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1Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Wie können wir das schaffen? Ursachen und Lösungsstrategien der
Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa.
Ludger Pries
BürgerUni Coesfeld 20. April 2016
1. Das „Wunder des September 2015“2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’5. Herausforderungen und Schlussfolgerungen
2Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
1. Das „Wunder des September 2015“
31.08.2015: Im lange geplanten Sommerinterview sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Flüchtlingssituation: "Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!"
02.09.2015: Der dreijährige Aylan Kurdi ist vor der Küste von Bodrum/Türkei ertrunken. Der Asylantrag für ihn selbst, seinen älteren
Bruder, seine Mutter (alle ertrunken) und seinen Vater (alle aus kurdisch‐syrischer Stadt Kobane) wurde von Kanada abgelehnt, wo die
Schwester des Vaters, Abdullah Kurdi, lebt.
26.‐27.08.2015: Auf dem Weg von Ungarn nach Österreich/A4 Nähe Parndorf/Wien: 71 Flücht‐linge ersticken in einem LKW, der von den bulgarische‐libanesischen und afghanischen Lkw‐Fahrern aufgegeben wurde
dpa/2015‐08‐27
3Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Ab 1. September hob Ungarn Kontrollen an Grenzen und Bahnhof in Budapest auf Tausende Migranten täglich durch Österreich nach Deutschland, in Zügen, Bussen, LKWs, PKWs oder zu Fuß.
Erstes Septemberwochenende 2015: rund 20.000 Flüchtlinge kamen nach DeutschlandIm März 2016: "Wir sind im Tagesdurchschnitt bei deutlich unter 200 pro Tag“ (BI Th. De Maiziere)
1. Das „Wunder des September 2015“
4Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
BAMF 2016: Aktuelle Zahlen zu Asyl. Tabellen, Diagramme, Erläuterungen. März 2016, S. 6
1. Das „Wunder des September 2015“
5Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Im Unterschied zur Situation 1992/93 (Skepsis bis Fremdenfeindlichkeit) reagierte Zivilgesellschaft im September mit ‚Willkommenskultur‘ (viele Menschen arbeiten bereits seit Jahren in Unterstützungsinitiativen für Flüchtlinge).
1. Das „Wunder des September 2015“
6Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Berechtigte und unberechtigte Ängste von Bürgern werden von rechtspopulistischen bis Neonazi‐ und rechtsterroristischen Gruppen als Anlass für fremdenfeindliche Mobilisierungen genommen.
Wie kann man das „Wunder vom September“ erklären?
• Macht der Bilder und transnationale Sofortverbreitung von Informationen• Wandel Deutschlands formalrechtlich und mental zum Einwanderungsland• Histor. Erfahrungen: 12 Mio. Flüchtlinge nach 1945, 2,5 Mio Spätaussiedler 1990‐2011• Utilitaristisch‐instrumentalistische Erwägungen (Demographie, Alterung, Arbeitsmarkt)• Grundstruktur einer sozialen Bewegung des Flüchtlingsschutzes (jung, weiblich, gebildet,
stabile Beschäftigung, 2. Generation Einwanderer)
1. Das „Wunder des September 2015“
7Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
‚Flüchtlingskrise‘ in Deutschland kam weder überraschend, noch ist sie ein Einzelfall.
2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen
UNHCR 2015: World at War. Global Trends. Forced Displacement in 2014, p. 5, 12, 14
Inlandsvertriebene und Flüchtlinge2000 – 2014 (jeweils zum Jahresende)
8Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
‚Flüchtlingskrise‘ in Deutschland kam weder überraschend, noch ist sie ein Einzelfall.
2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen
UNHCR 2015: World at War. Global Trends. Forced Displacement in 2014, p. 5, 12, 14
Inlandsvertriebene und Flüchtlinge2000 – 2014 (jeweils zum Jahresende)
9Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
‚Flüchtlingskrise‘ in Deutschland kam weder überraschend, noch ist sie ein Einzelfall.
2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen
UNHCR 2015: World at War. Global Trends. Forced Displacement in 2014, p. 5, 12, 14
Inlandsvertriebene und Flüchtlinge2000 – 2014 (jeweils zum Jahresende)
10Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen
http://data.unhcr.org/mediterranean/regional.php. 13.04.2016
11Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
BAMF 2016: Das Bundesamt in Zahlen 2015. Nürnberg: BAMF, S. 9
2. Der transnationale Kontext: Fluchtursachen
neue transnationale soziale Frage (bewaffnete Konflikte, keine öffentliche Sicherheit, keine Berechenbarkeit des
Lebens, Armut, fehlende Lebensperspektive)
12Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Dublin I (1990), II ‚(2003), III (2013)Antrag auf internationalen Schutz muss in dem Land der ersten Einreise in ein EU‐Land eingereicht werden.
Möglichkeit der Inhaftierung bis zur Rückführung in Fällen ungeklärter Identität, zeitverzögerten Asylantrags, Sicherheit/öffentliche Ordnung usw.
http://free-group.eu/texts/
3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’
2013 überarbeiteteRichtlinien: • Asylverfahren• Aufnahmebedingungen• Anzuwendende Kriterien
überarbeitete Vorschriften:• Dublin‐Verordnung• EURODAC‐Verordnung
13Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’
Harmonisierungsprozesse:Schengener Abkommen 1985 Maastrichter Vertrag 1992 (Gründung Europäische Union)Amsterdamer Vertrag 1997 (Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts)
Dublin‐PrinzipZuständigkeit des Ersteinreisestaats für Erstaufnahme, Durchführung des Asylverfahrens und Rückführung nicht anerkannter Asylbewerber‐ Vorteile: kein ‚Asylum shopping‘, kein ‚race to the bottom‘, keine ‚refugees in orbit‘‐ Probleme: Grenzschutz, Seenotrettung, Unterbringung, Durchführung von Asylverfahren wird zu großen Teilen Ländern an Außengrenzen aufgebürdet
Das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) ‐ Vorteile: Gemeinsame Standards für Asyl und Flucht als Teil des EU‐Rechts‐ Probleme: ungleiche Standardanwendung, ungleiches Schutzniveau, ungleiche Verantwortungs‐ und Lastenverteilung
14Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Strukturelle Probleme, seit Jahren nicht gelöst:• ‚organisierte Nicht‐Verantwortung’
o Kanarische Inseln waren hot spot seit 2000 – Druck auf Spanieno Italien/Lampedusa waren hot spot seit 2010, Mare Nostrum – Kritik an Italieno Push‐back‐Strategie und fehlendes Asylsystem – Kritik an Griechenlando Fehlende Asyl‐ und Flüchtlingsstruktur – Kritik an EU8 und EU2o Restriktive Tunnelpassage Calais‐Dover – Kritik an UK und Frankreich
• Externalisierung der Grenzkontrollen ohne Fluchtursachenbekämpfungo Spanien mit Senegal, Mauretanien und Marokko seit 2003ffo Italien und EU mit Gaddafi/Libyen in 2003/2010o EU mit Türkei und Westbalkan‐Staaten in 2015/16
• Stop‐and‐go‐ und zick‐zack‐Politiko Öffnen und Schließen der Grenzen EU‐Außen‐ und Binnengrenzen Sept. 2015o Suspendierung und Wiederinkraftsetzen Dublin (Italien seit 2011, Deutschland etc.)
• Alle EU‐Mitgliedsstaaten heraus‐/überfordert mit Flüchtlingskrise 2015: o Fehlende physische Aufnahmeplätze, fehlende Ressourcen o Fehlende Erfahrungen und know how des GEAS‐Prozesseso Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit gegenüber bestimmten sozialen Gruppen
3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’
15Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
EASO (European Asylum Support Office), 2014: Annual Report on the Situation of Asylum in theEuropean Union. Luxembourg: Publications Office of the European Union, p. 25
Unterschiedliche Anerkennungsraten von Asylbewerbern in den 28 EU‐Mitgliedstaaten, Top‐Ten‐Herkunftsländer im Jahr 2013
3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’
16Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
In 2014: 130.000 Anträge auf Prüfung des zuständigen Asylantragsbearbeitungslandes im Rahmen aller Dublin‐Staaten (EU 28 und Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz)
3. Dublin und die ‘organisierte Nicht‐Verantwortung’
0
50.000
100.000
150.000
200.000
250.000
Organisierte Nicht‐Verantwortung der EU‐MitgliedsstaatenRegistrierte Flüchtlingsankünfte über Mitteleer nach Ersteintrittsland
2014 ‐ 2015
Greece Italy Malta Spain
Source: UNHCR 2015 (http://data.unhcr.org/mediterranean/regional.php#_ga=1.11825009.470556137.1453493719)
17Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Flüchtlinge Netzwerke
Zivilgesellschaft Soziale
Bewegungen
Regierung Verwaltung
Regierungen/Verwaltung Parteien/Jurisdiktion
EU, national, regional, lokal, international;
EGMR‐StrassburgEuGH‐Luxemburg
Agenturen (Frontex; EASO; AMIF; EMN; FRA; ECRE etc.)
Flüchtlinge+Netzwerke
FamilienstrukturenVerwandte/Bekannte
Herkunfts‐ und transitlandbezogene
Organisationen/Netzwerke/Schlepper
UNHCR, OIM, etc.
NGOs als kollektive Akteure (flüchtlings‐/asylbezogene Solidaritäts‐/ Unterstützungs‐NGOs, aber auch rassistische/flüchtlingsfeindliche Gruppen)GOs/IGOs als korporative Akteure: Rotes Kreuz; Kirchen/Caritas/Diakonie,
Akademiker/Universitäten; Medien/Kommunikation etc.
Zukunft des Flüchtlingsschutzes hängt nicht nur vom politischen System ab, sondern von Legitimitätsdruck im Feld von (1) Regierung/Verwaltung, (2) Flüchtlingen und
ihren Netzwerken sowie (3) flüchtlingsbezogenen NGOs und GOs
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
18Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Lehrforschungsprojekt an RUB 2013 – 2016
Analyse der Ankunfts‐ und Flüchtlingssituation in Spanien, Griechenland, Italien, Malta, Zypern und die (Nicht‐) Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), Analyse der Netzwerke der Organisationen für Flüchtlings‐ und Asylhilfe (NGOs, sowie staatliche, internationale, wissenschaftliche Organisationen); Website www.rub.de/marem
Das Beispiel Italien• 2010‐2014 wichtigste EU‐Ankunftsland von Flüchtlingen („Arabischer Frühling“, Sturz des
Gaddafi‐Regimes, Zerfall des libyschen Staates)• ca. 35.000 Tote im Mittelmeer 2000‐2015 im Zusammenhang von Flucht/Asyl• Nach Hunderten von Ertrunkenen in Lampedusa im Jahr 2013: das Projekt Mare Nostrum der
italienischen Marine (Okt. 2013 – Okt. 2014) rettete mehr als 140.000 Flüchtlinge• Flüchtlingsankünfte in Süditalien:
2013: 43.002014: 171.0002015: 154.000
• Im Jahr 2014 kamen mehr als 200.000 Flüchtlinge/irreguläre Migranten nach Italien, aber nur etwa 50.000 haben Anträge auf Asyl in diesem Land gestellt
http://frontex.europa.eu/trends‐and‐routes/migratory‐routes‐map/
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
19Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Tavolo Asilo
Italienisches Netzwerk von flüchtlings‐ und asylbezogenen Organisationen; teilnehmende NGOs: Zentrum Astalli, FECEI, Caritas, Arci, Cir, Sant 'Egidio, ASCI, Save the Children, Caritas
Leitlinien: Effizienz und Einhaltung von Normen im Hinblick auf Asylbewerber/Flüchtlinge Verbesserung der Standards für Asylbewerber (kürzere Bearbeitungszeiten,
Aufnahmeeinrichtungen verbessern) Empfehlungen und Vorschläge (dezentrale Verteilung der Flüchtlinge, bessere
Zusammenarbeit der lokalen und regionalen Verwaltungen) Kritik an Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems GEAS
Quelle: Befragungen, UNHCR.it (2015), Centro Astalli (2015)
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
20Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Egozentrische Organisationsnetzwerke (8 Organisationen in Italien)
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
21Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Egozentrische Organisationsnetzwerke (8 Organisationen in Italien)
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
Die flüchtlingsbezogenen Organisations‐Netzwerke
• sind zentrale Stütze der ‚sozialen Bewegung für Flüchtlingsschutz’
• haben bereits eine lange Geschichte und wachsen weiter, • verbinden Zivilgesellschaft, politisches System und
Massenmedien• erhöhen die Legitimitätserwartungen gegenüber Politik• sind Gegenspieler rechtspopulistischer und
fremdenfeindlicher Aktionsbündnisse
22Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
23Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
24Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
25Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
4. Akteure ‘organisierter Verantwortung’
26Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
5. Herausforderungen und Schlussfolgerungen
Globale und EU‐Ebene1. Fluchtursachen bekämpfen (Entwicklungspolitik und Konfliktmanagement)2. EU‐Unterstützung Flüchtlingscamps und Mobilitätspartnerschaften außerhalb EU3. Mehr EU als einzige Chance, EU‐Seenotrettung und Außengrenzkontrolle stärken4. GEAS und EASO stärken, Harmonisierung von Standards und Verfahren5. Dublin flexibilisieren oder durch EASO ersetzen: EURODAC in Ersteintrittsland in
gemeinsamen EU‐Flüchtlingsankunftszentren, Verteilung nach familiären Bezügen, bestehenden Kontakten und Verteilschlüssel (BIP/Steueraufkommen pro Person, AL, Flüchtlingsdichte), Rückführung unberechtigt Einreisender, freie Wohnortwahl spätestens nach Asyl‐Anerkennung
6. EU‐weite Kompensation und Verteilung finanzieller und logistischer Aufwände (EU‐Grenzstaaten, Aufnahmeländer) zwischen EU‐28 bzw. Dublin‐Staaten
7. Nutzung aller drei Mechanismen• EU‐harmonisiertes individuelles Asylrecht und –verfahren• EU‐weite kollektive Aufnahmeverfahren Massenzustromsrichtlinie (temporär)• EU‐weite kollektive Aufnahmeverfahren resettlement (dauerhaft)
27Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
5. Herausforderungen und Schlussfolgerungen
Föderale, Länder‐ und lokale Ebene• Vereinheitlichung/Kompatibilität der Registrierung (MARiS/BAMF, ED‐
Behandlung/BP, EASY‐/NIAS‐Länder, Hausausweis EAE/ZUE), einheitlicher Ankunftsausweis ab Februar 2016
• Gesetzgebung als Symbolpolitik (monatsweise Meldebescheinigungen und Leistungsgewährung bis 1.2.2016, Wiedereinführung Einzelfallprüfung ab 1.1.2016)
• Behebung Föderalismusprobleme: Asylrecht=Bund/BAMF, Verteilung=Länder und Bezirke, Unterbringung=Kommunen – wie Finanzverteilung nach Ebenen?
• Strafrechtliche Verfolgung illegaler Grenzübertritte nur in Sonderfällen• Beschleunigung der Statusklärung (teilweise bei EU‐Eintritt etc.) • Familienzusammenführung für anerkannte Flüchtlinge• Ausgleich zwischen Interessen der Flüchtlingen und anderer Gruppen mit
besonderem Bedarf• Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen und gleichzeitig gegen Populismus,
Ressentiments und rassistische Propaganda wirken• Integration (Sprachkurse, Sport, Kultur, Arbeit etc.) ab Statusklärung
28Cátedra Guillermo y Alejandro de Humboldt/DAAD-Colmex Ludger Pries Chair Sociology/Ruhr-University Bochum/Germany
Schlussfolgerungen
1. Fluchtbewegungen als Ausdruck einer ‚neuen transnationalen sozialen Frage (bewaffnete Konflikte, keine öffentliche Sicherheit, Armut, fehlende Anerkennung/Lebensperspektive)
2. Vorgeschichten ‚Flüchtlingskrise 2015‘: Kanarische Inseln, Ceuta/Melilla, Lampedusa; Konflikte in Afghanistan, Eritrea, Irak‐Syrien‐Konflikt seit 2003
3. Zivilgesellschaft agierte schneller als Politiker, die in ihrer Organisierten Nicht‐Verantwortung verharrten
4. Nationale Autonomie ist relativ, es gibt kein Zurück zur Re‐Nationalisierung.
5. Rechtspopulisten bis Neonazi‐Terroristen versuchen die Verunsicherungen, Schwierigkeiten, auch die Organisierte Nicht‐Verantwortung auszunutzen.
6. Die Alternative ist: ‚Festung Europa mit Organisierter Nicht‐Verantwortung‘ oder ‚Europa der Sicherheit, des Friedens und des Rechts.
5. Herausforderungen und Schlussfolgerungen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!