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Vorsorge und Steuern
Aktuelle Fragen und Knackpunkte
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Referent
Max LedergerberBetriebsökonom FH/HWV
Tätigkeit bis 30.11.2016:
Vorsteher-Stellvertreter Kantonales Steueramt Aargau,
Mitglied der Arbeitsgruppe Vorsorge SSK
Tätigkeit seit 1.12.2016:
Geschäftsführer/Mitinhaber L&L Steuerberatung+Treuhand GmbH
Rikon im Tösstal ZH, www.ll-steuerberatung.ch
2VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Themenübersicht
1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug
2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung
3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge
3VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Themenübersicht
1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug
2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung
3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge
4VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Art. 79b Abs. 3 BVGbei mehreren Vorsorgeverhältnissen
5VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Gesetzliche Grundlagen
Art. 79b Abs. 3 BVG
3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die Vorbezüge zurückbezahlt sind.
6VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Rechtsprechung und Praxis (1)
Leitentscheid BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:
Sachverhalt
• Einkäufe 2004, 2005 und 2006 total CHF 80’000;
• Bezug Alterskapital 2007 CHF 432’884;
• Rentenbezug aus Einkäufen (inkl. Zinsen) CHF 83’636= monatliche Rente CHF 460.
7VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Rechtsprechung und Praxis (2)
Leitentscheid BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:
E. 3.3.2
«Die konsequente – und grundsätzlich ausnahmslose – Gleichsetzung von Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist mit missbräuchlicher Steuermini-mierung erweist sich auch im hier zu prüfenden Einzelfall als zutreffend…
… das Hin und Her nicht als sachgerechte Verbesserung des Versicherungs-schutzes, sondern als vorübergehende und steuerlich motivierte Geld-verschiebung erscheinen muss. Dagegen wendet sich Art. 79b Abs. 3 BVG (im hier massgebenden steuerrechtlichen Rahmen) einheitlich und verbindlich, indem die Abzugsberechtigung immer dann zu verweigern ist, wenn innerhalb der Sperrfrist eine Kapitalauszahlung erfolgt.
8VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Rechtsprechung und Praxis (3)
Folgen für die Steuerpraxis:
� Grundsätzlich ist jeglicher Einkauf steuerlich nicht abziehbar,wenn innerhalb von 3 Jahren ein Kapitalbezug erfolgt
auf den Tag genaue Berechnung der Frist;
� Steuerumgehung muss nicht nachgewiesen werdenverobjektivierte Sperrfrist;
� Ausnahme: Geringfügige Beiträgeim Ermessen der Kantone (z.B. ZH = CHF 12’000)
9VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Rechtsprechung und Praxis (4)
Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz zum BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:
• Konsolidierte Betrachtungsweise bei mehreren Vorsorgeverhältnissen oder Vorsorgeplänen;
• Begründung: Für die steuerrechtlichen Auswirkungen spielt es keine Rolle, ob der Einkauf und der Kapitalbezug in denselben bzw. aus demselben Vorsorgeplan oder in dieselbe bzw. aus derselben Vorsorgeeinrichtung erfolgen oder nicht.
10VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Rechtsprechung und Praxis (5)
Auslegung BSV (Mitteilungen berufliche Vorsorge Nr. 88, 93):
� betroffen von der Kapitalbezugssperre gemäss Art. 79b Abs. 3 BVG ist nur der dem Einkauf entsprechende Betrag inkl. Zinsen;
� das vor dem Einkauf erworbene Vorsorgeguthaben ist davon nicht betroffen.
Kapitalauszahlung ist aus vorsorgerechtlicher Sicht auch dann zulässig, wenn ein Einkauf in den vergangenen 3Jahren erfolgte.
11VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE vom 15. Januar 2015 (2C_488+489/2014)
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Sammel-einrichtung
Spital
Verbands-vorsorge-
einrichtung
Sachverhalt:− Chefarzt an Kantonsspital – BVG-versichert bei BVG Spitalpersonal− Selbständige Arztpraxis – BVG-versichert bei Verbandsvorsorgeeinrichtung− Altershalbe Erwerbs- und Praxisaufgabe im Jahr 2011
Einkauf Beitragsjahre150'000 im Jahr 2009
Rentenbezug 2011 Kapitalbezug 2011 (keineEinkäufe in den letzten3 Jahren)
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Erwägungen des Bundesgerichts
� Wie das Bundesgericht bereits im Urteil 2C_243/2013 vom 13.9.2013 (ASA 82 S. 232) festgehalten habe, bilde das Vorsorgekapital eine Einheit und müsse gesamtheitlich betrachtet werden ("forme un tout et doit être pris dans son ensemble") (Erw. 2.3);
� da eine direkte Verknüpfung zwischen Einkauf und Leistung nicht bestehen müsse, sei kein Grund ersichtlich, weshalb der vorliegende Fall anders beurteilt werden sollte, bloss weil der Einkauf in die eine und der Kapitalbezug aus der anderen Vorsorgeeinrichtung stamme (Erw. 3.2);
� aus Gründen der Gleichbehandlung ist schwer einzusehen und mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip kaum vereinbar, wenn einem BVG-Versicherten mit Zugang zu mehreren Vorsorgeeinrichtungen erweiterte Möglichkeiten zur Verfügung stehen würden (Erw. 3.3).
13VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Folgerung des Bundesgerichts
� der Einkauf von CHF 150'000 im Jahr 2009 wurde zu Recht nicht zum Abzug zugelassen;
� ein Vertrauensschutz konnte nicht geltend gemacht werden:
� die für die Steuerpflichtigen ungünstigen Steuerfolgen stellen bloss das Ergebnis der richtigen Anwendung der bereits am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Bestimmung von Art. 79b Abs. 3 BVG auf den vorliegenden Sachverhalt dar.
� ab dem Bekanntwerden des Urteils 2C-658/2009 vom 12. März 2010 war bekannt, dass das Bundesgericht die genannte Norm unter steuerlichen Gesichtspunkten anders interpretiert als das Bundesamt für Sozialversicherung unter sozialversicherungsrechtlichen.
14VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Folgerungen für die Praxis
� Für die Beurteilung, ob die Kapitalbezugssperre gemäss Art. 79b Abs. 3 BVG verletzt ist, muss stets eine konsolidierte Betrachtung über alle Vorsorgeverhältnisse erfolgen;
� Bei einem Anschluss derselben Person an mehrere Vorsorgeeinrichtungen liegt die Verantwortung in Bezug auf die steuerrechtliche Einhaltung der Sperrfrist bei der versicherten Person (und nicht bei der einzelnen Vorsorgeeinrichtung!).
15VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Finanzierung Einkauf Beitragsjahre BVGmit Mitteln der Säule 3a
16VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BSV Mitteilungen berufliche Vorsorge Nr. 136
� Eine vorzeitige Ausrichtung der Leistung ist zulässig bei Auflösung des Vorsorgeverhältnisses, wenn die ausgerichtete Leistung u.a. für den Einkauf in eine Pensionskasse verwendet wird (Art. 3 Abs. 2b BVV3);
� Teilübertragungen sind nur zulässig, wenn die Vorsorge-lücke im BVG damit vollständig ausfinanziert wird;
� Keine Teilübertragung für Teildeckung Vorsorgelücke!
� keine Verpflichtung zur Einbringung der Säule 3a in das BVG bei Deckungslücken.
17VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Bezug Säule 3a – zeitnaher Einkauf BVG
Sachverhalt:
� Selbständige Erwerbstätigkeit, Alter 62 Jahre;� Deckungslücke gemäss Vorsorgeausweis CHF 600’000
Geplante teilweise Ausfinanzierung der Deckungslücke BVG:� Auflösung Konto 1 Säule 3a CHF 100’000 (Alter 62)� Auflösung Konto 2 Säule 3a CHF 200’000 (Alter 63)� Fälligkeit Vorsorgepolice 3a CHF 140’000 (Alter 64)
Steuerliche Folgen aus dem geplanten Vorgehen?
18VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Bezug Säule 3a – zeitnaher Einkauf BVG
Rechtsprechung:
� SGE AG vom 22.01.2009 (= AGVE 2009, 313 ff.)
Auszahlung Altersguthaben 3a und Einkauf Säule 2 stellen zwei voneinander unabhängige Vorgänge dar;
� StRG ZH vom 20.08.2012 (1 DB.2012.95/1 ST.2012.108)
Auflösung des Vorsorgeverhältnisses gemäss Art. 3 Abs. 1 BVV3 (Altersleistung) � keine vorzeitige Ausrichtung gemäss Art. 3 Abs. 2 BVV3
19VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Schlussfolgerung
� Es liegt kein missbräuchliches Vorgehen im Sinne einer Steuerumgehung vor;
� Das geplante Vorgehen ist unter dem Aspekt der Steuerplanung zulässig und zu akzeptieren.
Steuerfolgen:
� Jahressteuer zum privilegierten Vorsorgetarif auf den einzelnen Auszahlungen Säule 3a (mit Progressionsvorteil wegen der gestaffelten Auflösung der Verhältnisse über 3 Jahre);
� Voller Abzug der Einkäufe von Beitragsjahren in den Steuererklärungen der betreffenden Jahre.
20VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Einkauf Scheidungslücke und nachfolgender Kapitalbezug
21VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Gesetzliche Grundlage
Art. 79b BVG
3Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden...
4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Falle der Ehescheidung...
22VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Auffassung Arbeitsgruppe Vorsorge SSK
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• Für Wiedereinkäufe nach der Scheidung gilt die 3-jährige
Sperrfrist aufgrund des Wortlautes von Art. 79b Abs. 4
nicht.
• Vorbehalten bleibt die Prüfung einer Steuerumgehung im
Einzelfall.
23VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (1)
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Sachverhalt :
• Scheidung von A im Jahr 1999;
• Überweisung aus VE von A auf FZK Ehefrau CHF 163'000;
…. die Zeit vergeht…
• Mutter von A gewährt A am 15.8.2013 ein Darlehen in der Höhe von
CHF 160'000 (ausdrückliche Zweckbestimmung: Einkauf in PK);
• A macht am 26.8.2013 einen Einkauf in die PK (Scheidungslücke) in der
Höhe von CHF 81'500;
• Pensionierung von A per 31.5.2015 mit Kapitalbezug aus der PK von CHF
1'224'906.50 (gesamte Altersleistung; kein Rentenbezug).
24VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (2)
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Verweigerung des Abzuges für den Einkauf
Begründung der Steuerbehörde:
• Verletzung der Kapitalbezugssperre Art. 79b Abs. 3 BVG;
• Gestützt auf den italienischen Wortlaut bezieht sich Abs. 4
von Art. 79b auf Abs. 1 und nicht auf Abs. 3 (!);
• Das Vorgehen mache aus Sicht der Verbesserung des
Vorsorgeschutzes keinen Sinn und stellt eine
Steuerumgehung dar.
25VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (3)
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Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG durch Bger (1):
• Aus vorsorgerechtlicher Sicht ist die Kapitalbezugssperre
nicht auf Wiedereinkäufe nach der Scheidung anwendbar
(Mitteilungen BSV Nr. 84 und Nr. 98);
• vorsorgerechtliche Stellungnahmen des BSV sind für die
steuerrechtliche Beurteilung nicht direkt massgeblich oder
gar verbindlich (BGE 2C_658/2009 vom 12.3.2010).
26VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (4)
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Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG durch Bger (2):
• Dem verpflichteten Ehegatten soll es nach einer Scheidung
möglich sein, sich vorsorgemässig wieder gleich zu stellen
wie vor der Scheidung;
• Um diese Gleichstellung zu ermöglichen, erscheint es
erforderlich, die Ausnahme von Art. 79b Abs. 4 BVG so zu
verstehen, dass Wiedereinkäufe nach einer Scheidung von
der 3-jährigen Sperrfrist auszunehmen sind (Erw. 3.3.4).
27VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (5)
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Zwischenergebnis
Der Abzug des Einkaufs im Jahr 2013 kann nicht gestützt auf Art. 79b Abs. 3 BVG verweigert werden.
28VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (6)
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Prüfung eines steuerlichen Missbrauchs
Ausnahmeregelung in Art. 79b Abs. 4 BVG bedeutet nicht, dass
die Frage der Steuerumgehung damit abschliessend geregelt ist
(Erw. 4.1); eine Steuerumgehung liegt vor, wenn
1. die gewählte Rechtsgestaltung ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich,
jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint;
2. anzunehmen ist, dass diese Rechtsgestaltung nur zum Zwecke der
Steuereinsparung getroffen wurde, und
3. das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuereinsparung führt.
29VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (7)
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Ergebnis der Prüfung im konkreten Fall (1)
• Vorsorgeschutz wurde durch den Einkauf nur marginal
verbessert;
• wirtschaftlich und aus vorsorgetechnischen Gründen ergibt
es keinen Sinn, eine Einzahlung zu tätigen und innert von 2
Jahren den gleichen Betrag wieder zu beziehen;
• anzunehmen, dass 2014 ein weiterer Einkauf mit der
zweckbestimmten Darlehensgewährung geplant war.
30VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (8)31
Ergebnis der Prüfung im konkreten Fall (2)
• Wiedereinkauf 2013 führte zu einer Steuereinsparung von
CHF 25'210; Steuereinsparung 2014 im ähnlichen Rahmen;
• nach Abzug der Steuern auf dem Kapitalbezug verbliebe eine
effektive Steuereinsparung von insgesamt rund CHF 36'500;
• Vorgehen bezweckte lediglich die Einsparung von Steuern
= Tatbestand der Steuerumgehung erfüllt!
31VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Folgerungen aus dem BGE32
Publizierte Praxis der Arbeitsgruppe Vorsorge SSK wurde
bestätigt:
• Für Wiedereinkäufe nach der Scheidung gilt die 3-jährige
Sperrfrist aufgrund des Wortlautes von Art. 79b Abs. 4 nicht.
• Vorbehalten bleibt die Prüfung einer Steuerumgehung im
Einzelfall.
Nicht jeder Einkauf einer Scheidungslücke kurz vor der
Pensionierung gilt als Steuerumgehung! Zu prüfen ist vielmehr
der Einzelfall anhand der konkreten Umstände.
32VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
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Fallbeispiel - Sachverhalt
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Abgrenzung (1)
Jahr Ereignisse
1998 Scheidung mit Überweisung von CHF 140’000 in die VE der geschiedenen Ehefrau
2012 Erbschaft der Eltern CHF 200’000
2012 Einkauf Scheidungslücke CHF 40’000
2013 Einkauf Scheidungslücke CHF 50’000
2014 Einkauf Scheidungslücke CHF 50’000
2015 Pensionierung mit 50 % Rentenbezug und 50 % Kapital (Kapitalbezug CHF 350’000)
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
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Fallbeispiel – Steuerliche Würdigung
• Der Wiedereinkauf der Scheidungslücke erfolgt zeitnah nach der Erbschaft;
• Bei Pensionierung werden die Altersleistungen teilweise in Renten- und teilweise in Kapitalform bezogen.
Keine Steuerumgehung, sondern legale Steuerplanung!
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Abgrenzung (2)
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Reihenfolge der Einzahlungen
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1. Einkauf der Scheidungslücke
2. Rückzahlung von allfälligen Vorbezügen WEF*
3. Einkauf von weiteren Vorsorgelücken
*Sofern der WEF-Vorbezug vor der Scheidung erfolgte. Vorbezüge nachder Scheidung sind mit 1. Priorität zurückzuzahlen.
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Vorbezug WEF undEinkauf von Beitragsjahren
bei Scheidung
36VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Sachverhalt (1)
- Kauf EFH zu je ½ Miteigentumsanteil vor 10 Jahren
- Finanzierung CHF 170’000 WEF-Vorbezug Ehemann
- Scheidung 2014 – Übertragung EFH an Ehefrau
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Vorher: ½ Miteigentum nachher: Eigentum Frau
Übertragung Vorbezug WEF
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei der Übertragung
Die Übertragung des WEF-Vorbezugs vom Ehemann auf die Ehefrau erfolgt im Rahmen der scheidungsrechtlichen Teilung des Vorsorgeguthabens.
Steuerlich neutraler Vorgang!
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (1)
Sachverhalt A:
Nach der Scheidung zahlt die geschiedene Ehefrau den WEF-Vorbezug von CHF 170’000 in die Vorsorgeeinrichtung ihres Arbeitgebers ein.
Welche steuerlichen Folgen ergeben sich?
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (2)
Art. 14 WEFV
…2 Bei Rückzahlung des Vorbezugs wird der bezahlte Steuerbetrag ohne
Zins zurückerstattet…
3 Für die Rückerstattung des Steuerbetrages ist ein schriftliches Gesuch
an diejenige Behörde zu richten, die ihn erhoben hat. Der Gesuchsteller
hat eine Bescheinigung einzureichen über:
a. die Rückzahlung;
b. das im Wohneigentum investierte Vorsorgekapital;
c. den für den Bund, den Kanton und die Gemeinde aufgrund eines
Vorbezuges oder einer Pfandverwertung bezahlten Steuerbetrag.
Frist zur Geltendmachung: 3 Jahre seit Wiedereinzahlung.
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (3)
An wen erfolgt die Rückzahlung der Steuer?
Er hat die Steuern Sie macht dieseinerzeit bezahlt. die Rückzahlung.
Steuerliche Folgen Sachverhalt A
� Rückzahlung an die Frau, da die Anmerkung im Grundbuch auf ihren Namen lautet, und sie die Rückzahlung finanziert.
� Berücksichtigung der Steuern bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung in der Scheidungskonvention empfehlenswert.
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei Einkäufen (1)
Sachverhalt B
Die Frau ist erwerbstätig und hat folgende Deckungslücke
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Bezeichnung Betrag
Maximal mögliches Guthaben 340’000
Vorhandenes Guthaben -80’000
Ausstehender WEF-Vorbezug aus Scheidung -170’000
Ausgewiesene Deckungslücke 90’000
Kann sie die Deckungslücke mit steuerlich abziehbaren Einkaufsbeiträgen ausfinanzieren?
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei Einkäufen (2)
Art. 79b BVG
…3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen
innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge
zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung
getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die
Vorbezüge zurückbezahlt sind.
4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Fall der
Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft
nach Artikel 22c FZG.
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VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei Einkäufen (3)
Steuerliche Folgen Sachverhalt B
� Die Frau muss zuerst den Vorbezug WEF von CHF 170’000 zurückzahlen (unter Rückerstattung der bezahlten Steuern);
� Erst nach der Rückzahlung WEF kann die zusätzliche Deckungslücke durch steuerlich abziehbare Einkäufe ausfinanziert werden.
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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (4)
Sachverhalt C
� Die Liegenschaft verbleibt im Eigentum des Ehemannes;
� Im Rahmen des Scheidungsausgleiches wurde CHF 200’000 an die Vorsorgeeinrichtung der Frau überwiesen;
� Der Mann hat folgende Deckungslücke:
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Bezeichnung Betrag
Maximal mögliches Guthaben 440’000
Vorhandenes Guthaben -60’000
Ausstehender WEF-Vorbezug -170’000
Ausgewiesene Deckungslücke 210’000
Kann er die ausgewiesene Deckungslücke mit steuerlich abziehbaren Einkäufen ausfinanzieren?
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Folgen bei Einkäufen (5)
Art. 79b BVG
…3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen
innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge
zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung
getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die
Vorbezüge zurückbezahlt sind.
4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Fall der
Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft
nach Artikel 22c FZG.
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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (6)
Steuerliche Folgen Sachverhalt C
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2. WEF-Vorbezug zurückzahlen (CHF 170’000; Steuern zurück)
1. Priorität: Scheidungslücke füllen (CHF 200’000; abziehbar)
Vorhandenes Guthaben
3. Priorität weitere Vorsorgelücke (CHF 10’000; abziehbar)
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Themenübersicht
1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug
2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung
3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge
48VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Einkauf Arbeitgebermit zeitnahem Kapitalbezug Arbeitnehmer
49VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Kapitalabfindungen – Abgrenzungen
� Kapitalleistungen aus Vorsorgeeinrichtungen= privilegierte Besteuerung zum Vorsorgetarif
� vorsorgeähnliche Leistungen des Arbeitgebers= privilegierte Besteuerung zum Vorsorgetarif
� Übrige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers= Besteuerung (Lohnbestandteil) mit übrigem Einkommen;= eventuell Steuersatzreduktion (Art. 37 DBG)
50VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Vorsorgeähnliche Leistung Arbeitgeber
Definition gemäss ESTV KS Nr. 1 vom 3.10.2002:
� Vollendung Alter 55 beim Verlassen des Unternehmens;
� Definitive Aufgabe der (Haupt-)Erwerbstätigkeit;
� Künftige Vorsorgelücke.
Rechtsprechung zu diesen Kriterien:
� die definierten Kriterien "Alter 55" und "Aufgabe der (Haupt-) Erwerbstätigkeit" sind zu absolut; es sind die Umstände des Einzelfalles angemessen zu würdigen.
51VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Übrige Kapitalabfindungen
• Treueprämie für langjährige Dienste;
• "Schmerzensgeld" für den Verlust der Arbeitsstelle;
• Überbrückungsleistung bis zum Antritt neue Stelle;
= Besteuerung als ordentliches Lohneinkommen
• Abfederung Erwerbsausfall bis zur Pensionierung.
= Besteuerung als ordentliches Lohneinkommen; für dieSteuersatzbestimmung Aufteilung auf Anzahl Jahre biszur ordentlichen Pensionierung. Voraussetzung: Abfindung ist höher als ein Jahreslohn
52VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Einkauf Arbeitgeber
Kapitalabfindung mit direkter Einzahlung in PK
� Zweckbestimmung:- Schliessung bestehende oder künftige Vorsorgelücke.
� Voraussetzungen:- bestehendes Arbeitsverhältnis;- Einkauf gemäss Vorsorgereglement vorgesehen;- Nachweis bestehende und künftige Vorsorgelücke.
53VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Arbeitgeberfinanzierter Einkauf
Sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Folgen:
� Abrechnung Sozialversicherungsbeiträge (keine reglement. Beiträge);
� Bescheinigung als Lohnbestandteil + Abzug als Einkaufsbeitrag.
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150'000
150'000
vom AG übernommen
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Fallbeispiel
Sachverhalt
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Beendigung Arbeitsverhältnisinfolge Umstrukturierung per
31. Juli, Alter 61 Jahre,Aufgabe der Erwerbstätigkeit
Rentenbezug BVG ab 1. August
Teilkapitalbezug CHF 400’000 zurAmortisation der Hypothek auf dem Eigenheim am 4. August
Aktives Vorsorgeverhältnis
Kapitalabfindung ArbeitgeberCHF 150’000 zum Ausgleich der Vorsorgelücke; direkte Einzahlung in die PK
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (1)
Arbeitgeberfinanzierte Einkäufe
� stellen für eine logische Sekunde steuerbaren Lohn dar;
� sind dem Arbeitnehmer zurechenbare Einkäufe und
� unterliegen der Kapitalbezugssperre (Art. 79b Abs 3 BVG)
(VGE AG vom 1.6.2011; WBE.2010.337)
� Sperrfrist ist eine verobjektivierte Frist, die keine Ausnahmen erlaubt und auch für arbeitgeberfinanzierte Einkäufe gilt.
(StRG ZH vom 29.1.2015, 1 DB.2014.142, 1 ST.2014.172)
56VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (2)
� Kapitalbezugssperre (Art. 79b Abs. 3 BVG) ist verletzt;
� arbeitgeberfinanzierter Einkauf ist nicht abziehbar;
� von der Kapitalauszahlung ist der nicht gewährte Einkauf für die Besteuerung in Abzug zu bringen;
57
150'000
150'000
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (3)
Keine steuerlichen Nachteile, wenn
� die vom Arbeitgeber in die Pensionskasse einbezahlte Abfindung eine "vorsorgeähnliche Leistung" darstellt; und
� das kantonale Steuergesetz analog Art. 17 Abs. 2 DBG eine privilegierte Besteuerung von solchen Leistungen vorsieht.
Anwendungsfall A.3.1.12 "Vorsorge und Steuern", und
VGE AG vom 1. Juni 2011; WBE.2010.337
58VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Themenübersicht
1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug
2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung
3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge
59VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Barauszahlung beiAufnahme selbständige Erwerbstätigkeit
60VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Gesetzliche Grundlagen (1)
Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein
61VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Gesetzliche Grundlagen (2)
ParallelitätUSE u. SE
62VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Frist für Bezug der Mittel
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• Gesuch um Barauszahlung hat innert Jahresfrist nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erfolgen;
• Bei Übergang in selbständige Erwerbstätigkeit in Teilschritten beginnt Frist erst zu laufen, wenn versicherte Person nicht mehr der obligatorischen Versicherung in der 2. Säule untersteht;
• Erfolgt die Bestätigung/Anerkennung der AHV-Ausgleichskasse nach Ablauf der Jahresfrist, so ist das Gesuch rechtzeitig erfolgt, wenn es «unmittelbar» nach der Bestätigung/Anerkennung gestellt wird.
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SelbständigeErwerbstätigkeit
1.9.2016 bis 30.11.2016
Sachverhalt
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Unselbständige Erwerbstätigkeit
Drittarbeitgeber
31.8.2016
Kapitalleistung aus
Säule 2: CHF 500’000
UnselbständigeErwerbstätigkeit
Eigene GmbH
Ab 01.12.2016Auftragsabwicklung übereigene GmbH
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BGE 2C_156/2010 vom 7.6.2011
65
«Gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. a BV soll die berufliche Vorsorge zusammen
mit den Leistungen der Eidgenössischen Versicherungen „die Fortsetzung
der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise“ ermöglichen. Um
dem Verfassungsauftrag Nachachtung zu verschaffen, ist daher die
steuerliche Privilegierung der Kapitalleistung in Art. 38 DBG nicht
extensiv zu interpretieren. Das spricht dafür, die steuerliche Privilegierung
der Kapitalleistungen in Art. 38 DBG auf die in Gesetz und Verordnung
umschriebenen Fälle zu beschränken. Die Verweisung in Art. 38 auf Art.
22 DBG („Einkünfte aus … Einrichtungen der beruflichen Vorsorge“)
kann daher nicht so verstanden werden, dass auch eine von vornherein
rechtswidrige bezogene Kapitalleistung aus einer Vorsorgeeinrichtung
steuerlich privilegiert behandelt werden müsste.»
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Bundesgericht unterscheidet zwei Fallgruppen*:
• Barauszahlungsgrund ist von Anfang an nicht gegeben oder
• Barauszahlung wird nicht zweckentsprechend verwendet.
Missbräuchlicher Bezug Vorsorgemittel (1)
66
* Urteil Bundesgericht vom 7. Juni 2011 (2C_156/2010), E. 4.3
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerliche Würdigung des Sachverhalts:
• Angesichts der kurzen Dauer der selbständigen Erwerbstätigkeit muss davon ausgegangen werden, dass diese nur zum Zweck des Kapitalbezugs missbräuchlich erfolgt ist;
• Der Barauszahlungsgrund ist nicht gegeben.
Steuerliche Folgen?
Missbräuchlicher Bezug Vorsorgemittel (2)
67VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Folgen
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• Rückerstattungspflicht zu Unrecht bezogener Leistungen;• Steuerbehörde muss Möglichkeit zur Rückabwicklung
geben (BGE 2C_204/2016 vom 9. Dezember 2016).
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Steuerfolgen bei fehlender Rückerstattung
69
• Ordentliche Besteuerung der Kapitalleistung zusammen mit den übrigen Einkünften (wie Lohneinkommen);
• Bereits rechtskräftig erfolgte Veranlagung der Jahressteuer auf der Kapitalleistung ist zu revidieren(BGE 2C_200/2014 vom 4. Juni 2015, E. 2.4.4.1).
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
• Die Vorsorgeeinrichtungen müssen im Einzelfall mit der gebotenen zumutbaren Sorgfalt prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG erfüllt sind;
• Als Richtschnur gelten die Regeln gemäss BSV Mit-teilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 137, Rz 904.
BGE 9C_109/2016 vom 29. Juni 2016; BSV Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 143, Rz 953
Hinweis für die Vorsorgeeinrichtungen
70VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Fall A
• Die selbständige Erwerbstätigkeit ist überraschend erfolgreich → nach 1 Jahr erfolgt (u.a. aus Ha\ungs-gründen) die Umwandlung in eine AG.
→ Kein steuerlicher Missbrauch erkennbar.
Fall B
• Der erho]e Erfolg bleibt leider aus → nach 11 Monatenfindet die Person eine neue Anstellung im Beruf.
→ Kein steuerlicher Missbrauch erkennbar.
Abgrenzungen (1)
71VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Fall C
• Ein Jahr nach der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit mit Kapitalbezug erfolgt ein (freiwilliger) Anschluss BVG an eine Verbandsvorsorgeeinrichtung;
• Im darauf folgenden Jahr werden Einkäufe von Beitragsjahren geleistet.
Steuerliche Folgen:
• Die Einkaufsbeiträge werden als Rückzahlung betrachtet (analog WEF-Rückzahlung); kein steuerlicher Abzug bis zur Höhe des Kapitalbezugs, aber entsprechende Rückerstattung der bezahlten Steuern.
Abgrenzungen (2)
72VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Aufnahme selbständige Erwerbstätigkeit –Mittelverwendung bei Barauszahlung
73VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Sachverhalt
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Unselbständige Erwerbstätigkeit
Drittarbeitgeber
31.8.2016
Selbständige ErwerbstätigkeitAb 1.9.2016 bis auf Weiteres
Kapitalleistung aus
Säule 2: CHF 500’000
Missbräuchliche Verwendung Vorsorgemittel?
Investition in Betrieb:CHF 50’000
Private Kapitalanlage:CHF 450’000
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Zweckwidrige Verwendung?
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* Urteil Bundesgericht vom 7. Juni 2011 (2C_156/2010), E. 4.3
Bundesgericht unterscheidet zwei Fallgruppen:
• Barauszahlungsgrund ist von Anfang an nicht gegeben oder
• Barauszahlung wird nicht zweckentsprechend verwendet
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BGE 2C_248/2016 vom 2.10.2015 (1)
76
«Wie das Bundesgericht bereits in BGE 139 V 367 festgehalten hat, ist der Wortlaut von Art.
5 Abs. 1 lit. b FZG klar. Die Barauszahlung setzt (kumulativ) die Aufnahme einer
selbständigen Erwerbstätigkeit und das Fehlen eines Versicherungsobligatoriums voraus. Es
sind keine Gründe ersichtlich, vom Wortlaut des Gesetzes abzuweichen. Ratio legis von Art. 5
Abs. 1 lit. b FZG ist die finanzielle Unterstützung beim Aufbau einer Unternehmung; dies
als Ausnahme vom Grundsatz, dass das Vorsorgeguthaben als Altersvorsorge erhalten
bleiben soll. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Aufbau einer
selbständigen Existenz als Grundlage für eine ausreichende Altersvorsorge durch
Selbstvorsorge dient, weshalb der Versicherte keiner beruflichen Vorsorge mehr bedarf
(…).»
VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
«Eine rechtliche Verpflichtung zur Investition des freigewordenen Vorsorgegeldes in das
Geschäftsvermögen lässt sich daraus aber nicht ableiten. Eine solche Bindung würde sich
namentlich dann als unzweckmässig erweisen, wenn die Freizügigkeitsleistung als
Kompensation für das weggefallene Arbeitseinkommen vorerst für den Lebensunterhalt
herangezogen werden muss oder wenn die selbständige Erwerbstätigkeit nur auf wenige
Betriebsmittel angewiesen ist. Der Gesetzgeber geht zudem davon aus, dass die selbständig
erwerbende Person für die Erhaltung ihres Vorsorgeschutzes selbst verantwortlich ist.»
BGE 2C_248/2016 vom 2.10.2015 (2)
77
«Wenn daher die Vorinstanz vom Beschwerdeführer verlangt, dass er die
Freizügigkeitsleistung entweder in der beruflichen Vorsorge belässt oder in die selbständige
Erwerbstätigkeit investiert, besteht hierfür keine gesetzliche Grundlage. Das verletzt
Bundesrecht.»
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Vorbezug WEF mitzeitnaher Wiederaufstockung der Hypothek
78VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017
Sachverhalt (Säule 3a)
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30.12.201131.03./4.4.2011
CHF 30’929 CHF 57’225
Amortisation CHF 82’929
Hypothek
WiederaufstockungHypothek
CHF 40’000
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BGE 2C_325/2014 vom 29.1.2015
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«Die Amortisation einer Hypothek für selbst genutztes Wohneigentum mit gleichzeitiger
oder kurz darauf erfolgender Erhöhung einer anderen Hypothek auf dem gleichen Objekt
kann nicht als Rückzahlung von Hypothekardarlehen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c BVV
3 anerkannt werden. Diese Bestimmung dient dem Vorsorgeschutz und ist daher eng,
jedenfalls aber nicht extensiv auszulegen. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand
durch das „Umparkieren“ von Geldern die in der Vorsorge gebundenen Mittel in den frei
verfügbaren Privatbereich zu transferieren. Art. 38 DBG ist strikt auf die im Gesetz und in
der Verordnung umschriebenen Fälle zu beschränken»
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Folge
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• Es ist kein Barauszahlungsgrund gegeben, als Folge istnicht zu prüfen, ob eine Steuerumgehung gegeben ist;
• Keine privilegierte Besteuerung des WEF-Vorbezugs imUmfang der Wiederaufstockung der Hypothek (sondernBesteuerung mit dem übrigen Einkommen);
• Gleiche Folgen auch bei WEF-Vorbezügen BVG; Möglichkeit der Rückabwicklung muss angeboten werden.
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Abgrenzungen
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• Kritischer zeitlicher Rahmen zwischen Vorbezug WEF undWiederaufstockung der Hypothek = als Richtschnur 1 Jahr;
• Kein missbräuchlicher WEF-Vorbezug, wenn die zeitnaheWiederaufstockung der Hypothek im Zusammenhang miteiner Investition oder Sanierung der selbstbewohntenLiegenschaft steht;
• Einkauf BVG von CHF 140’000 und nachfolgender WEF-Vorbezug Säule 3a von CHF 200’000 stellt keine Steuerumgehung dar (BGE 2C_46/2014 vom 18.6.2015).
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit !
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