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Acta Medica Scandinavica. Vol. LXXX, fasc. IV2VI, 1933. Aus der Abteilung liir Pathologisclie Physiologic des Mrtschnikoff- Inst,itutes und ails dem Institut f'iir Pathophysiologie der Medixinischeri Hnchsrhulr xu Charkow. Lcit.ci- Prof. Dr. D. Alpern. Weitere Beobachtungen an der hyperergischen Gelenkentziindung. (%ur Patlicigenew dc5 akulcn Rheunlatlsmus. ) D. ALPERN, W. BESUGLOW, S. GENES, 2. DINERSTEIN urrd L. TUTKEWITSCH. (Charkow. ) I. Einkiiuny: In1 \'orhcrgellendrn2 war die Kede von dem Yerfahren zur Auslosung einrr hyperergischen Gelenkentzundung auf cxperirnen tellem Wege, vermittelst einer prealablen Sensibill- sierung des Organismus mit Eiweiss odcr Toxin, mit darauffolgender Gelenk-lnjektion derselben Substanzen in das Gelenk dcr Kanin- chen. Der Charakter der dabei erzielten hyperergischcn Ent- ziindung wurdc im Zusammcnhange mit dcr Veranderung eincr Keihc von konstitutionellen Faktoren - biochemiscl~en Konstan ten des Blutes - untersucht, wclrlie zu der Funktion des endokrin- vegctativen Systems, des eigentlichen vegetativen Nervensystems und des endokrinen, aber auch des Reticuloendothelialsystems in Beziehung stehen. Sowohl der klinische Prozess im Gelenk, als aurh die im Herzen auftretenden morphologischen Veranderungen, gestatteten den Schluss die Sensibilisierung des Organismus hahe Redeutung als wesentliches Moment in der Kusserung tier spezifi- schcn Hyperergie in den Gelenken; hierdurch erfuhr dic anaphy- laktischen Theorie der Rheumatismus eine Reihe experimentellrr Bei der Hedaklioii am 2. I'ehruar 1933 eiiigegangjen. Acta med. sraiid. Vol. IXXX, p. 151, 1933.

Weitere Beobachtungen an der hyperergischen Gelenkentzündung : Zur Pathogenese des akuten Rheumatismus

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Page 1: Weitere Beobachtungen an der hyperergischen Gelenkentzündung : Zur Pathogenese des akuten Rheumatismus

Acta Medica Scandinavica. Vol. LXXX, fasc. IV2VI, 1933.

Aus der Abteilung liir Pathologisclie Physiologic des Mrtschnikoff- Inst,itutes und ails dem Institut f'iir Pathophysiologie der Medixinischeri

Hnchsrhulr xu Charkow. Lcit.ci- Prof. Dr. D. Alpern.

Weitere Beobachtungen an der hyperergischen Gelenkentziindung.

(%ur Patlicigenew dc5 akulcn Rheunlatlsmus. )

D. ALPERN, W. BESUGLOW, S. GENES, 2. DINERSTEIN urrd L. TUTKEWITSCH.

(Charkow. )

I . Einkiiuny: In1 \'orhcrgellendrn2 war die Kede von dem Yerfahren zur Auslosung einrr hyperergischen Gelenkentzundung auf cxperirnen tellem Wege, vermittelst einer prealablen Sensibill- sierung des Organismus mit Eiweiss odcr Toxin, mit darauffolgender Gelenk-lnjektion derselben Substanzen in das Gelenk dcr Kanin- chen. Der Charakter der dabei erzielten hyperergischcn Ent- ziindung wurdc im Zusammcnhange mit dcr Veranderung eincr Keihc von konstitutionellen Faktoren - biochemiscl~en Konstan ten des Blutes - untersucht, wclrlie zu der Funktion des endokrin- vegctativen Systems, des eigentlichen vegetativen Nervensystems und des endokrinen, aber auch des Reticuloendothelialsystems in Beziehung stehen. Sowohl der klinische Prozess im Gelenk, als aurh die im Herzen auftretenden morphologischen Veranderungen, gestatteten den Schluss die Sensibilisierung des Organismus hahe Redeutung als wesentliches Moment in der Kusserung tier spezifi- schcn Hyperergie in den Gelenken; hierdurch erfuhr dic anaphy- laktischen Theorie der Rheumatismus eine Reihe experimentellrr

Bei der Hedaklioii am 2 . I'ehruar 1933 eiiigegangjen. Acta med . sraiid. Vol. I X X X , p. 151, 1933.

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B E O B A C H T I I N ( I E 4 A N D E R I1Y P E R I ,Rb IS(.H E N G E L E 4KKGNTZU N D c1 V L . 365

Hestatigungen. Was die Kolle der konstitutionellen Faktoren lwi cler Entstehung der Gclenkhyperergie anhelangt, so inussten dir- selben anerkannt werden angesichts der uherzeugenden Rcsultatc unserer Versuche mit Beeinflussung des vegetativ-nervosen, cndo- krinen iind R-E. Systems, Die Anderungen in der Beziehung ge- wisser Bliitwerte gegen einander (K /Ca, Imithin /Cholesterin, Alkalireserven und Zucker) zeichneten sich durch eine gewisse fiesetzmassigkeit in ihren dynamischcn Xrerlauf untl h i der Ent- wicklung der anaphylaktischcn Gelenkreaktion aus. Am meisten kcnnzcichnend waren mrist die l~iochemischen Verschichungen in der Zeit vor und nach den auslosenden Injektionen, da sich darin nicht selten der (irad des Steigerung der Scnsibilisierung und dic

. vegetative LTmschaltung des Organismus wiederspiegelten, (lie mit dcm Eintritt der lokalen Hyperergie in Zusammenhang standen. %war waren dicsc hiochemischen Verschiehungen niclit stets in gleicher Weisc ausgepragt, zuweilen wiesrn sie aucli cine Perversion gegeniiher ihrem gewohnlichen Charaktcr auf; nichtsdestoweniger liess sich die Gesctzmassigkeit der Verschiehungen in den ineisten liallen i n Ahhangigkeit von dein Gradc cler .;\usscrung dcr lokalen Heaktion nachweisen.

In vorliegender Mitteilung machen wir e\ zu uns twr Aufgabca die Ergelmissc unserer weiteren 13eol)ac.h tungen an ‘I’ieren zii

schildern, die i n verschiedene Verhaltnisse dcr Ernallrung gel)racht warcn. Gleichzeitig damit werden in diesen Versuchsreihen auch die hiochemischen Verschiehungen angegebrn, (lie dalwi ointratcn, wohci wir sie narh Moglichkeit dern morpholo~iscli~n Hilde gegcn- ulm-stellten, das im wesentlichstrn i r n Herzen nachweisliar war da diescs morphologische Hild das uherzc~ugcntlslc Kritci iuni der Moglichkeit darstellt auf experimentellem Wegc Erschcinungen h erv orzu ru fen, tl i I’ dcm in en scli lich e n R he um a t i smus ahneln . (ileichzeitig daniit schildern wir hier im allgemeincn die Ergehnissr der his jetzt geniacliten morphologischen Beobachtungen und den Charaktcr der Alterationen, die in1 klinischen Verlaufe der hyperergischen Entziindung zur Beobachtung kamcn. I)ie Ver- suchsanordnung war dieselbe wie in den fruheren Experimenten: die Ticre (Kaninchen) wurden rnit frischem Pferdeserum 1-5 nial intravenos mit kleinen 1)osen (I/&- 1/2-2 cm3) sc+nsibiliskrl.

. 3 Wocheii nach der letzten Sensibilisirrung wurden mit dern gleichen Serum (siehe die vorhergegangene Mitteilung) Gclenk-

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366 D. k L P E R V , W. BESLlLLOW, b . ( r E N E S , Z D I N E R 4 T E I Y 1il1d L . TI T h E W L T S C H _- Injektionen vorgenommen. Somit wurde der Chemismus des Blutes auf die gleiche Wcise wje friiher untersucht.

Die Rolle verschiedener Ernahriingsweisen bei der Entwick- lung der hyperergisrhen Gelenkentriindrmg. In unseren Anschauun- gen iiber das Wesen der entziindlichen Keaktion in den Gelenken hei Rheumatismus gingen wir von dem Standpunkte aus, diest. Erkrankung sei das Resultat eincs allergischen Zustandes des Organismus. Durch das Studium der Rolle verschiedener Faktoren in der Ausscrung der hyperergischen Gelenkreaktion iiherzeugten wir uns davon, von wie grosser Bedeutung die konstitutionellen Eigenschaftea des Organismus fur die En twicklung dieser Er- krankung sind. Dieser Umstand sprach zu Gunsten der allergischen Theorie des Rheumatismus, die den konstitutionellen Faktoren bei der Entwicklung dieses Leidens eine dominierende Bedeutung zuerkenncn. Hieraus entstand natiirlich die Frage darnach, wit. sich Alterationen der reaktiven Fahigkeit des Organismus, - wie sic durch den so wichtigen Ernahrungsfaktor 1)edingt werden, - auf der hyperergischen Reaktion abspiegeln wiirden. Nochmals sei gesagt: die Anderungen der (;cweheseigenscliaften des physika- liscli-cliemischeIi Zusammensetzung der Gewehtx und des ganzen Organismus, der Gehalt der Organe an Kohlehydraten, Fetten, Eiwhissubstanzen und Salzen, von denen der jeweiligc Zustande des Organismus abhangt, kann nicht umhin auf die Ausserungen der hyperergischen Reaktion einzuwirken. L)ie Zusammensetzung der Gewelw und Saftc des Organismus kann his zu einem gewisscn Grade durcli bestimmte Art der Ernahrung heeinflusst werden. Reltanntlich hat Wieehowski z. B. nachgewiesen, dass der Charakter dcr Ernallrung sich in der Xeigung des Organismus zu cntzundlichen I’rozcssen zu erkennen gibt: Ahdcrhalden und Wertheimer zeigten, dass die Wirkung von Adrenalin und Thyroxin je nach dem Cha- rakter der Ernahrung des Organismus (Basen- oder Alcali-reichc Nahrung) verandert wird. Frey sagt dasselbe, wenn er hehauptet, Kohlehydratkost hegiinstige die Entwicklung von Infektions- prozcssen. Solchc Angaben lassen sich in .heliel)ig grosser Anzalil anfiihren; sie zeugen alle in gleicher Weisc davon, dass der (:ha- rakter der Ernahrung, des Stoffwechsels unlledingt die reaktivc, Fahigkeit des Organismus beeinflussen m u ~ s . I)ie allcrgische Theorie begrundet den I3heumatismus, speziell auf dem Gradc der Ausserung der reaktiven Eigenschaften des Organismus,

I I.

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B E O B A C H T I N L E h A V D E R H Y P E R E R G I S C H E N L E L E N h E N T Z U N D L h G 367

der in bezug auf Eiweiss, Toxinen, oder eine Infektion sensi- hilisiert ist.

Uber die Kolle der Ernahrung bei Hheuinatismus liegen eini- gen Literaturangaben vor, die einerseits bezeugen, dass diesc Erkrankung mil Wnderungen des Stoffwechsels cinhergeht (Strauss), andererseits aber den Einfluss der Diat fur die Entwicklung de\ entzundlichen Prozesses in den Gelenken Iiervorhehen. E-Iierhei gehoren z. B. die Befunde VOII Pemberton; derselbe macht in Hin- !)lick auf den diahetoiden Charakter der Zuckerkurve hei Rheu- matismus den Vorschlag, bei chronischern Rheumatismus die Kohle- hydratzufuhr zu beschranken. Die sog. Diaten von Pemherton sind auf den1 verschiedenen Gehalt der Nahrung an Kohlehydra- ten, Eiweiss und Vetten und auf den] Kaloriengehalt derselbcn hegrundet.

Die eine oder die andere 1 M t wurde nach dem jcweiligen Blut- zuckerspiegel und nach dem Gehalt des Hheumatikerhlutes an Harnsaure gemahlt. Das Vorhandensein von Storungen im Stoff- wechsel hei Rheumatismus fand weiterhin seine Bestatigung in LJntersuchungen aus der jungsten Zeit (IHolsti, Warfuld, Hench). Pewsner und desscn Mitarbeiter ginger1 bei der Untersuchung des Einflusses von veranderter Ernahrung auf den Verlauf des Rheu- matismus aus den Befunden von Pemherton aus und wiesen so die Rolle nach, die den verschiedcnartigen Diaten im Verlauf und in der Auflosung des rlieumatischen Vorganges zukommt. Dic ohen angefuhrten klinischen Befunde und unserc fruher veroffent- lichten experimentellen Beobachtungen herechtigen folglich dazu die Frage nach der Bedeutung verschiedener Phasen der Ernali- rung fur die ISntwicklung der lokalen hyperergischtln Gelenk- reaktion aufzuwcrfen, desto niehr, da unter den Verhaltnissen eines Expcrimentc\ die einc oder andere Ernahrungsart vollkommen wiedrrgegehcn werden korinen, wobci die Einwirkung einer solchen vcranderten Ernahrung auf den Verlauf eines allgemeinen oder lokalen allergischen Prozcsses von ver\chiedenen Seiten aus be- leuchtet werden kann.

Im ganztri dienten uher 50 Kaninclien zu unseren Versuchen; sic wurden in einzelne Gruppen eingeteilt, die sich unter vcrschie- denen T.:rnahrungsvcrlialtnissen befanden. Irn Anbctracht der I-lyperglykaemir, d ie oft die Gelenkentzdndung I)egleitet, stellten uir einc Rcohchtung der llolle verschiedcner ICrnahrung und

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368 L). 4 L P T : R l \ i , W . D E S I I ( : L O W , S . L E h E S , % . D I N B R S T E I Y lllld L. T L T h E W l T S C H

besonders Kohlehydrat-reichen Futters auf die Art der Ausserung der hypcrcrgischen Entziindung an. Hicrzu dienten zwei Heihen von Tieren (N:o 1 und 2) die sich mit Zuckerruben ernahrten; letztere wurden ihnen in einer hlenge gereicht, wclche den Grund- umsatz deckte und dem N-Minimum entsprach (400,O Zucker- ruhen in 24 St.): Die Tiere der 3. Reihe crhielten :3-4 Tage vor cler Gelcnkinjektion einc solche Menge Glucose p ~ r os, die den taglichen Kalorien1)edarf der Kaninchcn (1 00 K) deckte l). Wah- rend dcr ganzcn l h u e r der Sensihilisierung und der Gelenkinjektion wurden die Tiere von Zuckerriihen ernahrt: in einigen Rcihen hin- gegen erhieltcn die Kaninchen Zuckcrriihen erst i n der I'criode vor der auslosenden Infektion. Bei dcr lieihe X:o 4 hestand die Ernahrung im wrsentlichen ails Kohlcnliydratstoffen: Zuckcr- riiben und gt,ringcr Mcngc Hafer (10-20 g). Zu dcr Untersuchung der Wirkiing von Eiweiss-haltigem Futter dicnten in der Maupt- sache: dic 5 u . (5 Reihe, die n u r fIafer bekam; die 7 Reihe welchc in der Periode vor der Auslosung Pepton in einer Menge erhielt, die dem Grunduinsatz entsprach. Um den Einfluss der vitarnin- losen Nahrung nachzuweisen dicnte dic 8 Rrihe; diese Tiere he- kamen wahrend dcr ganzen &it der Sensihilisicrung hei dcr aus- losenden Injektion Hafer, dcr im Autoclaven hchandclt um-den war. Die 9. Reihe genoss die iihliche Verpflegung (%uc.kerriihcn, IIeu, Hafcr) niit Zusatz von Lccithin und Kali (in Form von KHCO,), denn unscrcn frdhcren Beo1)aclitungen nach sind cliesc Stoffe in der Scnsihilisationspcriodc vor der Gclenkinjektion gc- wdinlich im Rlutc gestcigert; die gcnannten lngredientien wurdcn der Nahrung aus dcm Grundc hinzugefugt um die Wirkung der Gelenk-Injektion, die meisl mit cirier Abnahmtl dieser Suhstanzcn im Blutc einhergeht, zu steigern. Endlich wurdcn noch zwci I-Zeihrn von Kontrollen (N:o 10 und 11) in den Versuch mit einheschlos- sen; die KontrollkaIiinchen crhielten die gewohnte Nahrung. Wir hatten uns also vorgenommen nachzuwcisen, welches im wesent- lichen die Rolle von Kohlehydrat-, Eiwciss, und Vitaminlosem Futter auf den Verlauf und die Ausserung der hypercrgischcn Entzundung sein werdcn. Die mit Glucose und Pcpton genahrten Kaninehen dienten eigentlich als Kontrolle um den I'influss der Alcalinitat und dcr Aciditat des einen oder tles andcren Futtcrs

S. 'rah. Biologicer: ebenda siiid .\ngaheii iiher d. Stirkstoff voii Zuckerriiheii und I-Iaier.

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A Y D E H B I 1’ E RE 1 1 ( ~ 1 SC H E N (J B L E Fi K E N TZ U N D U R ( r . ;369

l x i der Entwicklung des Prozesses nachweisen zu kdnnen. Dem- selben Ziele dienten auch Versuche init Fiittcrung mit vorwiegend Kohlehydrat-reiclier Kmt mit Haferzusatz und auch jene Experi- mente, in denen dem Futter-Kali-salz beigegehen war. 1111 voraus sei gesagt, dass dem klinischen Effekt der Wirkung auslbsendcr Injcktionen nacii zu urteilen, weder die Alcalinitat noch die Aciditat tles Futters die hyperergische Entzundung in merklicher Weise heein- flussrn konnten, so dass die Wirkung der Nahrung - dort wo sir nachweislrar war, - auf Konto des Kohlt.hydrat-I.:iweiss odcr anderweitigen Charaktcm der I’rnahrung zu setzen ist. 1)ie aus- ltiscnde IIijelttion wurde 2--3 ma1 mit Intervallen von 3-3 M’ochen wiedcrholt. Glcichzeitig darnit wurden auch biochemische ‘Ilntersuchungen zur Uestimiiiung der o1)cn angegehenen Ingre- dientien angestcllt uin die Werhselbeziehungen nachzuwciscn, clic zwischen diesen, hauptsachlich mit der Funktion des vrgetativcn Servensystems und den Ausserungen der hyperergischen Reaktion verbundcnen I)iochemisclien Faktoren, ltcnncn zu lernen. I)ie %ah1 der Kaninchen einer jeden Vcrwclisreihe wird unten I)ei tier Scliilderung der Versuchsergehnisse angefiihrt. Nach der Zeit der Versuchsanstellung und nach dem Charaklcr der nachgewic- senen biochcmischcn Verschiebungen darf das game Material in zwei Gruppen cingeteilt werden: I. Gruppe: sic uinfasst die Versuchs- reihen N:o 1, 3, 10, 7, 3 und 6 und 11. Gruppe mit den Versuchs- reihen N:o 2, 4, 11, 8, 9. IXe meisten Versuchr dcr 1. (iruppe wurden jm Zeitahschnitt: Herbst und Winter 1931 -1933 angestellt und werden Iliagr. N:o 1 und N:o 2 , rnitsamt den Ergehnissen d1.r biochemischen Untercuchungen und nehst Angahe der lokalen Heaktion, wiedergegclxn.

Aus dem beigelegten 1)iagramm sieht man vor alleni, dass in cler iiherwiegenden Mchrzalil der (klenkinjektionen i n den hiochcmischcn Indices des Hlutes Verschicbungen hervorgerufen wurden. Abgesc- hen von einigen wenigcn Ausnahnien sehcn wir also an diesen Mate- rial die sciion fruher von uns beohachtete Umschaitung dcs vegcta- tiven Nervensystem, die sich in Verschiehungen von K/Ca, Leci- thin/Cholesterin Alcalireservcn und, teils, auch des Blutzuckers kundgibt. Diagram. N:o 1 u. N:o 2. Nachdeni die meistrn Ingredicn- tien in der Periode der Sensihilisierung im Blut einen gewissen Anstcig wfahren hahen, weisen sie im Anschluss an die auslosende Injektion cline Alinahme auf. In diesen Experimenten ist der ITm-

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370 D . A L P E R h , U . B E S U L L O W , S . L E Y E S , Z . D I N E R S l E I h llI1d L . T U T K E W I T S C H .

stand zu beachten, dass zwischen der positiven hyperergischen Gelenkreaktion und dem Wechsel der biochemisdien Indices ein Parallelismus besteht. Umgekehrt, fehlen in den meisten Fallen ohne hyperergische lokale Reaktion aucli die charakteristischen biochemischen Verschiebungen. Somit finden wir eine Bestatigung der bereits friiher beohachteten Ahhangigkeit dcr Iokalen Hyperer- gie von der Andcrung der l~iocl~emischen Eigenschaften des Rlutes.

Quotient I< Ca VOY dcr Gelenkiiijektioii und iiach derwllieii.

Erlauteruiig der Zeictien: 3- = Positive Reaktion

+ + = Ikut l ich ausgepragle I<caktioi~. + -1 + = Starlte Rcalitiori. o = Keine Reaktion.

)I[

+

ii 36 37

1 n

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B EOR .kCIiTIJNC: 1'. N A V I) E R H Y P E R E R ( ; I S C H E (;I? LEN I( E X T Z i j N 1) I1 N C . 371

Tabelle N.o 1.

1

35 36 35 38 39 10 41 43 14 45 46 4 7 48 I9 50 60 61 62 63 64 65 6 i 69 71

- - z o " 5 5 2

- 0

+ -t + -t t + -t + + + -t + + + +

+

-

-

- -

- - 0

- __ r 2 E

p 0 cr e. 2 - -I-

1 + i- i-+S t + + t -i- + I - t t ++ I- -t t + 'i- +

I- + +

++ i a3 3- o 0 0 0 I \

G3 @

z (0

Z % S p . F 7 0 z 5 5 i b g : * I

1

7% + -I- 1.3 -c i4 -1-

+ i 6 + 0 'ii + + i8 + --

79 80 + I

81 82 38 + 84 Xn 87 0 i- 88 - - 89 90 91 92 i- 93 0 04 + +

- * -- -

-r /a -

- -

--- + --

- - -

- -

-- ~

-- -

- -

--

Erlinileruiig d. Zcichen siehe Diagii. N:o 1.

Beachten wir wciter die Heziehungen der lokalen hypercrgischcn Keaktion hei den Tieren der 11. Gruppe zu den h d e r u n g e n der tiochemischen Indices des Blutes, so findcn wir Iiier keine dcr- artigc. Gesetzmassigkcit in den Vcrschiebungen. Wir fiihlcn hier Tabelle N:o 1 an, wo diese Ergebnisse zusammcngefasst sind, wobei mit (+) und (-) das Vorhandcnscin 1)z.w. das Ausl)leil~cii der cnt- sprechendcn Vrrschiebungen, der Quotienten angegchen wird. Wir sc ticn, dash das Vorhandensein lokalcr Keaktionen bei den 'fie- rim dieser (iruppt nicht scliarf genug ausgepagt ist und bei weiteni nicht immer rnit eineiii Wechsel der Quatieriten cinhergeht (dieses

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:572 1) A I . l ' E H N , M . B E S I I C I . O W , S. G E N E S , Z . D l Y E H S T E I h lllld L . T I I T B E W I T S C H ~

gilt bcsonders fur die Versuclie N:o 79, 80, 84, 8.5 11. weiter). In Anhetracht dessen, dass in der 11. Gruppc solche Vcrsuchs- rcihen vorhanden sind, die das gleiche Fut te r wie die Tiere einiger Versuchsreihen der I. (iruppe erhiclten, cntsteht unwillkurlich die Frage, weslialb die 1)iochemische Heaktion in dieser I I. (iruppe keine so einfiirmige und konstante wie die der I. Gruppe ist. Der Grund durfte d a r k liegen, dass die lokale hypercrgische Reaktion in allen Fallen der zweiten Gruppe durchwegs weniger scharf ausgepragt war, wic Iwi den Ticren der crsten Gruppc'; daher konnte man na- tiirlich auch geringerc Verschie1)ungen in den l~iochcmisclien Eigcn- schaften des Elutes erwartcn. Dic, cigentliche Tatsache dcr schwa- rheren Auspragungrn d t ~ hypcrcrgischcn Rcakl ion bei den Tieren dcr 2. Gruppe diirfte wohl a m c>hcstvn mi t der Jahrcszeil zusariimen- hhngen, in tler die 1Jntcrsucliung vorgenommen wurde: die I-nter- suchung der 1 . Gruppe fallt niimlicli in die Zeit von Dczcmlwr I)is Nlarz, die der 2. Gruppc hingcgcn nieist in den letzten Teil des Fruhjahrs und den Sommer. I>as, was wir von der Entstehung und I'ntwicklung dcs Rlieuniatismus wissen, hestaitigt die 'Pat- sache d t r hhchstcn I<rkrankungshaufigkeit i n den Jierhst- und Wintermonaten und im Bcginn des Friihjahrs und dir Senkung der I<rkrankungskurvc iin Sominer.

Andcrcrscits zcigte sicli die 1Jngcst.tzmassigkciC der 1)iochenii- schen Vcrschiebungcn, hesondcrs I)ei dencn Versuchsreihcn, wo das 1:uttcr nichr von kiinstlicher Art war (Vitaminlose Xahrung mit Zusatz von 1,ccitinsalzen u. dergl.); dort hatte folglich der Charakter dcs 1Jut lcrs setlist den LJinsatz mcrklich gestiwt und dadurch das t l i esc~ 'i'icrart cigene clicmischc Hlutbild verandert. 1 k n n o c h tlurfcn wir auf (irund drs gesamten, hier angefuhrtcn hlatcrials uncl cincr (;egenul)crstellung tlcsscll~en mi t den fruhercn I'rge1)nisscn sagen, dass die I)iochernischen Eigenschaften des Hlutes gewisser- massrn dazu dicnen konnen die Neigung des Organismus zur lo- kalen liyper~rgisclicn GclrnLntzundung in verschiedcntm Perioden dcs Sensil~ilisationszustandcs der Tiere nachzuweisen. Die Befundr aber, welche dieser Annalimc widersprcchcn und von negativer Art sind, konntrn damit zu crklaren sei, dass die LJntersuchungen LU verschiedenen .lahiwzeitcn und unler unglcichen Vcrlihltnissc'n rles Stoffwechsels angestellt wurden, was rnit dcm jeweiligen Gradt> drr Perversitat ihrer Erndirungsweise zusammenhing. Hevor wir clic t)iocheinischen Verandcrungen im Blute verlassen, miissen

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I3 EOB A C H T I ' N G E h A N D E H H Y P E R E RC; ISC 11 E N I; E L E N K B ATZ ii N D I' Y I ; . 373

wir nocli berucksichtige,n, dass sich in den hier angefuhrten Ver- suchsreilien recht oft Verschiehungen im Blutzuckerspiegel nach der auslosenden Injektion bemcrkbar macliten und zwar im Sinne einer Hype,rglykaemie. In unseren friiheren Versuchen, t ra t dieser Umstand nicht so deutlich zutage, wold deswegen, weil diesmal sehr viele Versuche mit Kohlehydratfiitterung angestellt wurden und die durcli Kohlehydrate hedingten Verschiehungen dem Grade der Auspragung der lokalen Reaktion gemass besonders deutlich bemerkbar waren. Von zahlreichen Untcrsuchern wurde beobacli- tet, dass beim Rheumatismus ini Kohleliydratuinsatz Storungen auftrcten (siehe oben); daher muss man in den zu beobaclitenden Anderungen dcs Blutzuckers cine Ahnlichkeit niit den Verhaltnis- sen wahrnehmen, die im menschlichen Organismus Rheumatismus ohwalten. Nun wollen wir zu der Beschreibung des ltlinischen Bildes der Gelenke iilwrgehen, das bei versc,hiedenen Ernahrungs- verhalt~iissen der Tiere zustandekommt.

Yersuchswihe 1v:o I (N :o 35, :$ti, 3'7, 38, 39, 40); dit. 7'jrre erJiic.1tc.n cint. beschranktr Kohlehydratkost wahrrnd der ganzen Dauer der Sensibilisa- tion untl w;ihrrnd der auslosenden Injektion. Die lokale Reaktion war durc,hwegs in allen Fiillen nach der zweiteri Gelenkinjektion ausgepragt; in 5 F i l l en unter 6 sahen wir cine besonders deutliche Reaktion: das Gelenk war stark geschwollen, cs lagen Infiltration weitwhin Fluctuation vor; die Muskeln waren stark rigid; nach einigen Tagen war die Schwellung noch bedeutender geworden und blieb so bis Zuni Tode der Tiere. S. Riintgenogranime N N 1, 2, 3. Die bakteriologische Analyse von der aus dem Gelenk entnonimenen Masse liess keinerlei Mikroben nachweisen. Die Organisierung der entzundlichen Reaktion verlief nur sehr langsam.

Versuchsreihe N : o 3 (N:o 41, 4 3 , 44 und 45); in den 4 Tagen vor der aus- liisenden Injektion erhielteri die Tiere nur Glucose. Die lokale Reaktion war in allen Fiillen deutlich genug ausgepriigt, jedoch in weit geringereni Grade, als in der vorhergegangenen Versuchsreihe: es lag geringe Schwellung, Infiltration, Strigerung der Hauttemperatur, MuskelrigidiM vor. Die Kcaktion t ra t nach der zweiten ausldsendcn Injektion auf.

Versuchsreihe N : o 10 (N:o 46, 4 i , 48, 49, 50) diente als Kontrolle. Die Ernahrung war die iibliche. Die Reaktion war schwiicher als in den Ver- suchsreihen N:o 1 und 3 ausgepragt: geringe Schwellung des Gelenkes, gesteigerte Hauttemperatur, kaurn merkbare Infiltration, Diese Beobacht- iingen wurden ebenfalls nach der zweiten Gelenkinjektiori angestellt.

Als Fut ter diente Hafer, nnd zwar sowolil walirend der Sensibilkation und zur Zeit der Gelenk- Injektion. Nach der zweiten ausldsenden Injektion trat beinahe gar keinr Reaktion auf , ausgenonirnm N:o 6 1 , bei dern die glciche Reaktion wie bei den Iiontrolleri vorlag.

Versuchsreihe N:o 5 (8 :o 60, 61, 62, 63) .

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374 D. h l , P E R N , W . B C S I I I I 1 . O W , S . I . E n l E S , Z . D I N E H S T E I V ~ l l l d 1.. T U P K E \ V I T S C H .

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Hont gcnoglamm 2 .

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B E D B A C IIT U N I; E Y A N D E R H Y P E R 6 H t ; I S C H E I t; E: L E N K E N TZ I 1 N 1) IJ N C . 37'7 Versuchsreihe N : o 6 (N:o 64 , 65, 6 i ) - Halw in der Periode vor der

Gelenkinjektion. Reaktion beinahe gleich 0.

Versuchsreihe N:o 7 (N:o 69, 71): Pepton in der Periode vor der Aus- h u n g . Reaktion schwach und geringer als bei den Kontrolltieren.

Wenn wir uns jetzt ansehen, was die Gelenkinjektion bri den Kanin- (:hen der 11. Gruppe hervorgebracht hatte, so miisseri wir vor alleni als eine stets wiederkehrende Erscheinung eine gegeniibrr der I . Gruppc. herabgesetete lokale Reaktion wahrnehmen. Oben haben wir bereits darauf hingewiesen, dass die Ursache in der Jahreszeit. liegen diirfte in der die Untersuchung ausgefiihrt wurde. Die letzte Gruppe wurde in dcr Hauptsache im Sommer unterswht, die erste aber im Herbst und im Win- ter, als die Temperahr in diesem Laboratorium ?" nicht ubertraf. Die Charakteristik der lokalen Reaktion .wird hauptsiichlich auf Grund der Ergebnisse der 2 und 3 auslosenden lnjektion gegeben, da die 1. aus- losende Injektion immer nur einen schwach ausgebildeten Effekt zeitigte.

Kontrollseric, iibliclies Futter (N:o 91, 92, 9 3 ) . Die Reaktion ist nach der xweiten auslosenden Injektion kauni merkbar, nach der 3. etwas besser ausgepriigt. Es macht sich einc kautn merkbare Schwellurig der Crelrnke, Steigerung der Wautt,emperatur iind Muskelrigi-

r'r/,such,sreihr A':o 2 (X:o i i , 78 . i 9 , 8 0 . 81) - Futter: Zuckerruben. I n dieser Versuchsreihe sehcti wir keine so hrftige Rraktion wie in Ver- siichsreihe S:o 1, wo die Tiere das gleichr Futtcr. erhit.lten. Wenn man jt,- doch die lokale Reaktion bei den l'ieren ciieser Versuchsreihe rnit dcr Iieaktion der Kontrolle vcrgliJicht (Versuchsreihe N:o 1 I ) , so muss nit.

erstere Reaktion als eine deutliche gelten. Sie bestand aus eifier merk- lichcn Gelcnkschwelhng, Infiltration, einer deutlichen Muskelrigiditiit. Von allen Iianinchen dieser Versuchsreiche liefcrtc nur N:o i 7 ktjine merk- liche Reaktion.

Versuchsreihe iV:o 4 ( i 2 , 5, i 4 , i 5 und i t i ) . -41s Futt,er dienten Zucker- ruben mit geringem Zusatz von Haler. Durch Beifiigung von IIafer wirtl der ausschliesslich alkalische Charakter der Nahrung (Riiben) unterbrochen. iZuch in dieser Versuchsreihe war die Reaktion nach der 2. und 3. Gelenk- injektion im allgemeinen scharlcr als bei tien Kontrollen.

Versuchsreihe Nro 8 (N:o 82, 83, 84, 85, 8G); Flitter - wie iiblichen mil Zusatz von Lecithin und Kal. bicarbonat. Obiw wurde erwiihnt atis wel- chen Grunden eitie derartige Versuchsanordnung gewkhlt wurde. Dit. auf die 2. Gelenkinjektion folgende Reaktion bietet keinerlei besonderv Abweichungen von der Xorm; nach der 3. Gelenkinjektion war die Reak- tion deutlich, aiisgenomnien N:o 85. Jm ganzen sah man keinerlei beson- dere Abweichungen im Vwgleich zu den Kontrolltirren bei den Tiwen dieser Versuchsreihe.

T'ersuchsreihe Y:o 9. - Futter - autoklavisicrtrr IIafer. Die auf N:o 2 Gelenkinjektion folgende Reaktion - ohne besonilwe Abwveichungert von d . Norm.

24 - Aclu med. Scandinrto. Vol. L X X X .

Versuchsreihe N:o 1 1 .

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:378 1). A L P t I l N , W R C S ~ ( ~ l ~ O W . S . ( ~ E ' V E S , Z . U I U E R S T E I N U I l d L T I T h C W l l S L H

Auf Grund dcs hier angefuhrten Ma tcrials lasst sich deullich folgender Befnnd erhehen: am scliarfstcn ist die liyperergische Gelenkrcaktion bei Kaninchen, die Kohlehydratfuttcr oder cin solthcs mit uberwiegcndcm Anteil an Kohli~iiydraten erliielten (Versuchsreihc N:o 1, 3, 2). Dass die ausschliessiiche Alcalinital der Nahrung dabei von keincr Bedeuiung ist, sieht man daraus, dass Kaninchen, die von Glucose hzw. Zuckerruben und etwas Hafer c r n ~ h r t wurden (Versuchsreihe N:o 4) dcnnoch eine deut- lichcre Reaktion erkennen liesscn als die Kontrollen. 1 ):is Fiittcrn init I-Iafer setzt die Reaktion Iierah oder lasst sie im Uereicli dcr gewohnlichen, I)ei den Kontrolien nac1iweisl)arcm Norm. Vitamin- loses 1;uttrr ha t keine nachwcis1)ares Ergehnis zur Foigc, auch die Wirkung von Futter mit Znsatz von Lecithin und Kaii ist niclit gross. Im allgeineinen muss man folgern, dass die vorwiegende 1:u tterung niit Kohlehydraten dic lokale hyperergkche Keaktion zwe i fe lh steigert, 1)csonclers wenn diese Fiitterung die ganm Zeit tier Sensibilisicrung liinclurch fortgcsetzt wird (die Futterung mit Zuckerruhcn am 'I'age vor der auslosenden Injektion, die in Kontrollversuchen vorgenomrnen wurde, liefcrtc keinen mcrkl)arcn Effekt).

I I I . Allyemeine Charakterisiik der moi phologischm Ve1 onderun- yen in den GerueDcn. Wir nahnien uns hicr lteineswcgs vor dic morpliologischen Befunde zu schildcrn die an den1 erwahnten Ma- terial er1iol)cn wurden. Dieses sol1 Inhalt einer spezicllen Arlwit werdcn. An IIand dcr voriaufig erzicltrn Refunde, die lwim Stu- dium cines grossen Tciles t1c.r FBilc yon hypcrergischer Gelenk- cntzdndung crzielt wurtlen, konncn wir einstweilcn nur irn grosscri und ganzcn iiber die hewirltlcn Vcranderungen sprechen und uns dariihcr ausscrn, inwicweit das patliologisch-histologischc Bild d tm ldinisrhen und den nachweisbarcn biochemischen Blutver- anderungen entspricht. Wciter muss uns auch das Problem der Bczichungen zwischen dem Grade der erzie1tc.n morphologischen

hicl)ungcn, dcr Haufigkeit ihres Ruftretens und dem Clia- raktcr der ausgeldsten Anderungen dcr konstitutionclien Eigcn- scliaftcn dcs Organismus bcschiiftigen.

Was die enttlcckten morphologischen Storungen anhetrifft, so ist zu sagcn, class dic am meisten charakteristischcn, drc als Idcntifizierungstest dcr hypcrergischen Gelenkentziindungen die- lien ltonnten, am Hcrzen vorgcfundcn wurden. Dahcr wolicn wir

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R E O B 4 C l l T I I N ~ 3 C R A Y D E H H \ I ’ L H I , T l ( . l b C H I ’ 1 l a K E N TZ U R D ( 1 N <.. :)T$)

gcrade diese Alterationen als die lterinzcichnendstcn wcrten. Irn Iierzcn finden wir Storungen verschiedencn Grades, von Verander- ungen altt~rativ-e.usudativeri Charakters o n und bis zu protluktiven, prolipherativen, myokarditisclien Prozessen. Sie aussern sich mit sehr verschicdcner Intensitat und dcr Charakter der histologischen Storungcn la55t sich nur durch Studium des gesamtcn Koniplexes der am Herzen auf Lretenden Erscheinungen bcurteilen. Was an den erwahnten Storungcn aber Imondcrs ch:mkLeristisch ist - sind die in eincm gewisscn Teile dcr Falle nacligewiesenen Knotchcn- gebilde, die perivascular gelagert, au5 hystiozytaren Elementen, lyniphoiden und, stellenweise, aus Plasinazellen hstehen. Iliese Knijtchengebilde treten zu verschiedencn Stadien drr Entwick- lung auf, von dem exsudativ-alterativcn his zuni Stadium dn- Sklerosierung. Alle diese morphologischcn Verandcrungen sind ineist in der odematosen, teils fibrinoidcn (irundsubstanz lokali- siert. Die neben solchen Knot chen gelegenen Musltelbiindel fallen gewbhnlich degenerativen Veranderungen: Homogenisierung der Muskelfasern, stellenweise der fcttigen Irifiltration und Verlust der Strichelung anheim. Iliese Knotchengehilde (Ahb. 1) habcn zwei- fcllos einen spezifischen Charakter, erinnern in vielen Hinsichten an die Knbtchen voii Aschoff, welche im Herzcn h i altutem Rheu- matismus nachgcwiesen wurdcn. Zwar l jss t sich eine solche Ailin- lichkeit nicht immer beweisen; a k i n cs kommt auch vor, das eine Identitat ausser Zweifel steht und uns zu behauptcn gestattet, dass das spezifische pa thologiscli-histologischc Bild hei experi- mentcll erzeugter hyperergischer Gelenliciitzundung derjcnigcn ahnlich ist; die h i dcr rheumatischen Erkrankung des Menschen I)eobachtet wird. 1)iesc Frage muss naturlich noch tiefcr und weitgehender erforscli t werden, der erwahnte timstand Ixi ta tigt ledoch zwcifellos die allcrgischc> Natur dcs eigcntlichcn rheurnati- schcn Vorganges.

]lie LTntersuchung unscres Materials, das fruher (kgenstand ciner Vcroffenlichung uber die Rolle tier konstitutionellcn Fak- toren der Entwicklung der hyperergischen (;clenkentzundung geworden ist, hatte iins gezeigt, dass dic morphologischen Altera- tionen sich in vcrschiedencn Gruppen von Tieren verschieden tlich aussern. So fie1 beispielsweise der Umstand auf, dass Knotclien- gebilde von mesenchymalcin Charakter hesonders deutlich ini Herzen dcrjcnigen Kaninclien auftraten, ‘die gleichzeitig mi t der

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380 U . A I , P E R N , W ’ . B E S L ! G L O W ’ . 5 . ( ~ P U E ~ X TbIhERSTEIN llnd I, .TLITKEWlTb(H

Sensibilisierung einer Behandlung Init Thyroxin unterworfen wurden, wobei eine lokale hyperergische Gelenkentziindung fehlte. Bereits in unserer rrsten Arlwit haben wir darauf hingewiesen, dass Thyroxin die Ausserung der lokalen anaphylaktischen Sym- ptonie coupiert, und dabei gahen wir der Vermutung Ausdruck, das Thyroxin wirke wohl a m ehesten durch jtnderungen im Wasser- haushalt, die es hewirkt. Das morptiologischt~ Rild des Herzcns,

der Nachweis eine Knotchenapparates beweist, dass Thyroxin das klinische durch die ausliisende lnjektion gewohnlich hervorgerufenc Bild c,oupiert ohne den eigentlic.hen rheumatischen Prozess zum Stillstand zu bringen. Die, Sache hat man sich solcherart vorzu- stellen, dass Thyroxin die Herztatigkeit weitgehend beeinflusst, wobei es wahrend der ganzen Periode der Sensibilisierung und der ausliisenden Injektion die Herzaktion verandert, und die Ent- wicklung von deutlich ausgepr~gten degenerativ-reparativen Vor- gangen beschleunigt. Hieraus ergibt skli linter anderem der Schluss, dass ,Thyroxin einen bei weitem nichl unschadlichen Ein- fluss auf den Herzmuskel ausiibt.

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R C O B A C H T U N 1 1 EN \ Y Il E H €1 Y 1' E R E RC; 15C I I C I ( I C I, E Y K E R T L Lf N D 1 \ L :3g 1

Knbtchenformige Geldde im Herzen werden auch hei Kanin- chen stark ausgebildet angetroffen, die durch Infiltrate von aus dem Hachen von Rheumatikern gewonncnen Streptokokken Gnsi- 1)ilisiert worden sintl.

Andererseits hatten Kaninchen, die kunstlichcn Alterationen des Reticuloendothelialsystems (Rlokadc) unterworfen waren und deren Gelenke scharf ausgepragte klinische Verimderungen an den Gelenken in Form von h l e m , Infiltration u. ahnl. aufwiesen, sehr h c hwach a usgeprag l e m or phologisc he Ve ran derungen , die si ch offenbar entweder noch nicht entwickelt hatten oder and und fur 4ch geringfugig waren. Zweifellos entspricht die Ideftigkeit der lokalen Heaktion nich t imrner dem (irade drr sich entwickelnden morphologischcn Veranderungen. Hhcurnatismus wird haupt- sachlich durch morphologische Altera tionen von niesenchymaleni (:harakter gekennzeichnet, lasst sich jedoch keineswegs durch den Grad dcr lokalen anaphylaktischen I3caktion bestimmen; eine wlche Folgerung deckt sich niit derjcnigcn ltiniger Kliniker untl pathologische Anatomc (siehe Talalaew), die meinen, dass Gelenk- altcrationcn an sich den wahren 13Iieumalismus noch keineswegs lwstimmen, d a letzterer auch olinc dirsclhen vcrlauftm kanir.

In tlcr angt~fuhrten 1'al)ellc 4nd aucli t f i c allgernrinm Ergel)- nisse morphologischer Art angegelwn, die a m Hcrzcn i n eincwi Teil ticr Falle und zwar der interessantestcn vorkamcn. diesc Fallc 4ind diejenigen von Kohlrliydratkaninchcu, die dic Hcaktionen ;mi scharfsten crkenncn Iiessrn. Zwei Krcuw lwdcutcn das Vor- handenscin spczifischer Knotehengebilde, rin Kreuz cntspricht CII tzundlichen I<rscheinungen am Myokard im allgerncinen. Wir when also, dass beinahe in allen Fallcn von cineseitigvr Kohle- h y d rate rn ah 1-11 ng, in dc nen die 1 o ka le an a p h y la k t i scli e H ea k t i on gut, ja sogar scliarf au5gepragt war, die morphologischen Storungen meist am Herzen auftrctcn. 1<5 konnen cchtc, bercits geformte, Knotchengehilde sfin, cs kann a l w auch das crstc alterativ-exsuda- tive Stadium der I~notcheti l~ildung vorhandcn sein, und man fand hisweilen auch myokarditischr interstitielle Erscheinungen. Ua- Iwi slimniten die morphologischen Verandcrungen mit den tat- saehlichen klinischen Alterationen und I)iocheniischen Verschie- hungen hestimmter Art tilierein, die, wie wir sehen, eine limschal- tung dcs vegetativen Servensystems wiederspiegcln. IIierbei ist xu I)eachten, (lass klinische Erscheinungen an den (;elenke,

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582 n \ I 1 ' C l t ~ . \ ~ . l ~ I ~ , ~ l J 1 ~ i , O W , ~ . ( . L I ) I N L I I S T b l l l l l l l d I l l l T h E \ V I T 5 C I I

die glc>ich stark ausgepragt sind und unter gleichen Versuchs- verhaltnissen auftreten, ein verscliicdenes morphologisches Bild dern Charakter und dcrn (iradc clcr zu heol)ach tenden Alterationen nach crgelwn konncn Hicr:tus durfcn wir cincn solchen Schluss ziehen: gleichwic lypisclie niorphologischt~ \'erandcrungen am I Icrzen ohnc~ l'orhandensein eincr loltalen hypercrgischen Reaktion nioglich sind, kann auch das (kgcntcil vorkoni~nc~n, d. ti. lieftige lokalv hypcrergischr C;elcnl<rritzundungi~n I)rauchcn niclit von e inun spezifischcn und deutlicli ausgepragten inorphologisel~cn Hildc I)cgleitet zn sein, konnen ahcr Ijloss niit vcrschiedencn Pracli- niinarstadien dessclljen auftreten. 1)a die Hypcrergie der (lelcnlte in allcn 12allen auf gltsichc Wciw liervorgerufen war, so scheint tlicscr 11mstand die Moglichltcit ciner l<ntwicklung eines charaktc- risliclicn (im I'atli(~gcnnetiscl1rn Sinnc) rheumati\chen Prozesses hinzuwcisen, der ohnr deutlicli wahrnchinl~art~ charaktcristiscliv Alteralioncn de5 Hcrzcns us landekonimt und wallrend dessen ('4 virlleiclit zur Aushildung spezifische Knotchengebilde gekom- inen wale, wenn tias T i e r wlangc gelcl)t lialte. Mit andcrcn Worten schcint es uns, class dtsr l~heumat i s inus n tch t nur ohne Gelenk- cntzundung, sontlern auch ohne eines typischen IJildes im Hrrzen Inoglich SCI odei, richtiger gesagt, kann cs dem rheumatischcn I'roztbss an Zcit zui Ausbildung eines spezifischen morphologischen Synclrorns mangeln, desliall) hor t alter doch nicht auf ein rhruma- iiclicr I'rozrss zu scin. LTnsere weiteren Untersuchungen, deren Vcroffentlichung eincni spczirllcn Artikel vorbrhalten ist, gestattcin es divscr pi inzipiell liochst wirhtigen Fragt. nahrrn zu trctcn. I)ic an a n tl f re n Organ en a u f gc t re tc nr 11 Veran der u ng e n u nd Ei n zcl- hcitcn der morphologischen Ilntersucliung unserrs gtnsamtcn Materials sollen dcmnacli4t folgen.

Wir wollen nun auf einen ITnislaiid cingehen, der zur morpho- logischen IJnlcrsuchung de4 hlatcrials in Beziehung steh t . Rei tier Scliilderung des allgemcinen morphologischen Bildes niuss man folgcndc4 1)crucksichtigcn. An4 der Literatur 1st hekannt, welchrr Streit hi4 jctzt ulwr den infektiosen l irsprung des Hlieurnatisnius gefuhrt wird. IJnter den Anhangern der sog. Infcktionsthrorle. der gcgenul)cr die 'Theorie dcr allergisclieri Kealdion des Organismus vorgeruckt wird, giht es solchc, die clcn akuten Rhcuniatismus fur cinc durch einen spczifisclicn Erreger verursachte Erkrankung haltcn (Schottmullcr), wobc.1 tLintgc (F3ulloc11, 'I'homwn, Rcsancon,

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B E O H A C H I ~ ' R C F , Y ~h riFr\ H Y I ' P i i t ' H r . i v , i + i 9 r. h k L h T 7 , L h l l l h( , 383

Weil, Singer, Mcnzer, €'losenow) es fur nioglich halten, dass der Erregvr zu den Strcptokokken zahlt. Seplische Erschcinungen hildcn lwkanntlich Iwinc Seltenlicit, daher die Zusamnicnstellung von Hlieu~iiatisrnus und Sepsis. Ilic Hezicliung zwisclien Sepsis und Rheumnlisnius Init allen srinen Ausserungen wird ganz offen- sivtitlicti und erwiescn, wcnn man n i rh t dic Ilinzclformen der sog. r1icurn:iticlien Krkrankungen untl dcr Scpsis untcrsuchl, sondern tliesclhen in ihren \'crh:iltnissrn zu ciiiander priil't, ihre Tintwick- lung, ihren \'crlauf und Ausgnng keiinen lernt d. h. nicht die Slatik ties Vorgangcs, sondcrn die I )ynainik und K invtik dcsscllwn un ter- w c h t . Heltannllicli wird von den Anhangern rier allcrgischen 'I'heorie des Iihcumatismus die Moglit~hlicit nicht von ticr Hand gewiescn, dnss lwim echten Rheumatismus, als be1 cint,i sekunda- rcn Infcktion, ein Streptokokkus in den Organistnus cindringl.

Material h e t c t cinige Angalwn Iwtreffs der hicr nufgc- worfrncw Fragc. 111 eiiicni g roww Prozcntsatz von 1:allcn dits wir his jctzt rnorphologisch un tc~such t I i a h ~ n (9 ma1 uriter 2.5) \alien wir i n den Nieren, der I,cbc.r, dt.n I.ungen und dcin Herzen 1 Ierdc einer fcinzclligen lnfilti ation. Manchmal zeigtcn dicsc I lcrdc den Charakter kleiner Ahsccsse, die dcullich zutage lagcn, und 2 rnal sahen wir 1x4 I<aninchen, die mit Kohlehydraten er- nghrt warm, cine scharf ausgepragte lobarc I'ntluinonic die offen- I)ar dcs naclisk~n 'Toderursaclie darstclltc.

Wenn man berucksichtigt, dass dic allgcmeinc und die lokalc Allergic in alleri uiiseren Fallen auf dic namliche Wrisc Iirrvorgc- rufen wurde, und dass in ein und denselben Vcrsuchsrcihen neben cinem deutliclien Rildc von Knotchen ini 'Merzen und wahrnehni- harcn scptischcn Mertlcn 111 andcren Organe aucli Falle niit Knot- chenalterationeii allein, ohne feinzellige Infiltration der Organc vorkamcn, so ist nur cin Schluss unvermcidlich, namlich dass da4 Eindringen einer Infektion i n einem gewissen Teil unsercr Fallc cine semidctrc 151scheinunq ist und auf keinen I:all als dic TTrsachc dcr Bildung von I(riotclienalterationen ini Herzen gellcn darf: ofter waren solclir ohnc jegliche Anzeichrn von scptischc Lasioii an den Organen vorhanden.

Eine derartigc Ersclieinung Iwnnten wir nur auf die Weisc tleutvn, dass die lokalr hyperergischc (ielenkcntzilndung eint. Iieaktion auf die Sensibilisierung des Organismus gegcn Eiweiss oticr Toxin ist und fur das F,indringen von lnfektioncn eincn gun-

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384 D . A L P t . H Y , W . B E S I GLOW, S . ( , E \ E \ , %. D I Y E R S T C I h U l l d 1. T1 ThI 'WIT\ ( I i .

stigen Roden hereitet. Ein solcher Standpunkt wird durch die Meinung einer Reihc von Klinikern (Manteufcl) vollkoinmen he- statigt. K s ist nicht uninteressant diesen Umstand mit den] gegen- uberzustellen, was ohen u her nHheumatismus und Sepsis, gesagt wurde und was uberhaupt im Schrifttum u tier die atiologischc Holle der Infektion Iiri der Entstehung des Rheumatismus lie- kannt ist. Ausserdeni sind Knotchengebilde, die auch h i Schar- lach (Fahr), nach I'inspritzung von Streptoc. viridans (Clawson und Bell), nach Einfiihrung VOII Streptokokken im allgemeinen (Westphal, Wassermann, Malkoft) und von Streptokokkenfiltra- Len (Birn, Lang u. and.) auftreten, keineswegs der anatomische Ausdruck cler einen oder anderen Infektion, sondern zeigen den Zustand einer allgemeinrn St~nsi1)ilisierung des Organismus an, und die hyperergisclic Entzundung ist ein Ausdruck desselben.

IV. Delormation und Deslruktion der Gdenke. Hier muss kurz die Crelenkdestruktion erwahnt wcrden, die in einer Reihe un- serer Falle auftrat da eine hypcrergische (iclenkentziindung her- vorgerufen wurde; wir lieurteilen diese Destruktion den1 Rontgen- hilde nach. Sic lasst sich hesoriders nach chronischer, mehrmals hervorgerufener Kntzilndung nachweisen und ist h i ein- oder zweimalig erzielter Iiyperergie im (iegenteil gar nicht zu Iwmerken.

Das hier angefhhrte I<onLgcnogramm S : o 3 a u. b. zeigt die deu tliche Destruktion tler Iwidcn Gelenkcnden mit sklerotischen F:rschcinungen. 1)iesc Alterationen rrinnrrn nach IJrteil eines Orthopaeden (Prof. M. I. Sitenko) an diejenigvn, die beim Menschen yewohnlich wahrcnd des chronischen KheumaLis~nus auftreten.

Ausserdem ist noch der Umstand ZII erwahnen, dass die charak- teristischen sklerotischen Veranderungen der (;elenkenden in gar keinem Verlialtnis zu der I leftigkeit der hyperergischen l<eaktion stehen. So liess tfes Kontgenldd bei starken (ielenkentziindungen, wie sie bci Kaninchen auftreten nach tfem sit wahrend der ganzen Vrrsurlisdaurr vorwiegend mit Kohlehydra tcn gefuttert wurden, trotz des \rorhandenseins einer Schwellung, Infiltrierung und star- ken Exsudation an den Gelenken keinerlei I'eranderungen er- kcnnen. In Fi~llrn aber, da das klinische Bild nur schwach aus- ge1)ildct war, das Experiment aber lange fortdauerte, konntt. man die oben hesrhriebenen Veranderungen und sklerotischen Stbrungen heohachten. Von besonderem Interesse ist drr Urnstand, dass i n einigen unserer Falle, besondcrs hei den ersten Versuchs-

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R E O H 4C11 T U h I, E h 4 Ri D E H H Y PE I( E 1IG I S C H E h (, C 1. I3 h K E "i TZ U Y D U V C . 385

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, 8 1 , )&(j II A L P r H R , H B F \ t ' ( s I , O & , h l . L R E 5 . 7 J ~ I Y F I I \ I O I \ 111111 L I I T h P & . I T S C H

rcihcn, chensolche sklerotischc Lasioncn nicht Iiur an den1 Gelenkc :tuftreten, an dcm die auslose ndcn Injeklionen vorgcnoinmen wurden, sondern auch an symmctrischen Gelenken. Eine dcr- nrtig revonnicrende Iicaktion des symmetrischcn Gclenkes ist a n tleiii IXontgenbild eincs unscrer Fallc zu crkenncn. Manchmal koniilr man rein kliniscli in Fallen wo eine lange Zeit ulwr (.j Mon.) csinc. hyperc~gisclir I'ntndndung hervorgerufen gewcwn war, cine Ikforination dcr Gelenkc a n der Seitcl der Iiijcktioncw und an der tlntgegengesetztcn Seite erkcnnen. Eine derartige Iks l rukt ion tier syniniclrischcn (ielenke hringt, einerseits, uriserc \'crsucIic ini t den bcim hlcnschen vorhandenen Zustandcn naher, und be- Icuchlct aiidcrerseits die I'athogcnese dcs Arthritis deformans. Allc dicsl~ezuglichen l i n tcrsucliungeri mussen jcdoch eincr ein- qcliendcn Analysc untcrzogen werdcn.

V. %rrsurrimcn/rrgsiiiir/ nnri Schlusslolgerungen .- In unserer vor- Iicrgrhenden Mill tteilung zeiglcn wir cine I<eihe von mchr odri minder s lark ausgehildeten Zusnnimenliangen, die zwischen hyperer- gisclien (;elenkcnlzunduIi~eii uncl den konstitutionellen Eigen- schaftcn tlt.5 Organismus hestrlicn. flier haben wir gezcigt, welchc I ~ c ~ k u i u n g vernncIcrLe I h i i Ijrung filr die Kusserung rler hyper- crgischen En tzundung hat , was deni 1)rohlem der Rolle der Ernah- rung heim rlieumatisclicn Prozessc einc cxperimciitelle Basis hchafft und hislang von Klinikcrri nicht heaclitet wurde. Es gi lit csinc Keihc von Rrschcinungcn seitens des gcsamten Organismus uiid der (~c.Ienke, die mi t imnier grosserer Wahrsclieinliclikcit die .<hnlichkeit nacliweiscni die zwisclien dcm I~hcurnatismus im eigent- lichen Sinne uncl der hypercrgischcn Gelenkentzundung hcsteht. Resondeis wertvollq Anhaltspunkte liefert uris i n dieser Hinsicht das niorpliologisclic Rild dcr vorliandcnen Alterationen; dieses Bild ist in vielen Hinsiclitcn zweifclohne mi l den1 pathologisch- liistologischen Rilde des Rheumatismus idcntisch. Es sind somit geniigend Angaben vorhanden, die cs gestattcn von experimentel- lcm Rhcumatismus zu sprechen und uiis die Rolle von cxo- und endogenen Faktoren in scincrn Verlaufc crklnren.

An I iand unsercs gesamten, hitar kurz angefuhrten Materials tl ii r fen wi r na ch s tch ende Sch 1 ii ssv f ormu lie rcn :

1) Von den verschicdcnen Artcn der Nahrung sind es vorwie- p n d die Kolilenhyclratc, dic dic xusscrungen einer lokalen hyperer-

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gischen GelenkentLhndung am wcsentlichs ten sleigern. Diesel- Einfluss der Kolilchydratnalirung zeigt sich Iwsonders dcutlich, wcnn dicselbc w:ihrcnd der ganzen I'eriode der Scnsildisicrung ge- reiclit wird und wcnn die tkgliche Na1irurigsgal)cl m0glichst wenq Stickstoff cntlialt. 1)urch Vorwiegen von slicltstofftialtiger~ Sub- stanzen in c l w Snlirung wird (lie lokalc Rcaktion weitgellend ah- gcschwaclit. I l i n solchcr I'influss der Ilrnatirung aiissert sich i n cntsprccliendcr Wcisc irn niorphologischcn Hildc des Herzcns. I)cr Mangcl an \'itaminen L I ~ L auf die lokalc I'rvnktion wenig Ein- fluss aus.

2) I)ic vcrscliictlenc~ Art init ckr sicli die lokalr. Iiraktlon in dcn vcrschiedcnen Vcrsurlisrrilirn I,c1 gleiclier lirnahrung zu ~~rkcnnci i gah, niuss wohl m i chc>stcn auf die .JahrcszeiL zurdckgt~fuhrl wcrdtvi, i n dic die Untersucliung fiel. I len besten I'ffekt (lor lol\:ilcn Anapliy- laxit* konnte inan i r i i 1-lerl)st und ini Winter heohnclitcn.

3) 1 )ic 1,iochcmisclicn Vtmcliit4)ungen irn Rlule weist~n in cintm Ti~il tlcr \ '~rsuchc cincn I)estimniteren Cliaraktri auf u n d zeugcn voii der liollc. dcr reguliercntlen Systenic (z. I<. des vegetativen Ncrvrnsystcrns) i n den1 Grad(. dcr Lfusserung dcr lokalcn Reak- t ion. Allcin die Geselzmassiglici t dw hiochemischen Vcrschie- I)ungcn ist nicht imincr auf cine heslimintt. W e w ausgcdruckl, Iwwndcrs lwi sehwacher lokalen Heaktion. 1-s untcrlicgt jedocli keincni Zwcifel, das5 die Umschaltung des vegctativcn Nervcn- systems, die in cntsprechenden hioclieniischrn Indice5 drs Blute\ ilircn Ausdruck findct, auch f u r die hyperergische (klenkent- mildung 111 den angestellt.cn \'crsuclien, init vcrschiedentlich~,i I.:rnalirung dcr Tiere, von I3cdcutung ist.

1) IXc morphologischen Altcrationen von vascular-mesen- chymalcn Charakters, die ini Herzen auftretcn, wigen einen recht spezifischen Charakter. Wir finden vcrschiedenc Stadien dei Knotctienhildung und diffuse myokarditisclic Ersclicinungen. Diese Alterationrn gestatten einr Analogir zwisclien der experimcii- tell erzeugtcn liyperergischen (;clenltentziindung und den Kr- 5cheinungen cintls rheuniatisclien I'rozcsscs naclizuweisen.

5) Stelleri wir das Itlinischc Rild dcm morphologischen hioclie- mischen gegenulw, so ddrfen wir auf (irund dcr grossten Teils des hereits untersuchtcn Materials sagen, dabs dic spezifischen, niorphologischen, fur I<liruniatismus ctiarahtcristisclicn Ver- anderungen nicht immer von entsprechend ausgehildetcn klini-

Page 25: Weitere Beobachtungen an der hyperergischen Gelenkentzündung : Zur Pathogenese des akuten Rheumatismus

388 1). A I , P E H \ , W R t S I I I , I O W , \ . l . E U E 5 , L U I & E H 4 T C I \ l l l ld L . T l T h E W I T S C I I .

when (klcnkalterationen begleitet 7u sein brauchen. Bedeutende hyperergische Erscheinungen scitens der Gelenke konnen ehenfalls morpliologische Alterationen von versrhiedener Intensitat im Herzen zeitigen konnen. In Anhetracht der Einfiirmigkeit unseres Verfahrens zur Erzeugung der Hyperergien, ist anzunehmen, dass der Crud der rrsbrldung der lokalen Heakiion dus morphologische Hild noch nichl beriimmi, rind dass crurh das Gegenieil nichi :!I-

i r i f f t . Hieraus ergitjt sich der Schluss, dass das klinische Hild der hyperergischen Kntziindung clwnso wie die morphologischen Al- terationen von vascular-mcsc~ncli~inalcrn Cliaraktcr, als spezi- fisch gelten mussen.

6) Herde von fcinzelliger Infiltration wui den i n den ineisten unstwr Falle an verschiedencn Organen nachgewiesen. 1 h 5 heweist, dass z. I). eine Infektion von septischrn Charakter zu dern allergischen Zustand des Organismus tretcn kann, wobei sie in dt~msel1)en cinen gunstigen Boden fur ihre I<ntwicklung vorfindet. Offenlmr ist die Sepsis h i Hhruiriatismus ehenfalls ein secundares Momen t tles ganzen klinischen und pathologisch-anatoinisclien Bildes des rheumatischen Prozesses und darf Ferneswegs als ein spezifischer pathogcner Faktor der h t w i c k l u n g des Ilheumatismus gelten.

7) Indem lokale hyperergische Entzundungen chronisch hcr- vorgerufen werden, gelingt es eine Sklcrosierung der Gelenkenden und cine lkformation dcr (;elenkc zu erzielen. Hisweilen lassen sicli diese Erscheinungcn auch a n symmetrischen Gelenlien nach- weiscn. 13iese Tatsarhe hringt die experimentell h d i n g t e Gelenb- hypcrergic dcin rhtlumatischcn l'roz(~ss noch naher.

8) huf Grund unseres gesamten Materials diirfcn wir die t'x- pcrimentcll crzielte hypt~rcrgische Gelenkentzhndung I)ei einem wnsibilisiertcn Tiere den \'c.rlial tnisscn gegcnufwrstellen, die heim I3heumatisnius des Mcnschen o1)walten. Hei einrr derartigen Gegen- uberstellung durfen wir folgcrn, (lass I)ei der Ilntstchung und im Yerlaufe des rhcumatisclicn Prozesses der allergische Zustand dcs Organismus von spezifidicr pathogcnctischer Redcutung ist. I)ieser Urnstand schliesst keineswcgs den l+:influss von infektiosvn hgentien und l'oxinen heim Itlieumatismus au9, letztcrc sind atwr fur die Atiologit. dieser 1:rkranltung nicht strcng spezifisch, \oil-

dcrn haben die Hedeutung von Allergenen, qkich vcrschicdcn- artigen F:iweisssul)slanzcn.