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1 Weibliche Monologe Euripides (ca. 480 - 406 v Chr.): Medea Tragödie. Deutsch von J. J. C. Donner. - UA: Athen 431 v. Chr. Medea, Tochter des Königs von Kolchis, kann zaubern (deshalb ist die Zaubergöttin Hekate ihre Schutzgöttin). Medea war „für Jason heiß in wilder Liebesglut entbrannt“ und hat es ihm mit ihrer Zauberkunst ermöglicht, das goldene Vlies aus Kolchis zu holen. Dann ist sie mit dem verfolgten Jason heim nach Jolkos gesegelt und von da aus nach Korinth. Dort steht sie „treu dem Jason überall zur Seite“ und wird von den Bürgern geliebt, aber Jason verstößt die Gattin und heiratet in kluger Berechnung die korinthische Königstochter Glauke, eine Enkelin des Sisyphos. Medea „grollt unversöhnbar“ und überträgt ihren Haß zeitweise von Jason sogar auf die beiden gemeinsamen kleinen Söhne. König Kreon, Glaukes Vater, sieht die Gefahr angesichts der „wilden Natur“ Medeas und verweist sie aus dem Land, doch gelingt es Medea, ihn zu einem Tag Aufschub zu bewegen - Zeit genug, um sich zu rächen. Medea stellt dem Chor und der Chorführerin ihren Plan vor. MEDEA: Mir folgt das Unglück überall; wer leugnet es? Doch wird es so nicht enden; glaubt das nimmermehr! Viel Kämpfe harren dieser Neuvermählten noch Und ihrer Anverwandten kein geringer Schmerz. Du meinst, geschmeichelt hätt‘ ich dem jemals umsonst Und nicht an Vorteil oder Trug dabei gedacht? Nicht angeredet hätt‘ ich ihn, nicht angerührt! Ihm hat die Torheit aber ganz den Sinn berückt. Er konnte, wenn er mich hinaus zum Lande trieb, Mir meinen Plan vereiteln, und nun gönnt er mir Noch diesen Tag hier, wo ich meiner Feinde drei Ums Leben bringe, Vater, Braut und Ehgemahl. Der Wege, sie zu töten, hab ich viele; doch, Ihr Fraun, ich weiß nicht, welchen ich betreten soll. Leg ich von unten Feuer an der Braut Palast? Wie? Oder bohr ich ihr ins Herz den scharfen Stahl, Ins Haus mich still einschleichend, wo ihr Lager steht? Nur eines ist mir schrecklich: Wenn man mich ergreift, Nachdem ich, sinnend auf den Mord, eintrat ins Haus, So werd ich sterbend ein Gespött der Feinde sein. Der grade Weg der beste, dessen bin ich auch Am meisten kundig; ich ermorde sie mit Gift. Wohl! Sie seien tot denn; welche Stadt nimmt mich dann auf? Wo beut ein Gastfreund sein Gebiet, sein Haus mir an Als sichre Zufluchtsstätte, schirmt mich Flüchtige? Ich habe niemand! Harr ich denn noch kurze Zeit, Ob sichre Rettung irgendwie sich zeigen wird, Und schreite dann zum Morde heimlich und mit List. Doch treibt mich hilflos hier hinaus mein Mißgeschick, So greif ich zu dem Schwerte; muß ich sterben auch, Ich will sie töten, wage kühn die kühnste Tat. Denn wahrlich bei der Göttin, die vor allen ich Verehre, die zur Helferin ich mir erkor, Die wohnt in meines Herdes Grund, der Hekate,

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  • 1Weibliche Monologe

    Euripides (ca. 480 - 406 v Chr.): MedeaTragdie. Deutsch von J. J. C. Donner. - UA: Athen 431 v. Chr.

    Medea, Tochter des Knigs von Kolchis, kann zaubern (deshalb ist die Zaubergttin Hekate ihre Schutzgttin). Medea war fr Jason hei in wilder Liebesglut entbrannt und hat es ihm mit ihrer Zauberkunst ermglicht, das goldene Vlies aus Kolchis zu holen. Dann ist sie mit dem verfolgten Jason heim nach Jolkos gesegelt und von da aus nach Korinth. Dort steht sie treu dem Jason berall zur Seite und wird von den Brgern geliebt, aber Jason verstt die Gattin und heiratet in kluger Berechnung die korinthische Knigstochter Glauke, eine Enkelin des Sisyphos. Medea grollt unvershnbar und bertrgt ihren Ha zeitweise von Jason sogar auf die beiden gemeinsamen kleinen Shne. Knig Kreon, Glaukes Vater, sieht die Gefahr angesichts der wilden Natur Medeas und verweist sie aus dem Land, doch gelingt es Medea, ihn zu einem Tag Aufschub zu bewegen - Zeit genug, um sich zu rchen. Medea stellt dem Chor und der Chorfhrerin ihren Plan vor.

    MEDEA: Mir folgt das Unglck berall; wer leugnet es? Doch wird es so nicht enden; glaubt das nimmermehr! Viel Kmpfe harren dieser Neuvermhlten noch Und ihrer Anverwandten kein geringer Schmerz. Du meinst, geschmeichelt htt ich dem jemals umsonst Und nicht an Vorteil oder Trug dabei gedacht? Nicht angeredet htt ich ihn, nicht angerhrt! Ihm hat die Torheit aber ganz den Sinn berckt. Er konnte, wenn er mich hinaus zum Lande trieb, Mir meinen Plan vereiteln, und nun gnnt er mir Noch diesen Tag hier, wo ich meiner Feinde drei Ums Leben bringe, Vater, Braut und Ehgemahl. Der Wege, sie zu tten, hab ich viele; doch, Ihr Fraun, ich wei nicht, welchen ich betreten soll.Leg ich von unten Feuer an der Braut Palast? Wie? Oder bohr ich ihr ins Herz den scharfen Stahl, Ins Haus mich still einschleichend, wo ihr Lager steht? Nur eines ist mir schrecklich: Wenn man mich ergreift, Nachdem ich, sinnend auf den Mord, eintrat ins Haus, So werd ich sterbend ein Gesptt der Feinde sein. Der grade Weg der beste, dessen bin ich auch Am meisten kundig; ich ermorde sie mit Gift. Wohl! Sie seien tot denn; welche Stadt nimmt mich dann auf? Wo beut ein Gastfreund sein Gebiet, sein Haus mir an Als sichre Zuuchtssttte, schirmt mich Flchtige? Ich habe niemand! Harr ich denn noch kurze Zeit,Ob sichre Rettung irgendwie sich zeigen wird, Und schreite dann zum Morde heimlich und mit List. Doch treibt mich hilos hier hinaus mein Migeschick, So greif ich zu dem Schwerte; mu ich sterben auch, Ich will sie tten, wage khn die khnste Tat. Denn wahrlich bei der Gttin, die vor allen ich Verehre, die zur Helferin ich mir erkor, Die wohnt in meines Herdes Grund, der Hekate,

  • 2Sie sollen sich nicht freuen, die mein Herz betrbt! Ein bittres Leid schaff ich dem jungen Paar und den Verwandten sein, wenn ich aus diesem Land entieh. Wohlan! Von allen deinen Knsten spare nichts, Berate dich, Medea, sinne Listen aus! Zum rgsten schreite! Nun bedarf es hohen Muts. Siehst du, wie sehr du leidest? Werd nicht zum Gesptt Dem Sisyphosgeschlechte und der neuen Eh, Du Kind des edlen Vaters und des Helios! Du bist so vielerfahren; auch erschuf Natur Uns Frauen in den edlen Knsten ungeschickt, In allem Bsen aber hchst ernderisch.

    Medea wird ihren Plan noch ndern: Statt Jason wird sie (neben Kreon und Glauke) ihre beiden Shne tten.

    Aus: Medea, V 366-411. - Philipp Reclam Jun. GmbH & Co, Stuttgart 1994, S 18 fIn: Therese Drr, Gerd Gerhardt (Hrsg.): Vorsprechen. Weinheim: Deutscher Theaterverlag 1999. S. 28-29.

    Gotthold Ephraim Lessing (17291781): Emilia GalottiEin Trauerspiel in fnf Aufzgen. Entst. 17571772, UA: Braunschweig 1772

    Lessing, als vehementer Verfechter der Aufklrung, ist Begrnder des brgerlichen Trauerspiels, in dem erstmals dieser Stand behandlungswrdig erscheint. In Emilia Galotti stellt er dem willkrlichen, tyrannischen Adel die Brgerschicht gegenber, die gerade im Mahalten, in der Einschrnkung durch moralische Werte ihre Identitt und ihren Stolz ndet. Die Kritik am Feudalismus war durchaus mutig, weshalb es nicht verwundert, da Lessing den Ort der Handlung von Deutschland nach Italien verlegt. Der Prinz von Guastalla, gelangweilt von seiner Geliebten, der Grn Orsina, verliebt sich in das brgerliche Mdchen Emilia, welche kurz vor der Heirat mit dem Grafen Appiani steht. Deshalb ist dem Prinzen jedes Mittel recht, die Verbindung noch vor der Festlichkeit zu lsen, und er beauftragt seinen intrigenerfahrenen Kammerherrn Marinelli, tatkrftig zu helfen. Der Prinz hat Emilia bereits auf der Strae, durch das Portrt seines Hofmalers Conti und schlielich in der Kirche gesehen, wo er seine Bewunderung nicht mehr hat zurckhalten knnen. Darauf chtet Emilia vollkommen verwirrt nach Hause zu ihrer Mutter Claudia.

    Zweiter Aufzug, sechster Auftritt

    EMILIA: strzet in einer ngstlichen Verwirrung herein Wohl mir! wohl mir! - Nun bin ich in Sicherheit. Oder ist er mir gar gefolgt? Indem sie den Schleier zurckwirft und ihre Mutter erblicket. Ist er, meine Mutter? ist er? - Nein, dem Himmel sei Dank! (...) Nichts, nichts - (...) Ach, meine Mutter! (...) Nie htte meine Andacht inniger, brnstiger sein sollen als heute: nie ist sie weniger gewesen, was sie sein sollte. (...) Eben hatt ich mich - weiter von dem Altare, als ich sonst pege - denn ich kam zu spt -, auf meine Knie gelassen. Eben ng ich an, mein Herz zu erheben: als dicht hinter mir etwas seinen Platz nahm. So dicht hinter mir! - Ich konnte weder vor noch zur Seite rcken - so gern ich auch wollte; aus Furcht, da eines andern Andacht mich in meiner stren mchte. - Andacht! das war das Schlimmste, was ich besorgte. - Aber es whrte nicht lange, so hrt ich, ganz nah an meinem Ohre - nach einem tiefen Seufzer - nicht den Namen einer Heiligen - den Namen - zrnen Sie nicht, meine Mutter - den Namen Ihrer Tochter! - Meinen Namen! - O da laute Donner mich verhindert htten, mehr zu hren! - Es sprach von Schnheit, von Liebe. - Es klagte, da dieser Tag, welcher mein Glck mache wenn er es anders mache - sein Unglck auf immer entscheide. - Es beschwor mich - hren mut ich dies alles. Aber ich blickte nicht um; ich wollte tun, als ob ich es nicht hrte. - Was konnt ich sonst? - Meinen guten Engel bitten, mich mit Taubheit zu schlagen; und wann auch, wenn auch auf immer! - Das bat ich; das war das einzige, was ich

  • 3beten konnte. - Endlich ward es Zeit, mich wieder zu erheben. Das heilige Amt ging zu Ende. Ich zitterte, mich umzukehren. Ich zitterte, ihn zu erblicken, der sich den Frevel erlauben drfen. Und da ich mich umwandte, da ich ihn erblickte (...) Raten Sie, meine Mutter; raten Sie - Ich glaubte in die Erde zu sinken. - Ihn selbst. (...) Den Prinzen. (...) Nach dem Blicke, mit dem ich ihn erkannte, hatt ich nicht das Herz, einen zweiten auf ihn zu richten. Ich oh - CLAUDIA: Und der Prinz dir nach - EMILIA: [Und der Prinz mir nach -] Was ich nicht wute, bis ich in der Halle mich bei der Hand ergriffen fhlte. Und von ihm! Aus Scham mut ich standhalten: mich von ihm loszuwinden, wrde die Vorbeigehenden zu aufmerksam auf uns gemacht haben. Das war die einzige berlegung, deren ich fhig war - oder deren ich nun mich wieder erinnere. Er sprach; und ich hab ihm geantwortet. Aber was er sprach, was ich ihm geantwortet - fllt mir es noch bei, so ist es gut, so will ich es Ihnen sagen, meine Mutter. Jetzt wei ich von dem allen nichts. Meine Sinne hatten mich verlassen. - Umsonst denk ich nach, wie ich von ihm weg und aus der Halle gekommen. Ich nde mich erst auf der Strae wieder, und hre ihn hinter mir herkommen, und hre ihn mit mir zugleich in das Haus treten, mit mir die Treppe hinaufsteigen - - (...) Aber, nicht, meine Mutter? Der Graf mu das wissen. Ihm mu ich es sagen. (...) Sie wissen, meine Mutter, wie gern ich Ihren bessern Einsichten mich in allem unterwerfe. - Aber, wenn er es von einem andern erfhre, da der Prinz mich heute gesprochen? Wrde mein Verschweigen nicht, frh oder spt, seine Unruhe vermehren? - Ich dchte doch, ich behielte lieber vor ihm nichts auf dem Herzen. (...) Nun ja, meine Mutter! Ich habe keinen Willen gegen den Ihrigen. - Aha! Mit einem tiefen Atemzuge. Auch wird mir wieder ganz leicht. - Was fr ein albernes, furchtsames Ding ich bin! - Nicht, meine Mutter? - Ich htte mich noch wohl anders dabei nehmen knnen und wrde mir ebensowenig vergeben haben. (...) O meine Mutter! - so mte ich mir mit meiner Furcht vollends lcherlich vorkommen! - Nun soll er gewi nichts davon erfahren, mein guter Appiani! Er knnte mich leicht fr mehr eitel als tugendhaft halten. - Hui! da er da selbst kmmt! Es ist sein Gang.

    Die Spannung zwischen Afnitat und Schrecken gegenber dem Prinzen zieht sich fr Emilia bis zu ihrem Ende. Marinelli lt den Hochzeitswagen durch Banditen berfallen, wobei der Graf Appiani gettet wird und Emilia unter dem Vorwand, sie zu schtzen, auf das Schlo des Prinzen verschleppt wird. Emilia und ihrer Mutter dmmert die Intrige, ihrem angereisten Vater werden durch Orsina, die eiferschtige Geliebte des Prinzen, die Augen geffnet. Um Rache zu ben, gibt Orsina Oberst Galotti ihren Dolch, mit dem schlielich Emilia auf eigenen Wunsch durch den Vater gettet wird, da sie andernfalls frchtet, der Verfhrung des Prinzen nicht standzuhalten.

    In: Lessing, Emilia Galotti. Philipp Reclam Jun. GmbH & Co, Stuttgart 1994, S. 24-28In: Therese Drr, Gerd Gerhardt (Hrsg.): Vorsprechen. Weinheim: Deutscher Theaterverlag 1999. S. 111-112.

    Urs Widmer (geb. 1938): TOP DOGSUA: Zrich 1996

    Urs Widmer sttzt sich in seinem Stck auf Gesprche mit arbeitslos gewordenen Topmanagern und deren Beratern. Den Schicksalsschlag, den die bis dahin hoerte, nun nutzlos gewordene Fhrungselite erleidet, ist unglaublich. Widmer stellt diese Menschen in ihrer Maskenhaftigkeit, aber auch Verletzung dar, gerade, wenn sie monologisch von ihren Traumen erzhlen, schimmert der fast kindlich wirkende Wunsch durch, geliebt zu werden.

    8. Die Trume - 8.5 Bro aus Glas

    JULIKA JENKINS: Oder ein Bro aus Glas. Oberster Stock, Dachterrasse. Die ganze Skyline. Tief unter mir der Central-Park, Sie verstehen, mein Bro ist in New York. Trgt meinen Namen, das Building. Jenkins-Building. Sind alle meine Unternehmen drin, The Julika-Jenkins-Corporation, Jenkins Jenkins and Jenkins. Jenkins

  • 4International. Meine Mutter hat keine Ahnung. Glaubt, ich bin ne Edelnutte, oder lebe von der Sozialhilfe, die mit ihren ewigen ngsten. Und dann, aus heiterem Himmel, schicke ich ihr ein Ticket, Zrich-New York, rst class, oder mit der Concorde ab Paris, noch besser. Sie denkt natrlich, dass ich das Ticket gestohlen hab. Jeden Tag, Jahr fr Jahr, hat sie mir in die Ohren geheult, dass aus mir nichts werden wird. Nichts, nichts, nichts. Ein Ozean zwischen mir und Mami, das ist die Minimaldistanz. Ich hole sie am airport ab, VIP-Exit, und hinber zur Limousine mit den abgedunkelten Fenstern. Sie wissen schon, lang wie die Ewigkeit, hinten so ne Haischosse, vorn ein schwarzer Chauffeur, der der Mami die Tr aufhlt. Neben dem Chauffeur sieht sie wie ein Huschel vom Land aus. Neben mir sowieso. In meinem Bropalast berall emsige Angestellte, Guten Tag, Frau Chef, guten Abend, Frau Jenkins. Im Vorbeigehn zeichne ich noch schnell einen Vertrag ab, entschuldige, Mami, muss heut abend noch raus, wir bernehmen die ABB. Und oben in meinem Bro staunt die Mami auf den Lichterglanz des Broadway hinunter und dreht sich nach mir um und bricht in Trnen aus und sagt: Kind, ich hab dir Unrecht getan. Grossartig hast du das gemacht. Grossartig, Kind.

    In: Theater heute 2/1997, S. 48. - Verlag der Autoren, Frankfurt am Main, 1969 Der Monolog Susanne Wrages - 8.4 Waffen einer Frau - eignet sich ebenfalls als Vorsprechrolle.In: Therese Drr, Gerd Gerhardt (Hrsg.): Vorsprechen. Weinheim: Deutscher Theaterverlag 1999. S. 222.