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Die angespannte Lage in der Ukraine hält die Welt in Atem. Besonders Russland akzeptiert die selbstbestimmte Orientierung der Ukraine hin zur EU nicht und geht auf Konfrontation.Doch wie ist eigentlich die Hinwendung der Ukraine zur EU zu erklären? Warum erscheint die EU so attraktiv für die Staaten des ehemaligen Ostblocks und welche Rolle spielen hier die Transformationsprozesse seit den 1990er Jahren und die Erweiterungspolitik der EU? Welche Vereinbarungen haben bereits stattgefunden und wie wirken sich diese auf die heutige Situation aus? Warum agiert Russland so wie es agiert und wie muss eine vernünftige und trag-fähige Russlandpolitik aussehen? Welche Interessen spielen eine Rolle? Dieses Thesenpapier gibt Antworten.
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Wie geht es weiter mit der Ukraine?
Redemanuskript und Thesenpapier
Miriam Kosmehl
Projektleiterin Ukraine & Weirussland der FNF
REGIONAL- BRO NRW www.nrw.freheit.org www.fb.me/fnf.rbgm
Thesenpapier VA Bundeswehr 16. April 2015 in Mnster Wie geht es weiter mit der Ukraine? Wie kann auf die aktuelle Herausforderung, Krise und Krieg in der Ukraine, reagiert werden?
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Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich freue mich heute Abend hier in der Unteroffizierschule in Mnster mit Ihnen zu
diskutieren, wie es weiter geht mit der Ukraine.
Wie kann auf die aktuellen Herausforderungen in der Ukraine, Krise und Krieg, reagiert
werden?
Vorab kurz zu meiner Person: Mit der Transformation in Osteuropa beschftige ich
mich seit vielen Jahren, vor allem als Juristin. Seit 2012 lebe und arbeite ich in Kiew,
als Projektleiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit. Zuvor habe ich
einige Jahre beruflich und privat in Moskau verbracht.
Ich betone das aus folgendem Grund:
ber die Zukunft der Ukraine lsst sich gegenwrtig nicht nachdenken, ohne auf das
Wirken Russlands, besser: des Kreml, einzugehen. Denn die hausgemachte Krise der
Ukraine wird gerade mageblich mitbestimmt vom Krieg im Donbass, im Industrie-
und Kohlebecken der Ostukraine. Und diesen Krieg hat Russland begonnen.
Damit Sie eine Vorstellung davon haben, was Sie die nchsten ca. 30 Minuten
erwartet, mchte ich Ihnen kurz die Gliederungspunkte meines Vortrags aufzeigen, die
einzelnen Schritte meiner Argumentation.
Ich werde in einem ersten Teil darber sprechen, was es fr die Ukraine und ihre
Zukunft bedeutet, dass der Kreml im Namen Russlands die territoriale Integritt
der Ukraine verletzt, eines souvernen Staates. Er verstt damit gegen das Gewalt-
und Annexionsverbot der UN-Charta, sowie gegen die KSZE-Schlussakte von 1975, die
Charta von Paris von 1990 und das Budapester Abkommen von 1994.
Im zweiten Teil wird es auch um Sicherheit und Stabilitt gehen, aber im nicht-
militrischen Bereich, nmlich um die Notwendigkeit von Reformen in der Ukraine.
Deren Umsetzung ist unabdingbar fr die innere Stabilitt des Landes.
Einige Fallstricke fr Reformen und Stabilisierung werde ich dann beispielhaft nennen.
In einem dritten Teil meines Vortrags werde ich verdeutlichen, dass Krise und Krieg in
der Ukraine keine eingrenzbaren Herausforderungen sind, sondern auch die
(Friedens-)Ordnung Europas bedrohen.
Und in einem vierten Teil werde ich aufzeigen, dass Kernfragen einer strategischen
Neuorientierung im Verhltnis zu Russland berhrt werden.
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Abschlieend werde ich skizzenhaft einige Grundfragen nennen und
Schlussfolgerungen ziehen, wie sie sich mir aus den geschilderten Problemlagen und
Erfahrungswerten ergeben.
1) Die Rechtsbrche des Kreml
Als alle noch damit beschftigt waren, die Krimannexion zu verdauen, kam es schon zu bergriffen auf Verwaltungsgebude und Polizeistationen im Osten der
Ukraine.
Von Beginn an organisierten russische Ultranationalisten bzw. Agenten oder GRU-
Angehrige diese Besetzungen mit, also Angehrige des russischen militrischen
Aufklrungsdienstes. Das ist ein Geheimdienst des russischen Generalstabs, der gezielt
fr Sabotage im Ausland genutzt wird.
Anfangs und vereinzelt hatten die Besetzungen lokaler Verwaltungsgebude auch noch Protestcharakter. Das Geschehen verwandelte sich aber zgig in eine
kriminelle Gewaltherrschaft. Bis heute sind Entfhrungen, Folterungen, car-jacking u.
feindliche Unternehmensbernahmen im Donbass an der Tagesordnung und nachweislich von umfassender Kontrolle Moskaus ber die sog. Separatisten
gekennzeichnet und zur Finanzierung der Gewaltherrschaft genutzt.
Es ist das legitime Interesse der Ukraine, Sicherheit und Ordnung auf ihrem
Territorium wieder herzustellen.
Als die ukrainischen Krfte im Sptsommer 2014 begannen, die Kontrolle ber umkmpfte Gebiete zurckzugewinnen, schickte Russland vermehrt Panzer, Artillerie
und regulre Truppen. So wendete sich der zuvor noch mit Mhe innerukrainisch
titulierte Konflikt der sich von Kiew befreienden Ostukraine endgltig in einen Krieg Russlands und der Ukraine.
Eine Klammerbemerkung: Wer in der Ukraine wie im Kosovo vorgehen wollte und den Euromajdan als Ausgangspunkt nimmt, knnte frhestens 2024 die
Unabhngigkeit der Krim oder des Donbass erreichen nach langer interimistischer Verwaltung der Vereinten Nationen; einer imaginren Schutztruppe, nennen wir sie
UFOR; unzhligen Schritten, Verhandlungen, einer aufoktroyierten Verfassung mit umfangreichem Minderheitenschutz
Aber was bedeuten die Zustnde auf der Krim und im Donbass und, vor allem, wie ist damit umzugehen?
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Auch die Krim ist nach Auffassung der Mehrheit der Staatengemeinschaft rechtlich gesehen ukrainisch geblieben. Sie wird aber, ebenso wie der okkupierte
Donbass, faktisch von Russland beherrscht.
Fr eine solche Situation hlt das Vlkerrecht ein eigenes Regelwerk bereit: das Recht der kriegerischen Besetzung.
Das ist vlkerrechtliches Gewohnheitsrecht (formuliert in der Haager Landkriegsordnung und i. d. IV. Genfer Konvention v. 1949), das drei unterschiedliche
Interessen auszugleichen versucht:
1) die der Bevlkerung des Gebiets; 2) die des aus seinem Herrschaftsbereich verdrngten Staates; 3) und die der Besatzungsmacht. Zum Beispiel verbietet das Recht der kriegerischen Besetzung, dass die
Besatzungsmacht, also Russland, Kooperation von den Bewohnern verlangt, wovon
Wehrdienst nur die extremste ist Der allgemeine Menschenrechtsschutz verbietet das nicht.
Soviel zur Theorie
Das Problem ist, dass die Besatzungsmacht, also Russland, sich gar nicht als Besatzungsmacht versteht.
Auf der Krim sieht sich der Kreml als rechtmiger Inhaber der Staatsgewalt.
Im Donbass leugnet der Kreml, berhaupt involviert zu sein und das, obwohl die Beweislage fr das Gegenteil erdrckend ist (etwa durch
Aussagen ehemaliger Sympathisanten, die fr die sog. Separatisten ttig waren, oder
(ehemaliger) GRU-Angehriger).
Das ist fr die Zentralregierung in Kiew, also den aus seinem Herrschaftsbereich verdrngten Staat, eine besondere Schwierigkeit, denn die staatliche Aufgabe
Existenzsicherung der Bevlkerung muss ja weiter erfllt werden. Die Schwierigkeiten
zeigen sich ganz praktisch an den Beispielen Rentenzahlungen in den Donbass oder
Zugang, wo Sicherheitsaspekte gegen den brokratischen Alptraum ins Feld gefhrt
werden, der es fr die Bevlkerung ist, sich aus der sog. Anti-Terror-Operations-Zone
ber die Demarkationslinie hin- und her zu bewegen, etwa um Rentenzahlungen
berhaupt entgegennehmen zu knnen.
Was kann also die Ukraine tun?
Dass es eine militrische Lsung des Konflikts nicht geben wird, ist eine
Binsenweisheit.
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Denn ohne militrische Abwehr und Verteidigung schafft Russland militrisch Fakten.
Und mit denen muss umgegangen werden. Zwei schwierige Beispiele habe ich gerade
genannt.
Ich will hier nicht ber mgliche militrische Abwehrstrategien und
Gegenmanahmen sprechen, die fr die Ukraine vielleicht von Vorteil sein knnten,
oder ber Waffenlieferungen.
Ich bin kein Militrexperte.
Aber ich kann zu diesem Punkt vier wesentliche Fakten herausstellen:
Erstens, die Ukraine fhrt keinen Angriffskrieg. Sie hat nicht vor, russisches Territorium
zu erobern. Sie versucht lediglich, was jedes andere souverne Land in einer
vergleichbaren Situation auch tun wrde, Sicherheit und Ordnung auf ihrem eigenen
Territorium wieder herzustellen.
Dafr hat die Ukraine, das ist die zweite Tatsache, aber allein nicht die militrischen
Mittel.
Denn sie steht, das ist die dritte Tatsache, vor dem gravierenden Problem, nicht
kontrollieren zu knnen, was ber ihre mit Russland gemeinsame Grenze an Kmpfern
und Waffen in ihr Land gelangt.
Die vierte Tatsache ist, dass die Ukraine es mit subversiven terroristischen Handlungen
zu tun hat, nmlich zahlreichen Anschlgen gerade in der Nhe der Kriegs-Zone.
Das ist Teil der sog. hybriden Kriegfhrung Russlands, die militrisch und nicht-militrische Mittel kombiniert und deren Ziel es ist, eine unbersichtliche
Gemengelage herbeizufhren und zu erhalten.
(Meist sind Volontrbros, Rathuser oder Verkehrsmittel betroffen, wie etwa bei
einem Anschlag auf einen Bus in Artomovsk Ende Mrz (4 Tote, 17 Verletzte), auf das
Rathaus von Saporischschja oder einen Untersttzungspunkt fr die Armee in Odessa.)
2) Also nun zur Bedeutung von innerer Sicherheit und Stabilitt
Voraussetzung dafr sind Reformen und ihre Umsetzung
Die eingangs geschilderten Kriegsbedingungen stellen natrlich eine besondere Herausforderung fr die ohnehin krisenhafte Lage der Ukraine dar.
Denn was ist bislang erzielt worden mit Minsk II? Selbst die Waffenruhe ist fraglich und stabilen Frieden gibt es schon gar nicht, brigens auch nicht bei Abtrennung der
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Kriegszone, denn die Situation ist nicht mit der Transnistriens zu vergleichen; von den
permanenten ber die Kriegszone hinausgehenden Destabilisierungsversuchen sprach
ich grade.
Gleichwohl: An der Erkenntnis, dass nur eine sich politisch transformierende und konomisch prosperierende Ukraine Sicherheit und Stabilitt dauerhaft
ermglichen wird, fhrt kein Weg vorbei.
Dass Reformen greifen ist wiederum nur mglich, wenn Europa die Ukraine mit massiven Wirtschaftshilfen untersttzt und die ukrainische Regierung und Verwaltung
langfristig begleitet mit hnlichem Aufwand, wie es der Marshall-Plan seinerzeit gegenber der Bundesrepublik mglich gemacht hat.
Wenn ich im Folgenden meine Einschtzungen zu den gegenwrtigen innenpolitischen Herausforderungen der Ukraine darlege gerade im Hinblick auf diese so dringend notwendigen Reformen so werden dabei kritische Einschtzungen im Vordergrund stehen. Diese zu thematisieren ist zur Zeit nicht immer einfach, weil
sie im gegenwrtigen Informationskrieg, den Russland parallel zur militrischen
Aggression um die deutsche und europische, auch um die ukrainische ffentliche
Meinung fhrt, so leicht und gern gegen die Ukraine instrumentalisiert werden.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ja, Reformen in der Ukraine werden schwerer umzusetzen sein als etwa in Mitteleuropa!
Monopole dominieren nach wie vor die ukrainische Wirtschaft,
Oligarchen die Politik;
Korruption zieht sich durch alle Zweige des ineffizienten ffentlichen Sektors;
ein aufgeblhter, inkompetenter Verwaltungsapparat kommt erschwerend hinzu;
es fehlt ein gesellschaftlicher Konsens fr nationale Leitlinien der Politik;
und russische Geheimdienste operieren nach wie vor in der Ukraine.
Der schwelende Konflikt im Osten, der von Russland nach Gutdnken aufrechterhalten werden kann, erschwert dringend notwendige Problemlsungen
zustzlich und belastet die ukrainische Wirtschaft auerordentlich.
Das politische System fngt erst jetzt an, keine Imitation eines demokratischen Systems mehr zu sein. Bislang war das Parlament keine Volks- sondern eine
Interessensvertretung.
Neue Parlamentarier aus allen Parteien sorgen nun ansatzweise fr Transparenz und
Vernderungen. Fr neue politische Krfte ist es aber nach wie vor fast unmglich
organisiert, also nicht nur vereinzelt, in entsprechende Vertretungsorgane zu gelangen,
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also nicht nur vereinzelt Einfluss zu nehmen. Denn noch bestimmt intransparente
Parteienfinanzierung die Politik.
Die Ukraine hat es seit ihrer Unabhngigkeit nicht geschafft, die Machtverhltnisse zwischen dem Prsidenten und dem Premierminister zu regeln.
Zwar ist man, nach Janukowytschs Sturz, mit der Rckkehr zu einem alten
Verfassungsmodell (2004) wieder bei mehr Kompetenzen fr das Parlament angelangt,
aber noch lange nicht bei eindeutigen Verantwortlichkeiten. (Eine
Verfassungskommission ist nun Ende Mrz d.J. endlich gegrndet und besetzt worden.)
Es ist seit nun fast einem Jahr neuer Fhrungsriege auch noch nicht klar, ob Alle an der Staatsspitze tatschlich das von Monopolen und Intransparenz geprgte
Wirtschaftssystem ndern, marktwirtschaftliche Reformen tatschlich wollen oder in diesem wichtigen Bereich weiter auf Kosmetik setzen.
Der Status quo geht noch auf die Strategie des damaligen Prsidenten Kutschmas
zurck, eine Gruppe nationaler Grokapitalisten zu schaffen, anstatt einer Nation belangloser Kleinunternehmer. So die damalige abschtzige Bewertung.
Die Legislative hat Reformen auf den Weg gebracht. Jetzt kommt es darauf an, neue Gesetze auch umzusetzen! Die Ausgangslage ist denkbar ungnstig, aber gerade
weil die Verwaltung allenthalben veraltet, nicht professionell und aufgeblht ist,
bedarf es umso mehr politischen Willens!
Aber: Die Ukrainer haben 2014 unter schwierigsten Bedingungen zwei ganz berwiegend freie und faire Wahlen durchgefhrt und dabei wider so manche Erwartung auch im Westen extremen Krften jeweils eine Abfuhr erteilt.
Die Dynamik der ukrainischen Brgergesellschaft, die Wandel fordert, lsst sich nicht mehr auf das passive Erdulden der Vergangenheit zurckfahren. Die Gesellschaft
ist nach dem nunmehr dritten Anlauf zu einer demokratischen Neuorientierung zumindest in relevanten Teilen bereits von anderer Qualitt.Vor allem der noch kleine Mittelstand will sein persnliches Schicksal gestalten.
Das heit nicht, dass die Gesellschaft insgesamt reif fr die begehrte Transformation ist.
Eine ukrainische Journalistin beschrieb viele ihrer Landsleute vor kurzem als
anarchisch-patriarchalisch. Einerseits sei man nicht bereit, Steuern zu zahlen, weil man dem Staat nicht traue; andererseits erwarte man, dass der Staat sich kmmere.
Man kann nur schlussfolgern: Fort- und Bewusstseinsbildung, etwa im Sinne von
politischer Bildung, mssen weitergehen!
Auch der jungen Bundesrepublik haben viele die gesellschaftliche Umwandlung, die
stattgefunden hat, nicht zugetraut!
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Viele ukrainische Brger selbst fordern die Kontrolle seitens des Westens warum?
Widerspricht das ihrem Wunsch nach Unabhngigkeit von Russland, nach
Eigenstndigkeit? Nein! Sie wnschen diese Kontrolle, weil sie den eigenen
Entscheidungstrgern nach wie vor misstrauen und es personenunabhngige,
funktionierende institutionelle Strukturen erst zu schaffen gilt.
(Vergleichbar beschreibt der Sicherheitsexperte Lutz Unterseher, der sich in den
Neunziger Jahren mit dem Aufbau eines gesamteuropischen Sicherheitssystems
beschftigte, den Mindset in ehemaligen Ostblocklndern damals so: Seine Gesprchspartner htten sich ihre Lnder nicht sicherheitspolitisch initiativ vorstellen knnen, sie htten , einen bewhrten Anker, ein bereits existierendes Bezugssystem gesucht, etwa in der NATO, nicht [nur] der militrischen Sicherheit wegen, sondern auch aus eher politisch-kulturellen Grnden.)
Dieser Wunsch nach westlicher Kontrolle entspricht dem Wunsch nach einem personenunabhngigen, zuverlssigen Regelrahmen gegen das alte System der Personalisierung der Macht.
Deshalb ist auch bei vielen reformbereiten Ukrainern auf Kritik gestoen, dass das Freihandelsabkommen EU-Ukraine auf 2016 verschoben wurde.
War das konfliktentschrfend/pragmatisch oder russischer Erpressung nachgebend?
Soviel zu den besonderen Herausforderungen, die die Lage in der Ukraine
kennzeichnen und die es zu bewltigen gilt, um Reformen auch umzusetzen.
Fallstricke fr Reformen und die Stabilisierung von innen knnten vor allem die
folgenden sein:
Viele der neuen Hoffnungstrger sind selbst Personen des alten Systems. Das ist kein Vorwurf per se, aber einige machen in der politischen Praxis oft nicht
(mehr) glaubhaft, dass sie die Vernderungen auch tatschlich anstreben, fr die eine
Gruppe von Brgern auf diversen Majdans des Landes ausharrte.
Die Fhrungsspitze bernimmt nicht deutlich genug die Verantwortung fr einschneidende Vernderungen. Man verweist gern auf externe Forderungen, etwa des
Internationalen Whrungsfonds. Als htte man die zugrundeliegenden Abmachungen
nicht selbst mit ausgehandelt. Und als gbe es nicht gute Grnde fr die
Vernderungen!
Der Krieg erschwert das Dasein der Reformer besonders.
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Weil die Kapazitt fr das Monitoring an den zahlreichen verschiedenen Fronten fehlt.
Und weil Patriotismus hufig als Verteidigungsschild fr unrechte Machenschaften
gilt, etwa, wenn ein Oligarch Freiwilligenbataillone finanziert, oder wenn der Staat
Medienfreiheit einschrnkt, oder Journalisten selbst bereits zwischen Wahrheit und
Aktivismus fr ihr Land relativieren.
Ein Fallstrick liegt aber auch in der internationalen Hilfskakophonie, die bestenfalls schlecht abgestimmt ist, schlimmstenfalls von Reformbremsern mit
Partikularinteressen instrumentalisiert wird. Ein Beispiel ist hier die
Modernisierungsinitiative, die der in Wien festsitzende Oligarch Dmytro Firtasch
finanziert und der sich einige westliche Politiker als Berater angeschlossen haben.
Zusammenfassend lsst sich sagen: Die Ukraine kmpft an zwei Fronten, einer militrischen und einer zivilen. Die zivile ist dadurch gekennzeichnet, dass traditionell,
seit der Unabhngigkeit, einige wenige den Staat fr sich vereinnahmen.
Wenn jene an der Staatsspitze nicht bald Erfolge an der Reformfront glaubhaft
machen knnen, werden sie sich mit dem Problem konfrontiert sehen, subversiv-
organisierte Straenproteste, die externe Krfte zur Destabilisierung anzetteln, kaum
noch von genuinen unterscheiden zu knnen.
Ich werde nun, wie angekndigt, im dritten Teil meines Vortrags die Dimension
erweitern und darlegen, warum Krise und Krieg in der Ukraine ber die Ukraine
hinaus von immenser Bedeutung sind.
James Sherr von Chatham House vertritt die These, Russland fhre auf dem Territorium der Ukraine Krieg gegen Europa.
In Vladimir Putins Politik ist kein Wille zum Frieden zu erkennen obwohl der Westen bis heute zurckhaltend genug war, ihm einen gesichtswahrenden
Rckzug zu gestatten, etwa mit Minsk I.
Der Kreml hat sich unter Putins Regentschaft seit Jahren gezielt von einem liberalen, marktorientierten System abgewandt mit der vorgeblichen Begrndung, dieses habe in Russland weder zu materiellem noch zu geistigem Wohlbefinden
gefhrt und sich zu einem autoritren Prsidialsystem entwickelt.
Er positioniert die Eurasische Union als Gegenmodell zur Europischen Union. Aktuell durch nderungsanforderungen an das Assoziierungsabkommen, die das
Abkommen ad absurdum fhren wrden und wieder auf eine Mitgliedschaft der
Ukraine in der Zollunion abstellen.
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Die bisherige wirtschaftliche Kooperation westlicher Lnder mit Russland hat nicht zur gesellschaftlichen ffnung in Russland gefhrt. Das Wirtschaftssystem des
heutigen Russlands ist dirigistisch und monopolistisch. Zudem geht die Kooperation
um jeden Preis gegen unser eigenes, auf Regeln basierendes westliches System, etwa
wenn Gasprom wie ein normaler, brsenorientierter Konzern behandelt wird.
Der Kreml instrumentalisiert wertkonservative Ideen und Werte die in Wirklichkeit vor-demokratische sind , anstatt die ernsthafte Umsetzung dieser Werte zu untersttzen.
Nach Umfragen des Moskauer Levada-Zentrums sind nur drei Prozent aller
Angehrigen der Russisch-Orthodoxen Kirche auch aktiv. Scheidungs- und
Abtreibungsraten sind in Russland hher als im Westen. Dieselben russischen Fhrer,
die sich in unvorstellbarem Ma bereichert haben (inkl. Vladimir Putin), schreiben den
Russen hhere Moral (duchovnost) zu und stellen den Westen als dekadent hin. Nur in
seiner Homophobie setzt der Kreml sein konservatives Werteverstndnis tatschlich um.
Unter dem Deckmantel, die letzte Hoffnung im Kampf gegen die moderne, dem Sittenverfall anheimgefallene Welt zu sein, werden auch die sog. Separatisten in der
Ostukraine gefrdert, etwa ber die Stiftung Basilius der Groe des Putinvertrauten und Oligarchen Konstantin Malofejew. Der hat sein Geld mit dem Investmentfonds
Marshall Capital gemacht, der auf den Kaimaninseln registriert ist. Mit seiner Stiftung
untersttzt er nicht nur die Russisch-Orthodoxe Kirche. Mit der Donezker
Volksrepublik hat er ein offizielles Abkommen zur Zusammenarbeit.
Mit dem radikalen russischen Ideologen Alexander Dugin, dem Kopf der russischen eurasischen Bewegung, eint Malofejew das Ziel einer imperialen, orthodoxen Idee.
Die bringt der Kreml auch als ideologische Komponente in das Verhltnis zum Westen
ein, etwa bei Treffen mit europischen Rechtspopulisten. Dort wird Vladimir Putin als
Erlser gegen den Sittenverfall in Europa bezeichnet.
Mit der radikalen Rechten als in Europa mittlerweile etabliertes Phnomen ist diese Zusammenarbeit ein weiterer Baustein in dem Kreml-Bemhen, die Europische
Union zu manipulieren und ihr Funktionieren von innen zu stren und nur vorgeblich partnerschaftlich zu kooperieren.
4) In einer umfassenderen Perspektive stellt sich die Frage, warum der Westen
gegenber dem Kreml so in die Defensive geraten konnte?
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Warum gelingt es dem Kreml, die Situation in der Ukraine mageblich zu steuern
und zu beeinflussen, und darber hinaus schon seit Jahren europische Politiker
und Geschftsleute in seinen Bann zu ziehen?
Oder auch jene Landsleute zu beeinflussen, die sich bewusst fr ein Leben in
westlichen Lndern mit einem anderen Wertesystem entschieden haben?
Eine starke russische Lobby beeinflusst die Politik vieler Lnder (Russia-first oder Russia-only-Politik). Jahrelang wurde die Lage in Russland beschnigt, um die
enge wirtschaftliche Kooperation mit russischen Eliten zu rechtfertigen.
Man war ja auch nicht selbst betroffen, weil sich der Aufbau des Systems Putin
zunchst gegen Gegner im Inneren Russlands richtete.
Das ging auf Kosten jener Russen, die die eigenen Eliten kritisierten und den Westen
ersuchten, dies auch und konsistent zu tun.
Russland geht gezielt auf die unterschiedlichen Bedrfnisse seiner Partner ein (etwa Ungarn oder Griechenland) und versucht so, eine einheitliche europische
Position zu stren.
Der Kreml manipuliert auch von innen. Die Mitgliedschaft Russlands in der OSZE sollte u.a. bewirken, dass Wahlen in Russland frei und fair ablaufen.
Stattdessen trommeln in den internen Strukturen der OSZE nun russische
Reprsentanten dafr, dass die Organisation sich anders orientiert, weg von
Wahlbeobachtung, und drohen mit dem Streichen von Mitteln.
Der Westen arbeitet aus falsch verstandenen eigenen Interessen nicht immer mit den richtigen Krften zusammen.
Beispielsweise sagt der Direktor der Moskauer Anti-Korruptions-Stiftung, Vladimir
Ashurkow, er habe regelmig der Britischen Finanzaufsicht nahegelegt, die Ttigkeit
russischer Staatskonzerne im Vereinigten Knigreich zu untersuchen vergeblich. Versteht der Westen nicht, dass er riskiert ein globales System zu kreieren, wo korrupte
Firmen mit engen Verbindungen zum russischen Staat immer strker werden und
Wettbewerb untergraben?
Die EU sollte darauf achten, dass die eigenen Geldwschegesetze eingehalten werden,
auch wenn das zu finanziellen Verlusten am Finanzplatz London fhrt.
Die Fhigkeit des Kreml, westliche Eliten zu korrumpieren, strkt zudem das Kreml-eigene Argument, westliche Demokratien htten gar keine richtigen Werte.
Russland ist ein Meister effektiver Propaganda, im kunstvollen Verweben der Wahrheit, der halben Wahrheit und absurder Lgen und investiert Hunderte von
Millionen Euro in internationale TV-Propaganda.
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(Frhere westliche Mitarbeiter sagen, ihre Aufgabe sei gewesen, eine
Nachrichtenprsentation westlich aussehen zu lassen, wohingegen zentrale Redaktionsentscheidungen von einer kleinen Gruppe von Russen getroffen worden
seien.
Propagandalgen wie Kreuzigung und Konzentrationslager Kiews fr Ostukrainer sind
Verletzungen der Bedingungen fr ein friedliches Zusammenleben in Europa, denn sie
fhren zu gesellschaftlichen Spannungen. Auch wenn nach jngsten Umfragen in
Deutschland die berwiegende Anzahl der Deutschen Putin nicht traut und ihn fr die
Geschehnisse in der Ukraine verantwortlich macht.)
Die Ausgangsfrage war: Wie geht es weiter mit der Ukraine?
Ich habe dargelegt, dass und warum das nicht nur von der Ukraine abhngt sondern
dass der Kreml unter Bruch des Vlkerrechts gleich zwei Hebel fr die knftige
Entwicklung in der Ukraine in die Hand genommen hat die Annexion der Krim
und die faktische bernahme der Kontrolle im Donbass.
Inwieweit der Westen insbesondere die EU - hierauf richtige und wirksame Antworten finden wird, steht noch aus.
Ich mchte deshalb an den Schluss einige Grundfragen stellen, die meiner Meinung
nach beantwortet werden mssen, um eine adquate Strategie im Umgang mit der
Ukraine und Russland zu entwickeln:
Wie bzw. ist berhaupt zu rechtfertigen, dass ausgerechnet die Ukraine nicht souvern ber ihre bndnispolitische Ausrichtung entscheiden darf?
Inwiefern haben die westlichen Politikanstze der letzten zwanzig Jahre grundlegende Konstruktionsfehler?
Wurde dem sowjetischen System der Personalisierung von Macht, das trotz
Einfhrung einer liberal-demokratischen Verfassung 1993 in Russland nie wirklich
berwunden worden ist, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt?
Und kann es deswegen heute als System Putin taktisch geschickt , das auf Regeln beruhende westliche System von innen immer weiter aushhlen?
Die Mitglieder der Vereinten Nationen folgen dem Grundsatz Staatsbrgerschaft geht ber Ethnie (supremacy of citizenship over ethnicity). Vladimir Putin proklamiert das Gegenteil mit seiner russischen Welt, die er hher bewertet als die Staatlichkeit seiner Nachbarn und die Staatsbrgerschaft einzelner. Er
reaktiviert die alte Breshnew-Doktrin der begrenzten Souvernitt zu einer eigenen Putin-Doktrin und behlt sich das Recht vor, berall einzugreifen, wo russische Minderheiten leben und vermeintlich bedroht sind. (Militrdoktrin 2010).
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Inwiefern etabliert sich sein Vorgehen als gefhrliches Beispiel?
Was gibt die Sicherheit, dass der Kreml nicht erneut Staatsgrenzen missachtet?
Kommt die NATO noch als Stabilittsanker in Betracht? Wie kann die EU/die NATO Lnder auerhalb des Verteidigungsbndnisses effektiv schtzen?
Wie kann die Ukraine eine demokratisch kontrollierte, strikt defensiv ausgerichtete Armee aufbauen, um Aggression etwas entgegenzusetzen aber auch, um sich von gefhrlichen Elementen im Wildwuchs der eigenen Freiwilligenbataillone
zu befreien?
Ist Europa, ist Deutschland darauf vorbereitet, sich mit einem Russland auseinanderzusetzen, das so revisionistisch-aggressiv ist und seinen Einflussbereich
weiter ausdehnen will?
Sind Sicherheit und Stabilitt mit Russland berhaupt mglich? Oder mssen
sie gegen Russland geschaffen und erhalten werden?
Meine Schlussfolgerungen sind:
Die Ukraine und der Westen mssen sich auf einen anhaltenden Konfrontationskurs einstellen. Putin knnte bis 2024 an der Macht bleiben. Und er ist
nicht an einer auf freien Wahlen basierenden Autonomieregelung fr das Donbass
interessiert, sondern daran, die besetzten Gebiete zu permanenten Vorposten der
Destabilisierung des gesamten ukrainischen Staates zu machen.
Der Kreml erlitt durch die in der Ukraine sogenannte Revolution der Wrde eine strategische Niederlage. Russland verfgt selbst ber kein eigenes attraktives Modell
(seine Wirtschaft ist abhngig von den landeseigenen Rohstoffen; es gibt keine
wirtschaftliche Prosperitt durch Innovation). Kein Land strebt freiwillig in die
Zollunion
Aber: Der Kreml steuert gegenwrtig, ber effektive Hebel, die Lage in der Ukraine,
erstens, weil er zu einer militrischen Lsung bereit ist und, zweitens, weil er
autokratisch herrscht.
Die Mechanismen der nach Ende des Kalten Kriegs etablierten
gesamteuropischen Sicherheitsarchitektur erweisen sich angesichts der russischen
Aggression als nutzlos.
NATO und EU brauchen eine Krisenstrategie fr Nichtmitgliedslnder.
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Nur Dialog zu fordern, greift zu kurz, weil Dialog auf Vertrauen beruht, das
nicht herbei verhandelt werden kann. Ohne starken Widerstand ist gerade nicht
darauf zu vertrauen, dass Putin nicht weiter vorwrts drngen wird, in der Ukraine
oder in anderen Gebieten, die er als der eigenen Machtsphre zugehrig empfindet.
Die sog. hybride Kriegsfhrung erfordert Widerstand auf all den
unterschiedlichen Ebenen, die der Kreml bedient.
Fehlinformationen mssen Fakten entgegengestellt werden.
Die eigene Energieversorgung muss diversifiziert werden, um nicht erpressbar zu sein.
Insgesamt ist Widerstandsfhigkeit gegen die Angriffe auf den unterschiedlichen Kanlen erforderlich. Dazu gehrt auch die politische Bereitschaft,
die Schuldigen beim Namen zu nennen und die Situation nicht zu beschnigen.
Der Westen sollte sicher verhandlungsbereit bleiben, aber es muss klar sein, welche Positionen nicht zur Disposition stehen (die vom Kreml vollzogenen oder
weiter beabsichtigten territorialen Vernderungen).
Zentral ist auch, dass der Westen keinen Kuhhandel ber den Kopf der Ukraine hinweg zulsst.
Die Strke des Westens ist seine berlegene Wirtschaftskraft. Deren Einsatz
funktioniert aber nur, wenn Europa sich einig zeigt, ohne dass einzelne EU-Lnder
den Vorteil in bilateralen, wirtschaftlich vermeintlich gnstigen Beziehungen zum
Kreml suchen.
Dafr ist eine analytisch klare, nicht beschnigende Sichtweise des Westens
notwendig, sowie Geschlossenheit hinter dem eigenen, auf festen Regeln basierenden
System.
Aushhlungs- und Manipulationsversuche autoritrer Systeme mssen verstanden
und ernst genommen und mit einer gemeinsamen Strategie beantwortet
werden.
Deutschland und die EU mssen jene untersttzen, die sich dafr engagieren, dass sich die Ukraine, und auch Russland, modernisieren knnen. Alles andere ist
statisches Denken, mit dem auch viele 1989 vor einer deutschen Einheit in Frieden
und Freiheit warnten und Stabilitt mit Stagnation verwechselten.
Die Ukraine kann sich als demokratischer Staat ohne kontinuierliche massive westliche Untersttzung nicht entwickeln und stabilisieren. Sie wrde als failed state wieder Russland anheimfallen wie es der Kreml beabsichtigt. (Bereits 2008
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gab Putin zu Protokoll, dass es sich bei der Ukraine um gar keinen richtigen Staat handelt.)
Fr Deutschland und die EU bedeutet das aber auch, auch in der Ukraine nicht sich bereichernde Eliten zu untersttzen, die demokratisches Verhalten nur imitieren,
sondern jene, die tatschlich das liberale, marktorientierte System der EU wollen, das,
was Heinrich August Winkler das normative Projekt des Westens nennt, das
personenunabhngig und dauerhaft auch Kritik an eigenen inneren Missstnden
beinhaltet.
So muss die Ukraine das ihre tun und Reformen, die sich bislang berwiegend
auf die Legislative erstrecken, auch umsetzen. Einige Fallstricke habe ich oben
angefhrt.
Deshalb wnschen sich reformwillige Ukrainer, so die Journalistin und Bucerius-
Preistrgerin 2014 Julija Mostowa, eine Zange aus westlicher Kontrolle und
brgergesellschaftlichem Monitoring in der Ukraine wobei westliche Kontrolle fr
einen Rahmen steht, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und
Individualismus und kulturelle Pluralitt verheit.
Reformbereite Ukrainer brauchen jede Untersttzung, etwa durch Visa-Freiheit und eine konkrete wenn auch in der Ferne liegende Chance auf Mitgliedschaft in der EU, bei Erfllung der Kopenhagener Kriterien.
Sowieso bietet Visa-Freiheit brigens auch fr russische Normalbrger die Mglichkeit, dem Feindbild, das russische Propaganda vom Westen zeichnet,
entgegen zu wirken.
Impressum
Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit
Regionalbro fr Nordrhein-Westfalen
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Autorin: Miriam Kosmehl
V.i.S.d.P.: Jan-Frederik Kremer