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Werte, Glaube, Kirche Ein kurzer analytischer Blick in die aktuellen Jugendstudien Ute Sparschuh, April 2016 Vorab: Von wem und was reden wir Die SHELL-Jugendstudie 2015 1 (Daten erhoben Frühjahr 2015, im Folgenden „SHELL-Studie“) betrachtet repräsentativ alle 12-25-Jährigen in Deutschland und wertet die Daten z.T. differenziert nach Geschlecht, Schulform, Ost-West aus. Die „V. KMU der EKD“ 2 (Erhebungszeitraum Ende 2012, im Folgenden „V. KMU“) nimmt die Altersgruppen der 14- 21- und 22-29-Jährigen nur ab und zu getrennt in den Blick, speziell evangelische Kirchenmitglieder, Konfessionslose sozusagen als Kontrollgruppe und wertet ebenfalls oft Ost und West getrennt aus. Die aktuelle Konfirmanden-Studie 3 (im Folgenden „Konfi- Studie“) befragte Konfirmanden zu Beginn und Ende ihrer Konfirmandenzeit 2012 und 2013, die Ergebnisse einer dritten Befragung zwei Jahre nach der Konfirmandenzeit werden im Herbst veröffentlicht. Logischerweise geht es hier ausschließlich um 12-14-Jährige sowie (dann eigens angegeben) die oft nur geringfügig älteren ehrenamtlichen jugendlichen Mitarbeitenden, sog. „Konfihelfer“, sowie um evangelisch Getaufte. Im Folgenden werden hier speziell die Ergebnisse aus der Ev. Kirche im Rheinland berücksichtigt. Der Aussagewert der Daten ist also unterschiedlich aktuell, da wir bei Kindern und Jugendlichen davon ausgehen dürfen, dass heutige 15-Jährige sich von vor vier Jahren 15- Jährigen unterscheiden – sie wurden bereits wieder in anderen Zeiten vom Kind zum Jugendlichen! Aus der SHELL-Jugendstudie und der V. KMU werden hier falls möglich nur die Ergebnisse „West“ verwendet 4 . „Wichtiger/weniger wichtig geworden“ oder „mehr/weniger“ beziehen sich in der SHELL-Jugendstudie in der Regel auf den Vergleich mit den Daten von 2010. Soziodemografische Daten: Laut SHELL-Studie gehören unter den 12-25-Jährigen 11% der untersten und 13% der obersten Schicht an, dazwischen sind sie relativ gleich verteilt auf untere Mittelschicht, Mittelschicht, obere Mittelschicht; rund 60% der Schüler (12-21) streben Abitur/Fachabitur an(in der Tabelle Gymnasium und der Großteil „integrierte Schulform“). 27% der Jugendlichen haben Migrationshintergrund. Zum Vergleich die KonfirmandInnen in der Konfi-Studie: Hierunter befinden sich 16% mit Migrationshintergrund, 60% Gymnasiasten bzw. sonstige Oberstufe (vgl. SHELL-Studie Tab. 2.1. S. 50, 2.8. S.67). 1 Albert M., Hurrelmann K., Quenzel G., Jugend 2015, Frankfurt/M 2015 2 Engagement und Indifferenz, V. Erhebung der EKD über Kirchenmitgliedschaft, Hannover 2014 3 Schweizer F. et al., Konfirmandenarbeit im Wandel, Perspektiven aus der zweiten bundesweiten Studie; Gütersloh 2015, Daten Frühjahr 2015 . 4 Da gerade die altersdifferenzierten Ergebnisse aus der V. KMU nur spärlich veröffentlicht sind, wird hier auf Vorträge der federführend beteiligten Wissenschaftler Prof. D. G. Pickel und Prof. Dr. G. Wegener im November 2015 in Hannover zurückgegriffen und deren gezeigte Daten dargestellt, ebenso bei der SHELL-Jugendstudie: differenziertere Daten aus einem Vortrag von Prof. Quenzel im Dezember 2015 in Hannover werden entsprechend ausgewiesen. Ein Dank an die aej (Bund) und die Wissenschaftler, dass sie diese differenzierteren Einblicke ermöglichen!

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Page 1: Werte, Glaube, Kirche · 2015 in Hannover zurückgegriffen und deren gezeigte Daten dargestellt, ebenso bei der SHELL-Jugendstudie: differenziertere Daten aus einem Vortrag von Prof

Werte, Glaube, Kirche Ein kurzer analytischer Blick in die aktuellen Jugendstudien Ute Sparschuh, April 2016 Vorab: Von wem und was reden wir Die SHELL-Jugendstudie 20151 (Daten erhoben Frühjahr 2015, im Folgenden „SHELL-Studie“) betrachtet repräsentativ alle 12-25-Jährigen in Deutschland und wertet die Daten z.T. differenziert nach Geschlecht, Schulform, Ost-West aus. Die „V. KMU der EKD“2 (Erhebungszeitraum Ende 2012, im Folgenden „V. KMU“) nimmt die Altersgruppen der 14-21- und 22-29-Jährigen nur ab und zu getrennt in den Blick, speziell evangelische Kirchenmitglieder, Konfessionslose sozusagen als Kontrollgruppe und wertet ebenfalls oft Ost und West getrennt aus. Die aktuelle Konfirmanden-Studie3 (im Folgenden „Konfi-Studie“) befragte Konfirmanden zu Beginn und Ende ihrer Konfirmandenzeit 2012 und 2013, die Ergebnisse einer dritten Befragung zwei Jahre nach der Konfirmandenzeit werden im Herbst veröffentlicht. Logischerweise geht es hier ausschließlich um 12-14-Jährige sowie (dann eigens angegeben) die oft nur geringfügig älteren ehrenamtlichen jugendlichen Mitarbeitenden, sog. „Konfihelfer“, sowie um evangelisch Getaufte. Im Folgenden werden hier speziell die Ergebnisse aus der Ev. Kirche im Rheinland berücksichtigt. Der Aussagewert der Daten ist also unterschiedlich aktuell, da wir bei Kindern und Jugendlichen davon ausgehen dürfen, dass heutige 15-Jährige sich von vor vier Jahren 15-Jährigen unterscheiden – sie wurden bereits wieder in anderen Zeiten vom Kind zum Jugendlichen! Aus der SHELL-Jugendstudie und der V. KMU werden hier falls möglich nur die Ergebnisse „West“ verwendet4. „Wichtiger/weniger wichtig geworden“ oder „mehr/weniger“ beziehen sich in der SHELL-Jugendstudie in der Regel auf den Vergleich mit den Daten von 2010. Soziodemografische Daten: Laut SHELL-Studie gehören unter den 12-25-Jährigen 11% der untersten und 13% der obersten Schicht an, dazwischen sind sie relativ gleich verteilt auf untere Mittelschicht, Mittelschicht, obere Mittelschicht; rund 60% der Schüler (12-21) streben Abitur/Fachabitur an(in der Tabelle Gymnasium und der Großteil „integrierte Schulform“). 27% der Jugendlichen haben Migrationshintergrund. Zum Vergleich die KonfirmandInnen in der Konfi-Studie: Hierunter befinden sich 16% mit Migrationshintergrund, 60% Gymnasiasten bzw. sonstige Oberstufe (vgl. SHELL-Studie Tab. 2.1. S. 50, 2.8. S.67).

1 Albert M., Hurrelmann K., Quenzel G., Jugend 2015, Frankfurt/M 2015 2 Engagement und Indifferenz, V. Erhebung der EKD über Kirchenmitgliedschaft, Hannover 2014 3 Schweizer F. et al., Konfirmandenarbeit im Wandel, Perspektiven aus der zweiten bundesweiten Studie; Gütersloh 2015, Daten Frühjahr 2015 . 4 Da gerade die altersdifferenzierten Ergebnisse aus der V. KMU nur spärlich veröffentlicht sind, wird hier auf Vorträge der federführend beteiligten Wissenschaftler Prof. D. G. Pickel und Prof. Dr. G. Wegener im November 2015 in Hannover zurückgegriffen und deren gezeigte Daten dargestellt, ebenso bei der SHELL-Jugendstudie: differenziertere Daten aus einem Vortrag von Prof. Quenzel im Dezember 2015 in Hannover werden entsprechend ausgewiesen. Ein Dank an die aej (Bund) und die Wissenschaftler, dass sie diese differenzierteren Einblicke ermöglichen!

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SHELL-Studie S.67

1. Werte: Gute Gemeinschaft und Beziehungen In der üblichen SHELL-Werte-Skala stehen weiterhin unter den Favoriten ganz vorne: Freunde-Partner-Familie (das finden über 90% „sehr wichtig“, zusammen mit denen, die das „wichtig“ finden fast 100%!). Es folgen individuelle Werte wie Eigenverantwortung, Unabhängigkeit, aber auch Fleiß/Ehrgeiz, Gesetz und Ordnung respektieren, Sicherheit… Das Gemeinschafts- und Beziehungsbedürfnis ist also ungebrochen, wenn auch der Partner, dem man vertrauen kann und das gute Familienleben etwas weniger wichtig wurden gegenüber 2010. Auch der Wunsch nach eigener Familie und Kindern ging leicht zurück, allerdings ist dies ein männliches Phänomen, bei jungen Frauen ist die Zustimmung zur Wichtigkeit eigener Kinder gestiegen (vgl. SHELL-Studie Abb.61, 2010/15-Vergleich S. 239; 92% - das ist ein Höchststand! - verstehen sich gut/sehr gut mit der Familie, 74% - ebenfalls Höchststand - wollen ihre Kinder genauso erziehen, aber immer weniger halten Kinder für nötig fürs Lebensglück). Konservative Knöpfe? Deutlichere Veränderungen finden sich im sog. „mittleren“ Wertebereich (Zustimmung von jeweils rund der Hälfte bis zwei Drittel der Befragten). Wichtiger wurden „ideelle“ Werte wie umweltbewusstes Verhalten, Hilfe für sozial Schwache und Randgruppen, unwichtiger materielle (außer hoher Lebensstandard) wie Macht und Einfluss –gebrochen allerdings durch den Anstieg der Zustimmung bei „eigene Bedürfnisse gegenüber anderen durchsetzen“. Im unteren Bereich (50 und unter 50% finden wichtig/sehr wichtig) steht, leicht gesunken, der „Gottesglaube“ noch ganz gut da (33% sehr wichtig, 17 % wichtig), auffällig gestiegen ist das politische Engagement als Wertorientierung. Leichte Anstiege sind auch bei „Stolz sein auf die deutsche Geschichte“ und „Am Althergebrachten festhalten“ deutlich. Eine konservative Wende ist das sicher nicht, denn mit „Althergebrachtem“ verbinden Jahrgänge ab 1990 sicher nicht den röhrenden Hirschen im Wohnzimmer und „wer über den Rand schreibt, übertritt auch die Gesetze“, sondern Werte ihrer Eltern und Großeltern, die in der Regel Nach-68ger-Werte und –Stile leben. Und an deutscher Geschichte ist eher 1989 und die als positiv empfundene Rolle Deutschlands in der Welt und Europa präsent als der Nationalsozialismus und der preußische Obrigkeitsstaat (Vgl. SHELL-Studie Abb. 6.3., S. 243, hier ein selbstgebastelter Auszug).

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2. Engagement und Politik In der Theorie… Sozialer Einsatz, Engagement für die Umwelt, politisches Interesse und Engagement sind also wichtiger geworden. Ebenso ist die Bedeutung von Anerkennung und Respekt vor der Vielfalt der Menschen sehr hoch (vgl. SHELL-Studie Abb.6.6. S. 249). Die Zustimmung zur Aussage, es zögen zu viele Ausländer zu, ist hingegen im gleichen Maße gesunken wie umgekehrt die Zustimmung dazu, dass das o.k. ist (ebda. Abb.4.11. S. 186 und Abb. 4.10. S. 184). Dennoch fällt das sog. „politische“ Engagement gegenüber sozialem/Umwelt-Engagement erheblich ab und die Parteien tendieren in der Wertschätzung noch unter den Kirchen ins Unsichtbare. Dieser Widerspruch ist ein deutlicher Hinweis, dass der Politikbegriff von Forschern und Beforschten nicht identisch ist -für Jugendliche (und auch Erwachsene) ist soziales und Umwelt-Engagement eben politischer als eine Partei-Mitgliedschaft (vgl. SHELL-Studie Abb.6.5. S. 247)! … und in der Praxis Die Erfassung des tatsächlichen (nicht nur für wichtig befundenen) Engagements ist auch deshalb schwierig, weil, der Vergleichbarkeit mit den Vorstudien geschuldet, in den Fragen die heutige Vielfalt jugendlichen Engagements (Themen, Orte, Medien, Formen …) nicht wirklich abgebildet wird. Wenn Jugendliche z.B. systematisch Blogs betreiben, in denen sie Gleichaltrige vor bestimmten Downloads wegen Viren und Abzocke warnen, wenn sie als Youtuber Missstände anprangern, Raps und Slams dazu ins Netz stellen oder die Hamster-Schutz-whats app – Gruppe betreiben, wird dies von Erwachsenen (und Jugendforschern) gar nicht wahrgenommen! Und statt der Demo gibt es die Choreo oder den Flashmob, statt des Transparents ein (T-Shirt oder Tattoo)- Statement…(siehe Kasten). Beispiele für „traditionelles“ wahrgenommenes Engagement Jugendlicher: Musik-Ensemble, Chor, Eine-Welt-Initiative, Tierschutzverein, Tanz-Club, Fukushima-Initiative, Jugend forscht, Jugend musiziert, Sportverein, Jugendgruppe, Altersheim, Kindergruppe, Schülerzeitung, Bambini-Trainer, Klassensprecherin, Kindergottesdiensthelferin…

69 37

14 59

58 23

36 29

21

69 33

20 66

60 32 33

31 25

HOHER LEBENSSTANDARD MACHT UND EINFLUSS

DAS TUN, WAS ANDERE AUCH TUN UNTER ALLEN UMSTÄNDEN UMWELTBEWUSST

SOZIAL BENACHTEILIGTEN / RANDGRUPPEN … SICH POLITISCH ENGAGIEREN

AN GOTT GLAUBEN STOLZ SEIN AUF DIE DEUTSCHE GESCHICHTE

AM ALTHERGEBRACHTEN FESTHALTEN

Wertorientierungen in Bewegung

2015… 2010…

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Weniger wahrgenommen: Aktiver Vereins-Fußballspieler, Kritischer Konsum (egal ob gegen Zucker, Sonnenstudios, Cola, Medien…), eigene Band, DJ, Initiative gegen Tierversuche, Manga und Anime-Fan (mit Kostüm-Events etc.), Streetdance, Knits for Nature… Fast gar nicht wahrgenommen: Blogger über Mode, Styling, Politik, veganes Essen, Apps-Tipps, Vlogger, Youtuber, Snapchatter, Videodays (Youtube-Treffen), Comedy-Fan, Gaming-Apps, Trojaner-Warner (in Spionage-Puppen, Spielen, Programmen), Emojis, NETT-Working, Stadion-Aktionen als Fußball-Fan, erlaubte Graffitis, Streetart, Parcouring.. Rund zwei Drittel der Jugendlichen geben in der SHELL-Studie an, für andere engagiert zu sein (34% oft, 38% gelegentlich, macht zusammen 72%). Der Zunahme von Zeitdruck in Schule und Studium geschuldet ist das zwar ein ganz leichter Rückgang gegenüber 2010 (vgl. Abb.4.14 S. 193), dennoch immer noch erstaunlich hoch. Der beobachtete leichte Rückgang (außer beim Engagement für Umwelt- und Tierschutz, Zusammenleben mit Migranten und sozialen und politischen Veränderungen) spiegelt sich in den einzelnen Aktivitätenbereichen wieder (nächste Seite). (Zusammengestellt nach Recherche jugendtypische Internetseiten wie z.B. der BRAVO von U.S.) Neue Orte des Engagements Die abgefragten „klassischen“ Orte jugendlichen Engagements sind in Rangfolge: die Vereine (wenn auch mit relativ starkem Rückgang), Schule/Hochschule, Projektgruppen, Kirchengemeinden, Jugendorganisationen… ganz unten stehen Gewerkschaft, Bürgerinitiativen und Parteien– ein klares Out. In den differenzierteren Tabellen ist sichtbar, dass die Rückgänge speziell in den Altersgruppen 12-14 und 15-17 stattfinden, ab 18 gibt es wieder einen Anstieg, was eindeutig auf Zeitmisere durch Ausdehnung des Schultags deutet (vgl. SHELL-Studie Abb.4.15, S. 196). Nicht erfasst ist dabei, dass über die Hälfte der Jugendlichen auch in der SHELL-Studie angaben, sich an Aktivitäten wie Online-Petitionen, Boykotten, Demos etc. beteiligt zu haben. Kirchliche Jugendarbeit In der Annahme, dass es sich mindestens bei den 9% in Jugendorganisationen Engagierten und ggf. auch bei den 15% in Projektgruppen Engagierten zum Teil ebenfalls um konfessionelle Gruppen/Einrichtungen handelt, steht die kirchliche Jugendarbeit mit 12% als Ort des Engagements ganz gut da. Dies bestätigt die Konfirmanden-Studie erst Recht für die evangelischen Jugendlichen. Während der Konfirmandenzeit steigt die Engagement-Bereitschaft in der Kirche von 21 bis 27% auf 33%, die zu Engagement überhaupt auf 49% (vgl. Konfi-Studie rheinischer Teil B12). Die ehrenamtlichen jugendlichen Mitarbeitenden der Konfirmandenarbeit sind zu 84% auch sonst in der Jugendarbeit der Gemeinde aktiv bzw. haben zu 76% im Alter ab 10 Jahren Erfahrungen als Gruppenteilnehmende in der Ev. Jugendarbeit (Konfi-Studie B 26). Wichtigstes Motiv dabei: Gemeinschaft mit 99% Zustimmung. Die V. KMU zeigt auch für die wesentlich breitere Altersgruppe der 14-29-jährigen Evangelischen (West): 13% sind aktiv, 6 % passiv an einer Gruppe beteiligt, in anderen Vereinen incl. Sport sind 18% aktiv, 5% passiv. In kirchlichen Gruppen aktiv sind dabei vor allem SchülerInnen und Studierende, Azubis sind aber gleich hoch wie SchülerInnen bei sonstigen Vereinen aktiv.

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Abb. 4.14, SHELL-Studie S.194

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V. KMU, Vortrag von Prof. Wegener November 2015 Hannover

3. Glaube Glaube als Wertorientierung Unter „Werten“ steht der „Gottesglaube“ (also seine Wichtigkeit für die Lebensführung, nicht der persönliche Glaube) noch ganz gut da, wenn auch leicht sinkend: Er ist 33% sehr wichtig, 17 % wichtig. Nach Konfessionen: Noch 53% der evangelischen Jugendlichen finden ihn wichtig oder einigermaßen wichtig („teils-teils“), 58% der katholischen und 83% der „Anderen“ (vgl. SHELL-Studie Abb. 6.10 S. 251 nach Konfessionen und Zeitreihe. Die „Anderen“ sind z.B. Islam, orthodoxe Kirchen). Die katholischen Jugendlichen haben in den letzten Jahren etwas mehr den Glauben verloren als die evangelischen (lt. SHELL-Forschern Nachholeffekt), bei den „Anderen“ hat sich die Bedeutung geringfügig von „sehr wichtig“ zu „teils-teils“ verschoben Dabei darf man davon ausgehen, dass im Westen noch ca. 2/3 aller Jugendlichen zwischen 12 und 25 evangelisch oder katholisch sind, das letzte Drittel teilt sich in konfessionslos und vor allem muslimisch (vgl. SHELL-Studie S. 253, 256). Im Gebiet der Ev. Kirche im Rheinland allerdings sind insgesamt nur gute 20% der Wohnbevölkerung evangelisch, unter den unter 25-Jährigen sicher noch weniger. Gläubigkeit Inhaltlich, also was das Verhältnis zu Gott selbst anbetrifft, wird nach wie vor mit den der SHELL-Studie (und auch anderen) eigenen Kriterien „gemessen“ und sozusagen ein Stufenglaube konstruiert: Glaube an einen persönlichen Gott (alle Jugendliche: 26%), an eine überirdische Macht (21%), ich weiß nicht was ich glauben soll (24%) und ich glaube nicht, dass es Gott oder überirdische Macht gibt (27%). Die überhaupt Gläubigen sind also nun mit 47% (persönlich und überirdische Macht) in der Minderheit. De Konfirmanden-Studie zeigt eine ähnliche Verteilung hinsichtlich der evangelischen Jugendlichen, schlägt natürlich aber nicht die Zweifler wie die SHELL-Studie eher den „Ungläubigen“ zu, denn Zweifel gehört zum Protestantismus. Dabei bestätigt die Shell-Studie einen schon bekannten Trend: Im Unterschied zu muslimischen Jugendlichen und „anderen Christen“ sind die katholischen und evangelischen Jugendlichen nach diesem Maßstab relativ „ungläubig“, vor allem die evangelischen. Die Abbildung zeigt diese Glaubensintensität nach Konfession, aber kumuliert über 2002-2015 und kann somit nur einen Trend anzeigen:

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Abb.6.13 Shell-Studie S.254. Zum Vergleich: Die V. KMU ermittelt unter 14-29-jährigen Evangelischen bei 41% Glauben an Persönlichen Gott, bei 32% an höheres Wesen, 15% weiß nicht, 12% „glaube nichts“, also „gäubigere“ evangelische junge Menschen! (Zahlen aus Vortrag Prof. Pickel zur V. KMU). Abwärtstrend Das sind eigentlich hohe Zahlen –immerhin wären somit 73% der evangelischen 14-29-Jährigen nach eigener Einschätzung gläubig. Wichtiger aber ist, dass die V. KMU im Generationenvergleich hier besonders deutlich einen kontinuierlichen Abbruch zeigt, ebenso wie bei der Selbsteinschätzung „ ich bin ein religiöser Mensch“: Das bejahen 42% der 14-21-Jährigen befragten ev. Jugendlichen, der Durchschnitt aller (Alter 14-85+) liegt bei 66% (Vortrag Prof. Pickel V. KMU). Nicht anders sieht es bei den Fragen nach Vertrauen in die Kirche, Kirchenverbundenheit, Wissen über Christentum, Bibelwissen, subjektive Religiosität, eigene religiöse Sozialisation und die Absicht, eigene Kinder einst religiös zu erziehen aus und auch bei den üblichen Fragen nach religiöser Praxis (Gottesdienstbesuch etc.):

Zusammenstellung nach einzelnen Abbildungen Wegener-Vortrag zur V. KMU Die Abwärtstreppe bei jedem Statement von rechts (über 66-Jährige) nach links (14-21-Jährige, die ganz rechte gelbe Säule zeigt den Durchschnitt aller Altersgruppen) ist

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augenfällig. Den Religionssoziologen und Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, G. Wegener, veranlassen diese Befunde zum kritischen Urteil über die Jungen: „Ihre Kirchenmitgliedschaft ist Tradition und Konvention geschuldet. Sie haben keine religiösen Gefühle oder Erfahrungen, sind religiös nicht auf der Suche, kommunizieren nicht über Religion oder den Sinn des Lebens“. (Wegner Vortrag zur V. KMU). Religiöse Themen Jugendlicher Aber „religiös“, was ist das? Annäherung könnten die Befragungen zu “Religiöse Themen in der Kommunikation“ in der V. KMU sein. Für 14-29-Jährige (West) haben dabei nur Relevanz als religiöses Thema (hier über 40% Zustimmung) „Anfang/Ende der Welt“; für über 30% immerhin noch „Tod“ und „Sinn des Lebens“, und für 31% „Sterbehilfe“. Abgehängt weit darunter liegen Themen wie Gerechtigkeit etc., Schuld, Recht auf Leben. Das ist wichtig, denn die Jugendstudien zeigen ja, dass diese Dinge den Jugendlichen durchaus wichtig sind – aber es sind eben keine „religiösen Themen“ für sie! Man kann auch sagen: Allgemeine ethische gesellschaftliche Fragen wie Gerechtigkeit, Frieden, Umwelt im Sinn von Schöpfung oder auch Schuld sind für sie aus Kirche und Religion ausgewandert. Nicht nur, dass diese Themen von der KiTa über Schule und Netzwerke allgegenwärtig sind – es hat sich wohl durchgesetzt, dass man nicht zwingend religiös sein muss, um ein anständiger Mensch zu sein. Interessant wären hier freie Antworten gewesen!

Vortrag Wegener V. KMU Religiöse Praxis, religiöse Sozialisation: Immer weniger Jugendliche halten ihr Elternhaus für religiös (27%), entsprechend sinkt die sog. religiöse Praxis – z.B.: Beten- auf nunmehr 15% der evangelischen und 20% der katholischen Jugendlichen (gefragt war nach „regelmäßig“ = einmal im Monat!) gegenüber 46% der „sonstigen“ Konfessionalität (muslimisch, orthodox; vgl. SHELL-Studie S. 256 f). Laut

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V. KMU finden wir auch hier die deutliche Abwärtstreppe nach Altersgruppen, beim Beten ebenso wie beim Gottesdienstbesuch, religiösem Wissen, Bibelkenntnis… 5 In der SHELL-Studie geben insgesamt nur 27% aller 12-25-Jährigen an, aus einem sehr oder überhaupt religiösen Elternhaus zu kommen (SHELL-Studie S. 257). In der V. KMU bejahen von den evangelischen (West) 14-21-jährigen 49%, den 22-29-Jährigen 58%, religiös erzogen worden zu sein. Und auch hier findet sich wieder die Treppe: kontinuierlicher Anstieg in 10%-Schritten von ab 30-Jährigen bis über-85-Jährigen, ebenso bei der Einschätzung der Wichtigkeit, Kinder religiös zu erziehen (vgl. Vortrag Pickel V. KMU). Evangelisch zu sein heißt also nur bei rund der Hälfte der evangelischen Familien, dass Religiosität im Familienleben eine Rolle spielt. Interessant dazu sind die Ergebnisse der Konfirmanden-Studie: Ca. 50% der Konfirmanden waren vorher in Aktivitäten der Ev. Jugendarbeit verwickelt, aber 63% geben an, aus einem „weniger“, 14% „gar nicht“ religiösen Elternhaus zu kommen (Konfi-Studie rheinischer Teil B9). Ein wenig/gar nicht religiöses Elternhaus heißt also nicht, dass Kinder nicht zu kirchlichen Angeboten und Engagements ermuntert werden! Offensichtlich trennen die Eltern auch zwischen eigener Religiosität und „gesellschaftlichem“ Raum der Kirche (in diesem Fall für Kinder und Jugendliche). Konsequenterweise erwarten sich von der Konfirmandenzeit 98% der Konfirmanden Spaß, aber nur 41% Klärung in Glaubensfragen (Konfi-Studie B9). Religiöse Sozialisation wandert tendenziell aus der Familie aus Umso interessanter ist die Frage, wo religiöse Sozialisation heute stattfindet. Die V. KMU fragt nach dem Einfluss verschiedener Sozialisationsagenten -Oma, Opa, Mutter, Vater, kirchliche Mitarbeitende, Freunde, Religionsunterricht.

Vortrag Wegener V. KMU Ganz vorne liegen immer noch Eltern und Großeltern, dann kommen schon die kirchlichen Mitarbeitenden (Jugendmitarbeitende, Pfarrerinnen/Pfarrer, Ehrenamtliche meist

5 Das heißt nicht, dass z.B. beten für Jugendliche unwichtig ist –sie tun es vielleicht aber –ähnlich dem politischen Engagement- ganz anders als abgefragt wird (Frequenz). Siehe z.B. Aufbau und Nutzung der „Gedenkorte“ mit Kerzen, Teddies etc., wo ein Kind verunglückt ist –gibt es übrigens auch virtuell häufig!

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jugendliche Kindergottesdiensthelfer, Freizeit-Teamer etc.…) und auffällig ist trotz der vergleichsweise hohen zeitlichen, kontinuierlichen und systematischen Begleitung von Kindern und Jugendlichen das schlechte Abschneiden des Religionsunterrichts, ja sein sogar hoher negativer Einfluss! (Folie aus Pickel-Vortrag V. KMU). Angesichts des schwindenden Einflusses der Familie –hier ist alleine aufgrund der Ausdehnung der Zeiten, die Kinder und Jugendliche außerhalb der Familie in Institutionen wie KiTa und Schule und damit in anderen Bezugsgruppen verbringen ein weiterer Schwund vorprogrammiert- stellt sich die Frage, wer nun den schwindenden familiären Sozialisationseffekt kompensieren könnte. Die vorliegenden Daten deuten auf kirchliche außerschulische Angebote mit Bezugspersonen für Kinder und Jugendliche, denn institutionelle Angebote (Religionsunterricht!) schneiden ja auch nicht gut ab!

4. Konfessionaliät und Kirche So auffällig wie der Widerspruch zwischen Religiosität (auch der Eltern) und Teilnahme an kirchlichen Angeboten in der Konfirmandenstudie ist in der SHELL-Studie der Widerspruch zwischen relativ hohem Grad christlicher Konfessionalität mit ca. je einem Drittel aller Jugendlichen und den immer weniger zustimmenden Aussagen zu Glauben, Bedeutung des Glaubens für Lebensführung und besonders religiöser Praxis. Damit bestätigt die SHELL-Studie für Gesamtheit der Jugendlichen, was die V. KMU für die evangelischen (s.o.) feststellt: Platt gesagt: Kirche eher noch ja, Glaube eher nein. Das ist allerdings keine Zukunftsprognose: Die Konfessionslosigkeit liegt bei den 30-60-Jährigen höher als bei den 18-29-Jährigen, Kirchenaustritte finden eher bei ab 30-Jährigen statt.

Vortrag Pickel V. KMU Als Gründe für die Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche finden wir bei 14-21-Jährigen (Prioritätenliste): Eltern -gehört sich so - Arme/Kranke – kirchliche Bestattung. Ethische Werte und - ganz am Ende und nicht sehr relevant- der Grund „bin religiös“ mit 3,6 bzw. 3,5 von 7 auf der Zustimmungsskala liegen unterhalb eines qualifizierten Durchschnitts, also sind wenig relevant.

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Vortrag Pickel V. KMU Das bestätigt zumindest für die jüngere Altersgruppe die o.g. Interpretation: Es sind gesellschaftliche, gesellige, soziale, Gemeinschaftsgründe ausschlaggebend für Kirchenmitgliedschaft, nicht „religiöse“. Dabei ist natürlich zu vermuten, dass Jugendliche bei der Frage nach ihrer Religiosität eher ihre nicht oder wenig vorhandene religiöse Praxis im Kopf haben. Auch kommt die Kirche wieder wesentlich besser weg als der Glaube: Immer noch finden 67% der Jugendlichen es gut, dass es die Kirche gibt (2010: 69%), aber immer noch meinen auch fast ebenso viele (64%) , sie müsse sich ändern, wenn sie eine Zukunft haben will und 57 % bestätigen, dass die Kirche keine Antworten auf ihre Fragen hat (SHELL-Studie Abb.6.16, S. 259). Kirche ist also wichtig als gesellschaftliche Institution, als zivilgesellschaftliche Institution, aber nicht persönlich. Das bestätigt auch die V. KMU, besonders aber ein weiterer Befund der SHELL-Studie: Auch 42 % der konfessionslosen Jugendlichen finden es gut, dass es die Kirche gibt! Man sollte sich an dieser Stelle erinnern, dass beim Engagement Jugendlicher (s.o.) ebenfalls kirchliche Einrichtungen und Gemeinden eine relativ hohe Bedeutung haben- und Engagement Jugendlicher ist bekanntlich nach wie vor mit Spaß und Gemeinschaft eng verbunden. Auch in der Konfirmandenstudie liegt die positive Sicht der Kirche mit 75% höher als die positive Sicht des christlichen Glaubens (62% bzw. 68%, Konfi-Studie B6), und überdurchschnittlich hoch stimmen die Konfirmanden der EKiR der Aussage zu, die Kirche tue Gutes (Konfi-Studie B7). Ähnlich die V. KMU: Die 14-21-jährigen Mitglieder der ev. Kirche (West) vertrauen dieser zu 67%, „verbunden“ fühlen sich ihr aber nur 22 % von ihnen. Also Vertrauen ja, verbunden nein (wobei allerdings auch das „Vertrauen“ insgesamt die in der KMU schon fast obligatorische Alterstreppe zeigt, trotz der relativ hohen Zustimmung auch noch unter den Jüngeren). Die abgefragten potentiellen Austrittsgründe in der V. KMU bestätigen diesen Trend. Während bei Älteren eher „Unglaubwürdigkeit“, Ärger über den Pfarrer, natürlich die Kirchensteuer, aber auch kirchliche Stellungnahmen eine größere Rolle spielen, die Kirche zu verlassen, zählt für die Jüngeren mehr als Austrittsgrund: Kirche ist mir gleichgültig, altmodisch, andere Überzeugung ist wichtiger –vor allem aber findet sich die Abweichung von den anderen Altersgruppen bei Umfeld und Eltern.

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Vortrag Pickel V. KMU Die SHELL-Studie stellt üblicherweise auch immer die „Vertrauensfrage“ -welcher gesellschaftlichen Institution/Profession vertraust du. Hohes Vertrauen genießen unter allen Jugendlichen (nicht nur den evangelischen wie in der V. KMU) in der Rangfolge: Polizei, Gerichte, Menschenrechts-, Umweltorganisationen, Bundeswehr, auch Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, die UNO und die EU liegen noch über dem guten Mittelwert 3 auf einer Skala von 1 bis 5. Abgeschlagen liegen Banken und Parteien –es folgen die Kirchen (2,7) noch hinter Bundesregierung und Großunternehmen (SHELL-Studie Abb.4.8. S.177). Wohlgemerkt, hier geht es um das persönliche vertrauen in eine Institution, nicht wie bei dem Statement „finde ich wichtig, dass es die Kirche gibt“, um ihre gesellschaftliche Existenz

5. Die evangelischen Jugendlichen der EKiR laut Konfirmanden-Studie Gute Gemeinschaft Interessant ist, wo die „rheinischen“ Konfirmanden von den EKD-weiten Ergebnissen abweichen. Als Motivation zur Konfirmanden-Zeit bzw. zur Anmeldung geben (Mehrfachantworten möglich) 50% die vollzogene Taufe, 40% Familientradition und 37% Spaß als wichtige Motivation an. Mit „mittlerer“ Motivation (= 20%) zusammen spielt dieser für 57% eine ziemlich große Rolle! Kurz vor der Konfirmation und nach den tatsächlichen Erfahrungen während der Konfirmanden-Zeit befragt geben noch mehr, nämlich 69% Spaß an, 67% neue Freunde, 56% Respekt vor anderen Religionen gelernt zu haben, 52% guten Kontakt zu Mitarbeitenden/Leitung – und „Stress“ hatten die EKiR-Konfirmanden im Vergleich mit denen der Gesamt-EKD unterdurchschnittlich (Konfi-Studie B3). Während die Zustimmung zum Motiv „Zugewinn an Glaubensautonomie“, „Erfahren von Gott und Glaube“, „Glaubensstärkung“, „Gemeinschaft“ und „Segen“ mit zwischen 40%-50% im EKD-Durchschnitt liegt, sind den Rheinländern das Familienfest, Geldgeschenke und der schöne Gottesdienst überdurchschnittlich wichtig an der Konfirmation (Konfi-Studie B4). Tatsächliche Erwartungen wie nach „guter Gemeinschaft“ gingen in der EKiR auch überdurchschnittlich hoch in Erfüllung (z.B. B14). Gruppe und Spaß Die Einschätzung, es sei wichtig, zur Kirche dazuzugehören, steigt während der Konfirmandenzeit von 39% auf 46%; die, dass Gottesdienste langweilig sind, ähnlich stark

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(von 46% auf 52%), und das Vorhaben, nach der Konfirmation an einer Gruppe teilzunehmen steigt von 21% auf 30% (Konfi-Studie B 7). Ebenfalls abweichend vom EKD-Durchschnitt fühlen sich die rheinischen Konfirmanden mit 69% (höchste Zustimmung) in der Kirchengemeinde willkommen und, nach unten abweichend, stimmen sie mit nur 29% der Aussage zu, dass ihnen das Auswendiglernen schwer fiel, also: es fiel ihnen nicht schwer, offensichtlich wurden sie damit nicht überlastet (Konfi-Studie B16). Die Erwartungen an den Gottesdienst zeugen weniger von Suche nach Spiritualität, sondern mehr nach qualifiziertem Spaß: 61% erwarten gute Stimmung, dann (Rangfolge): Sicher sein in der Gruppe (54%), nette Leute (53%), gute Musik (52%) und Ruhe (50 %) (Konfi-Studie B18). Geht „jugendgemäß?“ Ähnlich bei den Mitarbeitenden: Ihre Ziele mit den Gottesdiensten für und mit den Konfirmanden waren: freundliche Atmosphäre (95%), eigene Ideen (93%), jugendgemäß (91%), Gemeinschaft (90%) (Konfi-Studie B25). Übrigens handelt es sich bei den befragten „Mitarbeitenden“ nur zu 28% um Pfarrerinnen/Pfarrer, zu 13 % um pädagogische berufliche Mitarbeitende und mehrheitlich, nämlich 59% ehrenamtliche Jugendliche und andere (Durchschnittsalter 24 Jahre, vgl. B 21, aber weit mehr Mitarbeiter sind unter 18 als drüber, vgl. B39). Allerdings: Vom hohen Ziel der Mitarbeitenden, Gottesdienste jugendgemäß zu gestalten, kam weit weniger bei den Jugendlichen an; nur 48% erlebten die Gottesdienste als jugendgemäß (Konfi-Studie B 17)! „Gemeinschaft“ hingegen ist allen wichtig und erlebbar und spricht als Motiv und Ziel auch aus allen Begründungen für das Engagement als „Konfihelfer“. In folgender Rangfolge liegen mit 98% (höchster Zustimmungswert) und 72% (niedrigster) der Konfihelfer alle Zustimmungswerte über den EKD-Durchschnittswerten: Gerne im Team arbeiten; gerne mit Kindern/Jugendlichen; Spaß; Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen können; und etwas abghängt mit eben 72% Zustimmung: Kirche gestalten (Konfi-Studie B28). Bei der Frage nach der Zielerreichung wird all dies ebenfalls mit über-den EKD-Durchschnittswerten liegender Intensität angegeben (vgl. Konfi-Studie B29), und die Erfahrungen der Konfihelfer während der Konfirmandenzeit sind im EKD-weiten Vergleich: überdurchschnittlich viel Spaß und unterdurchschnittlich Frust! (Konfi-Studie B 33).

6. Fazit. Auffällig bei den Erhebungen, Einschätzungen und Bewertungen solcher Befunde über Jugendliche ist, wie eng diese aus dem Blickwinkel etablierter Erwachsener erfolgen. Das wiegt schwer, denn sicher ist: Die Alltagsbedingungen des Aufwachsens, die Prognosen und Erwartungen an die Umstände künftigen Erwachsenenlebens waren niemals in der Geschichte der SHELL-Jugendstudien oder EKD-Erhebungen über Mitgliedschaft so rasant und in immer kürzeren Intervallen im Wandel. „Klassische“ Kriterien für bestimmte Haltungen und Befindlichkeiten heutiger Jugendlicher bilden wohl nur noch einen Teil ihrer Realität ab und können zu Missverständnissen bis Fehleinschätzungen führen. Zum Beispiel in der SHELL-Studie anklingende Unterstellung im „Werte“-Kapitel, Jugendliche seien doch ziemlich altbacken und konservativ („am Althergebrachten festhalten“, „stolz auf Deutschland“, s.o. unter 1.) liegt nur nahe, wenn man in Zeit und Raum des 20. Jahrhunderts denkt. Ähnliches gilt für die Einschätzung des politischen Engagements –es spielt sich eben nicht nur weniger, sondern so gut wie gar nicht mehr im klassischen Parteienspektrum und

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parlamentarischen Ritualen ab. Das gilt auch für Engagement überhaupt, seine Formen und Orte gehen weit über traditionelles Vereins- oder auch Initiativen-Engagement hinaus. Wir tun gut daran, dies auch hinsichtlich der Kriterien zu bedenken, mit denen Glaube, religiöse Praxis, Gottesvorstellungen, religiöse Themen etc. abgefragt und bewertet werden. Welche Schlüsse kann man aus Widersprüchen ziehen wie -Ja zur Kirche als gesellschaftlicher, nein als persönlich wichtiger Ort -Ja zur Kirche als Institution, persönliche Verbundenheit nein -Positives Erleben von Spaß und Gemeinschaft, immer negativer: Gottesdienst u.ä. religiöse Praxis ? Wir selbst müssen Fragen nach Glauben und religiöser Praxis heute radikaler an uns stellen. Zum Beispiel: Wenn der Wunsch und auch die Selbsteinschätzung, Gottesdienste jugendgemäß zu gestalten bei Konfihelfern und –Leitern ganz oben steht und bei den Konfirmanden selbst herzlich wenig davon ankommt, ist zu fragen: Kann ein mehr oder weniger klassisch gedachter Gottesdienst überhaupt jugendgemäß sein? Muss nicht etwas ganz anderes an seine Stelle? Feierlich, getragen, rituell, gemeinschaftsstiftend… Zum Beispiel „religiös“: Noch einmal der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, G. Wegener, angesichts der V. KMU über die Jungen: „Ihre Kirchenmitgliedschaft ist Tradition und Konvention geschuldet. Sie haben keine religiösen Gefühle oder Erfahrungen, sind religiös nicht auf der Suche, kommunizieren nicht über Religion oder den Sinn des Lebens“. G. Wegener sieht insgesamt den Trend zur Kirche als „sozialmoralische Vergesellschaftungsagentur“6, innerhalb derer das Religiöse ein verstecktes Nischendasein führt, wenn es nicht auswandert. Tatsächlich kommunizieren Jugendliche viel über den Sinn des Lebens – aber außerhalb des kirchlichen Kontextes. Auch über Religion, wahrscheinlich oder sicher haben sie auch durchaus religiöse Erfahrungen und Gefühle und sind auf der Suche mit und ohne Kirche und Gemeinde. Wichtig wäre, das wahrzunehmen, also erst einmal überhaupt erkennen können. Und zu akzeptieren, wenn ihr Gott auf der Erde wohnt, nicht drei- oder mehrfach differenziert ist, in Symbolen wie Kussmündern und Herzen ausgedrückt wird, und im Herzenswunsch nach guter Gemeinschaft und der umfassenden Bereitschaft, dafür etwas zu tun, lebt und diese Bereitschaft das tägliche Gebet und Amen ist.

Aus: Spiritualität von Jugendlichen, Pilotstudie im Auftrag des Amtes für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen, Empirica Forschungsinstitut für Jugendkultur und Religion, Marburg 2012

6 Wegener G., Religiöse Kommunikation und Kirchenbindung, Leipzig 2015 (2), S. 126,