, für schwäbische Reihengräber, für eine altschwäbische Kultstätte auf dem Froberge können wir nicht haben. Darum hat Oberbürgermeister Dr. Merkt, Kempten, in die Buschelkapelle eine Steintafel gestiftet mit folgender Inschrift:

Buschelkapelle

einst germanische Opferstätte des Ackerbaugottes Fro dann Burg Frolis

bis 1172 des Ritters Berthold von Dennenberg seit 1714 St. Michaelskapelle

1805 geschlossen 1808 Jagdschloß Durocher seit 1852 wieder Kapelle

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Unter fränkischer Herrschaft

Wie Schwaben an das Reich der Franken kam.1)

Auch die Uotbauern hatten keine goldenen Zeiten. Kein germanischer Volksstamm hat größere Opfer an Gut und Blut für die Heimat gebracht als der schwäbische. Vom Norden herab sind sie ausgezogen, um Land zu suchen. Sie zertrümmerten den römischen Limes und kämpften 200 Jahre gegen die römische Übermacht. Sie stürmten über den Rhein, um für sich das sonnige Gallien zu erwerben. Da drüben saßen die Kelten, Römer und Mischlinge. Gallien war eine römische Provinz. Im Norden derselben und am Niederrhein waren die germanischen Franken. Auch sie waren ausgezogen um die Römermacht in Gallien zu zertrümmern und für sich das Land zu gewinnen. Chlodwig aber, ihr König, konnte ob seines Sieges und Landbesitzes in Gallien nicht froh werden, solange der gefährliche schwäbische Nachbar ihm ungeschwächt im Rücken und in der Flanke stand. Damit beginnt die Tragödie des schwäbischen Stammes und ihren unabsehbaren Folgen, Leiden und Opfern. Zwei starke germanische Stämme prallten aufeinander. Im Jahre 496 fiel bei Zülpich die Entscheidungsschlacht um den gallischen Siedlungsraum. Die Schwaben unterlagen. Das bedeutete für sie den Verlust des nördlichen Drittels des einstigen Schwabenreiches. Den Franken aber brachte der Sieg den Verlust des angestammten Glaubens, des Blutes und der Sprache. Die Franken vermischten sich mit Kelten und Römern. Es wurde der Franzose, der seitdem unser Reichsfeind blieb.

So waren nun die Schwaben eingekeilt zwischen Franken und Burgundern im Westen, Bojowaren im Osten, Franken im Norden und den guten im Süden (Italien). Letztere nahmen die Schwaben vor weiteren Zugriffen in Schutz. Anno 536 stießen sie, selbst bedrängt, die Schwaben als hindernde Last an die Franken ab und verschacherten die gewonnene Oberhoheit über dieses Land. Damit waren die Schwaben nicht einverstanden. Es kommt zu neuen Kämpfen mit den Franken. Unter den Merowingern aber vermögen sie doch ihr angestammtes Recht, ihre Verwaltung, Sitten, Glauben und Sprache zu erhalten. _________________________________________________________________ 1) Nach Wilhelm Kinkelin: Cannstatt, die Tragödie des schwäbischen Stammes, 1935. „Zeitgeschichte“, Verlag und Vertriebsgesellschaft m.b.H., Berlin W 35.

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König Childebertus II. (575 - 596) versuchte immer mehr, Schwaben zu einer fränkischen Provinz zu machen. „Nun beginnt ein erbitterter und wilder Freiheitskampf der Schwaben wider die Franken, der durch mehr als fünf Geschlechterfolgen nicht mehr zur Ruhe kommt, der sich fortwährend steigert, der immer verbissener und härter wird, in dem Ströme von Bauernblut vergossen, ungezählte Saaten vernichtet werden, Bauernhöfe und Bauerndörfer in Asche sinken. Und es tut sich von hier ein geschichtlicher Blick auf über einen weiten Raum, an dessen fernem Horizonte wir jetzt schon wie einen Unheil kündeten Wetterschein die Meintat von Cannstatt aufleuchten sehen. Dieser Kampf gegen die Franken war nicht nur ein Freiheitskampf für der Väter Glaube, Sprache, Recht und Sitte schlechthin, sondern er war immer Wesen der Kampf eines freien, seiner selbst bewußten Bauernvolkes unter seines angestammten Herzogs Führung gegen eine imperialistische Macht, für die germanische Fäuste, das Schwert und die Streitaxt führten und die eine umstürzende Weltanschauung brachte; eine Macht, welche die herkömmliche soziale und wirtschaftliche Ordnung zerstörte und den seither freisässigen Bauern geistig und wirtschaftlich in Fron= und Knechtschaft brachte, den Bauern, auf dem fortan die geistigen und weltlichen Mächte herumtrampelten.“

Als die fränkischen Hausmaier(Pipin) ihrem König die Macht aus den

Händen gerissen hatten, wollten sie das lockere Reichsgefüge befestigen und vereinheitlichen. Der Kampf ging hauptsächlich gegen die Außenprovinzen Schwaben, Bayern und Thüringen. Ihr politisches Ziel war die Vergrößerung des fränkischen Reiches und die Einverleibung der genannten Herzogtümer. So sollte dann ein fränkisches Großreich entstehen, wie es in der Folge dann auch Karl der Franke (Große) erreichte. Aus diesem Grund heraus versuchten die Franken immer wieder die Schwaben zu überrennen. Aber ihre Siege haben sich unter dem Schwabenherzog Gottfried ins Gegenteil verkehrt. An diesem Gottfried hat sich Pipin nicht mehr herangewagt. Nach seinem Tode 708/09 folgte Herzog Willihar. Jahr für Jahr führten nun die Franken ihre Krieger gegen die tapferen Schwaben. Sogar ein fränkischer Bischoff führte 712 ein Heer. Wir merken daran, daß in Schwaben auch kirchliche Ziele verfolgt wurden. Viel haben sie nicht auszurichten vermocht. Pipins Sohn, Karl der Hammer (Martell, 715-741), der während seiner ganzen Regierungszeit kaum aus dem Sattel seines Kriegsrosses kam, sah in der Unterwerfung Schwabens seine Hauptaufgabe. Wenn er auch den Arabersturm 712 zum Stillstand brachte, die Schwaben hat er nicht bezwungen.

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Immer war Krieg, 722 überschritten die Franken nach harten Kämpfen die

Donau und besetzten ganz Schwaben bis zur Bayerngrenze, ja selbst die Bayern wurden überfallen. Die gemeinsame Not hat beide Stämme schon damals zusammengeführt. Sie sind den Schwaben treue Bundesgenossen gewesen, die Bayern. Die fränkische Besetzung endete mit der Verwüstung des Landes. Aber schon im nächsten Jahre stehen die Schwaben wieder im offenen Aufruhr. Kämpfe 725, 727. Nun aber tritt zum erstenmal der heldenmütige Dietbald dem Hammerkarl entgegen. Er ist der Führer der frankenfeindlichen Partei im Schwabenvolke; er hat es soweit gebracht, daß nach Hammerkarls Tode († 741) das schwäbische Land wieder mit Waffengewalt botmäßig gemacht werden mußte.

„In grimmigen Zorne über sein ewiges Mißlingen bei den Schwaben,

sammelte Karlmann 746 seine ganze fränkische Heeresmacht. Keinen Mann ließ er wohl zuhause, denn nun wollte er ganze Arbeit machen. So berief er den schwäbischen Heerbann zu der alten Thingstätte bei Cannstatt am Neckar. Auf der Altenburger Höhe war der Aufmarschraum beider Heere. Nichts Schlimmes ahnend, erschien Dietbald mit seinen Schwaben. Beide Heere verbanden sich auf freundliche Weise. Niemand ahnte Hinterlist. Ja es mag sogar sein, daß die Schwaben unter dem Schutze des Thingfriedens die Waffen abgelegt hatten. Trotzdem wurde plötzlich das schwäbische Heer von den Franken umzingelt und ohne Schwertstreich gefangen und gebunden. Und es geschah, daß viele Tausende von Menschen mit dem Schwerte niedergehauen und umgebracht worden sind.“ Das ist der fränkische Meuchelmord von Cannstatt. Hier wurde der größte Teil des schwäbischen Heeres (etliche 10 000 Mann), darunter auch der heldenmütige Dietbald, ermordet. Er war der letzte Herzog in Schwaben. Dieses Freiheitshelden wollen wir immerford gedenken.

„Mit dieser grausamen Bluttat hat Karlomann seinen gefährlichsten

Widersacher erledigt. Gegen die fränkische Streitaxt und das römische Kreuz erhob sich fortan keine Hand mehr in Schwaben. Dem Volke war das Genick gebrochen. Der Schaden an Gut und Blut war unverwindlich. Wilfried, der Legat Roms, konnte sich freuen: Ein Erzheidennest war ausgetilgt und der Kirche einverleibt. Schwaben wird nicht nur ein Teil des fränkischen Reiches, sondern auch des kirchlichen Reiches. Wer sich nicht taufen lassen wollte, wer noch beim alten Gottesdienst betreten wurde, wer von den alten schwäbischen Bräuchen nicht lassen wollte, dem drohten die schwersten Strafen: Verknechtung, Enteignung, Todesstrafe. Ist es ein

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Wunder, wenn unter dem Eindruck des lähmenden Entsetzens, das vom Meuchelmord zu Cannstatt wie ein Gespenst landauf, landab ging und unter so furchtbarer Strafandrohung gegen Beibehaltung des alten Väterglaubens das Christentum in Schwaben – geschwind – eingeführt werden konnte. Bis sich alles vom Schreck erholt hatte, war die Einführung schon geschehen.“

„Karlomann hatte damit noch nicht genug. Er ließ auch die Güter des alten

schwäbischen Adels und die vieler Freibauern einziehen. So beraubte er die wertvollen Geschlechter, die Führerschicht ihres Allods, ihres Erbgutes. Damit traf er sie am Schwersten. Aus diesen so enteigneten Gütern bildet Karlomann in Schwaben ein riesiges königliches Kammergut, daraus er und seine Nachfolger Klöster und Kirchen gründen und aufs reichste ausstatten konnten. An Stelle des Wotansheiligtums entstehen Martins= und Peterskirchen. Den riesigen Aderlaß von Cannstatt hätte das schwäbische Volk überstanden. Was aber Karlomann hier tat, das war bewußte Zerstörung der adligen und bäuerlichen Führergeschlechter. Wie ein Kraut aus dem Ackerboden gezogen und aufs freie Land geworfen, so hat er diese Geschlechter aus ihrem Mutterboden gerissen und im Elend verderben lassen. Er hat ihnen durch den Raub ihres Sippenerbgutes die Unterlage und die weitere Voraussetzung zum Bestande entzogen. So hat er sie vernichtend getroffen. Von diesem Schlage hat sich Schwaben nie wieder voll erholt; Die Verluste an wertvoller Führersippe waren eben nicht mehr zu ersetzen. Man forsche überall nach, wo Martins=, Michaels= und Peterskirchen gegründet wurden, ob dort nicht königliche Kammergüter gebildet und damit nicht ein odaliges Führergeschlecht vernichtet wurde.“

Graf Sylach, der Beauftrage des fränkischen Königs.

Wir hatten hier eine Peterskirche und einst königliches Kammergut. Daran erinnert der überlieferte Flurname „im Königreich“1) . Nun wissen wir, was geschehen ist. Die Franken haben nach ihrem Endsiege auch jenen Adeligen beseitigt, der aus dem Uotbauernhofe hervorgegangen ist. Hat auch er einst seine Mannen nach Cannstatt geführt? So bekommt Uotenburen wie ganz Schwaben jene fränkische Hand zu spüren, die mit Gewalt den angestammten Glauben austilgt, Sitte und Bräuche entstellt, fränkisches Recht verkündet. Diese fränkische Hand ist im Uotbauerndorf

_________________________________________________________________ 1) „Im Königreich“ (zum Ammannsdienst gehörig), Steuerbuch 1767, Lit. 110, Staatsarchiv Neuburg – Urkunden – Steuerkataster – münclich überliefert.

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und dessen Umgebung Sylach, der Graf, gesandt von Pipin dem Franken.

Darum haben ihn die Uotbauern nicht freudig begrüßt; er war ja auch keiner

aus ihrem Stamme; sein Kommen bedeutet für Sie Schweigen und Kuschen;

seine Hand ist Gewalt und nur in der Erinnerung an Cannstatt nahmen sie ihn hin

mit verhaltenem Groll.

Sylach war ein „reicher Allemannier“ (Schwabe), wie er in Feyerabends

Jahrbüchern genannt wird. Das ist eine völlige Verkennung der damaligen

Verhältnisse. Pipin hat keinen Schwaben in den Grafenstand berufen; denn dann

wäre Sylach ein Verräter an der schwäbischen Sache gewesen. Andernfalls hätte

Pipin den Fuchs zum Hühnerhirten befördert. Feyerabend hätte schreiben

müssen: Er war ein reicher Franke in Allemannien. So liest man es auch in der

Schwäbischen Topographie von Merian 1643 1): „Sylacho, der Frankenherzoge,

Landvogten in Allemanien und Graf im Illergau..“ Was er sonst noch alles war,

reich oder arm, kümmert uns weniger. Jedenfalls saß er hier als fränkischer Graf

mitten unter den Schwaben. Die übrigen Angaben über seine Söhne, die aus der

Ehe mit Erminswint entsprossen sind, müssen mit Vorsicht aufgenommen werden,

da bereits nachgewiesen ist, daß es einen Bischof Gauzibert in Bienne überhaupt

nicht gab2).

Was wollte nun Graf Sylach bei den Uotbauern? Er war beauftragt, bei den

Uotbauern einen Reichshof, eine Reichskirche und eine Zentene zu errichten. Das

war fränkische Organisation. Sie teilten ihr Reich und die unterworfenen Provinzen

in Gaue ein. Darüber wachte der Gaugraf. Unser Illergau erfuhr nun eine weitere

Gliederung in kleinere Gebiete oder Zentenen. In jede Zentene baute der ihr

vorstehende Graf einen Reichshof mit Kirche. Der Reichshof gehörte dem König

und dem Reich und wurde dem amtierenden Grafen nebst anderen Gütern als

Entlohnung zur Nutznießung überlassen. Die fränkischen Reichshöfe finden wir an

alten Heeresstraßen; zuweilen auch abseits liegend mitten im Waldgebiet, wenn

beabsichtigt war, weiteres Land zu erschließen. Es wurde also nicht allein die

politische sondern auch die wirtschaftliche Seite im Auge behalten. Die zum

Königs= bzw. Reichshof gezogenen Grundstücke stammten zum Teil aus

Enteignungen, andererseits auch aus dem gesetzlich zugefallenen,

unbewirtschaftetem Land. Sehr genau wurde wohl nicht vorgegangen. Man wußte

sich

_____________________________________________________________

1) Das schöne Allgäu Nr. 4, 1938, S.57. 2) Siehe S.47.

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die notwendige Tagwerkzahl schon zu verschaffen; man war ja Herr im Lande.

Hier in Ottenbeuren erinnert an solche Enteignungen das Königreich zwischen

Obermarkt und Böglins (s. Plan!). Ferner erwähnt auch Feyerabend 1): „In alter

Zeit besaß Ottenbeuren einige Güter, wovon nicht nur gewissen und bestimmten

Eigentümern, sondern auch dem Könige einige Zinsen und Abgaben jährlich

entrichtet werden mußten.“ Das ist uns mit der beste Beweis, daß die fränkische

Hand hier stark zugegriffen hat, ferner auch, daß Ottenbeuren damals kein

unbedeutender Ort mehr wahr. Die Uotbauern hatten es schon zu etwas gebracht.

Interessant ist für uns auch die Frage: Weshalb hat gerade unser Markt in weitem

Umkreis die kleinste Gemeindeflur?2). Das hängt ohne Zweifel mit dem

fränkischen Gesetz zusammen, wonach alle unbewirtschafteten Gründe dem

König zufielen. Den Uotbauern hat die damalige Gemeindeflur als Ackernahrung

noch ausgereicht. Wir haben es also mit einer Urmark zu tun, die seit 746 nicht

mehr vergrößert werden konnte. Alles angrenzende Land war königlich geworden

und kam unter den Reichshof, später an das Kloster. Nun war kein Platz mehr für

Freibauern gegeben. Deshalb nahmen von jetzt ab die Freibauernhöfe nicht mehr

zu. Der Überschuß an Bevölkerung verlegte sich auf das Handwerk und den

Handel.

Der Reichshof in Uotenburen.

Reichshöfe lassen sich urkundlich nicht belegen. Man hat im 8. Jahrhundert

noch nicht soviel geschrieben. Außerdem sind aus dieser Zeit die meisten

Urkunden abhanden gekommen. In diese urkundenlose Zeit gestatten uns nur

noch Sagen, Flurnamen, alte Pläne und mündliche Überlieferungen einigermaßen

Einblick. Ein gutes Stück Ortsgeschichte kann man draußen in der Natur finden.

Wir Ottenbeurer haben sogar eines der wichtigsten Kapitel bereits auf der

Ansichtskarte.

Da fällt uns zwischen dem Klosterhügel und der Günz links des

Marktplatzes ein im Viereck angelegter Häuserblock auf. Man muß schon viele

Gemeindepläne in die Hand nehmen, bis man eine ähnliche Anlage wieder findet.

Sie ist auch nicht neu. Sie bestand schon vor mehr als 200 Jahren, wie eine

Handzeichnung im Museum zeigt. Somit kann behauptet werden, daß dieser

Häuserblock noch viel älter ist,

_________________________________________________________________

1) Feyerabend, Jahrbücher, I, 531. 2) Gemeideflur Ottenbeuren 2607 Tagw.,Böhen 6021 Tagw., Ollarzried 2723 Tagw., Haitzen 2915 Tagw., Guggenberg 4320 Tagw., Betzisried 3614 Tagw., Lachen 4168 Tagw.

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hat man doch unter der Klosterherrschaft immer wieder auf die alte Hofstätte gebaut. Der Ankauf eines neuen Bauplatzes war nicht allein von der herrschaftlichen Erlaubnis abhängig, die übrigens selten erteilt wurde, sondern es wurde auch weiterhin für alle Zukunft die leer gewordene Hofstätte mit Bodenzinsen belegt. Gerade dieses Verfahren, das für die Hofgeschichtsforschung äußerst wichtig und erleichternd ist, gibt uns die Gewähr für ein hohes Alter unseres Viereckblockes.

Nehmen wir nun Zirkel und Lineal zur Hand und messen auf dem

Gemeindemarkungsplan von 1819, so ist die Überraschung nicht gering. Bis auf die Nordostecke, an der ein Haus nach innen verschoben ist, ergibt sich ein Maßverhältnis von 85 zu 85 Meter ohne Straßen. Darin liegt Planmäßigkeit und bezeugt eine ehemalige Zusammengehörigkeit der verschiedenen Häuser. Übrigens ist auch die alte Hausnummerierung auf der Westseite fortlaufend. Im Osten fehlen die Nummern ganz. Auf dieser Seite standen nie Wohngebäude. Die Peterskirche bekam die Hausnummer 216 erst nach der Säkularisation. Das Haus 211/2 war einst Stallung und ohne Nummer. Die fehlende 22 gehörte dem Schmied und Wagner. Die niedrigsten Hausnummern sind alle im Reichshofbering. Es muß also bei Ausgabe derselben dem Klosterschreiber bekannt gewesen sein, daß diese Häuser zu den ältesten im Markte gehören.

Die ehemalige Peterskirche, welche die Südfront des Häuserblocks bildet,

gehört erst seit 1220 dem Kloster. Ebenso ist nachweisbar, daß es gerade die Häuser in diesem Bereich erst nach dem 13. und 14. Jahrhundert in seinen Besitz brachte. Somit fällt auch das Kloster als Erbauer weg. Es bleibt uns nun nur noch Graf Sylach übrig. Er war ein Franke und hatte den Auftrag einen Reichshof zu errichten. Gehen wir heute ins Frankenland, was fällt dem Schwaben zuerst auf? Es sind die zahlreichen im geschlossenen Viereck erbauten Bauernhöfe. Jetzt haben wir es ja! Die Anlage unseres Häuserblocks ist fränkisch, genau so wie die Mohrenwirtschaft es war. Die alten Schwaben kannten eine solche Anlage nicht. Sie bauten entweder ringförmig um den Meierhof, sodaß dieser in der Mitte zu stehen kam (siehe Hawangen), oder einer Straße entlang. Ohne Zweifel gehörte auch der Uotbauer zu den Großgrundbesitzern. Seine Felder sind uns im Namen „Breite“ überliefert. Das ist aber alles. Merkwürdigerweise fehlen gerade hier der Meierhof und der Widumshof. Das kann man sonst in jedem schwäbischen, unberührten Dorfe noch finden. Das ist kein Wunder. Den Meierhof hat Sylach samt den Feldern eingezogen und wahrscheinlich die Peterskirche daraus gemacht, damit man nicht

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so schimpfte. Den Widumshof hat später das Kloster kassiert. Die Felder kamen zum Reichshof, genau so wie das „Königreich“ (Flurnamen!). Jetzt hieß man sie Hofäcker und Hofwiesen. Sie liegen hauptsächlich südlich der Günz entlang. Der Flurplan zeigt noch deutlich die ehemalige Zusammengehörigkeit der nunmehr verteilen Grundstücke. Die alten Feldwege, teils eingegangen oder in neue Straßenzüge übergeleitet, führten alle über die mittlere Brücke zum Reichshof. Nicht weniger gibt die Bezeichnung „oberer und unterer Markt“ zu denken. Die Anlegung eines zweiten Dorfes mit eigener Pfarrei, räumlich vom älteren getrennt, bestätigt das Vorhandensein zweier Kräfte, die unabhängig herrschen wollten. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte sich natürlicherweise das ältere Dorf, das ist der untere Markt, vergrößert. Es ist diese Unterscheidung hier nichts anderes als in Kempten oder Günzburg (Donau) wo man von einer Alt= und Neustadt spricht. In der Altstadt stand in den genannten Orten einst der Reichshof 1). In der Neustadt regierte einige Jahrhunderte später ein Abt oder Bischof. Ottenbeuren ist die Städtebezeichnung versagt geblieben, weil es die Ringmauer nicht baute. Sonst finden wir hier alles, was einst eine Stadt für sich in Anspruch nahm. Im unteren Flecken war der Reichshof mit seinen Zugehörungen; im oberen regierte später der Abt 2 ).

Nach den bisherigen Ergebnissen der Reichshofforschung 1) konnten in

dessen Bering folgende Gebäude gestanden haben: ein Herrenhaus, ein Knechte= und Mägdehaus, eine Spinnstube für die Frauen, ein Gäste= oder Königshaus, ein Marschlager, eine Mälzerei und Brauerei, eine Schmiede und Wagnerei, ferner Stallungen, Scheunen, Schuppen samt einem Hühnerhof, sowie Hausweiden für das Vieh. Außerhalb des Beringes standen je nach den Verhältnissen die Kirche und die Mühle. Die Kirch konnte sogar in einem anderen Orte oder mitten im freien Felde stehen. Das ist hier nicht der Fall. Sie ist vielmehr ein Bestandteil des Reichshofes geworden. Wahrscheinlich hat man den Dachboden der Kirche auch als Getreidespeicher benützt. Zum Reichshofbering Uotenburen gehörte das Gebiet zwischen Günz, Klosterhügel, Klostergarten, Fronfeste und Untermühle. In diesem Raume finden wir fast alles, was zu einem Reichshofe gehörte, nämlich: die Reichskirche, den Herrenhof mit Spinnstube, der später Pfarrhaus und dann Weinkeller wurde. An ihn schließt sich das Dienstbotenhaus und eine

_______________________________________________________________

1) Nachgewiesen von Dr. Frank, Kaufbeuren 2) Siehe unter Klosterpfarrei!

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Ausfahrt. Eine Scheune bildet den Abschluß der Westfront. Die Vieh= und

Pferdestallungen, sowie die Schmiede bildeten die Nordseite. Die Schmied stand

bis in unsere Zeit in der Nordostecke. Nach Osten stand eine Wagnerei,

Wagenschuppen und vermutlich auf die Hühnerstallung. In der Mitte war die

Einfahrt, zu der alle alten Wege führten. Im Innenhof war ein Brunnen1) und die

Hausgärten. Diese Gärten zeigt noch ein alter Kupferstich von Ottenbeuren und

das Grundbuch vom 18. Jahrhundert2). Diese Gebäude bildeten den eigentlichen

Reichshof Uotenburen und waren zusammengehörig, angeordnet in dem

erwähnten Viereck. Dicht daneben finden wir die Reichshofmühle (s. Untermühle).

Das Gästehaus oder die Herberge mit Brauerei und Mälzerei war die

Mohrenwirtschaft. Ein alter Grundriß2) zeigt noch deutlich die fränkische

Anordnung der Gebäude mit einer Toreinfahrt an der Nordseite. Darin wohnte

auch später noch der immer wieder erwähnte Koch von Ottenbeuren (Seite 61).

Die Mohrenwirtschaft zählt also zu den ältesten Brauereien und Herbergen in

unserem Gebiete. Mit Recht führt sie im Kunstreich geschmiedeten Aushänger

den Mohren. Da brauchte der Fremde nicht lange nach der Herberge zu fragen.

Früher wußte man noch, was der Mohr bedeutete.

Neben der Herberge stand das Kornhaus. Darin lagerte Sylach den

Getreidezehnten. Der Erlöß floß in die königliche Kasse. Aus dem Kornhaus ist

das Rathaus geworden. (S. dort!).

Ein Marschlager für die königlichen Truppen war hier nicht nötig, da der

Reichshof Ottenbeuren abseits der fränkischen Heerstraße Memmingen –

Mindelheim lag. Wenigstens habe ich bisher keine Anzeichen gefunden, die ein

solches bestätigen. Möglicherweise ist die Befestigungsanlage unbekannten Alters

an der Nordgrenze des Bannwaldes eine Reichshoffeste gewesen. Wall und

Graben sind an der Nordseite des Hügelrückens beim Annenkeller noch zu sehen.

Leider sagt Feyerabend (Bd. I,422) nicht, an welcher Stelle im Bannwald „der

ziemliche Vorrat Brakteaten“ gefunden wurde. Brakteaten sind Münzen aus dem

10. Jahrhundert. Hier wartet also noch eine Sache der Lösung.

Der Reichshof war keine Festung. Er wurde nicht aus Gründen der

Reichsverteidigung erbaut. Für die Franken war er ein Stützpunkt in der

Organisation und Verwaltung. Aus ihm bezog der König seine Gelder. Er hätte

schon deshalb einen Reichshof genauso ungerne aufgegeben wie ein moderner

Staat sein Finanzamt.

_______________________________________________________________

1) Ist jetzt eingefüllt. 2) Klosterarchiv Ottenbeuren.

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Gegen feindliche Überfälle waren die hölzernen Gebäude mit Flechtzaun, Wall und Graben gesichert. Der Flechtzaun wurde auf einem Wall aber auch zu ebener Erde errichtet. Ihm war ein Spitzgraben vorgelagert. Der hiesige Hofzaun hat sich wahrscheinlich unterhalb der Mühle auf den Berg, dann herunter bis zu dem heutigen Klostergarten und bis zur Günz hinter dem Gästehaus heruntergezogen (s. Tafel I). Von einem Wall konnte keine Spur mehr entdeckt werden, die Nordseite der Fronfeste ausgenommen. Aber ein Graben war vorhanden. Man erkennt ihn noch am deutlichsten vor der Ochsenwirtschaft. Er ist sogar im Jahre 1484 noch urkundlich erwähnt1) zwischen dem Pfarrer Schorer und Martin Pfister (beide im Markt). Er sicherte also die Westseite und muß dann im rechten Winkel zur Günz abgebogen haben, sowohl südlich als nördlich. Nach Osten sicherte zur Genüge die Günz. Später ist dieser Graben eingeworfen und zu Gärten gemacht worden. Im Jahre 1561 hat der Klosterschreiber in das Ottenbeurer Giltbuch2) geschrieben: „Michel Schweitzer gibt Gilt für sein Grabengärtle, welches im Markt gelegen ist“.

Der Marktplatz entsprach ungefähr seiner heutigen Größe und Form. Die an das Gästehaus sich anschließende Häusergruppe bestand damals noch nicht. Es ist anzunehmen, daß dieser Platz wie auch der über dem Zaun nach Süden sich erstreckende als Hofweide gedient hat.

Diese und noch manch andere Umstände, welche erst später besprochen

werden, haben zu dem Ergebnis geführt, daß Ottenbeuren zu Sylachs Zeiten einen Reichshof besessen hat und ein Hauptort in der gleichnamigen Zentene war. Nur diesem Hofe verdankt Ottenbeuren die spätere Entwicklung zum Markt, ja sogar zur Stadt. Es ist schade, daß die einstige Stellung des Ortes nicht ganz gehalten werden konnte.

Gegen Norden breitete sich Altottenbeuren oder die Siedlung der Uoten

aus. Das sagt uns noch die alte Hauptstraße, die der Günz entlang führte. Sie fällt auf durch ihre Breite. Rechts und links stehen die Bauernhäuser des sogenannten unteren Fleckens. Die Bahnhofstraße auf dem Plan 1819 noch recht schmal und Froschgasse genannt, war wie der ganze obere Markt noch Ackerland, ebenso das Gebiet zwischen dem Günzknie bis hinaus zur oberen Mühle. Die Hofäcker, die Hofwiesen und das „Königreich“ (s. Plan) wurden den Bauern, soweit sie diese schon bewirtschafteten, enteignet und zum Ackerland des Reichshofes erklärt. So entstand ein schön

_______________________________________________________________

1) Ottenbeurer Urkunden, Nr. 1035, Staatsarchiv München. 2) Klosterarchiv Ottenbeuren.

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geschlossenes Gebiet mit einer ungefähren Fläche von 270 Tagwerk oder 8 Huben. Da hat mancher Betroffene seine Grundstücke verloren und ist zum Söldner geworden. Das hat die Liebe zu Sylach und den Franken bestimmt nicht gefördert. Nördliche Grenze der (Reichs=) Hofäcker war allem Anschein nach das Froschbächlein, das die Bahnhofstraße zur Günz hereinfloß. Westliche Grenze war die Günz, ausgenommen das „Königreich“. Als die Felder später zum Teil an das Kloster kamen, sind sie von diesem überbaut worden. Der obere Markt verdankt seine Entstehung dem Kloster1).

Die Zentene Uotenburen.

Die Amtstätigkeit des Grafen Sylach erstreckte sich nicht nur auf den Ort Uotenburen, sondern auf die ganze Zentene. Schon vor seinem Dienstantritt waren die Zentenen von königlichen Boten festgelegt worden. Wir dürfen diese Tätigkeit nicht vergleichen mit der Arbeit unserer heutigen Feldvermesser. Die Grenzen wurden nicht in genauen Linien und mit Feldsteinen ausgemacht. Man hat die natürlichen Marken, wie Hügelzüge, Bäche und Waldstreifen gesucht. Solch ungenaue Grenzen führten in der Folge zu erheblichen Streitigkeiten mit den Angrenzern, die immer dann eintragen, wenn das Waldgebiet abgeholzt war. Bekannt sind da die Klosterhändel zwischen Ottenbeuren und Kempten., dann die Jagdstreitigkeiten mit den Herren von Ronsberg und Mindelheim, sowie mit der Stadt Memmingen. – Wenn hier ein Reichshof stand, müssen wir auch eine zu ihm gehörige Zentene finden. Das ist mir nach über tausend Jahren recht schwer gefallen. Aber es ist doch geglückt, trotz aller irreführenden Berichte der bisherigen Ottenbeurer Chroniken. Für die Geschichtsforschung ist es ein glücklicher Umstand, daß uns die uralten Ottenbeurer Jagdgrenzen und die Orte der einstigen Großpfarrei überliefert worden sind. Da der alte Jagdbezirk, mit einigen Ausnahmen, die nach Ottenbeuren pfärrigen Orte einschließt, haben wir die Berechtigung und Möglichkeit, die damalige Zentene Uotenburen zu beschreiben.

Die von Feyerabend (Jahrbücher) angeführten „ursprünglichen Stiftungsorte“ sind folgende:

1. Uotenburren: Der Markt mißt 2 Meilen in der Länge und 1 Meile in der Breite, mit wenigstens 300 teils angebauten, teils öden Huben. Die Steuergemeinde1) Ottenbeuren enthält nebst den ausgedehnten Klostergebäuden _______________________________________________________________

1) Siehe Klosterpfarrei.

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2 Kirchen und 279 Wohnhäuser mit einer Area von 29 Tagw. 76 Dez., 399 Familien rund mit 1800 Ortsbewohnern und eine Flurmark von 2607 Tagw. 19 Dez. im bayerischen Maße zu 40000 Quadratschuh je Tagwerk; darunter sind 115 Tagw. 67 Dez. Gärten, 702 Tagw. 59 Dez. Äcker, 1198 Tagw. 2 Dez. Wiesen und Weiden, 459 Tagw. 13 Dez. Waldungen 15 Tagw. 24 Dez. Weiden und Teiche, 67 Tagw. 64 Dez. Wege und 21 Tagw. 9 Dez. Flüsse.

2. Behaim oder Böhen mit 18 Weilern und Einöden, 2 Kirchen und 132 Wohnhäusern, 166 Familien mit 750 Ortsbewohnern und mit einer Markung von 6020 Tagw- 54 Dez1).

3. Habewanguen mit dem Gut Holleswanc(Hawangen)2) und den Weilern Eggisried und Musbach. Die Steuergemeinde Hawangen enthält 1 Kirche (Stephan), 90 Wohnhäuser, 133 Familien, 600 Ortsbewohner, Flurmark 4745 Tagw. 50 Dez.

4. Hufen oder Ungerhufen3), enthält eine St. Johannis dem Täufer geweihte Kirche (steht jetzt mitten im Feld), 52 Wohnhäuser, 77 Familien, 531 Einwohner, Flurmark 2095 Tagw. 74 Dez.

5. Westerhain (Westerheim), später Ober= und Unterwesterheim, 1 Kirche, 75 Wohnhäuser, 98 Familien mit 441 Einwohnern, Flurmark 3598 Tagw. 72 Dez.

6. Oumintingen (Amendingen)4) mit Eisenburg, Trunkelsberg, Grünefurt, Unterhart, Geißhof, Bleichen: 1 Ulrichskirche mit 102 Wohnhäusern, 161 Familien, 750 Einwohnern, Flurmark 2051 Tagw. 54 Dez. – Trunkelsberg 107 Wohnhäuser mit 122 Familien und 550 Einwohnern, Ortsmarkung 486 Tagw. 79 Dez.

7. Die Kirchen zu Steinheim und Kirchdorf (nicht die Ortschaft mit der Flur; eine spätere Schenkung und außerhalb der Zentene gelegen).

9. Ecca, Egg an der Günz, mit den Filialen Engishausen und Inneberg, 2 Kirchen, 89 Wohnhäuser, Flurmark 3409 Tagw. 27 Dez., 113 Familien, darunter 4 im Weiler Wespach, 553 Einwohner.

10. Dietershofen (Dietriceshouen)5). Dieses jetzt dem Landgerichte Illertissen zugeteilte Pfarrdorf, von welchem

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1) Böhen gehörte zum Bereich der Zentene, der Ort hat aber bei der Klostergründung 764 kaum bestanden. Erst Karl der Große siedelte hier aufständische Böhmen an, darum Behaim. 2) Das große gut Holleswanc ist bei Westerheim abgegangen. 3) Hufen, dann Hunger= oder Ungerhufen. Das Dorf war früher westlich am Hungerbach. 4) Trunkelsberg 972 urkundlich erwähnt. 5) Außerhalb der Zentene gelegen, ist wirklicher Stiftungsort.

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das Dorf Oberschönegg, der Weiler Märxle und der Berghof Filialen sind, bildet mit Märxle eine Steuergemeinde, enthält eine St. Maria und St. Alexander geweihte Kirche1), 39 Wohnhäuser, 49 Familien, 225 Einwohner, Flurmark 2302 Tagw. 22 Dez. 11. Attenhusen oder Attenhausen, 1 St Andreaskirche, 71 Wohnhäuser, 94 Familien, 423 Einwohner, Flurmark 1826 Tagw. 22 Dez. 12. Winhusen, oder Schwaighausen2), eine Filiale zu Holzgünz, 1 Kirche, 41 Wohnhäuser, 61 Familien, 549 Einwohner, Flurmark 1741 Tagw. Außerhalb der Zentene gelegene Stiftsorte wären noch das abgegangene Dor Zell im Landgericht Kaufbeuren, das Dörfchen Weinhausen an der Wertach und ein großes Gut mit 9 Huben, das sind 270 Tagw. , in Waal. Die „uralte Jagdgrenze der Herrschaft Ottenbeuren“ ist in einer Urkunde3) wie folgt beschrieben zu Usenberg ein Jagdstreit zwischen dem Ritter Hans von Stein zu Ronsberg und dem Abt Johann von Ottenbeuren. Dem Abt wurde folgende alte ottenbeurische Jagdgrenze bestätigt und zugesprochen: „…Vom Hohenfürst bis gen Berg (Memmingerberg) und bis zur Glashütten im Otterwald auf und ab, ungefährlich und aufwärts bis an die Speckgrueben und abwärts bis gen Westerheim, auch an der Nieder= Au (Niederrieden) und von da bis über den Fölsenberg (Vossarts). Item an den Schweinwald und von da bis an den Rechberg. Item an den Laimberg (nordöstlich Günzegg) und von da bis an den Osterberg, item an den Hahnenbichel bis zum Rembolz und von da wieder bis zur Speckgrueben.“ In der Chronologika IV, Urkundenabschriften4), S. 379 ist die selbe Grenze wörtlich wie oben beschrieben unter dem Titel: „Verzaichnus, wie weit sich des Gotteshauß Ottenbeyren Forst von Altershero erströckt habe…. Dies hab ich von einer uralt Verzaichnus abgeschrieben den 5. May anno 1606.“ In dem Jagdstreit5) mit der Stadt Memmingen, geschlichtet von König Maximilian am Sonntag Laetare 1507, sind nach=

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1) Gegründet vom Kloster Ottenbeuren. 2) Monumenta Boica XXXI. U. 214. 3) Urkunde im Staatsarchiv München. 4) Klosterarchiv Ottenbeuren. 5) Wie 4, S. 187.

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stehende Grenzen angegeben: „Hinfüro dürfen der Bürgermeister, der Rat und die Stadt Memmingen allein jagen von Ungerhausen unten an Siglersheck hinaus bis zum Badhaus und nit weiter und nach der Braite naus an die Günz so für Ottenbeuren rinnet. Hirinn dürfen der Abt von Ottenbeuren und Adam von Stein den Memmingern mit Jagen kein Irrung tun. Doch sollen die beiden vom Badhaus bis zur Siglerheck auch zu jagen Macht und Gewalt haben. Es sollen auch hinfüro die von Memmingen am Teüsselberg (Theinselberg) Struchfüx und Hasen hetzen, daselbst Wachteln und Rebhiehner baizen, doch in seinem weg daselbst Zeug richten (Fallen stellen)… gegeben zu Augsburg 1507.“

Auch die Nordostgrenze hat später hat später Streitigkeiten verursacht und wiederholt Neuvermessungen notwendig gemacht. Im Staatsarchiv München liegt ein ganzer Akt von Grenzbereinigungen mit den Städten Memmingen, Mindelheim, Kempten, und Vermarkungen bei Daxberg, Frickenhausen, Günz, Lauben und Egg (1499-1793). In den Ungerhauser Wald kam übrigens auch wiederholt der König Maximilian zum Gejaid.

Die oben angegebenen Grenzen schließen folgende Orte ein: Ottenbeuren als Hauptort, Hawangen, Trunkelsberg, Egg, Schwaighausen, Oberwesterheim, Unterwesterheim, Attenhausen, Ungerhausen und Böhen. Im sog. Stiftungsbrief sind nicht erwähnt und haben vermutlich im 8. Jahrhundert noch nicht bestanden: Eisenburg, Lauben, Rummeltshausen, Günz, Holzgünz, Stefansried, Hofs, Olarzried. Die Zentenengrenze verläuft also im Osten dem Ostgünztal und im Westen dem Hügelzug von Eisenburg=Memmingerberg=Theinselberg=Felsenberg entlang. Die Grenze kann nicht beschrieben werden, weil sie nie genau war. Ihr Verlauf ist ungefähr folgender: im Süden beginnt sie auf dem Rechberg=Theilen, mitten durch den Weiler Günzegg=Osterberg, biegt nach Osten ab gegen den Hahnenbichel, ursprünglich wohl bis hinüber nach Engetried. Der breite Waldgürtel zwischen der Schwelk und Ostgünz bleibt nun Grenze bis nach Egg. Von hier aus folgt sie unserer heutigen Kreisgrenze bis gegen Niederrieden. Den dortigen großen Wald hat Abt Lustenau an die Stadt Ulm verkauft. Vom Eisenburger Wald bis zum Theinselberg ist die Terrasse, die sich östlich von Memmingen-Beningen heraufzieht, Grenze. Dann ist`s der Hungerbach und führt hinauf zum Felsenberg, ursprünglich wohl diesem entlang bis zur Ehwiesmühle und Rechberg. Unter der Welfenzeit sind dann große Teile herausgenommen worden, z. B. das ganze Gebiet zwischen Leupolz=Böhen, Schweinwald und Wolfertschwenden. Der Wald bei Brandholz heißt übrigens heute noch Gräflings.

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Abgeleitet davon ist der Name Kräpflins (Einöde). Das Gebiet gehörte wohl einem Grafen.

Feyerabend1) beschreibt die Großpfarrei Ottenbeuren folgendermaßen: „Hatte eine Pfarrgemeinde eine weiter ausgebreitete Markung und neben einer Kirche noch in ihrem Umfange eine Burg mit einer edlen Familie, so war es dies was einem Orte ein besonderes Ansehen und einen Vorzug vor den übrigen einräumte. Nun sind wir imstande, ziemlich bestimmt zu sagen, was der hiesige Ort vor und zur Zeit der Stiftung des Klosters war. Ottenbeuren war eine sehr ausgedehnte, aus weitschichtiger Markung bestehende Pfarrgemeinde, worin sich neben einer Kirch zum heiligen Peter und einer adeligen Burg mehrere hundert voneinander abgesonderte Höfe oder Einöden bestanden. Darin war nach der Stiftungsurkunde Ottenbeuren der Hauptort. Der Umfang der Pfarrei erstreckte sich in seiner Länge auf zwei und in der Breite auf eine Meile. Sie faßt weinigstens 300 angebaute Huben oder Höfe in sich. Berechnet man die Unwegsamkeit der alten Gegenden und das etwas kürzere Meilenmaß der Alten, gegen die Ottenbeurer Pfarrmarke, wie sie noch in den Jahren 1780 bestand, ehe die Weiler Grub, Zaudels und Dingisweiler zu der neuen Euratie Ronsberg und das entlegene Weiler Bremberg samt seiner Zugehörde zu der neuen Pfarrei Olarzried gezogen wurden, so läßt sich mit allem Grund behaupten, daß Ottenbeuren länger als tausend Jahre den weitsichtigen Umfang seiner ersten und ursprünglichen Pfarrmarke behielt; indem die Länge von dem Umfange der Westerheimischen Pfarrgrenze bis an das Ende der Brembergischen Besitzungen allbereits zwei Meilen in der Länge und die Breite von der alten Theinselbergischen Pfarrgrenze bis an das Ende der Eheimischen Besitzungen allerdiens eine Meile beträgt und auch für 300 Huben Platz und Raum genug bietet.“

Feyerabend hat hier nur die lange erhaltene Klosterpfarrei erwähnt. Dazu gehören jene Orte, deren Gebiete im Laufe der Jahrhunderte durch die Dienstmannen des Klosters erschlossen und urbar gemacht worden sind. Von einem Reichsgrafenhof oder einer Zentene hat er nichts gewußt. Seit hundert Jahren ist die Forschung doch weiter fortgeschritten!

Der Flächenraum der in der Zentene eingeschlossenen Orte mißt rund 47000 Tagwerk, das sind 1566 Huben (1 Hube = 30 Tagwerk). Rechnet man das Ackerland zu einem Drittel so wären es über 500 angebaute Huben in einem 26 km langen und 10 km breiten Gebiet. Zu berücksichtigen ist aber

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1) Feyerabend, Jahrbücher, I, 90, 117

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Noch, daß bei Errichtung der Zentene viele Orte noch nicht gegründet waren und folglich das Ackerland noch kleiner gewesen sein muß.1)

Uralte Wege, die heute zum größten Teil eingegangen sind, führten von den verschiedenen Orten zum Reichshof Uotenburen. Die Hauptstraße zwischen den Reichshöfen Memmingen und Ottenbeuren führte von hier aus am Losbaum vorbei, durch den Beningerwald über Hemen oder Untermoosbach in das sogenannte Geißenloch nördlich Herbishofen und mündete unweit des dortigen „Straßbauers“ in die Fahrstraße Ittelsburg=Memmingen. Vom dortigen Reichshof aus bauten die Franken eine Reichsstraße (Heeresstsraße) zum Königshof2) in Memmingerberg und weiter, südlich der heutigen Hauptstraße durch die „Saumenfelder oder die Braite“ zum Dorf Husen (Hungerhusen), das damals noch am Hungerbach stand. Von hier aus führte die fränkische Heeresstraße weiter nach Erkheim=Mindelheim.

Ein anderer alter Weg zog sich von Ottenbeuren durch das Riedgebiet der Günz entlang bis Egg und Babenhausen in fast gerader Linie. Er überschreitet bei Westerheim die Reichsstraße. Abt Rupert ließ ihn wieder neu anlegen, „wozu er viele Brücken brauchte“. Bei nasser Witterung war es bei Strafe verboten, darauf zu fahren. Nach Westen zweigten ein Weg nach Hawangen und einer nach Ungerhausen ab. Das sind die sogenannten Rennwege. Eine Einrichtung, die schon der Steinzeitmensch kannte. – Nach Attenhausen führte der Weg über Gumpratsried. Man nannte ihn später den Postweg oder die Salzstraße. Er ist heute noch sichtbar erhalten und fällt auf durch seine Breite. Nach Böhen und Kempten führte der sogenannte „Hochweg“ durch den Bannwald über den Konenhof=Karlins=Böhen nach Stielings. Auf dem heute noch erhaltenen und befahrenen Waldweg nach Hawangen kam man nach Ungerhausen.

Zu den altschwäbischen Orten, welche also bei Errichtung der Zentene schon bestanden haben, zählen folgende: Uotenburen, Hawangen, Ungerhausen, Rummeltshausen, Ober=, Unterwesterheim, Egg, Günz, Attenhausen und Berg. Frän=

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1) Böhen 6021 Tagw., Hawangen 4832 Tagw., Guggenberg 4320 Tagw., Betisried 3614 Tagw., Lauben 3409 Tagw., Egg 3408 Tagw., Haitzen 2918 Tagw., Attenhausen 2825 Tagw., Olarzried 2723 Tagw., Ottenbeuren 2607 Tagw., Oberwesterheim 2256 Tagw., Unterwesterheim 1343 Tagw., Ungerhausen 2095 Tagw., Holzgünz 1808 Tagw., Schwaighausen 1741 Tagw., Günz 889Tagw. (Dezimale nicht angegeben. Steuerkataster Finanzamt Ottenbeuren 1940.)

2) Reichshof und Königshof in Memmingen und Memmingerberg wurde festgestellt von Fr. Frank, Kaufbeuren. Königshof ist ein tgl. Landwirtschaftshof.

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kisch sind: Westerheim, Böhen, Lauben, Schwaighausen u.a. Die nicht erwähnten

entstanden in der nun bald einsetzenden Rodungszeit. – Grenzorte waren:

Theinselberg, Herbishofen, Beningen, Memmingen, Amendingen, Heimertingen,

Niederrieden, Engishausen, Dietershofen, Daxberg, Frickenhausen, Erkheim,

Sontheim, Hopferbach=Ittelsburg.

Die Reichskirche St. Peter in Uotenburen.

Es ist mein Wille, daß in jeder Zentene eine Kirche erbaut werde. Sie ist

einem fränkischen Schutzheiligen zu weihen. So mag einst König Pipin zu Sylach

gesagt haben, als er ihm die Zentene Uotenburen übertrug. Vom Christentum

mögen die Schwaben wohl da und dort schon gehört, ja zum Teil dasselbe schon

angenommen haben. Die Mehrzahl aber wollte davon so wenig wissen wie die

Sachsen und sie gingen lieber auf ihren Froberg wie ihre Ahnen. Nun aber mußten

sie hinein in das neu erbaute Peterskirchlein. Man hat es ihnen gesagt, als sie das

erstemal in Ottenbeuren dem Grafen Sylach gehuldigt hatten und Gehorsam

schwören mußten. Wer nicht käme und weiter zu Wuotan ginge, würde vor das

Grafengericht geladen und strenge bestraft. Haus und Hof wollte man ihnen dann

wegnehmen, wenn Sie nicht zur Taufe kämen und den Dekan allein in der Kirche

stehen ließen. Da sind sie dann gekommen, haben sich sehen lassen und wenn

es ging, sich wieder um die Ecke gedrückt. Aber immer konnten sie das nicht. So

hörten sie denn hin und dachten an Wout, Fro, Ziu, Donar Freja. Noch viele

Jahrzehnte mußten vergehen, bis sie das Neue glaubten und das Alte vergaßen.

Zwang macht nicht religiös. Schwert und Strang helfen einen neuen Gott nicht

lieben.

Gepredigt hat der Dekan. Er ist irgendwoher aus dem Fränkischen

gekommen mit dem Auftrag, die schwäbische Bevölkerung in der Zentene

Uotenburen zu taufen und christlich zu machen. Das hätte wohl lange gedauert

und mancher Sendbote hätte sein Leben wie Bonifatius beschlossen, wäre er

nicht unter gräflichem Schutze gestanden. Dessen Gewalt und Macht langte aus,

die Leute herzubringen und den Dekan in Schutz und Schirm zu nehmen. Schon

deshalb finden wir immer die Reichskirche in der Nähe des Reichshofes.

Die ersten Gottesdienste wurden wohl an den vom Grafen bestimmten

Gerichtstagen gehalten. Da waren dann alle Bauern aus der ganzen Zentene

zusammen. Nun stand man nicht mehr unter dem Losbaum und betete zu den

Göttern. Bethaus war nun St. Peter neben dem Reichshof. Die Urpfarrei war somit

sehr ausgedehnt. Arbeit gab es genug für

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einen Dekan. Darum zog er sich sogenannte Laienhelfer bei. Er nahm sie aus dem Bauernstande. Viel brauchten sie ja nicht zu können. Einige Gebete, lateinische Formeln und Messe lesen genügten. Aus den Laienhelfern wurden also die Pfarrer des Ortes. Erst später baute man für die weit entfernten Orte eigene Kirchen, sogenannte Reichsnebenkirchen. Sie wurden auch einem fränkischen Schutzheiligen geweiht, wie Martinus, Petrus, Stephanus, Andreas und Jakobus. Diese Nebenkirchen entstanden zunächst am Rande der Zentene und wurden so lange vom Ottenbeurer Laienhelfer betreut, bis entsprechender Nachwuchs vorhanden war. Die so gegründeten neuen Pfarreien blieben aber trotzdem im Reichspfarrverbande und standen unter dem Dekan der Reichspfarrkirche. Diese innere Verbundenheit wurde noch viele Jahrhunderte äußerlich gezeigt durch die gegenseitige Kirchenbesuche oder Bittgänge.

Das Recht zu taufen besaß nur der Dekan oder Reichspfarrer. Der Täufling mußte zur Reichskirche gebracht werden. Neben dieser stand die Taufkapelle, geweiht Johannes dem Täufer. Darin mußte so viel Wasser vorhanden sein, daß der Täufling mehrmals untergetaucht werden konnte. Hier ist diese Kapelle nicht mehr erhalten. Vermutlich aber stand sie unmittelbar neben der Peterskirche. Aus ihr ist dann der Alexanderbrunnen hervorgegangen. Ein Altar zu Ehren des hl. Johannes des Täufers war noch viele Jahrhunderte in der Peterkirche.

Hauptaufgabe des Dekans war es, alles Heidnische auszutilgen und wo das nicht möglich war, mit einem christlichen Mäntelchen zu umhängen. Da hinderte zunächst auch die Wintersonnwend um die Weihnachtszeit. Unsere Vorfahren brannten auf den Höhen die Feuer ab, rollten brennende Räder von den Hügeln, damit das geweihte Feuer ihre Felder segne. Ein besonderes Kunststück, welches unsere Buben mit Vorliebe nachahmen, war das Werfen der Feuerscheibe, die nach dem Wurf wieder in die Hand des Werfers zurückkehrte. Diese Kunst kann heute kein Europäer mehr, wohl aber Volksstämme in Australien. Die Germanen waren in dieser Kunst erfahren und wandten sie auch im Kampfe an. Unsere Buben rufen: Scheib aus (Abwurf), Scheib ein (soll zurückkehren), Scheib über den Rain (fliege über den Rain), die Scheib` soll N. N. sein (ursprünglich Name des Werfers). – In das geweihte Feuer stellten die alten Germanen eine

Wachstumsrune Y (jetzt Hexe), damit sie weithin leuchte. Ihre Asche nahmen sie

mit nach Hause und streuten sie auf die Felder und in die Ställe (jetzt Feuerweihe am Karsamstag). Nach dem Weiheakt gab es Tanz und Schmaus. Das ganze Dorf, alt und jung, nahm daran teil,

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wie es in einem richtigen Dorf auch heute ist. – Der Dekan ha das Julfest verschoben, aus der Wachstumsrune eine Hexe oder den Winter gemacht und so entstellt, daß heute mancher glaubt, er habe recht, wenn er von einem „Frühlingsfest“ spricht. Recht haben nur die alten Leute, welche noch „Wendlefuir“ sagen, das heißt nichts anderes als Sonnwendfeuer. In Lachen drüben schreien die Buben heute noch: „Holz und Stroh zum Wendlefuir!“

Auch den bösen Klausen mit seinen Glocken, Ketten, mit Bart und Rute, haben uns die Altschwaben hinterlassen. Sie glaubten an unterirdische böse Kräfte, die dem Glück in Familie und Stall Schaden zufügen können. Darum taten sich die Burschen des Ortes zusammen, stürmten von Kammer zu Kammer, vom Gang zum Stall, vom Keller bis zum Dachboden und lärmten, johlten und schrieen. So fliehen die bösen Geister aus dem Haus und aus dem Dorf, zurück in Wälder und Schluchten. Die Menschen aber berührten sie mit der Haselnußgerte, welche der Göttin Venus geweiht war. Dann war man wieder ein Jahr lang gefeit. Der Hausvater aber steckte die Lebensrute als Glücksbringerin in Stube und Stall. Daran erinnert uns der Barbara= und Palmzweig.

Zur Reichspfarrei Ottenbeuren gehörten alle schon erwähnten Orte und auch die Einzelhöfe innerhalb der Zentene. Sie wurden später noch vermehrt durch die einsetzende Rodungstätigkeit. Aus den bisherigen Darstellungen ist ersichtlich, daß das später gegründete Benediktinerkloster an der Einführung und Verbreitung des Christentums zunächst gar keinen Anteil hat. Die Peterskirche und die Pfarrei Ottenbeuren sind älter als das Kloster.

Das Reichspfarrkirchen=Widem.

Der Dekan und seine Helfer mußten auch leben. Man schenkte deshalb ihnen und ihren Nachfahren einen Bauernhof mit ausreichender Grundstückszahl. Widumshof sagte man damals. Wo dieser Hof hier stand, läßt sich nicht mehr bestimmt sagen. Er ist schon sehr früh an das Kloster übergegangen. Die Widumsfelder haben ihren Namen geändert. Nur der Widumgarten ist namentlich noch überliefert. Ich habe darüber folgende Meinung: Das Kloster war schon in ältester Zeit verpflichtet, dem Ortspfarrer das Leben zu reichen. Selbst die dem Pfarrer zustehenden Zehnten aus dem Ort wurden vom Kloster eingesammelt. Folglich ist der Pfarrbesitz einmal dem Kloster einverleibt worden. Die Urkunden reichen hier zurück bis 972. Der Widumshof wird nicht erwähnt. Die Einverleibung muß also schon vorher

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erfolgt sein. Diese Tatsache hätte uns der Chronist wohl überliefert, denn sie hat dem Ansehen des Klosters nicht geschadet. Da nun die Ausstattung der Reichskirche durchaus nicht knauserig war und immerhin über 100 Tagwerk gezählt haben mag, nehme ich an, daß das Gebiet der großen Klosterpfarrei1) einst zum Widum gehörte und eben mit diesem kirchlichen Besitz ein Kloster gestiftet werden konnte. Das hat Toto als Bischof von Augsburg doch wohl fertig gebracht. Der Hof selbst kann damals schon auf dem Klosterhügel gestanden sein. Man hat dann einige Zellen und eine Kapelle dazu gebaut und das Kloster war fertig. So hatten dann die freien Bauern von Ottenbeuren in der ganzen Zukunft bis 1803 keine Möglichkeit mehr, ihre Felder durch Rodung auszudehnen. Es ist deshalb unsere Gemeindeflur nicht mehr gewachsen und gehört somit zu den kleinsten innerhalb der angegebenen Zentene2).

Graf Sylach, Richter in der Zentene Uotenburen.

Die fränkische Organisation war so ausgebaut, daß jeder Frevel seine Sühne fand. Richten in der Zentene, die zugleich Gerichtssprengel war, konnte nur der Graf. Die Volksrechtspflege und das Kirchenwesen war neben der Erschließung des Landes die wichtigste Angelegenheit des Grafen Sylach. Jeder Untertan, hätte er auch im entlegensten Winkel gewohnt, wurde erfaßt und jedem war bekannt, welches Gericht für ihn zuständig war. Zur Aburteilung gelangten hier alle schweren Fälle, welche gegen das neueingführte fränkische Recht verstießen.

Als Sylach nach Ottenbeuren kam, hatte er schon ein Gericht vorgefunden: nämlich das altschwäbische Dorfgericht. Dessen Vorsitzer war der Meier, der Nachfahre Uots. Diesen Meierhof übernahm durch Enteignung Sylach. Das schwäbische Recht wurde beigehalten, ausgebaut und verschärft. Die Todesstrafe hat man ausgesprochen bei Kirchenraub, Mord und Gotteslästerung.

Um alle die vielen kleinen Rechtsbrüche, Streitigkeiten und Händel um Grundstücke u.a. hat sich der Zentrichter kaum kümmern können. Wir dürfen deshalb wohl annehmen, daß Sylach diese „Niedergerichte“ den Dörfern selbst überlassen hat. Die Bauern erwählten sich dann einen Gerichtsammann, der allerdings vom Grafen bestätigt werden mußte und ihm auch unterstand. Daher stammen auch die alten

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1) Südlicher Teil der Zentene samt dem Ottenbeurer Pfarrwidem. 2) Siehe Marktpfarrei S. 98.

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Dorfgerichte. Sylach hatte seine richterliche Gewalt direkt vom König empfangen. Zu seiner Zeit unterscheiden wir folgende Gerichte: das Königsgericht (König Pippin), das Gaugericht (um 830 Illergaugraf Waning), das Zentgericht (Sylach), das Dorfgericht (der Meier, Gerichtsamtmann). Malstätte des Dorfgerichts Ottenbeuren war sicher noch lange Zeit der Losbaum. Auch Sylach mag anfänglich diesen Platz beibehalten haben. Karl der Franke aber empfahl, die Gerichtsstätten nicht mehr unter freiem Himmel zu wählen. Bei schlechter Witterung möge man unter einem Dache richten. Man war damals nicht so anspruchsvoll. Eine Scheune oder das Vorzeichen einer Kirche genügten für diesen Zweck. In diesem festgelegten, später genau abgegrenzten Raume innerhalb oder um den Reichshof, war bei schwerer Strafe Frieden zu halten. Daher stammt der Name Friedhof. Gekennzeichnet war dieser Platz durch sogenannte Friedsäulen. Hier sind solche noch 1514 erwähnt1): “Ecksäule an Stehelins Haus, der Schnur nach bis zur Säule an der Brücke, die den Schopf trägt, dann zur Säule bei Albrecht Kustermanns Haus…“ Sylachs Mönchsnachbarschaft. Gegen die bisher verbreitete Meinung, daß hier das Kloster das Ursprüngliche gewesen sei, spricht schon das Vorhandensein einer Peterskirche mit dem fränkischen Kirchenheiligen. Das Kloster wurde „bei den Uotbauern“ gegründet. Der Reichshof und das Dorf Ottenbeuren waren schon längst erbaut, als von irgendwoher ein Mönch zu Sylach kam und ihn um Erlaubnis bat, eine Zelle errichten zu dürfen. Solche Zellen entstanden auch in Kempten, Füßen und Memmingen. Das wundert uns nicht. Gerade in genannten Orten wurden schon Reichshöfe erforscht und nachgewiesen. Solche Nachbarschaften suchten die Mönche mit Vorliebe. Es handelte sich doch hauptsächlich um die Erlaubnis der Niederlassung. Die konnte nur der Graf geben. Dann war man so nahe beim Franken und beim Richter doch geschützt und brauchte Überfälle und Brandstiftungen nicht zu fürchten. Außerdem boten gutnachbarliche Beziehungen mit dem Herrn der Zentene für die Zukunft weitere Entfaltungsmöglichkeiten. Allerdings hat man später die Schenkung, den genossenen Schutz und Schirm so hoch gerechnet, daß man es nicht mehr

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1) Urkunde 884, Staatsarchiv München. Siehe S. 54!

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Für wert fand, solch hohe Nachbarschaft auch nur mit einem Worte zu erwähnen.

Die ältesten Klöster entstanden fast alle bei den Reichshöfen. Die Gründe sind

uns nun bekannt. Unser Kloster bezeugt somit schon durch sein Vorhandensein

den ehemaligen Reichshof.

Die Gründung einer Zelle hat Sylach angeblich im Jahre 764 den

Benediktinern erlaubt. Ihre Nachbarschaft hat ihm nichts ausgemacht. Die Zelle

war nichts weiteres als ein hölzernes Haus mit einer Kapelle, das Platz bot für

etliche Personen. Die Übernahme des Schutzes bereitete weder Sylach noch

seinen Amtsleuten besondere Sogen. Zu irgendwelchen Abgaben an die Mönche

war kein Mensch im Orte, noch in der Zentene verpflichtet. Die Abtretung etlicher

Wälder zur Rodung machte keinen Schaden. Land war genug vorhanden. Aus

dieser Zelle, die neben dem Widmunshof gestanden haben mag, ist dann etliche

Jahrzehnte später das Kloster hervorgegangen.

Sylach und seine Familie.

Feyerabend meinte in seinen Jahrbüchern1), daß Sylach ein sehr reicher

und edler Allemanier gewesen sei. Daß er ein Franke war, ist schon bewiesen

worden. Außerdem standen auch seine Söhne in fränkischen Diensten. Überhaupt

war das ganze Gebaren dieser Familie fränkisch. Damit fallen alle Vermutungen

und Behauptungen über seine Abstammung weg. Nicht weniger unsicher ist die

Herkunft seiner Gemahlin. „Erminswint war eine edle und gottesfürchtige Frau, die

mit dem frommen Vorhaben ihres Mannes ganz übereinstimmt. Einige halten sie

für eine Gräfin aus Hilarmont (Kempten) und für eine leibliche Schwester der

frommen Königin Hildegard.“ Soweit Feyerabend. Für uns ist sie die Gattin

Sylachs und die Mutter Totos, Tageberts, Gauziberts? Und Richgarts.

„Gauzibert wird in der angeblichen Stiftungsurkunde2) ein Bischof genannt

und unsere Alten räumten demselben das Bistum Bienne in Frankreich ein; jedoch

ohne Grund; denn es ist erwiesen, daß in der ganzen Reihe der Bienneschen

Bischöfe kein Gauzibert vorkommt; wohl aber befand sich an der Spitze der

fränkischen Gesandtschaft an den Papst Stephan ein Bischof Gauzipert, dem

keine bestimmte Kirche beigelegt wird und welcher im Jahre 770 dem Papste

Stephan die frohe Nachricht von der Aussöhnung der zwei Brüder Karmann und

Karl hinterbrachte. Er war also ein sogenannter

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1) Feyerabend I, 103-110. 2) Nachweislich erst im 12. Jahrhundert geschrieben.

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Regionär=Bischof, der an keine gewisse Kirche gebunden war und deren es um die nämliche Zeit mehrere gab.

Toto, der zweite Sohn des Stifters, zählte damals noch nicht 30 Jahre und war noch Kleriker an der Kirche zu Bienne. Er ward nachmals erster Abt zu Ottenbeuren und es wird seiner in den ältesten Urkunden stets mit vielem Ruhme gedacht. Zur Stiftung trug Toto, wie es scheint, das meiste bei; denn da Erminswint, seine Mutter, die meisten Besitzungen, welche nachmals zum Stiftungsfonde verwendet wurden, ihrem Manne als ein Heiratsgut beigebracht hatte, und Toto bei der Teilung in diesen Gegenden sein Erbteil erhielt, so war unstreitig sein Beitrag zur neuen Stiftung der bedeutendste und größte. Nicht ohne Ursache wird er deswegen in einer alten Urkunde selbst Stifter genannt. Vom letzten und jüngsten Sohne des Stifters, Tagebert, weiß man außer dem Namen, welcher im Stiftungsbriefe verzeichnet ist, nichts; man hält es für überflüssig, von ihm etwas zu melden. Von der einzigen Tochter Richgard spricht das älteste und erste Totenbuch nicht mehr, als das sie ein klösterliches Leben geführt und den 4. November ? dasselbe beschlossen habe. Wielange Sylach, Erminswint samt dem Bischof Gauzibert und dem jüngsten Sohn Tagebert nach Ausfertigung der Urkunde noch gelebt haben, meldet die Hausgeschichte nicht. Selbst in der karolingischen Bestätigungsurkunde vom Jahre 769 wird weder Sylach noch Erminswint erwähnt. Darum ist zu vermuten, daß sie zwischen 764 und 769 das Zeitliche verließen.“1)

Sylach ∞ Erminswint

________________________________________________________ │ Richard O+ Gauzibert? Toto Bischof Abt 0+

Tagobert Graf? Sylach und Toto stiften ein Kloster. Die Stiftungsurkunde, wie sie uns in einer Handschrift des 12. Jahrhunderts überliefert wurde, lautet: „Im siebenhundert sechszigsten und vierten Jahre nach der Menschwerdung des Herrn unter der Regierung Karls, des _______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 108.

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glorreichen römischen Imperators. Ich, Sylach, ein edler und sehr mächtiger Mann aus Alemannien, und meine Gemahlin Erminswint samt unsern Söhnen Gauzipert, einem Bischofe, toto, einem Kleriker, und zugleich Tagebert, einem Laien, erbauen und stiften im Namen Gottes an dem Ort, welcher Ottenbeuren heißt, und in unserm Eigentume, das wir geteilt, abgesondert, von allen unsern Miterben uneigennützigst an uns gebracht haben und wirklich besitzen, der kirchlichen Ordnung und den Landesgesetzen gemäß ein Kloster. Alle Landgüter und Leibeigene also und unser ganzes Vermögen übergeben wir zu unserer gegenwärtigen und künftigen Beseligung und zum Troste unsrer verstorbenen Eltern dem allmächtigen Gott, dem heiligen Apostelfürsten Peter und dem unbesiegtesten heiligen Blutzeugen Alexander, als einen rechtlichen und immerwährenden Fond, von nun an für das bemeldte Kloster und zwar so, und mit ausdrücklicher Willenserklärung, daß keinem Menschen gestattet sein soll, diese Schankung auch nur teilweise zu entkräften oder jemals eine Änderung daran vorzunehmen; sondern dieselbe soll für die Brüder, welche dort Gott dem allerhöchsten und wahren Könige dienen, zur Kost und Kleidung für ewige Zeiten bestimmt sein. Sollte aber, was ferne sei, ein Eigenturmstörer, oder ein Tyrann diese unsere bestätigte Schankung anfallen, so sei er von Gott verflucht, der ewige Tod komme über ihn, er versinke lebendig in die Hölle und werde ewig gepeinigt. Amen. Amen. Amen. Diese Zeugen sind es, welche alles dieses gesehen und gehört haben: Lanto, Hilti, Uteno, Landolf, Friedebert, Hargold, Rubert und mehrere andere sowohl Edle als Unedle.“1) Lesen wir diese Stiftungsurkunde kritisch, so fällt uns zuerst auf, daß sie ihrem angegebenen Alter nicht entspricht und vom Chronisten des 12. Jahrhunderts so zurecht geschnitten wurde. Sylach wird sich kauf selbst einen „sehr mächtigen Man aus Alemannien“ genannt haben. Sicher hat er seinen König auch nicht Kaiser genannt, wenn Karl der Große erst im Jahr 800 diese Krone sich aufsetzen ließ. Immerhin gibt uns die Zeit zu denken. Feyerabend gibt an, Toto sei ein Kleriker in Bienne gewesen und hier der erste Abt geworden. In seinem Verzeichnis der Augsburgischen Bischöfe2) wird 768 bis 778 der heilige Thoßo oder Tozzo Bischof. 767 bis 815 ist im Kloster Ottenbeuren St. Toto _______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 110. 2) Feyerabend I, 79.

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oder Totto als Abt angegeben. In der Folge sind bis zum hl. Ulrich (923 bis 973)

fast alle Bischöfe zu Augsburg zugleich Äbte von Ottobeuren1). Ausgenommen

sind nur Fälle, in denen sich der Bischof in sein Kloster zurückzog oder umgekehrt

der Abtbischof einen Abt aufstellte. Daraus ergibt sich, daß der Convent des

Klosters Ottenbeuren solange nicht das Recht hatte, selbst einen Abt zu wählen.

Tatsächlich hat auch erst Bischof Ulrich von Kaiser Otto das Recht der freien

Abtwahl für Ottenbeuren erwirkt. Darum bin ich der Meinung, daß der Abt Toto 767

und der Bischof Toßo 768 ein und dieselbe Person war. Es war damals keine

Seltenheit, sondern vielmehr eine Regel, daß Grafensöhne Bischöfe wurden.

Selbst der hl. Ulrich, der tapfere Verteidiger der Stadt Augsburg, war ein Graf von

Kyburg. Nun war Sylach Graf und Toto Bischof. Somit stehen beide in enger

Verbindung zum König. Es ist also nicht notwendig, zwischen Sylach und dem

Kaiser oder zwischen Erminswint und Hildegard verwandtschaftliche Beziehungen

zu suchen. Ich sehe daher auch nicht Sylach als den eigentlichen Stifter des

Klosters an. Die treibende Kraft war ohne Zweifel Toto. Seinen Vater aber hat er

dazu gebraucht, weil dieser als Graf mit einverstanden sein mußte und die Erbteile

Totos noch zu seinen Lebzeiten herausgeben sollte.

Aus dem Inhalt des Stiftungsbriefes geht auch hervor, daß zunächst nur

Privateigentum und Totos Erbteil dem Kloster gegeben wurden. Das sind, wenn

wir unsere Zentenenkörtlein2) ansehen, die außerhalb der Grenzen angegebenen

Orte wie Steinheim, Dietershofen, Zell, Wigenhausen und Waal. In Ottenbeuren

selbst ist es ohne Zweifel das außerhalb der Gemeindegrenzen liegende Gebiet,

das ist hauptsächlich der südliche Teil der Zentene, den wir als Reichspfarrwidum

angenommen haben. Von den anderen Orten bezog das Kloster in der Folge den

Zehnten, welchen die Bauern dem Reichspfarrer zu geben schuldig waren. Dazu

kommen noch die eigentümlichen Güter Totos bzw. Sylachs innerhalb der

Zentene, welche nicht genannt sind. Die großen Hofäcker verblieben beim

Reichshof und dieser zunächst noch bei Sylach, nachher vermutlich bei Tagebert.

Selbst die Kirche zu St. Peter gehörte bi zu ihrer Einverleibung 1220 in das

Kloster, dem Ort Ottenbeuren, bzw. zum Reichshof. Im genannten Jahre wird

bestätigt, daß die Ritter von Ottenbeuren ihre Kirche dem Kloster übergeben.

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1) Vgl. Feyerabend I, 79 und 80. 2) Siehe Seite 371.

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Dieses gestiftete Kloster samt den erwähnten Grundstücken und Dorfschaften außerhalb der Zentene übergab Toto der Königin Hildegardis. Was die Stifter nicht dazu tun konnten, waren die nichteigentümlichen Güter in Sylachs Amtsbereich. Der Reichshof war königliches Amtslehen und die ottenbeurer Bauern waren freie Schwaben. Man konnte ihnen nichts nehmen. Sie haben ganz recht, wenn sie noch viele Jahrhunderte später sagen: „Wir haben noch viele Häuser und Grundstücke, die nicht zum Gotteshaus gehören.“ Weil anscheinend der Stiftungsfond nicht ausgereicht hat, gab die Königin Hildegardis ihr 100 Huben großes Gut in Haldenwang dazu. Auch König Karl hat die Stiftung durch eine eigene Schenkung bereichert. Angeblich war das im Jahre 769. Demnach müßte sich Karl wieder elf Jahre früher Kaiser genannt haben. „Ich, Karl, genannt römischer Kaiser, übergebe und überlasse am heutigen Tage durch die Hände des Bischofs Gauzibert und seines Bruders, des Abtes Toto, an das bemeldte Kloster von meinem Eigentum zu meinem Seelenheil und zur Ehre Gottes und des hl. Alexanders, wie ichs erbrechtlich besitze, 12 Männer samt Weibern und Kindern und ihren sämtlichen Besitzungen und zwar so, wenn sie sterben, das Beste oder Hauptgut aus allen beweglichen Stücken, die sie besitzen, dem Abte und den Brüdern des bemeldten Ortes, das übrige aber den Erben zukomme. Sterben sie aber ohne einen Erben zu hinterlassen, so sollen alle liegenden Güter, die sie besitzen, als erbrechtlich dem Kloster zustatten kommen. Beinebens geben und bestätigen wir jenem gemeldten Kloster alle uns als Könige gebührenden Zehnten des Illergaues, samt dem, was jetzt und allzeit daraus als eine schuldige Abgabe, oder Strafgeld gefordert wird oder uns von Rechtswegen gebührt, damit sowohl jetzt, als in den folgenden Zeiten alles mit der Gnade Gottes und durch unsern gutwilligen Beitrag zum mehreren Dienst Gottes gedeihe; und soll unser Almosen heiligst empfangen werden.“1) Nachdem ein Ort nicht angegeben ist, handelt es sich wahrscheinlich um 12 Bauernhöfe im ottenbeurer Gebiet, die schon unter seinem Vater Pipin den Schwaben enteignet wurden. Das weiter angeführte Handbillet über die Abgabe des Zehnten im Illergau und aller in diesem Bezirk anfallenden Strafgelder ist eine sichtliche Fälschung späterer Zeit Tatsache ist, daß das Kloster niemals den Zehnten des ganzen _______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 122.

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Illergaues bezogen hat; ebensowenig die Strafgelder. Baumann sagt:“Die ältesten

Nachrichten sind erst 400 Jahre nach der Klostergründung niedergeschrieben und

sind voll Unrichtigkeiten.“1)

Man brauchte das erste Kloster nur noch Reliquien. Das gehörte schon

damals zu einem richtigen Ordenshaus. Toto hatte es auf den Leib des hl.

Alexander abgesehen. Er war von Rom nach Bienne gekommen. Das war nicht so

leicht zu machen. Die Bienner gaben ihn nicht freiwillig her, denn sie verehrten

den Leib des hl. Alexander. Darum verschaffte sich Toto die Reliquie zur größeren

Ehre Gottes auf seine Art. Er hat sie, auf deutsch gesagt, gestohlen und bei Nacht

und Nebel über den Rhein geschafft. „Wie leicht zu vermuten war, erfuhr man in

Bienne bald von der geheimen Entführung.“2) Die Kirche zu Bienne klagte Toto auf

Kirchendiebstahl und Herausgabe an. Das war eine böse Sache, denn darauf

standen die schwersten Strafen. In ihrer Not wandten sich Toto und Gauzipert an

die Königin Hildegard. Vielleicht hat er ihr deswegen die ganze Stiftung

übergeben. Jedenfalls hat es die Königin fertig gebracht, daß der Kirchenraub

ungesühnt blieb, und die Reliquie hier in Ottenbeuren zur öffentlichen Verehrung

ausgestellt werden durfte.

„Man sieht noch heute auf dem Markte bei der ehemaligen Peterskirche

einen pyramidisch aus Sandstein errichteten Brunnen, St. Alelexanderbrunnen

genannt, stehen. Im Jahre 1555 ließ Abt Kindelmann diese Brunnenquelle, welche

sich damals in der unterirdischen St. Scholastikakapelle befand und die Kirche

dadurch Schaden litt, einwerfen; das Wasser aber schaffte sich bald wieder einen

anderen Ausfluß und sammelte sich am Fuße des Berges gegen den Marktort.

Hier ließ später Abt Rupert die jetzige Steinpyramide erbauen. Die Marktgemeinde

aber versetzte den Brunnen 1811 gegen die die neue angelegte Kirchenstiege.“3)

Wie Ottenbeuren unter Karl dem Franken das Markt= und Stadtrecht erlangte. Die Marktorte und Städte sind nicht bei den Klöstern, sondern die Klöster

sind bei den Märkten entstanden. Daß Ottenbeuren schon vor mehr als 1000

Jahren ein wichtiger Ort war, verdankt es der Tüchtigkeit der Uotbauern, dann

dem Grafen Sylach. Er machte Ottenbeuren zum Mittelpunkt der Zentene. Hier

war die Reichskirche, hier waren

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1) Baumann I, 114 2) Feyerabend I, 98-99. 3) Feyerabend I,98.

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Die öffentlichen Gerichtstage. Nach Ottenbeuren kamen alle, die eine Beschwerde vorzubringen hatten. Hier war auch der Dekan und der öffentliche Gottesdienst. Leute von auswärts gab es also genug. Sie alle brachten ihren Hunger mit, ihren Durst und ihre Bedürfnisse an neuen Werkzeugen. Zu solchen Großtagen fanden sich dann auch immer aus nah und fern die Händler und Krämer ein, samt den Neugierigen. Hier wurde dann gehandelt, geschachert, gemarktet, und das alles unter den Augen Sylachs. Der fand dies als ganz selbstverständlich und natürlich, wie wir uns heute die Entstehung des Marktes überhaupt denken. Dagegen konnte endlich auch der König nichts haben. Nur war er so schlau und verstand aus dieser Notwendigkeit für sich Geld herauszuschlagen, indem er das Marktrecht von seiner Person abhängig machte. So wurde im Grunde genommen hier schon seit 746 gemarktet, ohne Kloster. Wann die älteste Verleihung des Marktrechtes erfolgte, ist nicht bekannt. Die Gründung des Klosters hat aber viel zur Belebung des Marktes beigetragen. Da wurde von Wundern erzählt; es gab einen seltsamen Mantel, den man nur zu berühren brauchte, um gesund zu werden. Da gab es heilbringendes Wasser zu trinken, neue Gebäude und Männer in Kutten zu sehen. Das hat freilich Tausende angelockt und das nicht nur an den Großtagen, sondern täglich. Feyerabend schreibt1): „Übrigens waren die Folgen dieser Übersetzung (Alexander) für den hiesigen Ort nicht nur in religiöser, sondern auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht höchst bedeutend und wichtig. Das Volk strömte am jährlichen Festtage des Heiligen, welcher feierlich begangen wurde, zu Tausenden hieher. Zu diesen großen Volksversammlungen fanden sich ganz ungerufen mehrere Handelsleute und Krämer aus Eigennutz ein und so entstand wie in anderen Provinzen ein Jahrmarkt oder eine sogenannte Handelsmesse, die von Karl dem Großen mit vielen Vorrechten begnadigt und auch vom auswärtigen Handelsstande zahlreich besucht wurde. Der Marktort erhob sich durch eigene Kommerzindustrie (Handel) und durch königliche Begnadigungen und Vorrechte zu einem damals bedeutenden Handelsorte, der er auch sehr wahrscheinlich bis auf die zerstörenden Einfälle der Hunnen verblieb.“ Daß unter solchen Umständen in Ottenbeuren das Marktrecht bis in die erste fränkische Zeit zurückreicht, ist uns verständlich. In der karolingischen Zeit finden sich Märkte nur an wichtigen Orten. Seit das Marktrecht ein Regal wurde, gab es nur noch privilegierte Märkte. Schon im 10. Jahr= _______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 14I, 100

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hundert verlieh der König einen besonderen Marktfrieden, dessen Verletzung mit dem Königsbanne bedroht war1). Die Grenzen, innerhalb derer Frieden zu halten war, wurden mit Säulen markiert. In der Urkunde1). Die Grenzen, innerhalb derer Frieden zu halten war, wurden mit Säulen markiert. In der Urkunde2)vom Jahre 1514 sind auch hier solche Säulen erwähnt und ein Pranger am Platz (s. S. 46). Ob es sich hier um Markt= oder Gerichtssäulen handelte, steht leider nirgends mehr aufgeschrieben; es ist auch möglich, daß sie beides bedeuteten. Die drei erwähnten Säulen schließen den Raum zwischen Fronfeste= Brücke bei der Mühle, Fronfeste gegen den alten Pfarrhof ein. Der Pranger ist beim Kornhaus und die vierte Säule beim Mohrenwirt zu suchen. Die Grenzen sind größer als der eigentliche Marktplatz. Aber das macht nichts, denn sie konnten auch den ganzen Ort umfassen. Privilegierte Marktorte nannte man Städte oder Flecken (villa = Ortschaft, oppidum = Stadt oder Flecken, civitatis =Stadt). In einem Verzeichnis der Zinse, die um das Jahr 1200 an die Kammer des Klosters von 75 Einwohnern dieses Fleckens zu entrichten waren, wird Ottenbeuren geradezu Stadt (civitatis) genannt und im Einklange damit nennt die Ottenbeurer Chronik einen dort sitzenden Heinrich Bogelin3) nicht nur civis, sondern selbst burgensis Utenburensis4); er bezeichnet ihn also als einen „Geschlechter“ dieses Ortes. Dazu kommt, daß Ottenbeuren unstreitig Marktrecht besaß und unter einem Ammann stand, den nicht das Kloster, sondern nach dem Freiheitsbrief Kaiser Friedrich II. und seines Sohnes Heinrich von 1219 und 1224 der letztere als Klostervogt einsetzte5). In der staufischen Zeit war auch der Markt Ottenbeuren auf dem Wege Stadt zu werden. Zeitweise wurde es auch eine halbe Stadt genannt. Im späteren Mittelalter war aber davon keine Rede mehr, weil Ottenbeuren des eigentlichen Städtezeichens, das ist die Ringmauer, entbehrte. Doch nahm der Ort auch jetzt noch eine besondere Stellung ein. Seine Gemeindemitglieder heißen immer noch Bürger, zu deren Aufnahme auch die Zustimmung des Abtes notwendig war. Erwähnenswert ist auch die Ottenbeurer Anordnung, daß jeder nach Erlangung des Bürgerrechts fünf Jahre im Ort seßhaft bleiben mußte und erst nach Ablauf dieser Frist auswandern durfte6). An der Spitze des Marktes stand ein _______________________________________________________________

1) Baumann I, 322. 2) Urkunde 834, Staatsarchiv München. 3) Daher Vogeläcker. 4) Bürger von Ottenbeuren. 5) Baumann I, 328. 6) Baumann I, 329.

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Ammann, neben ihm die Vierer, welchen insbesondere die Obsorge für richtiges Maß, Gewicht, Beschau der auf den Markt gekommenen Lebensmittel oblag. Das Marktgericht zu Ottenbeuren, das in vielen Fällen der niederen Gerichtsbarkeit zuständig war, bestand aus 8 Mitgliedern; Vorsitzender war der Ammann.“1)

Aus dem Jahre 1808 ist ein Akt erhalten2) mit dem Titel: „Aus der Leibeigenschaft hervorgegangene Abgaben.“ Darin heißt es: Die Bewohner von Ottenbeuren gehören zum Bürgerstande, sie sind aber nach dem Verhältnis ihrer Besitzungen in Klassen eingeteilt worden und zwar: 12 Bauern, 40 Gütler, 64 Söldner, 133 Leerhäusler, 11 Beisitzer. Nach der Familienzahl: 1 Geistlicher, 8 Weltliche, 249 Bürger, 11 Beisitzer, 26 Pfründner mit eigenem Haushalt, zusammen 286 Einwohner mit eigenem Haushalt.

Jahrmarktverleihungen im späten Mittelalter fanden statt anno 1488: „Kaiser Friedrich erteilte dem Orte Ottenbeuren wie allen anderen bevorzugten Plätzen jährlich zwei Jahrmärkte. Den ersten auf St. Urban und den folgenden Tag; den zweiten auf Michaeli und am Tage darauf. Jede Rechtsstörung stand unter Strafe von 40 Mark lötigen Goldes.“3)

König Maximilian I. gewährt dem Gotteshaus Ottenbeuren auf Bitten zwei Jahrmarkttage im Flecken Ottenbeuren am St. Urbans= und St. Mauritiustag, sowie einen Wochenmarkt an jedem Donnerstag und gebietet Friede bei Strafe, wovon die Hälfte in die Reichskammer, die andere zum Gotteshaus fällt. Gegeben zu Freiburg im Breisgau am 10. Juli 1498.4)

Am 22. Februar 1601 bestätigt zu Prag auf dem königlichen Schloß Kaiser Rudolf das Marktrecht in Ottenbeuren. Die Original=Pergament=Urkunde mit dem königlichen Majestätssiegel und Unterschrift liegt in München5). Um das Marktrecht und die anderen Regalien mußte das Kloster jedes Jahr nachsuchen. Ottenbeuren übt somit in ununterbrochener Folge seit 746 bis zum heutigen Tage das Marktrecht aus. _______________________________________________________________

1) Baumann II, 298. 2) Finanzamt Ottenbeuren. 3) Feyerabend II, 731. 4) Original= Pergament= Urkunde Nr. 610 im Staatsarchiv München; Photokopie

Gemeinde Ottenbeuren. 5) Staatsarchiv.

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Urkunde

Wir Rudolf, der Andere

von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser

zu allen Zeiten Mehrer des Reiches

bekennen öffentlich mit diesem Brief und tun kund allermänniglich, daß Uns der

ehrsame, Unser lieber andächtiger Alexander Abt des Gotteshauses Ottenbeuren

untertänig zu erkennen gegeben, das Unser Vorfahre am Reich, Kaiser Maximilian

der Erste in seines Gotteshauses Flecken Ottenbeuren jährlich zwei Jahrmärkt

und einen Wochenmarkt aufrichten und zu halten gnädigst vergunnt und erlaubt,

dieselben auch mit gewöhnlichen Gnaden und Freiheiten begabt und versehen,

alles nach mehreren und eigentlicher Ausweisung vor erwähntem Kaiser

Maximilians Gnaden und Bewilligungsbriefs, der er Uns in glaubwürdigem Schein

fürbringen lassen so von Wort zu Wort hernach geschrieben stehet und also

lautet:

Wir Maximilian von Gottes Gnaden, Römischer König, zu allen Zeiten

Mehrer des Reichs, zu Hungarn, Dalmation, Kroatiens König, Erzherzog zu

Österreich, Herzog zu Burgund, zu Lotharingen, zu Brabant, zu Steyr, zu Kärnten,

zu Krain, zu Limburg, zu Luxemburg, zu Geldern, Graf zu Flandern, zu Habsburg,

zu Tyrol, zu Kyburg, zu Arthoies, Pfalzgraf zu Heingau, zu Holland, zu Namur,

Markgraf des hl. Röm. Reichs und zu Burgau, Landgraf im Elsaß, Herr zu

Frießland, auf der Windischen Markt, zu Salins und Mecheln, bekennen öffentlich

mit diesem Brief und tun kund allermänniglich, daß uns der ehrsam Geistliche,

Unser lieber andächtiger N Abt und Convent des Gotteshauses zu Ottenbeuren,

demütiglich haben anrufen und bitten lassen, daß Wir zu Nutz und Förderung in

ihren Flecken Ottenbeuren beim Gotteshaus gelegen, worin das Gotteshaus die

Niedergerichtsbarkeit und alle Obrigkeit zugehören, zwei Jahrmärkt, nämlich den

einen jährlich auf St. Urbanstag und den anderen auf St. Franzißentag und dazu

alle Donnerstag in jeglichen Woche einen Wochenmarkt daselbst in dem Flecken

Ottenpeuren aufzurichten zu machen und zu halten, als Römischer König zu

vergunnen und zu erlauben und dazu dieselben Jahr= und Wochenmarkt, auch

alle welche mit ihrer Handels und Kaufmannschaft, Gewerb haben und mit Gütern

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Besuchen, mit den gewöhnlichen Freiheiten zu versehen, gnädiglich zu geruhen. Da haben Wir angesehen solch ihre Bitt` und darum auch, daß der gemeldt Flecken Ottenbeuren und die Einwohnerschaft und Besteuerung möge wachsen, mit gutem Rate und wohlbedachtem Mut dem Abt und Convent und ihrem Markt gnädiglich vergunnt, erlaubt und diese besondere Gnad und Freihait getan und gegeben. Gönnen, erlauben und geben ihnen auch die besondere Gnad und Freiheit von Römischer königlicher Macht wissentlich Kraft dieses Briefes, also. Daß sie die obenbestimmten Jahrmärkt wie vorstehet, den einen auf St. Urbanstag und den anderen auf St. Mauritiustag (durchstrichen) Franzißentag eines jeglichen Jahrs, dazu alle Donnerstag an einer jeglichen Woche einen Woche einen Wochenmarkt, daselbst zu Ottenbeuren aufzurichten, machen, halten und haben und dieselben Märkt auch allen und jeder Person so die mit ihrem Handel, Gewerb, Kaufmannschaft, Hab und Gütern besuchen, dazu und davon ziehen und wandern, alle und jegliche Gnad und Freiheit, Recht, Freiung (Freiheit), Fried, Geleit, Schutz und Schirm und Gewohnheit, halten, haben, gebrauchen und genießen sollen und mögen, wie sie andere Städte in der Umgebung gelegen zu ihren Jahrmärkten und Wochenmärkten in dem hl. Reiche und die Personen welche dazu und davon ziehen auch haben und gebrauchen und genießen von Recht und Gewohnheit allermänniglich ungehindert, doch Uns und dem Reiche an Unser Obrigkeit und an sonst anderen Jahr= und Wochenmärkten in einer Meile Weg um Ottenbeuren gelegen zu ihren Rechten und Gerechtigkeiten unangegriffen und unschädlich und gebieten allen und jedem Kurfürsten, Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, Prälaten, Grafen, Freien, Herren, Rittern, Knechten, Hauptleuten, Vögten, Pflegern, Verweser, Abtleuten, Schultheißen, Bürgermeistern, Richtern, Räten, Bürgern, Gemeindern und sonst allen anderen und des Reichs Untertanen und Getreuen in welchen Würden, Stätten oder Wesens sie auch seien, ernstlich und festiglich, mit diesem Brief und wollen, daß sie obbemeldter Abt und Convent und auch die Einwohner zu Ottenbeuren, ihre Erben, Nachkommen, und die ihren, an berührten Jahr= und Wochenmärkten, auch alle diejenigen, die mit ihrem Handel, Gewerb, Kaufmannschaft, Gütern oder in anderer Weise besuchen, dazu und davon ziehen, nicht hindern noch irren, sondern sie zu den oben bestimmten Zeiten gebrauchen, genießen und gänzlich dabei bleiben lassen und dagegen nichts tun noch anderen jemand anderes zu tun gestatten in keiner Weise, als Lieb einem jeden bei Unserer und des Reiches Ungnad und Straf. So

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oft einer freventlich dagegen handelt, gibt er vierzig Mark lötigen Goldes zur Buß, hab in Unsere und des Reiches Kammer, den anderen halben Teil dem obgenannten Abt, Convent und Gotteshaus zu Ottenpeuren und ihren Nachkommen. – Mit Urkund diesen Briefes, besiegelt mit Unserem Königlichen anhängenden Insiegel. Gegeben zu Freyburg im Breisgau am zehnten Tag des Monats Juli nach Christi Geburt Vierzehnhundert und im achtundneuzigsten (1498) Jahr unseres Reichs, des Römischen im dreizehnten und Hungerischen (Ungarischen) im neunten Jahr. – Dieselben Rechte werden in der Urkunde anno 1601 von Kaiser Rudolf dem Gotteshaus bestätigt und im Wortlaut wiederholt – gegeben im Königlichen Schloß zu Prag am 22. February 1601. Rudolf. *) Der Marktplatz war sehr geräumig zwischen der Günz, dem Reichshof, dem Mohrenwirt und der Reichshofmühle. Die Gebäude östlich des Reichshofes sind wegzudenken. Später dehnte er sich mehr gegen die Kirche hin aus. Rechts und links der neuen Kirchentreppe standen die sogenannten Krämerläden, die 1810 öffentlich an nachstehende Personen versteigert wurden1): Nr. 1 erworben von Xaver Bögele, Hafner zu Ottenbeuren um 26 fl2), Nr. 2 erworben von Josef Berny, Sailermeister, um 26 fl, Nr. 3 erworben von Josef Kimmerle, Hafner, um 27 fl, Nr. 4 erworben von Fr. Jos. Fröhlich, Bildhauer (Tausch), Nr. 5 erworben von Alois Tausch um 33 fl, Nr. 6 erworben von Ignaz Schnatterer um 27 fl, Nr. 7 erworben von Josef Anton Geiger um 27 fl, Nr. 8 erworben von Oßwald Glaser um 27 fl. Über die Marktstandgelder unterrichtet uns noch ein Bericht des Rentamtes Ottenbeuren an die Landesdirektion zu Kempten vom 25. August 1815. „In Ottenbeuren hat man bei öffentlichen Jahrmärkten nur von den sich einfindenden Landkrämern für Errichtung der Stände und ihrer Karren sogenannte Marktstandgelder erhoben, um sie vor eintretendem Unwetter vor Verderben zu schützen. Jahrmarktzölle sind keine mehr erhoben worden, seitdem durch allerhöchste Verordnung freier Handel und Wandel erlaubt wurde. Wie die fraglichen Marktstandgelder entstanden sind, findet sich in der amtlichen Registratur kein Dokument vor. _______________________________________________________________

*) Photokopie im Gemeindearchiv Ottenbeuren. 1) Säkularisationsakten, Finanzamt Ottenbeuren. 2) fl = Gulden.

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Indes sind dieselben unter dem ehemaligen Reichsstift bezogen und mit Aufhebung desselben für das Ärar eingezogen worden.“1) Mittelpunkt des Marktplatzes bildete das Kornhaus, aus dem das Rathaus hervorging. Das Kornhaus ist so alt wie der Reichshof und war einst ein Bestandteil desselben. Hier wurde das Getreide aufgespeichert, welches an den Grafen abzuliefern war. Der Dekan speicherte seinen Zehnten ebenfalls darin auf, so er nicht den Kirchendachboden vorzog. Später baute das Kloster einen eigenen Zehentstadel. Da der Graf aber auf seinen Äckern selbst genügend Getreide erzeugte, konnte er sein Kornhaus jährlich räumen und den Erlös an das Reich abführen. So entwickelte sich daraus die Schranne. Dieser stand ein Stadelmeister oder Kornhausmeister vor. Im übrigen ist noch folgendes bekannt: Abt Gallus baut 1584 im Markte das Rathaus2) und 1628 daneben den Salzstadel.3) 1841 ging es von der Ottenbeurer Landschaft an die Gemeinde über. 1862/64 erhielt es dann den heutigen Stil. Beschreibung des alten Rathauses: „Das Wag= und Schrannengebäude ist 75 Fuß lang, 48 Fuß breit und bis zum Dache 21 Fuß hoch. Die Dachung hat eine senkrechte Höhe von 30‘ mit einem liegenden Stuhl und ist einfach mit unterlegten Schindeln eingedeckt. Die Umfassungsmauern sind massiv aus Backsteinen erbaut und im Stock zu ebener Erde 2‘, im ersten Stock 1 ½‘ dick. Die mittleren Mauern zu ebener Erde sind ebenfalls massiv; im ersten Stock teils massiv, teils Riegelgewände. An den Hauptmauern, sowie an der Vorhalle zeigen sich am Grunde bedeutende Beschädigungen und starke Risse. Das Stübchen des Schrannenmeisters ist mit einem kleinen Kanonenofen versehen, in brauchbarem Zustande. Die Treppe zum ersten Stock schadhaft. Der Vorplatz gehört zur Mietwohnung des Buchdruckers. Das Wohnzimmer der Gendarmerie ist in gutem Zustande. In der Küche ist der Backsteinboden und die Türe schlecht. Die Balken des Dachstuhles sind beinahe abgefault. Die Eindeckung besteht aus Flachziegeln. Beide Giebelmauern sind 1 ½ Stein dick. Das ganze Gebäude hat einen Schätzwert von 1300 fl.“ (Bericht von Ambros Madlener, Maurermeister, und Hiemer, Zimmermeister; 19. Oktober 1841.)4) „Die Schrannen= und Waaganstalten im Markte Otten= _______________________________________________________________

1) Jahrmarktzölle 1815, Finanzamt Ottenbeuren. 2) Feyerabend III, 293. 3) Feyerabend III, 381. 4) Verkauf der Schranne an die Gemeinde 1841-1847; Finanzamt Ottenbeuren.

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beuren bestehen seit unfürdenklichen Zeiten. Die Schrannen= und Marktgefälle

betragen nach zehnjährigem Durchschnitt 214 fl Einkommen. Lasten sind mit dem

Gebäude keine verbunden. Für die Unterhaltung desselben werden jährlich 72 fl

veranschlagt. Die Waag= und Schrannengerechtigkeit kann ohne das Gebäude

nicht an die Gemeinde übergeben werden, weil diese weder einen Platz noch eine

andere Räumlichkeit zur Verfügung hat, wo die Waage und Schranne

untergebracht werden könnte. Das Schrannengebäude mit der Waage wird auch

Rathaus genannt, weil früher die Marktgemeinde darin ihre Versammlungen

gehalten hat. Das Gebäude ist alt und baufällig. An eine vorteilhafte Veräußerung

kann nicht gedacht werden. In der Schranne über einer Stiege befindet sich auch

das Gendamerielokal und die Ganser’sche Buchdruckerei seit mehr als 100

Jahren1). Das Schrannen= und Waaggebäude mit den Regalien war ehedem

Eigentum der Landschaft Ottenbeuren und ging 1803 mit einer Landschaftsschuld

von 10000 fl an den Staat über.

Zur Waage gehörte folgendes Inventar: Die Waage mit hölzernen Schaulen,

ein Messiggewicht mit 103 Pfund dann eiserne ½,½, 1, 2, 3, 5, 7, 10, 15, 18, 19,

23, 28, 37, 46, 50, 91, 109, 110 und 115 Pfund. An Maßen sind vorhanden: ½

Vierling, 1 Viertel, ½ Metzen, 3 Metzen, 4 alte Viertel, 5 Schaff, 3 Kornbrenten, 1

Karren, 1 eiserne Pfanne, 1/16 Maß und 2 Getreideschaufeln, dann eine

Heuwaage samt dazugehörigen Tarif (aufgenommen 1838). Die Gemeinde

Ottenbeuren hat dieses Gebäude samt dem Inventar angekauft um 832 fl und

erhielt 1843 die Verkaufsurkunde vom Kgl. In den Kauf nicht eingeschlossen ist

der in dem Gebäude zu ebener Erde befindliche Metzer= und Krämerladen des

Michael Waldmann.“2)

_______________________________________________________________

1) Seit 1734.. 2) siehe Fußnote 4, Seite 59!

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Verzeichnis der Bürger zu Ottenbeuren um das Jahr 1083 (Abgaben der Stadt–Bürgerschaft–Ottenbeuren, welche zur Kammer gehören)“1)

1. Rudiger Ursin 2 Solid 38. Touta de Orto 6 Denar 2. Heinrich Arinc 2 Solid 39. Hugo der Blinde 1 Solid 3. Kuono 20 Denar 40. Truttmannus 1 Solid 4. Sibilin 1 Solid 41. Gaenselin 1 Solid 5. Gottfried 2 Solid 42. Marquardus 1 Solid 6. Ursin 16 Denar 43. Leceboldus 6 Denar 7. Frumann 18 Denar 44. Coppo 6 Denar 8. Wolvelin 4 Denar 45. Molendinarius 4 Denar 9. Ulrich 30 Denar 46. Hailrat 4 Denar 10. preterea 2 Denar 47. Gotfridus 6 Denar 11. Wessecorn 4 Denar 48. Baldaer 3 Denar 12. Hilteprant 1 Solid 49. Gotzbrecht 3 Denar 13. Inblast 1 Solid 50. Ganselin 1 Solid 14. Hubilaer 18 Denar 51. Liutoldus 1 Solid 15. Hugo 6 Denar 52. Werner (Schmied) 1 Solid 16. Weriand 2 Solid 53. Inblast 4 Denar 17. Swertfarbe 4 Denar 54. Marro 4 Denar 18. Haldewanger 6 Denar 55. Stapfiler 1 Solid 19. Wisar 4 Denar 56. Hubilar 1 Solid 20. Plebanus (Pfarr) 8 Denar 57. Biundohse 6 Denar 21. Sibelin 6 Denar 58. Coppo 6 Denar 22. Filia coci 6 Denar 59. Havenaerin 5 Denar 23. Flederhanin 2 Solid 60. Arnis prebuitohse 1 Solid 24. Abelin 1 Solid 61. Reinboto 18 Denar 25. Kuonrad frater ejus 18 Denar 62. Ratilman 1 Solid 26. Hiltebrandus 2 Solid 63. Gerunk (Schmied) 2 Denar 27. Petrissa 6 Denar 64. Coppo 1 Solid 28.Hainrich de Stockheim 1 Solid 65. Knirso 2 Solid 29. Gunzo 8 Denar 66. Cerraer de Orto 8 Denar 30. Gunzo 1 Solid 67. Zibrilaich 1 Solid 31. Engilburc 3 Denar 68. Humel 2 Solid 32. Coppo 8 Denar 69. Osto 6 Denar 33.Hainrich in der Blaiche 1 Solid 70. Zullink 4 Denar 34. Mordelin 1 Solid 71. Stakezarim 1 Solid 35. Ulrich 3 Denar 72. Weshecorn de Orto 8 Denar 36. Gerunk 2 Denar 73. Pfluogelin 8 Denar 37. Zurrinc 1 Solid 74. Bertholdus pellifex 1 Solid 75. Statelich 1 Solid 76. Thimo 1 Solid 77. Prematz 1 Solid Zu diesenm Zinsverzeichnis schreibt Feyerabend: „Der hiesige Marktort, welchem der Name Stadt beigelegt wird, zählte damals innerhalb seiner Ortsmarke auch zwei Edle von Ursin und einen Edlen Hainrich von Stockheim2)….

1) Feyerabend I, 525 und 528. 2) Zu den Adeligen zählen auch Nr. 2, 3, 4, 6, 60 61

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Unter den gemeinen Bürgern kommen zwei Schiede, ein Kürschner, ein Müller,

ein Heinrich in der Blaiche und die Tochter eines Kochs vor, welche damals

Gutsbesitzerin war. Es schein sich der Ort mehr von dem Handel als von dem

Feldbaue genährt zu haben…. Auch die unbenannte Tochter des Kochs führt auf

den Gedanken, daß damals eine Gattung der Garküche zum Behufe derjenigen,

die sich mit der alltäglichen Zubereitung der Speisen entweder nicht abgeben

konnten oder wollten, oder daß die Dienste eines Koches wie bei den ältesten

Schwaben zur guten Bewirtung der ankommenden Fremden zu unbestimmten

Zeiten für die Gemeinde erforderlich waren. Für das Kloster selbst waren alle

weltlichen Köche entbehrlich, weil alle Küchengeschäfte den Statuten gemäß

durch die Klosterbrüder besorgt und verrichtet wurden“1)

Uns macht der Koch keine weiteren Kopfzerbrechen. Er hat seine

Anstellung im Gästehaus des Reichshofs gefunden, das ist der Mohrenwirt2).

Wenn die Fremden damals einen Mohrenkopf sahen, wußten sie gleich, daß hier

die Herberge ist. Das hohe Alter der Wirtschaft bezeugt auch ihre Hausnummer 1.

Daß sich die Bürger der Gemeinde weniger mit Ackerbau befassen konnten,

ist nicht ihre Schuld. Die kleine Gemeindeflur bot nicht die genügende

Ackernahrung für alle. An eine Ausdehnung derselben war nicht mehr zu denken,

weil das angrenzende Gebiet enteignet war. Wir finden deswegen schon in alter

Zeit fast durchwegs Söldner, die nebenbei ein Handwerk trieben. Mit Vorliebe

wurde der Flachs verarbeitet. Die Zahl der Weber und Stricker war nicht klein,

sonst hätte man nicht eine eigene Bleiche gebraucht. Übrigens finden wir hier im

17. Jahrhundert so ziemlich alle handwerklichen Berufe vertreten. Die leiblichen

Bedürfnisse der Fremden befriedigten eine Menge Wirtschaften, Bäckereien und

Metzgereien.

_______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 529. 2) Siehe Seite 33.

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Das Reich zerfällt / Unser Reichshof wird Fronhof

Das Fränkische Großreich Karls des Franken war zusamengestückt mit

Feuer, Schwert und Brutalität, ohne Rücksicht auf die Nationalitäten. Es war zu

denken, daß es trotz der bestdurchdachten Organisation nur von einem starken

Führer zusammengehalten werden konnte. Darum begann der Zerfall, sobald Karl

die Augen 814 schloß. Sein Nachfahre Ludwig der Frömmler kümmerte sich

weniger um das Reich als um sein Seelenheil. Das war den Gau= und Zentgrafen

gerade recht. Was sollten sie sich um die Belange des Reiches kümmern, wenn

der Erste im Lande dies nicht vorzuleben imstande war. So füllten sie denn ihre

Taschen, statt die Kästen des Reiches. Nun fing man an zu schachern, zu

tauschen, zu handeln, alles auf Kosten des Königs, der nichts merkte und nicht die

Kraft besaß, Mißstände abzustellen. Ganz schlimm war das um das Jahr 838. Da

vertauschte und verhandelte der Illergaugraf Waning Güter und seine Amtslehen

in Niederrieden und Aitrach. Abt Toto von Kempten gibt ihm dafür Güter zu Pleß

und Sontheim. Ob das alles mit königlicher Erlaubnis geschah? Sicher ist, daß die

Klöster und Grafen den Nutzen, das Reich aber das Nachsehen gehabt hat. Unter

Ludwigs Regentschaft beginnt auch der Zerfall der Reichshöfe. Die Grafen bauten

nun feste Burgen und Schlösser. Den Reichshof bekommt ein angesehener Bauer

zu Lehen und wird so automatisch zum gräflichen Dienstmann befördert. Mitunter

hatten auch die Klöster das Glück, einen solchen Hof zu erwerben. Was hier

Tagebert getan hat, läßt sich nicht nachweisen. Vielleicht ist es auch in das

Kloster gegangen. Weshalb hat man ihn aber dann nie mehr erwähnt? Jedenfalls

hat das Kloster den Reichshof nicht bekommen, denn noch im Jahre 1514 konnte

Stehelin eigenen Grund verkaufen und bis 1220 war auch die Kirche nicht an das

Kloster gekommen. Diese war sonst immer das erste Objekt, wenn ein ganzes

Dorf kassiert werden sollte.

Nach Ludwig dem Frommen zerfällt das Reich rapid. Seine Söhne Karl,

Lothar und Ludwig entschlossen sich im Vertrage zu Verdun 843 das große Erbe

zu teilen in ein fränkisches Westreich (Frankreich), in ein Ostreich (Deutschland)

und in das Reich Lothars, welches ein schmaler Streifen von Sizilien bis zur

Nordsee war. In den folgenden Streitigkeiten kam das Mittelstück zu Deutschland.

Italien machte sich selbständig. Der Teilungsvertrag zu Verdun ist also die

Geburtsstunde des ersten Deutschen Reiches.

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Hatten sich schon unter Ludwig dem Frommen die Großen des Reiches viel Macht und Recht angeeignet, so geschah dies jetzt noch viel mehr. Sie sind, wie man sagt, dem König über den Kopf gewachsen. Besonderen Reichtum wußten sich die dem Königshause verwandten Welfen zu verschaffen. Ihnen wurde im Jahre 844 alles herrenlose und unbewirtschaftete Land, Reichshöfe und königliche Güter zugesprochen. Welfen und ihre Dienstmannen saßen in Wolfertschwenden, in Niederdorf, in Ittelsburg, Grönenbach, Benningen, Herbishofen, Reuten, Hawangen, Stefansried, und in Memmingen. Ihnen gehörte das ganze Tal von Dietmannsried bis Ochsenhausen. Auch die Adeligen von Ursin waren welfische Dienstmannen. Es liegt also nahe, daß sie hier den Reichshof übernommen haben. Sie sind bekannt als fromme Männer, als Wohltäter der Klöster und Gründer von Kirchen und Kapellen. Ohne Zweifel verdankt die Stadt Memmingen ihren Ausbau dem Herzog Welf, wie auch das uralte St. Nikolauspriorat vor der Stadtmauer, welches 1573 wegen der Türkengefahr samt den Türmen abgebrochen wurde. Auch die hiesige „St. Nikolauskapelle auf dem Gewölb“ und die zu Erkheim wird welfische Stifter gehabt haben. Überhaupt verdankt das Kloster Ottenbeuren seinen großen Reichtum diesem Geschlechte. In der welfischen Zeit ist unser Reichshof zum Fronhof, das ist der Herrenhof, geworden. Das ist schnell bewiesen. Die von Ursin1) waren welfische Dienstleute. In Ottenbeuren gibt es eine Fronfeste. Zu ihr gehört natürlich auch ein Fronhof. In der Kindelmannschen Klosterkirche2) befand sich noch ein Fronaltar; also ein Altar, wahrscheinlich in eigener Kapelle, für den Herrn des Ortes. Sicher ist dieser Fronaltar zuerst in der Peterskirche gestanden, die ja bis 1220 eigentümlich den hiesigen Rittern gehörte. Ob in St. Peter wie in vielen anderen Kirchen neben dem Hochaltar auch ein sogenanntes Chörle für den Ritter errichtet war, ließ sich nicht mehr erforschen. Die Klosterchroniken tun so, als wäre Ottenbeuren schon seit Sylach unter den Prälaten gestanden. Von jedem kleinsten Nest wissen sie im 11. Und 12. Jahrhundert zu berichten. Über Ottenbeuren selbst hat man sich in tiefstes Schweigen gehüllt. Wer hat die Nikolaus= und die alte Marienkapelle gestiftet? Warum gab es hier im Markte zwei Pfarreien und weshalb wird von alters her der obere Markt vom unteren Markt unterschieden? Lauter Fragen, die uns selbst Feyerabend unbeantwortet ließ. Weshalb das? _______________________________________________________________

1) Vgl. Verzeichnis der Bürger! 2) Siehe Seite 77!

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Gerade in dieser dunklen welfischen Zeit, in der die Klöster reichste Ernte hielten, ist am meisten passiert. Da sind Burgen gestürzt, verfallen und verbrannt; der welfische Adel ist nach den Kriegen und dem König verarmt; er hat Güter veräußert, verkauft, verpfändet. Der Reichshof hat sich in seine Bestandteile aufgelöst, in Scheunen, Höfe, Schiede, Mühle, Kirche, Gästehaus. Wer Geld gab, erwarb sich den einen oder anderen Teil. Zuletzt blieb nichts mehr übrig als andere Dienstmannen, angestellt vom Kloster selbst, welche die erworbenen Güter verwalteten, die aber mit dem Namen Ritter prahlten und doch nichts anderes waren als Vasallen, als Knechte der Prälaten. Sie durften dann Wohnung beziehen in der Burg die einst den Welfen gehörte und den Schutz des Ortes sowie der klösterlichen Besitzungen übernehmen; aber auch nicht länger als es dem Herrn gefiel. Zuletzt gingen sie selbst ins Kloster oder ließen sich von deutschfeindlichen Italienfürsten anwerben. Dann kämpften sie um geringen Sold gegen das Reich und ihre Brüder. So hat man deutsches Blut jahrhundertelang vergossen und vergeudet für Interessen, die wir undeutsch nennen Die Fronfeste auf dem Berg. In der schwäbischen Topographie schreibt Merian 1643 u.a. „…andere sagen, daß solches Utenburen ein Marktfleck und Schloß der Grafen im Illergau gewest….“1). Dieses erwähnte Um Ottenbeuren war ein ganzer Kranz von Burgen. Der Berg neben dem Reichs= oder Fronhof war ausgezeichnet geeignet zu einer Befestigung. Man hat ihn, wie heute noch jeder erkennen kann, auf drei Seiten abgegraben. Die Nordseite schützte ein Wall und Graben. Die Bergstraße, seinerzeit ein tief gelegener Graben, sicherte den Westen und Süden. Der ganze Ostteil konnte unter Wasser gesetzt werden. Auf diese Weise wären zwischen der Feste und dem Hof eine geschlossene Verteidigungsanlage entstanden groß genug, um alle Ortsbewohner samt ihrem Vieh wie eine Fliehburg aufzunehmen. Vielleicht ist es gerade deswegen nicht gelungen, _______________________________________________________________

1) Schönes Allgäu, Kempten 1938, Nr. 4 2) Mündlich und schriftlich überliefert.

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Weit und breit die Spur einer Fliehburg zu finden. Eine solche hatten die Ottenbeurer wegen der Ungarneinfälle sicher angelegt. Der Binnenhof des Fronhofs und der Raum zwischen der Günz haben Platz genug geboten (s.Tafel I). Die Fronhofleute. Auf dem nördlichen und westlichen Teil des Fronfesteberges sind kleine Häuser, des Nagelschmieds (abgegangen), der Weber, Schuster und Söldner. Darin wohnte die Dienerschaft des Herrn. Pferdewärter, Leibdiener, Boten, Jäger und was man damals sonst noch brauchte. Tagsüber versahen sie ihren Dienst im Herrenhaus. In der Freizeit mußte durch Nebenbeschäftigung Zusätzliches zu dem nicht gerade hohen Verdienst beschafft werden. Es waren vom Herrn abhängige Leute. Also Hörige oder persönlich Unfreie. Ihre Häuser können Eigentum gewesen sein, wurden aber einst mit Erlaubnis des Herrn auf herrschaftlichem Grunde erbaut. Dafür mußten sie jährlich einen bestimmten Bodenzins entrichten. Neben dieser Dienerschaft gab es noch die Fronhofbauern. Diese sogenannten Hintersassen hatten eigene Höfe mit selbständiger Landwirtschaft. Fronhofbauer wurde jeder, der seinen Hof nicht auf gemeindeeigenem Grund und Boden, sondern auf dem Fronhofland erbaute. Das konnte er aber nur mit Erlaubnis des Grundholden, wie die vorhin erwähnte Dienerschaft. Dafür verlangte der Herr nach seinem Gutdünken bestimmte Abgaben und Dienste. Nicht selten bekamen solche Bauern auch Fronhof=Land zu Lehen. Für solchen Grund und Boden mußte aber dann Frondienst verrichtet und der Zehent gegeben werden. Fronhofland vergab der Herr nur dann, wenn er den Hof nicht mehr selbst bewirtschaften ließ und in der Vergabung größeren Vorteil fand. Fronhofbauern waren also persönlich frei, dinglich aber unfrei. Nun kommen noch die Zinser oder Censualen. Diese Zinsleute haben kein Fronhofland, waren aber aus irgend einem Grunde dem Fronhof verbunden, Zinsen zu zahlen oder einen Teil ihrer persönlichen Arbeitskraft dem Herrn zu widmen. Zu dieser Gattung gehörte nicht selten der größte Teil der Bevölkerung. Das Fronhofthing Diese angeführten hofgebundenen Leute wohnten in der Mehrzahl auf dem Umlande des Fronhofes und standen unter dem Fronhofrecht, das vom Marktrecht ganz verschieden 66

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War. Sie gehörten alle einem besonderen Gerichtsprengel an, den man Fronhofthing nannte. Dessen Vorsitzender war der Fronhofmeier, der wiederum unter dem Herren stand.

Herr

Frohnhofmeier

Dienerschaft Zinser Fronhofbauern

Die Unfreien hatten nicht das freie Abzugsrecht für Hab und Gut. Nach ihrem Ableben mußte der Todfall in den Fronhof gegeben werden. Zum Ottenbeurer Fronhofthing zählten also die Bewohner auf dem Berg, die Leute um den Fronhof und in demselben und die Fronhofbauern über der Günz gegen Süden. Letztere hatten ihre Häuser auf dem ehemaligen Reichshoffeldern. Nicht dazu zählten die freien Bauern des unteren Marktes auf ihrem altschwäbischen, nicht enteigneten Siedlungsboden und alle jene Bauerngüter, die schon vor dem Reichshof bestanden. Sie gehörten als alteingesessene Gemeinder zum Dorf= oder Marktgericht. Sie waren vollfrei und damit Vollbürger. Die Leute im oberen Markt und westlich des Klosters ansässig, waren unfrei und standen unter der klösterlichen Gerichtsbarkeit, die ein weltlicher Vogt ausübte. So hatten wir hier im Markte drei Rechtskreise mit dreierlei Gerichten:

Fronhofthing Marktgericht Klostergericht Fronhofmeier Ammann Vogt Fronhofleute Vollfreie Bürger Klosteruntertanen

Das Fronhofgericht ist hier im Laufe der Jahrhunderte nicht wie in den Städten an die Gemeinde, sondern an das Kloster übergegangen. Schuld daran waren die Welfen die Stück für Stück verschenkten und verkauften; aber auch die Gemeinde selbst, indem sie versäumte, alle frei gewordenen Höfe an sich zu kaufen. Das hat aber das Kloster in reichlichem Maße Jahrhunderte lang getan und sich so auch die Gerichtsbarkeit über den größten Teil der Gemeinde erworben. Darum ist auch der Fronhofmeier und sein Thing gar bald verschwunden. Aus Fronhofleuten werden Klosteruntertanen. Wer immer seinen Hof, sein Haus und andere Güter dem Kloster schenkte, verpfändete, verkaufte, wurde je nach dem Umfange der Veräußerung seines Eigentums halbfrei oder unfrei, auch wenn er die Güter wieder zu Lehen erhielt. Das Eigentum aufgeben bedeutete damals die Freiheit auf= 67

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Geben und den Verlust des freien Bürgerrechtes. Trotzdem hat das Kloster die Herrschaft über die Mehrzahl der Freien gewonnen. Da half die Klugheit der Äbte, die Not der Zeit und die sich immer steigernden Lasten der Freien. Wohl würde mancher um seiner Kinder willen lieber die Not getragen haben, hätte er nur einen Blick in die Zukunft werfen können. Unterm Krumstab war nicht so gut leben. Das bezeugen die vielen Beschwerden der Ottenbeurer Bürger und Bauern an den Kaiser, nachdem sie der Abt alle unter einen Hut gebracht hatte. 68

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Otto der Große baut das Reich neu auf.

Bischof Ulrich erbittet für Ottenbeuren Die Befreiung vom Heeresdienst.

Nach dem Zerfall des Reiches übernahmen die Sachsen die Führung. Heinrich I. einigte die deutschen Herzoge und empfahl der Bevölkerung Fliehburgen anzulegen, um so den jährlich einfallenden Ungarn ihre Beutezüge zu erschweren. Er selbst befestigte mit neuen Burgen das Land und verpflichtete jeden neunten Mann zur Wehrpflicht. Unter ihm entstand die deutsche Reiterei. Nach Ablauf des neunjährigen Nichtangriffspaktes mit Ungarn war das neue Deutschland gerüstet. Die Ungarn fielen ein und wurden geschlagen. Es ist nicht aufgeschrieben, ob sie vorher und auch diesmal nach Ottenbeuren kamen. Aber es ist sehr wahrscheinlich. Klöster und Reichshöfe haben sie mit Vorliebe heimgesucht. Die friedliche Aufbauarbeit, die jahrzehntelang unter Heinrich fortgesetzt werden konnte, fand ein rasches Ende, als Otto die Führung des Reiches übernahm. Herzöge, Bischöfe, seine eigenen Brüder und die Reichsfeinde standen wider ihn auf. Er zieht von Schwaben nach Bayern, nach Lothringen, kämpft gegen Ungarn und Slawen. Er schlägt zu, siegt und setzt die friedensstörenden Herzöge ab. Seine nächsten Verwandten sollen sie ersetzen. Die Enttäuschung ist noch größer. Sie schreiten zum Hochverrat und rufen die Ungarn ins Land. Das war 955. Schon hatte der Reichsfeind die Stadt Augsburg bedroht. Da findet Otto in Bischof Ulrich einen seiner wenigen Getreuen. Ulrich verteidigt die Stadt, bis das Reichsheer kam. So wurde der große Sieg ermöglicht. Ulrich aber fand große Gnade beim Kaiser und konnte sich manches erbitten, was andere nie erreicht hätten. Da nun Ulrich 972 zugleich Abt von Ottenbeuren war, erbat er sich für sein Kloster besondere Freiheiten, die in der Ottonischen Urkunde1) bestätigt sind.

Im Namen der hl. unzerteilten Dreieinigkeit

Otto

durch Gottesgnade Römischer Kaiser

und allzeit Mehrer des Reichs.

Wenn wir die bittlichen Vorstellungen der Diener Gottes, die sie uns nach dem Verhältnisse ihrer Angelegenheiten vor= _______________________________________________________________

1) Feyerabend I, 354.

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legen, ins Werk setzen, so handel wir dadurch nicht bloß nach der Gewohnheit der Kaiser, sondern wir hoffen auch, daß uns derlei Handlungen um Empfange eines ewigen Lohnes Gedeihen werden. Es werde daher allen unseren sowohl gegenwärtigen, als künftigen Getreuen hiemit bekannt, daß Ulrich, Bischof an der Kirche zu Augsburg, und Abt der Kirche zu Ottenbeuren, Konrad, Bischof der Kirche zu Konstanz, und Burchhard, der Herzog von Alemannien, wie auch die übrigen mächtigen Alemannier uns angegangen, uns den Wohlstand ebenso wie den Notstand und den harten Erdstrich der ottenbeurischen Abtei angezeigt und vorgestellt, beinebens uns untertänigst gebeten, ersucht und angeraten haben, dieselbe zur Ehre Gottes und in Rücksicht auf die Verdienste des hl. Martyrers Alexander, welcher daselbst mit seinem Leibe ruhet, von aller königlichen Dienstpflicht, von dem kgl. Heereszuge, von Aushebung der Mannschaft und dem Kriegsaufgebote, von der Begleitung des Hoflagers in fernere Gegenden und von aller Mitabwandlung der Reichsgeschäfte allergnädigst zu befreien. Hierauf antworten wir, daß wir ihrer Bitte niemals willfahren würden, auch alles dieses nicht anders geschehen könnte, als mit gemeinschaftlicher Beratung, Erlaubnis, Überlegung und Anordnung der Vornehmsten des Reiches. Endlich stellen wir die Sache ihrer Überlegung, Beratung und Begutachtung anheim und zwar so, daß wir alles das, was sie beschließen würden, als beschlossen, was sie verwerfen würden als verworfen betrachten und das was hirinnfalls als tunlich erachten würden, gutheißen, genehmigen, befehlen und zugeben würden. Nachdem sie nun zusammengetreten, sind sie darin übereingekommen, daß es nicht anders tunlich und ein so weitschichtiger Ort von den königlichen Dienstpflichten nicht anders dürfe losgerissen werden, als wenn ein Teil der Stiftungsgüter von bemeldter Abtei abgesondert und an uns so und dergestalt überlassen würde, daß derselbe von unsrer kgl. Macht wegen dem schwäbischen Herzoge Burchhard und dessen Nachfolgern am schwäbischen Herzogtume zu Lehen gegeben würde, und jener bei allen Reichsgeschäften zu allen Zeiten bereit wäre, anstatt des Abtes die Feinde unseres Reiches mit Worten und Taten zu bekämpfen; und so oft der Fall einträte mit uns in das Feld zu ziehen: hingegen solle der Abt mit seinen Brüdern dem Herrn frei dienen und nach dessen Hinscheiden die Brüder ein freies und kanonisches Wahlrecht auf einen anderen Nachfolger haben, welcher uns und unseren Nachfolgern sollte vorgestellt, die Regalien 70

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Durch uns erhalten und so von uns bewürdiget und in der Würde bestättiget werden. Wir befehlen und verordnen deswegen daß von einem jeweiligen Abte, welcher daselbst aufgestellt wird, nach erhaltener Amtswürde außer zwei sich ähnlichen und gleichfärbiger Hunden, welche uns und unsere Nachfolger damit zu beehren für die Tür unsres Hoflagers entweder zu Ulm oder zu Augsburg sollen gebracht und dort von den Jägern aufbewahrt werden, nichts von einer Schankung oder von einer Hofabgabe gefordert werden soll. Beinebens, wenn wir mit den Vornehmsten des Reichs in den bemeldten Städten einen allgemeinen Versammlungstag halten werden, soll der Abt zwar auch gebunden sein dabei zu erscheinen; bei den übrigen aber, damit er Gott desto ungehinderter diene, mag er sich frei und sicher zu Hause halten. Diese Stiftungsgüter sind es, welche für die Befreiung des bemeldten Klosters samt den Familien und mit aller Zugehörde davon abgerissen und zu Lehen gegeben worden sind: Der Flecken Amendingen samt seinem Dorfe Trunkelsberg, die Dorfgemeinde Hausen (Ungerhausen), die Dorfgemeinde Wigenhausen (ist Schwaighausen), das Gut in Waal und andere mehr, welche wir der Weitschichtigkeit halber nicht nennen mögen. Beinebens den Kirchenschatz zu Steinheim und Kirchdorf, wie auch allen schuldigen Zehnten im Illergau von Kirchdorf bis Mosebrunge (Moosmühle), welchen die Brüder des bemeldten Klosters bis auf den heutigen Tag als eine Almosengabe des Herrn Kaisers Karl des Großen in seinen Besitz gehabt haben, treten dieselben nun samt allem oben=benannten für die nämliche Freiheit an den König ab. Nichtsdestoweniger haben diejenigen beschlossen, welche zu dieser Befreiung geraten und diese begünstigt haben, daß die ebenbemeldten Landzehnten, welche, ehe sie an uns abgetreten wurden, zur Erquickung der Armen in das Armenhaus1) des Klosters abgegeben wurden, jetzt zum Beweise der erhaltenen Freiheit auf unsere tgl. Verfügung und mit Einstimmung des bemeldten Ulrichs Bischofes und Abtes und dessen Amtsnachfolger nur von den Bestandshöfen in das bemeldte Haus zum Gebrauche der Armen abgeliefert werden sollen. Beinebens befehlen wir Kraft unserer kaiserlichen Vollmacht, daß alle Verfügungen, Freiheiten, Regalien und Privilegien, welche von den Königen und Kaisern, unsern Vorfahren, dem Kloster, dem Abte, den Mönchen und sowohl _______________________________________________________________

1) Siehe Armenhaus!

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den Freigeborenen, als den Dienstleuten und den Handelsleuten verliehen worden sind, ihre immerwährende Rechtskraft behalten und seiner, welcher immer mit einiger Amtsgewalt in unserm Reiche verstehen ist, oder auch in den Zeiten unserer Nachfolger am Reiche sich unterstehen soll, daran etwas zu ändern, aber von dem was dem bemeldten Abte und den Brüdern noch mit der Zeit zugute kommen wird, etwas zu verschwenden. Und damit sich nicht etwas ein Schirmvogt oder ein Tyrann unter dem Vorwande etwas mehreres erlaube und etwas von dem sich anmaße, was dem Abte und den Brüdern gehört, als beträfe es keines von unseren Gütern, so sollen alle unsere Getreuen wissen, daß wir eben so die tapfersten und gerechtesten Verwalter und Verteidiger sein werden, wie der Herr Kaiser Karl anfangs den Ort bl0ß zur Verteidigung und nicht zur Selbstbenutzung übernahm. Und damit diese unsere Verfügung desto mehr Festigkeit gewinne und bei allen mehr Glaubwürdigkeit finde, haben wir diese Urkunde fertigen lassen und mit unserem Ringe besiegelt und eigenhändig selbst unterschrieben. Gegeben von Otto dem Kaiser, als Bischof Ulrich zugleich Abt des Ortes war, in dem 927ten Jahr nach der Menschwerdung des Herrn am ersten Tage des Wintermonats. Geschehen in der Stadt Straßburg glücklich im Namen des Herrn. Ich Rupert Erzkaplan habe die Urkunde geschrieben und unterschrieben. Das Zeichen Otto H. Kein Kloster in deutschen Landen hat je so viel Freiheiten erlangt wie Ottenbeuren. Mit der Befreiung des Klosters und seiner Untertanen von allen Kriegsdiensten und Kriegsabgaben beginnt die Blütezeit, der Aufstieg zu Ansehen Macht und Reichtum. Wer nicht mehr in den Krieg ziehen wollte, wer sein Leben höher schätzte als das Wohl des Reiches, der kam zum Abt nach Ottenbeuren. Da konnte leicht geholfen werden. Der Bauer gab seinen Hof an das Kloster um einen niedrigen Preis oder als Schenkung zum Wohle seiner armen Seele und empfing ihn wieder aus der Hand des Abtes als Lehen. Der Hof gehörte nun dem Kloster und der Bauer war klösterlicher Untertan geworden, somit frei von allen Kriegsfahrten. In der Folgezeit nahmen die Kriege zu. Kein Wunder, daß die Bauern, die nicht mehr wußten, warum sie kämpfen sollten, zu hunderten unter den Krummstab flohen. Die vielen Adeligen, die wir bis ins 16. Jahrhundert im Markte antreffen, haben wohl aus denselben Gründen das Ottenbeuren Bürgerrecht erworben. Vielleicht ist gerade die Befreiung vom königlichen Heereszuge die Ursache, daß sich Ottenbeuren nicht zur Stadt entwickelt hatte. Die Bürger konnten ruhig die Waffen ablegen; 72

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es gab nichts mehr zu kämpfen nichts zu verteidigen. Den Schutz und Schirm des Klosters und seines Gebietes haben lange Zeit die Könige selbst übernommen. Wozu sollte man noch eine teure Mauer um den Ort bauen, der ohnedies verschiedene Herren hatte? Die Befreiung von Hofdiensten betraf den Abt, welcher auf den Ruf des Königs als Kaplan, als Kanzler Dienst bei Hof oder bei einem Heereszuge die Feldkapelle zu verstehen hatte. Besonders hoch muß das Kloster die freie Abtwahl dem Kaiser Otto anrechnen. Gerade Otto ist es gewesen, der, enttäuscht über die Herzöge und die Verwandtschaft, sich auf die Geistlichkeit verlassen wollte. Bischöfe und Äbte, ja selbst den Papst setzte er nach seinem Gutachten ein oder ab. Er wollte nicht, daß immer wieder die Zweitracht den Aufbau des Reiches störe. Die Bischöfe und Äbte erlangten unter ihm viel Macht. Aber er hatte ein wachsames Auge. Wir wundern uns deshalb, daß er für Ottenbeuren die freie Abtwahl gestattet hat. Immerhin mußte aber der Abt die Regalien aus seiner Hand empfangen. Das heißt, er mußte sich zuerst beim Kaiser vorstellen und von ihm als würdig empfunden werden und bestätigt werden. Die Abtretung der Orte samt dem Zehnten im nördlichen Teil der Zentene an den König bedeutet, daß diese damals schon zerfallen war und Otto selbst auf die fränkische Einrichtung nicht mehr viel hielt. Dem Kloster selbst verblieb damit das ursprüngliche Ödland, nämlich das Reichspfarrwidem. Nicht einmal der Ort Ottenbeuren selbst ist erwähnt. Er ist damals sicher noch in der welfischen Hand gewesen. Da nun die Klostermarkung bedeutend zusammengeschrumpft und das Einkommen nicht minder mager wurde, mußten neue Quellen erschlosssen werden. Diese boten die reichen Waldungen. Es soll Neuland geschaffen und die Bauernhöfe vermehrt werden. Die Aufgabe wurde fleißigen Bauern und angesehenen Bürgern übertragen. Selbst Bischofs Ulrich hat noch den Auftrag gegeben, das nördlich Ottenbeuren gelegene Waldgebiet zu roden. Es bekam deshalb den Namen Ulrichried1). Die vom Abte ausgewählten Männer wurden als Klosterbeamte übernommen, sie rodeten mit ausgesuchten Arbeitern und fronenden Bauern die Wälder, bauten für sich Höfe und Burgen und nahmen das Neuland vom Herrn zu Lehen gegen eine niedere Taxe. Was sie für den Schloßhof oder Bauhof selbst nicht brauchten, verliehen sie als Afterlehen weiter an Bauernsöhne, die sich in der Nähe _______________________________________________________________

1) rieb, schwenden, reuten, sengen, retten, roten bedeutet roden, den Wald schlagen

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der neuen Ritterburg niederließen. So entstanden unter Aufsicht klösterlicher Ministerialen oder Dienstmannen, ebenso aber unter den welfischen Rittern neue Dörfern und Weiler. Um Ottenbeuren war ein ganzer Kranz von solchen Burgen. Die Wälle und Gräben sind zum Teil gut oder schlecht erhalten. Die meisten aber hat der Prälat bis zur Unkenntlichkeit verschütten lassen, um so das für ihn düstere Kapitel der Burgenzeit für alle Zukunft vergessen zu machen. Folgende Burgen und Schlösser standen rings um Ottenbeuren: Frölins, Dennenberg, Halbersberg, Betzisried, Guggenberg, Katzenbrunn, Reuten, Bühl, Böglins, Leupolz, Theinselberg, Hundsmoor, Hawangen, Aichhalde, Stefansried, Attenhausen, Frechenrieden und Markt Rettenbach. Die Ritter von Ottenbeuren. Die hiesigen Ritter oder Dienstmannen erwähnt die Geschichte im 11., 12. Und 13. Jahrhundert. Es ist aber durchaus nicht gesagt, daß die Männer nur in klösterlichem Dienste standen. Dazu gehörten sie schon mit etlichen klösterlichen Lehen. Es ist schon nachgewiesen, daß sie Angestellte der Welfen waren. Außerdem standen die Ritter mit dem Beinamen Arnis in verwandtschaftlichen Beziehungen mit denen von Hawangen und Beningen. Letztere waren aber aus dem Hause der Welfen. Der Edle Hatto von Beningen, Freund des hl. Ulrich, schenkte dem Kloster sein Dorf mit Kirche und beschloß sein Leben innerhalb der Klostermauern. Ulrich hat ihn oft besucht. Die Ottenbeurer Ritter hatten das Lösungsrecht an dem Arnishofe zu Beningen und an einer Wiese in Hawangen. Deshalb führten sie diesen Beinamen. Namentlich sind folgende bekannt: um 1083 Hainrich Urinc oder Arnis

um 1083 Kuono

um 1180 Heinrich I. von Ottenbeuren

um 1200 † Konrad Urnis

um 1220 Heinrich II. von Ottenbeuren † zw. 1228 – 1260

1220 Konrad Urnis (Sohn) besitz das Lösungsrecht am Arnishofe

nach 1260 Heinrich III., Urnis † nach 1260 Heinrich Urnis, als Scolare im Kloster Ottenbeuren

? Heinrich IV. Arnis † nach 1260, als Scolare

um 1083 Sibilin um 1083 Konrad (frater) Sibilin um 1200 Rudolf Walter 1220 Konrad, gen. 1220 Rudolf (Laie) Degenhard (Laie) Sibelin † nach 1260 (Ut. 7 v. 30.5.1220) 74

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Baumann schreibt in seiner Geschichte des Allgäus1): Das Geschlecht von Ottenbeuren führt auch den Namen Urnis. Geinrich Urnis und seine Brüder waren um 1180 Mannen von Ottenbeuren. Dieselben, jetzt Heinrich, Rudolf, Konrad und Valter von Ottenbeuren genannt, bezeugten um 1182 die Altringer Schenkung des Markgrafen Heinrich von Ronsberg an ihr Kloster. Um 1200 hatten die Kinder des damals bereits verstorbenen Konrad Zinke in Hawangen zu beziehen, auch stand ihm das Lösungsrecht an einem Hofe in Beningen zu. 1220 aber bezeugten Konrad Urnis, Rudolf und Degenhard von Ottenbeuren1) die Einverleibung ihrer Pfarrkirche in ihr Kloster. Dieser zweite Konrad starb nach dem Ottenbeurer Totenbuche zwischen 1228 und 1260, ebenso ein zweiter Heinrich Urnis, während nach derselben Quelle ein dritter Heinrich, ein Rudolf und ein vierter Heinrich Urnis, welch letzterer scolare im Kloster Ottenbeuren war, erst nach 1260 verschieden sind. Diese Familie saß ohne Zweifel auf dem eine halbe Stunde vom Kloster entfernten Buschel, das ist Burgstall, auf welchem später eine Kapelle erbaut wurde.“ Wie obige Darstellung zeigt, haben wir es mit vier Linien zu tun: 1. Die Heinrichlinie, 2. Die Konradlinie, 3. Die Rudolflinie und die von Baumann nicht erwähnte Sibilinlinie. Er hat aber die Urkunde von der Kirchenübergabe anno 1220 mit unterschrieben. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts ist es vorbei mit den Rittern von Ottenbeuren. Sie alle sind den Weg des schwäbischen Adels gegangen: in das Kloster. Diese vier Geschlechter haben kaum zusammen in der Fronfeste gewohnt. Das ist schon deswegen unmöglich, weil anfänglich die Ottenbeurer Burg welfisch war und als solche zum Fronhof gehörte. Welfische Dienstmannen sind die von Urnis. Letztere standen aber auch in klösterlichen Diensten. Ebenso die Sibilin. Wir haben hier in Ottenbeuren welfisch war und als solche zum Fronhof gehörte. Welfische Dienstmannen sind die von Ursin und die Urnis. Letztere standen aber auch in klösterlichen Diensten. Ebenso die Sibilin. Wir haben hier in Ottenbeuren welfische und klösterliche Dienstmannen. Der welfische Ritter wohnte in dem von Merian (1640) erwähnten Schlosse zu Ottenbeuren, auf dem Buschelberg. Die Burg gehörte zum Fronhof (Reichshof) und ist nach dem Aussterben der Welfen als ihr Vermächtnis an das Kloster gefallen. Also nach 1260. An den Ritter Cuono (Konrad) erinnert uns der Konenhof. Er stand bis zum 18. Jahrhundert auf der Höhe südlich des Bannwaldes. Der Berg hielt also von diesem Hofe _______________________________________________________________

1) Band I, 547 2) Fehlt Konrad Sibilin, Urkunde Nr. 7, Staatsarchiv München

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den Namen. Die Grundmauern sind oberhalb der Kiesgrube bei der Springschanze noch zu sehen. Ob der Hof auch befestigt war, kann nicht mehr festgestellt werden, weil der Berg abgegraben wurde. Der Konenhof gehörte einst zum Marktpfarrei und kam vermutlich erst nach 1260

an das Kloster. Urkundlich1) wird der Hof 1463 erwähnt. Das Kloster verleiht ihn in

diesem Jahr an Heinrich Wetzel und Konrad Emann, gegen jährlich 3 Pfund Heller

in Memminger Währung als Zins oder Gilt, so jetzt dem Gotteshaus eigentümlich

zugehörig ist. Zu diesem großen Hof, den der Abt später zum Klosterhof ausbaute,

gehörten 120 Tagwerk.2)

Das Ritterhaus.

Die klösterlichen Dienstmannen bewohnten das Ritterhaus. Auf dem Plan

der Kindelmannschen Klosteranlage (Plansammlung, Blatt 1100, Klosterarchiv

Ottenbeuren) steht man diesen festen Bau zwischen der Klosterkirche und der St.

Nikolauskapelle. Feyerabend schreibt: „Dieses Ritterhaus war (anno 1542) ein

altes, festes Gebäude, welches von mehreren Jahrhunderten her die edlen

Hausministerialen und erstere Beamten des Herrn Abtes ehedem bewohnten.“3)

1542 wurde das Ritterhaus umgebaut zur „öffentlichen Lehranstalt oder

Akademie“.4) Es erhielt vier Hörsäle. Ein verdeckter Gang führte in den hinteren

St. Michaelschor der Stiftskirche, wo die geistlichen Schüler unter Aufsicht eines

Vorstehers gemeinschaftlich beteten und der Messe beiwohnten. Die Anregung

zur Errichtung einer solchen Akademie gab 1541 Abt Leonhard von Ottenbeuren.

Er besprach seinen Plan mit den Äbten von Kempten, Weingarten, Irsee,

Zwiefalten, Ochsenhausen, Wiblingen, Elchingen und Donauwörth. Als Schulort

wurde zunächst der Marktort Legau bestimmt. Es ergaben sich dort aber bald

Beschwerden und Hindernisse, sodaß man die Schule nach Ottenbeuren verlegt.

Die Oberaufsicht über die Schule hatten der Abt von Kempten und Ottenbeuren.

Als Direktoren bestellten sie Lehrer und schrieben die Beiträge aus. Im Jahre 1543

bezahlten Kempten 150 fl (Gulden), Ochsenhausen 150 fl, Ottenbeuren 105 fl,

Zwiefalten 100 fl, Weingarten 90 fl, Elchingen 90 fl, Irsee 60 fl, Donauwörth 60 fl

und Wiblingen 45 fl. Die Lehrer waren folgende Magister Johann Gaza von

Sigmaringen, Dr. Georg Camerius von Gmündt, Magister Epp, Magister Rabus,

Mich. Dornvogel von Mößkirch, Magister Johann

_______________________________________________________________

1) Cronol. IV, S. 99, Klosterarchiv. 2) und 3) Urkunden Nr. 651, 460 Staatsarchiv München. 3) Feyerabend III, 140. Memminger Geschichtsblätter 1936, 2.

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Salicetus, ehedem öffentlicher Lehrer an der hohen Schule zu Ingolstadt, Magister

Jakob Gunzer aus der Abtei Zwiefalten und Lukas Prell, ein vorzüglicher

Kanzelredner. – Nach kaum vier Jahren wurde die Schule nach Elchingen verlegt.

Anno 1712 ist das alte Ritterhaus abgebrochen worden.

Im Markt Ottenbeuren saßen noch im 15. Jahrhundert Adelige. Nach dem

Aussterben der Ministerialen lebte hier 1466 der Junker Josef von Ampfelbrunn.

Er tritt wiederholt als Mitsiegler auf: „Hans Traber, genannt Trenklin, Bürger zu

Ottenbeuren, und seine Ehefrau Elis Rizlin verkaufen an Abt Mathias um 40 Pfund

Heller ihre Hofstätte mit Garten uff dem berg….Sigler: Junker Jos. Ampfelbrunn im

Markt Ottenbeuren und Hans Graf der Ammann daselbst.“1)

Ebenso siegelt er anno 1488 bei einem Kauf der Untermühle1). Er war auch

der Mann der mit dem Abt anno 1466 in „schwere Händel und Spän“ geriet, wegen

des Dorfes Günz, das ihm gehörte2).

Im Jahre 1511 hielt sich in Ottenbeuren und Memmingen das sehr

angesehene Geschlecht der Ziffen auf1). Ihre Wohnungen waren sehr

wahrscheinlich das Ritterhaus und die Fronfeste. Letztere wurden herabgewürdigt

zum Stockhaus, zum Gefängnis und zur Folterkammer. So bleibt es bis 1803. Bis

1910 Amtsgericht und „seit unfürderlichen Zeiten Wohnung des Gerichtsdieners

zu Ottenbeuren“3).

_______________________________________________________________

1) Cronol. IV, S. 148, Klosterarchiv. 2) Feyerabend II, 797. 3) Akt Eisenfrohnfeste von 1855, Finanzamt Ottenbeuren.

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Das Kanossa Heinrich IV.

Königstreue Ritter um Ottenbeuren

Die Kemptener Chronik vom Jahre 1596 berichtet1): „Der 22. Abt Konrad

Neubronner hat 1081 einen großen Krieg gehabt mit edlen Jagdherren, nämlich

mit Gothart Aichenberger, der saß auf dem Schloß Aich (Aichhalde bei

Stefansried), der andere Felix von Stefansried auf dem Schloß zu Stefansried; der

dritt Ott von Weinburg2); der viert Diepold von der Scheer, der saß auf dem Schloß

Herzenssbrunn3); der fünft Hiltbrandt Memminger, der saß auf dem Schloß

Hundtsahor4). Sind aber die Schlösser nit weit voneinander, nit fern von

Ottenbeuren gewest in den Wäldern oder bei Hawangen, da jetzt viel Holz steht.

Da findet man noch auf den heutigen Tag die fünf Burgstaller und etlich Gemäuer

davon. Es waren aber die verstorbenen Edelleut arm Schlucker und taten dem

Gotteshaus viel Mutwillen mit Jagen und Hetzen in dem Forst, mit Holz, auch mit

den armen Leuten allenthalben auf dem Land, auch denen in dem Flecken

Kempten und Memmingen. Dieselben und andere warfen sie nieder und raubten

sie. Das mochte der Abt nicht leiden und er wurde zu rate mit seinen Leuten auf

dem Lande und mit denen im Flecken Kempten, auch mit anderen Nauchbauren

und legt sich vor die fünf Schlösser und gewann die alle fünfe in einem Jahre,

denn sie waren gut zu gewinnen. Sie waren auch baulos (baufällig), denn sie

hatten sie nicht mögen bauen vor Armut. Also zerstört der hochgenannt Herr,

mitsamt denen von Kempten, die fünf Schlösser von Grund aus und vertrieb die

Schugallen hinweg. Aber ein Teil kam vor den Kaiser Heinrich und verklagte den

Abt. Und Hiltprand Memminger unterstund sich und bekriegte den Herrn und Abt

von Kempten und verbrannte dem Gotteshaus alle Häußer, Städel und

Wohnungen bis an das Münster und geschah dem Gotteshaus großer Schaden.

An der Kindlein Tag in Weihnachten, da man zählte 1081 Jahr nach der Geb. Chr.,

begab es sich vielleicht in acht Wochen, daß der

_______________________________________________________________

1) Staatsarchive München, Lit. Nr. 2052 und Feyerabend I, 523. 2) vermutlich auf dem Theinselberg; die Burg ist nach mündlicher Überlieferung verbrannt worden 3) Hatzenbrunn südlich Guggenberg. 4) Schloß Hundsmoor im Ungerhauserwald.

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Herr Burkhart Hohendanner, Ritter und Vogt des Gotteshauses Kempten, auf der Burghalde mit den Gotteshausleuten auf obgemeldten Hiltbranden raiseten und wurde bemeldter Hiltprand selb acht in dem Dörflein Reichenbach gefangen genommen und geführt auf Hilmont. Und wurden also an dem anderen Tage geköpft in dem Aprillen auf der Schwaigwiesen uff dem Bühl.“

Wir dürfen es ihnen nicht übel nehmen. Es war eine schwere Zeit. Ursache des „großen Krieges“ waren kaum etliche verübte Überfälle, sondern ihre politische Einstellung und Königstreue. Sie haben nicht geraubt um der Beute willen; sie haben zugeschlagen für ihren König. Ja, das Kanossa Heinrichs IV. und der Kampf um die Macht und um das deutsche Recht zwischen König und Papst war in den kleinsten Winkeln des Reiches zu spüren.

Es standen auf Seite des Papstes seit dem 15. März 1077 der von dieser Partei ausgerufene Gegenkönig Rudolf (Herzog von Schwaben) mit den mächtigen frommen Welfen, die Klöster Kempten, Ottenbeuren, Füßen u. a. Dagegen blieben königstreu die Bischöfe von Konstanz und Augsburg und es scheint auch die oben erwähnten Ritter. So verstehen wir ihre Angriffe auf die benachbarten Klöster, sowie die welfische Stadt Memmingen als eine gerechte Sache. Allerdings mußten sie in ihrem Kampfe gegen die Mächtigeren erliegen, waren doch die Freunde zu weit entfernt, um Hilfe bringen zu können.-

Das ganze Schwabenland wurde mit Krieg überzogen. Anno1078 zerstörte Heinrich der IV. die welfischen Besitzungen in Schwaben. Seit 1077 tobt der Kampf. Seit 1077 stehen sich in Augsburg 2 Bischöfe gegenüber, ein kaiserlicher und ein päpstlicher. Im Reiche sind zwei Könige, in Schwaben zwei Herzöge, in Konstanz zwei Bischöfe. 1079 setzt Heinrich seinen Gegenkönig ab und ernennt Friedrich von Staufen zum Schwabenherzog. Nun zog einer gegen den anderen. „Mord und Brand erfüllte jetzt noch mehr als 1077 das unglückliche Land. Am fruchtbarsten waren die Jahre1082 bis 1084. Das einst blühende Schwabenländle war zu einer Wüste geworden. Brand, Raub und Mord waren an der Tagesordnung. Hunger und Seuchen die natürlichen Folgen. So selten wurden die Zugtiere, daß die Menschen sich selbst vor den Pflug spannen mußten. Erst das Jahr 1095 brachte die ersehnte Ruhe. Heinrich IV. hat sich mit den Welfen versöhnt.“ Aber nicht lange währte der Frieden. Die einstigen Freunde kamen sich selbst in die Haare. Anno 1129 zog Herzog Friedrich von Schwaben gegen die zahlreichen welfischen Besitzungen in Oberschwaben und verbrannte während

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dieses Feldzuges außer anderen Ortschaften auch das aufstrebende Memmingen. Damals fielen der Kriegsfackel zum Opfer die Burgen Wolfertschwenden, Ittelsburg, Grönenbach, Vossarts, Memmingen u.a. Den größten Profit aus diesen Wirren schöpften die Klöster. Die Ritter sind verarmt und waren genötigt ihre Besitzungen zu verpfänden oder zu verkaufen. So haben sie sich selbst zu klösterlichen Dienstmannen erniedrigt. Andere dagegen zogen es vor, mit ins „gelobte Land“ zu ziehen, um dort ihr armes Leben auszuhauchen für eine heimatfremde Weltanschauung.

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Das Reich ohne Macht / Mächte ohne Reich

Der Niedergang des Reiches und seiner mächtigen Welfen bedeutet den Aufstieg anderer weltlicher und geistlicher Großer. Beinahe drohte das Reich ein Kirchenstaat zu werden. Ungeahnter Reichtum haben sich die Klöster und Bischöfe auf Kosten des Reiches angesammelt. Sie taten groß mit ihrem Recht und ihrer Macht und handelten doch so klein: nur ja keinen Starken! war ihr Losungswort bei der Königswahl. Der anständige Ritter wurde zum Taschenklopfer und Heckenräuber und verbreitete den Schrecken im Lande. Es kam der böse Verriss in Schwung: „Rauben und Reiten ist keine Schande, das tun die Welfen im Lande.“ Die Städte machten sich frei. Niemand wollte mehr gehorchen. Schrecklich ist sie gewesen, die kaiserlose, die führerlose Zeit im deutschen Lande! Für die Geldsackpolitiker und auch für unser Kloster war sie das goldene Mittelalter.

Der Klostervogt. Die weltlichen Interessen des Klosters vertrat ein von diesem erwählter Schutz= und Schirmherr. Hauptaufgabe war, das Kloster vor Zugriffen aller Art zu schützen und zu schirmen. Ihm unterstehen die klösterlichen Dienstmannen, falls kriegerischer Auseinandersetzungen kommen sollten. Der Vogt vertritt auch das Kloster vor allen weltlichen Gerichten und sorgt dafür, daß von niemanden das klösterliche Eigentum geschmälert wird. Zugleich ist er auch oberster Richter aller Klosteruntertanen. Für seine Tätigkeit gibt ihm der Abt eine jährliche Geldentschädigung und etliche Güter zu Lehen. Außerdem durfte er ein Drittel der verhängten Strafgelder für sich behalten. Das war im ganzen kein schlechtes Einkommen so trug z.B. die Vogtei über das Kloster Ottenbeuren anno 1410 dem Bischof von Augsburg jährlich: 100 Pfund Heller Memminger Währung Mitte Mai; auf Martini ebenfalls 100 Pfund Heller; ferner 100 Malter Korn und zwar 60 Malter Roggen, zwölf Malta Kern, 28 Malta Haber1).

Um diese hoher Auslage decken zu können, führte der Abt die Vogtsteuer ein. Für den Flecken Ottenbeuren betrug diese jährlich sechs Pfund Silber. Im Gäu bezog der Vogt von jeder Hube 1 Malter Besen und Roggen und 1 Lamm; im Thann2) aber 1 Malter Haber oder 1 Lamm. Anstatt des Lammes konnte ein Bauer auch 18 Pfennige bezahlen3). _______________________________________________________________

1) Monumenta Boica S. 202.. 2) Südliches Waldgebiet 3) Baumann I, 313..

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Es ist nicht selten vorgekommen, dass die aufgestellten Vögte dem Abt über den Kopf gewachsen und ihm zu Schaden geworden sind. Letzterer hat sich deswegen 1137 bei Kaiser Lothar II. bemüht, die Rechte des Vogtes das genau zu umschreiben und bestätigen zu lassen. Demnach musste der Schirmvogt dem Abte einen dreifachen Eid schwören, dass er nach allen seinen Kräften und Einsichten für die Leute und das Eigentum des Klosters ein gerechter und nützlicher Schirmvogt sein wolle; dass er von allem, was er bei gerichtlichen Entscheidungen an Straf=und Frevelgeldern ein zieht, ein Drittel für sich behalten, die zwei anderen Drittel aber dem Abt aus liefere und ohne dessen Erlaubnis sich seinen anderen Schutzvogt (unter Vogt) oder Geld ein Treiber Gestelle; dass er von seinem Bauhofe und weder von den Gutbeständern noch von den Ökonomieverwaltern einige Privatschenkung annehme oder fordere; auch soll er nirgends mit längerem Aufenthalte oder mehreren Nachtquartieren beschwerlich fallen. An jeder Malstätte¹) aber, welche der Abt zu der Rechtspflege bestimmen wird, soll sich der Schirmvogt mit 12 Pferden und ebensovielen Männern jährlich nur einmal einfinden, es wäre denn, dass er notwendigkeitshalber von dem Abte öfters berufen würde; alsdann soll er nach Beschaffenheit des Ortes von dem Abte ehrenvoll aufgenommen und verpflegt werden. In dem unten gelegenen Orte²) des Klosters soll er ohne Bewilligung und Ansuchen des Abtes seine Malstatt errichten. Von dem Militärstande³) soll er seinen ohne vorhergehende rechtliche Beratung mit seinen Waffenbrüdern verurteilen, misshandeln oder beleidigen. Diese Militaristen oder Ministerialen (z. B. Arnis) sollen alle die vorzüglichsten Rechte genießen, wie die Fuldischen und Reichenauischen. Weiter soll er ohne Bewilligung des Abtes seinen Hausdiener 4) zu Gericht oder zum Schadenersatz zwingen. Macht er sich aber eines Vergehens, so man Balmunt5) nennet, gegen die Leute oder gegen das Eigentum schuldig, so soll er sogleich und ohne alle Zögerung und ohne weiteres Nachsuchen der Advokatie und aller daraus entstehenden Nutzbarkeiten verlustig werden6)." ______________________________________________________________ ¹) D. i. Gerichtsstätte. ²) Der Markt hatte ein eigenes Gericht; ebenso die ansässigen Adeligen. ³) Dienstmannen oder Ritter. 4) Die sogenannten Hofbeamten. 5) Treulosigkeit. 6) Feyerabend I, 139.

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Verzeichnis der ottenbeurischen Schutzherren und Schutzvögte. 769-814 Karl der Franke 814-840 Ludwig der Fromme 840-855 Lothar I. 855-875 Ludwig II. 875-877 Karl der Kahle; Sch. V. Remhoc 877-879 Ludwig III. 879-888 Karl der Dicke 888-899 Ludwig IV. 911-918 Konrad I. 918-936 Heinrich I. (Sachse) 936-973 Otto der Große 973-983 Otto II. 983-1002 Otto III. 1002 Albrecht ein Edler von Ursin 1032 Reinhard von Ursin 1092 Rupert von Ursin XII. Jahrhundert; Rupert von Ursin Wernher, Graf von Schwabegg Gottfried, Markgraf von Ronsberg Heinrich, Markgraf von Ronsberg XIII. Jahrhundert; Berthold, Markgraf von Ronsberg Gottfied, Graf von Markstetten Friedrich II. Kaiser Heinrich, dessen Sohn Friedrich II. (2 mal) Konradin Rudolf I. Kaiser Adolph Kaiser Heinrich VII. Kaiser XIV. Jahrhundert (Pfandschutzvögte): Berthold, Graf von Reussen Berthold, Graf von Graisbach (Urkunde) Swigger von Gundelfingen Vier Bürger von Ulm Burkhart von Ellerbach 1366-1711 Bischöfe von Augsburg 1). Wie man sich seinerzeit um die Vogtei gerissen hat, wie man mit ihr umgegangen und geschachert hat, zeigen nachstehende Urkunden aus der Monumenta Boica: _______________________________________________________________ 1) Vgl. Feyerabend I, 83 auch II, 844 84

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1) anno 1309 am 18. Januar. Radelspurch: Wir Berthold ze Gransbach und Marstetten, genannt von Reyssen, Hauptmann im Oberen Beyern… tun kunt mit diesem Brief … daß wir unserem lieben Oheim Swiggern von Gundelfingen gegeben und gemacht haben und geben ihm nach Unserem Tode Tausend Mark Silber Konstanzer Währung und an denselben Tausend Mark Solber geben und machen im unser Vogten ze Ottenbeuren für 600 Mark Silber …. Wie Wir sie von unserem gnd. Herren Kaiser Ludwigen und dem Reich gehabt haben … Radelspurch am Samstag vor Sebastiani 1309.

2) Anno 1331 am 3. Dezember zu Franchenfort: Kaiser Ludwig setzt den Grafen Berthold zu Graispach für 400 Mark Solber, die er demselben schuldig ist, die Vogtei zu Ottenbouren zum Pfande.

3) Anno 1335 am 20 Juli zu Augsburg: Kaiser Ludwig weist dem Grafen Berthold zu Graispach die diesem neuerdings schuldig gewordene 200 Mark Silber auf der demselben schon vorher um 400 Mark versetzten Vogtei zu Ottenbeuren an.

4) Anno 1336 17. März: Berthold Graf zu Graispach vermacht seinem Schwestersohn Swigger von Gundelfingen die ihm vom Reiche versetzte Vogtei zu Ottenbeuren.

5) Anno 1349 am 7. April zu Speyer: König Karl versetzt Burkharten von Ellerbach für seine Schuld von 300 Mark Silber die Reichsvogtei auf dem Kloster zu Ottenbeuren.

6) Anno 1349 am 11. September: Der Abt Heinrich und der Convent zu Ottenbeuren bekennen, daß der Ritter Sigger von Gundelfingen mit ihrer Einwilligung die Vogtei über ihr Kloster versetzt habe an den ehrbaren Lutz Kraft, Burgermeister, Peter Stroelin, Heinrich dem Roten, Otten dem Besserer und seinem Sohn Heinrich dem Besserer und ihren Erben, alle von Ulm (vgl. S. 84!). Die eben erwähnten Ulmer versetzen die Vogtei weiter an Bischof Marquard, 1356.

7) Anno 1359 am 3. Mai: Swigger von Gundelfingen, der das Wiederkaufsrecht der Vogtei innehatte, verkauft für ewig die Vogtei an vorhin erwähnten Bischof um 3000 Pfund Heller.

Das Vogteigericht.

„Die Vogtei im Orte Ottenbeuren und im ganzen westlich= staufischen

Gebiete war Ende des 13. Jahrhunderts auch mit der hohen Gerichtsbarkeit

ausgestattet. Ihrem Gerichte unter=

_________________________________________________________________

1) Seite 344. 2) 11 X. 3)54 LIII. 4) 58 LVIII. 5)152f. 6) 157 CLIX. 7) 263.

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standen alle nicht ausdrücklich dem Grafenamte vorbehaltenen Fälle. Den Bann mussten die fügte aber vom König zu Lehen nehmen 1).“ Unter die hohe Gerichtsbarkeit fehlen alle schweren Vergehen wie Diebstahl, Einbruch, Raub, Kirchenraub, Mord, Ehebruch, und Unzucht, Landesverrat u.a., kurzweg alle, die mit dem Tode bestraft werden konnten. Über das Blut zu richten hatten bisher nur die Mächtigsten im Lande mit königlicher Erlaubnis die Macht und Gewalt. Dasselbe Recht erhielt also auch der ottenbeurische Vogt über alle Klosteruntertanen und später auch über die freien Männer, die ursprünglich dem Grafengericht2). Untersttanden. Frei und unabhängig vom Kloster war 16. Jahrhundert wohl kein Bürger mehr. „In Ottenbeuren hatte der Vogt jährlich ein echtes Thing abzuhalten 3).“ Im Markte durfte er seine Malstätte errichten. Weshalb das? Das könnte Anlass zu Unstimmigkeiten geben, denn unten richten der Fronhofmeier und der Ammann. Die Adeligen haben ihr eigenes Gericht. Die Richtstätte des Klostervogtes ist nicht genau bekannt. Nur die an Deutung „der Greuzgang zu dem gewölbten Gericht ist noch unerbauwen gewest4)“ und die immer wiederkehrende Bemerkung in alten Urkunden5) „die St. Nikolauskapell auf dem Gewölb“ einen Anhaltspunkt. Demnach wäre die Malstätte im Paradys6) um die Nikolauskapelle gewesen. Der Conventfriedhof war mit einer Mauer umgeben. Das Gewölbe eines Kellers, einer Gruft oder eines Beinhauses war direkt unter der Kapelle.

Später war der Ort der Verhandlungen die Mohrenwirtschaft. Das bezeugt

eine Urkunde vom Jahre 1489 (München), nach der im Wirtshause des ‚Jerg Haltenberger ein Urteilsspruch gefällt wurde. Jedenfalls ist das so seit 1359, als die Vogtei auf den Bischof von Augsburg überging. Richter war von jetzt ab der Prälat. Er bestellte einen ortsansässigen Vogt oder Sekretär. „Am 10. April 1540 hat Johann Kötterlin, Sekretär zu Ottenbeuren, als Bevollmächtigter des Abtes Leonard und der Gemeinde Beningen Berufung zum kaiserlichen Kammergericht gegen das Urteil des kaiserlichen Landgerichtes ‚Isny in der Streitsache gegen Jakob Knopf, Bürger zu Memmingen, eingelegt. Geschehen im Wirtshaus des Hans Colin im Markt zu Ottenbeuren7).“ _________________________________________________________________

1) Baumann I, 312. 2) Im Spätmittelalter Schwäbische Landvogtei. 3) Baumann I ,329.. 4) Cronol. IV, S. 376 5) Siehe S. 117! 6) Ist der Konventfriedhof, jetz Ölberg. 7) Urkunden Nr. 1216a und 1237;

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Im Mohrenwirtskeller sind bis auf den heutigen Tag zwei Gefängniszellen samt einer seltsamen, rechtwinkligen Lichtschleuse erhalten. Sogar die Mauerringe kann man noch sehen. Das eigentliche Vogteigericht setzte sich anfänglich aus dem Schirmvogt und den Ministerialen zusammen. Unter der bischöflichen Vogtei nannte man es Fleckengericht. Richtiger wäre Kloster= oder Landschaftsgericht gewesen. Dazu war 1557 vom Abte berufen: der ottenbeuerische Gerichtsamtmann Peter Tieffelin, der ottenbeuerische Untervogt Michael und der Amtmann von Hawangen, Alexander Wiedemann. Im gleichen Jahre haben die Genannten den Riedmüller von Beningen wegen Vernachlässigung seiner Lehenspflichten verurteilt zur Aufgabe seiner Mühle. Da er den Spruch des Fleckengerichts nicht annahm, wurde er an das kaiserliche Reichskammergericht nach Speyer verwiesen, welches aber seine Klage abwies1). Vor das Fleckengericht kamen 1484 auch Hans Bock, genannt Pfister, von Ottenbeuren und seiner Hausfrau Elis Tauerin wegen Abgabe mit Ulrich Widemann2). Aber auch das Rathaus war Verhandlungsort des Fleckengerichts. So wird in einer Urkunde vom 7. Juli 1537 das Rathaus in Ottenbeuren erwähnt, indem der Gerichtsammann Hans Forster von Böhen und des Gotteshauses Lehenrichter nach Abhaltung eines Frühverrentung Gerichtstages einen Rechtsspruch fällten. - Nach dem Neubau des heutigen Klosters kam der Gerichtssaal die neuen Gebäude. Nachdem der Abt die weltlichen Vögte abgeschüttelt hatte, kam er nicht mehr in die Dörfer hinaus, um ihren herkömmlichen Niedergerichten beizuwohnen. Bei den jährlich festgesetzten Dorfgerichtstagen wurden nur noch die Verordnungen, die neuen Bestimmungen, die Dorf= und Feuerordnung verlesen. Alle Streitfragen wurden in wöchentlichen Amtstagen behandelt. Der Kläger hatte mit dem Ammann oder seinem Hauptmann zu erscheinen und musste durch dessen Mund die Klage zu Protokoll geben. Von diesen Amtstagen stammen Dutzende von dicken Bänden, betitelt: Verhörsprotokolle des freien Reichsstiftes Ottenbeuren. Wenn man darin blättert und liest, merkt man gleich, daß die Richter wenig Nachsicht kannten. Wegen nächtlichen Singens 1 fl Strafe. Die Anmüllerin, eine kemptische Untertanin, hat sich unterstanden, mit einer Axt ottenbeurische Deichelröhren zu zertrümmern. “Es ist drum diese grimme _________________________________________________________________

1) Urkunde Nr. eins zu 1216; 2) Urkunde Nr. 422; 4) Urkunde Nr. 1174, alle im Staatsarchiv München.

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Xantippe eingefangen und öffentlich in die Halsgeige geschlagen worden." Die Folge waren Streitigkeiten und beinahe Krieg mit dem Fürstabt in Kempten. Zankende Marktweiber kamen ebenfalls in die Halsgeige. Wer es mit Maß und Gewicht nicht genau nahm, hatte “am Pranger" ¹) Gelegenheit, über die Ehrlichkeit nachzudenken. Für den Spott sorgten die Buben. Eine große Schande bedeutete für die Männer die öffentliche Auspeitschung und für die Frauen das Tragen des Lastersteins. Ehebrecher standen oft tagelang am Pranger, bezahlten hohe Geldstrafen, machten als Büßer eine Wallfahrt mit “Erbis” in den Schuhen auf den Heiligen Berg (Andechs). Vom dortigen Abt brachten sie dann eine Bescheinigung, daß ihre Seele gereinigt und die oft zentnerschwere Wachskerze in Empfang genommen wurde. Wer nach Andechs kommt, dann solche Büßerkerzen in der Schatzkammer heute noch sehen. Nun kam erst dazu die Kirchenstrafe: monatelanges anstehen vor der Kirchentüre mit einem Rupfumhang u.a. Wehe dem, der in die Folterkammer mußte! Da gab es Daumenschrauben, Ruten, Ketten, glühende Zangen. Mit Zwicken und Zwacken wurden die Geständnisse erpresst. Zu den gnädigen Urteilen zählten dann Ohren= und Nasenabschneiden, Einbrennenen von Stirnmalen, Abschlagen der Hand, Ausweisung. “Abt Johannes von Altmannshofen zu Ottenbeuren war ein eifriger Liebhaber der Gerechtigkeit und scharfer Bestrafer von Lastern. Er erwies dies gleich anfänglich, indem er die Verleumdungen mit monatlicher Verbannung, Geldbußen und dem sogenannten Lasterstein ernstlich strafte. In der Mitte des 14. Jahrhunderts waren unter dem gemeinen Volke die Raufereien, Verunglimpfungen, Schimpfworte und Verleumdungen an der Tagesordnung. Als Feind eines so Ohren, um geselligen Benehmens setzte sich Abt Johann dem Unfuge standhaft entgegen, beriet sich mit seinen Räten und mit den vorzüglichsten Bürgern des hiesigen Marktortes und stellte wieder jene Unsittlichkeit folgendes Strafgesetz auf: wer immer den anderen beleidigte, beschimpfte oder verleumdete und mit Beweisen wieder seinen Gegner nicht aufkäm, der würde mit einem Strafgeld von zehn Pfund Heller belegt, welches der Herr Abt und die Richter bezogen. Ferner musste er auch auf einen Monat das Gebiet räumen und sich eidlich verpflichten, während der Strafzeit dasselbe nicht zu betreten. Schlich er sich während der Zwischenzeit in das ottenbeurer Herrschaftsgebiet ein, so verlängerte man die Strafe der Verweisung auf einen weiteren Monat. Zeigte sich der _________________________________________________________________

1) Pranger am Platz, Urkunde 834, Staatsarchiv München

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Sträfling widerspenstig und ungehorsam, so war er aller Ehre verlustig und infam oder ehrlos erklärt. Dieses Strafgesetz erstreckte sich auch ohne Milderung auf das weibliche Geschlecht, welchem ohnmächtigen die Verleumdungen und Schimpfworte geläufiger und freier vom Munde gehen; dort trat hierbei noch die besondere Verfügung ein: fand sich die Verleumderin außerstande, das auferlegte Straf Geld zu zahlen, so hängte man ihr zur Strafe und Schande einen sehr schweren Stein (Lasterstein) an den Hals. Diese musste sie an einem Sonn= oder Feiertag zuerst um die Kirche und nochmals in Anwesenheit des versammelten Volkes durch die Kirche bis zum Opferaltare tragen, wo sie sich desselben entledigen durfte."¹) Deswegen kam er in die Hände mit seinen Untertanen und den Herrn von Lannenberg2). Abt Johann lebte um 1353. Sehr streng wurde der Umgang mit Juden geahndet. Wer ihnen etwas verkaufter oder verpfändete, wurde ausgewiesen, obwohl König Karl 1350 zum höheren Berg dem Bischof Marquard zu Augsburg erlaubte, Juden zu heimen, sie aufzunehmen und zu schirmen3). Ins Gefängnis gesetzt und außer Landes gewiesen wurden wegen verbotswidrigem Verpfänden an Juden 1549 der Bauer Vochetzer von Hawangen und der Untermüller von Ottenbeuren4). So üble Erfahrungen hat man damals schon mit diesen Palästinern gemacht, daß man sogar in die Flecken= und Dorfordnungen einen Judenartikel aufnehmen mußte, um die Bevölkerung vor ihren Würgegriffen zu schützen (s. S. 103). Drückender als die Teuerung war für die Ottenbeurer Untertanen der Judenwucher. Obwohl die Juden von der Ausgburgischen Reichspolizeiordnung 1551 genaue Kenntnis durch öffentliche Verkündigung hatten, erlaubten sie sich im hiesigen Marktorte, wie auch in der Umgebung zu wuchern. Trotz Verbot der Herrschaft schlossen sie mit Bürgern, Handwerkern und Bauern Verträge und gaben Geld gegen Verpfändung. Es geschah nicht selten, dass die Juden ihre Schuldner mit allem Ungestüm von einem Gericht zum anderen zogen und zuletzt die Familien von Haus und Hof vertrieben, wenn sie ihren Zahlungstermin nicht einhalten konnten. Gegen dieses Übel suchte der Abt von Ottenbeuren bei dem Kaiser Hilfe, die er auch schleunigst erhielt. Maximilian II. erklärte nicht nur alle solche Verträge für null und ungültig, auch wenn sie eidlich beschworen waren, sondern erkannte auch das Hauptgut für verwirkt und samt den Schulden ver= ________________________________________________________________

1) Feyerabend II, 503. 2) Tausendjahresfestschrift S. 45. 3) Monumenta Bioca S. 171 CLXX. 4) Urkunde 3206, Staatsarchiv München.

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fallen. Dazu belegte er dieselben noch mit einer Strafe von 10 Mark lötigen Goldes. Gegeben in der Stadt Wien am 4. September 1571. So wurde dem verderblichen Judenwucher gesteuert. (Vgl. Judenartikel in der Marktordnung und Feyerabend III, 230!) Da gibt es in unserer schwäbischen Sprache das Sprichwort: “Die kleinen Lumpen hängt man, die großen läßt man laufen!" Diese Tatsache stammt aus dem Mittelalter. Wir werden daran erinnert durch das schöne Sühnekreuz in der Bahnhofstraße bei Haus 85. Es ist schöner gearbeitet wie jenes oberhalb des Fröhlinshofes. Die Bezeichnung Schwedenkreuz ist falsch. Die Schweden haben ihren Opfern keine teuren Steinkreuze gesetzt. Sie stammen auch nicht aus der Pestzeit. In Ottenbeuren ist der Pestfriedhof außerhalb der alten Kirchhofmauer an Stelle der heutigen Hirschbrauerei gewesen. Die Toten wurden in Kalk gebettet. Unser Steinkreuz stammt aus dem Mittelalter. Ein reicher Mörder hatte es zur Sühne dem Erschlagenen zu setzen. In der Gerichtsverhandlung wurde die Größe genau vorgeschrieben. Unter dem Kreuz hat man Mörderwaffe vergraben oder im Stein abgebildet. Das zeigt die rechteckige Vertiefung. Der arme Mann hätte am Galgen geendet. Alle die Verbrecher einzufangen und dem Gericht zu überstellen, war Aufgabe des Gerichtsdieners und des Büttelamtes. In schwierigen Fällen standen die herrschaftlichen Jäger und wohl auch der Marktbüttel, sowie etliche Bluthunde zur Verfügung. Ja, der herrschaftliche Büttel war ein angesehener, gefürchteter Mann und in seiner Stellung höher als der gemeindliche Gerichtsdiener. Er war Hofbeamter. 90

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Mit dem Richten der Gefangenen aber wollte er nichts zu tun haben. Die Folterkammer ist ihm scheints auf die Nerven gegangen. „Rewers des Heinrich Wolff für Abt Math. Zu Ottenbeuren um das Büttelamt vom 23. V- 1504: Mit dem Richten von Gefangenen soll er aus Gnaden nichts zu tun haben. Stellvertretung ist gestattet. Der Büttel erhält das Gant=, Pfand= und Fürbittgeld. Für das Anwanden (Anschlagen) am Gerichtshaus zu Ottenbeuren 2 fl rheinische und seinen Holzbedarf, ferner 3 Malter Korn.”1)

Wenig beliebt war der Scharfrichter. Er roch verdammt nach Menschenblut und niemand hatte Lust, sich mit ihm in einer Unterhaltung einzulassen. Wer ihn sah, dachte an Daumenschrauben, an blutfarbene Peitschen, an scharfem Messer, an Männer ohne Nasen und Ohren. Ja so ein Scharfrichter hatte es nicht leicht. Niemand wollte sein Nachbar sein, niemand war sein Freund, jeder ging, wenn er kam. Man gab ihm deswegen oft die gefürchtete Hausnummer 13 und suchte für ihn ein einsames Haus. Das ist bei uns der so genannte Abdecker2) aber das Meisterhaus Nr. 214, im Besitze des ehemaligen Scharfrichtergeschlechtes Tränkle, Schmied, jetzt Vollmar. Der letzte Ottenbeurer Scharfrichter hieß Johann Schmied. Er starb im 77. Lebensjahr am 27. April 1812. Um 1618 war es Christian Wiedemann. Sein gutes Geschäft begann, wenn der Urteilsspruch lautete: „Es soll in der Nachrichter zu seinen Handen nehmen, ihn hinausführen und richten, daß werde zwischen dem Haupt und Rumpf eine Straß!" Für die Hinrichtung mit dem Schwert (1 Streich) und das nachherige Vergraben bekam er 4 Gulden; fürs Hinausführen 1 fl, Grabmachen 1 fl, für Schaufel und Pickel 1 fl, 4 Maß Wein, ein großes Faß Bier nebst Krug, Glas und Stuhl. Mußte er eine lebende oder schon vorher mit dem Schwerte hingerichtete Person verbrennen, gebührt ihm für den Rost zu machen 4 fl.

Der Holzstoß mißt 5 Klafter Holz, 50 Schaub Stroh, 10 Pfund Pech dazu

erhält der Scharfrichter weiter Schaufel, Nägel, Hauen, Pickel, Schubkarren und was er sonst noch braucht.

Wird er aber wegen eines Übeltäters in das Rathaus berufen, 30 Kreuzer; für Anwendung der strengen Frage (Folter) 45 Kreuzer. Für Ausstellung einer Person an den Pranger auf dem Marktplatze, die Rute in die Hand geben und Lasterstein auflegen 4 fl.3) ________________________________________________________________

1) Orginal=Urkunde 690 mit beschädigtem Siegel, Staatsarchiv München. 2) Wafenmeisterei, gelegen am Schinder= oder Meisterbächlein. 3) Ottenbeurer Heimatblätter 1934, Nr. 5

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Eine seltsame Hinrichtung fand unter Abt Rupert 1). Der Malefikant ward hinausgeführt an den Galgen. Der Nachrichter legte ihm den Strick an und wollte ihn eben von der Leiter stoßen, als der abtliche Diener rief: „Halt ein! Der Herr hat ihn begnadigt! "Das hat dem Malefikanten viel Nerven gekostet und die Neugierigen sind um eine Sensation gekommen. Und der Scharfrichter? Das letzte ottenbeurische Todesurteil wurde gefällt am 24. Oktober 1800. Man hat damals ein gedrucktes Extrablatt herausgegeben. Zuoberst ist ein Totenkopf. Auf dessen Glatze ein Kreuz. Im ersten Teil wird die Geschichte erzählt, wie folgt: "am 10. Juli dieses Jahres geschah es, dass der hiesige herrschaftliche Jäger zu Wolfertschwenden, Josef Feuerabend, mit Kasper Holzheu von Dietramsried in dem Wirtshause zu Niederdorf zusammen traf und beide an einem Tisch zu sitzen kamen, endlich aber in einen Wortwechsel gerieten, welcher damit endigte, dass der Jäger Feuerabend ohne etwas weiteres zu sagen, vom Tische aufstand, sein Gewehr, so an der Ofensäule gehangen, zur Hand nahm und schnell auf den Kasper Holzheu abdrückte, der sogleich hinsank und keine Minute mehr lebte…. Es war ihm Lunge und Herz durchschossen." Urteil:“Daß Inquisit Joseph Feuerabend wegen seiner begangenen und einbekannten Mißhandlung dem Scharrichter an seine Hand und Band gelieferet, von demselben zur gewöhnlichen Richtstatt geführet und allda ihm selbst zur wohlverdienten Strafe, anderen aber zu einem abscheulichen Beispiel, mit dem Schwert vom Leben zum Tod gerichtet werden, auch alle auf diese Inquisition ergangene Kosten zu tragen schuldig und verbunden seyn: jedoch dessen entseelter Laichnam aus besonderer Gnade auf einem geweichten Ort beyzusetzen gestattet werden solle. B.R.W.“ Anmerkung mit Tinte: „Ist durch den gnädigen Herrn Honorat auf Fürwort des französischen Generals Laval vor dem Kopfhaus begnadigt worden2).“ Im Volksmund wird erzählt, französische Soldaten, die den Spitalberg heraufgeritten kamen, sahen, daß eine Hinrichtung stattfinde. Sie sprengten quer über die Krautgärten und Wiesen dem Hochgerichte zu und befreiten gewaltsam den zum Tode Verurteilten. Eben sollte er vor dem Kopfhaus enthauptet werden. Das Kopfhaus stand auf Plan Nr. 445 – 1618 und 389½. Im

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1) Tagebuch, Klosterarchiv. 2) Todesurteil mit Stab, Museum Ottenbeuren.

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Leerhause 16½ wohnte der Galgenbalthes auf Pl. Nr. 333. Der Galgen selbst stand auf Pl. Nr.1569 "der Galgenplatz im Ulrichsried"1). Im Zusammenhang mit dem Hochgericht seien noch folgende Flurnamen erwähnt: Pl. Nr. 463 beim Galgen, 437 Krautgärten beim Galgen, 1570 beim Galgen, 1617 unterm Galgen, 1250 und 1245 Gerichtsschreibererget, 1821 beim Lausbaum, 519 beim Meister, 339 die Fronfeste (Haus Nr. 20), 515 Meistergarten hinterm kalten Brunnen, 521 Meistermahd hinterm Meister2).

Im Jahre 1813 wurde das Hochgericht versteigert und abgebrochen. Es hatte folgende Einrichtung: "auf einem breiten, runden, 8 Fuß hoch gemauertem Podium standen im Dreieck drei starke, 12 Fuß hohe gemauerte Pfeiler, welche oben durch eichene Arme verbunden waren. An diesen Balken wurden die Verurteilten gehängt. Ihre Leichen blieben oft so lange hängen, bis sie selbst stückweise abfielen. Ganz nahe an diesem Galgen war das Kopfhaus (mit Vorrichtungen zur Enthauptung). In der Mitte eines runden, aufgeworfenen 7 Fuß hohem Erdhügels stand ein gemauertes Häuschen, das nur ein einziges kleines Gemach hatte, um dem armen Sünder unmittelbar vor der Hinrichtung Beichte hören zu können. Alles dieses wurde abgebrochen und ein die ebnet, so dass man heute nicht einmal mehr genau den Platz kennt, wo das Hochgericht gestanden ist (s. Plan!). Vor einigen Jahren fanden Klosterbrüder war er da beiden auf dem "Galgenberg" ein Gerüst samt Gockel (Museum), die vermutlichen Überreste des Galgens³)."

So also hatte der Prälat Jahrhunderte lang Tausende von Männern und Frauen des Deutschen Reiches in seiner Gewalt. Den Bürgern von Ottenbeuren hat das nie recht gefallen. Früher standen sie unter dem Grafengericht. Die Niedergerichtsbarkeit war ihnen geblieben. Dies zu erhalten kostete sie manche Spän mit den Prälaten. Aber sie haben ihr Marktgericht durchgesetzt und mit dem Abt folgende Übereinkunft getroffen:

"Vertrag zwischen dem Gotteshaus und Flecken Ottenbeyren4). Paulus Kutt, Prior, und Konrad Werenwag, daselbst Vogt, Herr Johann Ziff, Pfarrer im Flecken, Herr Kaspar Teuffelin, Pfarrer in Engetried, Josef Hiltebrand, Ammann in Ottenbeyren, und Michael Küfel daselbst, habe mit dem hochw. Fürsten und Herrn Wilhelm von Lustenau ________________________________________________________________

1) und 2) Steuerkataster der Gemeine Ottenbeuren. Finanzamt Ottenbeuren. 3) Heimatblätter Ottenbeuren 1934, 5. 4) Chronol. IV, 99, Klosterarchiv

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Und dem Konvent in nachfolgenden Artikeln, derrowegen es mit der Gemeinde große Späh und Mißhellung gegeben, verglichen. 1. Bei der Wahl eines Gerichtsamtmannes soll der Prälat 2 eingesessene Bürger oder Männer im Flecken erkiesen, der Gemeinde vorstellen, damit sie einen aus ihnen wählen und dem Abt dann präsentieren. Der Abt soll ihm dann den kaiserlichen Bann und alle Gerichtsgewalt übergeben. Dagegen soll der Ammann dem Abt beim Eid geloben, dem Gotteshaus und dem Flecken samt der Gemeind ein treuer, nützlicher Richter und Gewähr zu sein.

2. Alle Jahr im Frühling soll oder mag der Herr Abt zwei Vierer bestimmen und der Ammann und Richter auch 2 Vierer aus dem Gericht. Dieser Ammann und die Vierer sollen wiederum wählen 8 ehrbare Männer zu Richtern. Die sollen auch vereidigt werden.

3. Alle und jeder ottenbeurische Untertan oder Bürger sollen dem Gotteshaus jährlich 3 Dienst (Fron) schuldig sein.

4. Die Bürger mögen fischen in der Günz von der unteren Mühle unterhalb

bis an die Heiligenbaindt. Und von einer Mühle bis zu der anderen im Flecken und für oberhalb der Obermühle bis an die Wasserbaindt; jedoch nur mit bloßen Händen und Bähren sonst nicht weiter. Ferner auch im Laimbächlein, auch nur mit Händen ohne alle Instrumente. Was davon ein jeder fangt, soll er nicht verkaufen, sondern selbst essen und behalten. Welche dagegen handeln, sollen allezeit einem Prälaten 1 Pfd. Pfennig zur Pein und Straf verfallen sein. Alle anderen Wasser sollen dem Gotteshaus mit allen Rechten und Freiheiten ungehindert gehören. Es mag darin als so jeder vom Gotteshaus und dem Hofgesind darin ungehindert mit allerlei Instrumenten fischen.

5. Wann ein Bürger im Zorn Frevel begeht und ihm eine pfändbare Schuld nachgewiesen wurde, soll ihn der Prälat oder seine Amtsleut nicht anders als mit Recht suchen und ihn fürnehmen. Welche aber sich sonst nicht botmäßig und gefährlich verhielten, die sollen und mögen vom Prälaten nach Gnade oder Ungnade ihrem Verbrechen nach gestraft werden.

6. Wann ein Bürger Bauholz braucht, soll er zuvor beim Abt darum bitten und um Erlaubnis anhalten. Erst nach der Bewilligung soll er es abgeschlagen; dann soll er auch von der "Stammüth" befreit sein. Ferner dürfen alle Einwohner und Bürger in ungebannten Hölzern Brenn= und Zaunholz hauen und brauchen, was sie zu ihrem Bedarf benötigen. Doch darf keiner davon etwas verkaufen, verschenken oder

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Einem anderen unbefugten etwas hingeben, bei 2 Pfund Heller Strafe. 7. keine Mannen oder weibliche sollen im Flecken zu Bürger

aufgenommen wäre denn ohne Bewilligung des Prälaten, des Ammann und der Vierer. Sooft aber einer herein kommt, soll er gleich um solches Bürgerrecht anhalten und dafür 1 Armbrust und 2 Pfund Heller in Memminger Währung geben, samt 7 Pfeilen. Dann soll er auch 2 Gewährsmänner mitbringen, dass er 5 Jahre lang ein eingesessener Bürger sein wolle. Wann er aber vor fünf Jahren das Bürgerrecht aufkünden würde, soll er 5 Pfund Heller zu geben schuldig sein. Die Armbrust und der Pfeil sollen dem Ammann und Vierer auf alle Notdurft und Fürsorge zugestellt werden.

8. Wenn Vieh, Roß, Rinder, Schwein Schaden täten, sollen sie vor des

Pittels Haus getrieben werden. Dem Pittel ist dann für jeden Fuß, auch von einer Gans, 1 Pfennig zur Straf zu geben. Wanns aber gar zu grob gemacht wäre und der Schaden Ist, soll man 2 Vierer im Flecken den Schaden schätzen lassen. Die Sache wird nach Recht vor dem Gericht ausgetragen.

9. Sollen auch alle Zäunstätt zu rechten Zeit gemacht werden, andernfalls müsste man den Schaden selbst tragen.

10. der Ammann und die Vierer sollen auch allzeit Wein, Brot, Maße, Fleisch und Fronpfund beschauen und schätzen nach ihrem besten Gewissen; auch sollen sie darauf sehen, dass die Mühlen und Feuerstätten recht erhalten werden. Wenn Ihnen dabei mit Worten oder Werken Widerstand geleistet würde, gibt ihnen der Abt seine Amtsleut dazu.

11. es darf jeder Bürger Wein schenken und Wirtschaft pflegen. Wer das aber anfängt, soll es ein Jahr lang auch halten. Jeder, der aus schenkt, soll dem Herren Abt von jedem Fass, dass er ansticht, die 2 ersten Maß geben und ins Gotteshaus bringen.

12. Wenn ein Bürger die Gültrenten und Zinsen nicht recht und zu rechten Zeit erlegt, mag ihn der Abt mit geistlichem und weltlichem Recht vornehmen mit Pfändung oder sich auf andere Weise bezahlt machen.

13. Alles oben genannte soll dem Gotteshaus und jedem Prälaten als aller Obrigkeit ohne Betrug und Arglist gehalten werden.

Diesen Vertrag hat die ganze Gemeinde bewilligt und auch um ein Siegel (weil sie kein eigenes haben) zur Bekräftigung dieses Vertrages gebeten die Edlen und Strengen Herren Marquarden von Schellenberg und Herrn Ludwigen von Notenstein, beid Ritter, hat auch Konrad von Merenwag, Vogt zu Ottenbeyren, und Jos Hiltebrand, Ammann, ihr

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Siegel an diesem Brief gehängt, doch ihrem Erben ohne Schaden, am Freytag vor Georgi A. Dom. 1463.“ Das Ottenbeurer Marktgericht hat, wie aus diesem Vertrage ersichtlich ist, schon viele Rechte der Niedergerichtsbarkeit an den Abt abgetreten und sich so für die nicht mehr freien Bürger mancherlei Begünstigungen erworben. Andererseits hat es aber auch Anteil an dem Fleckengericht erreicht, bzw. sich erhalten können. Der Ottenbeurer Gerichtsammann wurde schon immer vom Klostervogt bestimmt. Der Vogt hat dieses Recht vom Grafen zu irgend einer Zeit erlangt. Der Ottenbeurer Gerichtsammann führt ein eigenes Siegel 1) und war Vorsitzender des Markt= und Fleckengerichts. Der Vogt, später der Abt, war die vollziehende Gewalt. Wir haben noch zu unterscheiden von dem Lehengericht, welches nur die Angelegenheiten der Klosteruntertanen bearbeitete. Dazu gehörte ebenfalls der ottenbeurische Gerichtsammann. Kamen aber nur ottenbeurische Gemeindeangelegenheiten und die der Bürger zur Behandlung, dann trat das eigentliche Marktgericht im Rathause zusammen unter dem Vorsitz des Gerichtsammannes. Hier aber war er nicht eigentlicher Richter. Ihm fiel nur die Entscheidung zu, falls sich die 8 Richter im Spruch nicht einigen sollten; im übrigen eröffnete und beschloß er jede Gerichtssitzung. Die oft erwähnten Vierer haben ihren Namen von der Zahl 4. Die vier Männer treten hauptsächlich als Sachverständige und Feldgeschworene auf. Im Jahre 1496 gehörten zum Marktgericht2):

Gerichtsammann _____

Hauptleute:

Christian Assemann und Bendikt Uetz.

Vierer: Lutz Teuffelin } vom Abt gewählt

Bend. Uetz } ?Benneberg } Hans Pader } Vom Flecken gewählt

Die Richter:

1. Hans Glatz, 2. Peter Kolb, 3. Paulin Müller, 4. Jak. Zötler, 5. Jörg Pali, 6. Christian Ossemann, 7. Hans Pech, 8. Hs. Zott.

________________________________________________________________

1) Im Klosterarchiv. 2) Richter=Register, Klosterarchiv Ottenbeuren.

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Gerichtsordnung des Fleckens Ottenbeuren vom Jahre 14631).

(Hier übersetzt in neuere Ausdrucksweise.)

Wenn eine Richter auf Befehl des Ammann des durch den Pittel zu Gericht

geboten wird, soll er gehorsam sein und erscheinen. Wenn aber gar ein

Einheimischer ausbliebe, soll er dem Gericht 6 Pfennige geben, vorausgesetzt,

der Pittel nehme es auf seinen Eid, dass er's den Richter unter Augen oder an

sein Haus verkündet habe. Einen solchen Richter kann der Ammann nochmals

bieten lassen, wenn er das will. Welcher aber dann noch nicht käme, den wollen

wir als einen Ungehorsamen ernstlich Strafen.

Item soll kein Richter, dem geboten worden ist, aus dem Flecken reiten oder

gehen, es treibe ihn denn eine ehrhafte Not dazu. Das soll er aber zuvor dem

Ammann anzeigen bei Unserer Straf.

Kein Richter soll später als eine halbe Stunde nach der gebotenen Stunde

erscheinen. Wer länger ausbleibt, ist dem Gericht mit 5 Pfennig verfallen. Auch

sollen die Richter nicht strittig sein, damit ein Urteil gefasst werde.

Solange nicht über die Hälfte Richter versammelt sind, darf das Gericht nicht

verbannt oder eröffnet, doch Recht besprochen werden, es geben denn solches

beide Parteien gütlich zu.

Wenn aber durch Abwesenheiten oder Austritte Mangel an Richtern sein

sollte, so hat der Ammann die Macht und die Gewalt, andere ehrbare Männer aus

der Gemeinde durch den Pittel rufen zu lassen. Dieselben sollen darin auch

gehorsam sein und erscheinen, bei ihren Eiden, so sie der Herrschaft schwören.

In den Sachen, die auf diese Weise ihnen zu Gehör kommen, sollen sie nach

ihrem Verständnisse Recht sprechen ungefährlich.

Item soll jeder bei seinem Geschworeneneid die Heimlichkeit des Gerichtes

wahren und niemanden davon etwas sagen noch offenbaren. Auch das nicht, was

ein herrschaftlicher Ammann und die Vierer außerhalb des Gerichts zu Rate

werden. Wer das täte, würde für meineidig gehalten und der Billigkeit nach gestraft

werden.

Item darf niemand mit Waffen vor das Gericht kommen. Er soll kommen, wie

er sonst geht. Desgleichen darf niemand das Gericht überstellen.

Wer immer jemanden, Fremder oder Inwohner, vor das Gericht bieten läßt, gibt

dem Pittel 6 Pfennig. Wer außerdem noch auf den Vorgeladenen klagen will, der

gibt dem

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1) Gemeindearchiv Ottenbeuren.

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Pittel 6 Pfennig. Der erste aber geht vor. Der Pittel 1) hat auch die Gewalt, daß er

auf niemanden Klagen lässt, er sei denn um sein Recht bezahlt oder zufrieden

gemacht.

Wer auf sein eigenes Begehren durch den Pittel ein Gericht zusammenrufen

läßt, so soll er auch um die eingesagt Zeit erscheinen. Kommt er selbst aber nicht

rechtzeitig, so sollen die Richter nicht schuldig sein, auf ihn zu warten.

Item sollen alle Vorgeladenen auch zur rechter Zeit erscheinen und auf das

Gericht warten. Wenn jemand darin „Gefährlichkeit tät, der würde für ungehorsam

gehalten und deshalb strafbar sein um 1 Pfund Heller“, ohne alle Gnade.

Item wenn einer den anderen verpfänden ließ, so mag der so verpfänden

ließ am 14ten Tag danach kommen oder seinen Anwalt schicken und den Pittel

zum Mitgehen auffordern, um das Pfand zu fordern. Dann soll man das Pfand

nicht versagen, sondern aufschließen2). Wer das nicht tun wollte und den Pittel

daran hinderte, der soll zu einem Pfund Heller Straf verfallen sein und selber

Pfand geben, aber wir wollen ihn noch höher strafen.

Wenn jemand gepfändet wird, darf das nur mit der fahrenden Habe

geschehen, es sei denn solcher nicht genug vorhanden zur Schuldausgleichung.

Als dann kann auch ein liegendes Gut nach dem Fleckenrecht gegeben werden;

aber sonst nicht. Wer da Missbrauch triebe, den wollen wir ernstlich strafen.

Folgen jetzt die Artikel, auf die man schwören soll:

Item der Ammann wird schwören zu Gott dem Allmächtigen, ein gemeiner,

allen gleicher Ammann zu sein, den Armen sowie den Reichen, den Fremden wie

den Einheimischen. Sollte in einem Urteil das Gericht uneinig werden und so der

Spruch auf ihn kommen, soll er niemanden verschonen, auch nicht ansehen Mut

noch Gabe, Furcht oder Feind= oder Freundlichkeit noch sonst anderes, sondern

allein das Göttliche Recht alles getreulich und ungefährlich.

Die Richter werden schwören zu Gott dem Allmächtigen, gleiche, gemeine

Richter zu sein und gehorsamlich zu erscheinen, wenn ihnen zu Gericht geboten

wird. Auf Klage, Antwort, Rede, Widerrede und aller Handlungen, es sei schriftlich

oder mündlich, sollen sie nach ihrer Erkenntnis und Gewissen das Recht und

Urteil sprechen und niemanden verschonen, noch anzustehen Freundschaft oder

Feindschaft, sondern allein das göttliche Recht.

________________________________________________________________

1) Gerichtsdiener 2) In jedem Dorf mit überliefertem Gericht war ein Pfandhaus.

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Die Vierer des Fleckens: schwören der Obrigkeit des Fleckens Nutz zu fördern und Schaden abzuwenden und zu warnen an Wegen, Stegen, Holz und Wies, an Weid und Trieb, an Tratt und allem anderen, welche Namen es auch haben mag, nichts ausgenommen. Alles nach ihrem besten Verstand; niemanden zu schonen, auch nicht anzusehen Mut, noch Gabe, Furcht, Freundschaft, Feindschaft und nichts anderes als allein die göttlich Gerechtigkeit.

Der Pittel soll schwören ein gemeiner, gleicher Pittel zu sein, dem Gerichte in allen Befehlen getreulich zu dienen und aufzuwarten. Wenn vor Gericht von ihm Auskunft verlangt wird, soll er die lautere Wahrheit sagen. Ferner soll er alle Geheimnisse, die er vor Gericht und von der Obrigkeit erfährt, verschweigen. Item soll er die Felder, Weiher, Fischgruben und Fischwasser der Obrigkeit fleißig begehen, hüten und bewahren und niemand etwas davon verkaufen, verschenken oder einzulassen, sondern jedermann, den er in Holz oder Wasser zu Schaden ergreifet, arretieren; auch alle Frevel und Unrecht, so er im Flecken oder außerhalb erfahret oder selbst gewahr würde, der Obrigkeit anzeigen und darin niemand zu verschonen noch hinzuschieben und in solchem nicht ansehen Furcht, Gunst, Gabe, Feindschaft, Freundschaft, denn allein das göttlich Recht, alles nach seinem besten Vermögen, getreulich und ungefährlich.

Ammann, Richter, Vierer, Gepittel und die ganze Gemeind, alt und jung, werden Uns der Obrigkeit als rechten Grund= und Gerichtsherrn schwören ein Eid zu Gott dem Allmächtigen mit aufgehobenen Fingern, getreu, gehorsam und gewärtig zu sein, unser Gebot und Verbot zu halten, Uns bei den Obrigkeiten, alten und neuen kaiserlichen Freiheiten und altem Herkommen es verbleiben zu lassen und dabei helfend zur Hand gehen. Auch keinen fremden Schutz noch Schirm außerhalb des Rechts ohne Unser Wissen und Billigung zu suchen noch anzunehmen; sondern Unseren und des Fleckens Nutzen zu fördern und Schaden abzuwenden und zu warnen, alles nach eines jeden besten Vermögen.

Der Aydt: Item hebet auf und sprechet nach: Alles dasjenig, so mir vorgelesen ist, das will ich halten, dem geloben und nachkommen getreulich und ungefährlich, des bitt ich mir Gott zu helfen. Glück zu!

Gemeindeordnung des Fleckens Ottenbeuren.1) Gebot und Verbot, so in der Gemeind zu halten sind! Die Dinge des Fleckens sollen mit ernstem Fleiß nach

________________________________________________________________

1) Gemeindearchiv Ottenbeuren.

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den Feuerstätten schauen, ob sie alle wohl versorgt sind. Wenn irgendwo ein Mangel gefunden würde, sollen die Vierer Gewalt haben, hier Abhilfe zu schaffen. Wer aber dieser Anordnung nicht nachkäme, den wollen Wir 1) je nach Gestalt der Sache bestrafen (Feuerschau).

Item, der Ammann, die Vierer samt dem Pittel sollen alle Jahre die Flurgrenzen begehen und im Beisein der Angrenzer die Marken berichtigen, damit sie nicht eingehen.

Item haben Wir dem Ammann und den Vierer an Zuge lassen sämtliche Gebote und zu beraten aber sie um mehr gemeint und Unserer Nutzen zu vermehren… (unlesbare Bruchstelle).

Wie es der Ammann und die Vierer mit dem Gemeindehirten halten und befehlen, so soll jeder ohne Widerred geloben, auch sein ihm auferlegtes Hirtengeld unverzüglich zahlen. Was zu der großen Herd gehört, soll jeder dazu ordnen und darinnen keine Unehrlichkeit gebrauchen. Wenn uns da eine Klage zu Gehör käme, wollen wir mit Straf Einsehen haben.

Item soll auch niemand in Unseren Flecken ohne Unsere Erlaubnis ziehen, noch eingelassen werden. Welche dawider handeln, denen würden Wir nach Gestalt der Übertretung strafen.

Item soll in jedem Haus eine Laterne, 2 Leitern und vor ehedem Ofen ein gutes Ofeneisen sein. Wo hier ein Mangel gefunden würde, der soll 2 Pfund Heller Straf zahlen.

Item soll auch niemand bei der Nacht ohne eine gute Laterne in die Ställe oder sonst gefährlich umgehen, bei 2 Pfund Heller Buß.

Item soll niemand das Werk (Flachs) näher denn einen Ellen an den Ofen legen, bei 2 P. Heller Buß.

Item soll man auch kein Werk bei dem Licht brechen, schwingen oder hecheln, bei 1 P. Heller Straf.

Wer Flachs in einem Ofen dörren will, der soll ihn nicht herausziehen 2), er habe denn ein gutes Schaff Wasser und ein Gelter dabei stehen, damit gleich gelöscht werden kann, falls er brennend würde, bei 2 P. Heller Buße.

Item soll das ganze Jahr bei Tag und Nacht ein oder zwei Schaff voll Wasser und dazu für jedes Hausgesind zwei gute Schapfen, wie die Blaicherschapfen sind, im Hause stehen, bei 2 P. H. Straf.

Desgleichen soll auch jeder mit einer guten Mannswehr ________________________________________________________________

1) Die Herrschaft 2) Später wurden im Freien gemeinsame Dörrhütten erbaut.

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versehen sein. Bei wem keine befunden wurde, den wollen Wir der Gebühr nach darum strafen.

Wir gebieten auch, dass niemand etwas auf einem Neubruch zimmere oder baue, weder Häuser, Stadel, Speicher, Bachkuche oder anderes, weil dadurch Wun und Weid gemindert und der Ösch zu Schaden kommen möchte. Desgleichen soll auch die Gemeinde ohne Unser Wissen nichts öffnen oder Bewilligen und keiner soll im Flecken der Gemeinde etwas Grund entziehen, bei Unserer Straf.

Item soll auch keiner früher mähen oder heuen vor Jakobi, auch nicht

ernten, bevor er die Erlaubnis dazu hat. Wer dagegen handelt, soll ein Pfund Heller Straf geben. Wer aber Heu verkaufte, der soll dessen verlustig werden und 2 Pfund Heller Straf geben.

Wie zwischen den Gemeinden und Einöden verpfählt ist1), dabei soll es

jeder lassen, nicht darüber ackern, keinen Pfahl ausziehen oder verändern. Und wo es an Pfählen mangelt, soll es dem Ammann angezeigt werden. Der wird mit den Vierern Abhilfe schaffen. Wer hierin ungehorsam wäre, den wollen wir strafen.

Item soll niemand in den gemeinen Bächen oder Wassern fischen, weder

mit Körben, durch Abgraben, Erschöpfen oder sonst anderst, bei einem Pfund Heller Buß und unserer noch größeren Strafe. Item soll niemand in der Günz im verbotenen Wasser nicht fischen, noch krebsen, nicht erschöpfen. Welche darin ergriffen würden, wollen Wir um das Wassergeld strafen.

Item so setzen und gebieten Wir hiermit ernstlich, dass niemand dem

anderen Schaden zufüge, weder in Gärten noch auf dem Felde, es sei an Zäunen, Erbsen, Apfel, Kraut, Obst, Holz o.a., wie das auch Namen haben mag. Darauf wir besondere Kundschaft machen und wollen die Übeltäter, Männer oder Frauen, Alt oder Jung um 1 Pfund Heller strafen. Wir würden das für einen Diebstahl ansehen und dagegen der Billigkeit nach handeln.

Item soll nach altem Herkommen die Früchte aller Bäum und auch die der

Eichen in Äckern, Mähdern, sowie in unseres Flecken Trieb und Trott der ganzen Gemeinde zugehörig sein. Wann das Obst zu schütteln oder abzubrechen ist, bestimmt der Ammann mit den Vierern. Dadurch soll der Schaden im Korn verhindert werden. Wer da nicht folgte, wird bestraft mit 2 Pfund Heller Buß.

Item soll hiermit verboten sein das Tannenholz im Fendeloch bis an die

Straß und von da hinauf die Winterhalde _______________________________________________________________

1) Die Grundstücksgrenzen waren mit Pfählen markiert.

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und dem Hewytenloch und dann bis an die bößen Lachen bis an Toni Panrers Holz, dergl. im unteren Fendeloch und hinauf hinter Kreyenwengen, soll niemand nichts ohne Erlaubnis hauen. Welcher da überführt würde, der soll 2 Pfund Heller von jedem Stumpf zur Straf und dem Pittel 5 Schilling für sein Recht bezahlen.

Wenn einem ein Klafter Holz zu machen erlaubt wird, soll es nicht mehr

sein, als daß 2 daran zu fahren haben. Nach diesem Mars soll künftig jedem gegeben werden. Welcher aber die Klafter größer macht, soll 1 Pfd. Heller Straf geben.

Item soll niemand einen fruchtbaren Baum, es seien Birnen, Äpfel, oder

Markbäum, abhauen, bei einer Straf von fünf Pfund Heller. Item soll auch keiner, weder Bauer noch Söldner, Holz verkaufen oder

verschenken. Welcher das täte, den wollen wir für die es Klafter um 2 Pfund Heller strafen.

Niemand soll mehr Holz scheuten oder scheuten lassen, als er in einem

Jahre verbraucht. Es soll auch jeder sein Holz sauber scheuten und nicht lang liegen lassen. Welchem Holz gegeben wird, wer soll ein Jahr lang zufrieden sein und nicht hauen, was ihnen gefällig ist, dass alles bei zwei Pfund Heller Buß.

Diejenigen, die der Herrschaft scheuten und wovon ein jeder ein gutes

Klafter machen soll, bekommt vier Pfund Brot. Es ist aber bisher großer Unfleiß darin gezeigt und die Klafter zu klein und das Holz zu kurz befunden worden. Darin wolle sich zukünftig jeder besser befleißen. Wer sich aber ungehorsam verhielte, den wollen Wir um 1 Pfund Heller strafen.

Item die Bannhölzer, nämlich der Buchenwald von Dankelsried, die Rinne

hinauf vom Stotzenmahd bis an den Erlenberg und von da bis auf die von Kammlach und herab gegen Dankelsried, die Rinne bis auf den hinteren Ösch, samt dem Tannenschächle, dabei Kaspar Besserer zugehörig, desgleichen der Tannenwald von der Weiherrinne hinten vom Günzer Steig herab, ist uns zugehörig. Wir gebieten, daß niemand nichts darinn hauen soll, es sei klein oder groß, grün oder dürr, bei 1 Pfund Heller Buß und unserer größeren Straf samt dem Recht des Pittels.

Item soll auch niemand die unteren Hain in den Öschen abgrasen oder abschneiden, desgleichen auch an keinem anderen Ort etwas abgrasen, bei 5 Schilling Heller Buß.

Item soll niemand fremdes Vieh in das Dorf hereinnehmen. Es seien Gäns,

Sauen, Rinder, Roß oder wie das Namen haben möcht, ohne des Ammanns Erlaubnis bei 10 Schilling Heller Buß.

Wer sich mit seinem Grund nicht begnügen will, darf

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ohne Erlaubnis und mit eigener Gewalt nicht weiter reuten und hauen, bei zwei Pfund Heller Buß.

Niemand soll die Zäun so machen, daß das Vieh nicht zur Weid kommen

kann oder daß die Gemeind in den Nachteil kommt, bei 10 Schilling Heller Straf. Künftig soll jeder seine Mähder vor dem Augsten einheuen bei 2 Pfund Heller Straf, er sei denn durch das Wetter daran gehindert, dann soll er auch nicht gestraft werden.

Ferner soll niemand dem Nachbarn oder Angrenzer aus Freundschaft oder

einem anderen Grund von den Gründen die der Gemeind oder Uns gehören, irgend einen Genuß (Nutzen) vergönnen. Wer das täte, soll gepfändet und dem Ammann angezeigt werden, damit künftiger Hader und Irrtum vermieden wird, bei 1 fl Straf.

Item soll niemand die Güter, Grund, Boden, Häuser, Stadel, Speicher,

Samen noch Pflanzen auf dem Feld noch etwas anderes in unseren Gerichten gelegen, den Juden weder verleihen, versetzen und verpfänden. Sondern allweg davon abstehen, denn welche dawider handeln, die sollen ihr Recht und Gerechtigkeit verwirkt haben und sollen des Fleckens verwiesen werden. Danach weiß sich ein jeder zu richten. Item soll niemand fremder Leut länger beherbergen als eine Nacht, es wäre denn übles Unwetter. Dann kann ein fremder mit Erlaubnis des Ammann uns noch eine Nacht behalten werden, doch nicht länger, bei 1 fl Strafe.

Item soll keiner, er sei, wer er wolle, in unserem Gericht gesessen, etwas

verkaufen noch kaufen als mit dem Maß oder Gewicht dem der Stadt Memmingen. Darauf werden wir sehen und strafen bei 2 P. H. Buß.

Wer uns giltbar ist, soll sich von jetzt an befleißen, ein sauberes, wohl

zubereitetes Giltkorn zu liefern. Auch soll er es zur vorgeschriebenen Zeit bringen, bei 1 Pfd. Heller Straf.

Item soll niemand Dünger, Jauche, Heu oder Stroh an Auswärtige

verkaufen, als denen im Flecken allein, bei 1fl Strafe. Welche den Mist auf der Gasse aufschlagen, die sollen denselben nicht lange liegen lassen, sondern bald wegfahren.

Der Anordnung des Ammann, wie es mit dem Einstreuen der Lachen zu halten ist, soll nachgekommen werden (Art. 1556 gestrichen).

Wer sich ohne Wissen der Herrschaft, seiner Eltern oder so diese nicht

mehr leben, seiner nächsten Freunde verheiratet, dieselben sollen in den Flecken nicht eingelassen werden, sondern allweg verwiesen werden. Danach weiß sich nun jeder zu richten. 103

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Item soll auch niemand sein Gut, das in unserem Gericht gelegen ist, an Fremde verkaufen. Erben sollen mit Bargeld zufrieden gestellt werden

Der Müller soll sich einen guten Mühlknecht halten und beide sollen jedem treu, redlich und fleißig mahlen; auch jedem daß Seine an Korn oder Mehl geben, und ordentlich versorgen. Wenn solches nicht geschieht, wollen wir ernstlich strafen.

Der Baader soll vor Vesperzeit das Bad bereithalten und die Badstuben ordentlich und sauber halten; auch jederzeit darauf achten, daß niemand unrein hineinkommt; solches sollte er dem Ammann oder Vierer anzeigen. Denen soll auch ein jeder in solchen Sachen gehorsam sein.

Welche eigene Güter in unserem Gebiete verkaufen wollen, sollen diese

zuerst Uns anbieten. Wenn Wir den Kauf freigeben, mag er das Gut anderen anbieten, jedoch solchen, die hinter Uns gesessen. Wir wollen uns in solchem Falle nach altem Herkommen das Auslosungsrecht vorbehalten haben.

Item gebieten Wir kraft Unserer Freiheit, das keiner nichts schieße oder

pirsche oder sonst ein Weydwerk treibe. Davon soll sich jeder gänzlich enthalten, soweit unseres Dorfes Erkheim Gericht, Zwing auch Grund und Boden geht, bei 1 fl Straf (Abschnitt ist gestrichen).

Wir haben diese Verordnung um der Gemeinde Nutz und Ordnung willen

gegeben. Wenn der Ammann und die Vierer wegen der Gemeinde etwas handeln, soll ihnen von der Gemeinde für einen ganzen Tag 6 Kreuzer bezahlt werden. Dazu gehört ihnen nach altem Herkommen das Vierermahl. Sonst aber soll nichts weiter auf die Gemeind verziert werden.

Frevel=Straf.

Wer den anderen Worten schimpft, gibt 5 Schilling Heller Straf.

Wer ein Wurfbail trägt, bei Tag oder Nacht, 2 Pfund Heller Straf.

Wer über jemand eine Messer oder Schwert zückt, oder sonst eine gewaffnete Hand freventlich macht, doch unschädlich, der soll 10 Schilling Heller Buß geben, und der so einen schlägt 2 P. H. Buß.

Wer dem andern eine "Bainschrette Wunde" oder Schaden zufügt, der soll 5 P. H. Straf geben.

Welcher dem anderen eine fließende Wunde oder Schaden zufügt, der soll 3 P- H. Straf zu geben schuldig sein.

Wer aber dem andern eine Lähmung zufügt, gibt 10 P. Heller Straf.

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Wer freventlich nach einem anderen wirft, es sei mit Waffen, Steinen, Kugeln, Kanten oder anderen Stücken, er treff oder fehle, gibt 20 P. Heller zur Straf.

So einer mehr als eine fließende Wunde oder Beinschreitte Wund gestochen, gehauen, geschlagen oder mehr denn ein Glied verletzt wird, oder gelähmt oder gar abgeschlagen hätte, soll der Frevel auch nach Gestalt derselben Verhandlung gemehret und höher gesprochen werden.

Wo jemand Frieden geboten hat und von einem nicht gehalten würde, mit Worten oder Werken, zahlt 5 P. Heller Buß. Wer den Frieden bricht, soll 50 Pfund Heller zur Straf geben.

Wer diese Gebot, sei es Manns= oder Weibsperson, Alt oder Jung, nicht halten wollte, Wir würden eins vermög unserer kaiserlichen Freiheit nicht allein am Leib, sondern am Leben strafen.

Wir behalten Uns als Obrigkeit vor, die jetzt geschriebenen Artikel, Gebot und Verbot je nach Notdurft zu vermehren oder sie zu mindern, wie wir das in den Zeiten nach Nutz und Gut ansehen werden.

Wie die Ottenbeurer Amtsleut

in den Memminger Diebsturm kamen.

"Anno 1447. In der Zeit erlebte der Abt zu Ottenbeuren mit seinem Konvent übel und hätte ihnen also gefangen und einschließen wollen, daß er die Regel hielte. Da begehrten sie werden nichts anderes, als daß der Abt dies selber auch und wollten dann mit ihm übereinkommen in allen Sachen, die billig wären.

Es sind aber am nächsten Tag 400 Bauern, die des Klosters Untertanen waren, vor das Kloster gezogen und wollten das Konvent aus dem Gefängnis genommen haben. Da wurden sie mit Lieb davon getädigt.

NB. Samuel Hartmanns Chronik sagt: anno 1447 am Aftermontag vor dem Christtag fing der Rat der Stadt Memmingen 12 Amtsleut von Ottenbeuren, weil sie vor das Kloster gezogen waren, und legten sie in den Schadegger oder Diebsturm bis zum Neujahrsabend.

Am Aftermontag vor dem Heiligen Tag zu Weihnachten fing der Rat 51 Amtsleut von Ottenbeuren nun, weil sie vor das Kloster gezogen.

Item die Bauern von Ottenbeuren, so von des Abts wegen gefangen lagen im Schadegger, die lies man aus in

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die Herberg zu schwören, waren auch etliche krank unter ihnen. Am 12. Abend wurden die Bauern ledig und gericht1).“

Ähnliche Klosterskandale gab es hier öfters. Anno 1460 kam der Bischof und Kardinal nach Ottenbeuren in und fingen den Abt und die Mönche, und beschlagnahmten auch das Ottenbeurer Haus in der Stadt Memmingen. Am Donnerstag nach St. Mangtag führte dann der Kardinal den Abt Peter Gefangenen auf ein Roß gebunden nach Füßen2). Anno 1469 liefen alle Mönche auf und davon; nur zwei liesen Sie zurück. 1471 hat der Bischof von Augsburg die zwei gefangen nach Dillingen geführt. Bis Weihnachten war kein Mensch im Kloster und ward nichts gesungen noch gelesen. 1486 setzt der Bischof den Abt Niklas ab und brachte ihn nach Elchingen. Nun ward wieder kein Abt dar und ein anderer wurde nicht gewählt. Da kam Abt Wilhelm Steudlin, der von den davongelaufenen Mönchen erwählt worden war, heimlich in die Kirche, ließ sich auf den Altar setzen und schickte zum Ammann und Vierern, er wäre aufgesetzt, sie sollten ihn annehmen als ihren Herren, dann wollte er sie gnädig halten. Ihm ward kurze Antwort zu Teil. Der Jörg Langer, ein Inwohner des Klosters und etliche mit ihm waren mit Spießen gekommen, andere läuteten die Sturmglocke. Hierauf ist der Abt auf eine sichere Statt gegangen, nämlich auf das Tanzhaus3), worauf der Ammann Peter Stehelin Kundschaft holte. Geschehen am 6. März 14864).

_______________________________________________________________

1)2)3) Chronol. IV, S. 323, 328, 336, Klosterarchiv. 3) Urkunde 435 Staatsarchiv München.

4) Vermutlich die Mohrenwirtschaft.

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Ehemalige Peterskirche, jetzt Schulhaus

Kirchturm= Politik

Heute läuft Mister Chamberlain mit seinem Inselreich umher und sucht, das

Gebetbuch in der Hand, die Dummen der Welt zu ködern. Er könnte genau so in

einer Hand den Rosenkranz und in der anderen das Messer tragen. So ist er auf

jeden Fall sicherer als mit dem einen oder anderen Teil allein. Das ist englische,

aber nicht deutsche und erst recht nicht schwäbische Art. Das haben seinerzeit

die Franken zu spüren bekommen von den Schwaben, Sachsen und Bayern. Hier

sind sie aufrechten Männern ohne Falschheit und Arglist begegnet, die dem Raub

an Land und Volk wohl zu begegnen wussten. Als damals die Bibel nichts half, hat

man zum Schwert gegriffen und zum roten Hahn, zum Massen und Meuchelmord.

Selbst fränkische Bischöfe haben mitgeholfen und in der Folge über manchen

guten Schwaben den Stab gebrochen. Der Weg zur Macht führt über die Seelen,

haben

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sie sich gedacht. Darum wurde nachdem Cannstatter Meuchelmord und nach der

Bluttat an der Aller schnell der neue Glaube eingeführt. Man hat sich an die

Herzöge, an Fürsten an Grafen und an die Könige heran gemacht und von ihnen

Schutz, Schirm und Schenkungen erbettelt. Wo aber ein Man nicht wollte,

verschanzte man sich hinter die Frauen. So ist auch König Chlodwig Christ

geworden. Aus den einstigen armen Mönchen, die von irgendwo her ins Land

gezogen kamen, wurden bald mächtiger Herren im Ordensgewand, die nach

außen in stiller Armut lebten, in ihren Kammern aber die Geldsäcke fühlten. Mit

allerlei Listen haben sie das fertig gebracht.

Hier in Ottenbeuren saß einst der Dekan mit seinen Helfern. Sonst war weit

und breit kein Pfarrer in der ganzen Zentene. Die Bauern, die nicht immer so weit

in die Kirche wollten, bauten sich aus eigenen Mitteln ein Kirchlein, unterhielten

sich auch bald einen eigenen Pfarrer, indem sie Grundstücke von den ihrigen

abtraten. Den Kirchensatz, oder das Recht den Fahrer einzusetzen, aber blieb

dem Dekan. Wo aber ein Ritter später eine Eigenkirche erbaute, wie zum Beispiel

in Stefansried, hatte dieser den Kirchensatz und besoldete den Pfarrer. Die

Bauern gaben dafür den Zehnten. Nun kam einst zu Sylach ein Mönch und bat um

ein wenig Land und Schutz. Er baute eine kleine Zelle und lebte wie ein Klausner

bei St. Sebastian. Mit dem Grafen war er gut bekannt. Wie es wäre, wenn seine

Buben Bischöfe würden? Da taten sich die Grafensöhne nicht schwer. Es kam

auch so. Und dieser Grafensohn stiftet das Kloster, zunächst mit einem Land, das

ihm nicht gehörte, nämlich mit dem Reichspfarrwiedem. Der Leidtragende war nur

der Dekan von Ottenbeuren. Aber es war viel erreicht: man hatte ein Kloster, ein

großes Stück Land und den Pfarrzehnten aus der ganzen Zentene, sowie den aus

den anderen Stiftungen. Allerdings ließ sich der Dekan nicht auf die Seite

schieben, die Reichskirche konnte auch nicht abgebrochen werden. So blieb

nichts anderes übrig, als hier im Orte eine eigene Pfarrei, die Marktpfarrei zu

gründen. Aus dem Dekan ist ein Pfarrer geworden. Nun erhielt er seinen Unterhalt

vom Kloster. Der Kirchensatz1) aber gehörte noch in den Reichshof und später

den Fronhof bzw. in die Fronfeste. Erst nach der Einverleibung dieser Kirche

erwarb das Kloster auch das Patronatsrecht: am 30. Mai 1220 unter Papst

Alexander und Bischof Siboto gaben die Ritter von Ottenbeuren ihre Pfarrkirche

dem Kloster. Als Grund

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1) das Recht den Pfarrer zu bestimmen.

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wird die Armut desselben1) angegeben. Bezeugt und unterschrieben haben die

Üergabsurkunde: Heinrich, der Priester von Ottenbeuren, Konrad, genannt Sibilin,

Ritter von Ottenbeuren, Konrad genannt Arnis von Ottenbeuren, Rudolf und

Degenhart, Ritter (und Laien) von Ottenbeuren2). Zweck war also, die dem Pfarrer

verbliebenen Einkünfte sowie die Stiftungen in die Peters= und Nikolauskirche

dem Kloster zukommen zu lassen3).

Die Marktpfarrei Ottenbeuren ist hervorgegangen aus der Reichspfarrei der

Zentene Uotenburen und ist eine später gegründete Ortspfarrei wie Böhen,

Attenhausen u.a. Die eher verbliebenen Grundstücke sind eine Rest des großen

Reichspfarrwidems, aus dessen Hof das Kloster erstand. Die Ortspfarrei hatte

folglich keinen eigenen Widumshof; es ist auch in keiner Urkunde ein solcher

erwähnt. Vielmehr aber Streitigkeiten zwischen dem Pfarrer und dem Abt wegen

der pfarrlichen Einkünfte. Die von Feyerabend erwähnte Großpfarrei, welche von

Theinselberg bis Eheim und von Böhen bis Westerheim reichte, unterstand dem

Kloster. Dieses Gebiet habe ich als Reichspfarrwidem angesehen. Die

Marktpfarrei erstreckte sich nur auf die Ursiedlung, also auf den unteren Markt, auf

die Fronhofleute, sowie auf alle Häuser, welche vor der Klostergründung und

innerhalb der Gemeindemarkung gestanden haben. Später gehörte dazu auch der

Konenhof. Er ist also von keinem Klosteruntertanen, sondern doch von einem

Ritter erbaut worden. Die Marktpfarrei hatte später ihren eigenen Friedhof um die

Peterskirche. Die Behauptung, St. Peter sei vom Kloster gegründet worden, ist

grundfalsch. Sie ist älter als die Zelle. Sonst wäre hier auch keine Klosterpfarrei

entstanden. Warum überhaupt eine zweite Pfarrei? Das hängt mit dem Geldbeutel

zusammen. Die Bauern gaben dem Pfarrer den zehnten Teil vom Korn, Haber,

Flachs, Kraut, Erbsen, Heu, Grummet; sie gaben ihm Hennen, Eier, Fleisch und

bezahlten noch extra wie heute das Taufen, Kopulieren, das Sterben und die

Christenlehre. Das alles bekam früher der Dekan von Ottenbeuren und das wurde

immer mehr, so oft ein neues Haus gebaut wurde. Das kann man selber auch

kassieren, dachte sich der Konvent und sah sich vor. Wer sein Haus auf

Klostergrund baute, gehörte zur neuen Klosterpfarrei. Wenn ein Mann aus der

Marktpfarrei in das Klostergebiet zieht, also nur sein Haus wechselt, soll ihm das

Weib

_______________________________________________________________

1) Das Kloster ist kurz zuvor abgebrannt. 2) Urkunde Nr. 7, Staatsarchiv München, und Baumann I, 378. 3) Siehe Einkommen der Pfarrer.

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in die neue Pfarrei nachfolgen. Kein Wunder, dass der Pfarrer dauernd sich mit

dem Prälaten herumstreiten musste. Man stritt nicht um die Seelen, aber um die

Abgaben. Einige Beispiele:

„Um künftige Streitigkeiten zu vermeiden, wurde auf Veranlassung des

Stoffs am 28. Okt.1683 zwischen dem neuen Pfarrvikar Dr. Leo Heim und dem

Abte folgendes Übereinkommen getroffen:

1. Dem Kloster soll der Kleinzehnten aus den so genannten Kaplaneiäckern ohne

Schmälerung verbleiben. 2. Alle, welche ihre Unterkunft im Klostergebiet haben,

sollen dem Kloster zuständig seien und von diesem auch pastoriert werden, auch

wenn sie im unteren Markte wohnen (Hofbeamte) und das so lange, bis sie ihre

Wohnung geändert haben. 3. Auch jene, welche in den dem Kloster gehörigen

Häusern Wohnung haben, sollen fernerhin wie vor alters vom Kloster pastoriert

werden, jene Häuser jedoch ausgenommen, welche künftig in den Besitz des

Klosters gelangen. 4. Von den 8 Jauchert Feld auf dem Ulrichsried, welcher dem

Kloster von der unteren Mühle wieder heim gefallen sind, soll der Pfarrervikar den

Kleinzenhten beziehen. 5. Verbleibt ganz Stefansried und diejenigen Häuser im

oberen Flecken zu Ottenbeuren, welche diesseits des Kronenhofbächleins gegen

den Bannwald hin stehen, (westlich der Günz) dem Kloster zur Pastoration

zuständig. - Mit dieser Abmachung erklärte sich der Bischof noch nicht

einverstanden, sondern er forderte Bericht, wie das früher gehalten worden sei

und ob dem Kloster wirklich ganz Stefansried und die Häuser im oberen Flecken

zuständig seien. Im Antwortschreiben werden dann 8 Häuser aufgezählt, die

darunter nicht zum Kloster gehören. Dazu gehört auch das des Kaplans bei St.

Nikolaus, in welchem jetzt der Klosterjäger wohnt. Man sehe auch nicht ein,

weshalb zwischen getauften und noch zu taufenden Häusern ein Unterschied

gemacht werde. Es wäre wohl am besten, wenn man alle im Pfarrsprengel

gelegenen Häuser der Seelsorge des Pfarrervikars überließe, ausgenommen das

Haus des Sekretärs und des Kochs, obschon der Pfarrer auch diese

beanspruchen könnte. Stefansried und die fraglichen Häuser im oberen Markt

haben immer zur Klosterpfarrei gehört 1)."

„ Pfarrvikar Jadokus Schorer (1520-1538) sah sich genötigt, gegen das

Kloster Beschwerde zu erheben. Er brachte vor: 1. Der Abt weigere sich, die

Pfarrerhofgebäude zu unterhalten, wie dies ehedem geschehen sei. 2. Derselbe

habe auch im Pfarrsprengel etliche Höfe angekauft, von denen die

_________________________________________________________________

1) Sontheimer II, 355.

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früheren Pfarrer gewisse Bezüge hatten, und er habe keinen Ersatz für diesen

Abgang. 3. Aus dem Konenhofe, denen der Abt auch angekauft habe, sei wohl ein

kleiner Ersatz geleistet worden, aber nicht für den Heu= und Obstzehnten. 4.

Nehme der Abt den Heuzehnten von jenen Wiesen weg, die aus den Äckern in

solche umgewandelt worden sind. 5. Entziehe der Abt auch den Flachszehnten

von zwei Breiten. 6. Gestatte der Abt, daß sich die Pfarrangehörigen im Kloster

ansässig machen. 7. Derselbe habe ihn ausgeschlossen von der Benutzung der

Kapelle in Eldern, während frühere Vikare diese benützen durften. 8. Lasse ihn

der Abt auch die Getreidekompetenz nicht so ausfolgen wie seinen Vorgängern1)."

Nach dieser Beschwerde kam zwischen Abt und Pfarrvikar ein Vertrag zu

Stande, wonach ihm alles nach altem Herkommen vom klösterlichen Großkellner

gegeben werden soll. Als Schorer resignierte, wurde ihm als jährliche Pension

festgelegt: 40 Gulden in barem Gelde, 6 Malter Roggen, 2 Malter Besen, 2 Malter

Haber, 1 Malter Gerste, 2 Viertel Erbsen, 4 Säcke Rüben, 1 Fuder Roggen= und 1

Fuder Haberstroh, Behausung im Pfarrhofe und Brennholz genug, daß er auf

eigene Kosten herbeiführen und machen lassen soll. Schorer verzichtete am 12.

April 1538 zu Gunsten des Klosters auf diese Pensionen. Sein Vermögen

vermachte er seinem Vetter Albert Schorer, Stadtpfarrer und Kammerer zu

Kaufbeuren, welcher am 11. Juni 1577 ein Stipendium für studierende errichtete2).

Die Marktpfarrei, deren Grenzen unter der Klosterpfarrei beschrieben sind,

bestand praktisch bis zum 8. Oktober 1718. An diesem Tage wurde dem Abt, trotz

bischöflicher Einsprüche und trotz des Vorbehalts, bei der Einverleibung der

Kirche ins Kloster nur weltliche Priester einzusetzen, die Erlaubnis erteilt,

künftighin die Marktpfarrei mit Ordensgeistlichen zu versehen. Man hat an die

Zehnten gedacht, die nun alle dem Kloster zufließen. Man brauchte nun keinen

Pfarrer mehr zu unterhalten, keine Pensionen mehr geben, da lohnte es sich

schon, über gemeindliche wie bischöfliche Einsprüche hinwegzugehen. Von jetzt

ab predigte in St. Peter ein Pater. Was werden die Ritter Konrad, Rudolf,

Degenhart doch zum lieben Gott gesagt haben?

Der liebe Gott hat es überhaupt gut gemeint mit dem Kloster Ottenbeuren. Er hat

seine Wunder gewirkt und den Alexanderbrunnen entspringen lassen, damit viele

Fremde kommen. Er hat auch seine Wunder in Eldern getan und die

_____________________________________________________________________________________

1) Sontheimer II, 329.

2) Sontheimer II, 330l.

111

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Gedanken reicher Männer so gelenkt, daß sie alles herschenkten, was sie hatten

und auch sonst Reichestiftungen an Kirche und Kloster gaben. Da schenkt der

Edle Hatto sein Dorf Beningen dem Kloster, der Ritter von Frechenrieden gibt sein

Dorf als Sühne für den Totschlag in der Kirche zu Sontheim. Der Ritter Burkhart

überläßt 1/2 Manfus ( 15 Tagwerk) zu Sontheim der Peterskirche, man solle dafür

am Johannes= (Täufer) und Peters=Altar Tag und Nacht ein Licht brennen1). Es

ist hier nicht möglich, alle die Reichen, die großen und kleinen Stiftungen

anzuführen. Allein in die Peterskirche waren bis 1622 nicht weniger als 116

Jahrtage für ewige Zeiten gestiftet. Man konnte das aber nicht halten und

reduzierte sie deswegen auf 39.

Die Farbekirche St. Peter stand mitten im Markte und war einst Bestandteil

des Reichshofes2). Sie ist öfters abgebrannt, so auch anno 1217, als das Kloster,

der Pfarrerhof und der größte Teil des Fleckens bei der Feuersbrunst in Schutt

und Asche gelegt wurde (26. März)3), dann wieder anno 1686. Bis 1693 hat man

sie wieder neu erbaut. Unter dem Pfarrvikar Joh. Ziff wurde am 3. Juli 1478 der

Hochaltar zu Ehren des Apostels Petrus, der Muttergottesaltar , der Anna=, der

Benediktus= und Franziskusaltar konsekriert. Um diese Zeit muß die Kirche neu

ausgestattet worden sein. Pfarrer Mechtel traf die Kirche bei seinem Amtsantritt in

schlechtem Zustande an. Er ließ 1668 eine neue Kanzel errichten, sie kostete 72

fl. 1670 kauft er einen neuen Sebastianaltar um 172 fl. Anno 1673 wird eine neue

Orgel um 154 fl gekauft und bald darauf gibt es lauter neue Altäre. Die meisten

bekamen andere Heiligennamen. Der Johannes=Täufer=Altar wird jetzt nicht mehr

erwähnt, dagegen ein Allerheiligenaltar, Laurentius, Alexander, Theodor,

Sebastian. Wenn das Kloster die Kirche gegründet hätte, würde der Hauptaltar

nicht Petrus, sondern dem hl. Alexander geweiht worden sein.

„Am 3. Mai 1668 erhob Mechtel beim Generalvikar Beschwerde, daß die

Rechnungen stets ohne den Pfarrvikar abgelegt werden, daß ferner die

Heiligenpfleger die Schlüssel zu den Opferstücken der Kirche in Händen haben

und dieselben nach ihrem Belieben ohne Wissen des Pfarrers öffnen, und daß

einer von den Pflegern sogar durch sein Weib einen Opferstock habe entleeren

lassen. Seine Beschwerde war erfolglos 4).“

____________________________________________________________________________________

1) Baumann I, 447. 2) Siehe Tafel I. 3) Tausendjahresfestschrift S. 33. 4) Sontheimer II, 351.

112

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Pfarrvikar Aprell, ein geborener Betzisrieder, erhielt auf Bitten am 16. April 1500

von mehreren Kardinälen einen Ablass von 100 Tagen bewilligt für alle, welche

nach reumütiger Beichte seine Pfarrkirche besuchen, daselbst andächtig beteten

und zum Unterhalte und zur Ausschmückung der Kirche ein Opfer ablegten1).

Derselbe Pfarrer gründete 1495 mit Peter Stehelin, dem Ammann und

Konrad Prestel von Oberhaslach eine Bruderschaft "zum Trost der der armen

Seelen". Als sie dem Bischof die Statuten vorlegten, gaben sie an, daß ihre

Pfarrkirche baufällig sei und wenig Gotteszierde habe2).

Der Friedhof war um die Kirche gelegen. Nach alter Sitte aber hat man die

Pfarrer in der vorhandenen Gruft unter der Kirche begraben3). Die Marktkirche

verfiel 1803 im Hammer der Säkularisation. Der Landrichter in Ottenbeuren erhielt

am 24. Oktober 1804 von der kurpfalz bayer. Landesdirektion in Schwaben zu Ulm

den Auftrag, alle Filialkirchen unverzüglich zu sperren und im nächsten Sommer

abtragen zu lassen." Nicht nur Steine, Ziegel, Platten, Gebälk, Glocken, Stühle

und Altäre, sondern auch die Plätze, auf welchen sie gestanden, sind für

Rechnung des höchsten Ärariums in höchstmöglichsten Preisen und im

Versteigerungswege zu veräußern. Die Paramente und Kirchengefäße sind

einstweilen an die Pfarrkirche zur Verwahrung abzugeben4)."

Die Peterskirche wird Schulhaus. Auf diese Weisung hin wurde auch die

Marktpfarrkirche, welche als Filialkirche des Klosters betrachtet wurde,

geschlossen. Die Sperrung aber veranlaßte nach einem Bericht4) des Landrichters

an die Regierung „unter dem gemeinen Volke eine nicht unbedeutende

Sensation“. Man entschloß sich deswegen, mit der Versteigerung so lange zu

warten, bis im gemeinen Volke die Sperrung der Marktkirche zur Gewohnheit und

die pfarrlichen Verrichtungen in der Klosterkirche zum Gängelbande wurden. Es ist

aber auch bemerkt worden, daß Leute vorhanden sind, welche die Pfarrkirche für

sich kaufen und zu Wohnungen umbauen wollen. Ferner hat man auch bedacht,

daß das abtragen der Kirche dem Ärar ziemliche Kosten verursachen würde. Die

Veräußerung sollte nach dem Bericht der ohne Turm, aber samt dem Kirschplatze

und dem sogenannten Spritzenhaus Leben der Kirche erfolgen. Letzteres aber

gehörte zu einem Drittel der Marktgemeinde, weshalb ein Drittel der Einnahmen

dieser zufallen soll.

____________________________________________________________________________________ 1)

Sontheimer II, 327. 2)

Sontheimer II, 327. 3) Urkunde 568, Staatsarchiv München.

4) Akt über die abgewürdigte Pfarrkirche in Ottenbeuren, Finanzamt.

113

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Eingesteigert wurde die Kirche von Martin Natterer von hier. „Weil er aber

mit noch zehn anderen ein Komplott bei der Versteigerung gebildet hatte“, wurde

von Staatswegen die Kirche nochmals zum Verkauf ausgeschrieben (25. Mai

1806). Nun wendet sich die Gemeinde in einem Schreiben (10. Mai 1806) an die

Regierung und bewirbt sich um die Pfarrkirche. Sie erhielt folgende Antwort:

Betrifft die unmittelbare Überlassung der abgewürdigten Pfarrkirche in

Ottenbeuren an die Gemeinde zur Herstellung eines Schulhauses: „um die

Herstellung eines Schulhauses zweckmäßig zu machen, hat sich die Gemeinde

mit der Bauinspektion ins Benehmen zu setzen. Das allerhöchste Ärarium darf bei

diesen Schulhausbau mit keiner Bitte um Beiträge belästigt werden, sondern

dasselbe ist auf Kosten der zur Pfarrei und Schule Ottenbeuren gehörigen

Gemeinden zu besorgen, wobei der Gemeinde Ottenbeuren der Vorteil zukommt,

daß dieselbe durch Verkauf des eigentümlichen alten Schulhauses (Ochsenwirt)

den größten Teil der Unkosten bestreiten kann. Die jährliche Unterhaltung des auf

diese Art zu erstellenden Schulhauses sowohl, als die Anschaffung der nötigen

Einrichtungen, liegt ebenfalls der Gemeinde ob.

30. Mai 1806. Kgl. Bayer. Landesdirektion1).“

Es wurde der Gemeinde Ottenbeuren kostenlos die Peterskirche

überlassen, samt dem Turm und dem umliegenden Platz mit der Bedingung, daß

der Turm abgetragen (1813) wird. Die Glocken sind zum Vorteile des Ärars zu

veräußern (27. Juni 1806). Aus der Pfarrkirche wurden versteigert: am 17. Mai

1806: die Grundstücke der Pfarrkirchenpflege, gelegen oberhalb Eldern an der

Günz, im ganzen 2 Tagwerk 3 Viertel und 106 Ruthen. Dann der Kirchplatz. --Am

Montag, 19. Mai: der Kirchhofplatz mit 1 Viertel und 60 Ruthen, ferner werden

dabei befindliche Kirchturm, sowie das gleiche oberhalb der Kirche befindliche

Spritzenhäuschen. --Am 20. Mai: 18 große und kleine Glocken mit 77 Zentner 21

Pfund, eine große und eine kleine Kirchenuhr. Letztere erwirbt der Uhrmacher

Mahler von Ottenbeuren um 60 fl. Die Uhr zeigte die Viertelstunde an und hatte

einen schönen englischen Perpendikel. Der Choraltar kommt nach Günz um 50 fl,

2 Seitenaltäre nach Wolfertschwenden um 50 fl (Nepomuk und Magdalena),

wurden aber höher gesteigertes vom hiesigen Maler Pinzer. Wolfertschwenden

erwirbt dafür die Kanzel2).

Pfarrwohnung war die heutige" Weinwirtschaft zum alten Pfarrhof. Den

massiven Neubau erreichte ein Hilfs=

____________________________________________________________________________________

1) und 2) Säkularisationsakten, Finanzamt Ottenbeuren.

114

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priester, der in der Nacht vom 24. auf 25. Juni 1686 fahrlässig mit einem

Kerzenlicht hantierte. Der Brand griff so schnell um sich, daß der Pfarrvikar und

der Hilfspriester kaum ehrbar bedeckt mit dem Leben davon kamen. Fast alle

Pfarrbücher und Urkunden sind dabei verbrannt. Das Gebäude war damals noch

aus Holz." Am 3. September 1690 richtete Abt Gordian an den Generalvikar die

Bitte, ihm in Anbetracht der seinem Kloster durch Erbauung eines neuen, sehr

ansehnlichen und bequemen Pfarrerhofs erwachsenden Kosten zu gestatten, daß

die Pfarrei 3 Jahre von Konventualen versehen werden dürfe. 1724 wohnte darin

ein Organist, ein Verwandter des Prälaten1).

Der neue Pfarrerhof mißt 60 Schuh in der Länge, 44 in der Breite und 20 in

der Höhe. Zu ebener Erde ist ein heizbares Zimmer, 1 Küche und eine

Nebenkammer; Keller und Pferdestallung. Im 2. Stock: 3 heizbare Zimmer 4

unheizbare; alles gemauert und mit Ziegeln bedeckt. Gegen den Marktplatz ein

kleiner Vorplatz, welcher ehedem ein Gärtchen gewest: am Eingang 16 Schuh

lang und 18 breit; beim oberen Hauseck aber nur 6 Schuh breit. Wird am 21. Mai

1810 um 1730 fl an Martin Zugschwert von Ottenbeuren verkauft durch den kgl.

Rentbeamten Durocher2).

Bis 1718 wohnten darin nachstehende Ortspfarrer bzw. Pfarrvikare3):

um 1200 Konrad + 1219

bis 1232 Konrad

bis 1238 Berthold

um 1240 Volkmar

bis 1245 Konrad + 1245

1260-1280 Gottfried

1283 Walter

1317 Konrad

1320 Berthold, Dekan

1382 Heinrich, Dekan

1421 Kaugmann Johann

1342 Peter?

1458 Huß Ulrich

1491 Ziff Joh., kaiserlicher Notar

1494 Abrell, Ant., Betzisried, kaiserl. Notar, Kammerer

1513 Widemann Simpert

1520 Schorer Jadokus

1542 Reslein Magnus

1548 Mayer Michael

1560 Beringer Wolfgang

_________________________________________________________________ 1) Sontheimer II, 357,318 f.

2) Säkularisations=Akten, Finanz. Amt Ottenbeuren.

3) Sontheimer II, 318 f.

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1570 Micheler David, Pater 1574 Huber Jakob von Wolferts 1590 Völk Markus 1594 Edelmann Martin 1617 Faber Magnus von Ottenbeuren 1625 Dr. Johann Reubi + an der Pest 1629 Schlosser Magnus + an der Pest 1629 Fischer Johann Georg 1637 Schweighart Mag. Mich. von Ottenbeuren 1656 Hedorfer Johann 1658 Holzapfel Johann Ludwig 1662 Schwarzmann Magn. 1666 Dr. Joh. Mechtel 1683 Dr. Eg. Leo Heim von Heimenhofen 1690 P. Berhard Wölfle 1695 Scherich Gordian 1718-1803 Patres.

Einkommen der Pfarrer1):

Jährlich: 12 Malter Roggen 72 fl, 6 Malter Besen 36 fl, 8 Malter Haber 40 fl 8 kr, Heuzehnte 26 fl, Flachszehnte 10 fl, Ehgartzleinzehnte vom Konenhof und Wolferts 2 fl 17 kr, von 6 Tagwerk Stroh, 1 Fuder Haber= und 1 Fuder Roggenstroh 18 fl, 2 Fuder Heu 12 fl, 1/2 Fuder Seewein, Kraut= Rüben=, Obstzehnte nach Übereinkommen 108 fl, Stolgebühren und Opfergeld 90 fl, gestiftete Jahrestage 62 fl 30 kr. Summe des pfarrlichen Einkommens 586 fl 25 kr 5 Heller. - Ausgaben: Dem Pfarrer in Engetried 1 Malter Roggen für Pastoration einiger Höfe, ferner 17 Viertel Besen. Dem eigenen Bedienten des Pfarrvikars 53 fl. Pferd, ausschließlich zu Diensten des Pfarrvikars, 85 fl. Almosen 10 fl. Geschenka an Kinder nach der Kinderlehre 12 fl. - Reines Einkommen: 423 fl 29 kr 5 hl.

Die Klosterpfarrei

ist so alt wie der obere Markt, der seine Entstehung dem Kloster verdankt. Sie

wurde von einem Custos versehen.

Ihm oblag die Seelsorge im Kloster selbst und in der Pfarrei. „Er hatte den schwer

kranken Konventherren und Brüdern die Sterbesakramente zu spenden, die

Kinder seiner Pfarrangehörigen zu taufen, die Pfarrbücher zu führen und für seine

Pfarrei zu sorgen. Dafür bezog er von den Pfarrangehörigen außer den

Stolgebühren gegen Kleinzehnten. Längere Zeit stand ihm auch der Kaplan in

Eldern helfend zur Seite.“ _____________________________________________________________________________________

1) Sontheimer II, 376.

116

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Die Klosterpfarrei war von der Marktpfarrei abgegrenzt. Aus einem Vertrage,

den der Abt am 29. Januar 1529 mit dem Vikar der Marktpfarrei abschloß,

erfahren wir, daß damals das Dienstpersonal des Klosters nicht vom Pfarrvikar,

sondern vom Kloster selbst pastoriert wurde. Ja es wurde sogar gefordert, daß

das Weib dem Manne in die Pfarrei folgen soll.

Über die Grenzen der Klosterpfarrei erfahren wir näheres der

Pfarrbeschreibung von Markus Völk (1593). Damals gehörte dazu: Stefansried,

Gumpratsried, St. Marx samt dem Klosterhof in Wald, die St. Michaelskapelle auf

dem Buschelberg, der obere Flecken herwärts von dem Bächlein, das bei Johann

Kohlers Haus vorbeifließet bis herunter an die Günz, welche beide Pfarreien

trennte; ferner sämtliche Klosterbeamten mit ihrem Hausgenossen, die

Klostertaferne (Wirtschaft) an der Kapelle, der Spitalgarten, beide Ziegelstädel am

Bannwald (beim Ulrichsbrunnen) und bei Eldern; ferner der Schachenhof, auch

alle Klosterbediensteten, die im Kloster und dessen Bezirk wohnten. Die Pfarrei

bestand neben der Marktpfarrei fort bis zur Säkularisation. Seit 1802 sind alle

beide vereinigt.

Friedhof dieser Pfarrei war vielleicht ursprünglich das so genannte

"Paradeys" nördlich der Klosterkirche, dann an heutiger Stelle. Abt Kindelmann

ließ 1558 die Mauer um den "Freithof" bei St. Sebastian errichten und Abt Galli

vollendete 1584 den Bau der Sebastiankapelle, die dem Kloster gehört. Der Grund

und Boden gehört seit undenklichen Zeiten der Marktgemeinde. An der

Friedhofkapelle ist das Wappen jenes Duracher angebracht, der heute mit dem

Rassellwagen fahren darf. In uralter Zeit stand am Friedhof die Zelle eines

Klausners.

Als Gotteshaus diente der Klosterpfarrei auch die „St. Nikolauskpelle auf

dem Gewölb“1). Es ist zweifellos wie die zu Sontheim und das St. Nikolauskloster

vor dem Kalchtor in Memmingen eine welfische Stiftung in das Kloster. Sie ist

neben der Marienkapelle mit die älteste und urkundlich schon 1089 erwähnt2) mit

dem zweiten Klosterbau, innerhalb dessen Mauern sie stand. Nach dem großen

Brande 1217 begann man im folgenden Jahre mit der Ausführung neuer

Klostergebäude. Es scheint, daß die Nikolauskapelle zuerst daran kam, denn

schon 1218 fand deren Einweihung statt. „Um 5. April 1461 stiftet Pfarrer Kaspar

Tüffelin zu Ottenbeuren und Kirchherr von Engetried mit Einwilligung des Abtes

Wilhelm und unter Zustimmung seiner Brüder

1) Urkunde Nr. 255, Staatsarchiv München. 2) Sontheimer II, 583.

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Jerg, Eberhard und Peter Tüffelin, eine ewige Frühmesse in die St.

Nikolauskapelle, zunächst dem Münster in Ottenbeuren, zwischen Unserer

Frauen= und dem Spitalgarten gelegen. Es gibt dazu den vierten Teil des Hofes

Speckgrube und des Alabrands zu Höhenheim (Eheim), aus Hans Schwarzachs

auf der Burg in Markt Rettenbach den dritten Teil der Burg und des Gutes

Gerensried, aus Adam Meiers Gütle zu Sontheim, aus Konrad Millers Gut zu

Sontheim, ferner ein Gut zu Windenberg samt einigen Äckern und Anger zu

Mindelheim..." nun1). St. Nikolaus war eine eigener Kaplanei." Aber schon dem

Stifter und ersten Inhaber liest das Kloster die Einkünfte nicht richtig zu kommen,

wogegen aber völligen Einspruch erhob und verlangte, daß an die Urkundenkiste

ein Schloß gemacht werde mit 2 Schlüsseln. Darin sollen die Urkunden der

Pfründe aufbewahrt werden.----Als Friedrich der Große von Preußen auf die

Beschwerde der Theinselberger Calvinisten2) die Ordens=Schwestern vertrieb,

wurden diesen in der Kapelle zum ersten Mal Messe gelesen; hierauf wurde sie

den Theinselberger Katholiken zum Gebrauch eingeräumt. Im Schwedenkrieg

stahlen die Feinde das Kupferdach. Dabei fiel ein Schwede herunter und brach

sich das Genick3)."

Das Kloster Eldern.4)

Um das Jahr 1466 entstand in Eldern auf folgende Weise eine Wallfahrt:

eine Frau von Ottenbeuren, die nirgends in ihrer Krankheitshilfe gefunden hatte,

wurde in einem nächtlichen Gesichte ermahnt, in das Eldernwäldchen zu gehen.

Dort sei bei der Muttergottes ein Bild zu finden, daß ihr helfen werde. Obschon

bisher niemand einen Muttergottesbild beobachtet hatte, fand die Frau wirklich ein

solches und erlangte sogleich ihre Gesundheit. Nach dem Bekanntwerden des

Wunders kamen viele Fremde zu dem Bild mit ihrem Anliegen. Eine Bäuerin

brachte ein einäugiges Kind, welches dort sofort sehend wurde. Darauf ließ

Jadokus Maner, ein frommer Mann aus dem Weiler Reuten, über dem

aufgefundenen Gnadenbilde eine hölzerne Kapelle errichten. Ein Frevler, der

große Schufter genannt, hatte es gewagt, mit einem Pfeil auf das Bild zu

schießen. Er starb aber an der gleichen Stelle eines jähen Todes. Später ersetzte

Abt Wilhelm die hölzerne Kapelle durch ein Kirchlein, das 1487 feierlich

eingeweiht wurde. Damit

___________________________________________________________________________________

1) Urkunde Nr. 255, Staatsarchiv München. 2) Schnieringer Geschichte Lachen. 3) Sontheimer II, 583. 4) Nach Sontheimer II, 542.

118

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aber das Kirchlein nicht ganz verlassen stand, wurde daneben eine Wohnung für

einen Eremiten erbaut, der den Mesnerdienst zu verrichten hatte. Auf dem

Wohnhause des Mesners war ein Türmlein angebracht mit einer kleinen Glocke,

um die Nachbarschaft zu Hilfe zu rufen, wenn ein Unberufener sich in die Kirche

wagte. Von frommen Pilgern wurde Eldern fleißig besucht; daß noch mehr nach

1499, als man darin einen Ablaß gewinnen konnte. Die Opfergaben flossen so

reichlich, daß schon 1506 eine Kaplanei mit ewiger Messe gestiftet werden

konnte. Von jetzt ab war wöchentlich vier mal und an jedem Frauentag heilige

Messe in der Kirche. Das Patronatsrecht reservierte sich der Abt. Als Einkommen

bezog der Kaplan 2 Malter Habergilt, 5 fl 28 1/2 Pfund und 165 Schilling Heller aus

verschiedenen Gütern. Ihm stand auch das Nutznießungsrecht des Brühls zu,

gelegen bei der Kapelle, und daß eines Mahds. Im kommenden Jahre sollte ihm

eine eigene Wohnung erbaut werden. Der vorhin erwähnte Brühl, bisher Eigentum

der Gemeinde, war „uff mittwoch nach St. Urbanstag (1506) vom Gerichtsammann

Hans Graf und den Vierern des Marktes Ottenbeuren der Kapele zu Unser Frauen

vermacht worden“.

Anno 1537 erbaute Abt Leohard den Grauen Schwestern, die sich seit 4

Jahren in Falken aufgehalten, neben der Eldernkapelle eine Wohnung. Der Kaplan

überließ ihnen die Nutznießungsrecht des Gartens um 2 fl. 1549 kehrten die

Schwestern wieder nach Memmingen zurück.-1629 am 14. Oktober beklagte sich

der Kaplan zu Eldern, Johann Mayer, beim Dekan, daß seit dem Ableben des

Pfarrers Schlosser die Marktpfarrei in Ottenbeuren von einem Konventualen

versehen werde. Der aber versehen nur die Gesunden mit den Sakramenten,

während er die Pestkranken versehen solle. Er selbst habe aber genug in

Niederdorf zu tun, weil dort auch die Pest ausgebrochen sei. Weil er die

Pestkranken in Ottenbeuren nicht besuchen wolle, habe man ihm nun die

Kaplanei aufgekündigt.---1630 beging in Eldern Stoffel Mayr genannt „Tesche

Bueb“ , einen Kirchendiebstahl. Er entwendete wertvolle Gegenstände, auch das

Gnadenbild. Man konnte ihn aber in Beningen ergreifen und abstrafen.-1685 legte

man den Grundstein für ein neues, großes Gebäude, das für ältere Konventualen

als ruhiger Aufenthalt dienen sollte. Der Abt selbst reservierte sich 1688 in dem

neuen Kloster eine Wohnung. Sein Nachfolger Gordian baute 1689 zwischen die

Wallfahrtskirche und dem Kollegium eine Josefskapelle und umgab alle Gebäude

1690 mit einer Mauer. Außerhalb der Klausur erbaute man ein Mesnerhaus. Der

erste Mesner war Gallus Riepp. Zweck der Gründung eines

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Superiorats in Eldern war die Hebung der Wallfahrt. Das ist erreicht worden. Von Baisweil, Eggental, Warmisried, Oberauerbach, Köngetried, Erisried, Krugzell, Altusried, Legau, Thingau, Kempten, Mindelheim usw. zogen die Leute betend in Prozession zur Heiligenstädter.---1706 beginnt der Neubau einer Basilika, die kaum mehr 100 Jahre stand das Kloster Eldern hat auch den Ottenbeurer Bürgern viel Geld gebracht, da die Zahl der Fremden jährlich zunahmen. Der Höchststand wurde 1763 mit 24600 Kommunionen erreicht. Am 12. Dezember 1803 wurde auf höchsten Befehl die Wallfahrt gänzlich aufgehoben und geschlossen. Die Geistlichen hatten die Gebäude und der unter Herausgabe allen Silbers innerhalb 3 Tagen zu verlassen. Die ganzen Gebäude wurden 1806 geschätzt und zur Versteigerung ausgeschrieben. .

Schätzungsprotokoll vom 14. April 18061):

„Das Klösterle ist 175 Schuh lang, 37 Schuh breit, durchaus von Ziegeln und Stein erbaut; es hat 2 Stockwerke, worin 3 oder 4 Geistliche gewohnt haben. Bei diesem Kloster befindet sich auch eine Küche und ein Keller. Schätzungswert 1570 fl. Alles ist eingefangen mit einer Mauer, worin auch die Kirche eingeschlossen ist, mißt 736 Schuh im Umfang und 8 Schuh in der Höhe. Schätzungswert der Mauer 350 fl. Die dazugehörigen Grundstücke sind eingeschätzt worden von dem Hauptmann Michel Wölfle zu Haitzen und dem Bauern Josef Schnieringer in Schachen(hof): 3 Viertel Tagw. Wurzgarten mit Kiesweg 80 fl pro Tagw., 1/4 Tagw. 119 R Grawsgarten hinter der Kirche 60 fl, 1/2 Tagw. Im14 R Grasgarten hinterm Priesterhaus 70 fl, Hofreute 20 fl, 82 R Platz, worauf die Kirche steht, 10 fl. Alles zusammen 2112 fl 47 kr; davon Grundstücke 142 fl 47 kr.“

Nach einem Bericht an die Landesdirektion war es nicht möglich, Eltern zu verkaufen, weil die Gebäude baufällig und sich zur Einrichtung einer Landwirtschaft nicht eignen. Das Rentamt sieht sich deshalb veranlaßt, daß ehemalige Priesterhaus gegen Abbruch zu verkaufen. Der Memminger Kaufmann Wolfgang Thomas Rupprecht möchte dieses erwerben samt der Ringmauer und den Grundstücken, zur Anlegung einer Bandfabrik. Aus diesem Kauf ist aber nichts geworden. Eltern wurde von sieben ottenbeurer Bürgern gekauft und abgebrochen. „Die 7 Fußfälle, welche von hier nach Eldern an verschiedenen Plätzen angebracht sind, sind öffentlich zu veräußern. Der Hauptmann von Guggenberg hat diese Veräußerung sogleich zu eröffnen, damit die Kauf= ____________________________________________________________________________________

1) Verkauf des Eldernklosters, Finanzamt Ottenbeuren.

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lustigen am Samstag, 30. September 1805, beim hiesigen Abend ihr Angebot zu

Protokoll geben können.-Die gemauerten Fußfälle sind insgesamt um 56fl

versteigert worden---anno 1812 die Eldernwirtschaft.“

Bei Beginn des Jahres 1812 verbreitete sich in Ottenbeuren das Gerücht,

daß ein Geistlicher der Nachbarschaft für seine Pfarrei (Böhen) um das

Muttergottesbild sich bewerbe. Dieses Gerücht veranlaßte die Marktgemeinde

Ottenbeuren, unter dem Vorstand F. Gales Riegg, zu einer Vorstellung an den

König von Bayern, in dem er ausführte:

Durch die Aufhebung des Klosters und der Wallfahrt in Eldern ist unsere

Gemeinde fast ganz erwerbslos gemacht worden. Wenn das Gnadenbild, wie die

Gerüchte lauten, wirklich einer anderen Gemeinde zur öffentlichen Ausstellung

überlassen werden soll, hätte doch Ottenbeuren den ersten Anspruch auf diese

Vorteile. Das Gesuch wurde abgewiesen, weil „dadurch ehedem nur Gewinnsucht

und Aberglauben in hiesiger Gegend genährt wurde“. Das Muttergottesbild mußte

daraufhin sofort an das Ordinariat Augsburg geschickt werden und kam erst am

10. Oktober 1841 nach Ottenbeuren zurück, als die Benediktiner von St. Stephan

in Augsburg hier wieder eingezogen waren.

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Die Bauern wollen das Reich erneuern.

Balthes Färber, der Führer des Ottenbeurer Haufens.

„Beitle gang du vora!“ Hat einer der sieben Schwaben gesagt, als sie durch

das ganze Ländle zogen, um das Ungeheuer nieder zu stoßen. Da brauchten sie

freilich einen baumstarken Spieß, den Riesen stark, gefräßig und gottlos grausam

war die Bestie, die nirgends zu fassen und doch überall war. „Bigott, so gang

numas i vora!“ sagt der Allgäuer und zog mit seinen Gesellen gegen die Stadt

Kempten. Darin war sein Herr, der Fürstabt, der mit dem gemeinen Mann gar viel

Spott und Mutwillen trieb. Der Bauer war ihm nichts wenn ein Knecht, den er

sieden oder braten konnte. Er stand ihm nach dem Herrenspruch „an Ochsen

Statt, nur daß er keine Hörner hat!“

Sie alle drückte schwere Not. Im Roggen stand das Wild. Sie durften es bei

hoher Strafe nicht wehren. Der Herr aber ritt mit seinem Jagdgefolge durch die

Äcker. Da durften sie nicht fluchen, sondern züchtig niederknien und grüßen. Und

der Zehent? Der wird gefordert wie im besten Jahr. „Blitz, Hagel, Wild schmälert

nicht die Gilt“, so sagt der Kastenvogt und schreibt ihnen allen genau vor, was der

Herr Abt benötigt an Eiern, Butter, Hennen, Hahn, Kapauen, Lämmern,

Schweinen, Fastnachtgänsen und anderen leckeren Dingen.

Nie verlangte der Steuereintreiber an der Vogtssteuer, Ritterschaftsteuer,

Kriegssteuern, Bodenzinse, Erbschatz, Todfälle, Lehentaxen, Holzpfennige,

Kirchengeldern, Läutgelder und was es sonst noch gab, nur einen Pfennig zu

wenig. Und nie vergaß der Kornhausmeister den Korn=, Heu=, Grummet=,

Flachs=, Rüben= und Blutzehnten. „Unterm Krummstab ist gut stahn, man muß

ihn nur selber in Händen han!“ Nichts als Lasten, nichts als zinsen, fronen und

huldigen das durfte der Bauer. Und der Herr? Der gab frohe Feste, er schlemmte,

verschwendete, baute mit Hilfe der Bauernkraft seine Burgen und Paläste, und

wenn das Geld nicht reichte, ging er wieder zum Bauern. Schmarotzer am

schaffenden Volke, eine Judenstrick1) am fast erwürgten Baume. Starb er

allzufrüh, so deckte man die Schulden mit dem Erbschatz. Das ist ein bestimmter

Hundertsatz vom Wert des Hofes und seiner Grundstücke. Fällig war

_________________________________________________________________ 1) Schlingpflanze.

122

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diese seltsame Steuer, so oft ein Bauer den Ruf übernahm und so oft der Abt

wechselte. War letzteres wiederholt der Fall, so sind die Bauern haufenweise

verdorben und in die völlige Unfreiheit kommen. Am teuersten war also das

Sterben. Die Hinterbliebenen kamen die Abfahrt und den Todfall. Wenn der Bauer

starb, holte der Herr das schönste Roß. Bei der Bäuerin die beste Kuh und das

teuerste Kleid bzw. dafür das Geld. Und das alles, ehe das Verstorbene in die

Erde gebettet war. Der Sohn aber mußte zum Abt kommen und bitten, er möge

ihm den Hof zu lehen geben wie seinen Vorfahren. Dafür zahlte er die Auffahrt,

den Erbschatz und seinen abziehenden Geschwistern die Mitgift. Davon erhielt

der Abt den zehnten Teil, falls eines außer seiner Herrschaft zog. Wollte der Bauer

aber heiraten, mußte sich die Braut zuerst beim Abt vorstellen. Wenn Sie ihm

dann an Körper oder Geldbörse gefiel, gestattete er ihr gnädiglich den Einlaß in

sein Herrschaftsgebiet. Aber nicht umsonst. Sie zahlte ihrem alten Herren und

ihrem neuen je ein Zehntel ihrer Mitgift. Wehe aber, so der Herr gefallen an ihr

gefunden! Dann mußte sie samt dem jungen Bauern froh sein, wenn er nicht die

erste Nacht mit ihr verlangte. Das und Dutzende von anderen Dingen wurmte die

Bauern zutiefst im Herzen, Jahrhunderte schon. Wie ist es doch in deutschen

Landen geworden! Die Herren Räubern zum Wohle ihres Leibes mit der Bibel in

der Hand am geknechteten, ausgemergelten Volke. Die ehrbare Ritterschaft galt

nichts mehr im Reich. Das wohnte auch den Franz von Sickingen auf der

Ebernburg. Den alten Haudegen erbarmte das Deutsche Reich. Er wollte ein

Neues schaffen, ein großes, starkes, mit einem Führer. Die Ritter und Bauern

sollten ihm dabei helfen. Er hat es erst still, dann laut ins Reich gerufen: Der

Türke trägt den Halbmond ins Land und der Franzose schielt über den Rhein. Wir

Deutschen müssen zusammengehen, sonst werden wir bald türkisch sein!

Zu allem kommen noch die Ablaßprediger und kaufen die Blumen in den

Himmel hinein. Martin Luther wettert gegen ihren Werbespruch: „wenn der Taler in

dem Kasten klingt, die Seele aus dem Fegfeuer springt.“ Man gibt ihm recht und

unrecht. Man das Volk spaltet sich. Bei der Predigt wird nun aufgepaßt und nach

derselben gibt es rote Köpfe auf den Kirschplätzen und in den Wirtsstuben. Die

Büttel rennen und suchen die verbeulten Köpfe. Die Schadegger und Gefängnisse

füllen sich. Alle Spuren nahm das Unheil.

In Memmingen predigte Christoph Schappeler. Er wetterte gegen alles Alte,

gegen das Christentum seiner Zeit, gegen den Zehnten und gegen die Bedrücker

der Bauern.

123

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Drum kamen sie gerne zu ihm. Sie hörten den Geist einer neuen Zeit, sie hörten

die Revolution aus seinen Worten. Shappeler führte eine scharfe Sprache wider

seine Feinde. Er nannte sie gottlose Pfaffen, Kuchen= und Suppenprediger. Die

Bauern aber sagten nach der Predigt: „das ist das recht evangeli, lueg, wie hand

die alten Pfaffen gelogen und falsch geprediget, man sollte die buoben alle zu todt

schlagen, wie hand sie uns also herrlich betrogen und beschissen!“1).

So begann es allenthalben zu rumoren, nicht allein in den Städten, sondern

auch auf dem Lande: in Sontheim, Legau, Aichstetten, Günzburg, Haldenwang

waren die Geistlichen umgestanden und hielten es mit den Bauern. Da begann

auch der Abt in Ottenbeuren sich seine Sorgen zu machen. Zur Sicherheit

bestellte er sich vorläufig in Kempten 60 Pfund Pulver und in Ulm um 5 fl

Hellebarden Spieße2). Er wußte wohl, daß es auch in seinem Markte Hitzköpfe

gibt, die lieber nach Memmingen als in die Peterskirche zur Predigt gingen.

Außerdem hatten sie sich erlaubt, ihn bei der Wahl des neuen Ammanns

Vorschriften zu machen. Sie sind in ihrer Beschwerde bis zum Kaiser gegangen.

Der hat sie allerdings an die alten Verträge erinnert und als klösterlicher

Schutzherr abgewiesen. Das haben sie nicht vergessen. Früher hat ihnen der

Kaiser geholfen. So z. B. König Albrecht am 14. März 1298 und König Carl am 9.

Oktober 1353. Beide haben dem Abte verboten, die ottenbeurer Untertanen wider

Recht und Billigkeit zu bedrücken und zu besteuern3). Jetzt aber sind die Zeiten

anders geworden. Der gemeine Mann wußte kein Recht mehr zu finden. Da hieß

es wieder: Beitle gang du vora! Es war aber kein Beitle und auch keiner, mit dem

man das Beitle spielen konnte. Voran gingen in Ottenbeuren Balthes Färber, in

Altusried der Ammann Konrad Steur, in Frechenrieden der Ammann Hans

Scheufelin, in Sontheim Thomas Schutzmann, im Allgäu war es besonders der

Schmiedmeister Schmied, genannt Knopf von Leubas. Sie begannen die

Schüchternen zu bearbeiten, redeten sich in den Wirtshäusern rote Köpfe und

forderten zum Eintritt in ihr eben gegründetes Fähnlein auf. Zum Zeichen der

Brüderschaft hieben sie ihre Messer in den Tisch. Der Balthes zählte zunächst

sieben. Sie gehörten seinen Mitbürgern von Ottenbeuren, nämlich:

ihm dem Balthes Färber selbst,

dem Hans Kunli,

dem Benedikt Dietz,

_________________________________________________________________ 1) Baumann III, 17. 2) Feyerabend III, 33. 3) Monumenta Boica S. 205 CXCV.

124

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dem Hans Dietz,

dem Michel Barer,

dem Veit Dreher,

dem Hans Sieber,

dem Peter Stehelin1).

Am Schluß hat der Balthes immer gesagt: den anderen wollen wir schon noch

hinein helfen in den Schuh2). Da hat einer gemeint, wie er das wohl anstellen

könnte. So einer gegen uns ist, bekommt er den Pfahl vor die Türe. Wer sieht so

aus, wie ihn die Bauern heute noch im Frühjahr in die Wiesen stecken. Das

Zeichen, daß hier alles fernzubleiben hat. Also ein Achtpfahl. Niemand sollte mit

dieser Familie wieder verkehren, niemand helfen. Das Vieh wollten sie nicht auf

die gemeinsame Weide lassen. Sie werden es auch vom Tränktrog treiben. So

strafen sie ihre Widersacher. Er blieb schon nichts anderes übrig als ruhig zu sein

oder beizutreten. So haben die Bauernhaufen schnell zugenommen.

Hunderttausende sind es geworden. Besonders gefürchtet waren die roten

Fähnlein. Die Ottenbeurer und Sontheimer schlossen sich dem bald Baltringer

Haufen an und waren an manchem Sturmlauf mitbeteiligt. In so großer Zahl

fühlten sie sich stark. Ihre Führer trafen sich 1525 in der Kramerzunftstube zu

Memmingen. Dort entstanden ihre zwölf Forderungen: wir wollen unsern

Pfarrherrn selbst wählen--den Kornzehent geben wir, wie's recht ist, der

Viehzehent bleibt im Stall -- frei wollen wir sein, weil Christus uns erlöst hat --- das

Wild im Wald, der Fisch im Wasser sei uns zu eigen wie dem Ritter --- Holz zum

Bauen und zum Brennen kann jeder holen, wie er's braucht --- den Frondienst

leisten hier, doch muß der Herr und schonen und nicht zu sehr bedrücken --- was

nicht geschrieben steht, darf uns der Herren nicht als ein neu Gesetz auf unseren

Rücken laden ---am hohen Pachtzins darf der Hof nicht untergehen --- nach alter

Satzung soll der Herr uns richten, nicht wie es ihm gefällt --- was der Gemeinde ist

an Wiese, Wald und Acker, muß der Herr uns wiedergeben, wenn er's zu Unrecht

uns genommen hat --- den Waisen und Witwen soll der Herren nichts nehmen,

wenn der Bauer sich zu Grabe legt (Todfall) ---und zum zwölften: ist einer unserer

Punkte nicht nach Gottes Wort, so soll man es beweisen und wir wollen davon

Abstand nehmen.

Die Herren lachten über solche Forderungen und meinten: man soll die

Bauern nur über die Klinge springen lassen.

____________________________________________________________________________________

1) Feierabend III.

2) Bundschuh=Bauernvereinigung.

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Andere sagten: laßt die Frische nur quaken, es kommt dann der Storch und frißt

sie auf.

Sie stützen sich auf die Kraft und Macht ihrer Vereidigung, den

Schwäbischen Bund. Dem gehörte der ganze Adel, die Ritterschaft, die Freien

Reichsstädte und die Klöster an. Führer des Bundesheeres war der befürchtete

Truchseß Jörg von Waldburg, kurz nur Bauernjörg genannt. Unter den Herren

waren es nur wenige, die zur Vernunft rieten und das unnötige Blutvergießen

verhindern wollten. Das zügellose Vorgehen der Bauern hat in der Folge

allenthalben erbittert und mancher ihrer stillen Freunde ist deshalb von ihnen

abgefallen.

Im Frühjahr 1525 schlugen die Bauern los. "Solange der Truchseß nicht

kam, ging es gut. Die Straßen wurden gesperrt, die Boten der Herren

niedergeworfen, Kaufmannszüge überfallen und ausgeraubt. Auch die Bauern der

Memminger Dörfer fanden sich zum Teil in den Reihen der Empörer ein. Die

Edelleute flüchteten in die freien Reichsstädte, die Priester folgten ihnen bald

nach. So fanden z.B. in Kempten Zuflucht Hans von Breitenstein, Bruder des

Abtes von Kempten, der stiftische Vogt Moritz von Altmannshofen, Marschall

Wolfgang von Pappenheim, die Witwe des Marschalls Alexander von Pappenheim

zu Grönenbach, Kaspar von Heimenhofen, die Witwe von Raitnau, Georg von

Werdenstein und die Grönenbacher Stiftsherren 1).

Der ottenbeurische Abt flüchtete noch vor Ausbruch der Empörung nach

Ulm. "am achten Tag des April umgaben viele der Aufrührer das Frauenkloster der

grauen Schwestern zu Memmingen, drohten unter dem Vorgeben, den Abt von

Ottenbeuren darin zu suchen, nicht ohne den heftigsten Schrecken der Inwohner,

in die Klausur einzudringen und würden auch eingebrochen sein, wenn nicht am

folgenden Tage einige Ratsmitglieder an den Platz gekommen und die wilde Rotte

vom Haufe entfernt und die vergebliche Mühe selbst übernommen hätten. Sie

suchten den Herren Abt in allen Winkeln des Hauses, sogar mit langen Spießen

im Heustocke. Die übrigen Mönche von hier ließen sich zwar nach der Flucht des

Abtes noch einige Zeit in ihrem Stiftshause 2) so wie sie konnten beisammen und

bezogen durch gute Leute ihre Nahrung von Memmingen. Als sich aber die Tag=

und Nachtschrecken vermehrten, zogen die meisten der unsrigen nach der

Schweiz und nach Bayern, wo sie in

____________________________________________________________________________________

1) Baumann III, 64. 2) Ottenbeurer Haus in Memmingen, zudem der Abt oft sechsspännig gefahren kam, weshalb ihm die Memminger die Stricke abschnitten, worauf es der Abt fertig brachte, keinen Pflasterzoll mehr zahlen zu müssen.

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den Klöstern Scheyern, Tierhaupten und Tegernsee liebreichst aufgenommen und

bestens verpflegt wurden. Zuhause blieb der Prior Johann Bestler mit sehr wenig

Brüdern. Er hielt sich je nach den Umständen bald innerhalb, bald in einiger

Entfernung des Klosters auf. Überhaupt war die Karwoche des Jahres 1525 für

unsere Mitbrüder eine wahrhaft angstvolle Marterwoche1)."

Als Burgenstürmer tat sich besonders der Knopf von Leubas hervor. Er

beteiligte sich nicht allein an der Eroberung der Schlösser im Kempter Land. Er

zog mit seinen Haufen auch gegen Ottenbeuren, nachdem er das Stift Kempten

gründlich ausgeplündert hatte. Ottenbeuren wurde von den eigenen Untertanen

am 2. April besetzt. Wie siehe zuging, erzählt uns die Hausgeschichte des

Klosters1):

"Auf dem hiesigen Fruchtkasten lagen damals bei ausgehendem

Märzmonate 2500 Malter Frucht, nach Memminger Schranenmaß, aufgeschüttet;

die Keller waren mit den Bedürfnissen für mehrere Jahre erfüllt; die Küche mit

allen notwendigen und anständigen Lebensmitteln, die das Zimmer mit Betten,

testen und kleinen Verzierungen, der Büchersaal mit einer Menge der seltensten

Handschriften und mit einem Schwarze der ersten Druckerei, das eigene

Klostergebäude mit einer schidlichen Hausgerätschaft und besonders die alte

konradinische Hirsche mit vielen und teuren Monstranzen , Kelchen, goldenen und

silbernen Kapseln, elfenbeinenen Sargen, silbernen Statuen, Ampeln,

Brustbildern, Reliquien, Gefäßen, erreichen Tapeten, priesterlichen Kleidungen,

Altarverzierungen und vielen anderen Ornamenten reichlich versehen; in wenigen

Tagen war davon das meiste verziert, verbrannt, zerschlagen, geraubt oder

zerstreut oder sonst unbrauchbar gemacht. Der große Vorat an Früchten wurde

von den Bauern weggeführt und verteilt, der Wein teils getrunken, teils nach

zerschlagenen und geöffneten Fässern in den Kellern unnütz verschwendet, die

Betten samt allen Zimmer= und Küchengerätschaften verdorben, die

Reliquiensärge geöffnet und die hl. Gebeine allenthalben zerstreuet. Die

Kirschenornamente zerrissen oder zerschlagen. Die bretternen Zimmerboden

ausgehobenen, die Getäfer und Decken abgetragen, die Archivschriften, Bücher

und Kaufbriefe, worauf sie die heftigste Jagd machten, wurden zu Hunderten in

Wannen gesammelt und in den Zwischenhöfen des Klosters verbrannt. Überhaupt

ging die Plünderungs= und Zerstörungswut so weit, daß man vom Erdgeschoß

des inneren Klostergebäudes bis unter das Dach ungehindert auf=

____________________________________________________________________________________

1) nach Feyerabend III, 49 f.

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wärts sah. Hiermit noch nicht besänftigt, wollten sie auch noch Mordbrenner

heißen; dreimal legten sie Feuer an ohne Erfolg. Augenzeuge hievon war der

nachmalige Mesner zu Eldern, Ludwig Sauter. Die possierlichste Figur während

der bäurischen Klosterbesatzung machte ein Söldner aus Sontheim. Dieser trat

mit Genehmigung seiner rohen Gesellen plötzlich als regierender Herr und Abt

auf, nahm die Abteizimmer ein, wählte sich eine gleichschrötige zahlreiche

Dienerschaft, hing sich die Abteischlüssel an seinen wohlbeleibten ledernen

Söldnergurt, forderte alle Abend die Schlüssel der Klosterpforten aufs Zimmer,

trug sich täglich zur Schau und Verehrung mit einem starken Kopfe und Auge in

den Klostergebäuden in Begleitung seiner Kammerknechte umher, hielt sich eine

auserlesene starkgliederige Leibwache, bot allen ankommenden

Standesgenossen, welche ihm Cour machten, seine Huld und Gnade in vollen

Schüsseln und vollen Trinkbechern an, schmauste mit ihnen in die späte Nacht,

bis seine unwürdige Gnaden voll gefüttert und ebenso wohl bezecht durch

mehrere Hände zur Nachtruhe befürdert wurden. Einige Bürger des hiesigen Ortes

von der dürftigeren Klasse versäumten auch gewiß diese wohlfeile und

schmackhafte Gelegenheit nicht, wo indes andere ihrer Mitbürger gegen das Stift

unter die Waffen traten. Diese sammelten sich im Ungerhauser Wald (Hart) und

bildeten ein besonderes Fähnlein und standen mit einer anderen Rotte aus dem

Mindeltale in engster Verbindung, bereit, alle Schelmelstreiche ihrer wilden

Waffenbrüder zu unterstützen1).“

Nach einer Woche zeigt sich ein Hoffnungsstrahl. Mit hoher Erlaubnis der

auf dem Ungerhauser Hart kommandierenden ottenbeurischen Empörer und

Rottmeisters Balthes Färber und Hans Kunlin kamen auf den Karfreitag Konrad

Steur, Ammann zu Altisried, Hans Scheufelin, Ammann zu Frechenrieden und

Thomas Schutzmann von Sontheim in das zerstörte und ausgeplünderte Kloster

hierher mit dem Anerbieten eines wechselseitigen Einverständnisses,

wechselseitigen Vergleichs und Wiederherstellung der Ruhe. Der Prior erklärte

sich bereit, wollte aber vorher den abwesenden Abt verständigen. Mit dieser

Antwort kehrten sie zu ihrer Landschaft in den Hart zurück. Bald darauf kamen

wieder Abgeordnete der Bauern mit dem Anerbieten, dem Abt sicheres Geleit zu

geben, falls er zurückkehren wollte. Der Prior schickte nun einen Bericht nach

Ulm. Der Abt aber getraute sich nicht zurückzukehren; er gedachte auch Zeiten

abwarten zu können für eine bessere Verhandlungsgrundlage, gab aber

____________________________________________________________________________________

1) Die Namen s. S. 124, 125!

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dem Prior Anweisung, mit dem Bauern freundschaftlich zu verkehren, ohne etwas

Wichtiges zu beschließen.

Indes setzten die anderen Haufen ihr Zerstörungswerk überall fort. So erlitt

der edle Herr Achatius von Rotenstein auf dem Schloß zum Falken bei Ittelsburg

beträchtlichen Schaden an Gewehr und Hauswaffen. Nicht lange danach macht

die Aufständischen, unter denen sich auch 23 ottenbeurische Untertanen

befanden, zu Schöneck einen sehr unangenehmen Besuch, indem sie den

augsburgischen Pfleghof vollständig ausräumten. Auch der damalige Ortspfarrer

zu Sontheim, Leonard Ganter ein Freund des neuen Evangeliums, fehlt es gegen

den dortigen Ortsvorstand Leonhard Hegg, gleich wie der Miller des Orts, ein

hitziger Brausekopf. Die Sontheimer zeichneten sich bei den empörerischen

Unternehmungen besonders aus.

Anfangs Juni belagerten die Bauern die freie Reichsstadt Memmingen.

Darin lagerten 203 Reisige und 700 Knechte des Schwäbischen Bundes, geführt

von Diepold von Stein. Man hatte gefürchtet, daß sich die Bürger der Stadt auf die

Seite der Bauern stellen. Am 11. Juni kam es zwischen den Bauern und

bündischen Reitern zu einem Scharmützel bei der Bleiche. Am folgenden Tage

hatten sie die Stadt ganz umgestellt. Ihr Hauptquartier hatte die Bauern in

Beningen. Ein zweites war in Amendingen, ein drittes in Berkheim. Außer den

Woringer Bauern vermochten sie, trotz ihrer Drohungen, die der anderen Orte

nicht zum Anschluß zu bewegen. Nach Eröffnung der Feindseligkeiten stießen

noch die Allgäuer Haufen unter Knopfs Führung dazu. "Die Belagerung von

Memmingen war ein leichtsinniges, hoffnungsloses Unternehmen. Die Bauern

hatten ja kein mauerbrechendes Geschütz, konnten also die Stadt mit Gewalt

nicht bezwingen. Sie versuchten aber dieser auszuhungern. Mehr als

Warenknappheit erreichten sie während der zwei wöchentlichen Belagerung nicht.

Die Reisigen vereitelten die völlige Umzingelung. Am 17. Juni machten sie einen

Ausfall und eroberten 18 Wagen mit Leitern, Schaufeln und anderem Sturmzeug.

Von der Bewachung erstachen sie 40 Mann. Den Bauern aber gelang es, die

Brunnenquellen zu unterbrechen. Ja sie wollten sogar den Stadtbach ableiten.

Ebenso warfen sie am 13. Juni einige Bauern von Pleß, die Lebensmittel in die

Stadt zu führen versuchten, nieder und plünderten aus Rache ihr Dorf völlig aus.

Auf alle gütlichen Verhandlungen ließen sie sich nicht ein. Sogar die Boten des

Jörg Frundsberg ließen sie ab und verlangten, dass er selbst in ihr Lager komme.

Frundsberg sammelte nun ein Heer von 3000 Mann und kam damit den

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Bündischen zu Hilfe, dass damit auf 6000 Knechte und 1500 Reisige

angewachsen war. Am 27. Juni gaben die Bauern die Belagerung auf. Der

Anmarsch der Bündischen hatte Schrecken unter ihnen verbreitet. Sie zogen sich

über Schrattenbach gegen die Leubas zurück, um sich mit dem Allgäuer Heere zu

verbinden."

Der gefürchtete Bauernjörg zog mit seinem Heere das Günztal herauf gegen

Boos, wo er das Nachtlager aufschlug. Auf dem Zuge fand er nirgends

Widerstand. Kampflos plünderte er die Ortschaften, Babenhausen ausgenommen.

Die Bauern mit schlechtem Gewissen flohen vor ihm her ins Lager der Allgäuer.

Gleichzeitig ergab sich auch der Pfaffenhauser Haufe in Mindelheim ohne

Schwertstreich. Seinen Jörg Frundsberg. Dieser Feldherr behandelte sie mit

auffallender Milde und verschonte sie sogar mit Dom. Schlimm erging es den

Illertalern. Gegen diese zog im Auftrage des Bauernjörg Jos von Laubenberg. Er

plünderte alle Orte, verbrannte Untereichen, Illereichen, Kellmünz und Berkheim.

Am elf. Juni kam er nach Heimertingen und stieß mit dem Truchsessen wieder

zusammen. Am nächsten Tage verbrannten sie auch dieses Dorf und zogen an

Memmingen vorbei nach Wolfertschwenden. Die bisher in der Stadt Memmingen

lagernden Truppen erhielten schon am 6. Juli den Auftrag, die Orte Sontheim,

Attenhausen, Frechenrieden und Westerheim zu plündern und den Abt in

Ottenbeuren wieder einzusetzen. Am 12. Juli lagerte der Truchsess in

Wolfertschwenden. Er selbst machte mit 200 Reitern einen Erkundungsritt über

Grönenbach. Bei Schrattenbach traf er auf 3000 Bauern. Er konnte sich nur auf

ein kleines Scharmützel einlassen und zog sich nach 'Wolfertschwenden zurück.

Nun merkten die Bauern, dass es blutiger Ernst wurde. Mit dem Bauernjörg

ließ sich nicht spaßen, erst recht nicht mit dem Frundsberg. Die Bauern von

Ottenbeuren, Probstriet, Günzburg und Rettenbach baten die Städte Kempten und

Isny um Vermittlung, die sie selbst kurz zuvor zurückgewiesen hatten. Am 3. Juli

baten die Hauptleute des Günzburger Haufens Jörg von Frundsberg um

Vermittlung. Dieser schickte ihnen jedoch am anderen Tag seinen Fehdebrief, weil

sie seine Vermittlung im Memminger Handel abgewiesen und seine Gesandten

schimpflich behandelt hatten. Nun boten die Bayern den letzten Mann auf und

vereinigten sich am 14. an der Leubas. Bei 23000 Bauern standen dem

Truchsessen gegenüber. Ihre Stellung bei dem Dorfe Leubas war äußerst günstig.

Aber schon am vierten Tage gaben sie den Kampf auf. Die Mehrzahl der Bauern

floh über Nacht in

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ihre Heimat. Nur der Knopf von Leubas verschanzte sich mit einigen Tausend

Mann am Kohlenberge bei Durach. Am 16. Juli aber mußten sie sich ergeben. Das

war das Ende des Bauernkrieges. Dreißig Rädelsführer wurden enthauptet. Die

Überlebenden unterschrieben folgende Artikel: wer die Waffen nicht abliefert, wird

an Leib und Gut bestraft.---Wer seinem Herrn nicht aufs neue huldigt und schwört,

es so wie früher zu halten, wer sich mit anderen zusammenrottet, verliert sein

Leben.---Sie geben alles Genommene den Herren zurück und leisten

Schadenersatz.---Sie geben auch der Kirche alles zurück.---Die Rädelsführer und

Schuldigen bestraft der oberste Feldhauptmann.---Jedes Dorf gibt von jedem

Hause 6 fl zur Strafe und Brandschatzung dem Bunde; der Reiche muß dem

Armen zu Hilfe kommen. Dörfer, welche die Brandschatzung nicht rechtzeitig

aufbringen, werden geplündert und verbrannt.---Wer am Aufstande nicht beteiligt

war, ist frei von diesem Brandgelde.---Wer dem nicht nachkommt, sondern flieht,

dem werden Weiber und Kinder nachgeschickt. Sein Gut wird eingezogen. Wer

einen Fliehenden umbringt, begeht keinen Frevel.---Alle Untertanen müssen

Fliehende der Obrigkeit anzeigen oder fangen.---Klagen der Untertanen sind dem

Bunde vorzutragen.

Die 8 Ottenbeurer Aufständischen, welche ihre Familien verlassen hatten,

fährt wieder zurück und richteten an den neuen Vogt Hans Dietrich von

Westerstetten eine Bitt= und Entschuldigungsschrift. Abt Leonhard verzieh ihnen

und erließ großzügig jeden Schadenersatz für das übel zugerichtete Kloster 1).

Sogar der Miller von Sontheim, ein großer Bösewicht, welcher in diesem Jahre von

Haus und Hof verjagt wurde, kam nach zwei Jahren auf die Fürsprache der

hochedlen Frau Anna von Frundsberg wieder zu Gnaden. Nur die vom

Schwäbischen Bunde auferlegter Brandschatzung mußte durch eine Umlage

erhoben werden. Der Marktort Ottenbeuren, das Weiler Karlins und der Hof zum

Guet genannt, blieben hierin in einigem Rückstand. Bald kam ein Schreiben des

Bundes an das Stift mit der Aufforderung, die Rückstände einzutreiben und an den

Steuereintreiber und Bundesrat Gordian Sauter zu Memmingen einzuliefern.

Also war der Sieg: über einmalhunderttausend Bauern lagen erschlagen,

Tausende waren geflohen, sind verdorben und gestorben. Zahllose Dörfer lagen in

Schutt und Asche. Hunderttausende knieten wieder vor ihren Herren, huldigten,

_________________________________________________________________ 1) Geschätzt auf 20.000 fl.

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zinsten und fronten noch 300 Jahre lang. So war für die Herren alles beim Alten.

Was sie dem Volke nicht Wegnamen, war die Ursache des Kampfes. Die Geister

waren nun einmal geschieden und blieben es. Das aber führte einige Jahrzehnte

später zum furchtbaren Aderlaß, den das deutsche Volk je zu bestehen hatte. Bis

dahin haben sich die Herren ins Fäustchen gelacht und auf ihren Geldsack

geschrieben: die Bauern haben verloren. Deutschland bleibt eine Plutokratie.

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Das deutsche Volk verblutet

In Ottenbeuren läutet fast immer die Sturmglocke

(1618---1648.)

Im Kampf gegen das Bauerntum waren sich die Herren einig.

Hunderttausend ihrer Ernährer haben sie erschlagen. Das hat ihnen gewinnende

Pracht! Die Witwen und Waisen bezahlten. Die Reformation brachte den freien

Städten und den Herren enteignete Kirchen und Klöster samt ihrem reichen

Besitz. Das alles mußte man sich erhalten. Nicht weniger als 130 freie Fürsten,

ausgestattet mit allen Machtmitteln, waren die Willens Träger des deutschen

Volkes. Ihre Untertanen hatten zu gehorchen. Hier blieb man katholisch, weil der

Herr Prälat es war. In Ungerhausen wurden die Bauern protestantisch, weil ihr

Herr Böhlin es auch wurde. In Grönenbach und Theinselberg haben die

Pappenheimer wegen des Glaubens die Herrschaft geteilt. Die einen mußten sich

reformieren lassen und die andere Hälfte durfte katholisch bleiben. So waren die

Zustände im ganzen Reich und so haben Hunderte von kleinen Herren und

Herrchen den Zwiespalt in das Volk hineingetragen. Und der Kaiser? Er fühlte sich

in keiner Weise als Sachwalter des deutschen Volkes. Er war Herr seiner

Erblande. Darüber hinaus reichte seine Macht nicht mehr, also nach seiner

Meinung auch nicht seine Verantwortung. Das Reich? Es bestand kaum mehr. Der

Reichstag tagte höchstens alle zehn Jahre einmal. Die Beschlüsse waren wertlos.

Die Fürsten und Reichstädte waren machtvolle Faktoren. Sie gehorcht dem Kaiser

oder gehorchten ihm nicht, wie sie wollten. Sie vertraten auch nicht die Interessen

des Volkes, nur ihre eigenen. Es ging ihnen nicht um das Reich, nicht um das

Volk, aber um ihre eigene Macht und ihrem Geldsack. An diesem Punkte setzten

die Willenskräfte ein und führten den großen Krieg auf dem Rücken des

deutschen Volkes. Sie selbst hatten nichts zu wagen. Darum zogen sie ihn in die

furchtbare Länge von 30 Jahren.

"Es sprach sich herum in Deutschland, das im Süden des Reiches zwei

junge Fürsten am Ruder waren, die ihr Leben an die Austilgung des

evangelischen Glaubens verschworen hatten, können getreu ihrem Gelöbnis in

der Jesuitenschule. Religion aber war Sache der Fürsten. Als die evangelischen

Regenten

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hörten, daß der junge Kaiser ihren Glauben ausrotten und die Bistümer und

Klöster wiederherstellen wolle, brausten sie auf: Sollen wir zu den Untertanen

sagen, euer Fürst hat sich im Glauben geirrt, ihr müßt wieder katholisch werden?

Soll in Deutschland die Geschichte um 100 Jahre zurückgedreht werden?

Entrüstung und Zorn trieb die evangelischen Fürsten zusammen. Sie

schlossen ein Bündnis und lobten sich gegenseitig zu helfen, falls sie in Dingen

der Religion geschädigt werden sollten. Sie wählten auch gleich einen General,

der ihr Heer führen sollte, wenn es zum Kriege käme. Denn sie waren

entschlossen, sich auch gegen den Kaiser zu verteidigen. Ihr Bündnis nannten sie

„Union“. Um ihre Stärken noch zu mehren, sandten sie boten zum König von

Frankreich mit der Bitte, er soll der Union beitreten. Das war nicht gut Deutsch

gehandelt.

Maximilian von Bayern sagte: Bund gegen Bund! Er versammelte die

katholischen Fürsten und gründete mit ihnen die „Liga“. So war nun Deutschland

in zwei Lager der Spalten. Fürsten standen gegen Fürsten. Jedermann wußte,

daß es zum Kriege kommen wird. Das Volk aber mußte untätig zu sehen und hatte

keinen Führer, der mit edlem Zorn dem Streit gewehrt und ins Volk geschrien

hätte: erhebet euch gegen das Verbrechen, das an Deutschland geschieht!“1)

Anno 1618 brach der Krieg aus. Maximilian von Bayern hatte sich Tilly und

Wallenstein, die besten Feldherrn, zu Heerführern bestellt. Die Liga war sich ihrer

Sache sicher. In größter Not schickten die Protestanten zum König Gustav Adolf

nach Schweden um Hilfe. Man schrieb damals 1631. Die Schweden zogen

siegreich von Norddeutschland herab. Tilly ließ sich vertreiben und erlitt eine

große Niederlage. Nun bekam auch Schwaben den Krieg zu spüren.

Schon 1628 begannen in Ottenbeuren die Lieferungen an die

durchziehenden Truppen. Auf der Lieferungsliste standen 15 Malter Korn, 10

Fuder Korn, 10 Fuder Heu, 13 Faß Wein, 3 Rinder, 30 Hennen 10 Schafe und 48

vierspännige Wage.

Die erste Nachricht vom nahen der Schweden verbreitete 1632 der

kaiserliche Generalskommissar Rudolf von Ossa in Memmingen. Er meldete, daß

die Schweden bereits über die Donau setzten. Tilly starb an seiner Verwunderung

bei Donauwörth. Augsburg wurde am 10. April eingenommen. Ein feindlicher

Vortrab mit 50 Pferden, dem bald 1000

______________________________________________________________________ 1) Nach Fikenscher, Deutsche Geschichte, 1938, Verlag Pögel, Ansbach.

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Fußgänger folgen, rückte gegen Memmingen vor. Selbst Gustav Adolf kam am 25.

Mai mit zahlreicher Begleitung nach Memmingen und nahm im Fuggerbau

Quartier. Memmingen blieb von den Schweden bis Dezember besetzt. Dann

kamen die Kaiserlichen. Zwei Tage vor Weihnachten stellten sie auf dem

Stadtfriedhof wo ehedem die St. Niklasprobstei stand, das große Geschütz auf.

Am Weihnachtstage begann die Kanonade auf die Stadt. Am zweiten Tage darauf

stürzte das Kalchtor ein. Nun rückten die Kaiserlichen ein. Die Schweden erhielten

freien Abzug mit dem Seitengewehr. Den Bürgermeister schickten sie als

Gefangenen nach Tirol. Die Stadt bezahlte 6000 fl Strafgeld.

Auch in Ottenbeuren lag eine schwedische Schutzmannschaft. Diese wurde

nach Einnahme der Stadt überrumpelt und gefangenen genommen. Der

schwedische General Horn sah darin einen Verrat und drohte dem Abt. Letzterer

floh nach Kempten und starb bald darauf am hitzigen Fieber in Lindau. Das ganze

Konvent floh nach Salzburg und Ingolstadt, kehrte bald wieder zurück, um 1634

wieder zu fliehen.---Wieder kamen die Schweden und rückten in Memmingen ein.

Melchior Wurmbrandt nahm sich die Herrschaft Ottenbeuren zu eigen und stellte

hier seine Beamten auf. Sein Kanzler wurde Johann Meidler. "Das hiesige Stift

war von allen Klostergeistlichen verlassen. Es ist zu einer schwedischen in

geworden und des Raubens sah man kein Ende. Den 16. Mai plünderten sie

Niederdorf, den 30. Ungerhausen, den 3. Juni Sontheim, einige Tage darauf

Grönenbach, Wolfertschwenden und Böhen. Die Pferde waren weder auf der

Weide noch auf der Straße sicher. Die Bauernjungen zwang man zum

Kriegsdienste. Der Bauer fand keine Luft mehr an der Fortsetzung des Feldbaues.

Deshalb sah sich der Stiftskanzler Melonius genötigt, scharfe Befehle an die

Bauern ergehen zu lassen. Die Lieferungen nach Kempten betrugen nicht weniger

als monatlich 200 bis 300 Malter schwerer Frucht; dazu forderte der schwedische

Stadtkommandant von Memmingen 56 Malter Roggen. Er schrieb am 16. August

1634 nach Ottenbeuren: Ihr sollet wissen, daß ich im Weigerungsfalle den Anfang

mit dem Verbrennen eines Dorfes mache und damit so lange fortfahren werde, bis

die ganze Herrschaft Ottenbeuren weggebrannt ist. Darnach hat ihr euch zu

richten. Hiermit Gott empfohlen... (Unterschrift.) Seiner königlichen Majestät des

Reiches Schweden Oberster und Gouverneur von Memmingen.--- Die Lieferung

hatte sich etwas verzögert. Das hatte für den Stiftskanzler Meidler zur Folge, daß

er am Beninger Kopf von 4 Schweden ausgeplündert und ermordet wurde.

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Nach der Schlacht von Nördlingen mußten die Schweden unsere Gegend

verlassen. Wurmbrandt viel bei Neresheim Kroaten in die Hände. Sie banden ihn

mit einem Stricke und führten ihn unter dem Spotte „Abt von Ottenbeuren“ zur

Schau. Hernach versetzten sie ihm manche Wunde und spalteten sein Haupt.

Jeremias Mayr, der als einziger Geistlicher hier aushielt, berichtet aus dieser Zeit:

erbärmlich ist die Lage unserer Untertanen; aller Orten ertönt nur Ach und Wehe!

Die Not ist aus Mangel an Brot aufs höchste gestiegen. Da sich alle Kaiserliche

nach Augsburg gezogen, so erlauben sich die Feinde in diesen oberen Gegenden

desto mehr Mutwillen und Ausschweifung. 270 Malter Getreide mußten nach

Memmingen geliefert werden; unter dem gemeinen Volke geht nur die eine

Sprache, daß sie entweder Haus und Hof verlassen, oder des Hungers sterben

müssen; im Kloster sind die Zimmer noch ziemlich ganz. Nur wo man etwas

Verborgenes ahnte, sind die Böden aufgehoben und alle Schränke, Behältnisse

und Türen zerhauen. Die Kirche und die Apotheke sind sehr schonend behandelt.

Die Büchersammlung litt vieles. Schlimmer verfährt man mit den Zehentscheunen

und mit der Habe. Alle Scheunen mit Ausnahme der zu Frechenrieden sind leer.

Von Pferden und Hornvieh sieht man nur noch wenige Stücke. Drei Schafe

machen die ganze Klosterhabe aus. Die Hausdienerschaft ist untereinander

spaltig und kommt nur einmütig bei Tisch zusammen. Die zwei Amtmänner von

Böhen und Attenhausen hat man wegen versäumter Lieferungen in Eisen

geschlagen. Am Server 17. Dezember wurde das Dorf die Dietratried und Thalrast

ausgeplündert. Nichts aber übertrifft die unmenschliche Weise, wie die Schweden

von den Leuten die verheimlichten Gelder erpreßen. Einigen stießen sie in dieser

Absicht Ahlen und Pfriemen durch die Waden, anderen schossen sie um

Schrecken zu verbreiten, entweder zwischen den Füßen durch oder jagten die

Kugel durch den hohlen Leib. Wieder anderen füllten sie Wasser oder Jauche ein

und drohten auf den aufgetriebenen Leib zu springen (Schwedentrunk!). Andere

sperrten sie in Badeöfen und heizten solange, bis die Leute in ihrer Not

verborgenes Geld hergaben. ---

1635: Unsere Untertanen werden wegen der Räubereien mit jedem Tage

ärmer, und wegen der Auswanderung jeden Tag an Zahl weniger. Am 11. Januar

plünderten die Feinde Frechenrieden, am 12. die Dörfer Günz und

Rumoldshausen, wo sie 60 Wagen mit Beute beluden, am 16. die zwei

Waldmühlen, wo sie den Müller Stephan (Geromiller) zum Tode aufsuchten und

dessen Eheweib durch den Leib schossen und die Hausgenossen erbärmlich

mißhandelten. Die Pfarrer von

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Ottenbeuren, Attenhausen, Günz und Erisried haben ihre Posten verlassen. In

unserem Gebiete sind die meisten Mühlen zerstört. Mit dem Hunger ist es auf der

höchsten Stufe; Pferdefleisch, ausgebalgte Katzen, geschundene Hunde sind die

gewöhnlichen Delikatessen der blassen Bürger; die Not zwingt sie auch, nicht nur

alle Gattungen von Mäusen, sondern auch das Moos alter Bäume, Brennnesseln

und gleich den Tieren Gras und andere, teils äußerst ekelhafte Dinge zu speisen.

Als dieser Tage dem Obersten von Wolkenstein ein schäbiger und trätziger Esel

fiel, stürzte man sich über das Aas her. Zu Boos zehrte eine Mutter ihr eigenes

Kind auf und eine andere wollte ihre Zwillinge essen. Auch von Augsburg wird

gemeldet, daß dort Menschenfleisch verspeist würde. Alles weitere Auswandern

ist unseren Untertanen verboten worden. Sie wünschen sich deswegen einmütig

einen baldigen Tod, entweder eines natürlichen oder unter dem Schlachtmesser

der Feinde. Hierin kommt ihnen die große Sterblichkeit (Pest) zu Hilfe. An einem

Tage trug man hier 5 Bürger zu Grabe. Vier derselben hat der Hunger entseelt.

Memmingen zählte in diesem Jahre beiläufig 3000 Verstorbene. So raffte die Pest

noch jene hinweg, welche der Hunger zurückließ. Kurz das Elend ging über alle

Beschreibung und dauerte mit allen seinen Greueln bis zum Ende des

Brachmonats1).“

Nun war das deutsche Volk dem verbluten nah. Alles sehnte sich nach

Frieden und Einigkeit. Da trat Frankreich auf und zerstörte alle Hoffnung. Laut

krähte der gallische Hahn und rief die vertriebenen Schweden zurück. Wieder

trugen sie den Schrecken in das Land. 1646: "jedermann dachte an Selbstrettung

und Flucht. Der hiesige Abt, der Prior, der Großkellner, alles flüchtete. Selbst der

Vorstand des Marktes, seine Vierer und die Gastwirte schlossen ihre Häuser,

ließen alles im Stich und flohen nach Memmingen. Nur Jeremias Mayr blieb. Am

21. Weinmonat forderte man von Ottenbeuren 50.000 Portionen Brot. Acht Tage

später rückte eine ganze kaiserliche Armee in das Günztal ein. Der Kaiser nahm in

Sontheim Quartier, der General Hatzfeld im dortigen Pfarrhause, der General

Wehrt blieb in Westerheim, acht oder neun der kaiserlichen Obersten lagen in

Frechenrieden und den umliegenden Ortschaften. Selbst der feindliche General

Wrangel hielt sich am gleichen Tage mit seinen 20000 Pferden zu Buxheim auf.

Am letzten Tage des Weinmonats brach die kaiserliche Armee auf, leerte zuvor

alle Scheinen des Günztals, sammelte sich auf den Samen=

_______________________________________________________________ 1) nach Feyerabend III, 348-460.

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feldern zwischen Hawangen, Benningen und Ungerhausen und bezog in

Heimertingen das Hauptquartier. Jeremias schreibt: Von den oberen in

Dorfschaften und Weilern kommt mir schon Monate lang kein Mensch mehr unter

die Augen. Die vom oberen Pfarranteile halten sich die meisten zu Liebenthann, in

dem sogenannten Thalrast, zu deren, oder Grönenbach oder Memmingen, die

anderen von Attenhausen, Frechenrieden, Altisried u.a., beinahe 800 an der Zahl,

in dem hiesigen Kloster auf. Nähert sich ein feindliches Streitkorps, so gibt man

mit einer Glocke aus dem Turme das Zeichen, worauf jedermann auf die Rettung

seines Eigentums und auf eine Notwehr aufmerksam gemacht wird. Da nun des

feindlichen Hin= und Herschwärmens kein Ende ist, so tönt die Sturmglocke fast

immer. Am ersten Adventsonntag rückte zuerst eine starke feindliche Kompanie,

die sich nach Wald zog, früh morgens hier ein. Ihr folgte eine zweite und endlich

die feindliche Armee. Türenne, der französische General, nahm das Quartier im

Gotteshause, das er nach einigen Tagen schonend zu behandeln befahl. General

Königsmark lag zu Ungerhausen, General Wrangel zu Rotenstein. Aller Orten

verrieten die rauchenden Brandstätten den dort gelagerten Feind. Zu Beningen,

Westerheim, Hawangen, Günz, Ungerhausen, Thalrast und in den Weilern

Tennenberg, Halbersberg, die u.a. standen überall eins oder mehrere Häuser in

Flammen. Jetzt flüchtete selbst Jeremias nach Memmingen, wo er schon 270

ottenbeurer Untertanen antraf. Am 12. Dezember brach der Feind sein gegebenes

Wort, zerbrach, zerstörte, raubte alles und legte sogar an zwei Orten des

Schlafhauses Feuer an, dessen Ausbruch jedoch die Dienerschaft hindern konnte.

So hatte Frankreich den Krieg fast um fünf Jahre verlängert. Endlich im

Oktober 1648 setzten sie ihre Feder zur Unterschrift an. Wie sie ihre Namen

schrieben, waren sie sich sicher, daß sie damit Deutschland für immer als eine

Macht der Welt aus fügten. So sah das Reich nach diesem Schmachfrieden aus:

Das Land zertreten, verwüstet, ausgeraubt, ausgebrannt, die Bevölkerung

auf ein Drittel, in manchen Gegenden auf ein Zehntel zusammengeschmolzen.

Wertvolle Stücke, die Schweiz und die Niederlande, aus dem

Reichsverbande geschnitten. Frankreich griff an den Rhein und nahm Elsaß.

Schweden riß den Seehandel an sich und nahm die Weser=, Elbe= und

Odermündung.

Die Einheit des Reiches war vernichtet. 360 Länder und Ländchen gab es

nach dem Krieg und jedes war selbstständig. Von der Macht des Kaisers blieb

nicht viel mehr als der Titel.

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Das deutsche Volk in Konfessionen zerspalten. In jedem der 360 Ländchen

bestimmte der Fürst die Religion seiner Untertanen. Das war kein Volk mehr,

sondern ein Gemisch von feindlichen Brüdern.

In ein solches Deutschland kehrten die geflohenen Bauern und Bürger

zurück, selbst bettelarm, gemartert an Leib und Seele. Beinahe hätte das Reich

diesen Aderlaß nicht überstanden. Darob hat der gallische Hahn gar laut Dekret.

Aber umsonst. Neues Blut zog zu aus der Schweiz und aus Österreich. Neue

Namen klingen in unserer Heimat. Das deutsche Volk hat sich wieder erholt zum

Ärger unserer Feinde.

Unser Deutschland ist jedes Opfer wert!

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Anhang

Die Mahl= und Sägemühlen.

Wenn ein Markt mit kleiner Flur und wenig Bauern gleich drei Mahlmühlen

aufzuweisen hat, so bedeutet das schon etwas Besonderes. Es gab schon in alter

Zeit größere Gemeinden mit vielmehr Ackerfläche und nur einer Mühle. Der Grund

ist zunächst die Zweiteilung des Marktes in einen unteren und oberen. Nach ihrer

Zugehörigkeit erhielten auch die Mühlen ihre Namen.

1. Die Untermühle. Sie liegt unmittelbar am ehemaligen Reichshof und der

Fronfeste. Somit war sie schon zu Sylach ein Bestandteil des Reichshofes, also

Reichshofmühle. Der Müller hatte das in den Hof und in die Schranne gefahrene

Getreide zu mahlen, ebenfalls auch den Getreidezehnten des Dekans. Da hatte er

schon so viel zu tun, daß die Ottenbeurer Bauern nicht mehr zu ihm kommen

durften. Sie benutzten weiter ihre Handmühlen. Als Entschädigung gab man dem

Müller auch in späterer Zeit etliche Jauchert Ackerfeld zur Nutznießung, nicht als

Eigentum. Die Mühle war samt ihren Grundstücken vor der Säkularisation niemals

Eigentum eines Müllers. Sie teilte das Schicksal des Reichshofes. Nach dessen

Zerfall wurde sie Fronhof= und Burgmühle. Wann die Fronfeste an das Reichsstift

kam, haben uns die Klosterschreiber leider nicht hinterlassen. Jedenfalls war das

bald nach 1220. Von da an wird sie Klostermühle. D.h. sie geht in klösterlichen

Besitz über und wird vom Abt zunächst als gewöhnliches Lehen, dann als

Erblehen an die Interessenten vergeben. Der Müller hatte sich an die

vorgeschriebene Malordnung zu halten und gab dafür sein Lehen Geld. Von jetzt

an stand die Mühle den Bauern des unteren Marktes und allen jenen Auswärtigen

offen, welche auf herrschaftlichen Befehl dort mahlen lassen mussten. Sie wurde

damit eine Zwangsmühle. Der Müller hatte das Recht, sich beim Abt zu

beschweren, wenn ein ihm zugewiesener Bauer eine andere Mühle aufsuchte.

Solches Verhalten zog Strafe nach sich aus leeren Briefen1): anno 1425 wird die

untere Mahl= und Sägemühle zu Ottenbeuren samt einem Mahd, Haus,

________________________________________________________________

1) Lehenbuch d. R.St. Ottenbeuren Nr. 18, Staatsarchiv Neuburg.

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Hofraithin und allen Zugehörden vererbt an Hansen Böcken von Altusried.

Abt Wilhelm zu Ottenbeuren verleiht am 16. Okt. 1469 dem Peter Maier,

Müller von Altusried, die Mahl in und Sägemühle mit Haus, Wiesen, Priel, Wasser

und Ehehäften im Flecken zu Ottenbeuren an der Gasse, die hinaus an das Espan

(d.i. Viehweide) geht, gegen Giltreinis. Beim Weiterverkauf ist die Mühle zuerst

dem Abt anzubieten1).

21. Februar 1549: Math. Schwegelin von Böhen welcher mit Genehmigung

des Abtes Kaspar zu Ottenbeuren die Untermühlin liegen zu Ottenbeuren von

Lienhard Martin von (Inhaber seit 1537) erkauft hat, verspricht die gleichen

Bedingungen zu halten, wie sie im Lehenbrief vom 16. Oktober 1469 beschrieben

sind: Siedler: Peter Tuffelin, Ammann des Marktes Ottenbeuren XX1). In der

Urkunde 770 wird das Wehr bei der unteren Mühle erwähnt (Jahre 1514).----- Am

27. Dezember 1550: Bastian Kurter, Untermüller zu Ottenbeuren, und seiner

Hausfrau Anna Kiltprandin, geben mit Erlaubnis ihre Mahl=, Säg= und Bläumühle,

so ein Erblehen des Gotteshauses ist, an die ehrwürdige Mutter und Schwester 3.

Regel St. Franziskus zu Oberwartshausen auf 8 Jahre II2).---- Am 23. Februar

1551 wird die Mühle eingetauscht von Martin Zick zu Böhen samt den 2 Tagwerk

Mahd und einer Baindt II3).------ drei Urfehdebrief gegen Leonard Martin den

"Untermiller" von Ottenbeuren erzählt, wie er seine Güter verbotenerweise an

einen Juden verpfändet hatte und solche Verpfändung und Belastung der Mühle

beim Verkauf derselben verschwiegen hat. Er wird deswegen ins Gefängnis

gesetzt und ausgewiesen (s. Judenartikel!)4). --- Anno 1558 wurde die obere und

untere Mühle vom Abt neu gebaut.---Am 4. Mai 1626 verkaufte Johann Steger der

Pfarrer von Hawangen, Ludwig Steger, Hauptmann zu Eheim, und Hans Hubeler

von Blumenried bei Haldenwang um 260 fl an Martin Eggensberger dem

Untermüller und Bürger zu Ottenbeuren, ihrem Schwager, einen Acker beim

Siechenhaus zwischen Endres Weiß dem Krämer und Jerg Biechele gelegen,

grenzt auch an das Gotteshaus und an das Kapellenbestandsgut. Ferner auch

einen Acker auf dem Ulrichsried 5).

2. Die Obermühle ist von Anfang an eine Klostermühle, bestimmt für die

Bauern des oberen Marktes und für die Klosterpfarrei. Also auch eine

Zwangsmühle. Nach folgender Urkunde müsste die Behörde damals an anderer

Stelle ge=

________________________________________________________________

I.) Urkunde 318a Staatsarchiv München. II.) Urkunden Nr.: 1) 1331a; 2) 1381; 3) 1394; 4) 3209; 5) 2526 München.

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standen haben: "Haus, Hofstatt und Garten oben im Flecken an der Günz, da die

obere Mühle gestanden, wurde verliehen an Bernhard Müller wegen seiner

Verdienste, am Montag auch Laurenti 15381)." --- 1575 neu erbaut. Beide Mühlen

zeigen heute noch das Klosterwappen.

3. Urkundenauszüge: die Urkunde Nr. 432 (München) nennt anno 1485

Konrad Gunlin genannt der Obermüller zu Ottenbeuren. Gunlin waren am

Bauerntag beteiligt!--- Am 26. Juli 1488: Gunlin, Müller der Obermühle zu

Ottenbeuren, und seine Hausfrau Christina Hering verkaufen dem dortigen Abt um

30 Pfund Haller Ewigafterzins aus ihrem Gute zu Eggisried, nämlich Haus und

Garten, genannt der Lyndengarten 1 Priel beim Brunnen…. Siegler: Junker Joos

von Ampfelbrunn zu Ottenbeuren2).

20. September 1498: Michel Güblin zu Wetzlins und seine Hausfrau Agnes

Schorerin verkaufen an Hans Mösch, den Zimmermann zu Ottenbeuren um 114

Pfd. Heller Haus und Garten zu Ottenbeuren ob der Obermühlin an der Günz bei

den Brücken an der Straß neben des alten Lathenmiers und der Schlitterin Gesäß.

Siegler: Graf der Ammann des Marktes in Ottenbeuren3).

Die Eldernmühle entstand in der Winterzeit. Sie war Burgmühle zum

Schloss Katzenbrunn. Dazu gehörten eine Mahl=, 1 Sägmühle und eine

Gerberlohstampfe4).

Das Haus der Armen oder Sondersiechen zu Ottenbeuren.

Nach der durchaus glaubwürdigen ottonischen Urkunde vom Jahre 972 ist

das hiesige Armenhaus eine Stiftung Karls des Franken. Der Stiftungsfond

bestand aus dem Zehnten in Illergau von Kirchdorf bis an die Moosmühle bei

Dachsberg5). Wegen der Befreiung des Klosters vom Heeresdienste viel dieser

Landzehnt an den König bzw. an das Reich zurück. Ausgenommen waren die

Bestandsgüter, also jene, die schon unter dem Kloster standen. Somit war von

Anfang an das Armenhaus eine eigene Stiftung, jedoch unter klösterlicher

Aufsicht.

Im Jahre 1524 hat das Armenhaus den Namen gewechselt. Von jetzt ab

heißt es in den Urkunden6) "das Sondersiechenshaus am Beld vor dem Markt".

Den Zweck desselben beschreibt uns der Kanzler v. Meckbecker in seiner

statistischen

_________________________________________________________________

1) Lehenbuch d. R St. O. Nr. 18, S. 3, Staatsarchiv Neuburg; 2) 460 München 3) Urkunde Nr. 612 Staatsarchiv München. 4) Kreis=Int.=Blatt 1816, S. 188. 5) Feierabend I, 364. 6) Urkunde 1375 Staatsarchiv München.

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Übersicht des Reichsstiftes Ottenbeuren1) unter dem Abschnitt: Wohl-

tätigkeitsanstalten. "Es ist ein sogenanntes Siechenhaus vorhanden, wohin

diejenige Gattung von Kranken, welche des Abscheues halber nicht unter ihren

Mitmenschen zu dulden sind, gebracht und mit allem Nötigen versorgt werden;

wozu zwar einige Stiftung vorhanden ist, von dem Gotteshaus aber jederzeit

beträchtliche Zuschüsse geleistet worden sind."

Urkundenauszüge: 10. Februar 1550: Barth. Ungelehr und Meichel Miller,

beide Pfleger des Sondersiechenhauses am Beld vorm Markt Ottenbeuren 2).

3. Mai 1461: Kaspar Tuffelin, Kirchherr zu St. Peter von Ottenbeuren,

geboren in Engetried, stiftet eine ewige Frühmesse in die Nikolauskapelle…. Der

Kaplan hat ein eigenes Haus mit Garten neben seiner Kapelle im Spitalgarten; er

muss dieses Pfründhaus baulich unterhalten. Die Zinsen und Gilten der Kaplanei

sind beim Amtmann in Ottenbeuren zu deponieren 3).

1594: am 24. März errichtete der Pfarrer Wolfgang Beringer von

Frechenrieden sein Testament. Unter Punkt 4

_________________________________________________________________

1) Klosterarchief Ottenbeuren S. 31. 2) Urkd. 1375 Staatsarchiv München.

3) Sonth. II, 583.

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vermacht er den Sondersiechen zu Ottenbeuren 60 Gulden. Von den 3 Gulden

Zins sollen die Siechenpfleger den Sondersiechen Wein, Brot, Kleider oder

anderes nach der Siechen Wunsch reichen.--- Unter. 8 stiftet er der Pfarrkirche St.

Peter in Ottenbeuren 40 Gulden. Von diesen Zinsen soll 1 fl der Pfarrkirche selbst

und 1 fl den Armen von Ottenbeuren zukommen. Als Testamentsvollstrecker

wurde Abt Gallus und der Kämmerer Jak. Huber zu Ottenbeuren aufgestellt1).

1617: 24. Oktober. Michel Weißenhorn, Bürger und Bierbrauer im Markt

Ottenbeuren, verkauft 240 fl an Christoph Schwegelin, Metzger, und Leonhard

Reher, Bildhauer, beide Bürger zu Ottenbeuren und Pfleger der Sondersiechen,

2fl Ewiggeld aus dem Armengärtle beim Haus zu des Gotteshauses Braiten und

der gemeinen Gasse am oberen Flecken2).

1782: "Als der Pfarrer Thrieß zu Ungerhausen in Erfahrung brachte, dass

das Reichsstift Ottenbeuren entschlossen sei, ein Spital zu erbauen, stellte er

demselben in seinem Testament vom 26. Juni 1782 nicht weniger als 3000 fl zur

Verfügung mit der Bestimmung, dass die Renten davon zum Unterhalte eines

armen, alten, presthaften Pfarrerkindes von Ungerhausen oder Erkheim

(hauptsächlich aber aus seiner Verwandtschaft) verwendet werden sollen.… Das

Spital wurde errichtet, musste aber am 7. Juli 1823 die Stiftungssumme wieder

herausgeben. Ungerhausen erhielt nach der im Jahre 1833 erfolgten Ablösung der

Naturalleistung 1425 fl. Die Thrieß'sche Stiftung besteht nun in Ungerhausen

fort3). Der Spitalgarten mit 1 Jauchert und 9 Tagwerk Wiesen wurde 1811 um 155

fl verkauft4)."

Das Armenhaus stand auf dem Kellerberg gegenüber dem Spital. Im Jahre

1802 hat der Staat den Stiftungsfond an sich genommen.

Die Bleiche.

Frägt man in Ottenbeuren nach der Bleiche, so weiß jedes Kind Bescheid.

Es führt uns an die Straßenkreuzung des Konenhofer Weges und zeigt nach

rechts. Wir sehen da ein Bauernhaus mit einem größeren Obstgarten, ein

Pfründhaus und einen Neubau. Keine Spur von einer Bleiche. Das war einmal.

Der Bleicher hat sein Handwerk aufgegeben, als im Jahre 1803 die

herrschaftlichen Gründe samt der Walk

_________________________________________________________________

1) Sonth. II, 168. 2) Urkunde Nr. 1035 Staatsarchiv München. 3) Sonth. II, 501. 4) Rottenkolber, Die letzten Jahre des R. St. Ottenbeuren und sein Ende.

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versteigert wurden. Es hat ihn aber auch nicht gereut, denn die Leinenfabriken haben ihm ohnedies sein ganzes Geschäft verdorben. Den Webern ist es auch nicht besser ergangen. Auch sie haben sich nach einer anderen Beschäftigung umgesehen. So ist dem Bleicher nichts anderes übrig geblieben, er mußte sich umstellen. Aus seinem Weber= und Bleicherhäuschen wurde ein Bauernhof, aus der Rasenbleiche Plan Nr. 555 ein Obstgarten. Die Walk ist verschwunden. Heute

Geometrische Aufnahm über verteilte Grundstücke im Marktflecken Ottenbeuren, anno 1803/ Jos. Lerner, Feldmesser.

erinnern nur noch der Hausname und die Kirchenbankschildchen an die Weber, Bleicher, Strumpfstricker und Portenwirker.

Schon im Jahre 1083 lesen wir im ottenbeurer Bürgerverzeichnis 1) von einem "Hainrich in der Blaiche", der seine Steuer zu bezahlen hatte. Darauf sollten die Ottenbeurer stolz sein, haben sie doch damit den Nachweis, daß in ihrem Markt schon in ältester Zeit Fleiß und Handwerkskunst zuhause war. Wieviele Leinenballen mögen die Weber in allen den vielen Jahrhunderten zum Bleicher und von ihm weg in die Welt hinausgetragen haben?

Der Bleicher hatte die Aufgabe, die ihm anvertrauten flachsfarbenen Stoffe zu bleichen. Dazu benötigte er einen

____________________________________________________________________________________

1) Seite 61.

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größeren Rasenplatz (siehe Plänchen) vor seinem Hause. Mithilfe von Gras,

Wasser, Sonne und Walkerde (chlorhaltig) entzog er den Stoffen die Farbe.

Zu einer richtigen Bleiche gehörte auch eine Walke. Diese stand, wie das

Plänchen zeigt, am Bleichplatz. Das notwendige Wasser schickte der Bannwald

direkt in die Hütte hinein. Die Arbeit in der Walke war nicht einfach, solange das

Quetschen und Stoßen der Tuche, welche eine Verfilzung der Härchen im

Gewebe herbeiführen sollte, mit Handstößeln betätigt werden mußte. Da hat der

Walker sein tägliches Brot mit vielen Schweißtropfen verdienen müssen.

Später bekam es der Bleicher leichter. Als das Kloster zu irgendeiner Zeit

die Bleiche an sich riß, beseitigte es zunächst jede Konkurrenz, indem es ihm die"

Bleich= und Walkgerechtsame" verlieh. Dann baute es ihm die Walke zu einer

Walkmühle oder zur sogenannten Hammerwalke aus. Wir stellen uns eine solche

ähnlich vor wie eine Ölstampfmühle, mit schweren hölzernen Hämmern, welche

mittels einer Daumenwelle gehoben werden. Beim Niederfallen quetschen sie das

nasse Tuch im Behälter und vermögen es mittels einer besonderen Vorrichtung

auch zu wenden. Eine Verbesserung der Hammerwalze bildete die Druck= oder

Kurbelwalze. Die ganze Maschinerie wurde von einem kleineren Wasserrad

getriebenen. Zu diesem Zwecke hat man die Bannwaldquelle verstärken müssen.

Man hat ein kleines Büchlein vom sogenannten Kieferweiher beim Josefinenfeld

heruntergeleitet zum Finanzamt und am Hang herüber zur Bleiche ins Walkhaus.

Das Abwasser floss dann nach Osten und hatte das Wasserrad der alten

Klostermühle (vor dem Klosterneubau!) zu treiben.

Vor der Bleiche, Haus Nr. 205, stand einst ein hölzernes Kreuz, welches

1798 durch ein eisernes ersetzt wurde. Am hölzernen war eine Bleiplatte mit

lateinischer Inschrift angebracht, welche übersetzt lautet: Dieses Kreuz, so

berichtet die fromme Überlieferung der Vorfahren, wurde zur Zeit, da der

grausame Schwede unserer Gegend verwüstete, von einem gottlosen Soldaten

von vorne wiederholt mit einer Musketenkugel beschädigt; es erzeigte sich dem

Volke, das voller Vertrauen in schwerer Not zu ihm rief, jahrhundertelang

wunderbar gnädig und gewährte bis zum heutigen Tage reiche Barmherzigkeit. Im

Jahre 1798 erneuert.---Nach anderer Mitteilung soll lange Zeit unter dem Kreuze

ein blechernes Gefäß eine Inschrift verwahrt haben. Bei der letzten Erneuerung

des Kreuzes wurde die Kapsel aber nicht wieder aufgefunden.

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Ottenbeurisches Heudienst=Register von 15391).

Hans Stom Pollenbrezin die alt Melcher Kemmerlin Melcher Bauer Hansen Herings Witwe Michel Hirt Besti Epplen Hansen Cunlins Gret Besti Müller Anna Kellerin Barbara Speicherin Jerg Ornenberg Benz Aberlen Ugga Gresin Bernhard Müller die alt Ganzlerin Gg. Becker Peter Vetter ?Grauzerin Michel Schweitzer Thoni Hergetbeck Ursel Schererin Hiltgard Schererein Stachus Wörtz Jerg Theuvel ? Egtenspergerin Hans Bürk Balthas Ferber (f. Bauern= Veit Wangner krieg!) Ludwig Teuffel Michel Ketzler Bartholme Bader der alt Hans Benz Schmied Jeck Schorer Gans Thurba ?Graumerin Peter Bonenberg Michel Scherer Jerg Bonenberg Jakob Graff Martin Müller Hans Albrecht Urban Maier ?Gelderer ? Apper ?Schamm Hans Merkle Hans Wagner Wolf Albrecht Hans Ferg Martin Pfister Hans Jerg Sperr Gret Hermennin Öchslin Petter Miller Hans Besth Els Drenerin Hans Albrecht Urban Bonenberg Endres Prey Hans Österich Barthleme Zick am riegel Jerg Gropper Anna Knepin Gropperin die alt Anna Reitherin Michel Müller Madlen Keßlerin Getraud Kargin Hans Salb Anna Hippsch Hans Kniering Thomann Bonenberg Hans Albrecht der Weber Benz Kirtzer Ketter Guntterlerin Michel Wolf ?Baindelin Veit Schilch Hans Thraber Veit Motz Hill Beglerin Jerg Sperr Peter Brandholzer Beste Schlosser Symon Schmid Appel Burgerin Ketter Lererin Adam Zett Jerg Bander Endres Ketzler Bernhard Syber Barbara Speicherin Jerg Schuster Ursel Schererin 1) Staatsarchiv Neuburg, Lit. 676 R.S.D.

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Caspar Schelhoren Jeck Koch Hans Gelder Petter Stehelin Blesi Retz Hans Zettler Hans Ziegler Hans Syber Jeck Bader Hergetbeck Hans Cunlin Hans Hilprandt Ludwig Sauter ? Schmid Jerg Schmied Kaspar Motz Heinrich Schmid Ulrich Müller

Verzeichnis der ins Kloster giltbaren Bürger.

(Giltbuch 1561 und 1650) Anno 1561: Höltzlin Baltes Albrecht Hans, gen. Briechlin Karg Hans Albrecht Hans der Ziegler Karg Stephan, Fischer Albrecht Albrecht Keßler Ludwig Bauer Martin Keßler Endres Biller Konrad Keßler Michel Beurerer Math. Kennwetter Bastian Bonneberg Math. Kempter Jörg Bonneberg Andreas Kimmerle Melchior Bonnebert Peter Kötterlin Hans Bonneberg Urban Kreuzer Lorenz Bonnebert Bastian Lindenmayer Hans Briechle Hans der Jung Maurus Konrad Brückler Kaspar Mayer Balthes Bürk Hans Mayer Hans der Bader Brutscher Jörg der Müller Mayer Jörg der Schuster Conlin Hans Merkle Hans der Pittel Conlin Heinrich Mesch Blesi Diepolder Peter Miller Bernhard Dieß Simon Müller Michel der Untervogt Dreyer Jörg Müller Jörg der Schneider Dreyer Georg Müller Bast genannt Weinhart Eisenmann Endres Regelin Hans Eysemann Bartle Neß Blasi Epple Bastian Neß Baltes Feinßelin Matth. Ochslin Hermann Flemmi Katharina Ochslin Jerg Geromiller Hans Ornenberg Jakob Geromiller Moritz Peppel Jörg Graf Jakob Reutemann Math., gen. Pollen= Grauf Chistians Witwe potz Groß Thoma Siber Leonhard Grueber Kaspar Syber Hans auf dem Berg Hartmann Christa Syber Konrad der Pfister Heffelin Clemens Sauter Michel der Schuster Hering Hans Sauter Heinrich der Schmied

Herz Hans Salb Hans

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Sägmüller Barbara, genannt Flecker Paul Kapellenschneiderin Förgg Hans der Koch Stehelin Peter Förgg Ludwig Stehelin Bernhard Furter Hans der Schuster Strohmayer Jakob der Koch Fren Michel Staudach Benz Gagger Jakob Sytt Veit genannt Bock Gasser Hans, Schulmeister Schmied Hans der Krämer Genßmayer Hans Schmied Jerg der Schlosser Gmeinder Georg, Müller Schmalholz Hans (Hauer) Gueri Caspar Schneider Jerg, Säger Gutter Georg Schorer Claus Günter Lorenz, Hofschneider Schwißer Jakob Groß Nikolaus Schwend Hans, Schreiner Groß Baltes Uhlin Hans der Fischer Heckel Georg, Hofbote Bischer Jakob der Weber Huber Georg, Mesner Bogelin Hans Hubeler Hans Böggelin Balthes Huith Hans Bögelin Hans, gen. Österreicher Hölzle Konrad Wagner Hans (Obermühle) Hölzle Caspar Weber Jakob Hölzle Hans, Schmied Wismüller Jörg Hölzle Mang, Schuster Wölfle Michel Keßler Endreß Wörz Kaspar der Jäger Kimmerle Kaspar Zech Peter Kimmerle Leonhard Zöttler Hans Kümmerle Peter Knaus Jakob Anno 1650: Knaus Hans Abeler Jakob der Pittel Koler Georg Bedele Sebastian Kößler Hans Beggel Dietrich Kramer Josef Bengger Michel Kramer Hans Belen Georg Kraus Kaspar, Sattler Blenk Mathias Lang Jakob Bonner Christoff, Kirschner Lang Michel Boneberg Caspar, der Laden= Leyrer Kaspar, Hoffischer macher Linder Hans Jakob Boneberg Hans, Bruder in El= Linder Zacharias dern Linder Georg Demmeler Heinrich, Unter= Magg Manz müller Martin Georg Denderle Baltes Mayer Michel Denzel Hans Mayer Christan der Bäcker Dreyer Hans, Messerschmied Mayer Jakob der Pittel Dreyer Bartl Mayer Hans, Schlosser Endraß Peter, Gerber in der Maurer, Michel, Metzger Blaiche Maurus Andreas der Bader Eggensperger Martin, Müller Menhild Michel Epple Baltes Menhild Georg Epple Caspar Menhild Anna Fischer Hans Menschorn Jakob Fischer Jakob der Färber Müller Christian

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Regele Jakob Stehelin Hans Pfau Hans Stechelin Martin Plenk Michel Stephan Caspar Pöppel Martin Stefan Christian Prack Melchior Stern Georg Rothärmel Hans Staiger Hans Jakob der Maler Ruf Michel der Hafner Sporrädlin Bernhard Sauter Christian Sporrädlin Jakob der Jung Siber Hans Uhlin Christoff Scham Hans Underbolt Claus Schieß Georg Wagner Jörg der Obermüller Schmid Bartle Wagner Hans Schmid Ulrich Waldmann Hans Schlögell Hans der Wirt Wagner Matthäus Schlögel Hansens Witwe Weißenhorn Matthäus Schön Leonhard Weißenhorn Thomas Schütz Hans der Wirt Weißenhorn Zacharias Schweighart Kaspar Wille Leonhard Schweighart Georg der Alte Wölfe Georg Schmied Max der Schlosser Thanner Hans Seitz Martin Traber Hans Stedelin Hans, Bierbrauer Ziegler Balthes Stedelin Sebastian Zink Mathias Stehelin Bernhard

Von den 19 Krämern im Markt gibt jeder 1 fl 8 Kreuzer.

Michel Frey Math. ‘Epple Mang Magg Leonhard Kimmerle Andreas Genßmayer Reher Kaspar und Mathias Jakob Sporrädlein Bartle Schmied Fischer Baltes der Alt Georg Kopp Stedelin Georg, Schlosser Ludwig Endres Michel Ruf der Hafner Joder Kimmerle Georg Stehelin der Hafner

Frondienst --- Register von 1677.

(2 Halbtage Leibdienst)

Georg Knauß, Amman Math. Endraß Hans Baumann Peter Endres, Gerber Joh. Viertel, Lebzelter Kaspar Leurer, Fischer Hans Braunmiller Math. Schweikhart Georg Maurus Michel Grimm Hans Mayer, Schreiner Hans Knaus, Metzger Hans Hölzle, Schuster Georg Endraß Franz Staiger, Mahler Hans Bonenberg Georg Dreer, Untermiller Jakob Miller, Schneider Martin Scheiber Melchior Prack Martin Huber Jakob Knaus, Kupferschmied Andreas Miller ? Linder Endres Schuster ? Beter

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Weißenhorn? Hans Fry, Bäcker Georg Miller, Schneider Thomas Weißenhorn Michel Schilling, Maurer Jakob Groß, Gastknecht Hans Huith, Bäcker Thoma Wiedemann Ambros Bockhart Ursula Blankin Christ. Karl Laffenstein Kaspar Zwerger, Zimmermann Hans Maurus, Bader Artin Mayr, Bäcker Hs. Jak. Staiger, Mahler Martin Hölzle, Schmied Hans Schweikhart, Schuster Andreas Hecke, Sattler Hans Schweikhart alt sel. Wittib Joachim Wegmann, Siebmacher Hans Ganßmayr, Kupferschmied Georg Melder, Baumeister Math. Dentel, Küfer Georg Koller Michel Fischer, Färber Hans Waldmann, Wagner Kaspar Bonnenberg Jakob Bomers Witwe Georg Künle, Glaser Hans Maurus, Zimmermann Jakob Menschorn Simon Schropp, Schreiner Kaspar Kümmerle, Maler Hans Keßler, Metzler Kaspar Schweikhart, Schuster Gregori Rabini, Weber Bartleme Kölble Josef Aichele Georg Siber Hafner sel. Wtw. Georg Klaus, Hafner Paul Schönnacher Martin Dorrer Georg Füssinger, Kiefer Georg Stedele, Schlosser Mathias Krapp Michel Kümmerle, Hafner Jakob Leurer Georg Wagner, Obermüller Nikolaus Grimm Hans Holzhai, Hofbäck Hans Lang, Hafner Georg Gufer Hans Jakob Rink Hans Sommerdorfer, Jäger Ludwig Förg Mich. Bonnenberg, Schneider Hans Negele, Wagner Christoph Götz, Küfer Jakob Fräner Franz Denth, Glaser Jakob Schweighart, Kramer Lorenz Eisenschmied, Schneider Peter Allgäuer Hans Jakob Miller, Schneider Gg. Gmeinder, Bäcker, sel. Wtw. Matthaiß Wiedemann Hans Stehele, Metzger Marx Miller, Hofmüller Marx Kümmerle Hans Förg, Sattler Jakob Zick, Ziegler Mang Hölzle, Schuster Hans Kümmerle Balthes Kröbmayer, Weber Jakob Negele, Wagner Johann Keller, Gärtler Christian Mehnschorn Konrad Hölzlins Wittib.

1) Staatsarchiv Neuburg, Lit. 676 R.St. O.

Die Flurnamen.

Die Flurnamen sind für die Ortsgeschichtsforschung von größter Bedeutung.

Sie können uns manche verloren gegangene Urkunde ersetzen, da sie zum Teil

bis in die älteste geschichtliche Zeit zurückreichen. Die wichtigesten Namen sind

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in unserer Abhandlung verwertet worden. Es folgte deshalb hier nur noch eine

Zusammenstellung mit kurzer Erklärung. Die beigegebenen Zahlen sind die

Plannummern.

Historische Flurnamen: 1098 an der Schelmenheide am oberen

Gottesacker; 1157 Schelmenheide am Brandholzfeld; 1082 an der Schelmenheide

in der neuen Kultur; 1181 ob der Schelmenheide; 1164 an der Schelmenheide;

1102 die Schelmenheide; 1100,1101 in der Schelmenheide; 1093 beim

Katzenbronnen in der Schelmenhaider. Die Schelmenhaider ist das keltische

Gräberfeld zwischen dem Friedhof und der Ölmühle (S. Plan!). Das Brandholzfeld

erinnert uns daran, dass der Wald einst durch Brand vernichtet und der Boden

zum Ackerfeld gemacht wurde.

728 im Königreich, 697 kleiner Acker im Königreich, 944 in der Kelle am

Königreich, 708, 727 im Königreich, 713 a Acker am Königreich, 716 Wert großer

Acker im Königreich, 715 Königreichteil, verteilt an die Gemeinderechtler im Jahre

1796; 693 und 698 am Königreich. Die aufgeführten Grundstücke gehörte dem

König und dem Bereich, später als königliche Lehen dem Kloster (S. Flurplan!).

1822 beim Lausbaum im unteren Wald; 1821 ½ Ödung beim Lausbaum, im

Besitz der Gemeinde. Lausbaum von Losbaum. Solche historischen Plätze

blieben vielfach im Besitz der Gemeinde.

422 Armenhaugärtle; 399 Spitalgarten unterm Armenhaus. 1595 das Ulrichs

riet, gerodet im Auftrage des Bischofs Ulrich. 463 beim Galgen, 437, 438, 1245

Krautgärten beim Galgen, 1617 unterm Galgen; der Galgen stand an der alten

Memminger Str. Nicht weit davon Nr. 1618 ½ der Kopfhausplatzweg; er führt aus

Plan Nr. 445 über 1618 und 389 ½ ; 1620 beim Kopfhaus am Schinderbächle im

unteren Wald. Haus Nr. 16 ½ beim Galgenbalthes auf Plan Nr. 333. --- Zum

Anwesen des Scharfrichters und Waffenmeisters Haus Nr. 214 gehörte die

Grundstücke 519 beim Meister, hinterm Meister, 515 Meistergarten hinterm kalten

Bronnen, 1635 der Schindbihl, 1842 am Schindgarten im unteren Wald, 521 das

Meistermahd hinter dem Meister. Dem Gerichtsschreiber (Haus Nr. 220 -- beim

alten Gerichtsdiener) gehörte 1248 und 1250 die Gerichtsschreibererget, 1249 die

Gerichtsschreibererget in der Bärfallen! Dem Ammann 692 das Ammannsmahd,

ferner 1595 der Großacker. Die “Braitin” (erwähnt 1566) dem ehemaligen Meier.

Die vielen Hofäcker und Hofwiesen an einem zusammenhängenden Stück

gehörten in den Reichshof, spatter zum Teil der Gemeinde und dem Kloster, auch

einzelnen Bauern. Die Hof=

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äcker liegen zwischen dem Friedhof und der Günz, die Hof fließen weiter östlich

(S. Plan!). 833 Hofacker am Herrenweg, 3111 auf der Hofwiese, 1304 die

Hofwiese, 1304 ¼ wie Hofwiese in den Hofwiesen, 1288 die Hofwies, 833

Hofacker am Herrenweg, 1000 eine sechsten 60 Hofacker bei der Kürchstetten,

835 ½ der alte Herrenweg (nach Eldern). An den Kämmerer erinnern 1513 der

Kämmererwinkel, 584 der Kammerpointacker. --- 1367 bei der Schießhütte, 227

der obere Schießplatz, 1347 die Exerzierplatzwies bei der Schießhütte (1,57

Tagw.), 1010 der Franzosenteil (Franzosengräber!), 1024 Franzosen-

gottesackerwies am Wechselmahd (3,04 Tagw.), 611 bei der Dörrhütte, 243a die

Dörrhütte mit Gebäude (Gemeinde). Über tiefen Gruben hat man hölzerne Hütten

gebaut und darin den Flachs gedörrt. So wurden die vielen Hausbrände

eingeschränkt. Die Bauern hatten den Flachs hinterm Ofen gedörrt. 604 bei der

Dörrhütte in der Kälberweide. 582 ½ der Klosterstadelweg (zum Zehentstadel).

867 hinterm Klösterlein ab Eldern, 768 beim Eldernwirt in der Kelle. 561 am

Konohoferberg (Ödung). 1496 auf der Blaiche, 560 unterm Konenhof in den

Amtshausreutäckern und der Blaiche. 407 ½ ob dem Kieferweiher auf dem

Josephinenfeld (Josephine Durocher, erwähnt 1812). 424 Acker beim Keller am

Armenhaus, 423 ob dem Keller, 422 ½ der Keller weg. 1042 in der Köhle

(Kohlenmeiler). 1288 bei dem Abdecker (zur Waffenmeister bei). 11, 15 Platz,

worauf die Kramerläden gestanden sind. 896 Herbishofermahd ab Eldern (ein

Geschenk von dem Edlen Hartnid zu Herbishofen?). 1644, 1646 Allenberg. 1843

und andere, das Siechenholz, zum hiesigen Armenhaus gehörig.

Flurnamen, welche die Bewirtschaftung und die Bodenart angeben:

455 Krautgärten, 1367 Kälberweide, 1180 Geizwiesen (1812 verteilt), 384

das Kälberösch, 1534 das Wechselmahd: gehört zwei Besitzern, die mit der

Nutznießung abwechseln; 1536 Speckwiesen in den Beninger Wiesen. 553

Hopfengartenacker, 1084 Leimbihl, 1197 der große Acker am Leimbihl, 1154

Brandholzfeld, 553 1/3 Hopfengarten beim Amtshaus.

Flurnamen, welche die Zugehörigkeit und Lage angeben:

Beninger Mahd, 827 der Mühlanger, 837 ½ die Mühlerget, 912 1/3 das

Orgelmachermahd (Haus 4), 1549 im Schletter auf dem Ulrichsried , 400 1/8 der

Spitalgarten, 356 1/2 der Pfarrhofgarten, 880 1/2 der Schönlinksacker (südl.

Eldern), 234 Vogelgärten, 540 Vogelackerwies in der Vogelreute (vom Besitzer

Vogel), 1839 im Schindgarten, 729 am Abfall im Königreich, 1500 neuen am

Mühlberg im Königreich, 1391 beim

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Kapelle, 1392 in der Kirchstätte, auch Kühlstätte und Kürchstätte geschrieben,

1519 die Langstegwies, 591 der Einzäunetgarten bei kalten drohenden (Stand im

15. Jahrhundert ein Hof), 1780 bei der Sandgrube im unteren Wald, 530 im

Katzenried, 529 ½ Katzenriedacker im Katzenried; dazu gehört auch der

Katzenbronn, ehemalige Burgstelle. Lies die Inschrift im Burgstein! 390 das Zwe

an hinterm Armenhaus (quer gelegen), 332, 1510, am Mühlberg, 3 Netz sechsten

80 beim Armenhaus, 721 beim Abfall, 1054 bei der Ölmühle, 1032 hinter der

Ölmühle im Teichelgschirr, 861 1/5 unter der Johannisbrück, 1394 Krautgarten

beim Käpelle, 606. 80 bei der Säge, 909 Riegelmahd ob Eldern, 590 Hüttengärtle

unterm kalten Bronnen. 884 beim Tiergarten ob Eldern, 757 in der Keller

(vermutlich Köhle, Kohlenmeiler), 1406 Luderstube (zur Waffenmeisterei).

Flurnamen aus Urkunden ohne Plannummer:

Dass Katzenried neben dem Leimbächle (Jahr 1519), das Fleckenholz beim

Deckherswinkel (Jahr 1519) Beninger Mähder auf der ”huntin” (Jahr 1558) Acker

auf dem Berg “im Schetter” (Jahr 1566), die Bernau Vöglinswies,m an der “braitin”,

Cammerbaindt, unterm Cunenhof, der Custorei , Eldermahd, an der Badstuben

(Jahr 1527); Mühlgarten, Reuthmahd,Regglings, Rämenmahd im Bihel und

Stockachje zur Hälfte gelegen (Jahr 1516); Bittlfeld im Rohr,Schinlinswies (Jahr

1529); Schweinwald, Ulrichsried, Wasserbaindt (1530); Armengärtle beim Haus zu

des Gotteshauses Braiten und an der gemeinen Gasse am oberen Flecken

gelegen (Urk. 1035, München); Michel Schwitzer gibt dem Kloster Gilt für ein

“Grabengärtle” im Markt gelegen (Giltbuch von 1561, Klosterarchiv); Badgasse bei

der unteren Mühle (1495, Urk. R65 München); das Wehr oder "wuhr" bei der

unteren Mühle (Jahre 1511 und 1514, Urk 790 München); Acker beim “Stechauß”,

vermutlich Stockhaus (erwähnt anno 1497, Urk. 591 München); Pranger am Platz;

die freie Gasse an der Günz (1485, Urk. 432 München); uffm Rohr an der Günz

oben im Flecken (Lehenbuch von 1465); der “berg oder gad” im Spitalösch (1465,

Lehenbuch 18 Neuburg); Acker an der Bärfalle, Mahd an der Braittin, uff dem

Berg, Hartgasse (Lehenbuch w. o.); der Schwanderergarten (Haus Schwanderer)

im Markt neben dem “Pfründehaus unserer lieben Frau im velde” (1520, Urk. 913

München); Thiergarten bei Böglins, ehedem von Ottenbeuren an Memminger

Bürger zur Jagd abgetreten (Feyerabend I, 727).

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Personenverzeichnis

A E Abrell Anton 113 Eggensberger Martin 141 Aichenberger Gotth. 79 Emann Konrad 76 Altmannshofen Moritz 126 Epp, Magister 76 Ampfelbrunn Jos. (Junker) 78, 142 Erminswint 47-50 von Arnis 74 F

B Färber Balthes 118, 122, 124 Bauman Franz 52 Felix v. Stefansried 79 Barer Michael 125 Feuerabend Josef 58 Beringer Wolfgang 143 Forster Hans 87 Berny Josef 58 Frank Dr. 41 Bero v. Rechberg, Ritter 38 Freyberg Peter 38 Berthold (Ritter) 84, 85 Fröhlich Josef 58 Besserer Kasper 85, 102 Frundsberg Jörg 129, 130 Besserer Otto 85 Frundsberg Anna 131 Bestler Johann 127 Böck Hans 87, 141 G Bonenberg 96 Breitenstein Hans 126 Ganser 60 Bichele Jerg 141 Ganter Leonhard 129 Briechle 7 Gäblin Michel 142 Bürger v. Ottenb. 61 Gauzibert 28, 47, 49, 52 Gaza Johann 76

C Geiger Anton 58 Geromiller Stefan 136

Camerius Georg 76 Getinbratter (Ritter) 23 Colin Hans 86 Glaser Ostwald 58 Cunlin Konrad 128, 142 Glaz Hans 96 Graf Hans 78, 142, 119

D Gunzer Jakob 78 Dietrich v. Westerstetten 131 H Dietz Benedikt 124 Haldenberger Jerg 86 Dietz Hans 125 Hartmann Samuel 105 Diepold der Scheer 79 Hatto v. Beningen 74, 112 Diepold v. Stein 38, 39 Hegg Leonard 129 Dornvogel Michael 76 Heim Leo 110 Dreher Veit 125 v. Heimenhofen 126 Durocher 24, 115, 117 Heinrich v. Ottenbeuren 74, 75

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Heinrich der Rote 85 Miller Michael 143 Hering Christina 142. Mösch Hans 142 Hildegard (Königin) 47, 50-52 Müller Paul 96 Hiltprand(in) 43, 95, 141 Hiltprand Memminger 79 N Hiemer Johann 59 Hohendanner Burkh. (Ritter) 80 Natterer Martin 114 Holzheu Kaspar 92 Neher Leonard 144 Huber Jakob 144 Hubeler Hans 141 O Hurter Bastian 141 Ott v. Weinburg 79

K v. Ottenbeuren (Ritter) 74, 75 Kiesel Michel 93 P Kimmerle Joseph 58 Kindelmann (Abt) 52, 64, 117 Pader Hans 96 Kinkelin Wilhelm 25 Payrer Toni 102 Kitzlin Elis 78 Pali Jerg 96 Knopf Jakob 86 v. Pappenheim 196 Kolb Peter 96 Pech Hans 96 Kohler Johann 117 Pinzer, Maler 114 Kötterlin Johann 86 Pfister 34 Kopernikus 7 Prell Lukas 78 Kunli Hans 124 Prestel Konrad 113 Kustermann Albrecht 46 Kutt Paul 93 R Kraft Lutz 85 Krumm Alexander 13 Rabus, Magister 76 Raith Casimir 13

L v. Rechberg 30 Richgart 47, 48 v. Lannenberg 89 Riegg Fr. Sales 121 Langer Jörg 106 Riepp Gallus 119 v. Laubenberg Jos. 130 v. Ronsberg 84 v. Rotenstein Ludwig 95

M v. Rotenstein Achatius 129 Ruprecht W. Thomas 120 Madlener Ambros 59 Mahler 114 S Maier Peter Saliketus Johann 78 v. Marstetten 85 Sauter Gordian 131 Martin Leonhardt 141 Sauter Ludwig 128 Mayer Jeremias 136,137 Siber Hans 125 Mayer Jodokus 118 Sylach 28, 33-35, 42, 45-53, 64, Mayer Johann 119 108,140 Mayer Stoffel 119 Schappeler Chr. 123 Meidler Johann 135 Scheufelin Hans 124, 128 Meier Adam 118 Schnatterer Ignatz 58 Melonius 135 Schnieringer Josef 120 Miller Bernhard 142 Schmied Johann, Scharfrichter 91 Miller Konrad 118 Schorer 34, 110, 111, 142

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Schutzmann Thomas 124, 128 Schwarzach Hans 118 V Schwegele 141, 144 Schweitzer Michel 34 Vochetzer 89 v. Stein 38,39 Vogelin Heinrich 54 Steger Johann, L. 141 Vögele, Xaver 58 Stehelin Peter 46, 63, 106, 113, Völk Markus 117 125 Steur Konrad 124, 128 W v. Stockheim Heinrich 61 Stonner Anton 21 Waldmann Michel 60 Strobl 20 Waning (Illgeraugraf) 46,63 Stroehlin Peter 85 Weiß Endreß 141 Weißenhorn Michel 144 v. Werdenstein Georg 126 v. Werenwag Konrad 93, 95

T Welfen 64 Wetzel Heinrich 76 Tagebert 47-49, 63 Wiedemann 87, 91 Tauer Elis 87 Wiggermann 24 Tausch Alois 58 Wolff Heinrich 91 Thrieß 144 Wölfle Michel 120 Toto 45, 47-52, 63 Tuffelin (Teuffel) 87, 93,96,117, Y 118, 141,143 Traber Hans 78 Yffemann Christian 96 Tränkle, Scharfrichter 91 Z

U Ziff, Johann 78,93, 112 Zick Martin 141 Uetz Benedikt 96 Zott, Hans 96 Unglehrt Bartl 143 Zötler Jakob 96 Ulrich (Bischof) 50 Zugschwert Martin 115 v. Ursinn 61, 64, 69, 84 S. a. die Register Seite 147-151!

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Sachverzeichnis

A Bleiche ( r ) 62, 100, 144 Blutgericht 86

Abdecker 91 Bodenzins 31, 66 Abgaben 82 Buchdruckerei 59, 60 Ablass(prediger) 113, 123 Bürgerrecht 54, 95 Abtwahl 50, 70-72 Bürgerverzeichnis 61 Adel(ige) 86 Büttel(amt) 90, 91, 95 97 – 100 Achtpfahl 125 Büßerkerzen 88 Akademie 76 Burg(stall) 9, 20, 40, 62, 64, 65, Allenberg 17, 19 79, 118 Alexanderbrunnen 43, 52, 111 Burgstall Felsenberg 9 Allod 28 Burgbrunnen 23 Ammann (Amt) 54, 55, 67, 86, 94, Burgmühle 142 95, 97-106, 124, 135, 136 Buschel(berg) 19, 20-23, 65, 75, Amtsgericht 78 117 Amtslehen 51, 63 Brakteaten 33 Amtsleute 105 Brandschatzung 131 Amtstage 87 Brauerei 32, 33 Annenkeller 33 Brautentführung 18 Armenhaus 71, 142, 144 Breiten 31, 39 Arnishof 74 Auffahrt 123 C Auspeitschung 88 Ausweisung 88,103 Censualen 66 Chörle 64

B Conventfriedhof 86 Bader 104 D Badstube 104 Badhaus 39 Dekan 42, 43, 44, 53, 59, 108, 109 Balmut 83 Diebsturm 105 Bandfabrik 120 Dinotherium 8 Bann 94 Dienstmannen 40, 63-65, 74, 82 Bannholz 102 Dienstpflicht 70 Bannwald 33, 75, 110, 117 Dörrhütte 100 Bannwaldburg 33 Dorfgericht 45, 46, 87 Barbarazweig 44 Dorfordnung 87, 89 Bauernartikel 125 Druckerei 60 Bauernaufstand 125 Bauernführer 118, 122, 124 Bauernjörg 126 E Bauernkrieg 122-132 Bauhof 73 Ehebruch 88 Bauholz 94 Eigenkirchen 108 Befestigungen 33 Einwohner 36, 55 Beinhaus 86 Eisenbarren 13 Beninger Kapf 135 Eiszeit 8, 9 Bittgänge 43 Eldernkaplanei 111, 116, 118-121

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Eldernmühle 142 Fronhofrecht 66 Eldernwirtschaft 120 Fronhofthing 66 Erdkarte (Ottenbeuren) Funde (historische) 10 Erdmännlein 22 Funken 22, 43 Erdoberfläche 7 Fußfälle 120 Erbschatz 122 Eremit 118 G Estionen 13 Galgen(berg) 10, 19, 92, 93

F Galgenbalthes 92 Galgenplatz 151 Fabrik 120 Gang, unterirdisch 21-23 Feldgeschworene 96 Gästehaus 32-34, 62 Feldkapelle 73 Ganser’sche Buchdruckerei 60 Felsenberg 9 Gantgelder 91 Feuerordnung 87 Garküche 62 Feuerschau 95, 100 Gaugraf 28, 63 Feuerspruch 43 Gaugericht 46 Feuerweihe 43 Gefängnis 78, 87 Fischrecht 94, 101 Gemeinde s. Markt! Fischwasser 99 Gemeindefluren 36, 41, 62 Flachsdörre 100 Gemeindehirte 100 Flechtzaun 34 Gemeindemark s. Flur! 36, 41 Flecken s. Markt! Gemeindeordnung 99 Fleckenbrand 89, 90 Gendarmerie 59, 60 Fleckengericht 87, 96 Geologische Orgeln 9 Fleckenordnung 89, 90 Gerichtsamtmann 45, 46, 87, 94 Fliehburg 65, 66, 69 119 Flurmark 36 Gerichtsbarkeit (hohe) 85-87 Flurnamen 93, 151 Gerichtsdiener 78,90 Flurschaden 95, 101 Gerichtsgewalt 44 Folter 91 Gericht, gewölbtes 86 Folterkammer 78, 88, 91 Gerichtsordnung 97-99 Frage der Strenge 91 Gerichtssprengel 45, 67 Freibauern 30 Gerichtsstätte 151 Frevelgelder 83 Gerichtstage 42, 87 Frevelstrafen 104 Gerichtswesen 45, 52, 54, 82, 85, Friedbruch 105 86, 87 91, 94, 96-99 Friedhof 46, 109, 113, 117 Giltkorn 103 Friedhofkapelle s. St. Sebastian! Glashütte 38 Friedsäulen 46, 54 Gnadenbild 120 Froberg 19 Götter(verehrung) 11, 19, 22, 28 Fronalter 64 Graben 34 Fronfeste 32, 34,45,65, 75,78,93,108 Grabengärten 34 Frondienst 94 Gräber(feld) 11, 12, 24 Fronhof 63-66, 75, 108 Grafenamt 86 Fronhofbauer 66, 67 Grafengericht 45 Fronhofgericht 67 Großkellner 111 Fronhofland 66 Großpfarrei 35, 109 Fronhofleute 66 Grunderwerb 18 Fronhofmaier 67, 86 Gült s. Gilt!

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H Klausen(brote) 22, 44 Klausner 108 Halsgeige 88 Kleinzehnt 110, 116 Hauptleute 87 Kloster=Brand 112, 117 Hautschaber 10 Kloster Eldern 118-121 Heiligenpfleger 112 - Gericht 67, 87 Herberge 33, 62 - Gründung 50 Heeresstraßen 33, 41 - Händel 35 Heeresdienst 69, 70 - Hof 76 Herrenhof 32, 64 - Jäger 110 Hinrichtung 91 - Mühle 140, 141 Hirschbrauerei 90 - Pfarrei 45, 109, 111, 116, 117, Hirtengeld 100 141 Hochgericht 86, 92, 93 - Untertanen 67, 82, 86, 105, 109, Hochweg 41 - Standal 106 Hörige 66 - Taferne 117 Höhlenbewohner 22 - Vogt 54, 67, 82, 83, 86 Hofbeamte 90, 110 Koch 110 Hofdienst 73 Konenhof 110 Hofgeschichte 31 Königsbann 54, 86 Hoflager 71 Königsgericht 46 Hofstatt 31 Königshaus 32 Hofweide 34 Königshof 41 Hofzaun 34 Kopfhaus 92 Hoher Fürst 38 Kornhaus 33, 54, 59, 122 Holzrecht 102 Kramerladen 58, 60 Hube 35 Kriegsabgaben 72 Hungerbach 39 Kriegslieferung 134 Kultstätten 19-21

I Illergau 28, 46, 51, 65, 71, 142 L Inquisition 92 Landschafts(gericht) 60, 87

J Laienhelfer 43 Jagd 35, 38, 39, 90, 92, 103 Laimberg 38 Jagdgrenzen 35, 38 Lasterstein 88, 89, 91 Jahrmarkt 53, 55, 56, 58 Lehengericht 96 Jahrmarktzoll 58 Lehenrichter 87 Josefinenfeld 146 Lex Alamanorum 17 Juden 89, 90, 103 Limes 14 Judenartikel 103 Losbaum 10, 17, 41, 42, 46 Julfest 44 M

K Kammergut 28 Mälzerei 32, 33 Kapellen 52, 75, 86 Malstätte 46, 83, 86 Kelten 11 Marienkapelle 64, 117 Kieferweiher 146 Markt Ottenbeuren 83, 88, 113, 117 Kirchenraub 52 Markt, oberer 34, 35, 67, 110, 116, Kirchensatz 108 117 Kirchenwesen 88 Markt, unterer 34, 109, 140

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Marktfrieden 54 Pfarrhof 32, 54, 110, 114, 115 Marktgemeinde 52 Pfarrkirche s. Peterskirche! Marktgericht 55, 67, 93, 96 Pfarrzehnt 108, 116 Marktpfarrei 108-111, 117 Pflasterzoll 126 Marktplatz 34, 54, 58, 91 Pittel s. Büttel! Marktrecht 52-54, 56, 66 Postweg 41 Marktstandgeld 58, 60 Pranger 54, 88, 91 Marschlager 32, 33 Maße 103 R Meierhof 31 Rasselwagen 23, 117 Meister(haus) 91 Rathaus 33, 59, 60, 87, 91, 96 Meteor 7 Rechtspflege 83 Metzgerladen 60 Refugue 13 Michaelskapelle 117 Reichshof 28, 30, 31-35, 41, 42, 46 Ministeriale s. Dienstmannen! 47, 50, 51, 63-65, 112 Mohrenwirt 31, 32, 54, 62, 86, 87 - Bering 32 Mohrenkopf 62 - Felder 67 Munt 18 - Feste 33 Mühlen 32-34, 54, 87, 89, 94, 95, - Mühle 35, 140 104, 136, 137, 140 - Kirche 28, 32, 42, 43, 45, 108 Mühle, obere 94, 141 Reichsnebenkirchen 43 Mühle, untere 78, 94, 110, 140 - Pfarrei 44, 50, 109 Münzfund 33 - - Widem 44, 50, 108, 109 - Straße 41

N Reliquien(diebstahl) 52 Nachrichter 91, 92 Rennweg 41 Niedergericht 45, 55, 56, 87, 93, 96 Richter 86, 97-99 Nikolauskapelle 64, 76, 86, 100, Richtstätte 86, 92 110, 117, 118, 143 Ringmauer 32, 54 Nikolauspriorat 64 Ritter von Ottenbeuren 50, 64, 74 Ritterburg 73

O Ritterhaus 76-78 Obermarkt s. Markt! Ritter von Ottenbeuren 50, 64, 74 Ochsenwirt 34, 114 Römer(kastell) 14 Ölmühle 11 Opfer(tod) 19 S Opferstätte 19, 22 Sagen 20 Orgeln 9 Sägemühlen 140 Ortspfarrer 109 Säkularisation 24, 113, 117 Ottenbeurer Haus 106, 126 Salzstadel 59 Salzstraße 41

P St. Sebastian 108, 117 Paradens 86, 117 Schadegger 105 Patronatsrecht 108 Schankrecht 95 Pest(friedhof) 90, 116, 119, 137 Scharfrichter 91, 92 Peterskirche 23, 28, 31, 40, 42-46, Schatzgräber 21, 23 50, 52, 63, 64, 107, (Bild), 108, Scheibenschlagen 43 111, 112-114, 144 Schelmenheide 12, 23 Pfand(geld) 91, 95 Schirmherrschaft 18, 82, 84, 87, 99 Pfandrecht 98 Schrimvogt 83 Pfarrbeschreibung 111, 116, 117 Schloß(bauer) 79 Pfarrgrenzen 40, 110, 111, 117 Schorer’sche Stiftung 111

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Schranne 59, 140 Urmaier(hof) 31 Schwaben(reich) 14 Urmark 30 Schwaigwiese 80 Urkunde 56, 118 Schweden(krieg) 118, 133 Urne 10-13 Schwedengreuel 136 Urpfarrei 42 Schwedenkreuz 90 Ursiedlung 109 Schwedentrunk 136 Schweinwald 38 V Schwertleite 18 Verbannung 88 Schule 133, 114 Verzeichnis 84, 147-151 Schutzherr(vogt) s. Schirmherr! Verzeichnis der Bürger 61, 148 Siechenhaus 141, 142 Verzeichnis der Vögte 84 Siechenpflege 143 Vierer 94, 97-101, 106, 119 Siglerheck 39 Vierermahl 104 Sondersiechen 142, 143 Völkerwanderung 14 Spinnstube 32 Vogtei 82-85, 86 Spital(garten) 144 Vogteigericht 85-87 Spritzenhaus 113, 114 Vogtrechte 83, 86 Stadelmeister 59 Vogtsteuer 82 Stadtrecht 52 Standgeld 58 W Steinkreuz 90 Wachttürme (römische) 14 Steinzeit 10 Waaghaus 59, 60 Steuern 122 Wahl(recht) 70 Stiftungen 70 Waldgeister 24 Stiftungsurkunde 48-50 Wallfahrt(kirche) s. Eldern! Stipendiumstiftung 111 Waltmühle s. Bleiche! Stockhaus 78 Wasenmeister 91 Strafarten 88 Welfen(kreig) 64, 79, 80 Strafgelder 51, 82, 83, 88, 89 Wendlefeuer 44 Straßenbefestigung 14 Widmumhof 31, 32, 44-47, 109 Sühnekreuz 90 Wilde Jagd 24 Wintersonnwend 43

T Wirtschaften 86, 95 Tanzhaus 106 Wirtsschild 33 Tanzkapelle 43 Wochenmarkt 55, 56 Taufrecht 43 Wohngruben 11 Teufelsloch 23 Thing(stätte) 27, 86 Z Topfscherben 12, 23 Zaunholz 94, 95 Todfall 67, 123, 125 Zehnt 44, 50, 51, 59, 66, 71, 73 Todesurteil 45, 91 108, 122, 142 Todteilung 18 Zehntstadel 59 Totenbestattung 12, 23 Zelle 45-47 Totschlag 112 Zentene 28, 34, 35, 39-43, 44, 45, 50-52, 108, 109

U Zentenengrenzen 37-40 Ulrichsbrunnen 117 Zentgrafen 63 Ulrichsried 73 Zentrichter 45, 46 Ungarneinfälle 66 Ziegelstadel 117 Unterirdische Gänge 21-23 Zinser 66 Untermühle s. Mühle! Zinsverzeichnis 61 Untervogt 83, 87 Zwangsmühle 140, 141

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Ortsverzeichnis

A Denneberg 7, 74, 138 Dietershofen 36, 42, 50

Aichhalde 74, 79 Dietmannsried 64 Aichstetten 124 Dietratsried 92, 136 Aitrach 63 Dickenreis 14 Alabrands 118 Dillingen 106 Altisried 128, 138 Dingisweiler 40 Altusried 120, 124, 141 Donauwörth 76, 134 Amendingen 36, 42, 71, 129 Durach 131 Andechs 88 Attenhausen 16, 38, 39, 41, 74, E 109, 130, 136, 138 Egg 36, 39, 41 Auerbach 120 Eggenthal 120 Augsburg 39, 69, 71, 80, 84-89, Eggisried 10, 36, 142 106, 134-137 Eheim 40, 109, 118, 141 Aymühle bei Lachen 87 Eisenburg 36, 39 Elchingen 76, 77

B Eldern 111, 114, 117, 118, 128 Babenhausen 41, 130 Ellerbach 84 Baisweil 120 Engetried 39, 93, 116, 118, 143 Beningen 8, 16, 39-42, 64, 86, Engishausen 36, 42 87, 112, 119, 129, 135, 138 Erisried 120, 137 Berg, s. Memmingerberg! Erkheim 41, 42, 64, 104, 144 Berkheim 129, 130 Erlenberg 102 Betzisried 41, 74, 113 Ewiesmühle 39, 42 Bleichen 36 Blumenried 141 F Böhen 36, 39, 41, 42, 87, 109, 121, Falken 13, 119, 129 135, 136, 141 Felsenberg 9, 38, 39 Böglins 74 Frankfurt 85 Boos 130, 137 Frechenrieden 74, 112, 124, 128, Bossarts 9, 38, 81 130, 136-138, 143 Boschach 10 Freiburg 55 Brandholz 39 Frickenhausen 39, 42 Bremberg 40 Frölins 74, 90 Burg (Rettenbach) 118 Füßen 46, 80, 106 Bühl 74 Buxheim 137 G Gerensried (Burg) 118

C Geißhof 36 Cannstatt 27 Gmünd 76 Constanz 80 Grailsbach 71, 72 Grönenbach 64, 81, 126, 130, 133,

D 135, 138 Dankelsried 102 Grub 40 Daxberg 22, 39, 42, 142 Grünenfurt 36

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Guet (Hof) 131 Konenhof 9, 10, 41, 75, 76, 109, Guggenberg 24, 41, 74, 79, 120 111, 116 Günz 39, 41, 78, 102, 114, 136 Köngetried 120 137, 138 Kräpflins 40 Günzburg 32, 124, 130 Krugzell 120 Gumpratsried 41, 117 Gundelfingen 84, 85 L Lachen 44

H Lannenberg 89 Haitzen 41, 120 Lauben 39-42 Halbersberg 74, 138 Legau 76, 120, 124 Haldenwang 51, 124, 141 Leubas 127, 130 Hahnenbichel 38, 39 Leupolz 10, 39, 74 Haslach (oberes) 97 Liebenthann 138 Hatzenbrunn 74, 79 Hawangen 21, 23, 31, 36, 39, 41, M 64, 74, 75, 79, 87, 89, 138, 141 Marks St. Siehe Wald! Heimenhofen 116 Marstetten 84 Heimertingen 42, 130, 138 Marxle 38 Hemen, s. Moosbach! 41 Markt Rettenbach, s Rettenbach! Herbishofen 16, 41, 42, 64 Memmingen 8, 13, 14, 16, 33, 35, Hilarmont, s. Kempten! 38-42, 46, 64, 70-81, 103-106, Hörensberg 14 119, 120, 125, 126, 129, 130, Hofs 39 134-138 Holzgünz 39, 41 Memmingerberg 38-41 Holleswank 36 Mindelheim 33, 35, 38, 39, 41, Hopferbach 10, 42 118, 119, 130 Hundsmoor 74, 79 Mötzkirch 76 Moosbach 36, 41

I Moosmühle 71, 142 Illereichen 130 Zaudels 40 N Ingolstadt 78, 135 Neresheim 136 Inneberg 36 Niebers 9 Irsee 76 Niederdorf 64, 92, 119, 135 Isny 86, 130 Niederrieden 38-42, 63 Ittelsburg 41, 42, 64, 81, 129 Nördlingen 136 Nürnberg 89

K Kanossa 80 O Karlins 41, 131 Oberhaslach 113 Kaufbeuren 38, 111 Oberschönegg 38 Kellmünz 14, 22, 130 Oberwartshausen 141 Kempten 13, 14, 32, 35, 39, 41, 46, Ochsenhausen 64, 76 47, 58, 63, 76, 79, 80, 119, 122, Ölbrechts 138 124, 126, 130, 135 Olarzried 39-41 Kirchdorf 36, 71, 142 Otterwald 38 Klosterwald, s. Wald! Osterberg 38, 39

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P Pfaffenhausen 130 U Pleß 63, 129 Ulm 39, 71, 84, 85, 113, 124, 126, Prag 55 128 Probstried 130 Ungerhausen 36, 38, 39, 41, 71 79, 128, 133, 135, 138, 144

R Untereichen 130 Rechberg (Böhen) 38, 39 Unterhart Reichenbach 80 Rembolz 38 V Rettenbach 74, 118, 130 Verdun 63, 64 Reuten 64, 74, 118 Vienne 28, 47, 48, 52 Riedmühle 87 Rom 52 W Ronsberg 35, 38, 40, 75, 84 Rotenstein 138 Waal 38, 50, 71 Rumeltshausen 39, 41, 136 Wald (Kloster) 117, 138 Waldmühle 136

S Warmisried 120 Salzburg 135 Weingarten 78 Schachen 117, 120 Weinhausen 38 Schönegg 129 Wespach 36 Schrattenbach 130 Westerheim 10, 36, 38-42, 109, Schwabegg 84 130, 137, 138 Schwaighausen 38-42, 71 Wetzlins 142 Sigmaringen 76 Wiblingen 76 Sontheim 42, 63, 112, 117, 118 Wigenhausen 50 124, 128, 129, 130-137 Winneberg 118 Speckgrube 38, 118 Wolferts 116 Stefansried 39, 64, 74, 79, 108, Wolfertschwenden 39, 64, 81, 92, 110, 117 114, 130, 135 Steinheim 36, 50, 71 Woringen 129 Stielings 14, 41 Straßburg 72 Y

T Ysenberg 38 Tarast 136, 138 Theisen 35 Z Theinselberg 13, 22, 39-42, 74, 79, 109, 118, 139 Zaudels 40 Thingau 120 Zell 38, 50 Thierhaupten 127 Zülpich 25 Trunkelsberg 36, 39, 71 Zwiefalten 76, 78

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