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Vorlesung Rechtsfragen der Unternehmenskrise und-sanierung J. Spannungsverhältnis Eigenkapitalersatz – Insolvenz im Konzern WS 2014/2015 Dr. Ulla Reisch 1

Vorlesung Rechtsfragen der Unternehmenskrise und-sanierung J. Spannungsverhältnis Eigenkapitalersatz – Insolvenz im Konzern WS 2014/2015 Dr. Ulla Reisch

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Vorlesung

Rechtsfragen der Unternehmenskrise und-sanierung

J. Spannungsverhältnis Eigenkapitalersatz – Insolvenz im

Konzern

WS 2014/2015Dr. Ulla Reisch 1

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I. Ausgangslage

Im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über eine Kapitalgesellschaft, die Teil eines „Konzerns“ ist, ist vom Insolvenzverwalter die vor der Insolvenz erfolgte „Verrechnung“ zu anderen Konzerngesellschaften und zu Gesellschaftern (als natürlichen Personen) zu prüfen.

In diesem Zusammenhang ergibt sich zunächst häufig das faktische Problem, dass keine ordnungsgemäße Buchhaltung geführt wurde und daher keine Möglichkeit besteht, zwischen Konzerngesellschaften erfolgte Buchungen nachzuvollziehen oder allfälligen tatsächlichen Leistungen im Konzern zuzuordnen, um mögliche Ansprüche in diesem Zusammenhang zu prüfen. „Verrechnungen“ zeigen nur allzu oft das Bild einer „Loch-auf-Loch-zu“-Strategie, über die Liquidität zwischen Konzerngesellschaften verschoben wird, was eine Überprüfung möglicher Ansprüche in diesem Zusammenhang erheblich erschwert.

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I. Ausgangslage

Unter der Voraussetzung, dass entsprechende Verrechnungen und Gegenverrechnungen nachvollzogen werden können, stellt sich die Frage, wann bei einzelnen Konzerngesellschaften der Zeitpunkt des Eintrittes der „Krise“ anzunehmen ist und ob aus erfolgten Verrechnungen Ansprüche auf Grundlage des EKEG ableitbar sind. Weiters stellt sich die Frage, wie mögliche Ansprüche auf Grundlage des EKEG von möglichen Ansprüchen aus rechtlich unzulässiger Einlagenrückgewähr (§§ 82 ff GmbHG) abzugrenzen sind.

Zur Ausgangslage ist weiters festzuhalten, dass mit der Einholung von Gutachten bezüglich des Zeitpunkts des Eintritts der „Krise“ und bezüglich erfolgter Verrechnungen und Gegenverrechnungen ein oft erheblicher Kostenaufwand verbunden ist und sich der Insolvenzverwalter in diesem Zusammenhang die Frage stellen muss, ob möglicherweise erzielbare Ergebnisse den mit der Feststellung des Sachverhalts verbundenen Aufwand rechtfertigen können; dies insbesondere dann, wenn die gegnerische Konzerngesellschaft auch in der Insolvenz ist.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.1. Krise gemäß § 2 EKEG

Gemäß § 2 Abs 1 EKEG ist vom Vorliegen einer Krise auszugehen, wenn eine Gesellschaft

• zahlungsunfähig (§ 66 IO) oder• überschuldet (§ 67 IO) ist oder wenn• die Eigenmittelquote (§ 23 URG) der Gesellschaft

weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer (§ 24 URG) mehr als 15 Jahre betragen, es sei denn, die Gesellschaft bedarf nicht der Reorganisation.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.1. Krise gemäß § 2 EKEG

Bei Vorliegen von ZU/Überschuldung kommt es auf subjektive Elemente nicht an

Bei Vorliegen der Kennzahlen ist Kredit nur Eigenkapital ersetzend, wenn (§ 2 Abs 2):

Zif 1:URG-Kennzahlen aus dem „zuletzt“ aufgestellten JA ersichtlich sind oder

Zif 2:URG-Kennzahlen aus einem rechtzeitig aufgestellten JA ersichtlich wären, oder

Zif 3:der Kreditgeber weiß oder es für ihn offensichtlich ist, dass ein Zwischenabschluss dies aufzeigen würde

Achtung: Ist im Fall des § 2 Abs 1 Zif 3 keine Variante des § 2 Abs 2 erfüllt, noch „vor Krise“.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.1. Krise gemäß § 2 EKEG

Bei Konzerngesellschaften bereitet häufig die Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts der Krise einzelner Konzerngesellschaften Schwierigkeiten; dies insbesondere dann, wenn die Liquidität einzelner Konzerngesellschaften (z.B. durch Cash-Pooling) „verschränkt“ ist.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.1. Krise gemäß § 2 EKEG

Fehlen von Reorganisationsbedarf:Wann vom Fehlen eines Reorganisationsbedarfs auszugehen ist, ist (soweit überblickbar) in der Judikatur des OGH bislang noch nicht behandelt worden.

Stimmen aus der Lehre zu § 2 EKEG (vgl. dazu etwa Mohr in Dellinger/Mohr, EKEG § 2 Rz 11) führen aus, dass bezüglich des allfälligen Fehlens eines Reorganisationsbedarfs ein „Gutachtens eines Wirtschaftstreuhänders“ einzuholen wäre, das einen Reorganisationsbedarf verneint.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.1. Krise gemäß § 2 EKEG

- Vom Fehlen eines Reorganisationsbedarfs wird man wohl dann ausgehen können, wenn eine Konzerngesellschaft (z.B. eine reine Forschungsgesellschaft) zwar die URG-Kennzahlen erreicht, jedoch in der Vergangenheit aufgetretene Liquiditätsengpässe immer wieder durch deren Muttergesellschaft ausgeglichen wurden und auf Grund der jahrelangen Abdeckung eines allfälligen Liquiditätsbedarfs für die Zukunft die begründete Aussicht besteht, dass ein derartiger Ausgleich auch weiterhin erfolgen wird.

- Vom Fehlen eines Reorganisationsbedarfs kann man weiters dann ausgehen, wenn eine Gesellschaft über hohe stille Reserven verfügt und – trotz Erreichen der URG-Kennzahlen – eine vertragsgemäße Rückführung bestehender Verbindlichkeiten im Hinblick auf bestehende Vermögenswerte gesichert ist (z.B. reine Vermietungsgesellschaft ist Eigentümerin eines Grundstücks mit geringem Buchwert aber hohem Verkehrswert).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Das EKEG enthält keine Definition des Begriffs „Kredit“. In § 3 Abs 1 EKEG finden sich lediglich Beispiele einer negativen Abgrenzung, wann nicht von einer Kreditgewährung im Sinne des EKEG auszugehen ist.

Generell ist festzuhalten, dass von einem weiten Kreditverständnis des EKEG auszugehen ist. Unter den Begriff des „Kredits“ fallen dabei nicht nur Zuwendungen von Geldbeträgen, sondern jede Vereinbarung, wonach die Gesellschaft ihre Leistung nicht Zug-um-Zug, sondern erst später zu erbringen hat (vgl. dazu etwa Dellinger in Dellinger/Moor EKEG § 3 Rz 1).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Im Zusammenhang mit einer „Kreditgewährung“ muss der Gesellschaft in irgendeiner Form bewusst Liquidität im weitesten Sinn (nicht nur in Geldform sondern auch durch Waren, Mieträume etc.) überlassen werden.

Dies kann etwa durch die Überlassung von Geld, „Barvorlagen“, Stundung von Entgeltforderungen oder Stundung von Gewinnansprüchen erfolgen (vgl. dazu Karollus, EKEG § 3 Rz 3).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEGKeine Kreditgewährung im Sinne des § 3 EKEG liegt in folgenden Fällen vor:

• Gewährung eines Geldkredits für nicht mehr als 60 Tage.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass kurzfristige Überbrückungskredite nicht den Regelungen des EKEG unterworfen werden sollen. Gerade im Zusammenhang mit einer Verrechnungen und Gegenverrechnungen im Konzern (Cash-Pooling) stellt sich die Frage, ob von einzelnen Kreditgewährungen oder vom Vorliegen eines Kontokorrentverhältnisses auszugehen ist. Bejaht man ein Kontokorrentverhältnis, würden gem. § 14 Abs 2 EKEG Rückgewähransprüche nur im Umfang einer Saldoreduktion während der Dauer der Rückzahlungssperre bestehen.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG• Waren- oder sonstige Kredite mit einer Laufzeit

bis zu 6 MonatenNach dieser Bestimmung sollen nicht in „Geldform“ erfolgte Kreditgewährungen mit einer Laufzeit von bis zu 6 Monaten von den Bestimmungen des EKEG ausgenommen sein. Bei Konzernverrechnungen ist oft unklar, welche Zahlung für welche Lieferung bestimmt ist (oft „Sammelüberweisungen“; Widmungen fehlen häufig). Beweislast dafür, dass ein Verstoß gegen das EKEG vorliegt – dass also Zahlungen für jeweils mehr als 6 Monate zurückliegende Lieferungen/Leistungen erfolgten – trifft den Insolvenzverwalter.Ausnahmebestimmung gilt auch im Fall der Nichtbezahlung von Mietzinsrückständen in einem Zeitraum von bis zu 6 Monaten (ab Fälligkeit) im Rahmen der Vermietung an Konzerngesellschaften (zum gesetzlichen Vermieterpfandrecht s. unten).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

• Stehenlassen eines vor der Krise gewährten Kredits

Anders als dies nach der Judikatur des OGH vor Inkrafttreten des EKEG der Fall war (vgl. dazu etwa OGH 8 Ob 254/97d SZ 70/232) soll das „Nicht-fällig-Stellen“ eines in unkritischer Zeit gewährten Kredit nicht zur Folge haben, dass dieser Kredit damit den Regelungen des EKEG unterliegt.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Sonderproblem: Einlösung eines vor Eintritt der Krise durch einen Nichtgesellschafter gewährten Kredits nach Kriseneintritt durch einen erfassten Gesellschafter.

Exkurs: Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGBGem. § 1422 ABGB kann derjenige, der eine Schuld bezahlt, für die er persönlich nicht haftet, vor oder bei Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen. Die herrschende Lehre und Rechtsprechung gehen bei Vorliegen eines entsprechenden „Einlösungsverlangens“ von einem ipso iure-Übergang der Forderung auf den Einlösenden aus. Mit der Forderung gehen auch allfällige Sicherheiten (z.B. Hypotheken) auf den Einlösenden über (Mader/W.Faber in Schwimann, ABGB VI³ § 1422 Rz 9 ff.).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Exkurs: Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGBFraglich ist, ob die Einlösung der Gesamtforderung des Altgläubigers – im Einvernehmen mit dem Altgläubiger – durch Bezahlung eines Teilbetrages möglich ist.

Soweit überblickbar, fehlt dazu bislang ausdrückliche Rechtsprechung des OGH. In der Entscheidung vom 2.7.1993 1 Ob 536/93 bzw. 1 Ob 537/03 ging der OGH jedoch offenbar von der Zulässigkeit der Einlösung der Gesamtforderung gegen Bezahlung eines unter der Höhe der eingelösten Forderung liegenden Preises aus (ohne sich mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit näher auseinanderzusetzen).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Exkurs: Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGBArgument für die Zulässigkeit einer Einlösung gegen Bezahlung eines Teilbetrages: Der Umstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Altgläubiger und Einlösendem berührt das Wesen als Einlösung nicht. Bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung zwischen Altgläubiger und Einlösendem muss daher eine Einlösung gegen Zahlung eines Teilbetrages zulässig sein.

Argument gegen die Zulässigkeit einer Einlösung gegen Bezahlung eines Teilbetrages: Keine Erwähnung der Teileinlösung in § 1422 ABGB. Möglicherweise „Heranziehbarkeit“ der römisch-rechtlichen lex Anastasiana – die vorsah, das der Zessionar einer Forderung nicht mehr geltend machen kann, als er selbst bezahlt hat – im Bereich des ABGB.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Exkurs: Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGBIm Zusammenhang mit einer Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGB ist weiters fraglich, ob die Erteilung einer Zustimmung gem. § 1423 ABGB (die Zustimmung hat zur Folge, dass der Gläubiger die Zahlung annehmen muss) zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters gehört oder ob es sich dabei um „nicht der Exekution unterworfenes Vermögen“ des Schuldners (§ 2 Abs 2 IO) handelt.Auch diese Frage ist in der bisherigen Rechtsprechung des OGH nicht geklärt. Da die Erteilung einer Zustimmung wesentlichen Einfluss auf die Gläubigerstruktur – und damit auf die im Insolvenzverfahren zu berücksichtigenden Forderungen – haben kann, ist von einer Zustimmungsbefugnis des Insolvenzverwalters auszugehen (in diesem Sinn OLG Graz 7.2.2014, 2 R 16/14m).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Ob eine Forderungseinlösung durch einen erfassten Gesellschafter nach Eintritt der Krise zur Folge haben kann, dass die eingelöste Forderung aufgrund der Forderungs-einlösung als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren ist, ist bislang (soweit ersichtlich) in der Judikatur des OGH nicht geklärt.

In der Lehre wurde dazu bisher häufig eine Anwendbarkeit des EKEG vertreten (z.B. Dellinger in Dellinger/Mohr, EKEG § 3 Rz 1; in diesem Sinne noch Karollus, EKEG § 3 Rz 3).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Gegen eine Qualifikation der eingelösten Kreditforderung als eigenkapitalersetzend spricht, dass im Zusammenhang mit der Forderungseinlösung der Gesellschaft keine neuen finanziellen Mittel zugeführt werden und der Fall der Forderungseinlösung daher insofern mit dem „Stehenlassen“ eines vor Eintritt der Krise gewährten Kredits vergleichbar ist.

Durch den bloßen Wechsel des Gläubigers tritt bezüglich der Kreditforderung keine Änderung ein; es kommt vielmehr zu einer Fortsetzung des Kreditverhältnisses unter Belassung der bereits früher zur Verfügung gestellten Liquidität (s. dazu Karollus in GES 2012, 431).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.2. Kreditgewährung gemäß § 3 EKEG

Als Gegenargument in diesem Zusammenhang könnte u.U. herangezogen werden, dass § 15 Abs 1 EKEG vorsieht, dass bei Bezahlung einer „Drittkreditverbindlichkeit“ durch einen erfassten Gesellschafter der Regressanspruch des Gesellschafters den Bestimmungen des EKEG unterliegt. Man könnte in diesem Zusammenhang argumentieren, dass auch in diesem Fall der Gesellschaft keine „neue Liquidität“ zur Verfügung gestellt wird und es zu einem Übergang des Kreditverhältnisses im Wege einer cessio legis an den Gesellschafter kommt und daher die Grundsätze des § 15 Abs 1 EKEG (zumindest analog) auch auf den Fall der Forderungseinlösung gem. § 1422 ABGB anwendbar sind.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.3. Erfasste Gesellschaften gemäß § 4 EKEG

Erfasste Gesellschaften im Sinne des § 4 EKEG sind

• Kapitalgesellschaften• Genossenschaften mit beschränkter Haftung• Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt

haftender Gesellschafter eine natürliche Person istNicht erfasst: • sonstige Personengesellschaften (wegen Fehlens des

Trennungsprinzips, mangels Kapitalschutz)• Privatstiftungen (wegen Fehlens eines Gesellschafters)• Vereine (Anknüpfungsbasis für Finanzierungsverantwortung

der Vereinsmitglieder fehlt; Verein ist nicht auf Gewinn gerichtet)

• sonstige Genossenschaften21

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.1. Erfasste Gesellschafter gemäß § 5 EKEG

Zif 1 Kontrollierende Beteiligung (näher definiert in § 5 Abs 2)Zif 2 Mindestbeteiligung von 25 % am Nennkapital (starre Größe aus

Rechtssicherheitsgründen)Zif 3 Ausübung eines beherrschenden Einflusses – losgelöst von der

rechtlichen Stellung des Beherrschers (faktische Beherrschung wie ein Gesellschafter, dem Mehrheit der Stimmrechte zusteht – auch ohne Beteiligung!!)

• Nichtgesellschafter• Nicht mittelbar nach § 8 Zif 1-3• „Minderheitsgesellschafter“ nach Zif 1 und Zif 2

ABER: Kreditvertragstypische Informations- und Einflussrechte und Sicherheiten bleiben außer Betracht – Grenze der Unschädlichkeit? – Übung des redlichen

Geschäftsverkehrs (unschädlich weitgehende Informationsrechte, empfohlen: zurückhaltende Inanspruchnahme von Einflussrechten)

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.1. Erfasste Gesellschafter gemäß § 5 EKEG

Von einer kontrollierenden Beteiligung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 EKEG ist auszugehen, wenn

• dem Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte zusteht oder

• dem Gesellschafter das Recht zu steht, die Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, oder

• er das Sonderrecht hat, selbst Mitglied des Leitungsorgans zu sein, oder

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.1. Erfasste Gesellschafter gemäß § 5 EKEG

• dem Gesellschafter aufgrund eines Vertrages mit einem oder mehreren Gesellschaftern das Recht zu einer Entscheidung zusteht, wie Stimmrechte der Gesellschafter auszuüben sind oder

• sie dem Gesellschafter ermöglicht, einen beherrschenden Einfluss auszuüben (dies wird vermutet, wenn ein Gesellschafter zumindest 25% der Stimmrechte inne hat und kein anderer eine zumindest gleichwertige Stimmrechtsmacht hat).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.2. Erfasste Gesellschafter gem. § 6 EKEG

Abgestimmtes Verhalten• Kreditvergabe aufgrund abgestimmten

Verhaltens mehrerer Gesellschafter oder durch einen Gesellschafter in Absprache mit anderen

• Rechtsfolge: Erfassung der kreditgebenden Gesellschafter, wenn sie zusammen im Ausmaß des § 5 beteiligt sind

• Vermutung der Absprache bei nahen Angehörigen

(§ 32 IO) und im Konzernverhältnis (§ 9 Abs 1)

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.3. Erfasste Gesellschafter gem. §§ 8 und 9 EKEG

Wesentlich für die Beurteilung von Konzernsachverhalten sind die Bestimmungen der §§ 8 und 9 EKEG. Gemäß § 8 EKEG gilt als erfasster Gesellschafter auch der Kreditgeber, wenn dieser

• Anteilsrechte oder sonstige Rechte an einem anderen Rechtsträger als der kreditnehmenden Gesellschaft hat, die mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf diese ermöglichen (mittelbar kontrollierende Beteiligung), oder

• mittelbar an der kreditnehmenden Gesellschaft mit einem Anteil von zumindest 33 % beteiligt ist oder

• unmittelbar oder mittelbar an einer Gesellschaft kontrollierend beteiligt ist, die mit zumindest 25% im Sinn des § 5 Abs 1 EKEG an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.3. Erfasste Gesellschafter gem. §§ 8 und 9 EKEG

Festzuhalten ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers von der Bestimmung des § 8 EKEG nicht nur gesellschaftsrechtliche Beteiligungen über Zwischengesellschaften, sondern auch Beteiligungen über zwischengeschaltete (ausländische) Privatstiftungen erfasst sein sollten (vgl. zu EBRV 124 Blg Nr XXII GP 10 und vgl. dazu weiters Dellinger/Moor EKEG § 8 Rz 4; Karollus EKEG § 8 Rz 5).

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.3. Erfasste Gesellschafter gem.§§ 8 und 9 EKEG

Gemäß § 9 EKEG gilt bei Vorliegen eines Konzerns (Verbindung des Kreditgebers mit anderen rechtlich selbständigen Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung oder kontrollierender Beteiligung) der Kreditgeber auch dann als erfasster Gesellschafter, wenn er zwar nicht an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist, er jedoch den Kredit auf Weisung eines anderen Konzernmitglieds gewährt, das

• am Kreditgeber unmittelbar oder mittelbar kontrollierend und beteiligt ist und

• erfasster Gesellschafter des Kreditnehmers ist.

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II. Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung

II.4.3. Erfasste Gesellschafter gem.§§ 8 und 9 EKEG

Gleiches gilt auch dann, wenn an der kreditgebenden und der kreditnehmenden Gesellschaft jeweils die selbe Person oder Personengruppe im Sinne des § 9 Abs 1 EKEG beteiligt ist. Sind somit an der kreditgebenden und an der kreditnehmenden Gesellschaft dieselben Personen beteiligt und ist davon auszugehen, dass die Kreditgewährung über Weisung dieser Personen erfolgt, so ist von einer den Bestimmungen des EKEG unterliegenden Kreditgewährung auszugehen.

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.1. Rückzahlungssperre gemäß § 14

EKEG

Wesentliche Konsequenz des Vorliegens eines eigenkapitalersetzenden Kredites ist, dass der Gesellschafter diesen Kredit samt den darauf entfallenden Zinsen nicht zurückfordern kann, solange die Gesellschaft nicht saniert ist und, wenn das Insolvenzverfahren nach einem bestätigten Sanierungsplan aufgehoben ist, soweit der Rückzahlungsanspruch die Sanierungsplanquote übersteigt.

Die Wirkungen der Rückzahlungssperre sind daher diejenigen einer gesetzlich angeordneten reinen Zwangsstundung (vgl. dazu Mohr in Dellinger/Mohr, EKEG § 14 Rz 3).

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEG

III.1. Rückzahlungssperre gemäß § 14 EKEG

Von einer Sanierung iSd § 14 EKEG ist dann auszugehen, wenn die Gesellschaft weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist und auch kein Reorganisationsbedarf besteht.

Wesentlich ist weiters, dass auch die Rückführung des eigenkapitalersetzenden Kredits nicht zur Folge hat, dass Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung und auch kein Reorganisationsbedarf besteht. Unklar ist, ob in diesem Zusammenhang die gesamte Kreditsumme eines eigenkapitalersetzenden Kredits zu berücksichtigen ist, oder ob in diesem Zusammenhang die Zahllast aus einer ratenweisen Rückzahlung des eigenkapitalersetzen Kredits heranzuziehen ist (vgl. dazu Karollus, EKEG § 14 Rz 9 ff.).

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.2. Rückgewähranspruch gemäß § 14

EKEGWeitere wesentliche Konsequenz des Vorliegens eines eigenkapitalersetzenden Kredites ist, dass trotz Vorliegens der Rückzahlungssperre durch die Gesellschaft geleistete Zahlungen seitens des Gesellschafters an die Gesellschaft rückzuerstatten sind. (Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs 1, letzter Satz EKEG).

Dem Rückerstattungsanspruch unterliegen dabei nicht nur Geldzahlungen an den Gesellschafter sondern auch sonstige Befriedigungen in anderer Weise, wobei das EKEG in diesem Zusammenhang eine Befriedigung durch Aufrechnung und Pfandverwertung ausdrücklich anführt (z. B auch durch Verwertung aus dem Bestandgeberpfandrecht).

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.2. Rückgewähranspruch gemäß § 14

EKEG

Verjährung:Gem. § 14 Abs 3 EKEG verjährt der Rückgewähranspruch in 5 Jahren.

Wenn die Gesellschaft (der Insolvenzverwalter) beweist, dass der Ersatzpflichtige die Widerrechtlichkeit der Zahlung kannte, verjährt der Erstattungsanspruch in 40 Jahren (§§ 14 Abs 3 EKEG iVm 1485 und 1472 ABGB; Karollus, EKEG § 14 Rz 24 f.) 33

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.3. Erstattungsanspruch im Konzern

gemäß § 9 Abs 1 EKEG

Im Fall einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung im Konzern über Weisung eines Konzernmitglieds (zu den Voraussetzungen siehe oben zu § 9 EKEG), steht der kreditgebenden Konzerngesellschaft ein Anspruch auf Erstattung der Kreditsumme gegen das die Weisung zur Kreditgewährung erteilende Konzernmitglied/den die Weisung erteilenden Gesellschafter zu. Dieses Konzernmitglied tritt mit der Erstattung der Kreditsumme in die Rechtsposition des Kreditgebers ein (cessio legis).

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.3. Erstattungsanspruch im Konzern

gemäß § 9 Abs 1 EKEG

Wenn die Kreditgewährung auf die Weisung einer beteiligten Personengruppe (§ 9 Abs 2 EKEG) zurückzuführen ist, so ist Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch gemäß § 9 EKEG, dass die entsprechende Weisung den Gesellschaftern entsprechend zurechenbar ist. Die Weisung muss dabei nicht von allen Mitgliedern der beteiligten Personengruppe ausgesprochen werden; auch eine Weisung, die nur von einem Mitglied ausgesprochen wird, erfüllt den Tatbestand, sofern diese erkennbar auch im Namen der übrigen Mitglieder der Personengruppe erfolgt. Grundvoraussetzung ist somit eine Absprache bzw ein allseitiges Einverständnis in Bezug auf die Weisung (vgl dazu Karollus EKEG § 9 Rz 44).

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III. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung nach dem EKEGIII.3. Erstattungsanspruch im Konzern

gemäß § 9 Abs 1 EKEG

§ 9 EKEG schafft für die „missbrauchte, abhängige, kreditgewährende Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter einen direkten Anspruch gegen die dahinter stehenden Konzernmitglieder bzw. bei reiner Gesellschafteridentität gegen die anweisenden Gesellschafter“ (Achatz, Der Erstattungsanspruch gegenüber Gesellschaftern als Masseaktivum, Insolvenz-Forum 2009, 26)

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der InsolvenzIV.1. Berücksichtigung eigenkapitalersetzender

Kredite im Rahmen der Überprüfung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gem. § 66 und 67 IO

Aufgrund der Rückzahlungssperre gem § 14 Abs 1 EKEG sind Forderungen, die dem EKEG unterliegen nicht fällig und daher bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit gem. § 66 IO nicht zu berücksichtigen (Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, § 66 Rz 35).

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der InsolvenzIV.1. Berücksichtigung eigenkapitalersetzender

Kredite im Rahmen der Überprüfung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gem. § 66 und 67 IOIm Gegensatz dazu sind eigenkapitalersetzende Kredite im Rahmen der Überschuldungsprüfung gem § 67 IO zu berücksichtigen, also im Überschuldungsstatus zu passivieren, es sei denn, dass seitens des Gesellschafters eine Rangrücktrittserklärung iSd § 67 Abs 3 IO abgegeben wird (Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, § 67 Rz 103 ff). Fraglich ist in diesem Zusammenhang in der Praxis immer wieder, ob die Vereinbarung eines befristeten Rangrücktritts ausreichend ist und ob ein „Wegfall“ des Rangrücktritts für den Fall der Insolvenzeröffnung vorgesehen werden kann. Die Vereinbarung eines – durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auflösend bedingten – Forderungsverzichts wird vom OGH im Hinblick auf § 25b Abs 2 IO für zulässig erachtet (OGH 21.11.2013, 1 Ob 157/13i, vgl. dazu Kernbichler, Unwirksamkeit eines auflösend bedingten Forderungsverzichts?, ZIK 2014/59). 38

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der InsolvenzIV.1. Berücksichtigung eigenkapitalersetzender

Kredite im Rahmen der Überprüfung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gem. § 66 und 67 IO

Fraglich ist weiters, wie eigenkapitalersetzende Verbindlichkeiten im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Studera/Fleischhacker (Eigenkapitalersatz im Jahres-abschluss und Überschuldungsstatus, ecolex 2002, 335) vertreten in diesem Zusammenhang eine Verpflichtung zum Ausweis der Verbindlichkeiten im Jahresabschluss, wobei der eigenkapitalersetzende Charakter im Anhang anzugeben ist.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der InsolvenzIV.1. Berücksichtigung eigenkapitalersetzender

Kredite im Rahmen der Überprüfung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gem. § 66 und 67 IO

Sollte es zur Realisierung eigenkapitalersetzender Gesellschaftersicherheiten kommen, so ist die Regressforderung des Gesellschafters im Rahmen des Überschuldungsstatus nicht zu passivieren, da § 15 EKEG anordnet, dass der Gesellschafter gegen die Gesellschaft nicht Regress nehmen kann, solange diese nicht saniert ist und, wenn das Insolvenzverfahren nach einem bestätigten Sanierungsplan aufgehoben wird, soweit der Regressanspruch die Sanierungsplanquote übersteigt (Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, § 67 Rz 104). Ein Rangrücktritt bezüglich der Regressforderung wäre dennoch empfehlenswert. 40

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.2. Möglichkeit der Geltendmachung

einer nachrangigen Forderung gem. § 57a IO

§ 57a Abs 1 IO sieht vor, dass Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Leistungen nach den Insolvenzforderungen zu befriedigen sind. Damit wurde nach herrschender Lehre eine eigene Forderungskategorie geschaffen (Karollus, EKEG § 14 Rz 35).

§ 57a Abs 2 IO ordnet in diesem Zusammenhang an, dass nachrangige Forderungen „wie Insolvenzforderungen durchzusetzen“ sind. Dabei ist fraglich, ob eine zu Unrecht als Insolvenzforderung angemeldete dem EKEG unterliegende Forderung als nachrangige Forderung berücksichtigt werden kann.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.2. Möglichkeit der Geltendmachung

einer nachrangigen Forderung gem. § 57a IOFraglich ist, ob eine als Insolvenzforderung angemeldete Forderung als nachrangig iSd § 57a IO anerkannt werden könnte (arg. a maiori ad minum) oder ob es sich bei nachrangigen Forderungen iSd § 57a IO um ein aliud handelt und daher jedenfalls eine gesonderte Anmeldung erforderlich ist (zum Verhältnis Insolvenz- und Masseforderungen vgl. Konecny in Konecny/Schubert Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 102 Rz 24; vgl. in diesem Zusammenhang weiters OGH 9 ObA 50/12m, ZIK 2013/93, 62).Nach Karollus ist die zu Unrecht als Insolvenzforderung angemeldete nachrangige Forderung als Insolvenzforderung zu bestreiten. Wurde nur die Eigenschaft als Insolvenzforderung, nicht aber der Bestand der Forderung bestritten, könne die Forderung jedoch – falls nachrangige Forderungen an die Reihe kommen – bei den nachrangigen Forderungen entsprechend berücksichtigt werden (Karollus, EKEG § 14 Rz 37). 42

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.2. Möglichkeit der Geltendmachung

einer nachrangigen Forderung gem § 57a IO

Gem § 57a Abs 2 IO sind nachrangige Forderungen nur dann anzumelden, wenn das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung der Forderungen auffordert.

Eine derartige Aufforderung ist zu erlassen, sobald zu erwarten ist, dass es zu einer – wenn auch nur teilweisen – Befriedigung nachrangiger Forderungen kommen wird. Diese Aufforderung ist öffentlich bekannt zu machen und den Gläubigern, die nachrangige Forderungen haben und deren Anschrift bekannt ist, zuzustellen.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.3. Befugnis zur Insolvenzantragstellung

§ 70 Abs 1 IO sieht vor, dass auch Gläubiger aus eigenkapitalersetzenden Leistungen die Möglichkeit haben, einen Gläubigerantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.

Auf Grund der Nachrangigkeit der Forderung aus eigenkapitalersetzenden Leistungen gem § 57a IO wäre ein derartiger Antrag nur dann sinnvoll, wenn zu erwarten ist, dass es im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einer Vollbefriedigung der Forderungen aller anderer Gläubiger kommen kann (Karollus, EKEG § 14 Rz 39).

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.4. Verhältnis zwischen § 57a IO und § 14

EKEG

§ 14 EKEG und § 57a IO stehen in einem Spannungsverhältnis, da gem. § 14 EKEG eine Zahlung an Gläubiger aus eigenkapitalersetzenden Kreditgewährungen erst im Fall einer Sanierung zulässig wäre, § 57a IO jedoch eine Berücksichtigung dieser Gläubiger (wenn auch nachrangig) im Rahmen der Insolvenzverteilung vorsieht.

Um eine Ausschüttung gem. § 57a IO zu ermöglichen, kann dieses Spannungsverhältnis nur dahingehend gelöst werden, dass § 57 a IO im Verhältnis zu § 14 EKEG als lex specialis anzusehen ist und daher insofern die Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG verdrängt.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.5. Berücksichtigung von dem EKEG

unterliegenden Forderungen im Falle einer Antragstellung gem. § 123b IO

Gem § 123b IO kann die Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beantragt werden.

Der ausdrücklichen Zustimmung eines Gläubigers bedarf es nicht, wenn seine Forderung befriedigt oder beim Insolvenzverwalter sichergestellt worden ist, oder wenn bei bestrittenen Forderungen die Klagefrist abgelaufen und die Klage nicht spätestens an dem Tag, an dem die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beantragt wird, eingebracht worden ist.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.5. Berücksichtigung von dem EKEG

unterliegenden Forderungen im Falle einer Antragstellung gem § 123b IO

Ob auch Forderungen iSd § 57a IO (bei fehlender Zustimmung) gem § 123b IO sicherzustellen sind, ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen. Senoner (in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 123b Rz 3) geht in diesem Zusammenhang mit gutem Grund davon aus, dass im Rahmen einer Antragstellung gem § 123b IO auch Ansprüche von Gläubigern aus eigenkapitalersetzenden Leistungen sicherzustellen sind (bzw. die Zustimmung dieser Gläubiger einzuholen ist), weil im Rahmen des Verfahrens gem. § 123b IO nicht auf die formale Anmeldung einer Insolvenzforderung abzustellen ist, sondern „pragmatisch vorzugehen“ sei. 47

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.6. Erlöschen von Ab- oder

Aussonderungsrechten gem. § 12b IO

Gem. § 12b IO erlöschen Ab- oder Aussonderungsrechte, die aus dem Vermögen des Schuldners für eine diesem gewährte eigenkapitalersetzende Leistung erworben wurden sowie Ab- oder Aussonderungsrechte, die aus dem Vermögen des Schuldners für eine diesem früher erbrachte Leistung in einem Zeitpunkt erworben wurden, in dem diese eigenkapitalersetzend gewesen wäre, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.Diese Sicherheiten für eigenkapitalersetzende Leistungen leben jedoch wieder auf, wenn das Insolvenzverfahren gem. § 123a IO (mangels Vermögens) aufgehoben werden sollte.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.6. Erlöschen von Ab- oder Aussonderungsrechten

gem. § 12 b IOSonderfall: Gesetzliches Bestandgeberpfandrecht gem.

§ 1101 ABGBIm Fall der Vermietung an Konzerngesellschaften kann das Nichtbezahlen von fälligen Bestandzinsen während mehr als 6 Monaten – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des EKEG – als eine dem EKEG unterliegende Kreditgewährung zu qualifizieren sein (s. dazu oben zu § 3 Abs 1 Z 2 EKEG). Fraglich ist, ob dies zur Folge hat, dass das gesetzliche Bestandgeberpfandrecht an eingebrachten Gegenständen gem. § 12b IO erlischt. Judikatur des OGH zu dieser Frage liegt (soweit überblickbar) bislang noch nicht vor. Auch wenn vielleicht im Fall einer Einbringung von Fahrnissen nicht vom „Erwerb“ eines Absonderungsrechts im eigentlichen Sinn auszugehen sein mag, so ist jedenfalls aus teleologischen Erwägungen von einer Anwendbarkeit von §12b IO auf das gesetzliche Pfandrecht des Bestandgebers auszugehen. 49

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.6. Erlöschen von Ab- oder

Aussonderungsrechten gem § 12 b IO

Zweck von § 12 b IO ist es, eine vorrangige Befriedigung von Gläubigern eigenkapitalersetzender Kredite gegenüber sonstigen Gläubigern zu verhindern. Andernfalls könnten durch die Bestellung von Sicherheiten die Bestimmungen des EKEG umgangen werden.

Fraglich ist jedoch, ob es zu einem Wiederaufleben von Sicherheiten für eigenkapitalersetzende Kredite kommt, wenn in einem Insolvenzverfahren keine „vorrangigen“ Gläubiger vorhanden sein sollten und nur nachrangige Forderungen iSd § 57a IO zu berücksichtigen sind.

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IV. Rechtsfolgen einer eigenkapitalersetzenden Kreditgewährung in der Insolvenz IV.6. Erlöschen von Ab- oder

Aussonderungsrechten gem § 12 b IO

Die Frage eines derartigen Wiederauflebens ist in der Judikatur bislang noch nicht geklärt.

Ein Wiederaufleben von Sicherheiten (analog § 12b zweiter Satz IO) erscheint in diesem Fall deshalb sachgerecht, weil im Verhältnis mehrerer Gläubiger aus nachrangigen Forderungen kein Grund zu erkennen wäre, denjenigen nachrangigen Gläubiger, zu dessen Gunsten Sicherheiten bestellt wurden, im Verhältnis zu anderen nachrangigen Gläubigern, denen keine Sicherheiten eingeräumt wurden, zu benachteiligen. 51

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.1. Ausgangslage

Bei Verrechnungen innerhalb eines Konzerns ergibt sich oft das Problem, dass einerseits die Voraussetzungen des EKEG erfüllt sind und daher auf Seiten der kreditnehmenden Gesellschaft eine Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG gilt.

Andererseits kann jedoch auf Seiten der kreditgebenden Gesellschaft eine gegen das gesellschaftsrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßenden Leistung vorliegen und daher ein entsprechender Rückgewähranspruch gem. § 83 GmbHG auf Seiten der kreditgebenden Gesellschaft bestehen. Es stellt sich daher in diesem Zusammenhang häufig die Frage, wie dieses Konkurrenzverhältnis zwischen Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG und Rückgewähranspruch gem. § 83 GmbHG zu lösen ist.

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.2. Bisheriger Meinungsstand

Das Konkurrenzverhältnis zwischen § 14 EKEG und § 83 GmbHG wurde bislang in der Judikatur des OGH (soweit überblickbar) nicht behandelt.

Der überwiegende Teil der Lehre hat dazu bisher die Ansicht vertreten, dass die Bestimmungen des Eigenkapitalersatzrechts dem gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsverbot vorgehen. Begründet wurde dies überwiegend unter Hinweis auf § 9 EKEG. Diese Bestimmung löse die Konkurrenzproblematik insofern, als dem Kreditgeber für den Fall, dass der Kredit eigenkapitalersetzend ist, einen Anspruch auf Erstattung der Kreditsumme gegen die weisungsgebende Muttergesellschaft zugestanden werde. 53

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.2. Bisheriger Meinungsstand

Der Gesetzgeber habe die Benachteiligung der angewiesenen Gesellschaft gesehen und durch den Erstattungsanspruch gegen die weisungsgebende Muttergesellschaft ihre Interessen berücksichtigt. Insofern komme unter den dort angeführten Voraussetzungen § 9 EKEG der Vorrang zu (vgl dazu etwa Koppensteiner/Rüffler, GmbHG Anhang § 74 Rz 29; Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 4/564; Karollus EKEG § 9 Rz 40, vgl. dazu weiters Achatz, Der Erstattungsanspruch gegenüber Gesellschaftern als Masseaktivum, Insolvenz-Forum 2009, 32 ff.).

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.3. Neue Ansicht Artmann

Univ.Prof. Dr. Artmann hat die zuvor dargestellte herrschende Ansicht insofern kritisch hinterfragt, als der Vorrang der Bestimmungen des EKEG nur dann vertretbar ist, wenn der Rückgewähranspruch gem. § 9 EKEG tatsächlich werthaltig ist. Zahlungen an Schwesterngesellschaften seien jedoch als Verstoß gegen das gesellschaftsrechtliche Ausschüttungsverbot anzusehen, wenn bei Eintritt der Krise oder zumindest innerhalb der Verjährungsfrist von 5 Jahren die „Konzernspitze“ unwillig oder nicht in der Lage war, die Erstattungsansprüche aus § 9 EKEG zu erfüllen. Der kreditgebenden Gesellschaft stünden daher in diesem Fall entsprechende Rückgewähransprüche nach § 83 GmbHG vorrangig zu.

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.4. Problematik des Abschlusses von

Vergleichen bei Einlagenrückgewähr/EKEG

Für den Insolvenzverwalter ist es oft schwierig, die tatsächlichen Grundlagen erfolgter Verrechnungen innerhalb eines Konzerns aufzuklären und Grundlage und Höhe wechselseitiger Forderungen zu ermitteln. Weiters bereitet häufig die Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts der „Krise“ verschiedener Konzerngesellschaften, die Art der Verflechtung von Konzerngesellschaften oder die Art der Konzernbuchhaltung („Chaos-Cash-Pooling“) erhebliche Probleme. Bezüglich der Art und Durchsetzbarkeit von Ansprüchen gem. EKEG und/oder aus rechtlich unzulässiger Einlagenrückgewähr besteht daher häufig eine Vielzahl an rechtlichen und/oder tatsächlichen Unklarheiten.

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.4. Problematik des Abschlusses von

Vergleichen bei Einlagenrückgewähr/EKEG

Gem. § 83 Abs 4 GmbHG können dem Gesellschafter Verpflichtungen zur Rückzahlung von Leistungen, die gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen, „weder ganz noch teilweise erlassen“ werden. Der OGH hat dazu in SZ 66/90 die (strenge) Ansicht vertreten, dass „Vergleiche- und Verzichtsleistungen der Gesellschaft unzulässig sind, soweit die zugrundeliegenden Ansprüche zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sind“. Im Hinblick auf diese Judikatur wäre daher von einer Zulässigkeit von Vergleichen auszugehen, soweit Gesellschaftsgläubiger vom Vergleichsabschluss nicht betroffen sind.

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.4. Problematik des Abschlusses von

Vergleichen bei Einlagenrückgewähr/EKEG

Nach herrschender Lehre zum gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsverbot ist der Abschluss von Vergleichen dann zulässig, wenn so beachtliche rechtliche oder tatsächliche Unklarheiten bestehen, dass unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten einer Klage (einschließlich Prozesskosten) die einverständliche vergleichsweise Einigung der Durchsetzung der Forderung in einem streitigen Verfahren vorzuziehen ist (vgl. dazu Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 19 Rz 16; s. dazu weiters § 83 Abs 4 GmbHG).

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.4. Problematik des Abschlusses von

Vergleichen bei Einlagenrückgewähr/EKEG

Nur wenn daher von einer tatsächlichen oder rechtlichen Ungewissheit über den Bestand oder Umfang des Anspruchs auszugehen ist, sei (so die herrschende Lehre) der Abschluss eines Vergleichs zulässig.

Im Hinblick auf die zuvor dargestellte überwiegende Lehre besteht Grund zu der Annahme, dass der OGH von der in der Entscheidung SZ 66/90 vertretenen strengen Auffassung abgehen würde, sofern rechtliche oder tatsächliche Unklarheiten den Abschluss eines Vergleichs rechtfertigen. 59

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V. Verhältnis zwischen Ansprüchen auf Grundlage des EKEG und Ansprüchen aus EinlagenrückgewährV.4. Problematik des Abschlusses von Vergleichen

bei Einlagenrückgewähr/EKEGFraglich ist weiters, ob auch Ansprüche gem. EKEG nur unter den erwähnten strengen Voraussetzungen „vergleichsfähig“ sind. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass im EKEG eine § 83 Abs 4 GmbHG entsprechende Bestimmung fehlt. Achatz (Der Erstattungsanspruch gegenüber Gesellschaftern als Masseaktivum, Insolvenz-Forum 2009, 27) geht auch zum EKEG vom Bestehen zwingender Ansprüche und vom grundsätzlichen Bestehen eines Verzichtsverbots aus. Festzuhalten ist, dass Judikatur des OGH zu dieser Frage (soweit überblickbar) bislang fehlt.

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VI. Strafrechtliche Komponente

VI.1. Aus Sicht der kreditgewährenden Gesellschaft

Eine im Rahmen eines Konzerns erfolgende Kreditgewährung über Weisung der Konzernspitze an eine andere Konzerngesellschaft kann (wie bereits erwähnt) aus Sicht der kreditgewährenden Gesellschaft gegen das gesellschaftsrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen. Auf der anderen Seite können bezüglich des gewährten Kredits die Voraussetzungen des EKEG erfüllt sein, sodass keine Rückforderbarkeit des gewährten Kredits gegeben ist.

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VI. Strafrechtliche Komponente

VI.1. Aus Sicht der kreditgewährenden Gesellschaft

Im Zusammenhang mit eigenkapitalersetzenden Krediten kommt eine Strafbarkeit der Geschäftsführung, des Vorstandes der kreditgebenden Gesellschaft gem. § 156 StGB (betrügerische Krida) in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass aufgrund der Kreditgewährung die Aktiven ohne entsprechenden Gegenwert verkürzt werden, also zu erwarten ist, dass es zu keiner entsprechenden Rückführung des gewährten Kredits kommen wird; dies insbesondere im Hinblick auf die Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG.

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VI. Strafrechtliche Komponente

VI.1. Aus Sicht der kreditgewährenden Gesellschaft

Auf Seiten des Vorstandes/der Geschäftsführung der kreditgebenden Gesellschaft kann die Gewährung eines Kredits – der auf Grund der Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG in absehbarer Zeit nicht rückforderbar ist und „betrieblich nicht gerechtfertigt“ (im Sinne des Handelns eines maßgerechten Geschäftsführers) ist – als Untreue iSd § 153 StGB gewertet werden. Nach der neueren Judikatur zu § 153 StGB (vgl dazu OGH 30.01.2014, 12 Os 117/12s) ist davon auszugehen, dass Untreue bei einer AG auch dann vorliegen kann, wenn die AG lediglich einen Gesellschafter hat und die Kreditgewährung über Weisung dieses Gesellschafters erfolgt.

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VI. Strafrechtliche Komponente

VI.1. Aus Sicht der kreditgewährenden Gesellschaft

Bei der GmbH ist aufgrund der Entscheidung zu SSt 53/54 davon auszugehen, dass dann, wenn der Täter der einzige Gesellschafter und damit wirtschaftlich gesehen nach Maßgabe der Haftungsbeschränkung faktisch mit der Gesellschaft ident ist, nicht wirklich „einem anderen“ ein Vermögensnachteil zugefügt wird und daher insofern nicht von einer Strafbarkeit wegen Untreue auszugehen ist (siehe dazu näher zuletzt Bollenberger/Weiss in RdW 2014/273,247).

Festzuhalten ist weiters, dass die Weisung zur Gewährung eines derartigen Kredits Strafbarkeit der weisungsgebenden Konzernspitze als Bestimmungstäter gem. §§ 12 iVm 153 bzw. 156 StGB zu Folge haben kann. Die Erteilung einer Weisung durch die „Großmuttergesellschaft“ zur Gewährung eines Kredits durch die Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft würde daher Strafbarkeit iSd Bestimmungen begründen.

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VI. Strafrechtliche Komponente

VI.2. Aus Sicht der kreditnehmenden Gesellschaft

Kreditrückzahlung trotz Rückzahlungssperre gem. § 14 EKEG:Nach der Rechtsprechung des OGH verantwortet der Geschäftsführer einer „kreditunwürdigen GmbH“ (Anm.: die Entscheidung erging noch vor Inkrafttreten des EKEG), wenn er eigenkapitalersetzende Darlehen an Gesellschafter zurückzahlt betrügerische Krida gem. § 156 StGB (OGH in 11 Os 41/02, SSt 64/56, 11 Os 76/03). Untreue, Beitragstäterschaft kommt wieder in Betracht.

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VII. Exkurs: Sanierungstreuhand

VII.1. Praxis- Anwendung bei großen Restrukturierungen in Deutschland und Österreich- Voraussetzung:

oftmals vorherige Verpfändung der Gesellschaftsanteile an Tochtergesellschaften (ist aber nicht Voraussetzung!) Banken „glauben“ an Sanierungsfähigkeit des Unternehmens/Konzerns neuer Sanierungskredit nötig und bisherige Gesellschafter können oder wollen keinen Beitrag dazu leisten

- Zu Grunde liegende Überlegungen: durch Insolvenzverfahren, außergerichtliche Pfandverwertung erfolgt Wertvernichtung gesetzliche Beschränkungen gemäß §§ 466a, 1371 ABGB

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VII. Exkurs: Sanierungstreuhand

VII.2. Mehrseitige Sanierungstreuhand an Gesellschaftsanteilen

- Gesellschafter als Treugeber überträgt seine Gesellschaftsanteile dinglich einem Treuhänder

- Treuhänder wird Vollrechtsinhaber und damit Gesellschafter

- Treuhand dient der Besicherung und Rückführung der Forderung der Banken

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VII. Exkurs: Sanierungstreuhand

VII.3. Tätigkeit des Sanierungstreuhänders

- Weisungsunabhängige Verwaltung der Gesellschaftsanteile entsprechend des Sanierungstreuhandvertrages/der Restrukturierungsvereinbarung

- Einleitung eines strukturierten M&A Prozesses

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VII. Exkurs: Sanierungstreuhand

VII.4. „Mehrseitig“?

- Einseitiger Treuhandauftrag würde mit Insolvenzeröffnung gemäß § 26 IO erlöschen.

- Mehrseitiger Treuhandauftrag, der der Abwicklung eines anderen Vertrages dient, wird von Insolvenzeröffnung nicht berührt, wenn kein Rücktrittsrecht gemäß § 21 IO mehr besteht.

- Durch vertragliche Klarstellung, dass Treuhänder Gesellschaftsanteil nicht für Banken hält, erfolgt Absicherung, dass Bankkredite nicht eigenkapitalersetzend werden.

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VII. Exkurs: Sanierungstreuhand

VII.5. Mögliche Anfechtungsansprüche

- Judikatur des OGH zu möglichen Anfechtungsansprüchen iZm Sanierungstreuhand fehlt (soweit überblickbar) bislang.

- Wenn es im Zuge des Abschlusses der Sanierungstreuhandvereinbarung bzw. Restrukturierungsvereinbarung zur Zufuhr neuer Mittel kommt, könnte die „Gesamtkonstruktion“ u.U. als nachteiliges Rechtsgeschäft iSd § 31 Abs 1 Z 3 IO gewertet werden (Ermöglichung eines „Weiterwurstelns“ zu Lasten sonstiger Gläubiger).

- Wenn durch die Sanierungstreuhand eine Verwertung von Anteilen ermöglicht wird, die davor nicht verpfändet waren, könnte in der Sanierungstreuhandvereinbarung eine inkongruente Nachbesicherung bzw. Deckung iSd § 30 Abs 1 Z 1 IO gesehen werden.

- Voraussetzung für das Geltendmachen von Anfechtungsansprüchen im zuvor genannten Sinn wäre, dass – trotz Restrukturierungsvereinbarung und Sanierungstreuhand – Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (weiterhin) gegeben ist.

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Dr. Ulla ReischUrbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG

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