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Wie anpassungsfähig ist Ihre Finanzorganisation? Im Jahr 2010 initiierte das Pharmaunternehmen Nycomed ein Programm, um Struktur und Kosten seiner Finanzorganisation in Europa zu überprüfen und auf weitere Wachstumsschritte vorzubereiten. Niklas Oldiges und Heiko Schikor zeigen an dem Projekt, welche Faktoren Erfolg beim Aufbau einer hochflexiblen adaptiven Finanzfunktion versprechen. Niklas Oldiges/Heiko Schikor 78 Controlling & Management Review Sonderheft 2 | 2013 Effiziente Finanzfunktion | Artikel

Wie anpassungsfähig ist Ihre Finanzorganisation?

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Page 1: Wie anpassungsfähig ist Ihre Finanzorganisation?

Wie anpassungsfähig ist Ihre Finanzorganisation?Im Jahr 2010 initiierte das Pharmaunternehmen Nycomed ein Programm, um Struktur und Kosten seiner Finanzorganisation in Europa zu überprüfen und auf weitere Wachstumsschritte vorzubereiten. Niklas Oldiges und Heiko Schikor zeigen an dem Projekt, welche Faktoren Erfolg beim Aufbau einer hochflexiblen adaptiven Finanzfunktion versprechen.

Niklas Oldiges/Heiko Schikor

78 Controlling & Management Review Sonderheft 2 | 2013

Effiziente Finanzfunktion | Artikel

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Nycomed – die heutige Takeda, die durch die Übernahme von Nycomed durch das japanische Pharmaunternehmen Takeda entstand – hatte sich das Ziel gesetzt, die Finanzfunktion konzeptionell stärker auf die sich wandeln-den Anforderungen des Kerngeschäfts auszurichten und sie damit zum ge-schätzten Partner des Managements zu entwickeln. Nötige Voraussetzung dafür war, dass sich die Finanzabteilungen vor Ort auf die Unterstützung des Managements konzentrieren konnten. Sie sollten entlastet, verschlankt und flexibler gestaltet werden. Zu diesem Zweck wurde eine Bündelung aller transaktionalen Buchhaltungsprozesse auf regionaler oder zentraler Ebene angestrebt. Die Zentralisierung der Prozesse sollte entweder durch Shared Service Center (SSC) oder durch Auslagerung von Prozessen an einen ex-ternen Dienstleister erreicht werden. Entgegen den bisher üblichen eigen-ständigen Lösungen für die einzelnen Länder wollte man sich auf ein ge-meinsames Betriebsmodell zubewegen. Sofern dies zu Einsparungen und Effizienzsteigerungen führen konnte, sollten Prozesse standardisiert und au-tomatisiert werden. Angestrebt war aber auch, durch gezielte Unterstützung gleich zeitig die lokale Identität zu stärken. Um sein neues Betriebsmodell für die Finanzfunktion zu definieren, erarbeitete Nycomed vorerst Prinzi-pien für vier verschiedene Bereiche (Abbildung 1).

Die im Rahmen einer Machbarkeitsstudie durchgeführte detaillierte Beurteilung der bestehenden Finanzorganisation ergab die folgenden ersten Schlüsselerkenntnisse: •Die Finanzfunktion erwies sich als sehr dezentralisiert. Sie war auf über

24 Länder verteilt.•Es mangelte an Transparenz, und die Compliance-Struktur war verbes-

serungsfähig.•In den einzelnen Ländern gab es unterschiedliche Prozesse und Qualitäts-

niveaus.•Produktivität und Automatisierung von Transaktionsprozessen waren

gering. •Die Finanzfunktion verursachte deutlich höhere Kosten als bei Vergleichs-

unternehmen.Das Projekt-Team verglich die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie mit Best Practices führender Finanzorganisationen und identifizierte folgende Ziele, um die Finanzfunktion flexibler und auf unterschiedlich große Strukturen adaptierbar – also skalierbarer – zu gestalten:

Organisations- und prozessbezogene Ziele:•Verlagerung der transaktionsbasierten Rechnungslegung sowie der Be-

richtsprozesse aus den 24 Ländern in vier regionale Shared-Services-Ein-heiten (Hubs)

•Verlagerung der Kreditorenbuchhaltung in das Service Center Europe (SCE) in Polen

•Auslagerung der gesetzlichen Berichterstattung – einschließlich Umsatz-steuer-, statistischer und steuerlicher Berichterstattung – an einen exter-nen Dienstleister sowie Verwaltung durch die Hubs auf regionaler Ebene

Heiko Schikor ist Manager Finance Transformation bei Ernst & Young Zürich, E-Mail: [email protected]

Niklas Oldiges ist Partner Finance Transformation bei Ernst & Young München,E-Mail: [email protected]

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•Verbleib des Schwerpunkts der Controlling-Prozesse an den lokalen Standorten zur Unterstützung des lokalen Geschäfts

•Wandel der lokalen Finanzfunktion zum Geschäftspartner für das lokale Management

Technologie- und systembezogene Ziele:•Implementierung einer Scan-Lösung (optische Zeichen-

erkennung) sowie Umsetzung eines automatischen Geneh-migungs-Workflows für Eingangsrechnungen

•Implementierung von SAP in neun osteuropäischen Län-dern und in Großbritannien mit dem Ziel der Etablierung einer europaweit gemeinsamen SAP-Plattform

•Implementierung einer zentralen und automatisierten Zah-lungslösung („Inhouse-Bank“)

•Einführung einer standardisierten Reisekostenlösung sowie Auslagerung des Reisekostenerstattungsprozesses an einen externen Dienstleister

Schnelle Projektumsetzung durch einen struk-turierten und flexiblen MigrationsansatzDas Projekt-Team setzte sich 18 Monate als ehrgeiziges Ziel für die Umsetzung der gesamten Transformation, das heißt die Übertragung der Buchhaltungsaufgaben an die neuen Orga-nisationen. Man versuchte so, die Amortisationsdauer des Pro-jekts zu verkürzen und frühzeitig Einsparungen zu realisieren. Gleichzeitig war es angesichts der signifikanten Änderungen im Unternehmen wichtig, die operativen Risiken im Rahmen einer umfangreichen Veränderungsmanagement-Initiative so effizient wie möglich zu steuern. Das Projekt gliederte sich in zwei unterschiedliche Phasen: „Design“ und „Migration“. In Abbildung 2 sind diese in Blau und Grau dargestellt.

Ein flexibles Projektsteuerungsmodell machte es möglich, den besonderen Herausforderungen jeder einzelnen Phase zu begegnen. Ein integriertes Projekt- und Veränderungsma-nagement-Team, das diese Abstimmung phasenübergreifend sicherstellte, war entscheidend für das erfolgreiche Manage-ment gegenseitiger Abhängigkeiten im Laufe des Projekts.

In der Designphase galt es beispielsweise, in einzelnen Teil-projekten die neue Organisationsstruktur sowie die neuen Prozesse und IT-Lösungen für die Finanzfunktion zu gestal-ten. Alle Finanz- und Berichtsprozesse wurden in enger Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Experten stan-dardisiert und dokumentiert. Gleichzeitig wurde ein Steue-rungsmodell erstellt, das Rollen und Aufgabenbereiche für die zukünftigen organisatorischen Einheiten der Finanzorgani-sation – die zentrale Finanzfunktion, die Hubs, das SCE, für Treasury und die lokalen Finanzfunktionen – definierte.

Zusammenfassung

•In weniger als 18 Monaten realisierte das Pharma-unternehmen Nycomed den Aufbau einer adaptiven Finanzplattform für 24 Länder in Europa.

•Wesentliche Kernelemente dieser Finanztransfor-mation waren Standardisierung und Automatisie-rung von Finanzprozessen sowie die Bündelung dieser Prozesse in einem zentralen SSC oder in re-gionalen Hubs.

•Neben der Lösung prozessualer und technischer Herausforderungen war die Begleitung der Mit-arbeiter durch aktives Veränderungsmanagement über den ganzen Transformationsprozess hinweg ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Abb. 1 Grundprinzipien des künftigen Betriebsmodells für die Finanzfunktion

1 Verhalten• „Auf die wichtigen Dinge konzentrieren“• Entwicklung hin zu individuellem und unternehmensweitem Kostenbewusstsein• Streben nach ständiger Verbesserung in allen Bereichen

2 Organisation• Etablieren eines gemeinsamen Betriebsmodells für die Finanzfunktion mit lokalen Geschäftspartnern

zur Unterstützung des Managements• Einführen von zentralisierten oder regionalisierten Transaktionsprozessen und integrierten Systemen

3 Prozesse• Standardisierung und Automatisierung von Prozessen• Proaktive Integration des Qualitätsdenkens in alle Prozesse statt reaktiver Qualitätsprüfungen

4 Systeme• Schaffung einer einheitlichen Systemlandschaft als Grundlage für ein übergreifendes Shared-Services-

Modell mit standardisierten Prozessen• Enge Abstimmung von System- und Organisationsänderungen

Quelle: Ernst & Young

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Zusätzlich mussten die erforderlichen IT-Lösungen entwi-ckelt und realisiert werden. Ein Ziel war beispielsweise, durch Scannen und automatische Texterkennung von Eingangsrech-nungen, kombiniert mit einem Genehmigungs-Workflow, den Kreditorenprozess ganzheitlich zu automatisieren. Die Einführung von SAP in neun osteuropäischen Ländern war dafür eine Grundvoraussetzung. Für die Reisekostenlösung musste zunächst eine Auswahl zwischen mehreren Lösungs-anbietern getroffen werden. Ein gut strukturierter Prozess für die Wahl eines Anbieters ermöglichte es, eine individuell pas-sende Lösung für Nycomed zu finden. Nachdem eine end-gültige Entscheidung getroffen war, wurde das ausgewählte System unter Berücksichtigung übergreifender und lokaler Erfordernisse entwickelt und umgesetzt.

In der Migrationsphase rückten die einzelnen Länder ins Zentrum der Aufmerksamkeit, da hier in enger Abstimmung die Anpassung von IT-Lösungen, die Migration von Prozess-aktivitäten und die Umsetzung von Trainingsmaßnahmen durchgeführt werden mussten. Das Management hatte die Entscheidung getroffen, die Kreditorenbuchhaltung jedes Landes in das SCE auszulagern. Auch andere Aufgaben der lokalen Finanzabteilung sollten vom jeweiligen Land in den regionalen Hub übergeben werden. Um die Risiken bei der Implementierung zu steuern und eine kontinuierliche Verbes-

serung zu ermöglichen, erstellte das Projekt-Team eine Mig-rationsstrategie und ordnete mithilfe der in Abbildung 3 dar-gestellten Gestaltungsprinzipien jedes Land einer von vier Migrationswellen zu.

„Flexibilität“ war das zentrale Stichwort bei der Erstellung des Migrationszeitplans. Er sollte genügend Spielraum bieten, um bei signifikanten Veränderungen des Projektumfelds schnelle Anpassungen vornehmen zu können. Dies ermög-lichte es etwa, in der Migrationsphase bei Bedarf die Reihen-folge der zu migrierenden Länder zu tauschen – was in einem Fall auch tatsächlich geschah. Jedes Land durchlief in der Migrationsphase innerhalb eines Zeitraums von acht Mona-ten die in Abbildung 4 dargestellten Schritte.

Eine umfassende Risikobeurteilung zusammen mit dem lokalen Management sowie die Planung aller Aktivitäten in Verbindung mit dem anstehenden Wissenstransfer und den dafür notwendigen Schulungen waren Teil der Vorbereitungs-phase. Außerdem war es wichtig, SCE-Mitarbeiter mit den richtigen Qualifikationen und Sprachkenntnissen innerhalb des dafür vorgesehenen Zeitrahmens einzustellen. Die SCE-Mitarbeiter erhielten in der Folge ein zweimonatiges Einstiegs-training, bevor sie im Anschluss an einer Wissenstransfer phase teilnahmen. In dieser Phase beobachteten die neuen Mitarbei-ter den Arbeitsprozess und dokumentierten ihn im Detail

Abb. 2 Projektplan

2010 2011

Quelle: Ernst & Young

Projektmanagement und Veränderungsmanagement

Machbarkeit

Design Organisation

Design Prozesse Prozessverbesserungen

Design Informationstechnologie/Systeme

Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4

Migration auf Hubs/SCE/Regionen

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(„work shadowing“), bevor sie den Vorgang unter Anleitung des lokalen Prozessverantwortlichen selbst durchführten.

In der „Cut-over“-Phase bereitete das Projekt-Team die finale Freigabe für das „Go live“ der Migration vor. Um den Entscheidungsträgern der jeweiligen Länder, dem SCE und dem Projektmanagement die notwendige Grundlage für eine einvernehmliche Entscheidung zu liefern, erfolgte vorab eine Bewertung von Aspekten wie Mitarbeitern, Prozessen, Infra-struktur, Management und Organisation, die die Migrations-bereitschaft beeinflussen können. Nach dem „Go live“ wur-den alle Prozesse im SCE durchgeführt. Für einen reibungs-losen Übergang folgte der Freigabe eine zweimonatige Stabilisierungsphase. Während dieses Zeitraums unterstütz-te das Projekt-Team den Aufbau der neuen Organisation in

jedem Land intensiv. Zusätzlicher Schulungsbedarf wurde dokumentiert, Service Level Agreements wurden gegebenen-falls angepasst.

Die Implementierung des Programms – Ein Quantensprung für die Finanzfunktion von NycomedDie Herausforderungen für das Projekt-Team waren vielfältig und komplex. Angesichts knapper Zeitvorgaben und begrenz-ter Ressourcen bestand die realistische Gefahr, dass zu wenig Zeit und Mittel eingeplant worden waren, um Organisation und Mitarbeiter auf diese Transformationsreise mitzunehmen. Nycomed hatte ein neues Betriebsmodell für die Finanzfunk-tion implementiert, das ohne wesentliche Verhaltens ände-

Abb. 3 Gestaltungsprinzipien für den Migrationsplan

Gestaltungsprinzipien – Reihenfolge Gestaltungsprinzipien – Zeitablauf

• „Land-für-Land“-Ansatz, um Länder in einem Schritt auf das neue Modell zu migrieren

• Start mit einfacheren (Pilot-)Ländern • Berücksichtigung des Risikos des frühzeitigen Ausscheidens

von Mitarbeitern • Berücksichtigung abweichender länderspezifischer

Erfordernisse • Verlagerung der Kreditorenbuchhaltung von Hub-Ländern

in das Service Center Europe (SCE) in der letzten Welle, um sie zunächst als stabilisierendes Element zu halten

• Um einen Monat verlängerte Zeitplanung für die erste Migra-tionswelle („Pilot“)

• „Go live“ jeweils vor Beginn der Aktivitäten zum Monatsab-schluss

• Sicherstellung, dass alle Elemente auf dem kritischen Pfad aktiv gemanagt werden, insbesondere

• Einrichtung des SCE-Standorts inklusive einsatzbereiter Informations- und Kommunikationstechnologie

• Einstellung von Personal für SCE und Hubs • Implementierung von Eingangsrechnungs-Scanning, der

Workflow-Lösung für Genehmigungen sowie der zentrali-sierten Zahlungslösung („Inhouse-Bank“)

• Auslagerung der gesetzlichen Berichterstattung an einen Dienstleister

• Implementierung von SAP in den osteuropäischen Ländern, Reisekostenlösung eingeschlossen

Quelle: Ernst & Young

Quelle: Ernest & Young

Abb. 4 Migrationsmodell und -zeitplan

Monat – 5 Monat – 4 Monat – 3 Monat – 2 Monat – 1 Monat 0 Monat +1 Monat +2

1. Vorbereitung 3. Cut-over 4. Stabilisierung2. Training undWissenstransfer

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rungen aller Nycomed-Mitarbeiter nicht umsetzbar gewesen wäre. Die ehemals manuellen Prozesse und die an die lokalen Bedürfnisse angepassten Systeme sollten künftig nach klaren Regeln und Vorgaben standardisiert und automatisiert erfol-gen. Das neue Betriebsmodell fand in 24 europäischen Län-dern Anwendung, was aufgrund der kulturellen Vielfalt dem Projekt zusätzliche Komplexität verlieh. Auch die Koordina-tion und die Einbindung der externen Dienstleister im Zuge der Projektumsetzung erwiesen sich als nicht einfach.

Welche Faktoren dem Projekt dennoch zum Erfolg ver-halfen, kann wie folgt zusammengefasst werden:•CFO und Management-Team delegierten umfassende Kom-

petenzen an die Projektleitung und ermöglichten damit schnelle Entscheidungen.

•Ein integriertes Projekt-Team unter Leitung der Nycomed-Zentrale und der vier Finanz-Hub-Leiter wurde aufgestellt und durch externe Berater unterstützt.

•Ein aggressiver Implementierungsplan und eine zentrale Projektsteuerung sorgten für eine einheitliche Vorgehens-weise ohne lokale Ausnahmen.

•Durch die starke Ausrichtung auf die Erzielung frühzei tiger Erfolge konnten Widerstände gegen das Projekt überwun-den und Zweifel ausgeräumt werden.

•Der Projektfortschritt und die erwarteten Auswirkungen auf den Arbeitsalltag eines jeden Nycomed-Mitarbeiters wurden laufend kommuniziert.

Durch diese Vorgehensweise gelang es, Leistungseinbrüche, die bei der Neugestaltung von Prozessen und der Durchfüh-rung von Migrationen üblich sind, auf ein Minimum zu be-schränken (Abbildung 5).

Zu Beginn des Projekts waren Effizienz und Effektivität der lokalen Finanzfunktionen niedriger als erwartet, was

Kernthesen

•Die Finanzfunktion international agierender Unter-nehmen muss flexibel und adaptiv sein.

•Standardisierte und automatisierte Prozesse sind die Basis erfolgreicher Shared Services. Effizienzsteige-rung beruht auf der Symbiose von Standardisierung, Automatisierung und Skaleneffekten.

•Die Begleitung der Mitarbeiter durch aktives Ver-änderungsmanagement ist wesentlich bei der Trans-formation der Finanzfunktion.

Quelle: Ernst & Young

Abb. 5 Leistungskurve verglichen mit einem typischen Shared-Service-Center-Projekt

GAIN-Leistungskurve vs. typisches SSC-Projekt

geringere Leistungsverluste

heute

Stabilisation

Migration

Zeit

GAIN-Implementierungszeitraum

Effiz

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- und

Effe

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itäts

nive

au 1

2

3

4

schnellere Stabilisierung

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durch die Aufdeckung einer Reihe lokaler Qualitätsproble-me zutage gefördert wurde. Proaktives Projektmanagement und pragmatische Lösungen für auftretende Problemstellun-gen halfen dabei, die meisten für diese Projektart typischen Leistungseinbrüche zu vermeiden. Die parallele Migrations-durchführung in allen vier Hubs verkürzte den erwarteten Implementierungszeitraum. Die kurz vor Projektabschluss gemessene Effizienz und Effektivität der neu aufgestellten Finanzfunk tion – z. B. die Verkürzung der Durchlaufzeit vom Rechnungseingang bis zum Anweisen der Zahlung, die Dauer des Monatsabschlusses – übertrafen deutlich die Erwartungen.

Durch die Zusammenfassung der operativen Buchhaltungs-prozesse in drei Kategorien (Abbildung 6) ist es Nycomed gelungen, eine skalierbare und adaptive Finanzplattform ein-zurichten und damit die Voraussetzung für europaweites Wachstum zu schaffen.

Die Liste der bei Nycomed durch die Transformation der Finanzfunktion erzielten Erfolge ist beeindruckend:

•Die Umsetzung einer adaptiven Finanzfunktion ermöglicht heute eine schnelle Integration weiterer Einheiten in das Betriebsmodell sowie eine flexible Anpassung der Organi-sation an betriebliche Notwendigkeiten.

•Die regionalen Hubs übernehmen die volle Verantwortung für das transaktionsbasierte Rechnungs- und Berichtswe-sen (mit Ausnahme der in das SCE verlagerten Kreditoren-buchhaltung und der extern ausgelagerten gesetzlichen Berichterstattung). Die lokalen Standorte beschränken sich auf die Unterstützung des Kerngeschäfts.

•Das SCE übernimmt die Kreditorenbuchhaltung: Eingangs-rechnungen werden in den jeweiligen Ländern sortiert, von einem externen Dienstleister gescannt und im SCE bearbei-tet. Sämtliche Genehmigungen werden über einen web-basierten Workflow erteilt.

•Die gesetzliche Berichterstattung ist ausgelagert: Ein externer Dienstleister führt die gesetzliche, statistische und steuerliche Berichterstattung der Länder durch und arbeitet eng mit den Hubs zusammen, um die lokale Compliance sicherzustellen.

Abb. 6 Übersicht über das neue Betriebsmodell für die Finanzfunktion

Komponenten des Betriebsmodells

Bündelung der Transaktionstätigkeiten auf drei Wegen

1. Regionalisiert

Vier regionale Hubs• Debitorenbuchhaltung• Hauptbuchhaltung• Anlagenbuchhaltung

SE NE WE OE

2. Zentralisiert

SCE Polen• Kreditorenbuchhaltung

3. Ausgelagert

Business Process Outsourching• Reisekosten• Gesetzliche Berichterstattung

Quelle: Ernst & Young

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•Europaweit wird eine standardisierte und automatisierte Reisekostenlösung implementiert. Ein externer Dienstl eiter übernimmt jetzt die Abwicklung inklusive der Reisekosten-erstattungen.

•Eine schnelle Umsetzung von standardisierten Prozessen wird durch die Einführung von einheitlichen Technologie-plattformen und Automatisierungslösungen unterstützt.

•Eine gemeinsame SAP-Plattform mit IFRS und standardi-siertem Kontenplan wird als Standard etabliert.

•In allen Ländern, die Teil des Transformationsprojektes sind, wird ein einheitliches Prozessmodell angewandt, das Rollen und Zuständigkeiten auf lokaler und auf Hub- Ebene eindeutig verteilt und dokumentiert.

•Durch die Transformation wird ein hoher Grad an Prozess-automatisierung für einheitliche Prozesse erreicht, so z. B. durch das Scannen von Eingangsrechnungen, durch einen automatischen Genehmigungs-Workflow in der Kredito-renbuchhaltung und durch die ausgelagerte und webbasier-te Reisekostenlösung.

•Ein europaweit gültiges Risiko- und Kontrollsystem, zu dem auch Compliance-Manager auf Hub-Ebene gehören, wird etabliert.

FazitRückblickend ist es schwierig, alle Änderungen vollständig darzustellen, die sich in der kurzen Zeit im Unternehmen so-wie bei den Nycomed-Mitarbeitern eingestellt haben. Der Erfolg des Projekts spricht jedoch für sich: Nycomed ist es gelungen, eine flexible und adaptive Plattform zu etablieren, die es der Finanzfunktion ermöglicht, effizient und effektiv

zu arbeiten und sich gleichzeitig auf wertschaffende Aktivi-täten zur Unterstützung des Kerngeschäfts zu konzentrieren.

Vor allem den Mitarbeitern ist es zu verdanken, dass die-ses Projekt zum Erfolg wurde: das Projekt-Team, das bei der Entwicklung und Implementierung der Änderungen eng mit den Beratern zusammenarbeitete, die lokalen und regiona-len Teams, die ihre lokale Sichtweise und Erfahrung ins Spiel brachten, die neuen Mitarbeiter im Shared Service Center, die erst kurz zuvor in das Unternehmen eingetreten waren, sich aber schnell in die Arbeitsabläufe bei Nycomed einfan-den, und natürlich alle Mitarbeiter des Unternehmens, die dem organisatorischen Wandel positiv begegneten und ihn annahmen.

Handlungsempfehlungen

•Wenn Sie und Ihr Unternehmen den Weg in Rich-tung einer Shared-Service-basierten Finanzfunk tion gehen, entwickeln Sie ein unternehmensspezifisches Modell und vertrauen Sie nicht auf bestehende Blau-pausen.

•Nutzen Sie das Transformationsprojekt, um seit Län-gerem ins Stocken geratene Prozess- oder Sys tem-optimierungsthemen wieder anzustoßen.

•Vergessen Sie bei allen Technik- und Prozessthemen nicht Ihre Mitarbeiter. Die Einführung eines Shared-Service-Modells stellt hohe Anforderungen an die Organisation und an das Veränderungsmanagement.

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Von der Verlagsredaktion empfohlenLeibold, A.: Effizienzsteigerung in der Finanzfunktion durch Nutzung von Finance Shared Service Center, in: Jelinek, B./Hannich, M. (Hrsg.): Wege zur effizienten Finanzfunktion in Kreditinstituten, Wiesbaden 2009, S. 469 – 479, www.springerprofessional.de/1828066

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