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VorlesungInformatik & Gesellschaft
Dr. Andrea Kienle
18.04.2005
Dr. Andrea Kienle: Vorlesung Informatik & Gesellschaft 2005, UniDO 18.04.2005
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Informatik &Gesellschaft
Informatik & Gesellschaft – Kapitel der Vorlesung
1. Soziotechnische Systeme 1.1 Grundlagen (11.04.) 1.2 Der Entwurf soziotechnischer Systeme (18.04.)
2. Kommunikation 2.1 Grundlagen menschlicher Kommunikation (18.04.) 2.2 Medial vermittelte Kommunikation; Klassifizierung von
Kommunikationsmedien (25.04.)
3. Kooperation und Koordination 3.1 Theoretische Grundlagen (02.05.) 3.2 Systeme zur Unterstützung von Koop (CSCW, Joint Editing,
Awareness) (09.05.) 3.3 Systeme zur Unterstützung von Koordination (WMS,
Gruppenkalender) (23.05.)
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Informatik &Gesellschaft
Gliederung für die heutige Sitzung
1.2 Der Entwurf soziotechnischer Systeme
Ein zyklisches Vorgehensmodell
Erhebungsmethode Ethnographie
Partizipationsmethode Sociotechnical Walkthrough
2.1 Grundlagen menschlicher Kommunikation
Kontext-orientiertes Kommunikationsmodell
Aktivitäten der Kommunikationspartner
Kontext einer Kommunikation
Verbale und non-verbale Kommunikation
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Informatik &Gesellschaft
Klassisches Vorgehen bei der Entwicklung und der Einführung von Software-Systemen – Das V-Modell
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Herausforderungen bei der Entwicklung und Einführung von soziotechnischen Systemen
• Technisch unterstützte Verbesserung von Kooperation, Kommunikation und Koordination bei der arbeitsteiligen Ausführung von Aufgaben
• Dabei häufig Änderung der Prozesse durch Einführung der technischen Unterstützung
• Deshalb: Beteiligung der Betroffenen bei der Gestaltung und Einführung der technischen Systeme sinnvoll Passiv: Abfrage von Anforderungen, Ableitung von
Anforderungen durch Beobachtung
Aktiv: Kommunikationsprozesse …
• Zyklische/kontinuierliche Entwicklung
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Informatik &Gesellschaft
Zyklische Entwicklung soziotechnischer Systeme – generisches Modell
Technisches System
Kontinuierliche Verbesserung
Soziales Umfeld
Anpassung
Modellierung, Analyse & Konzeption
Qualifizierung, Erprobung, Nutzung
Auswahl/-Entwicklung des techn. Systems
und IntegrationEvaluation
Erhebung Beteiligung organisieren
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Beteiligung
Wer wird beteiligt?
Form der Beteiligung Information über Ergebnis (passiv)
Information/Anregungen einbringen
Mitbestimmung
Direkt / indirekt
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Erhebung
Erhebung des Ist-Zustandes
Ziel: Verbesserungspotentiale, Rationalisierungspotentiale, Humanisierungspotentiale
Möglichkeiten Vorgesetzte/Entscheider Anwender Nutzer fragen
Probleme Antwort spiegeln häufig wieder, wie es sein sollte, aber nicht, wie
es ist Unklarheit über Möglichkeiten einer Lösung (beschränkte
Vorstellungskraft)
(teilnehmende) Beobachtung!
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Zuordnung Ethnographie - generisches Modell
Technisches System
Kontinuierliche Verbesserung
Soziales Umfeld
Anpassung
Modellierung, Analyse & Konzeption
Qualifizierung, Erprobung, Nutzung
Auswahl/-Entwicklung des techn. Systems
und IntegrationEvaluation
Erhebung Beteiligung organisierenEthnograp
hie
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Klassische Ethnographie
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Informatik &Gesellschaft
Ethnographie
• Ethnologie/Ethnographie (grch.: ethnos [nichtgriechisches, also kulturfremdes, "barbarisches"] Volk) ist ursprünglich die "Völkerkunde".
• Die Ethnographie untersucht die Struktur und Funktion von Gesellschaftssystemen und versucht sie in Modellen darzustellen. Dabei wendet sie sich der gesamten Breite gesellschaftlichen Lebens zu.
• Sammlung von Daten aus einer breiten Menge von Quellen wie Interviews und vor allem Beobachtungen
• Untersuchung, Beschreibung und Analyse von Verhalten unter alltäglichen Bedingungen
• Anfänglich unstrukturiertes Vorgehen damit sich Fragestellungen graduell entwickeln können: „Nichts vorher annehmen, sondern sehr genau hinsehen.“
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Ethnographie - Definitionen
• „Ethnography is a naturalistic method associated with sociology and anthropology. [It] focuses on the social organisation of activities and how this social organisation is accomplished, understood and achieved by social actors. [The] ethnographic method relies on an observer going into the field for prolonged periods to immerse themselves in a real world culture.“ (Randall & Bentley 1992)
• „Ethnography is a particular analytic strategy for assembling and interpreting the results of fieldwork gathered very often by participant observation. Designers have, by and large, been more likely to be interested in fieldwork in general than in ethnography in particular.“ (Anderson 1997)
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Ethnographie - Definitionen (Forts.)
• „The motivation for creating the ethnographic account begins with 'Things are not what they seem', and appearances are certainly not the whole of the story. This need to look behind appearances in careful, detailed and systematic ways is, of course, the common inspiration of all scientific and investigative work. […] What the ethnographer must do is set all this evidence in a frame. We have here, then, the first important point to note. An ethnography is a 'post hoc' representation or account of what has been seen, heard and found 'in the field'. Writing the ethnography is not just 'writing up' the field notes. It involves their interpretation and analysis.“ (Anderson 1997)
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Ethnographie und soziotechnische Systeme
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Thema: Beobachtungen von Arbeitssituationen
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Ethnographie – Herausforderungen (1/2)
Zugriff Zutritt zu geheimen Regionen, Akzeptanz Etablierte Strukturen und -erhaltung
Rolle des Ethnographen Ethnograph kann als Neuling bzw. inkompetent angesehen
werden Ethnographe kann Herausforderungen ausgesetzt werden
(z.B.: Schichtbetrieb, schlechte Arbeitsbedingungen durch Hitze oder Lärm)
Ethnograph muss zwei Perspektiven haben: aktiver Teilnehmer in der jeweiligen Situation, Beobachter
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Ethnographie – Herausforderungen (2/2)
Fokus der Studie Ethnographen können nicht alle Details erfassen; müssen
selektiv sein
Dauer der Studie Ethnographische Studien haben oft lange Laufzeiten
Ethnographen haben hohen Arbeitsaufwand: müssen an der
Situation teilnehmen, Notizen machen, Notizen interpretieren
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Ethnographie & Software Engineering
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Ethnographie & Software Engineering (1/2)
Initial ethnographic studies Ethnographen und Designer verbringen Zeit mit Betroffenen, um
ein Verständnis über die Prozesse und das existierende System zu gewinnen
Lesen von Manualen und Prozessbeschreibungen
Generic system development Basissysteme, Verbesserungen basierenden auf weiterführenden
ethnographischen Beobachtungen
Debriefing meeting Designer interviewen Ethnographen über deren Beobachtungen
Klärung des Verständnisses der Arbeitspraktiken
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Ethnographie & Software Engineering (2/2)
Informed ethnography Designer stellen Ethnographen spezifische Fragen, die diese dann
mit weiteren Beobachtungen und Analysen beantworten
System tailoring Bau eines speziellen Systems mit einem generischen Toolkit
Prototype evaluation Zuerst simulieren die Ethnographen Benutzer und testen das
System Dann testen echte Benutzer/Betroffene Nach dieser Evaluation wird das System komplett neu
implementiert, um verschiedene Schnittstellen zu berücksichtigen
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Zyklische Entwicklung soziotechnischer Systeme – generisches Modell
Technisches System
Kontinuierliche Verbesserung
Soziales Umfeld
Anpassung
Modellierung, Analyse & Konzeption
Qualifizierung, Erprobung, Nutzung
Auswahl/-Entwicklung des techn. Systems
und IntegrationEvaluation
Erhebung Beteiligung organisieren
Methode des socio-technical
Walk-through
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Die Methode „Sociotechnical Walkthrough“ (1/2)
Klärung der verschiedenen Vorstellungen zur Integration von Technik und Organisation in geeigneten Kommunikationsprozessen
Partizipative Gestaltung und Erlernung technisch unterstützter Arbeitsabläufe vor deren Einführung
Anlehnung an Cognitive Walkthrough, Code WalkthroughWeg
(Grafische) Modelle des soziotechnischen Systemsund deren natürlichsprachliche Erläuterungenwerden schrittweise
gesichtet, besprochen, weiterentwickelt, und adaptiert.
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Die Methode „Sociotechnical Walkthrough“ (2/2)
Auswahl des Teilnehmerkreises ist wichtiger Erfolgsfaktor
Reflektion anhand einer Darstellung des soziotechnischen Systems
Moderierte Gruppensitzung:„ Was wäre, wenn das (durch das Modell) dargestellte aktuelle Praxis wäre?“
Organisation eines partizipativen Prozesses: Änderungs-vorschläge sammeln, integrieren, konsolidieren
Gruppe muss sich auf ein Ergebnis (eine Darstellung) einigen, aber: Vagheit ist „erlaubt“
Artefakte: Grafisches Modell + Prototyping + Erläuterung
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Artefakte für den STWT (1/2)
Der STWT ist ein kooperativer Reflexionsprozess, der zu seiner Anleitung ein präsentes Objekt benötigt
als Kommunikationskontext
als Anregung der Reflexion über die relevanten Themen
als Explikation der Vorstellungen der Beteiligten
Eine Möglichkeit für solche Artefakte oder Systemdarstellungen sind grafische Modelle
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Artefakte für den STWT (2/2)
Anforderung 1 Darstellung technisch gesteuerter, deterministischer Prozesse
mit kontrollierbaren Input-Output Strukturen
Darstellung der kontingenten Eigenschaften menschlichen
Handelns und menschlicher Kommunikation
Anforderung 2 Flexibel genug, um verschiedene Perspektiven an ihren
Schnittstellen zu verbinden
Konsistent genug, um die Kommunikation zu unterstützen
+
+
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SeeMe Diagramme als Artefakte für STWT
Beliebig tiefe Einbettung von Elementen; Grad der Detaillierung wählbar
hoch aufgelöste und grob-granulare Darstellung können nebeneinander stehen
Ein- und Ausblenden unterstützt den Fokuswechsel der Gruppe
Vagheit absichtliche Unvollständigkeit kann erkennbar gemacht werden Start- und Endpunkte von Aktivitäten können vage spezifiziert
werden
Bedingungen für Entscheidungsverzweigungen können präzise formuliert werden oder offen bleiben.
Standardbedeutungen der Relationen können umdefiniert werden.
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BeispielDas Projekt SpiW – Mobile Speditionen im Web
Ziel: Technische Unterstützung der Kommunikation zwischen Fahrer und Disponent zur Erreichung einer besseren Integration der Arbeitsprozesse
SpiW-Com
Fahrer-Client
Fahrer-Client
Anwendungs-server
Anwendungs-server
Disponenten-Client
Disponenten-Client
Datenbank
Fahrer-Client
Fahrer-Client
Fahrer-Client
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Beispiel SpiW:Ergebnisse des Workshops zur IST-Erhebung
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Andere Möglichkeiten zur Systemdarstellung
Rich Pictures
Prototypen Papierprototypen
Wizard-of-Oz Prototypen
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Papierprototypen - Beispiel
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Prototypen - Wizard of Oz
Reales Testen/Vorstellen eines Systems, das (noch) nicht existiert
IBM voice editor, IBM 1984
Für den Benutzer sichtbar “The Wizard”
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Zusammenfassung zu 1.2
• Änderungen von Prozessen durch Einführung der technischen Unterstützung / Unklarheit der Möglichkeiten zyklisches Vorgehen bei Entwicklung und Einführung
• Abhängigkeit des Ergebnisses von allen Beteiligten aktive Einbeziehung aller Beteiligten in Gestaltung und Einführung
• Komplexe Abhängigkeiten zwischen technischem System und Anwendungskontext Beobachtung
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Kommunikation: Definitionsversuch
Menschliche Kommunikation beinhaltet
Symbolisch vermittelte, soziale Interaktion
Nachvollziehen von Vorstellungen (inneren Handlungen), die
den Vorstellungen anderer Menschen ähneln
soziale Interaktion: menschliche Handlungen
beeinflussen sich gegenseitig,
Ist intentional
... Und NICHT!!!
Nachrichtentransport von A nach B
Vorhandensein eines stabilen Codierungssystems
Kommunikations-begriff aus der
Nachrichtentechnik
(Shannon & Weaver, 1949)
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B
aufnehmendes Handeln
Vor-stellung
ent-wickeln
aufnehmenEin-
drucker-
zeugen
demAus-druckfolgen
Idee von BAusdrucks-
abbild
Innerer Kontext von B
RollentauschA
mitteilendes Handeln
mitteilenMittei-lung
konzi-pieren
Idee von A Kommunika-tionskonzept
Innerer Kontext von A
Aus-druck
er-zeugen
Aus-druck
Vor-stellung
ent-wickeln
Partnerbild
Ein kontext-orientiertes Kommunikationsmodell
Partnerbild
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Tabu - ein Kommunikationsspiel
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Von drei Personen kann jede nur die Fahnen sehen, die hinter den beiden anderen stehen. Man weiß, dass die Fahnen aus einer Menge von 2 roten und 3 weißen stammen.Man muss raten, welche Farbe die Fahne hat, die hinter einem selbst steht.
A
B C
Die Bedeutung des Partnerbildes
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Die drei dürfen nichts sagen, außer der Farbe der Fahne, die hinter ihnen steht.Nach einer Weile nennen alle drei die Farbe der Fahne die hinter ihnen steht. Wie kann das sein?
A
B C
?
? ?
Die Bedeutung des Partnerbildes
?
?
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A
B C
?Angenommen, meine Fahne sei rot, dann könnte B zunächst überlegen, ob seine Fahne auch rot ist.
?
Da nur zwei rote Fahnen in der Kiste waren, muss meine weiß sein!
Wenn meine Fahne rot wäre,dann hätte B inzwischen sagen können, dass seine Fahne weiß ist.
Wenn meine Farbe auch rot ist, kann C sofort seine Farbe sagen.
Da C nichts sagt, muss meine Fahne weiß sein
Die Bedeutung des Partnerbildes
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A
B C
Wenn meine Fahne rot wäre,dann könnte B zunächst überlegen, ob seine Fahne rot ist.
Wenn meine Fahne rot wäre,dann hätte B inzwischen sagen können, dass seine Fahne weiß ist.Da er das nicht hat, muss meine Fahne nicht rot, sondern weiß sein!
Partnerbild: Man weiß, was der andere wissen kann undwie lange er dafür ungefähr braucht.
Die Bedeutung des Partnerbildes
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Beziehungsaspekt:
Die Beziehung (Vertrauen, Respekt, Geringschätzung, Gleichgültigkeit...), die man auf Grund des Partnerbildes zu jemanden hat.
Inhaltsaspekt:
Der Inhalt dessen, was gegenseitig mitgeteilt wird.
Wie man etwas versteht, hängt wiederum vom Beziehungsaspekt ab.
Behauptung (Watzlawick et al., 1980):
Man kann nicht nicht kommunizieren.
Beziehungs- vs. Inhaltsaspekt der Kommunikation
Da wir Kommunikation
als Handlungen verstehen
passt dies nicht
in unser Verständnis.
Jedes extra-kommunikative
Verhalten ist KEINE Kommunikation!
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B
aufnehmendes Handeln
Vor-stellung
ent-wickeln
aufnehmenEin-
drucker-
zeugen
demAus-druckfolgen
Idee von BAusdrucks-
abbild
Innerer Kontext von B
RollentauschA
mitteilendes Handeln
mitteilenMittei-lung
konzi-pieren
Idee von A Kommunika-tionskonzept
Innerer Kontext von A
Aus-druck
er-zeugen
Aus-druck
Vor-stellung
ent-wickeln
Partnerbild
Ein kontext-orientiertes Kommunikationsmodell
Partnerbild
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aufnehmendes Handeln
innerer Kontext von B
mitteilendes Handeln
mitteilen
innerer Kontext von A
Aus-druck
aufnehmen
Extra-kommunikatives Handeln Extra-kommunikatives Handeln
äußerer Kontext
Kontext als Ergänzung des Ausdrucks
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äußerer Kontext
aufnehmendes Handeln
Innerer Kontext von B
mitteilendes Handeln
mitteilen
Innerer Kontext von A
Aus-druck
aufnehmen
Extra-kommunikatives Handeln Extra-kommunikatives Handeln
Kontext als Ergänzung des Ausdrucks
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Kontext
Alles, was nicht zum Ausdruck gehört, und was
- nach der Einschätzung der Kommunizierenden -
die Verständigung unterstützt.
Beispiele
Definition von „Kontext“
bereits Gesagtes
das unmittelbarWahrnehmbare
Kultur
Inhalte derMassenmedien
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äußerer Kontext
aufnehmendes Handeln
innerer Kontext von B
mitteilendes Handeln
mitteilen
innerer Kontext von A
Aus-druck
aufnehmen
Extra-kommunikatives Handeln Extra-kommunikatives Handeln
Kontext als Ergänzung des Ausdrucks
von Awahrnehmbar
von Bwahrnehmbargemeinsam wahrnehmbar
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Non-verbale Kommunikation
non-verbaler Kommunikation Gestik
Mimik
Postur
Proxemik
non - verbale Elemente gesprochener Sprache Geschwindigkeit
Klangfarbe
Tonhöhe
Lautstärke
Rhythmus
Tonfall
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Funktionen non-verbaler Zeichen
Begleitung (Verdoppeln, Verstärken)
Ergänzen (z.B. Zeigen, Haltung des Sprechers)
Enthüllung
Steuerung des dialogischen Ablaufs
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Relevanz non-verbaler Mitteilungen I
Wir reagieren auf Gesten mit einer geradezu extremen
Sensitivität und in Verbindung mit einem sorgfältig
ausgearbeiteten aber geheimen Code,...den zwar
alle verstehen, der aber nirgendwo aufgeschrieben
ist und den niemand kennt.
Das non-verbale Verhalten ist das Medium, mit dem
wir die Emotionen unserer Gesprächspartner wecken
und regulieren.
Das non-verbale Verhalten schafft
Kommunikationsbereitschaft.
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Relevanz non-verbaler Mitteilungen II
Allein durch die Veränderung der Kopfhaltung können
wir den Gesichtsausdruck ins Gegenteil verzerren,
ohne eine Miene zu verziehen.
Bereits der subjektive Eindruck einer momentan
veränderten Beziehungsqualität veranlaßt Personen
mit Kommunikationsproblemen zu massiven
Veränderungen ihres non-verbalen Verhaltens.
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Zusammenfassung 2.1: Die Definition von Kommunikation Eigenschaften menschlicher Kommunikation
Symbolisch vermittelte, soziale Interaktion Nachvollziehen von Vorstellungen (inneren Handlungen), die
den Vorstellungen anderer Menschen ähneln Gegenseitige Anregung zur Vollziehung von Handlungen des
Verstehens Die Ausnutzung von Kontext zur Verkürzung kommunikativer
Mitteilungen Kombination von verbalen und non-verbalen Äußerungen Berücksichtigung und Beeinflussung der sozialen Beziehung
(Aufbau eines Partnerbildes)
... Und NICHT !!! Nachrichtentransport von A nach B Vorhandensein eines stabilen Codierungssystems
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Literatur zum Weiterlesen
Ethnografie: Anderson, B. Work, Ethnography, and System Design. The Encyclopaedia of
Microcomputers 20 (1997). pp. 159-183. Randall, D. and Bentley, R. Ethnography and Systems Development: Bounding the
Intersection. Presented at Tutorial #4 at the Conference on Computer-Supported Cooperative Work - CSCW'92 (Oct. 31-Nov. 4, Toronto, Canada). Turner, J. and Kraut, R., eds. 1992.
STWT: Kunau, G.; Menold, N.; Schöpe, L.; Herrmann, T. (2004): Der Socio-Technical
Walkthrough (STWT): eine Methode zur Gestaltung sozio-technischer Systeme. In: Bundesministerium für Bildung und Forschung: Arbeit im E-Business. S. 69 - 72
Kommunikationstheorie: Herrmann, T.; Kienle, A.(2004): Kontextberücksichtigung als Kernaufgabe der
Wissenskommunikation. In: Reinhardt, Rüdiger; Eppler, Martin (2004): Wissenskommunikation in Organisationen. Heidelberg: Springer Verlag. S. 50-68
Ungeheuer, Gerold (1982): Vor-Urteile über Sprechen, Mitteilen, Verstehen. In: Ungeheuer, G. (1982): Kommunkationstheoretische Schriften 1. Aachen, Rader Verlag, S. 229-338.