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| Der Internist 11·99 M 340 Das Einwilligungsformular ist ein Indiz für das Aufklärungsgespräch. Es beweist für sich allein noch nicht den Inhalt des Gesprächs oder dass der Pa- tienten die Aufklärung verstanden hat. Klinikaufnahmebedingungen Abreden in Klinikaufnahmebedingun- gen über die Sektion unterfallen eben- falls dem AGB-Gesetz. Dafür, dass die Klauseln wirksam sind, ist es auch hier notwendig, dass die Klauseln nicht über- raschend oder unangemessen sind. Der Patient und später auch dessen Angehöri- ge sind deshalb zwingend auf die Klausel hinzuweisen. Damit es sich nicht um eine fingierte Erklärung nach § 10, Ziffer 5 AGB-Gesetz handelt, muss vor der Sekti- on, auch wenn der Patient einverstanden war, zusätzlich dem Angehörigen eine angemessene Frist zur Abgabe einer aus- drücklichen Erklärung eingeräumt sein Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall eine Sektionsklausel der Universi- tät Mainz für eine nach Treu und Glauben angemessene Vereinbarung angesehen. Dabei hat er die abstrak- ten Interessen der nächsten Angehöri- gen am fortwirkenden Persönlich- keitsrecht und der Wissenschaft ein- ander gegenübergestellt. Allerdings konnte der BGH wegen einiger Be- sonderheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes nicht prüfen, ob es sich auch um eine überraschende Klausel handelt. Rechtsanwalt Max Broglie Hauptgeschäftsführer Berufsverband Deutscher Internisten Schöne Aussicht 5 D-65193 Wiesbaden und der Angehörige ist bei Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhal- tens besonders hinzuweisen. Nimmt man diese Voraussetzung ernst, so ist durch eine Sektionsklausel in den Auf- nahmebedingungen der Klinik nicht viel für eine Sektion gewonnen. Der vom AGB-Gesetz gewollte Aufmerksamkeits- druck vermag für die nächsten Angehöri- gen bisweilen schwer zu ertragen sein, er ist jedoch wegen des Gesetztes und sei- nes Zweckes hinzunehmen. In der Lite- ratur zum AGB-Gesetz werden deshalb „Widerspruchsklauseln“ regelmäßig ver- worfen. Zustimmungsklauseln werden unterschiedlich beurteilt, teilweise aber ebenso kritisch abgelehnt. Wenn schon eine Sektionsklausel in Klinikaufnahmebedingungen auftaucht, sollte sie nicht versteckt oder an späte- rer Stelle erscheinen, sondern deutlich hervorgehoben werden. M. Broglie Was darf der Chefarzt im Rahmen der Werbung machen? Das Berufsrecht untersagt dem Arzt, für sich zu werben und sich anzupreisen. In der Musterberufsordnung ist die Frage folgendermaßen geregelt: § 27 MusterBO: Der Arzt darf für seine berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärzte nicht werben. Sachliche Informationen sind in Form, Inhalt und Umfang gemäß den Grundsätzen des Kapitels D Nrn. 1–6 zulässig. Der Arzt darf eine ihm verbotene Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Das gilt auch für die anpreisende Herausstellung von Ärzten in Ankündi- gungen von Sanatorien, Kliniken, Institutionen oder anderen Unternehmen. Der Arzt darf nicht dulden, dass Berichte oder Bildberichte mit werbender Herausstellung seiner ärzt- lichen Tätigkeit unter Verwendung seines Namens, Bildes oder seiner Anschrift veröffentlicht werden. § 28 MusterBO: Veröffentlichungen medizinischen Inhalts oder die Mitwirkung des Arztes an auf- klärenden Veröffentlichungen in den Medien sind zulässig,soweit die Veröffentlichung und die Mitwirkung des Arztes auf sachliche Information begrenzt und die Person sowie das Handeln des Arztes nicht werbend herausgestellt werden. Dies gilt auch für öffentliche Vorträge medizinischen Inhalts. Zurückhaltung und Unaufdringlichkeit sollen den ärztlichen Dienst kennzeich- nen. Andererseits müssen auch die ver- änderten und neuartigen Rahmenbe- dingungen berücksichtigt werden, un- ter denen viele ärztliche Tätigkeiten er- folgen. Insbesondere das Publikums- interesse in einer durch verdichtete Kommunikation geprägten Gesellschaft verlangt nach Hinweisen und Auf- schlüssen. In einem sich verschärfen- den Wettbewerb um Patienten gewinnt das Interesse an sachdienlichen Infor- mationen zusätzlich an Gewicht. Das erfordert die Transparenz der Lei- stungsangebote, vor allem bei hochspe- zialisierten und kostenintensiven Dien- sten, wie sie in modernen Krankenhäu- sern angeboten werden. Man könnte sa- gen, der betriebswirtschaftliche Auf- wand und der innovative Antrieb des Spezialisten drängen an die Öffentlich- keit, um zu einer vorhandenen Nach- frage zu finden. Ein striktes Werbever- bot, welches auch sachdienliche Infor- mation unterbindet, trifft ärztliche An- bieter wie Patienten gleichermaßen empfindlich und stört das Fortschrei- ten der Medizin. Die beginnende Ab- schwächung des berufsrechtlichen Wer- beverbotes für Ärzte und die Vielzahl der Richtersprüche zu diesem Thema werfen deshalb ein bezeichnendes Licht auf den Wandel des ärztlichen Selbst- verständnisses.

Was darf der Chefarzt im Rahmen der Werbung machen?

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Page 1: Was darf der Chefarzt im Rahmen der Werbung machen?

| Der Internist 11·99M 340

Das Einwilligungsformular ist einIndiz für das Aufklärungsgespräch. Esbeweist für sich allein noch nicht denInhalt des Gesprächs oder dass der Pa-tienten die Aufklärung verstanden hat.

Klinikaufnahmebedingungen

Abreden in Klinikaufnahmebedingun-gen über die Sektion unterfallen eben-falls dem AGB-Gesetz. Dafür, dass dieKlauseln wirksam sind, ist es auch hiernotwendig, dass die Klauseln nicht über-raschend oder unangemessen sind. DerPatient und später auch dessen Angehöri-ge sind deshalb zwingend auf die Klauselhinzuweisen.Damit es sich nicht um einefingierte Erklärung nach § 10, Ziffer 5AGB-Gesetz handelt, muss vor der Sekti-on, auch wenn der Patient einverstandenwar, zusätzlich dem Angehörigen eineangemessene Frist zur Abgabe einer aus-drücklichen Erklärung eingeräumt sein

Der Bundesgerichtshof hat in einemFall eine Sektionsklausel der Universi-tät Mainz für eine nach Treu undGlauben angemessene Vereinbarungangesehen. Dabei hat er die abstrak-ten Interessen der nächsten Angehöri-gen am fortwirkenden Persönlich-keitsrecht und der Wissenschaft ein-ander gegenübergestellt. Allerdingskonnte der BGH wegen einiger Be-sonderheiten des zugrundeliegendenSachverhaltes nicht prüfen, ob es sichauch um eine überraschende Klauselhandelt.

RechtsanwaltMax BroglieHauptgeschäftsführerBerufsverband Deutscher InternistenSchöne Aussicht 5D-65193 Wiesbaden

und der Angehörige ist bei Beginn derFrist auf die Bedeutung seines Verhal-tens besonders hinzuweisen. Nimmtman diese Voraussetzung ernst, so istdurch eine Sektionsklausel in den Auf-nahmebedingungen der Klinik nicht vielfür eine Sektion gewonnen. Der vomAGB-Gesetz gewollte Aufmerksamkeits-druck vermag für die nächsten Angehöri-gen bisweilen schwer zu ertragen sein, erist jedoch wegen des Gesetztes und sei-nes Zweckes hinzunehmen. In der Lite-ratur zum AGB-Gesetz werden deshalb„Widerspruchsklauseln“ regelmäßig ver-worfen. Zustimmungsklauseln werdenunterschiedlich beurteilt, teilweise aberebenso kritisch abgelehnt.

Wenn schon eine Sektionsklausel inKlinikaufnahmebedingungen auftaucht,sollte sie nicht versteckt oder an späte-rer Stelle erscheinen, sondern deutlichhervorgehoben werden.

M. Broglie

Was darf der Chefarzt im Rahmender Werbung machen?

Das Berufsrecht untersagt dem Arzt,für sich zu werben und sich anzupreisen.In der Musterberufsordnung istdie Frage folgendermaßen geregelt:

§ 27 MusterBO:Der Arzt darf für seine berufliche Tätigkeit

oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärzte

nicht werben. Sachliche Informationen

sind in Form, Inhalt und Umfang gemäß den

Grundsätzen des Kapitels D Nrn. 1–6

zulässig.

Der Arzt darf eine ihm verbotene Werbung

durch andere weder veranlassen noch

dulden. Das gilt auch für die anpreisende

Herausstellung von Ärzten in Ankündi-

gungen von Sanatorien,Kliniken, Institutionen

oder anderen Unternehmen. Der Arzt darf

nicht dulden, dass Berichte oder Bildberichte

mit werbender Herausstellung seiner ärzt-

lichen Tätigkeit unter Verwendung

seines Namens, Bildes oder seiner Anschrift

veröffentlicht werden.

§ 28 MusterBO:Veröffentlichungen medizinischen Inhalts

oder die Mitwirkung des Arztes an auf-

klärenden Veröffentlichungen in den Medien

sind zulässig, soweit die Veröffentlichung

und die Mitwirkung des Arztes auf sachliche

Information begrenzt und die Person sowie

das Handeln des Arztes nicht werbend

herausgestellt werden. Dies gilt auch für

öffentliche Vorträge medizinischen Inhalts.

Zurückhaltung und Unaufdringlichkeitsollen den ärztlichen Dienst kennzeich-nen. Andererseits müssen auch die ver-änderten und neuartigen Rahmenbe-dingungen berücksichtigt werden, un-ter denen viele ärztliche Tätigkeiten er-folgen. Insbesondere das Publikums-interesse in einer durch verdichteteKommunikation geprägten Gesellschaftverlangt nach Hinweisen und Auf-schlüssen. In einem sich verschärfen-den Wettbewerb um Patienten gewinnt

das Interesse an sachdienlichen Infor-mationen zusätzlich an Gewicht. Daserfordert die Transparenz der Lei-stungsangebote, vor allem bei hochspe-zialisierten und kostenintensiven Dien-sten, wie sie in modernen Krankenhäu-sern angeboten werden. Man könnte sa-gen, der betriebswirtschaftliche Auf-wand und der innovative Antrieb desSpezialisten drängen an die Öffentlich-keit, um zu einer vorhandenen Nach-frage zu finden. Ein striktes Werbever-bot, welches auch sachdienliche Infor-mation unterbindet, trifft ärztliche An-bieter wie Patienten gleichermaßenempfindlich und stört das Fortschrei-ten der Medizin. Die beginnende Ab-schwächung des berufsrechtlichen Wer-beverbotes für Ärzte und die Vielzahlder Richtersprüche zu diesem Themawerfen deshalb ein bezeichnendes Lichtauf den Wandel des ärztlichen Selbst-verständnisses.

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Das Bundesverfassungsgericht hatdie Gründe für ein standesrechtlichesWerbeverbot wie folgt gesehen:

Das Werbeverbot soll eine Verfälschungdes Berufsbildes durch den Gebrauchvon Werbemethoden, wie sie die ge-werbliche Wirtschaft nutzt, verhindern.Kranke lassen sich leichter beeinflussenund verunsichern und sollen darumgeschützt werden.

Das berufsrechtliche Werbeverbot sollalso das Publikum schützen und das Ver-trauen der Patienten darauf erhalten,derArzt werde nicht aus Gewinnstreben be-stimmte diagnostische und therapeuti-sche Maßnahmen vornehmen oder Me-dikamente eigennützig verordnen!

Man kann feststellen, dass sich dieAnforderungen an das berufsrechtlicheWerbeverbot abschwächen. Die Spruch-praxis des Bundesverfassungsgerichtszum Werbeverbot der freien Berufe hatdie früher geltenden Grundsätze in denletzten Jahren gelockert und zeigt eineTendenz auf.

Für interessengerechte und sachan-gemessene Informationen, die keinenIrrtum erregen, müsse im rechtlichenund im geschäftlichen Verkehr Raumbleiben!

In diesem verfassungskonformen Sin-ne, so das Bundesverfassungsgericht,sind auch die berufsrechtlichen Rege-lungen auszulegen.

Ich will hier anknüpfen an das, wasschon im Vortrag meiner Kollegin, FrauRechtsanwältin Pranschke-Schade deut-lich wurde:

Das Darmstädter Modell, welchesim Bundesärztebatt Nr. 32 beschriebenist, zeigt einen Paradigmenwandel, derbei den Standesvertretern eingesetzthat. Dieses Modell wäre noch vor weni-gen Jahren, unterstellt wir hätten dietechnischen Möglichkeiten gehabt, völ-lig undenkbar gewesen. Jeder Kranken-hausarzt, der sich beteiligt hätte, wärezwangsläufig in ernste Konflikte mitder Berufsaufsicht geraten. Insbesonde-re die Chefärzte, die in ihrer berufli-chen Position und des damit verbunde-nen Bekanntheitsgrades in besondersenger Verbindung zum Krankenhausstehen, wären ins Rampenlicht geraten.Heute, so scheint es jedenfalls, sehendie Dinge anders aus.

also insbesondere die Chefärzte, gera-dezu unvermeidbar, daß eine gewerb-lich ausgerichtete Einrichtung in zuläs-siger Form auch deren besondere Me-thoden und Verfahrensweisen im Mar-keting nutzt. Wird eine Tätigkeit fak-tisch nur durch den Chefarzt ausgeübt,wirbt deshalb letztlich die Einrichtungmit der Tätigkeit des Arztes zu kom-merziellen Zwecken.

Der häufig,und wie ich meine völligunnötig gestellten Frage, ob denn derName des Arztes genannt oder sein Bildgezeigt werden dürfe, kommt m.E. nachletztlich nur eine untergeordnete Be-deutung zu.Vermutlich wird diese Frageimmer nur deshalb aufgeworfen, weildie namentliche Nennung in der Wer-bung eine für jedermann leicht erken-bare und zudem meist auch gut doku-mentierte Tatsache ist. Betrachtet mandie Dinge aber etwas tiefergehend, stelltman fest, daß das Verbot der Duldungder Werbung mit der eigenen Tätigkeitdurch einen Arzt zumindest für die Lei-stungsträger an den gewerblichen In-stitutionen rechtlich und gesellschaft-lich nicht mehr zeitgemäß ist.

Man kann sogar noch einen Schrittweitergehen. Es ist Ihnen allen sicher-lich bekannt, daß Kuranstalten gemäߧ 12 Abs. 2 HWG vom absoluten Werbe-verbot der Heilmittelwerbung außer-halb der Fachkreise freigestellt sind.

Sinn und Zweck des Werbeverbotes imBereich der Heilmittelwerbung ist es,einer Verleitung Kranker zur Selbstbe-handlung entgegenzuwirken. Demge-mäß ist grundsätzlich jegliche Werbungfür Arzneimittel und Behandlungenaußerhalb der Fachkreise untersagt.

Die Begünstigung von Kuranstalten an-dererseits läßt sich nur damit begrün-den, dass die durchgeführten Behand-lungen regelmäßig ohnehin von Ärztenveranlaßt und von Heilkundigen über-wacht werden und dass daher die Ver-hinderung einer Selbstbehandlung we-niger dringlich erscheint. Zwar läßt sichdie Befreiung vom absoluten Werbever-bot für Ärzte in diesem Zusammen-hang nicht ohne weiteres auf Kranken-häuser übertragen. Diese dienen in derRegel akut erkrankten bettlägerigenPatienten, während Kuranstalten undSanatorien diejenigen Personen auf-nehmen, die eines Krankenhausaufent-haltes nicht oder jedenfalls nicht mehr

Ärzte dürfen Kliniken und Sanato-rien betreiben, obwohl es sich dabei umgewerbliche Unternehmen handelt. DerGesetzgeber, der die Berufsbilder recht-lich zu ordnen hat, sah davon ab, eineärztliche und eine gewerblich unter-nehmerische Tätigkeit für unvereinbarzu erklären. Die kommerziellen Inter-essen erfahren stärkere Berücksich-tigung.

Wenn aber Ärzte befugt sind, sichtrotz ihrer Eigenschaft als Freiberuflergewerblich auf dem Gebiet des Heilwe-sens zu betätigen, dann führt dieszwangsläufig zu einer Verbindung ärzt-licher und gewerblicher Tätigkeit. Dieshat weiter zur Folge, dass auch zwi-schen niedergelassenen Ärzten und beieinem gewerblichen Träger angestelltenÄrzten – rechtlich relevante – Unter-schiede entstehen und dass sich Be-schränkungen durch ein ärztlichesWerbeverbot für die zweite Gruppenicht mehr voll rechtfertigen lassen.Das Standesrecht hat dem bereits da-durch Rechnung getragen, dass es einenSpielraum für mittelbare Werbung läßtund Ankündigungen für unbedenklichhält, bei denen Sanatorien neben demärztlichen Inhaber oder dem leitendenArzt auch das Hauptgebiet nennen.

Als gewerbliche Unternehmen dürfenKliniken werben, soweit nicht die freieBerufsausübung durch Gesetze oderauf gesetzlicher Grundlage Beschrän-kungen erfährt.

Weder das Gesetz gegen den unlauterenWettbewerb noch das Heilmittelwerbe-gesetz untersagen es Kliniken, die kei-nen Arztnamen verwenden, wahrheits-gemäß und in sachlicher Form mehr alsein Hauptindikationsgebiet sowie ihrespezifische Behandlungsmethode an-zugeben. Faktisch wird auf diese Weisein erheblichem Umfang geworben. Siearbeiten meist mit großem personellenund sachlichen Aufwand und sind des-halb im Interesse ihrer wirtschaftlichenExistenz auch darauf angewiesen, ihrAngebot bekannt zu machen. Ebensobesteht ein Bedürfnis des Publikums,sich über das Vorhandensein von Be-handlungsmöglichkeiten, Indikations-gebieten und therapeutischen Verfah-ren zu informieren. Diese sind untrenn-bar mit der beruflichen Betätigung derjeweils angestellten Ärzte verbunden.Es ist deshalb für leitende Angestellte,

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bedürfen. Diese sind eben auch regel-mäßig nicht mehr bettlägerig.

Hier zeigt sich aber zugleich einedeutliche Schranke des ärztlichen Wer-beverbotes. Es kommt eben auch daraufan, wie sich das Patientengut zusam-mensetzt, daß in erster Linie durch dieWerbung angesprochen werden soll.Das bedeutet aber, daß auch kein sachli-cher Grund besteht, Chefärzten die anvergleichbaren Institutionen tätig sind,in der Werbung zu benachteiligen. Ichdenke hier an Chefärzte berufs-genossenschftlicher Krankenhäuser, be-stimmter Privatkliniken und Reha-Zentren. Es ist nicht von der Hand zuweisen, daß hier mit zweierlei Maß ge-messen wird. Dies hat unmittelbareAuswirkung auf das berufliche Risikoder jeweils betroffenen Ärzte. Man mußalso bei der Diskussion auch hierübersprechen.

Aus Sicht eines Chefarztes hängtdie Risikobewertung einer Werbemaß-nahme nicht nur von seiner eigenen be-ruflichen Betätigung ab, sondern auchvon der Art der Institution, die seineLeistung im Marketing nutzt. Diesekönnte sich, wenn es nötig sein sollteseiner Kontrolle in ihrer Eigenschaft alsArbeitgeber sogar in gewissen Grenzenentziehen. Es ist deshalb überausschwer, in der untergeordneten Funkti-on als Arbeitnehmer Maßnahmen zuergreifen, die eine, im Sinne des Berufs-rechts strafbewehrte Duldung fremderWerbung mit der eigenen Tätigkeit aus-schließen.

Das Werben, wie auch das nach-drückliche Anpreisen stellt eine aktiveTätigkeit dar, die dazu bestimmt ist, beidem Angesprochenen einen Mangel anBereitschaft zu überwinden. Dem Wer-benden geht es darum,Vertrauen zu er-wecken und einen positiven Eindruckzu erreichen, um den Umworbenen zueinem bestimmten Verhalten zu bewe-gen. Bei der Werbung handelt es sichkeineswegs nur um eine Bekanntma-chung im Sinne einer Mitteilung. Viel-mehr kommt noch eine willensbeein-flussende Mitwirkung des Werbendenein bewertendes Element hinzu, das dieWerbung von der Information unter-scheidet. Das Werbeverbot richtet sichan den Arzt als Person. Es trifft deshalbohne weiteres auch in gleichem Umfangauf den Chefarzt zu. Faßt man Werbungin diesem Sinne auf, betrifft sie folge-richtig aber nicht jede, sondern ledig-

Gegen das Verbot mittelbarer Werbunggemäß § 27 Absatz 2 MusterBO ver-stößt der Arzt, wenn er Dritte Reklamefür sich machen läßt oder solche duldet,auch wenn sie ohne sein Zutun erfolgt.

Bei Auftritten in den Medien (insoweitwäre § 28 MusterBO betroffen) bewe-gen sich Ärzte ebenfalls zwischen Stan-desrecht und Kommunikationsfreiheit.Die vom Vorstand der Bundesärzte-kammer beschlossenen „Richtlinien fürdie publizistische Tätigkeit von Ärzten“setzen hier die Maßstäbe. Danach hatbei ärztlichen Publikationen medizini-schen Inhalts und bei Interviews die Sa-che, nicht die Person im Vordergrundzu stehen. Grundsätzlich hat der Arztneue medizinische Erkenntnisse in derFachliteratur bekannt zu machen. Dasgewachsene und weiter steigende Be-dürfnis des Publikums nach immermehr, fachlich begründeten, auch ge-sundheitserzieherischen und der Vor-sorge dienenden Fachinformationenerfordert die Mitarbeit von Ärzten inden Massenmedien. Ärzte dürfen die-sem Bedürfnis entgegenkommen, wennsie es dabei streng vermeiden, sichselbst herauszustellen und anzuprei-sen. Der informierende Arzt darf sei-nen Namen nicht wiederholen, betonenoder sonst auffällig hervorheben. SeinBild darf der ärztliche Autor nur dannverwenden, wenn dies zur Art des Me-diums gehört oder aus anderen Grün-den sachlich gerechtfertigt ist.

Der Arzt darf öffentliche Berichte überseine Tätigkeit nicht einfach dulden.

Das Berufsrecht stellt vielmehr im In-teresse von Allgemeinheit, Patientenund Ärzteschaft hohe Ansprüche an diePflicht des Arztes, nach Kräften auf dasUnterbleiben jeglicher standeswidrigerWerbung für seine Tätigkeit hinzuwir-ken. Man kann Ärzten nur empfehlen,sich im Allgemeinen, bei Interviewsoder bei der sonstigen Weitergabe vonInformationen anderer Art jeweils einPrüfungsrecht vorzubehalten. Das soll-te auf jeden Fall geschehen, wenn nachArt und Inhalt des Mitgeteilten oderhinsichtlich der Gegebenheiten beimAdressaten die Möglichkeit eines Be-richts mit werbendem Charakter nichtganz fernliegt. Das gilt insbesondereauch dann, wenn er als Ratgeber in Pu-blikumszeitschriften mitwirkt. Als Be-

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lich die, die über die sachliche Informa-tion hinausgeht. Die Berufsgerichtesprechen insoweit auch von berufswid-riger Werbung.

Sachlich notwendige Hinweise undAufklärungen bleiben selbst dannerlaubt, wenn sie im Nebeneffekt wer-bend wirken, wobei dieser natürlichweit hinter den Informationsgehaltzurücktreten muss.

Dabei darf die sachliche Informationkeineswegs von nicht notwendigen, ei-genständigen Elementen der Werbungbegleitet werden. Durch Informationenüber Heilmittel oder Verfahren in Wort,Ton, Schrift und Bild verletzt der Arztdas Werbeverbot nur dann, wenn dieHinweise geeignet erscheinen, für daseigene Krankenhaus zu werben. Wis-senschaftliche Publikationen, insbeson-dere in Fachzeitschriften über neue Me-thoden und technische Verfahren, fallennicht unter den Begriff der Werbung.Das gilt selbst dann, wenn der Nameoder der Ort des den Arzt beschäftigen-den Krankenhauses genannt wird.Einige Beispiele:

Werbenden Charakter tragen nursolche Darstellungen, die einen Arzt imVerhältnis zu anderen Ärzten beson-ders hervorheben und den Eindruckerwecken, nur er im Verhältnis zuanderen Fachkollegen sei in der Lage,entsprechende Behandlungen durch-zuführen.

Duldet eine Chefärztin die Anzeigen-werbung einer Krankenhaus GmbH fürambulant zu erbringende Leistungen,so verstößt sie gegen das standesrecht-liche Werbeverbot und zugleich gegen§ 1 UWG. Auch die dem standesrechtli-chen Werbeverbot für Ärzte nicht un-terliegende Kapitalgesellschaft haftetdann als wettbewerbsrechtliche Störe-rin, wenn ihre Anzeigenwerbung denWettbewerbsverstoß der Vertragsärztinüberhaupt erst ermöglicht. Der wer-bende Charakter eines auf einem Arzt-interview gegründeten Presseartikelskann aus der Gegenüberstellung einerdie herkömmliche Therapie mit Sugge-stivbegriffen schlechtweg verdammen-den Äußerung des Arztes und einer Be-schreibung hervorgehen, mit der er diegünstigen Effekte der von ihm prakti-zierten Methode hervorhebt.

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antworter von Leser- oder Hörerfragendarf der Arzt nur auftreten, wenn sichseine Beiträge in den Zusammenhangeines wissenschaftlichen Programmsfügen und persönlich zurückhaltendbleiben.

Ausgenommen vom allgemeinen Wer-beverbot sind die Krankenhäuser,Sanatorien, Institute und Kliniken, so-weit es dem Interesse des heilung-suchenden Publikums dient.

Auf dessen kommerzielle Interessenwird in der obergerichtlichen Recht-sprechung durch die standesrechtlicheErlaubnis Rücksicht genommen, in An-zeigen und Ankündigungen neben demärztlichen Inhaber oder dem leitendenArzt jeweils mit Namen und Arztbe-zeichnung auch das Hauptindikations-gebiet anzugeben. Da Ärzten trotz ihrerEigenschaft als Freiberufler der Betriebsolcher Einrichtungen auch nicht ver-boten ist, obwohl es sich dabei um ge-werbliche, auf Gewinnerzielung ausge-richtete Unternehmen handelt, ist ih-nen in gewissem Umfang mittelbareWerbung in zulässiger Form gestattet.Nun wird gemäß § 4 UWG bestraft, werwissentlich unwahre und zur Irrefüh-rung geeignete Angaben über geschäft-liche Verhältnisse in öffentlichen Be-kanntmachungen oder in Mitteilungen,die für einem größeren Kreis von Per-sonen bestimmt sind, macht, wenn da-hinter die Absicht steht, den Anscheineines besonders günstigen Angeboteshervorzurufen. Die Erfahrung zeigt,daß allein der objektive Tatbestand des§ 4 UWG so unübersichtlich ist, daß dieVorschrift in der juristischen Praxiskaum zur Anwendung kommt.

Gemäß §§ 3 und 14 Heilmittelwerbe-gesetz wird mit Freiheitsstrafe bis zueinem Jahr oder mit Geldstrafebestraft, wer dem Verbot der irrefüh-renden Werbung zuwider handelt.

Geschütztes Rechtsgut ist die Gesund-heit des Einzelnen aber auch der Allge-meinheit, nicht dagegen das Vermögen.Ärztliche Werbung, die sich im Ein-klang mit den einschlägigen Regeln desStandesrechts hält, ist daher grundsätz-lich nach dem Heilmittelwerbegesetznicht verboten. Dies hat der BGH be-reits 1971 entschieden. Auch Werbunganderer Personen mit dem Ziel, Patien-

staltungen alles nachholen. Er be-kommt das Gefühl, dass das Kran-kenhaus und der Chefarzt sich Mühegeben, ihn mit seiner Krankheit nichtallein zu lassen.

◗ Selbstverständlich steht es dem Chef-arzt frei, außerhalb des Krankenhau-ses tätig zu werden. So kann sich derArzt für diverse Vorträge bei ver-schiedenen Organisationen zur Ver-fügung stellen. Je besser die Themenvon dem Arzt bereits vorbereitetsind, je konkreter er dem Mitveran-stalter seinen Vorschlag erläuternkann und je größer das Interesse derAllgemeinheit an solchen Veranstal-tungen ist, desto größer ist auch dieWahrscheinlichkeit, dass der Vor-schlag des Arztes angenommen undin die Tat umgesetzt wird.

◗ Die Organisation eines „Tages der of-fenen Tür“ ist ebenfalls denkbar.

◗ Da das Werbeverbot nicht in die Wis-senschaftsfreiheit eingreift, ist derChefarzt nicht gehindert, seine wis-senschaftlichen Erkenntnisse inFachzeitschriften wie jeder andereMediziner zu verbreiten. Daher blei-ben unbeanstandet ärztliche Publika-tionen in Fachbüchern und Zeit-schriften, die ausschließlich wissen-schaftlichen Zwecken dienen, dar-über hinaus aber auch sachlich, infor-mative Veröffentlichungen, die eineHerausstellung und Betonung derPerson sowie besondere diagnosti-sche und therapeutische Möglichkei-ten des einzelnen Arztes vermeiden.

◗ Grundsätzlich läßt es das Informati-onsinteresse der Öffentlichkeit zu,dass die Ärzte auch bei nicht-fachli-chen Publikationen, Rundfunk- undFernsehdarstellungen mitwirken. Dasgilt selbst für die Darstellung wissen-schaftlich noch nicht einwandfrei er-probter Heilmethoden. In letzteremFall obliegt es allerdings dem Arzt,sich je nach dem Charakter des Medi-ums ggf. besonders zurückzuhalten.Grundsätzlich darf der Arzt auf wis-senschaftlichem Gebiet in den Fach-zeitschriften jederzeit ohne Beden-ken veröffentlichen.

◗ Etwas Vorsicht ist geboten bei Veröf-fentlichungen in der Publikumspres-se. Da Ärzten jegliche berufswidrigeWerbung und Anpreisung untersagtist, dürfen sie nicht dulden, dass Be-richte und Bildberichte mit werben-dem Charakter über ihre ärztliche

ten zu veranlassen, sich in ärztliche Be-handlung zu begeben, läuft jedenfallsdem Schutzzweck des HeilmittelWGnicht zuwider.

Erlaubte Marketingmaßnahmen

Ich will jetzt noch kurz darauf einge-hen, welche Marketingmöglichkeitendem Chefarzt legitim offenstehen:

◗ Ein wichtiges Instrument, das in die-sem Zusammenhang genannt wer-den muß, sind Krankenhausveran-staltungen. Dem Chefarzt ist esgrundsätzlich erlaubt, bei Kranken-hausveranstaltungen auf sich undseine Tätigkeit aufmerksam zu ma-chen. Welche Art Veranstaltung sichanbietet, muss im Einzelfall entschie-den werden. Empfehlenswert sindz.B. Veranstaltungen für Diabetiker.Wichtig ist, den interessierten Patien-ten bei solchen Veranstaltungen dieInformationen zu geben, die sie fürihr Leben mit der Krankheit brau-chen, andererseits den Einzelnenaber auch nicht so zu informieren,dass er meint, ein Arztbesuch erübri-ge sich. Für Gynäkologen empfehlensich beispielsweise hin und wiederVeranstaltungen zur Geburtsvorbe-reitung und zur Geburt selbst. Hier-bei ist es für die Patientinnen auchvon Interesse, über die verschiedenenEntbindungsmöglichkeiten in dernäheren Umgebung informiert zuwerden. Insoweit kann sich auch einZusammenschluss mehrerer Ärzteempfehlen.Grundsätzlich sollte bei diesen Ver-anstaltungen versucht werden, einPatienteklientel anzusprechen, beidem auch mit einem späteren Kran-kenhausaufenthalt, insbesondere mitChefarztbehandlung zu rechnen ist.Dies liegt bei der Geburtsvorberei-tung auf der Hand. Zu denken wäreaber auch an Risikogruppen wie z.B.Führungskräfte. Weitere Möglichkei-ten sind Informationen für Rheumati-ker, Bluthochdruck-Kranke und Dia-lysepatienten. Alle nehmen sie in derRegel zusätzlich Informationen ausdem Munde eines Arztes gerne entge-gen. Hat ein Patient Schwierigkeiten,all seine Fragen zu seiner Krankheitvorzubringen, weil die Zeit nichtreicht oder es ihm zumindest so vor-kommt, so kann er bei solchen Veran-

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◗ Die üblichen Formen der Öffentlichkeitsar-beit, wie sie in den Praxen niedergelasse-ner Ärzte erfolgen, kommen hinzu. Inso-weit erfährt der Chefarzt durch sein An-stellungsverhältnis keinen Nachteil.

◗ Auch für die Werbung in neuen Medien be-stehen keine Besonderheiten. Gerade imBereich des Internet unterliegt der Chef-arzt den Regeln, die auch für seine nieder-gelassenen Kollegen gelten.

◗ Insgesamt ist festzustellen, dass das be-rufsrechtliche Werbeverbot durch eine zu-nehmende Globalisierung des Gesund-heitsmarktes neu beurteilt werden muss.Die Rechtsprechung unserer Obergerichteund der Europäische Gerichtshof sorgen indiesem Bereich für eine zunehmende Libe-ralisierung.

RechtsanwaltMax BroglieHauptgeschäftsführerBerufsverband Deutscher InternistenSchöne Aussicht 5D-65193 Wiesbaden

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Tätigkeit angefertigt und mit Ver-wendung des Namens und der An-schrift veröffentlicht werden. Zuwi-derhandlungen gegen dieses Dul-dungsverbot können aber nur dannberufsgerichtlich geahndet werden,wenn sie auch schuldhaft, also zu-mindest fahrlässig begangen wurden.Dabei setzt Fahrlässigkeit eine Verlet-zung der gebotenen Sorgfaltspflichtund die Voraussehbarkeit der Tatbe-standsverwirklichung, d.h. der tat-sächlichen Verletzung des Werbever-botes voraus.

Im Einzelfall muss der Arzt deshalb allesihm Zumutbare tun, um eine Werbungfür sich oder für das Krankenhaus zuunterbinden. Dabei ergibt sich diePflicht zum Tätigwerden für den Arztnach ständiger Rechtsprechung der Be-rufsgerichte immer schon dann, wenner damit rechnet oder damit hätte rech-nen müssen, dass ein werbender Artikelüber ihn erscheint. Diese Gefahr ist bei-

spielsweise gegeben, wenn der Arzt aufseine Person bezogene Interviews gibtund das Fotografieren seiner Personund der Räume zuläßt. Zusätzlich kannhierin ein Verstoß gegen das Heilmittel-werbegesetz liegen. Gerade bei bildli-chen Darstellungen ist also mit beson-derer Vorsicht vorzugehen.

Zusammenfassung

◗ Ausgehend von dem Grundsatz, daß dasRecht zur Werbung jedermann zusteht undnur durch besondere Gründe des Allge-meinwohls eingeschränkt werden darf, giltfür Ärzte, das sie berechtigt sind zu wer-ben, soweit die Werbung eine unmittelba-re Folge sachlicher Information der Patien-tenschaft ist. Diese Überlegung gilt unein-geschränkt auch für den Chefarzt. Wirbtder Krankenhausträger im Rahmen seinesRechts auf Teilnahme am gewerblichenWettbewerb zulässig in der Öffentlichkeit,ist die Darstellung der einzelnen Lei-stungsbereiche selbst dann nicht zu bean-standen, wenn hierdurch letztlich mit demTätigkeitsspektrum des Chefarztes gewor-ben wird.