101
Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen Eine Untersuchung der Strukturen, Prozesse und Rollen Leipzig School of Media - New Media Journalism Von: Beat Krapf Betreuer: Dr. phil. Frank Hänecke

Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen

Eine Untersuchung der Strukturen, Prozesse und Rollen

Leipzig School of Media - New Media Journalism

Von: Beat Krapf Betreuer: Dr. phil. Frank Hänecke

Page 2: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen

Eine Untersuchung der Struk- turen, Prozesse und Rollen

Masterarbeit im Studiengang New Media Journalism an der Leipzig School of Media

Bearbeitungszeitraum: 27.07.2016 bis 14.12.2016

Verfasser: 10-296-309 Beat Krapf Engadinerweg 5, 8049 Zürich [email protected], +41 79 376 16 85

Betreuer: Dr. phil. Frank Hänecke

Zweitgutachter: Dr. phil. Tobias D. Höhn

Zürich, Dezember 2016

Page 3: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet. Dies geschieht einzig zur Ver-meidung von Wortungetümen. Die männliche Form schliesst ausdrücklich auch die weibliche Form ein, ohne jegliche Absicht der Diskriminierung. Sollten entweder Frauen oder Männer gemeint sein, wird dies explizit erwähnt.

Diese Arbeit entspricht den gängigen Regeln der deutschen Rechtschreibung. Im Falle von länderspezifischen Unterschieden gelten dabei Schweizer Normen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Verwendung des «ß», das in der Schweiz nicht eingesetzt wird, und auf Schweizer Anführungs- und Schlusszeichen (« und »).

Page 4: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1. Einleitung ............................................................................................... 1

1.1 Hintergrund ....................................................................................................1

1.2 Ausgangslage .................................................................................................2

1.3 Zielsetzung .....................................................................................................3

1.3.1 Forschungsfragen ..................................................................................3

1.3.2 Eingrenzung ..........................................................................................4

1.4 Aufbau der Arbeit ...........................................................................................4

1.5 Begriffsklärungen ...........................................................................................5

2. Theoretischer Teil .................................................................................. 6

2.1 Entwicklungen im Journalismus ....................................................................6

2.1.1 Ökonomisierung der Medien ................................................................7

2.1.2 Digitalisierung der Medien ...................................................................7

2.1.3 Differenzierungskriterien von Online-Medien ......................................9

2.1.4 Journalisten im Internet ......................................................................11

2.2 Entwicklungen in der Werbung ....................................................................13

2.2.1 Definition von Werbung ......................................................................14

2.2.2 Werbeformate im Internet ...................................................................15

2.2.3 Content Marketing ..............................................................................16

2.3 Native Advertising .......................................................................................17

2.3.1 Kategorien von Native Advertising .....................................................19

2.4 Sponsored Content .......................................................................................22

2.4.1 Modelle von Sponsored Content .........................................................22

2.4.2 Eigenschaften von Sponsored Content ...............................................23

2.4.3 Erfolgsfaktoren von Sponsored Content .............................................26

Inhaltsverzeichnis

Page 5: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2.5 Trennungsnorm ............................................................................................28

2.5.1 Schweizer Presserat .............................................................................28

2.5.2 Schweizerische Lauterkeitskommission .............................................29

2.5.3 Die Trennungsnorm unter Druck ........................................................30

2.6 Das Mediensystem der Schweiz ..................................................................31

2.6.1 Kleinstaatlichkeit und Mehrsprachigkeit ............................................31

2.6.2 Medienkonzentration ..........................................................................32

2.6.3 Online-Medien ....................................................................................33

3. Praktischer Teil .................................................................................... 34

3.1 Einleitung .....................................................................................................34

3.1.1 Stichprobe ...........................................................................................35

3.1.2 Auswahl der Merkmalsträger ..............................................................36

3.1.3 Methodisches Vorgehen ......................................................................37

3.1.4 Auswertung .........................................................................................38

3.2 Tamedia ........................................................................................................39

3.2.1 Sponsored Content bei Tamedia ..........................................................39

3.2.2 Strukturebene ......................................................................................40

3.2.3 Prozessebene .......................................................................................41

3.2.4 Funktionsebene ...................................................................................42

3.2.5 Artikelebene ........................................................................................43

3.3 Watson ..........................................................................................................46

3.3.1 Sponsored Content bei Watson ...........................................................46

3.3.2 Strukturebene ......................................................................................47

3.3.3 Prozessebene .......................................................................................48

3.3.4 Funktionsebene ...................................................................................50

3.3.5 Artikelebene ........................................................................................51

Page 6: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3.4 Ringier ..........................................................................................................53

3.4.1 Sponsored Content bei Ringier ...........................................................53

3.4.2 Strukturebene ......................................................................................55

3.4.3 Prozessebene .......................................................................................56

3.4.4 Funktionsebene ...................................................................................58

3.4.5 Artikelebene ........................................................................................60

3.5 Auswertung .................................................................................................63

3.5.1 Strukturebene ......................................................................................63

3.5.2 Prozessebene .......................................................................................64

3.5.3 Funktionsebene ...................................................................................65

3.5.4 Artikelebene ........................................................................................67

4. Fazit ...................................................................................................... 69

4.1 Sponsored Content in Schweizer Medien ....................................................69

4.1.1 Strukturen und Prozesse ......................................................................70

4.1.2 Rollen und Funktionen ........................................................................71

4.1.3 Schlusswort .........................................................................................72

4.2 Methodenkritik .............................................................................................73

4.3 Weiterführende Forschungsansätze ..............................................................74

4.3.1 Medienwissenschaft und Journalistik .................................................74

4.3.2 Werbeforschung und Werbewirkungsforschung .................................76

5. Eidesstattliche Erklärung ................................................................... 77

6. Management Summary ....................................................................... 78

7. Literaturverzeichnis ............................................................................ 79

7.1 Monographien und Sammelbände, Printquellen ....................................79

7.2 Online-Quellen, digitale Medien ............................................................83

Page 7: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

8. Abbildungsverzeichnis ....................................................................... 87

9. Anhang ................................................................................................. 91

9.1 Erklärung und Richtlinien des Schweizer Presserats ...................................91

9.2 Grundsatz Nr. 3.12 der Schweizerischen Lauterkeitskommission ...............92

9.3 Meinungen zu Native Advertising ...............................................................93

Page 8: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1

1. Einleitung

1.1 Hintergrund

«Darüber nerven sich unsere Leser im Büro» titelt 20min.ch, das meistgelesene Newsportal der Schweiz, im September 2016.1 Zwölf witzige Illustrationen erzäh-len von den nervigsten Angewohnheiten am Arbeitsplatz. 255 Leserkommentare zeugen vom regen Interesse der User. Neben dem Artikel prangt «Friendly Work Space», ein Label der Gesundheitsförderung Schweiz.

Diese hervorragende Werbeplatzierung ist kein Zufall. Durch die Kennzeichnung «Sponsored» und durch einen Hinweis, dass die Illustrationen von Commercial Publishing Tamedia, dem Verlagshaus von 20min.ch, erstellt wurden, ist der Artikel als Werbung deklariert. Weitere Anzeichen auf einen werblichen Ursprung sind aber keine ersichtlich. Es handelt sich um «Sponsored Content» – um einen ge-sponserten Beitrag, der stilistisch, sprachlich und sogar dramaturgisch perfekt zum redaktionellen Umfeld passt.

Werbung, die sich redaktionelle Mittel wie Text und Layout zunutze macht, ist keine neue Erscheinung. Aber die vom Print bekannten Publireportagen oder Advertorials lassen sich auf 20min.ch dank einem alternativen Design und der Kennzeichnung «Paid Post» leicht von redaktionellen Beiträgen unterscheiden. Viele Publireportagen zeichnen sich zudem durch eine werbliche Sprache mit di-rekter Ansprache des Lesers, eindeutigen Produktplatzierungen und vielen Super-lativen aus. Genau darin liegt der grösste Unterschied zu Sponsored Content. Der erwähnte Artikel der Gesundheitsförderung Schweiz entspricht denselben inhaltli-chen Kriterien wie die redaktionellen Beiträge auf 20min.ch.

Es handelt sich dabei nicht um einen Einzelfall, sondern um einen neuen Trend in Schweizer Medien. Anfang 2016 hat Tamedia mit dem Commercial Publishing eine eigene Abteilung für Sponsored Content geschaffen. Die seit 2013 angebotenen Produkte sollen standardisiert und die Prozesse vereinheitlicht werden. Im Herbst 2016 gründete Ringier das «Story Studio» für Titel wie Blick und Blick am Abend. Die Schweizer Online-Zeitung Watson bietet Sponsored Content seit 2014 an.

1 Artikel abrufbar auf www.20min.ch/native/stories/story/Darueber-nerven-sich- unsere-Leser-im-Buero-10046815 [Abruf am 9. November 2016]

Page 9: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1. Einleitung 2

1.2 Ausgangslage

Mit Sponsored Content reagieren die Schweizer Medienhäuser einerseits auf wirt-schaftlichen Druck durch aktuelle Entwicklungen wie die Ökonomisierung und die Digitalisierung der Medien und andererseits auf die zunehmende Aversion der User gegenüber herkömmlicher Online-Werbung.

Wie alle anderen werblichen Inhalte muss auch Sponsored Content als Werbung deklariert werden. Hinweise auf die obligatorische Kennzeichnung finden sich in den Richtlinien des Schweizer Presserates. Zudem erscheinen regelmässig wissen-schaftliche Abhandlungen sowie kritische Berichte zur Trennung kommerzieller und redaktioneller Inhalte.

Problematisch ist aber, dass schweizweit gültige Standards bezüglich der Struk-turen und Prozesse in Medienbetrieben nahezu gänzlich fehlen. Zentrale Aspekte, beispielsweise wer die gesponserten Inhalte schreibt, wie weit der Einfluss der Wer-bekunden maximal gehen darf und welche Regulationsmechanismen nötig sind, legt jedes Schweizer Medienunternehmen selber fest.

Gemäss Dernbach (2005: 152) zählen neben dem verantwortungsvollen Umgang mit Quellen und Informationen und einer sorgfältigen Recherche auch «Trans-parenz [...] in der journalistischen Vorgehensweise, Medienethik und Verantwor-tung [...] zu den wesentlichen Kriterien eines professionalisierten Berufsfeldes». Eine fehlende Übersicht über die geschaffenen Strukturen und Prozesse rund um Sponsored Content gefährdet somit die Glaubwürdigkeit der betroffenen Medien-häuser. Dieser Sachverhalt wird dadurch verschärft, dass die Koppelung von Wer-bung und Journalismus, wie sie bei inhaltsbasierten Werbeformen wie Sponsored Content auftritt, bestehende journalistische Normen ohnehin infrage stellt.

Unter der mangelnden Transparenz leiden in erster Linie die Rezipienten. Ohne das entsprechende Hintergrundwissen fehlt ihnen die Kompetenz, gesponserte Inhalte einzuordnen und hinsichtlich Kriterien wie Sorgfalt in der Recherche oder Objekti-vität in der Themenwahl kritisch zu beurteilen.

Page 10: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1. Einleitung 3

1.3 Zielsetzung

Primäres Ziel dieser Arbeit ist es, Strukturen und Abläufe bei der Erarbeitung von Sponsored Content in Schweizer Medienunternehmen zu untersuchen. Im Zentrum stehen die Trennung zwischen Redaktion und Verlag sowie die Bedeutung gespon-serter Inhalte für Rollen und Aufgaben involvierter Journalisten.

Aktuelle Diskussionen rund um Sponsored Content werden in der Schweiz kontro-vers geführt. Das liegt auch an der unvollständigen Informationslage. Diese Arbeit soll eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für künftige Debatten und für die Formulierung verbindlicher Regeln im Umgang mit Sponsored Content legen.

Die medienethischen Aspekte rund um Sponsored Content zählen nicht zu den Forschungsschwerpunkten dieser Arbeit. Wie weit Werbung überhaupt gehen darf, kann nicht einfach in einem Nebensatz beantwortet werden, sondern erfordert eine vertiefte Betrachtung, die im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist. Interessierte Leser finden im Anhang eine unkommentierte Sammlung mit Meinungen zu Native Advertising und Sponsored Content.2 Im weiteren Verlauf geht diese Arbeit von einem kritisch zu beurteilenden aber nicht mehr zu verhindernden Phänomen im modernen Journalismus aus.

1.3.1 Forschungsfragen

Aufgrund der vergleichsweise geringen Wissensbasis werden keine Hypothesen, sondern zwei Forschungsfragen formuliert, deren Beantwortung unmittelbar vonei-nander abhängt.

1. Mit welchen Strukturen und Prozessen erarbeiten Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content?

2. Inwiefern beeinflusst Sponsored Content die Rollen, Aufgaben und Tätigkeiten betroffener Journalisten?

2 Siehe 9.3 Meinungen zu Native Advertising (S. 93)

Page 11: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1. Einleitung 4

1.3.2 Eingrenzung

Um relevante und vergleichbare Aussagen treffen zu können, wird diese Arbeit in zweierlei Hinsicht eingegrenzt. Untersucht werden ausschliesslich Medienunter- nehmen aus der Deutschschweiz. Diese Beschränkung reduziert Verfälschungen der Ergebnisse durch nationale Unterschiede im Mediensystem, in Politik und Wirtschaft, durch das Nutzungsverhalten der Rezipienten sowie durch verschiedene Sprachräume.

Des Weiteren bezieht sich diese Arbeit nur auf Sponsored Content in Online- Medien. Auf die teilweise bereits durchgeführten Experimente mit Sponsored Content in Printmedien lassen die Resultate dieser Untersuchung deshalb keine oder nur eingeschränkte Rückschlüsse zu.

1.4 Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.

Im theoretischen Teil wird der Ursprung von Sponsored Content durch die Aus-einandersetzung mit den Definitionen von Journalismus und Werbung sowie mit laufenden Entwicklungen in beiden Bereichen hergeleitet. Des Weiteren werden der aktuelle Forschungsstand, Modelle, Kriterien und Zusammenhänge rund um Sponsored Content aufgezeigt. Dabei werden auch rechtliche Aspekte und die Tren-nungsnorm von Werbung und redaktionellem Inhalt thematisiert. Es folgt eine kur-ze Darstellung der Eigenschaften und Eigenheiten des Schweizer Mediensystems.

Der theoretische Teil dieser Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht in erster Linie darum, den aktuellen Forschungsstand in ausgewählten Bereichen, die für das Verständnis der anschliessenden Untersuchung relevant sind, aufzuarbeiten.

Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen werden im praktischen Teil die Struk-turen und Prozesse in Schweizer Medienunternehmen sowie die Auswirkungen auf betroffene Journalisten untersucht. Eine qualitative Befragung in Form eines Leitfaden-Interviews liefert die nötigen Daten. Befragt wurden einerseits die Mar-keting- oder Abteilungsleiter der wichtigsten Schweizer Medienunternehmen, die Sponsored Content einsetzen, und andererseits die Journalisten, Texter oder Brand Editors, die in denselben Medienunternehmen gesponserte Inhalte erstellen.

Page 12: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

1. Einleitung 5

Die in den Leitfaden-Interviews erhobenen Merkmale werden ausgewertet und auf Struktur-, Prozess- und Funktionsebene miteinander verglichen. Ergänzend werden einzelne gesponserte Artikel analysiert. Daraus entsteht ein präzises Bild der Schweizer Medienlandschaft in Bezug auf Sponsored Content.

Im Fazit werden die erhobenen Merkmale mit den theoretischen Grundlagen ver-knüpft und die beiden Forschungsfragen beantwortet. Methodenkritik und weiter-führende Forschungsansätze schliessen diese Masterarbeit ab.

1.5 Begriffsklärungen

Sponsored Content und Native Advertising

Sponsored Content und Native Advertising werden sowohl umgangssprachlich als auch von Branchenexperten oft synonym verwendet. Bei Native Advertising han-delt es sich allerdings um einen übergeordneten Sammelbegriff für Werbeformen, die sich gestalterisch ihrem Umfeld anpassen. Dazu zählen auch Suchmaschinen-werbung oder Sponsored Posts auf Facebook. Sponsored Content hingegen ist eine bestimmte Kategorie von Native Advertising, die primär in Online-Medien statt- findet.3

Redaktionelle und gesponserte Artikel

Der Einfachheit halber wird im praktischen Teil dieser Arbeit zwischen redaktionel-len und gesponserten Artikeln unterschieden. Dabei bezieht sich der Terminus «redaktionelle Artikel» auf Inhalte, die von einer Redaktion ohne etwaige Einflüsse von Werbekunden umgesetzt werden. Es ist klar, dass auch gesponserte Artikel in einem übertragenen Sinne «redaktionell» sein können. Die Unterscheidung zwi-schen redaktionell und gesponsert ist branchenüblich und geschieht im Rahmen dieser Arbeit primär aus Gründen der Lesbarkeit.

3 Auf die Unterschiede zwischen Sponsored Content und Native Advertising wird in den Kapiteln 2.3 Native Advertising (S. 17) und 2.4 Sponsored Content (S. 22) näher eingegangen.

Page 13: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

6

2. Theoretischer TeilIm 18. Jahrhundert entstanden die ersten Schweizer Zeitungen. 18 Titel, die zwi-schen 1700 und 1800 gegründet wurden, führt die Bibliografie der Schweizer Presse auf (vgl. Blaser 1958: 1243). Nebst Verlautbarungen von Regierung und Verwaltung, Berichten aus dem Ausland und literarischen Texten zählten auch Inserate zu den Inhalten der ersten Schweizer Medien (vgl. Schweizer Medien 2016a: o.S.).

Werbeanzeigen prägen praktisch seit den Anfängen die Produkte der periodischen Presse. Bis heute hat sich daran wenig geändert. Im Gegenteil: Schwierige wirt-schaftliche Verhältnisse und sinkende Einnahmen durch den Verkauf von Me-dienerzeugnissen sorgen für einen steigenden Einfluss der Werbekunden auf die Medien. Aufgrund der sozialen Verantwortung der Medien in einer demokratischen Gesellschaft wirft diese Entwicklung Fragen auf (vgl. Porlezza 2014: 31).

2.1 Entwicklungen im Journalismus

Zum Verständnis der Funktion des Journalismus in der Gesellschaft eignet sich Niklas Luhmanns Systemtheorie. Als Leitungssystem der Öffentlichkeit vermittelt der Journalismus zwischen anderen Teilsystemen wie beispielsweise Wirtschaft oder Politik. «In einer funktional differenzierten Gesellschaft sind die einzelnen Teilsysteme mit der Beobachtung der Umwelt überfordert.» (Porlezza 2014: 25)

Ohne den Journalismus können die anderen Systeme also nicht, oder nur einge-schränkt, miteinander kommunizieren und aufeinander reagieren. Auch die Me-diennutzer sind auf den Journalismus angewiesen. Er versorgt sie mit aktuellen Informationen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung oder Kultur und ermöglicht damit eine aktive Auseinandersetzung mit aktuellen und relevanten Themen (vgl. Neuberger/Kapern 2013: 26). Weitere Aspekte erwähnt Meier (2007: 13) in seiner Definition von Journalismus, die sich als Grundlage für die vorliegende Arbeit eignet:

«Journalismus recherchiert, selektiert und präsentiert Themen, die neu, faktisch und relevant sind. Er stellt Öffentlichkeit her, indem er die Gesellschaft beobachtet, diese Be-obachtungen über periodische Medien einem Massenpublikum zur Verfügung stellt und dadurch eine gemeinsame Wirklichkeit konstruiert. Diese konstruierte Wirklichkeit bietet Orientierung in einer komplexen Welt.» (Meier 2007: 13)

Page 14: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 7

2.1.1 Ökonomisierung der Medien

Gemäss Meiers Definition erfüllen die Medien als Vermittlungsorgan des Journalis-mus in der Gesellschaft eine zentrale Rolle. Sie stellen Öffentlichkeit her, treten als «Watchdog» für die Rechte des Einzelnen ein und kontrollieren die Machtinstituti-onen. Vertrauenswürdige Medien, die sich an Prinzipien wie Unabhängigkeit oder Transparenz orientieren, sind die Basis einer aufgeklärten Gesellschaft und dadurch eine Grundlage der Demokratie.

Neben dieser sozialen Verantwortung sind Medienunternehmen aber auch wirt-schaftlichen Prinzipien unterworfen. Sie müssen versuchen, durch wirtschaftliches Handeln auf Werbe- und Absatzmärkten ihren Fortbestand zu sichern. Hier zählen in erster Linie wirtschaftliche Kriterien wie Effizienz oder Rentabilität (vgl. Gad-ringer/Vieth 2012: 34f.).

Solange die soziale Verantwortung der Medien dem wirtschaftlichen Handeln übergeordnet ist, funktioniert dieser duale Medienmarkt vorzüglich. Spätestens seit der Digitalisierung der Medien Ende des 20. Jahrhunderts lässt sich aber eine suk-zessive Ökonomisierung, also eine Entwicklung hin zu möglichst ökonomischem Handeln, kaum bestreiten (vgl. Gadringer/Vieth 2012: 48f.). Die Hauptgründe dafür sind sinkende Absatzzahlen und niedrigere Erträge durch Werbeplätze im Internet.

Um den eigenen Fortbestand trotz wegbrechender Einnahmen zu sichern, rü-cken wirtschaftliche Überlegungen immer mehr in den Fokus. Wenn sich die werbungstreibende Wirtschaft zur wichtigsten Einnahmequelle entwickelt, wird sie damit zum «relevanten Nachfrager, an dessen Bedürfnissen sich die Medien orientieren» (Siegert/Meier/Trappel 2010: 522). Eine zunehmende Orientierung an wirtschaftlichen Interessen gefährdet aber das Wahrnehmen gesellschaftlicher Aufgaben und sozialer Verantwortung.

2.1.2 Digitalisierung der Medien

Die Digitalisierung seit dem Ende des 20. Jahrhunderts verändert die soziale Kommunikation in vielerlei Hinsicht. Am Beispiel des Journalismus zeigen sich die Auswirkungen besonders eindrücklich. Seit der Einführung des Internets 1991 müssen Geschäftsmodelle, Einnahmequellen, Berufsbilder und Kommunikati-onsregeln überholt und neu definiert werden. Neue Rezeptionsgewohnheiten oder partizipative Angebote stellen ein langjähriges Selbstverständnis infrage.

Page 15: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 8

Die Auswirkungen der Digitalisierung in der Schweiz zeigen sich bei einer einfa-chen Gegenüberstellung der Internetnutzung und der Gesamtauflage der Printme-dien. Seit 1997 hat sich die Internetnutzung vervielfacht, parallel dazu nahm die Auflage der Printmedien stark ab.

Abbildung 1: Anzahl der Schweizer Internetnutzer (mehrmals wöchentlich) in % der Bevölkerung ab 14 Jahren

0%

20%

40%

60%

80%

100%

1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015

Eigene Abbildung (Datenquelle: Bundesamt für Statistik 2016d: o.S.)

Abbildung 2: Gesamtauflage der Schweizer Printmedien in Millionen

Eigene Abbildung

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

1971 1981 1989 1997 2005 2013

(Datenquelle: Bundesamt für Statistik 2016e: o.S.)

Page 16: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 9

Die sinkende Auflage der Schweizer Printmedien hängt direkt mit dem Aufkom-men digitaler Medien im Internet zusammen. Neben der Entstehung von Blogs und reinen Online-Medien stellen auch renommierte Medienhäuser ihre Inhalte ins Internet, teils kostenpflichtig, oft aber kostenlos. Daraus resultieren sowohl eine wirtschaftliche als auch eine gesellschaftliche Werteverschiebung mit konkreten Auswirkungen auf den modernen Journalismus.

2.1.3 Differenzierungskriterien von Online-Medien

Online-Medien lassen sich durch eigenständige Charakteristika von klassischen Medien abgrenzen. Dafür hat Trappel (2007: 35f.) in einem ausführlichen Leis-tungsprofil fünf Differenzierungskriterien von Online-Medien erarbeitet: Digitalität, Aktualität, Multimedialität, Interaktivität und Hypertextualität. Diese bestehen primär aus technischen Parametern, enthalten aber auch gesellschaftliche und soziale Komponenten.

Die Differenzierungskriterien nach Trappel verdeutlichen, in welchen Aspekten sich Online-Medien von klassischen Medien unterscheiden und lassen dadurch Rückschlüsse auf die digitale Transformation gedruckter Medienprodukte zu.

Digitalität und Ubiquität

Digitale Inhalte können praktisch ohne Zeit- und Qualitätsverlust reproduziert, ver-arbeitet und verbreitet werden. Änderungen an Inhaltselementen wie Bild oder Text werden vereinfacht und sind auch nach der Publikation noch möglich. Dadurch steigt aber auch die Gefahr von Manipulationen (vgl. Trappel 2007: 36).

Aktualität und «immediacy»

Online-Medien können sich durch eine vorher unerreichbare Aktualität profilieren. Strukturelle Elemente wie ein Redaktionsschluss, Sendepläne oder Druckfreigaben verlieren im Internet an Bedeutung. Trappel (2007: 37f.) erwähnt dabei aber auch einen «Zwang zur Unmittelbarkeit». Folgen davon sind beispielsweise «sinkende Qualität, mangelnde journalistische Prüfung des Sachverhaltes und damit eine Zu-nahme von Fehlern.» [ebd.]

Page 17: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 10

Multimedialität

Online-Medien sind in der Lage, praktisch alle Beitragsformate klassischer Medien wiederzugeben. Texte, Bilder, Grafiken, Animationen, Videos oder Audiobeiträ-ge können auf einer einzigen Plattform dargestellt und miteinander kombiniert werden. Im Unterschied zu Zeitungen oder Zeitschriften, die keine multimedialen Inhalte abbilden, können Online-Medien jedes Inhaltselement im optimalen Medi-enformat integrieren. Das Fernsehen kennt zwar verschiedene Ausdrucksformen, diese müssen aber in der Form bewegter Bilder wiedergegeben werden (vgl. Trappel 2007: 38).

Interaktivität

Ein besonderes Differenzierungsmerkmal von Online-Medien ist ihre Interaktivität. Die sogenannten User im Web können aktiv ins Geschehen der Massenmedien ein-greifen, Themen mitgestalten, Kommentare verfassen und Fragen aufwerfen. Der Grad der Interaktivität hängt dabei stark vom jeweiligen Medium, dessen Bereit-schaft zur mehrdimensionalen Kommunikation und den seinen Rezipienten zuge-teilten Berechtigungen und Freigabestufen ab. Dieser Dialog mit den Rezipienten stellt die Massenmedien vor eine völlig neue Herausforderung (vgl. Trappel 2007: 39ff.).

Hypertextualität

Unter dem Begriff «Hypertextualität» versteht Trappel die Auszeichnung von Texten mit Verweisen (Links). Die User können selber entscheiden, wie intensiv sie sich mit einem Thema befassen möchten und sich von der zugrundeliegenden Linearität lösen. Online-Medien können mithilfe von Links ihren Lesern echten Mehrwert bieten, Quellen zeigen, Archivbeiträge anteasern oder Begriffe erklären. Dies erfordert aber auch eine neue Offenheit vonseiten der Journalisten sowie die Bereitschaft, Zeitressourcen in die Recherche nach geeigneten Links zu investieren (vgl. Trappel 2007, 41f.).

Page 18: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 11

2.1.4 Journalisten im Internet

«Journalistin/Journalist ist, wer [...] hauptberuflich an der Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Medien mittels Wort, Bild, Ton oder Kombinationen dieser Darstellungsmittel beteiligt ist.» (Döhring 2015: 3)

So formuliert der Deutsche Journalisten-Verband die Rolle der Journalisten in seinem offiziellen Berufsbild. Ergänzt wird diese Definition durch konkrete Merk-male und Anforderungen, die Journalisten von anderen Kommunikationsberufen abgrenzen, beispielsweise notwendige Qualifikationen wie Fachwissen und Ver-mittlungskompetenz oder ein «soziales und gesellschaftspolitisches Verantwor-tungsbewusstsein.» [ebd.]

Als Tätigkeiten eines Journalisten bezeichnet Walther von La Roche (1999: 15-25) das Recherchieren und Dokumentieren, Formulieren, Redigieren, Auswählen, Bear-beiten und das Präsentieren. Dabei handelt es sich um journalistische Kernkom-petenzen von der ersten Idee bis zur Publikation eines Beitrags. Diese Tätigkeiten werden ergänzt durch das Organisieren und Planen, denn «in den Redaktionen gibt es vielfältige Tätigkeiten, die zunächst einmal nichts mit Schreiben, Bearbeiten oder Präsentieren zu tun haben, sondern viel mit Teamarbeit und Management» (La Roche 1999: 24). Grundsätzlich steigt der Anteil organisatorischer Aufgaben mit der Hierarchiestufe eines Journalisten an. Vielen Ressortleitern und Chefre-dakteuren fehlt deshalb die Zeit für eigene Recherchen und Beiträge. Organisieren und Planen zählen aber grundsätzlich zu den Tätigkeiten jedes Journalisten – auch einzelne Redakteure müssen Interview-Termine vereinbaren oder Publikationen koordinieren (vgl. La Roche 1999: 25).

Die grundsätzliche Definition eines Journalisten und seiner Tätigkeiten bleibt auch im Zeitalter des Online-Journalismus gültig. Die konkreten Aufgabengebiete und damit auch die nötigen Qualifikationen entwickeln sich aber stetig weiter. In vieler-lei Hinsicht sind die Anforderungen an Journalisten im 21. Jahrhundert gestiegen.

Vom Gatekeeper zum Gatewatcher

Die beschränkten Verbreitungskapazitäten der früheren Massenmedien Presse oder Rundfunk machten eine «Gatekeeper-Funktion» notwendig. Journalisten schufen Öffentlichkeit, entschieden, was faktisch, aktuell und relevant war und konnten hohe, redaktionelle Qualitätskriterien sicherstellen (vgl. Neuberger/Nuernbergk/Rischke 2009: 9).

Page 19: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 12

Im Internet existieren im Prinzip keine Beschränkungen der Verbreitungskapazität. Bürger, Unternehmen oder Institutionen können nicht nur selber Inhalte erstellen, sondern auch veröffentlichen und in ihrem eigenen Netzwerk und darüber hinaus verbreiten.4 Dies beeinflusst auch die Rolle der Journalisten. In seinem Aufsatz «Vom Gatekeeping zum Gatewatching» beschreibt Bruns die neuen Journalisten als «Bibliothekare» anstelle von «Schleusenwärtern», die nicht mehr führen und selek-tieren, sondern bei der Nachrichtenauswahl assistieren (vgl. Bruns 2009: 111ff).

Vom Produkt zum Prozess

Stephan Niggemeier, einer der bekanntesten Blogger Deutschlands, sieht die pub-lizistische Chance für professionelle Medien im Internet darin, «eigene Inhalte zu recherchieren und zu produzieren, sich zu spezialisieren und im Dialog mit den Le-sern eine eigene Kompetenz aufzubauen und zu pflegen.» (Niggemeier 2010: 45).

Dieser Dialog mit den Lesern setzt eine neue Offenheit der Journalisten voraus und damit auch die Bereitschaft, sich mit öffentlicher Kritik und Kommentaren ausei-nanderzusetzen. Journalismus entwickelt sich im Internet immer mehr von einem Produkt hin zu einem Prozess (vgl. Weichert/Kramp/Jakobs 2010: 16).

Von Print zu Online

Das Internet hat die Verarbeitung von Informationen neu definiert. Dadurch ent-stehen neue Anforderungen an die Fähigkeiten von Journalisten. Digitale Inhalte lassen sich nicht nur leichter reproduzieren, sondern auch verändern, wodurch die Gefahr von Manipulationen ansteigt.

Online-Journalisten müssen deshalb neue Recherchemethoden einsetzen, me-dienspezifische Gegebenheiten einkalkulieren und andere Kriterien berücksichti-gen. Eine grosse Herausforderung zeichnet sich durch das «Diktat der Aktualität» (Trappel 2007: 182) ab. Informationen sollen praktisch in Echtzeit verarbeitet und publiziert werden, müssen aber trotzdem die Kriterien der journalistischen Sorgfalt erfüllen.

4 Eine praktisch unbeschränkte Verbreitungskapazität führt nicht zwangsläufig zu einer höheren Aufnahmekapazität. Die Besucherzahlen der meistgenutzten Schweizer Web- sites zeigen, dass die Online-Portale der wichtigsten Medienunternehmen sowohl bei der Informationssuche als auch bei der Meinungsbildung nach wie vor eine zentrale Rolle einnehmen.

Page 20: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 13

Für Online-Journalisten sind auch technische Kenntnisse unumgänglich. Wer sich mit der Verarbeitung von Bildern und Videos auskennt, ist im Vorteil. Das Beherr-schen eines Content-Management-Systems ist in den meisten Redaktionen Pflicht, Kenntnisse in Suchmaschinenoptimierung und Social-Media-Marketing sind ein Pluspunkt.

Diese Entwicklungen im Journalismus werden durch eine Umfrage unter 450 deut-schen Journalisten im Jahr 2015 bestätigt. Insbesondere die Journalisten in klassi-schen Printmedien erwarten sinkende Zahlen in praktisch allen Mediengattungen. Über die Hälfte dieser Journalisten sehen ihren Arbeitsplatz unmittelbar bedroht. Wachstum erwarten die Befragten ausschliesslich in neuen Bereichen wie Blogs, Nachrichtenportalen oder in sozialen Medien (vgl. Patalong 2015: 6).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Anforderungen an Journalisten durch das Internet in vielerlei Hinsicht gestiegen sind. Parallel hat der wirtschaftli-che Druck sowohl auf Medienunternehmen als auch auf Journalisten zugenommen. Trotzdem hat das Internet kein neues Berufsfeld hervorgebracht, sondern vielmehr die bestehenden Strukturen weiterentwickelt und mit spezifischen Merkmalen er-gänzt (vgl. Malik/Scholl 2009: 193).

2.2 Entwicklungen in der Werbung

Die Suche nach Erlösquellen für journalistische Angebote im Internet findet primär in zwei Bereichen statt. Einerseits wird mit alternativen Monetarisierungsprozessen für Inhalte5 experimentiert, andererseits sollen die Erträge durch die Vermietung von Werbeflächen auf der eigenen Website gesteigert werden. Dabei handelt es sich um keine neue Erscheinung. Seit jeher finanzieren sich die meisten Massenmedien sowohl über den Absatz- als auch über den Werbemarkt. Problematisch daran ist aber, dass die Finanzierung auf beiden Märkten für Internetangebote schwieriger ist als für Printprodukte.

Dies zeigt sich an den aktuellen Zahlen des Schweizer Werbemarktes. Während die Netto-Werbeumsätze der Presse pro Jahr stark sinken, steigen diejenigen der Online-Plattformen nur leicht an.6

5 Ein Beispiel dafür sind Paywalls, welche bei vielen Schweizer Medien wie dem Tages-Anzeiger oder der Neuen Zürcher Zeitung bereits eingesetzt werden.

6 Leider liegen präzise vergleichbare Zahlen erst seit 2014 vor. Eine positive Entwicklung zeichnet sich aber auch für das Jahr 2016 ab.

Page 21: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 14

Die Gesamtentwicklung ist negativ. Erschwerend hinzu kommt, dass praktisch alle Werbeumsätze in gedruckten Medien den Medienhäusern zugutekommen, während im Internet weitere Player wie Suchmaschinen, soziale Medien oder Inserate- und Vergleichsportale eine grosse Rolle spielen und beträchtliche Anteile der Werbeum-sätze für sich in Anspruch nehmen.

Abbildung 3: Entwicklung der Netto-Werbeumsätze in der Schweiz in Millionen Schweizer Franken

2010 2011 2012 2013 2014 2015Presse 2001 2004 1783 1615 1536 1436Fernsehen 669 745 726 749 772 749Radio 135 139 147 157 150 143Online keine Daten vorhanden 535 572

Datenquelle: Stiftung Werbestatistik Schweiz 2016: o.S.

2.2.1 Definition von Werbung

Im Unterschied zum Journalismus, der eine gesellschaftliche Funktion erfüllt, ver-folgt Werbung ein ökonomisches Ziel. Werbung ist zumeist produkt- oder dienst-leistungsbezogen, möchte das Kaufverhalten beeinflussen und richtet sich an eine klar definierte Zielgruppe (vgl. Fröhlich 2008: 103).

Durch die Skizzierung von fünf Wesensbestandteilen – Prozesscharakter, Zielori-entierung, Inhalte, Vermittlungswege und Mittel – gelangen Siegert und Brecheis (2010: 28) zu einer präzisen Definition von Werbung:

«Werbung ist ein geplanter Kommunikationsprozess und will gezielt Wissen, Meinungen, Einstellungen und/oder Verhalten über und zu Produkten, Dienstleistungen, Unterneh-men, Marken oder Ideen beeinflussen. Sie bedient sich spezieller Werbemittel und wird über Werbeträger wie z.B. Massenmedien und andere Kanäle verbreitet.» [ebd.]

Page 22: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 15

2.2.2 Werbeformate im Internet

Gemäss der Definition von Siegert und Brecheis gibt es verschiedene Werbeträger. Dazu zählt neben klassischen Kanälen wie Fernsehen, Radio oder Zeitungen auch das Internet. Werbung bedient sich im Internet oftmals ähnlicher Werkzeuge wie in den klassischen Medien: mit einer Trennung zwischen Werbeträger und Werbe-mittel. Sogenannte Display-Werbung (Werbemittel) wird beispielsweise in einem Online-Magazin (Werbeträger) ausgespielt (vgl. Fraas/Meier/Pentzold 2012: 152). Diese Display-Werbung unterscheidet sich in der Funktionalität (z. B. Verlinken) und in ihren Gestaltungsmöglichkeiten (z. B. Animieren) von klassischen Werbean-zeigen, führt aber zu keinem kompletten Paradigmenwechsel.

Das Internet erweitert die Möglichkeiten der Werbung allerdings in mehrerlei Hin-sicht. Fraas, Meier und Pentzold (2012: 151f) erwähnen drei konkrete Merkmale von Online-Werbung: die netzwerkförmige Organisation, die Interaktivität und die Personalisierung. Demzufolge ermöglicht die netzwerkförmige Organisation eine einfachere und gezieltere Verbreitung von Werbebotschaften. Die Interaktivität lässt einen unmittelbaren aktiven und reaktiven Kontakt zwischen Kommunikatoren und Empfängern zu und die Personalisierung begünstigt eine genauere Zielgruppendefi-nition und damit eine persönlichere Ansprache der Empfänger [ebd.].

Nebst geringer Streuverluste durch die genauere Zielgruppendefinition im Inter-net sowie günstiger Ausspielungs- und Produktionskosten führt auch die höhere Messbarkeit von Online-Werbung zu einer Verschiebung des Werbe-Etats. Mittels eindeutiger Metriken wie Kosten pro Klick (CPC) oder einem Tausend-Kon-takt-Preis (CPM) lässt sich Online-Werbung einfacher und genauer messen als Offline-Werbung. Zudem sind anhand dieser Messungen auch Optimierungen und Feinjustierungen von Werbekampagnen in Echtzeit möglich.

Problematisch für Medienbetriebe ist, dass sich die funktionalen Vorteile von Online-Werbung nicht in den erzielten Preisen widerspiegeln. Eine ganzseitige Anzeige in der Printausgabe des Tages-Anzeigers (Auflage: 157’323) kostet knapp 30’000 Schweizer Franken (vgl. Tages-Anzeiger 2016: 4), dieselbe Anzahl Leser mit einer bildfüllenden Anzeige auf der Front von www.tages-anzeiger.ch zu errei-chen kostet aber nur rund 11’000 Franken (vgl. Newsnet 2016: o.S.).7

7 Natürlich handelt es sich dabei nur um eine Überschlagsrechnung zum Veranschauli- chen der Problemstellung. Die Leserschaft des Tages-Anzeigers ist weit höher als die Auflage, allerdings erreicht eine Print-Anzeige niemals die gesamte Leserschaft, wäh- rend im Internet nur bei einem messbaren Kontakt eine Zählung erfolgt.

Page 23: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 16

2.2.3 Content Marketing

Nebst der Verlagerung von Werbe-Etats ins Internet zählt auch der Trend hin zu sogenanntem «Content Marketing» zu den Ursachen für inhaltsbasierte Werbung wie Sponsored Content. Content Marketing bezeichnet sämtliche Massnahmen der Unternehmenskommunikation, bei denen eine Marke ihre Zielgruppe mit relevan-ten Inhalten und Informationen versorgen möchte.

Noch fehlt eine allgemein anerkannte Definition für Content Marketing, als Ar-beitsdefinition eignet sich allerdings diejenige des 2010 gegründeten Content Marketing Institutes:

«Content marketing is a strategic marketing approach focused on creating and distri- buting valuable, relevant, and consistent content to attract and retain a clearly-defined audience and, ultimately, to drive profitable customer action.» (Content Marketing Institute 2016: o.S.)

Es geht also darum, die eigene Zielgruppe mit relevanten und hochwertigen Inhal-ten zu versorgen. Dies beinhaltet eine strategische Neuorientierung der Unterneh-menskommunikation vom Push zum Pull. Kunden sollen nicht durch Werbung zu einer Aktion, beispielsweise einem Kauf, bewegt werden, sondern sich aufgrund interessanter Inhalte mit echtem Mehrwert selber beim Unternehmen melden. Da-bei stehen längerfristige Kundenkontakte im Fokus (vgl. Goodman/Ritzel/Schaar 2013: 16).

Grundsätzlich ist Content Marketing keine neue Erscheinung. Das Content Marke-ting Handbuch (Maczuga et al. 2014: 8) verweist auf das Beispiel des Backpulver-herstellers Dr. Oetker, der bereits vor über 100 Jahren auf Content Marketing setzte, indem er ein eigenes Kochbuch veröffentlichte. In den letzten Jahren zeigt sich aber, gerade bei kleineren Unternehmen, ein deutlicher Trend hin zu Content Mar-keting als Alternative zu den klassischen Methoden der Markenkommunikation.

In der Praxis werden Content Marketing und Native Advertising oft miteinander verwechselt. Wie sich im folgenden Kapitel zeigen wird, handelt es sich dabei aber um komplett unterschiedliche Disziplinen. Content Marketing ist im Wesentli-chen eine Strategie in der Unternehmenskommunikation, Native Advertising eine Darstellungsform von Werbung. Dementsprechend kann Native Advertising als Massnahme zum Verbreiten der im Rahmen einer Content-Marketing-Kampagne erstellten Inhalte verwendet werden.

Page 24: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 17

2.3 Native Advertising

Als Native Advertising wird Werbung bezeichnet, deren Form und Funktion an das Trägermedium angepasst ist. Während sich andere Werbeformate wie Online-Ban-ner bewusst vom redaktionellen Inhalt unterscheiden, setzt Native Advertising auf eine einheitliche Gestaltung um sich nahtlos in das Nutzungserlebnis seiner Umge-bung einzufügen und Medienbrüche zu vermeiden (vgl. Schärf 2016: o.S.).

Dan Greenberg, CEO von Sharethrough, einem amerikanischen Anbieter von Nati-ve-Advertising-Software und Veranstalter des Native Advertising Summit, definiert Native Advertising wie folgt: «Native advertising is a form of paid media where the ad experience follows the natural form and function of the user experience in which it is placed.» (Sharethrough 2013: o.S.)

Zu einer ähnlichen Definition gelangt auch Alison Pfaff von The Story Studio aus New York: «An advertising message designed to mimic the form and function of its environment.» (Pfaff 2015: 3)

Die Ursachen für die Entstehung von Native Advertising sind vielfältig. Hochwer-tiger Journalismus lässt sich im Internet sowohl auf dem Leser- als auch auf dem Werbemarkt nur schwer finanzieren. Die zunehmende Ökonomisierung und eine vermehrte Orientierung an wirtschaftlichen Kriterien und führen zu einer Suche nach neuen Erlösquellen auf dem Werbemarkt (vgl. Porlezza 2014: 13).

Parallel dazu gerät auch die Markenkommunikation unter Druck. Durch das Inter-net hat sich die Informationsmenge vervielfacht. Eine früher relativ überschaubare Palette verschiedener Kanäle hat sich in ein «chaotisches Netzwerk aus Sendern und Empfängern» (Albers/Handke 2013: 31) verwandelt. Wenn die Gesamtinfor-mationsmenge steigt, nimmt aber die Aufmerksamkeit für einzelne Botschaften ab. Marken suchen deshalb neue, konsumfreundliche Umgebungen um ihre Botschaf-ten zu platzieren (vgl. Siegert/Meier/Trappel 2010: 526). Dafür bieten sich redakti-onelle Formate an. «So findet sich zunehmend Werbung, die zwar gekennzeichnet, aber thematisch nahtlos in den redaktionellen Teil eingeflochten ist.» [ebd.].

Mit kontextsensitiver Werbung wie Native Advertising, die das Nutzungserlebnis nicht unterbricht, sollen zudem allfällige Vermeidungsstrategien der Rezipienten gegenüber offensichtlichen und störenden Werbebotschaften unterbunden werden.

Page 25: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 18

Abbildung 4: Idealtypisches Zusammenspiel von Journalismus, PR und klassischer Werbung

Eigene Darstellung in Anlehnung an Siegert/Brecheis 2010: 51.

Native Advertising widerspricht dem idealtypischen Ablauf der Medienproduktion, wie er in Abbildung 4 dargestellt ist. Im Idealfall wird Werbung anders verarbeitet als Journalismus und PR. Deshalb lassen sich die verschiedenen Disziplinen im fertigen Medienprodukt voneinander abgrenzen.

Dass sich Werbebotschaften nicht immer eindeutig von redaktionellen Inhalten unterscheiden, ist grundsätzlich kein neues Phänomen. Hybride Formate wie Advertorials oder Publireportagen werden in gedruckten Zeitungen oder Zeitschrif-ten bereits seit Jahrzehnten eingesetzt um eine konsumfreundliche Umgebung für werbliche Botschaften zu nutzen.

Von Native Advertising spricht man, wenn diese Logik ins Digitale übertra-gen und noch konsequenter umgesetzt wird (vgl. Schärf 2016: o.S.). Anders als Publireportagen oder Advertorials, die meistens direkt auf Verkaufsziele ausge-richtet sind und sich durch eine werbliche Sprache von redaktionellen Beiträgen unterscheiden, imitiert Native Advertising auch den inhaltlichen Stil des jeweiligen Publishers.

Native Advertising wird ähnlich erstellt und verarbeitet wie die redaktionellen Inhalte, was die Unterscheidung erschwert oder sogar, abgesehen von der obligato-rischen Kennzeichnung als werblicher Inhalt, in vielen Fällen praktisch verunmög-licht (siehe Abbildung 5).

Page 26: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 19

Abbildung 5: Zusammenspiel von Journalismus, PR und Werbung unter Einbeziehung von Native Advertising

Eigene Darstellung in Anlehnung an Siegert/Brecheis 2010: 52.

2.3.1 Kategorien von Native Advertising

Ein Problem im Umgang mit Native Advertising ist die korrekte Verwendung der jeweiligen Begriffe. In der Umgangssprache, aber auch von Branchenexperten, werden beispielsweise Native Advertising und Sponsored Content oft synonym verwendet. Bei Native Advertising handelt es sich aber um eine übergeordnete Dar-stellungs- und Integrationsform von Werbung, die weiter unterteilt werden kann. Sponsored Content ist eine dieser Kategorien.

Zur Verdeutlichung der Differenzen werden hier weitere Kategorien von Native Advertising wie In-Stream-Advertising in Social Media, Widgets mit Content- Empfehlungen oder Suchmaschinenwerbung kurz erläutert (vgl. Pfaff 2015: 3).

In-Stream-Advertising in Social Media

Im Newsfeed von Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook können Werbeanzeigen eingebunden werden. Bis auf einen kleinen Vermerk «Sponsored» unterscheiden sich diese Anzeigen nicht von den organisch ausgespielten Beiträgen auf der jeweiligen Plattform.

Page 27: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 20

Abbildung 6: In-Stream-Advertising auf Twitter und Facebook

Quellen der Screenshots: Twitter 2016: o.S. und Facebook 2016: o.S.

Am Beispiel In-Stream-Advertising zeigt sich die qualitative Komponente von Native Advertising. Während Greenpeace (rechts) Bild und Text der Tonalität der Plattform Facebook entsprechend einsetzt, verwendet das deutsche Vergleichs- portal Verifox (links) Bild und Text auf Twitter wie in einer herkömmlichen Display-Werbung.

Der Beitrag auf Twitter ist problemlos als Anzeige erkennbar. Es handelt sich aufgrund der inhaltlichen Umsetzung nicht um Native Advertising, auch wenn die technischen und funktionalen Aspekte der Einbindung auf Twitter den Kriterien von Native Advertising entsprechen würden.

Bezahlte Suchergebnisse

Suchmaschinen zeigen über, neben und unter den organischen Suchergebnissen auch bezahlte Werbeanzeigen an. Google beispielsweise bindet bis zu vier bezahlte Anzeigen, sogenannte Google AdWords, über dem ersten organischen Suchresultat ein. Damit erwirtschaftet die wichtigste Suchmaschine der Welt den grössten Teil ihres Umsatzes.

Die abhängig vom eingegebenen Suchbegriff ausgespielten Anzeigen unterschei-den sich nur durch die Kennzeichnung «Anzeige» von allen anderen Ergebnissen. Ansonsten sehen Google AdWords (und andere Bezahlanzeigen in Suchmaschinen) auf den ersten Blick praktisch gleich aus wie herkömmliche Suchergebnisse. Deshalb werden sie zu Native Advertising gezählt.

Page 28: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 21

Abbildung 7: Organische und bezahlte Suchergebnisse für den Suchbegriff «Content Marketing» auf Google

Quelle des Screenshots: Google 2016: o.S.

Widgets mit Content-Empfehlungen

Viele Online-Medien empfehlen neben oder unterhalb eines Artikels weitere, oft-mals thematisch passende Beiträge. In diesen sogenannten «Widgets» mit Content- Empfehlungen, die beispielsweise mit «Mehr Themen» (auf 20min.ch) oder «Hier weiterlesen» (auf watson.ch) betitelt sind, werden neben normalen Beitragsempfeh-lungen manchmal Werbeanzeigen integriert (vgl. Pfaff 2015: 3). Auch dabei han-delt es sich um Native Advertising.

Abbildung 8: Widget mit Content-Empfehlung auf www.20min.ch

Quelle des Screenshots: 20 Minuten 2016: o.S.

Page 29: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 22

2.4 Sponsored Content

Sponsored Content ist die anspruchsvollste Kategorie von Native Advertising. Wer-bekunden bezahlen dafür, als Sponsor redaktionell verarbeiteter Artikel auftreten zu dürfen. Paradebeispiele von Sponsored Content zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur gestalterisch und technisch, sondern auch inhaltlich dem Stil der Ausspie-lungsplattform entsprechen. Deshalb kann von einem maximalen Integrationsgrad und von der konsequentesten Umsetzung von Native Advertising gesprochen wer-den. Sponsored Content findet primär in Online-Medien statt.

2.4.1 Modelle von Sponsored Content

In einem Whitepaper zum Thema Sponsored Content haben sich Jeff Sonderman und Millie Tran vom American Press Institute mit der Produktion von Sponsored Content befasst und dabei vier Modelle erarbeitet (vgl. Sonderman/Millie 2013: 3).

Underwriting-Modell

Beim Underwriting-Modell sponsern Werbetreibende Inhalte, die auch unabhängig vom Sponsoring produziert würden oder die bereits vorbereitet sind. Die Unabhän-gigkeit der Redaktion wird gewahrt. Eine Marke bezahlt also dafür, dass ihr Name im Kontext mit hochwertigen Inhalten erscheint. So möchte sie sich Sympathien in ihrer Zielgruppe sichern [ebd.].

Agentur-Modell

Beim Agentur-Modell kreieren Medienunternehmen Inhalte für Werbekunden. Speziell dafür eingestellte Autoren erstellen die Beiträge in einem redaktionellen, zur Plattform passenden Stil, allerdings im Auftrag der Werbekunden. Die Marke-ting- oder Werbeziele der Kunden sollen mit Inhalten erreicht werden, die auch den Leserinnen und Lesern echten Mehrwert bieten.

Der Medienbetrieb positioniert sich seinen Kunden gegenüber als Agentur mit hoher Inhalts- und Erzählkompetenz dank einem journalistischen Hintergrund. Die fertigen Beiträge passen stilistisch und inhaltlich zur Plattform, werden aber von der Idee bis zur Freigabe von Werbekunden beeinflusst. Für ein optimales Resultat müssen beide Parteien Kompromisse eingehen. [ebd.].

Page 30: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 23

Plattform-Modell

Beim Plattform-Modell stellt das Medienunternehmen einen Bereich seiner Platt-form als Hub oder als Kanal einem Werbekunden zur Verfügung. Dieser kann in einem geschützten Rahmen eigene Beiträge unter eigenem Namen veröffentlichen. Auf den eigentlichen Inhalt hat der Betreiber der Plattform wenig Einfluss, dafür findet eine strukturelle Trennung zwischen redaktionellen und bezahlten Beiträgen statt. Der Werbekunde bezahlt für den Zugang zu den Rezipienten der Plattform. Im Plattform-Modell integrierte Beiträge zeichnen sich aufgrund der fehlenden Kontroll- und Steuerungsfunktion durch den Medienbetrieb oft durch eine eher werbliche Tonalität aus [ebd.].

Wiederverwertungsmodell

Beim Wiederverwertungsmodell bietet das Medienunternehmen den Werbekunden an, archivierte Beiträge in einer Zweitverwertung zu nutzen. Für journalistische Zwecke produzierte Beiträge dürfen beispielsweise in Unternehmensnewslettern, internen Publikationen oder für Corporate Publishing verwendet werden.

Das Wiederverwertungsmodell ist eine Sonderform von Sponsored Content, die nur eingeschränkt zu Native Advertising gezählt werden kann [ebd.].

2.4.2 Eigenschaften von Sponsored Content

Darstellung auf mobilen Geräten

Aufgrund der technologischen Entwicklungen in Bereichen wie Endgeräte, Netzin-frastruktur oder Service-Angebote haben sich Smartphones und Tablets zu Alltags-gegenständen entwickelt. Dies zeigt sich an der mobilen Internetnutzung: 2016 greifen erstmals über 90% aller Schweizerinnen und Schweizer mit mobilen Geräten auf das Internet zu (Media Use Index 2013: o.S.).

Der Medienkonsum auf mobilen Geräten unterscheidet sich von demjenigen auf stationären Geräten. Publisher können ihre Leser plötzlich jederzeit und praktisch überall erreichen. Der kleinere Screen und neue Nutzungsgewohnheiten haben auch Einfluss auf Werbeschaltungen. Die vom Desktop-Computer her gewohnten Dis-play-Anzeigen funktionieren auf mobilen Geräten suboptimal.

Page 31: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 24

Kleine Display-Anzeigen sind kaum zu erkennen, überlagernde Werbebanner las-sen sich mit der Nutzererfahrung einer Website selten vereinbaren und führen not-gedrungen zu einem Medienbruch. Diese Problematik tritt bei Sponsored Content nicht auf: Die einheitliche Integration in den redaktionellen Content führt zu einem homogenen Nutzungserlebnis ohne störende Unterbrechungen.

In Zukunft werden auch die sogenannten «Wearable Devices» eine Rolle spielen. Auf Smartwatches, intelligenten Brillen oder interaktiven Kleidungsstücken dürften native Werbeformen wie Sponsored Content wesentlich besser funktionieren als klassische Display-Anzeigen (vgl. Goodman/Ritzel/Schaar 2013: 119).

Resistenz gegenüber Werbeblockern

Werbeblocker wie AdBlock, Adblock Plus oder Adguard haben sich in den letzten Jahren zu einer Herausforderung für den Online-Journalismus entwickelt. Gemäss dem von der Universität Oxford publizierten Digital News Report 2016 nutzen rund 20% aller Schweizer einen Werbeblocker (vgl. Reuters 2016: 61).

Mit Filterlisten und durch das Blockieren bekannter Werbeserver unterbinden Werbeblocker die Einblendung von Display-Werbung. Den betroffenen Plattfor-men gehen wichtige Einnahmen verloren. Medien reagieren unterschiedlich auf die Werbeblocker. Das Schweizer Online-Magazin Watson blendet Besuchern mit aktiviertem Werbeblocker ein Popup-Fenster ein, lässt aber den Zugriff auf alle Inhalte trotzdem zu. Die Bild und die Süddeutsche Zeitung sperren alle Nutzer mit aktiviertem Werbeblocker gleich komplett aus.

Abbildung 9: Umgang mit Werbeblockern bei Watson und Bild

Quellen der Screenshots: Watson 2016: o.S. und Bild 2016: o.S.

Page 32: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 25

Sponsored Content wird im Normalfall nicht über Drittserver, sondern direkt im Content Management System8 des Publishers eingebunden. Deshalb wirkt er für Werbeblocker wie redaktioneller Inhalt. Sponsored Content kann in den meisten Fällen weder erkannt noch blockiert werden, was für die Anbieter ein entscheiden-der Pluspunkt gegenüber anderen Formen der Online-Werbung ist (vgl. Schröer 2016, o.S.).

Messbarkeit

«Die Tatsache, dass Unternehmen [...] überhaupt bereit sind, für programm- integrierte Werbeformen in den Medien zu zahlen, belegt, dass sie sich davon eine werbende Wirkung versprechen.» Zu diesem Schluss kommt Fassihi (2008: 252) in Bezug auf programmintegrierte Werbung in TV-Sendungen oder Spielfilmen. Dasselbe gilt auch für Sponsored Content.

Problematisch ist aber, dass sich der «Return on Investment», also der Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital, von Sponsored Content nur schwer feststellen lässt. Gängige Messgrössen im Internet wie Klicks, Impressionen oder die Verweil-dauer auf einer Seite können zwar den Erfolg eines einzelnen Artikels beschreiben, lassen aber nur wenige Aussagen über das Erreichen übergeordneter Marketingziele zu. Ob die Rezipienten das Sponsoring überhaupt bemerken und ob es sich positiv oder negativ auf das Image einer Marke auswirkt, weisen diese Kennzahlen nicht aus (vgl. Perrey/Bauer 2013: 127).

Skalierbarkeit

Qualitativer Sponsored Content entspricht nicht nur gestalterisch, sondern auch in-haltlich dem Stil seiner redaktionellen Umgebung. Deshalb lassen sich Kampagnen mit Sponsored Content nur mit erheblichem Mehraufwand oder mit entsprechenden Qualitätseinbussen für eine plattform- oder medienübergreifende Ausspielung ver-wenden. In den meisten Fällen wird Sponsored Content gezielt für einen bestimm-ten Titel konzipiert und realisiert.

Im Unterschied zu Display-Werbung, die sich problemlos skalieren lässt, muss eine hochwertige Sponsored-Content-Kampagne zur Verwendung auf neuen Kanälen neu konzipiert und sowohl inhaltlich als auch stilistisch überarbeitet werden.

8 Der Begriff «Content Management System» (CMS) bezeichnet das Tool zur Inhalts- verwaltung einer Website, in dem Artikel erfasst, bearbeitet und gelöscht werden.

Page 33: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 26

2.4.3 Erfolgsfaktoren von Sponsored Content

Durch eine zweistufige Online-Befragung von 26 Marken- und Medienexperten haben Baetzgen und Tropp die Erfolgsfaktoren für Markeninhalte erarbeitet.9 Das Resultat davon sind drei Bedingungen: Von oder für Unternehmen erstellter Content «muss der Logik der Medien, der Logik der Marke und der Logik journa-listischen Handelns entsprechen.» (Tropp/Baetzgen 2013: 8)

Die Logik der Medien

Jede Mediengattung funktioniert nach eigenen Spielregeln. Deshalb müssen The-men formal, funktional und inhaltlich dem jeweiligen Medium entsprechend auf-bereitet werden. Die Logik der Medien ist einerseits auf Stufe Mediengattung und andererseits auch in Bezug auf einzelne Titel relevant.

Jede Gattung und auch jeder Titel zeichnen sich durch eigene Nutzungsmuster, Kontexte und Rezipitionsmotivationen, also durch eine spezifische Aufmerksam-keitsökonomie aus (vgl. Tropp/Baetzgen 2013: 8). Diese Eigenschaften müssen in Konzeption, Produktion und Distribution von Sponsored Content berücksichtigt werden.

Die Logik der Marke

Nicht jede Marke bringt gleich gute Voraussetzungen für Sponsored Content mit. Neben den angebotenen Produkten und Dienstleistungen sind auch die Marken-persönlichkeit und die Markenbekanntheit entscheidend. Marken mit Unterhal-tungswert, einer hohen Emotionalität oder einer starken Konsumentenbindung fällt Werbung durch relevanten Content leichter als den meisten Business-to-Busi-ness-Brands.

Sponsored Content eignet sich grundsätzlich für jede Marke, entscheidend ist aber, dass das gewählte Medium und der angebotene Content zur Marke passen (vgl. Tropp/Baetzgen 2013: 10f).

9 Tropp/Baetzgen beziehen sich dabei nicht explizit auf Sponsored Content, sondern generell auf Markenmedien und Brand Content. Die erarbeiteten Erfolgsfaktoren treffen aber auch auf Sponsored Content zu.

Page 34: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 27

Die Logik des Journalismus

Für Sponsored Content gelten andere Qualitätskriterien als für herkömmliche Wer-bemassnahmen. Redaktionell aufbereitete Werbung wird von den Rezipienten nach denselben Kriterien bewertet wie rein redaktionelle Inhalte: Relevanz, Aktualität und Glaubwürdigkeit. Dies erfordert neue Kompetenzen und ein Umdenken in den Kommunikationsabteilungen von Unternehmen (vgl. Tropp/Baetzgen 2013: 101), schliesslich spielte die Logik des Journalismus bei früheren Werbeformaten oft eine untergeordnete Rolle.

Eine vom Interactive Advertising Bureau (IAB) und Edelman Berland10 durchge-führte Studie stützt die hohe Relevanz der Logik des Journalismus. Die quantitative Befragung mit 5000 Teilnehmenden erforscht die inhaltlichen Qualitätsfaktoren von Sponsored Content aus Leserperspektive. Verlässlichkeit, Relevanz und Au-thentizität sind für die Rezipienten entscheidende Faktoren bei der Bewertung von Sponsored Content. Weniger bedeutend scheint die Aktualität der Inhalte (vgl. Mane/Rubel 2015: 19).

10 Edelman Berland ist die Abteilung für Marktforschung der PR-Agentur Edelman.

Page 35: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 28

2.5 Trennungsnorm

Eine strikte Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung zählt zu den wichtigsten Grundsätzen transparenter Berichterstattung. Schliesslich nehmen Massenmedien ihre gesellschaftliche Verantwortung nur wahr, wenn sich die Rezipienten darauf verlassen können, dass Themen nach publizistischen Kriterien ausgewählt und aufbereitet werden.

In einigen Ländern ist die Trennungsnorm sogar im Gesetz verankert (vgl. Elfers 2011: 9).11 In der Schweiz existiert ein entsprechender Vermerk im Radio- und Fernsehgesetz,12 für Print- oder Onlinemedien gibt es aber keine passenden Geset-zesartikel. Die nötigen Regeln hat sich die Branche deshalb, im Sinne der Selbstre-gulierung, selber auferlegt (vgl. Studer/Künzi 2011: 9).

2.5.1 Schweizer Presserat

Der seit 1977 bestehende Presserat bezeichnet sich selber als «Beschwerdeinstanz für medienethische Fragen» (Schweizer Presserat 2000: o.S.). Er sorgt dafür, dass ethische Regeln branchenweit formuliert und eingehalten werden. Weil die Ent-scheidungen des Presserats rechtlich nicht verbindlich sind, kann er keine Entschä-digungen oder Strafen aussprechen. Schweizer Richter verwenden aber gerne die Erklärung und die Richtlinien des Presserates, wenn es um Medienstreitigkeiten geht und keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist (vgl. Studer 2013: 3).

Basis der Stellungnahmen des Presserats sind die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie die ergänzenden Richtlinien.13 In der eigentlichen Erklärung finden sich keine Hinweise auf die Trennungsnorm, dafür existieren mehrere Richtlinien dazu.

11 Ein Beispiel dafür ist Deutschland, siehe § 10 der Landespressegesetze der Bundesländer, sowie § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

12 Bundesgesetz für Radio und Fernsehen Artikel 9: «Werbung muss vom redaktionellen Teil des Programms deutlich getrennt und als solche eindeutig erkennbar sein. Der Bundesrat kann diejenigen Formen der Werbung, welche die Trennung oder die Erkennbarkeit gefährden, untersagen oder besonderen Bestimmungen unterwerfen.»

13 Die aktuelle Version der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie die dazugehörigen Richtlinien sind online abrufbar auf www.presserat.ch. Im Anhang dieser Arbeit sind alle relevante Richtlinien zur Trennungsnorm aufgeführt (siehe S. 99).

Page 36: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 29

Die Richtlinie 10.1 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) hält fest, dass eine deutliche Trennung für die Glaubwürdigkeit der Medien unver-zichtbar ist. «Inserate und Werbesendungen sind gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben.» (Schweizer Presserat 2015: o.S.) Ist dies nicht gegeben, müssen bezahlte Beiträge durch geläufige Begriffe wie «Werbung» oder «Anzeige» deklariert werden.

Des Weiteren verlangt die Richtlinie 10.2 (Sponsoring, Koppelung von redaktionel-len Berichten und Werbung), bei gesponserten Medienberichten den «Namen des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten.» [ebd.]

2.5.2 Schweizerische Lauterkeitskommission

Neben dem Presserat weist auch die Schweizerische Lauterkeitskommission, die «neutrale, unabhängige Institution der Kommunikationsbranche zum Zweck der werblichen Selbstkontrolle» (Schweizerische Lauterkeitskommission 2014: o.S.) im Grundsatz Nr. 3.12 auf die Trennungsnorm hin:

«Kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welchen Werbeträger sie benutzt, soll als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt klar getrennt sein.» (Schweizerische Lauterkeitskommission 2008: 16)

Zudem wird eindeutig vermerkt, dass Sponsoring von redaktionellen Beiträgen nur erlaubt ist, wenn der Leser eindeutig feststellen kann, «welche Teile der Publikation gesponsert sind und wer der Sponsor ist.» (Schweizerische Lauterkeitskommission 2008: 17)

Mit der Schweizerischen Lauterkeitskommission und dem Schweizer Presserat existieren sowohl auf der Seite des Journalismus als auch auf der Seite der Werbe-branche Institutionen der Selbstregulierung, die die Einhaltung der Trennungsnorm von redaktionellen und bezahlten Beiträgen sicherstellen sollen.

Page 37: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 30

2.5.3 Die Trennungsnorm unter Druck

Nach einer Beschwerde bezüglich generell zunehmender Vermischung redaktionel-ler und werblicher Aussagen durch die Journalistengruppe «Info en danger» aus der Westschweiz im Jahr 2007 analysierte der Schweizer Presserat innovative Prakti-ken in Agenturen und Redaktionen. Das Resultat der Untersuchung gab der Journa-listengruppe recht: Die Ökonomisierung von Medienbetrieben aufgrund kleinerer Werbevolumen, neuer Pendlerzeitungen und der Entwicklung des Internets führt vermehrt zu neuen Werbeformen, auch im redaktionellen Teil (vgl. Studer/Künzi 2011: 166).

Zu einem ähnlichen Schluss kommt Porlezza (2014: 13) in einer Inhaltsanalyse von fünf Schweizer Gratiszeitungen und einer Bezahlzeitung. Er stellt grosse «Grau-zonen, in denen sich Werbebotschaften und redaktionelle Inhalte annähern und durchmischen», fest. Diese setzen die bestehende Trennungsnorm unter Druck.

Page 38: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 31

2.6 Das Mediensystem der Schweiz

Gemäss der Typologie von Hallin/Mancini (2004: 143) zählt das Mediensystem der Schweiz gemeinsam mit den skandinavischen Ländern, Österreich und Deutsch-land zum demokratisch-korporatistischen Modell. Ausser bei Deutschland handelt es sich dabei um eher kleine Länder mit einem hohen Stellenwert der Medien, in denen die Massenmedien eher den Status einer politischen als den einer ökonomi-schen Institution geniessen. Gerade im Printsektor ist jedoch eine starke kommer-zielle Presse mit hohem Marktanteil charakteristisch für das demokratisch-korpo-ratistische Modell (vgl. Pfetsch/Maurer 2008: 107). Diese Aussagen lassen sich für die Schweiz belegen: Die Auflage kostenpflichtiger Tageszeitungen im Verhältnis zur Bevölkerung ist sehr hoch. Nur Norwegen und Finnland weisen höhere Werte aus (vgl. Studer et al. 2014: 10f).

2.6.1 Kleinstaatlichkeit und Mehrsprachigkeit

Das Mediensystem der Schweiz wird von verschiedenen externen Rahmenbedin-gungen geprägt. Besondere Erwähnung verdienen einerseits die Kleinstaatlichkeit und andererseits die Mehrsprachigkeit. In einem kleinen Staat wie der Schweiz mit rund 8,5 Millionen Einwohnern sind auch die Rezipienten- und Werbemärkte vergleichsweise klein, was zu einer Ressourcenknappheit führen kann. Durch die Mehrsprachigkeit mit vier Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoro-manisch) wird der ohnehin eher kleine Medienmarkt weiter segmentiert.

Die Folge sind kleinere Stückkostenvorteile als in grösseren Medienmärkten und eine minimale Fixkostendegression, weil die in der Schweiz erstellten Medienpro-dukte nur auf wenige Rezipienten verteilt werden können. Der verhältnismässig kleine Medienmarkt führt zudem zu einem reduzierten Finanzierungspotenzial der Medien durch kommerzielle Einnahmen wie Werbung oder Sponsoring. Dass sich die hohen Produktionskosten für Medieninhalte auch durch den Werbemarkt nicht entscheidend verringern lassen, erschwert die einheimische Medienproduktion (vgl. Studer et al. 2014: 6-9).

Eine weitere Folge der Kleinstaatlichkeit ist die vergleichsweise hohe Präsenz ausländischer Medienanbieter, insbesondere, wie im Falle der Schweiz, wenn in grösseren Nachbarländern (Italien, Frankreich und Deutschland) dieselbe Sprache gesprochen wird. Dieser Effekt lässt sich in der Schweiz vor allem bei Zeitschriften und Fernsehsendern beobachten [ebd.].

Page 39: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 32

2.6.2 Medienkonzentration

Charakteristisch für die Schweizer Medienlandschaft ist eine hohe horizontale Medienkonzentration. Zwischen 1939 und 2016 hat sich die Anzahl bezahlter Zeitungstitel von über 400 auf rund 100 verringert (vgl. Schweizer Medien 2016b, o.S.), eine Entwicklung, die sich in den Veränderungen der Auflagen nicht wider-spiegelt und die deshalb zu einer Konzentration führt.14

Offensichtlich ist zudem die Marktdominanz weniger Medienhäuser. Die auflagenmässig grössten zehn Zeitungstitel der Schweiz gehören alle denselben drei, die auflagenmässig grössten 15 Titel der Schweiz denselben vier Medienhäu-sern an. Längerfristig gefährdet eine hohe Anbieterkonzentration die publizistische Vielfalt.

Abbildung 10: Eigentumsverhältnisse der grössten Schweizer Printmedien, sortiert nach Auflage

Titel Verlag Art Auflage

1 20 Minuten (D) Tamedia Gratiszeitung 447’552

2 Blick am Abend Ringier Gratiszeitung 281’204

3 Schweiz am Sonntag AZ Medien Sonntagszeitung 190’176

4 20 Minuten (FR) Tamedia Gratiszeitung 187’018

5 Sonntags Blick Ringier Sonntagszeitung 184’098

6 SonntagsZeitung Tamedia Sonntagszeitung 182’192

7 Tages-Anzeiger Tamedia Tageszeitung 162’894

8 az Nordwestschweiz AZ Medien Tageszeitung 161’012

9 Blick Ringier Tageszeitung 157’671

10 BZ/Bund Tamedia Tageszeitung 146’152

11 NZZ am Sonntag NZZ Sonntagszeitung 126’855

12 Le Matin dimanche Tamedia Sonntagszeitung 123’806

13 St. Galler Tagblatt NZZ Tageszeitung 122’745

14 Neue Luzerner Zeitung NZZ Tageszeitung 122’401

15 Neue Zürcher Zeitung NZZ Tageszeitung 119’956

Datenquelle: Schweizer Medien 2016c: o.S.

14 Siehe Abbildung 2 (S. 8)

Page 40: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

2. Theoretischer Teil 33

Auffällig ist auch die hohe Präsenz der Gratiszeitungen. Sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz ist das meistgelesene Printmedium eine Gratiszeitung. Ins- besondere jüngere Menschen und Menschen mit einem weniger hohen Bildungs-niveau werden von den täglich erscheinenden Gratiszeitungen erreicht. Im Gro-ssen und Ganzen steigt dadurch die Leserschaft aktualitätsbezogener Titel (vgl. Kradolfer 2007: 7). Ein hoher Stellenwert der Gratispresse bei einer sinkenden Auflage der Kaufzeitungen deutet auf die grosse Bedeutung des Werbemarktes hin, schliesslich sind Gratiszeitungen komplett werbefinanziert (vgl. Kradolfer 2007: 16).

2.6.3 Online-Medien

Die Dominanz weniger Medienanbieter widerspiegelt sich auch im Online-Medi-en-Markt. Die meistgenutzten Angebote werden von den renommierten Schweizer Tageszeitungen sowie von der SRG, der Schweizerischen Radio- und Fernsehge-sellschaft, produziert. Ausgenommen davon (auch von der untenstehenden Tabelle) sind Onlineportale wie GMX oder Bluewin, deren Nutzerzahlen aufgrund beliebter E-Mail-Services nicht mit anderen Online-Medien vergleichbar sind.

Abbildung 11: Die grössten Schweizer Online-Medien im Vergleich

Titel Herausgeber Unique Clients (10.2016)*

1 Blick Online Ringier 4’678’000

2 20min.ch (DE) Tamedia 4’493’000

3 srf.ch SRG 4’466’000

4 Neue Zürcher Zeitung NZZ 2’268’000

5 tagesanzeiger.ch Tamedia 2’199’000

6 20min.ch (FR) Tamedia 1’591’000

7 rts.ch SRG 1’457’000

8 Blick am Abend Ringier 1’192’000

9 20 Minuten Tillate Tamedia 1’160’000

10 watson.ch AZ Medien** 1’159’000

Datenquelle: Net-Metrix 2016: o.S.

* Unique Clients bezeichnet die Anzahl Geräte, die auf eine Website zugreifen. ** Watson gehört zur Hälfte den AZ Medien und zur Hälfte dem AZ-Verleger Peter Wanner.

Page 41: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

34

3. Praktischer Teil

3.1 Einleitung

Um die Forschungsfragen15 dieser wissenschaftlichen Arbeit zu beantworten, sind repräsentative Daten aus Schweizer Medienunternehmen notwendig. Für deren Erhebung bietet sich die wissenschaftliche Methode der Befragung an. Eine Befra-gung hat «zum Ziel, gesellschaftlich relevante Aussagen über die Merkmalsträger zu machen» (Brosius/Haas/Koschel 2012: 80).

Die sozialwissenschaftliche Befragung erhebt dazu systematisch relevante Merk-male von Merkmalsträgern (vgl. Scheufele/Engelmann 2009: 119). Im Rahmen die-ser Arbeit sind die Merkmalsträger einerseits die Verantwortlichen für Sponsored Content in einem Medienbetrieb und andererseits die Autoren der gesponserten Inhalte.

Mithilfe der durch die Befragung erhobenen Merkmale können auf drei Ebenen Aussagen über den jeweiligen Medienbetrieb gemacht werden: auf Struktur-, auf Prozess- und auf Funktionsebene. Zusätzlich wird mittels Inhaltsanalyse gesponser-ter Beiträge die Artikelebene untersucht.

Strukturebene

Auf Strukturebene wird das von einem Medienbetrieb gewählte Modell für Sponsored Content näher betrachtet. Relevant sind der grundsätzliche Aufbau im Unternehmen und die Art der Trennung zwischen Redaktion und Verlag.

Prozessebene

Auf Prozessebene wird der «Workflow» untersucht. Im Fokus stehen alle Teil-schritte von der ersten Idee bis zur Publikation gesponserter Beiträge. Relevant sind dabei Berührungspunkte mit der Redaktion sowie die Freigabe eines Artikels. Es handelt sich um idealtypische Prozessbeschreibungen. Dass in Einzelfällen davon abgewichen werden kann, lässt sich nicht verhindern.

15 Siehe 1.3.1 Forschungsfragen (S. 3)

Page 42: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 35

Funktionsebene

Auf Funktionsebene stehen die Autoren von Sponsored Content im Zentrum. Inwiefern beeinflussen gesponserte Inhalte die Aufgabenfelder, die Tätigkeiten und das Berufsprofil betroffener Journalisten?

Artikelebene

Auf Artikelebene werden pro Medienunternehmen zwei gesponserte Artikel un-tersucht, mit dem Ziel, allfällige Unterschiede im grundsätzlichen Verständnis von Sponsored Content zu erfassen. Schliesslich hängen die Strukturen, Prozesse und Funktionen in einem Medienbetrieb direkt davon ab, was für ein Endprodukt über-haupt entstehen soll. Des Weiteren kann dadurch die Kennzeichnung gesponserter Artikel betrachtet werden.

Diese vereinfachte Form einer «Inhaltsanalyse» lässt natürlich keine repräsentati-ven oder wissenschaftlich vergleichbaren Aussagen über die Gesamtheit gespon-serter Artikel auf der jeweiligen Plattform zu – dafür ist die Stichprobe zu klein. Die Artikelebene steht aber auch nicht im Zentrum dieser Arbeit. Eine allgemein gehaltene Untersuchung fertiger Beiträge ist trotzdem notwendig, um die anderen Ebenen einzuordnen und mögliche Fehlerquellen auszuschliessen.16 Zudem ist es generell hilfreich, zum Verständnis von Sponsored Content mehrere konkrete An-wendungsbeispiele zu betrachten.

3.1.1 Stichprobe

Die gewählte Stichprobe schliesst mit Tamedia, Ringier und den AZ Medien drei der wichtigsten Player des Schweizer Mediensystems ein.17

In der ursprünglichen Fassung dieser Masterarbeit zählte die Schweizer Ausgabe des Vice-Magazins ebenfalls zur Stichprobe. Aufgrund einer fehlenden Freigabe vonseiten der Verantwortlichen bei Vice wurde die Analyse von Sponsored Content beim Vice-Magazin aus der publizierten Version dieser Masterarbeit entfernt.

16 Inwiefern eine systematische Inhaltsanalyse von Sponsored Content interessant sein könnte, wird in den weiterführenden Forschungsansätzen behandelt (S. 74).

17 Siehe auch Abbildung 10 (S. 32)

Page 43: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 36

3.1.2 Auswahl der Merkmalsträger

Pro Medienunternehmen in der Stichprobe wurden zwei Merkmalsträgertypen be-fragt, einerseits der Verantwortliche für Sponsored Content (Typ 1) und andererseits der Autor gesponserter Artikel (Typ 2). Typ 1 gibt primär Auskunft über die Struk-turen und Prozesse, bei Typ 2 steht die Funktionsebene im Vordergrund. Mittels überschneidender Fragen werden gegenseitig Aussagen verifiziert und falsifiziert.

Merkmalsträgertyp 1: Verantwortliche für Sponsored Content

Betrieb Name Funktion Modus Termin

1 Tamedia Christian Lüscher

Leiter Commercial Publishing

Face-to-Face- Interview

14.10.2016

2 Watson Marco Honegger

Head of Content Face-to-Face- Interview

12.10.2016

3 Ringier Fabian Zürcher

Head of Brand Studio

Telefon- Interview

23.11.2016

Merkmalsträgertyp 2: Autoren von Sponsored Content

Betrieb Name Funktion Modus Termin

1 Tamedia Simon Eppenberger

Texter/Konzepter Native Advertising

Face-to-Face- Interview

14.10.2016

2 Watson Viktoria Weber

Redakteurin Face-to-Face- Interview

12.10.2016

3 Ringier Fabienne Hürlimann

Native Advertising Producer

Face-to-Face- Interview

09.11.2016

Page 44: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 37

3.1.3 Methodisches Vorgehen

Weil zum Forschungsobjekt bei Untersuchungsbeginn nur wenige Informationen vorlagen, wurde eine halbstandardisierte Befragung in Form eines Leitfaden-Inter-views als Erhebungsmethode gewählt. Der Leitfaden ist dabei nicht vollkommen standardisiert, enthält aber auch nicht nur Stichworte wie bei einem unstrukturier-ten Interview.

Ein Leitfaden-Interview erlaubt einerseits den Befragten, zusätzliche Informationen preiszugeben, und andererseits dem Interviewer, mit spontanen Fragen auf neue Gegebenheiten zu reagieren und den Detaillierungsgrad interessanter Aspekte zu steuern. Trotzdem generiert ein Leitfaden-Interview qualitative und miteinander vergleichbare Resultate (vgl. Brosius/Haas/Koschel 2012: 99-102).

Neben einem Leitfaden-Interview hätte sich für die Struktur- und die Prozessebene auch eine teilnehmende Beobachtung angeboten. Im ersten Vorgespräch mit den Medienbetrieben stand eine teilnehmende Beobachtung deshalb zur Debatte. Auf deren Durchführung wurde aber aus Gründen der Umsetzbarkeit verzichtet. Bei Ta-media beispielsweise dauert der Ablauf vom ersten Briefing bis zur Publikation von Sponsored Content oft mehrere Monate, weil es sich nicht um einzelne Beiträge, sondern um grössere Kampagnen handelt. Die Beobachtung aller Prozesse wäre im vorgegebenen Zeitrahmen dieser Masterarbeit gar nicht möglich gewesen.

Um eine Verfälschung der erhobenen Daten zu unterbinden, wurde das Leitfaden- Interview mit zwei unterschiedlichen Personen desselben Medienunternehmens durchgeführt. Die beiden Merkmalsträgertypen wurden unabhängig voneinander befragt, wenn möglich aber zeitlich dicht hintereinander um einen persönlichen Kontakt der Merkmalsträger zu unterbinden.

Befragungsmodus

Als favorisierter Befragungsmodus wurde das Face-to-Face-Interview gewählt. Dafür kamen herkömmliche Fragebogen auf Papier zum Einsatz. Die Fragebogen der beiden Merkmalsträgertypen unterscheiden sich, enthalten jedoch bewusst auch identische Fragen um verschiedene Perspektiven einzufangen und allfällige Wider-sprüche zu erfassen.

Page 45: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 38

Face-to-Face-Interviews sind zwar zeitintensiver als beispielsweise schriftliche oder Online-Befragungen, ermöglichen aber auch eine höhere Variationsbreite. Zudem ist die Verweigerungs- und Abbruchquote bei Face-to-Face-Interviews vergleichsweise gering (vgl. Brosius/Haas/Koschel 2012: 104). Weil die Stichprobe dieser Arbeit praktisch keinen Spielraum zulässt (eine Absage mehrerer Medien-unternehmen hätte den gesamten Forschungsaufbau infrage gestellt), stellte die niedrige Verweigerungs- und Abbruchquote ein entscheidendes Kriterium dar.

Fünf von sechs Merkmalsträgern konnten persönlich befragt werden. Aus termin-lichen Gründen vonseiten des Befragten musste aber in einem Fall auf eine telefo-nische Befragung ausgewichen werden. Das Telefon-Interview mit Fabian Zürcher von Ringier sollte zum spätestmöglichen Zeitpunkt durchgeführt werden, damit überhaupt relevante Merkmale erhoben werden konnten, schliesslich startete das von ihm geleitete Brand Studio seine Tätigkeit erst im November 2016. Der Frage-bogen der telefonischen Befragung von Fabian Zürcher entspricht demjenigen der Leitfaden-Interviews für den Merkmalsträgertyp 1.

3.1.4 Auswertung

Alle Interviews wurden mit einem Audiorecorder des Typs Zoom H6 aufgezeichnet und anschliessend verschriftlicht. Bei der Überführung des mündlichen Diskurses in eine schriftliche Form wurden verschiedene Parameter beachtet. Ein Schriftstück kann eine reale Gesprächssituation und alle nonverbalen Aspekte niemals vollstän-dig festhalten (vgl. Dresing/Pehl 2013: 17f). Erschwerend hinzu kommt die Tatsa-che, dass fünf von sechs Interviews in Schweizer Dialekt durchgeführt wurden.

Durch die Umwandlung von Schweizer Dialekt in deutsche Hochsprache gehen im-mer Details verloren. Bei den Transkripten handelt es sich um von umgangssprach-lichen und nonverbalen Elementen geglättete Texte. Deshalb werden die Aussagen der Interviewpartner in dieser Arbeit niemals direkt, sondern nur indirekt zitiert. Der Detaillierungsgrad der Transkripte wurde mit dem Betreuer dieser Arbeit, Dr. phil. Frank Hänecke, abgesprochen.

Auf die übergeordneten Schlussfolgerungen auf Struktur-, Prozess- und Funktions- ebene haben weder das Glätten der Texte noch die Übersetzung in die deutsche Hochsprache einen Einfluss. Schliesslich geht es nicht darum, eine linguistische Studie durchzuführen, sondern Zusammenhänge zu erfassen und aufzuzeigen.

Page 46: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 39

3.2 Tamedia

Die private Mediengruppe Tamedia ist eines der grössten Verlagshäuser der Schweiz. Zum Portfolio zählen neben verschiedenen Print- und Online-Medien auch zahlreiche Web-Plattformen, beispielsweise Tauschbörsen, Marktplätze oder ein Terminplaner. Flaggschiffe von Tamedia sind mit dem Tages-Anzeiger die auflagenmässig grösste Schweizer Bezahltageszeitung (Auflage 2015: 162’894) und mit 20 Minuten die grösste Schweizer Gratiszeitung (Auflage in Deutsch 2015: 447’552) (vgl. Verband Schweizer Medien 2016c, o.S.). Weitere relevante Titel sind die Berner Zeitung, der Bund und verschiedene Fach- und Publikumszeit-schriften wie die Schweizer Familie oder Annabelle (vgl. Tamedia 2016, 6-14).

Im Oktober 2016 wiesen die Websites www.tages-anzeiger.ch 2’199’000 und www.20min.ch 6’308’000 Unique Clients auf (vgl. Net-Metrix 2016, o.S.).

3.2.1 Sponsored Content bei Tamedia

Nach einigen Experimenten bietet die Mediengruppe Tamedia seit Anfang 2016 offiziell Sponsored Content mit vordefinierten Abläufen und Strukturen an. Dafür wurde eine konzernübergreifende Commercial-Publishing-Abteilung geschaffen, die für alle Titel innerhalb der Mediengruppe verantwortlich ist. Zum Commercial Publishing bei Tamedia zählen einerseits Corporate Publishing, also die Inhaltspro-duktion für Kundenmedien, und andererseits Branded und Sponsored Content.

Branded Content bezeichnet Promotionen, Wettbewerbe, Advertorials oder Publireportagen, wie sie von den Printmedien her bekannt sind. Diese Inhalte werden im Normalfall von den Werbekunden angeliefert. Sie unterscheiden sich in typografischer Hinsicht von den redaktionellen Inhalten, so wie es der Schweizer Presserat fordert (vgl. Lüscher 2016: 107 und 112).

Sponsored Content wird direkt im CMS des jeweiligen Titels erfasst und unter-scheidet sich aus gestalterischer Perspektive nur durch eine Kennzeichnung von redaktionellen Artikeln. Sponsored Content wird zwar von Werbekunden finanziert, aber von Tamedia selber hergestellt. Im Unterschied zu Branded Content, womit hauptsächlich konkrete Produkte oder Dienstleistungen beworben werden, sollen mit Sponsored Content vor allem Themen gesetzt und Marken mit interessanten Inhalten in Verbindung gebracht werden (vgl. Lüscher 2016: 108 und 112).

Page 47: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 40

3.2.2 Strukturebene

Tamedia arbeitet nach dem Agentur-Modell.18 Redaktion und Verlag sind kom-plett getrennt. Der Bereich Commercial Publishing ist dem DND (Digital News Development) untergeordnet. Dieses zählt zum Werbemarkt National, der sich auf Verlagsseite befindet. Die Redaktion selber hat mit gesponserten Inhalten keinerlei Berührungspunkte ausser nach der Publikation auf der Website selber und bei der Abnahme fertiger Inhalte durch die Chefredaktion (vgl. Lüscher 2016: 108-110).

Abbildung 12: Organisationsskizze für Sponsored Content (Tamedia)

Grafik: Eigene Abbildung nach Lüscher/Eppenberger 2016

Der Bereich «Sponsored» besteht bei Tamedia zurzeit aus 100 Stellenprozenten. Deshalb werden nur kleinere Textbeiträge von Tamedia selber umgesetzt. Für alle grösseren Projekte und Kampagnen setzt man auf ein Freelancer-Netzwerk mit Kompetenzen in Bereichen wie Video, Illustration oder Fotografie (vgl. Lüscher 2016: 107 und Eppenberger 2016: 117).

18 Die verschiedenen Modelle werden im theoretischen Teil unter «2.4.1 Modelle von Sponsored Content» (S. 22) erläutert.

Page 48: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 41

3.2.3 Prozessebene

Das Commercial Publishing und der Bereich Sponsored übernehmen bei Tamedia primär eine vermittelnde und organisatorische Rolle. Intern geschehen vor allem die Themenfindung und die Konzeption gesponserter Beiträge sowie die Koordina-tion der Freelancer (vgl. Eppenberger 2016: 117).

Abbildung 13: Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Tamedia)

Grafik: Eigene Abbildung nach Lüscher/Eppenberger 2016

Page 49: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 42

Nach einem ersten Kundengespräch durch Sales oder Verkaufsförderung über-nimmt das Commercial Publishing die Projektleitung. Ideen für eine Kampagne werden generiert und dem Kunden vorgeschlagen, der sich für eine der Ideen entscheidet. Diese wird ausformuliert und als konkretes, umsetzbares Konzept dem Kunden vorgelegt (vgl. Lüscher 2016: 107-109 und Eppenberger 2016: 117).

Kleinere Kampagnen oder einzelne gesponserte Artikel setzt das Commercial Pu-blishing selber um. Dafür befinden sich langjährige Journalisten des Tages-Anzei-gers im Team, die den inhaltlichen und sprachlichen Stil der Tamedia-Titel kennen. Für grössere Kampagnen, oder wenn multimediale Elemente im Spiel sind, setzt das Commercial Publishing auf ein Netzwerk aus Freelancern, die sich auf Berei-che wie Video, Bild oder Illustration spezialisiert haben. Diese Freelancer erhalten ein Briefing vom Commercial Publishing und setzen anschliessend die gesponser-ten Inhalte um. Das Finishing der Artikel erledigt das Commercial Publishing sel-ber. Dabei wird der Sponsored Content in stilistischer, inhaltlicher und sprachlicher Hinsicht an die medienspezifischen Anforderungen des jeweiligen Titels angepasst um die Unterschiede zum redaktionellen Umfeld zu minimieren [ebd.].

Veröffentlicht wird ein gesponserter Artikel, wenn sowohl Kunde als auch Chefre-daktion eine Freigabe erteilen. Durch diese Massnahme behält die Chefredaktion die Kontrolle über alle publizierten Beiträge. Andere Berührungspunkte mit der Redaktion gibt es bei Tamedia nicht (vgl. Lüscher 2016: 108 und 110).

3.2.4 Funktionsebene

Alle Stellen im Commercial Publishing wurden mit ehemaligen Journalisten be-setzt. Wer hier, auf Verlagsseite von Tamedia, arbeitet, darf keine redaktionellen Artikel für die Tamedia-Titel mehr schreiben. Dieselbe Richtlinie gilt bidirektio-nal: Auch Mitglieder der Redaktion dürfen keinerlei Sponsored Content für das Commercial Publishing verfassen, selbst wenn sie nur in einem Teilzeitpensum in einer zur Mediengruppe Tamedia gehörenden Redaktion angestellt sind (vgl. Lüscher 2016: 112 und Eppenberger 2016: 118).

Mit dem Commercial Publishing, das strukturell von der Redaktion getrennt ist, setzt Tamedia das Agentur-Modell konsequent um. Dementsprechend wird die Re-daktion von den Entwicklungen im Bereich Sponsored Content nicht direkt tangiert und die journalistischen Rollen auf Redaktionsseite ändern sich nicht.

Page 50: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 43

Auf Verlagsseite hingegen entstehen neue, journalismusähnliche Rollenprofile. Normativ gesehen hat der Texter/Konzepter für Native Advertising nur wenig mit einem Journalisten zu tun – die gesellschaftliche Verantwortung fällt grösstenteils weg. Seine Aufgaben entsprechen allerdings in vielerlei Hinsicht journalistischen Tätigkeiten. Wer in dieser Funktion tätig sein möchte, muss journalistische Kern-kompetenzen wie Recherchieren, Dokumentieren oder Formulieren beherrschen (vgl. Eppenberger 2016: 118-120).

Nebst einer neuen internen Rolle entstehen durch das Commercial Publishing bei Tamedia auch neue Herausforderungen für Freelancer, externe Inhaltsproduzenten oder Werbeagenturen. Diese werden mit der Aufgabe betraut, Inhalte herzustellen, die in vielerlei Hinsicht zu den redaktionellen Inhalten der Tamedia-Titel, aber auch zu den kommerziellen Interessen der Werbekunden passen sollen. Eine Entwick-lung, die mit Content Marketing begonnen hat, setzt sich fort: Der Stellenwert inhaltsbasierter Massnahmen nimmt auch in der Werbebranche zu.

3.2.5 Artikelebene

Artikel 1

Titel: Bei ihr einzusteigen hat sich für Pendler gelohnt URL: http://www.20min.ch/auto/fahrberichte/story/22158531 Titel: 20 Minuten (online) Kunde: Mercedes-Benz Publikation: 14. Oktober 2016

Für Mercedes-Benz lädt 20 Minuten spontan Passanten ein. Morgens um acht Uhr fragt eine junge Frau beliebige Arbeitnehmer, ob sie Lust hätten, mit ihr einen Ro-adtrip zu machen – im neuen GLC Coupé von Mercedes-Benz. Mit einer Schweizer Karte und einem Dartpfeil wird bestimmt, wo die Reise hingehen soll. Im Zentrum des Artikels steht ein Video, das den gesamten Roadtrip dokumentiert. Dieser Arti-kel ist der erste Teil einer Kampagne für Mercedes-Benz (vgl. 20 Minuten 2016a: o.S.).

Page 51: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 44

Artikel 2

Titel: Darüber nerven sich unsere Leser im Büro URL: http://www.20min.ch/native/stories/story/Darueber- nerven-sich-unsere-Leser-%20im-Buero-10046815 Titel: 20 Minuten (online) Kunde: Gesundheitsförderung Schweiz Publikation: 16. September 2016

Aufbauend auf einer User-Befragung zeigt 20 Minuten in zwölf witzigen Illustrati-onen die nervigsten Angewohnheiten am Arbeitsplatz. Zudem erklärt eine einfache Anleitung, wie man Probleme mit störenden Büronachbarn am besten anpacken kann. Hinter dem Artikel steht die Gesundheitsförderung Schweiz mit dem Label «Friendly Work Space». Es soll Firmen dazu bewegen, sich als attraktive Arbeit- geber zu positionieren (vgl. 20 Minuten 2016b: o.S.).

Ergebnisse der Untersuchung

Untersuchtes Merkmal Artikel 1 Artikel 2

A1 Anzahl Wörter 301 387

A2 Anzahl Zeichen (inkl. Leerzeichen) 1’944 2’625

A3 Anzahl Bilder 0 12

A4 Anzahl Videos 1 0

M1 Anzahl Erwähnungen der Marke im Text 2 0

M2 Anzahl Erwähnungen des Produkts im Text 2 0

M3 Anzahl Links zur Website der Marke im Text 2 0

K1 Anzahl Kommentare 167 255

K2 Anzahl Kommentare mit Erwähnung des Sponsorings

11 0

Page 52: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 45

Die beiden untersuchten Artikel zeigen, dass Tamedia der Nennung von Marken oder Produkten in Sponsored Content offen gegenübersteht. Der erste Artikel lässt sich, unabhängig von der Kennzeichnung, sofort als Sponsored Content identifizie-ren. Das Sponsoring ist in Text und Video klar ersichtlich. Ein Roadtrip in einem Mercedes-Benz funktioniert nur mit Erwähnung von Produkt und Marke. Die Lo-gik der Marke überwiegt bereits im Konzept dieses Artikel gegenüber der Logiken von Journalismus und Medien.

Im Gegensatz dazu weist der Inhalt des zweiten Artikels nicht auf eine kommer-zielle Absicht hin. Der Beitrag zum Thema «Arbeitsplatz» könnte so auch ohne Sponsoring auf 20min.ch erscheinen. In diesem Artikel werden die Logiken des Journalismus und des Mediums höher gewertet als die Logik der Marke. Diese Tatsache scheinen auch die User zu goutieren. Während im ersten Beitrag rund 6,5% aller Kommentare auf das Produkt und die kommerziellen Interessen Bezug nehmen, wird der werbliche Ursprung in der Kommentarspalte des zweiten Artikels kein einziges Mal erwähnt.

Sponsored Content wird auf 20min.ch einheitlich gekennzeichnet. Neben der Rub-rikenbezeichnung «Sponsored» oberhalb des Titels weist eine grosszügige Infobox auf die Zusammenarbeit von Commercial Publishing Tamedia mit Werbekunden hin: «Dieser Beitrag wurde von Commercial Publishing Tamedia in Zusammenar-beit mit [...] erstellt.» (20 Minuten 2016a: o.S.). In der Smartphone-App ist diese Infobox zusätzlich grau hinterlegt. Problematisch ist allerdings der Facebook-Post zum Artikel von Mercedes-Benz: Weder im Video noch im Text ist das Sponsoring erwähnt, obwohl Facebook durchaus geeignete Werkzeuge für eine Kennzeichnung zur Verfügung stellt.

Die beiden untersuchten Artikel widerspiegeln die Positionierung des Commercial Publishings als Dienstleister für Werbekunden. Grundsätzlich soll der Einfluss von Marken auf den eigentlichen Inhalt minimal gehalten werden, wenn aber eine stär-kere Fokussierung auf eine werbliche Botschaft gewünscht ist, sind Kompromisse und Eingeständnisse durchaus möglich.

Page 53: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 46

3.3 Watson

Watson ist eine werbefinanzierte Schweizer Online-Zeitung, die am 22. Januar 2014 gegründet wurde. Nach einer Erstfinanzierung mit 20 Millionen Schweizer Franken durch den Verleger Peter Wanner soll Watson 2017 erste Gewinne er-wirtschaften (vgl. Moser 2013, o.S.). Inhaltlich richtet sich Watson an eine junge, webaffine Zielgruppe, die vor allem mit mobilen Geräten nach News und Unterhal-tung sucht. Dementsprechend sind auch die Inhalte aufbereitet: Listicles, Bilderga-lerien, Videos oder Psychotests machen einen grossen Teil aller Artikel aus.

Im Oktober 2016 wies die Website www.watson.ch 1’159’000 Unique Clients auf (Net-Metrix 2016, o.S.). Damit rangiert sie deutlich hinter www.20min.ch, aber vor anderen direkten Konkurrenten wie www.blickamabend.ch.

3.3.1 Sponsored Content bei Watson

Watson finanziert sich einerseits über Display-Werbung und andererseits über verschiedene Content-Produkte wie Promotions, Sponsoring von Livetickern oder Themenwochen und Native Advertising (vgl. Watson 2016a: o.S.).

Unter Native Advertising versteht man bei Watson journalistischen «Inhalt, der von Ihnen [den Kunden, d. Verf.] ermöglicht wird. Sie setzen die Agenda und bestimmen so, mit welchen Werten und Geschichten Ihre Marke in Verbindung gebracht wird.» (Watson 2016b: o.S.). Werbekunden fungieren bei Watson also als sogenannte «Enabler», die die Umsetzung von zur Marke passenden journalisti-schen Inhalten ermöglichen. Es handelt sich dabei um gesponserte Inhalte, also um Sponsored Content.

Die Leistungen für Kunden sind klar definiert: Ein Native Ad kostet 8’000 Schweizer Franken. Darin sind die komplette Umsetzung eines einzelnen Artikels mit 48 Stunden Laufzeit auf der Frontseite, ein Facebook-Post und ein Tweet auf Twitter inbegriffen. Ab 2017 werden dieselben Leistungen für 12’000 Schweizer Franken angeboten (Watson 2016b: o.S.).

Watson gilt in der Schweizer Medienszene als Pionier, wenn es um Native Advertising geht. Im Unterschied zu anderen Schweizer Medienhäusern bietet Watson seit der Gründung 2014 entsprechende Dienstleistungen an. Der Bereich Native Advertising macht bei Watson rund 20% des gesamten Umsatzes aus (vgl. Honegger 2016: 129).

Page 54: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 47

3.3.2 Strukturebene

Watson ist in Sales, Redaktion, Marketing und IT aufgeteilt. Mit rund 75% der Belegschaft ist die Redaktion dabei klar die wichtigste Abteilung. IT und Marke-ting sind für diese Untersuchung nicht weiter von Bedeutung. Sponsored Content wird von der Sales-Abteilung den Werbekunden verkauft und anschliessend in der Redaktion umgesetzt (vgl. Honegger 2016: 124ff).

Abbildung 14: Organisationsskizze für Sponsored Content (Watson)

Grafik: Eigene Abbildung nach Honegger/Weber 2016

Watson arbeitet sowohl nach dem Agentur- als auch nach dem Underwriting- Modell. Underwriting entsteht aber eher zufällig, wenn unabhängig produzierte Ar-tikel zu einem Werbekunden und dessen Produkten passen und sich dieser zu einem Sponsoring entschliesst (vgl. Weber: 2016: 133).

Für alle geplanten Kampagnen setzt Watson eine modifizierte Variante des Agen-tur-Modells ein. Es werden journalistisch anmutende Artikel für Werbekunden erstellt, jedoch, abweichend vom Agentur-Modell, nicht durch eigens dafür einge-stellte Autoren. Bei Watson sind die Mitglieder der Redaktion für das Schreiben von Sponsored Content verantwortlich. Eine Schnittstelle zwischen Sales und Redaktion verteilt die gesponserten Inhalte in der Redaktion. Die Person mit dieser Schnittstellen-Funktion ist das einzige Redaktionsmitglied, das keinen Sponsored Content schreibt.

Da die Redaktion für die Erstellung gesponserter Inhalte zuständig ist, existiert keine strukturelle Trennung zwischen Verlag und Redaktion. Alle auf der Plattform publizierten Artikel (mit Ausnahme von Promotions oder Publireportagen) werden von denselben Redakteuren erstellt und im selben CMS erfasst (vgl. Weber 2016: 131f).

Page 55: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 48

3.3.3 Prozessebene

Abbildung 15: Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Watson)

Grafik: Eigene Abbildung nach Honegger/Weber 2016

Page 56: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 49

Von der Akquise bis zur Publikation ist der Ablauf bei Watson klar strukturiert. In einem ersten Gespräch definieren Sales und Werbekunde gemeinsam mögliche Themengebiete, die einerseits zur Marke und andererseits zu Watson passen sollen. Anschliessend übernimmt das für Native verantwortliche Redaktionsmitglied die Koordination der Ideenfindung (vgl. Honegger 2016: 124f und Weber 2016: 131f).

Der Native-Verantwortliche verschickt ein E-Mail an die gesamte Redaktion. Darin werden alle Redakteure, vom Sportressort über Unterhaltung bis zur Wirtschaft, dazu angehalten, Ideen zum vorbestimmten Thema zu sammeln. Welcher Kunde damit welches Angebot bewerben möchte, erfahren die Redakteure aber nicht. Der Native-Verantwortliche, der meistens weiss, um welchen Kunden es sich handelt, ist für die Anonymisierung der Themen verantwortlich. Dadurch soll die Unabhän-gigkeit der Redaktion gewahrt werden [ebd.].

Die Ideen aus der Redaktion werden vom Native-Verantwortlichen aussortiert, aus-formuliert und in einer Liste zusammengefasst. Diese Liste wird von den Sales dem Kunden vorgelegt. Der Kunde entscheidet sich für eine oder mehrere der Ideen. Diese Entscheidung gibt Sales wieder zurück an den Native-Verantwortlichen, der die Umsetzung in der Redaktion veranlasst [ebd.].

Im Idealfall wird derjenige Redakteur mit der Umsetzung eines Artikels beauftragt, der auch die Idee dafür eingegeben hat. Sollte das aus irgendwelchen Gründen, beispielsweise einer Ferienabwesenheit oder fehlender Kapazität nicht möglich sein, schreibt ein anderer Redakteur den Artikel. Bei Watson erarbeiten alle Redak-tionsmitglieder Sponsored Content – davon ausgenommen ist nur der Native-Ver-antwortliche selber [ebd.].

Ein fertiger Artikel wird durch eine Infobox und das Logo der Marke ergänzt und dem Kunden vorgelegt. Allfällige kleinere Anpassungen erledigt der Native-Verant-wortliche selber, für grössere Änderungen kann auch der Autor des Artikels herbei-gezogen werden. Im Idealfall wird der Artikel aber direkt freigegeben, schliesslich ist der Werbekunde primär als Enabler vorgesehen, dessen Einfluss auf den eigent-lichen Inhalt möglichst gering bleiben sollte [ebd.].

Die definitive Freigabe erteilt der Werbekunde. Normalerweise erfährt ein Redak-teur also erst durch die Kennzeichnung des veröffentlichten Artikels auf der News-plattform, für welchen Kunden er geschrieben hat (vgl. Weber 2016: 133).

Page 57: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 50

3.3.4 Funktionsebene

Durch Sponsored Content entstehen bei Watson keine grundsätzlich neuen Be-rufsprofile. Allerdings finden eine Modifizierung des journalistischen Berufsbildes und eine Erweiterung der Aufgaben der Redakteure statt.

Bei Watson zählt es zu den Pflichten jedes Redakteurs, Sponsored Content zu schreiben. Von den Tätigkeiten her unterscheidet sich die Produktion gesponserter Inhalte nur unwesentlich von der Produktion redaktioneller Inhalte. Gefragt sind ähnliche journalistische Fertigkeiten wie Recherchieren, Formulieren oder Prä-sentieren. Dementsprechend werden auch dieselben Erzählwerkzeuge eingesetzt: Interviews, Reportagen, Listicles, Psychotests oder Bildergalerien.

Neben dieser rein handwerklichen Ebene lassen sich aber grosse Unterschiede feststellen. Die präsentierten Themen müssen nicht nur für die Rezipienten faktisch und relevant sein, sondern auch auf die Zielformulierungen der Werbekunden ein-zahlen. Dieses zusätzliche Kriterium wirkt sich auf die Themenfindung und damit auf die Arbeitsweise der Journalisten aus. Sie erhalten Weisungen und Aufgaben nicht nur vom Chefredakteur, sondern via Sales und Native-Schnittstelle von den Werbekunden. Die neuen Aufgaben müssen parallel zur journalistischen Arbeit in der Redaktion erledigt werden. Dadurch erfolgt eine Erweiterung des journalisti-schen Tätigkeitsfeldes bei Watson.

Mit dem Native-Verantwortlichen wird eine neue Rolle geschaffen. Damit verbun-den sind einerseits organisatorische Pflichten wie die Koordination der Native Ads und die Verteilung davon innerhalb der Redaktion und andererseits die Aufgaben eines Werbetexters durch das Schreiben der Infoboxen im Auftrag der Werbekun-den. Für diese Schnittstelle zwischen Sales und Redaktion ergeben sich Kunden-kontakte und, abhängig von der jeweiligen Aufgabe, ein kontinuierliches Wechsel-spiel zwischen Redaktion und Verlag. Die Person mit dieser Zusatzfunktion ist das einzige Redaktionsmitglied, das keine gesponserten Artikel schreibt (vgl. Weber 2016: 136f).

Page 58: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 51

3.3.5 Artikelebene

Artikel 1

Titel: Was ist wahre Leidenschaft? 10 Versuche, dieses unzähmbare Ungetüm zu bändigen URL: http://www.watson.ch/!807639500 Kunde: Sinalco Publikation: 11. Mai 2016

In einem 10-teiligen Listicle arbeitet Watson den Widerspruch zwischen Leiden-schaft und Vernunft auf. Im Zentrum stehen Zitate von Schriftstellern, Philosophen oder Dichtern wie Sokrates, Shakespeare und Immanuel Kant.

Sponsor des Artikels ist die Getränkemarke Sinalco, die mit dem Thema «Leiden-schaft» das neue Sinalco mit Passionsfruchtgeschmack in Szene setzen möchte.

Artikel 2

Titel: Mamma Mia! 7 typische italienische Begriffe, die wir immer wieder falsch aussprechen URL: http://www.watson.ch/!738250384 Kunde: Ascona-Locarno Publikation: 15. Juni 2016

Viele italienische Begriffe sind auch im deutschen Sprachraum gebräuchlich. In einem siebenteiligen Listicle zeigt Watson italienische Wörter, die in der Deutsch- schweiz oft falsch ausgesprochen werden, von Prosciutto bis Latte Macchiato.

Das Listicle wird gesponsert von Ascona-Locarno, einer Tourismusregion am Lago Maggiore. Beworben werden damit verschiedene Events, die im Sommer in und um Ascona und Locarno stattfinden.

Page 59: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 52

Ergebnisse der Untersuchung

Untersuchtes Merkmal Artikel 1 Artikel 2

A1 Anzahl Wörter 1’662 149

A2 Anzahl Zeichen (inkl. Leerzeichen) 11’123 1’071

A3 Anzahl Bilder 10 8

A4 Anzahl Videos 0 1

M1 Anzahl Erwähnungen der Marke im Text 0 0

M2 Anzahl Erwähnungen des Produkts im Text 0 0

M3 Anzahl Links zur Website der Marke im Text 0 0

K1 Anzahl Kommentare (insgesamt) 26 123

K2 Anzahl Kommentare mit Erwähnung des werblichen Aspekts

15 0

Bei Watson werden die Logik der Medien und die Logik des Journalismus höher gewichtet als die Logik der Marke. Dies zeigt sich an gestalterischen und inhaltli-chen Kriterien. Beide Artikel könnten auch ohne Sponsoring auf Watson publiziert werden. Die Erzählform Listicle passt zu Watson und wird auch für redaktionelle Artikel häufig eingesetzt.

Interessant ist die Kommentarspalte im ersten Beitrag: Das Sponsoring durch Sinalco führt zu einer kritischen Diskussion über Native Advertising. Diese Tatsa-che weist darauf hin, dass die Kennzeichnung funktioniert und das Sponsoring von den Lesern bemerkt wird, obwohl der Inhalt stilistisch und sprachlich den redaktio-nellen Inhalten ähnelt (vgl. Rothenfluh 2016: o.S.).

Watson verwendet zwei Kennzeichnungen: eine Infobox und ein Label «Präsentiert von [...]». Beide sind prominent platziert. Das Label ist auf der Desktop-Version rechts unten fixiert und deshalb während der gesamten Lesedauer sichtbar. Im zweiten Artikel findet sich zudem ein Youtube-Video des Werbekunden (vgl. Kunz 2016: o.S.).

Page 60: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 53

3.4 Ringier

Ringier ist ein international tätiges Schweizer Medienunternehmen. Neben eigenen Medienmarken zählen auch Events, Unterhaltungsformate und Digitalangebote wie Online-Marktplätze oder eCommerce-Plattformen zum Portfolio (vgl. Ringier 2016b: o.S.). Mit der Blick-Gruppe verlegt Ringier die meistgelesene Bezahlzei-tung (Blick), die meistgelesene Sonntagszeitung (SonntagsBlick) und die zweit-grösste Gratiszeitung (Blick am Abend) der Schweiz. Zudem behauptet sich das Medienunternehmen auf dem Markt mit Zeitschriften wie der Schweizer Illustrier-ten, eigenen Radiosendern und verschiedenen TV-Kanälen. Viele Angebote von Ringier zeichnen sich durch eine eher boulevardeske Tonalität aus (vgl. Ringier 2016a: 17-20).

Im Oktober 2016 wies die Website blick.ch 4’678’000, die Website www.blickam- abend.ch 1’192’000 Unique Clients auf (vgl. Net-Metrix 2016: o.S.).

Vermarktung bei Ringier

Für die Vermarktung des Ringier-Portfolios ist Admeira zuständig. Dabei handelt es sich um ein im April 2016 gestartetes Joint Venture, das der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), dem Telekommunikationsanbieter Swiss-com und Ringier gehört. Aufgrund der Beteiligung der SRG ist die Zulassung von Admeira umstritten. Der Verband Schweizer Medien hat gemeinsam mit mehreren Medienhäusern Einspruch gegen die Werbeallianz erhoben. Admeira ist für die Vermarktung aller Produkte von Ringier verantwortlich (vgl. Widmer 2016: o.S.).

3.4.1 Sponsored Content bei Ringier

Im Dezember 2013, rund fünf Wochen vor der Lancierung von Watson, veröf-fentlichte Ringier die neue Website von Blick am Abend mit dem Ziel, diese ausschliesslich über Sponsored Content zu finanzieren (vgl. Röthlisberger 2016: o.S.). Das ambitionierte Vorhaben scheiterte zwar, blickamabend.ch bindet inzwi-schen auch Bannerwerbungen ein, aber nach wie vor zählt die Webplattform zu den führenden Anbietern von Sponsored Content in der Schweiz. Des Weiteren bietet Ringier auf den Webseiten der eigenen Wirtschaftsmedien wie handelszeitung.ch sogenannte Brand Reports an. Ausgewählte Partner publizieren dabei eigene Arti-kel, die im redaktionellen Umfeld angezeigt werden (vgl. Hürlimann 2016: 165).

Page 61: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 54

Sowohl die Brand Reports als auch die gesponserten Beiträge auf blickamabend.ch werden von einer eigens dafür geschaffenen Stelle, dem Native-Manager, innerhalb der Vermarktungsagentur Admeira betreut (vgl. Hürlimann 2016: 165).

Der Bereich Sponsored Content befindet sich bei Ringier mitten in einem Res-trukturierungs-Prozess. Parallel zu den oben erwähnten Angeboten lancierte die Blick-Gruppe am 1. November 2016 ein «Brand Studio». Dabei handelt es sich um einen neu geschaffenen Geschäftsbereich, der sich mit innovativen Werbeformen rund um Sponsored Content befasst. Das Brand Studio bespielt grundsätzlich alle Web-Plattformen der Blick-Gruppe, parallel dazu werden aber, zumindest in der Anfangsphase, die von Admeira angebotenen Dienstleistungen für blickamabend.ch und für die Wirtschaftsmedien von Ringier weitergeführt (vgl. Zürcher 2016: 154f und Hürlimann 2016: 167).

Für Sponsored Content auf blickamabend.ch verwendet Admeira die Bezeichnung «Content Advertising». Nebst verschiedenen Platzierungen können auch Facebook- Posts und Tweets gebucht werden (vgl. Admeira 2016: o.S.).

Hinweis zur Methodik bei Ringier

Es ist kein Zufall, dass Ringier an dritter und letzter Stelle der untersuchten Me-dienunternehmen aufgeführt wird. Die aktuelle Entwicklung ist zwar interessant, aber aus methodischer Perspektive mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Zum Zeitpunkt des Interviews mit Fabian Zürcher war das von ihm geleitete Brand Stu-dio erst seit drei Wochen in Betrieb. Aufgrund einer mehrwöchigen Vorlaufzeit gibt es zwar bereits einige Erfahrungswerte, die neuen Strukturen und Prozesse sind aber noch nicht wirklich eingespielt.

Deshalb sollte diese Untersuchung von Ringier primär als Ergänzung angesehen und mit Vorsicht betrachtet werden. Um Ringier repräsentativ mit den anderen Medienunternehmen vergleichen zu können, müssten die beiden Leitfaden-Inter-views zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden.

Dass die Reorganisation bei Ringier zum jetzigen Zeitpunkt stattfindet, zeigt die aktuelle Stimmung in der Branche anschaulich auf.

Page 62: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 55

3.4.2 Strukturebene

Abhängig vom konkreten Einsatzzweck setzt Ringier verschiedene Modelle von Sponsored Content ein. Die bereits vor der Gründung des Brand Studios ange-botenen Dienstleistungen auf blickamabend.ch lassen sich leicht einordnen. Es handelt sich dabei um eine konsequente Umsetzung des Agentur-Modells. Die Vermarktungsagentur Admeira ist für die komplette Produktion verantwortlich, von der Ideenfindung über die Konzeption bis hin zur Publikation. Die Redaktion wird davon praktisch nicht tangiert (vgl. Hürlimann 2016: 171). Wenn es um generelle Themen oder Ideen geht, findet aber ein regelmässiger Austausch zwischen Redak-tion, Admeira und dem Social-Media-Team statt (vgl. Hürlimann 2016: 172).

Die Brand Reports in den Wirtschaftsmedien von Ringier hingegen entsprechen dem Plattform-Modell. Das jeweilige Wirtschaftsmedium stellt den Werbekunden einen Kanal innerhalb der redaktionellen Plattform zur Verfügung. Im Normalfall schreiben die Kunden diese Artikel selber, es kann aber zu einer Hybridisierung verschiedener Modelle kommen, wenn der Native-Manager bei Admeira selber Inhalte für die Brand Reports generiert (vgl. Hürlimann 2016: 165).

Durch die Gründung des Brand Studios, das zur Blick-Gruppe und nicht zu Admeira gehört, schafft Ringier eine grössere Nähe zur Redaktion. Dies zeigt sich auch in geografischer Hinsicht: Das Brand Studio befindet sich im selben Gebäude wie die Redaktion im Zentrum von Zürich, Admeira hingegen operiert von Zürich Altstetten aus. Das Brand Studio arbeitet ebenfalls nach dem Agentur-Modell, agiert aber näher an der Redaktion (vgl. Hürlimann 2016: 167 und Zürcher 2016: 160).

Abbildung 16: Organisationsskizze der Blick-Gruppe mit Brand Studio

Grafik: Eigene Abbildung nach Zürcher 2016

Page 63: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 56

Kurz nach der Gründung ist das Brand Studio mitten im Aufbau begriffen. In per-soneller Hinsicht macht ein «Creative-Video-Team» mit sechs Personen zurzeit den grössten Teil aus. Obwohl das Brand Studio nur aus wenigen Personen besteht, wird es innerhalb der Blick-Gruppe als vollwertiger Geschäftsbereich neben Marketing oder Redaktion angesehen (siehe Abbildung 16). Seine Platzierung im Organigramm von Ringier zeigt auf, wie schwer sich Medienbetriebe damit tun, Sponsored Content einzuordnen und in bestehende Strukturen zu integrieren (vgl. Zürcher 2016: 154).

3.4.3 Prozessebene

Abbildung 17: Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Admeira)

Grafik: Eigene Abbildung nach Hürlimann 2016

Page 64: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 57

Die bestehenden Prozesse für Sponsored Content auf blickamabend.ch sind bei Admeira nicht strikt standardisiert (siehe Abbildung 17). Im Fokus stehen mög-lichst einfache, direkte und kundenfreundliche Abläufe. Nach einem ersten Kun-denkontakt vonseiten der Sales bei Admeira übernimmt der Native-Manager das gesamte Projekt. Er generiert anhand eines Briefings erste Ideen und formuliert nach einem Kundenfeedback mehrere Headlines. Das freigegebene Konzept setzt er auch gleich selber um. Die Freigabe der fertigen Artikel erteilt der Werbekunde. Dementsprechend entstehen im Normalfall keinerlei Berührungspunkte mit der Redaktion.

Abbildung 18: Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Brand Studio)

Grafik: Eigene Abbildung nach Zürcher 2016

Page 65: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 58

Die Prozesse für Sponsored Content in der Blick-Gruppe via Brand Studio sind noch nicht standardisiert, was primär daran liegt, dass das Brand Studio erst rund drei Wochen vor dem Leitfaden-Interview mit Fabian Zürcher gegründet wurde und die Prozesse noch nicht eingespielt sind. Im Grossen und Ganzen ähneln die Abläu-fe aber denjenigen bei Admeira (vgl. Zürcher 2016: 156f).

Nach einem ersten Kundenkontakt durch den Verkauf kommt das Brand Studio ins Spiel. Erste Ideen und Konzepte werden formuliert. Anschliessend übernimmt das Brand Studio auch die Kommunikation mit dem Werbekunden. Sobald ein Konzept vom Kunden abgesegnet ist, beginnt die Umsetzung. Kleinere Artikel schreibt das Brand Studio selber, für grössere Kampagnen kann auf ein externes Partner- und Freelancer-Netzwerk zurückgegriffen werden [ebd.].

Für die Freigabe fertiger Beiträge ist der Kunde verantwortlich. Dementsprechend wird die Redaktion von den Abläufen im Brand Studio grundsätzlich kein einziges Mal tangiert. Die Redakteure nehmen gesponserte Artikel erst nach deren Publikati-on auf der Website wahr. In der Konzeptionsphase und für die Koordination finden aber Absprachen mit der Redaktion statt [ebd.].

Sowohl bei Admeira als auch im Brand Studio können Werbekunden relativ viel Einfluss auf die von ihnen gesponserten Inhalte nehmen. Vorgesehen ist eine mög-lichst unabhängige Umsetzung durch die zuständigen Stellen, die Interessen der Kunden geniessen aber einen hohen Stellenwert (vgl. Hürlimann 2016: 170 und Zürcher 2016: 165).

3.4.4 Funktionsebene

Auswirkungen von Sponsored Content auf die Funktionsebene bei Admeira

Redaktionsseitig beeinflusst der von Admeira realisierte Sponsored Content auf blickamabend.ch und in den Wirtschaftsmedien von Ringier keine Aufgaben, Tätig-keiten oder Berufsbilder. Die eigentliche Redaktion ist aufgrund der konsequenten Umsetzung des Agentur-Modells nicht in entsprechende Prozesse involviert und auch nur am Rande davon betroffen (vgl. Hürlimann 2016: 172).

Page 66: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 59

Neu ist hingegen der Beruf des Native-Managers. Dabei handelt es sich um ein journalismusähnliches Berufsbild. In der Umsetzung von Artikeln ähneln die Tätig-keiten stark denjenigen eines Journalisten. Fähigkeiten im Recherchieren, Schrei-ben oder Publizieren sind gefragt, dazu ist aber auch eine marketingorientierte Denkweise erforderlich. Sponsored Content soll schliesslich den Bedürfnissen der Werbekunden genügen und nicht nur die Rezipienten ansprechen. Dieser Unter-schied zeigt sich vor allem in der Vorbereitung: Der Anteil konzeptioneller Arbeiten vor der eigentlichen Umsetzung ist beim Native-Manager besonders hoch (vgl. Hürlimann 2016: 167ff).

Was weniger zum Tragen kommt, ist das Kriterium der Aktualität. Gesponserte Beiträge haben eine längere Vorlaufzeit und funktionieren dadurch meistens unab-hängig von tagesaktuellen Themen. Der Arbeitsalltag des Native-Managers ist kal-kulierbarer, die Arbeitszeiten richten sich nicht nach den in Redaktionen gewohnten Dienstplänen der Journalisten [ebd.].

Ähnlich wie generell im Online-Journalismus spielt auch der Bereich Social Media eine wichtige Rolle. Der Native-Manager ist für die Publikation seiner Artikel auf allen Kanälen verantwortlich [ebd.].

Auswirkungen von Sponsored Content auf die Funktionsebene im Brand Studio

Die Gründung des Brand Studios führt in erster Linie zu einer Professionalisierung der Kreation von Sponsored Content bei Ringier. Aus funktioneller Perspektive än-dert sich dadurch aber nur wenig. Auch Zürcher spricht von journalistischem Hand-werk, das durch zahlreiche konzeptionelle Tätigkeiten ergänzt wird. Er erwähnt zudem, dass die Tonalität gesponserter Artikel im Grossen und Ganzen positiver sei als diejenige von journalistischen Beiträgen. Sponsored Content versucht nicht, Skandale aufzudecken, sondern möchte als Teil orchestrierter Kommunikation eine Botschaft verbreiten. Die Folge davon ist eine grundsätzlich eher wohlwollende Tonalität (vgl. Zürcher 2016: 158).

Wie Tamedia greift das Brand Studio punktuell auf ein Freelancer-Netzwerk zu-rück. Daraus resultieren auch ausserhalb von Ringier Jobs mit ähnlichen Tätigkei-ten wie denjenigen eines Journalisten.

Page 67: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 60

3.4.5 Artikelebene

Artikel 1 (Admeira)

Titel: 10 Zeichen, dass ihr ein Traumpaar seid URL: www.blickamabend.ch/5160649 Kunde: Ford Plattform: Blick am Abend Online Publikation: 11. Juli 2016

In einem zehnteiligen Listicle zeigt Blick am Abend Anzeichen für Traumpaare. Von der Tonalität her richten sich die zehn Listenpunkte primär an Jugendliche oder junge Erwachsene.

Mit diesem Beitrag bewirbt die Automarke Ford einen Wettbewerb am «Energy Air», einem Open-Air-Konzert, das von der Entertainment-Sparte von Ringier organisiert wird. Hauptpreis des Wettbewerbs ist ein Ford Fiesta, gemäss Ford das optimale Auto für Traumpaare.

Artikel 2 (Brand Studio)

Titel: Wieso wird mir bei Virtual-Reality-Videos schlecht? URL: http://www.blick.ch/5823597 Kunde: Swisscom Plattform: Blick Online Publikation: 2. Dezember 2016

Für die Swisscom zeigt Blick auf, weshalb Virtual-Reality-Videos zu Übelkeit führen können. Im Zentrum des Beitrags stehen Zitate von Giovanni Bertolini, Leiter der Forschungsgruppe Swiss Space Travel and AiR Sickness (SSTARS) am Universitätsspital Zürich, und Arijana Walcott, einer Spezialistin für Virtual Reality bei der Swisscom.

Hinter der Kampagne steht die Idee, dass Blick und Swisscom gemeinsam das Thema «Virtual Reality» besetzen möchten. Die Swisscom tritt als Enabler inter-essanter Beiträge und als Spezialist für neue Technologien auf, Blick bewirbt eine eigene, im Herbst 2016 gelaunchte Virtual-Reality-App.

Page 68: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 61

Auswertung

Untersuchtes Merkmal Artikel 1 Artikel 2

A1 Anzahl Wörter 451 429

A2 Anzahl Zeichen (inkl. Leerzeichen) 2’898 2’978

A3 Anzahl Bilder 10 3

A4 Anzahl Videos 0 0

M1 Anzahl Erwähnungen der Marke im Text 0 2

M2 Anzahl Erwähnungen des Produktes im Text 0 0

M3 Anzahl Links zur Website der Marke im Text 0 1

K1 Anzahl Kommentare (insgesamt) 1 0

K2 Anzahl Kommentare mit Erwähnung des werblichen Aspekts

0 0

Die untersuchten Beiträge in den Online-Medien von Ringier zeigen die Unter-schiede zwischen der bisherigen Umsetzung durch Admeira und den neuen Lösun-gen durch das Brand Studio deutlich auf.

Das Listicle auf blickamabend.ch passt inhaltlich und thematisch zur Plattform. Die Listenform ist typisch für die Gratiszeitung Blick am Abend, die ein junges Zielpublikum anspricht. So gesehen, könnte dieser Beitrag auch ohne Sponsoring publiziert werden.

Auf das Engagement von Ford weisen unterhalb des Titels und am Ende des Textes zwei Auszeichnungen hin. In der Sidebar wird zusätzlich auf den Sponsor verwie-sen, dort kommen zudem Social Plugins von Facebook und Twitter zum Einsatz, die den Newsfeed von Ford abbilden.

Interessant ist, dass Ringier selber den von Ford beworbenen Event organisiert. Auf Artikelebene selber zeigt sich das nirgends. Das zehnteilige Listicle ist transpa-rent als von Ford gesponserter Inhalt gekennzeichnet. Sowohl die Logik des Jour-nalismus als auch die Logik der Medien wird berücksichtigt, die Logik der Marke ist aber sichtbar und präsent.

Page 69: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 62

Der zweite Artikel zum Thema «Virtual Reality» auf Blick Online bestätigt die Aussage, dass das neu gegründete Brand Studio grössere Kampagnen ermöglichen soll (vgl Hürlimann 2016: 162f). Gemeinsam mit Swisscom bespielt Blick einen eigenen Channel mit zahlreichen Artikeln rund um Virtual Reality.19

Der untersuchte Beitrag, der sich mit Übelkeit beim Konsum von Virtual-Reality- Videos beschäftigt, passt rein inhaltlich zu Blick Online. Die Swisscom tritt neben den Auszeichnungen aber auch im Inhalt in Erscheinung: Die befragte Expertin arbeitet bei Swisscom und bestätigt so implizit die vermittelte Botschaft, dass sich Swisscom mit neuen Technologien generell und mit Virtual Reality besonders gut auskennen soll. Zudem zeigt ein weiterführender Link am Ende des Beitrags «Le-sen Sie auch: Wie viel Virtual Reality verträgt ein Kind?» (Blick 2016: o.S.) auf einen Artikel auf der Website der Swisscom.

Auf die kommerzielle Absicht weisen zwei Kennzeichnungen hin, einerseits ein auffälliges Bild-Element oberhalb des Artikels und andererseits ein kleiner Badge, der den Artikel als Teil der Virtual-Reality-Serie von Blick und Swisscom dekla-riert. Problematisch daran ist allerdings, dass die prominentere Kennzeichnung bei aktiviertem AdBlocker nicht sichtbar ist. Der Werbeblocker blendet in diesem Fall also nicht den werblichen Inhalt aus, sondern die Kennzeichnung, dass es sich dabei um Werbung handelt.

Bemerkung zur Kennzeichnung auf Blick Online

Generell zeigt sich auf Blick Online, dass die Kennzeichnung von Sponsored Content im Unterschied zu allen anderen untersuchten Plattformen hier noch nicht einheitlich gelöst ist. Eine sowohl von Hürlimann (2016: 163) als auch von Zürcher (2016: 155) im Interview erwähnte Kampagne für die Ferienregion Saas-Fee20 ist in mehreren Artikeln unterschiedlich ausgezeichnet, in einem Beispiel aber überhaupt nicht.21

Dass das Brand Studio erst im November 2016 offiziell gegründet wurde, ist keine Entschuldigung für eine fehlende Kennzeichnung gesponserter Inhalte.

19 Siehe http://www.blick.ch/vr/ [Abruf am 4. Dezember 2016]

20 Weitere Informationen zur Aktion von Saas-Fee: http://www.saas-fee.ch/de/medien/ saas-fee-lanciert-saisonkarte-fuer-chf-222/ [Abruf am 4. Dezember 2016]

21 Siehe http://www.blick.ch/5735062 [Abruf am 4. Dezember 2016]

Page 70: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 63

3.5 Auswertung

3.5.1 Strukturebene

Das verbreitetste Modell von Sponsored Content in der Schweiz ist das Agentur- Modell mit eigens dafür eingestellten Autoren. Bei zwei von drei untersuchten Me-dienhäusern, Tamedia und Ringier, sind dadurch neue Geschäftsbereiche entstan-den. Diese Tatsache zeigt, dass sich Sponsored Content als hybride Form zwischen Werbung und Journalismus nicht ohne Weiteres in die bestehenden Strukturen von Medienbetrieben integrieren lässt. Bei Watson hat das Agentur-Modell zu einem neuen Stellenprofil innerhalb der Redaktion geführt, dem Native-Manager.

Neben dem Agentur-Modell kommen auch das Underwriting- und das Plattform- Modell in Schweizer Medien vor. Underwriting, was die höchste Unabhängigkeit der Inhalte von ihren Sponsoren gewährleistet, ist grundsätzlich in allen Redak-tionen erwünscht, seine Anwendungen entstehen allerdings eher zufällig, wenn sich nach dem Schreiben eines Artikels ein geeigneter Sponsor findet. Das Platt-form-Modell verwendet Ringier auf den Wirtschaftsmedien mit sogenannten Brand Reports.

Wie sich in den Interviews zeigte, sind sich die involvierten Personen der Gefahren von bezahlten Inhalten im redaktionellen Bereich durchaus bewusst. Deshalb wird die strukturelle Trennung von Redaktion und Agentur in mehreren Unternehmen mit konkreten Massnahmen unterstützt. Tamedia hat in personeller Hinsicht klare Regeln aufgestellt: Wer in irgendeiner Form in der Redaktion beschäftigt ist, darf keinerlei Inhalte für das Commercial Publishing erstellen.

Einen anderen Weg geht Watson. Mit der Argumentation, dass authentische Inhalte immer aus der Redaktion stammen sollen, erklärt Honegger (2016: 130), weshalb die Mitglieder der Redaktion für Sponsored Content verantwortlich sind. Im Hin-blick auf hochwertige, dem Medium entsprechende Inhalte, mag das stimmen. Aus ethischer Sicht ist diese Lösung aber grenzwertig. Journalisten, die gesponserte Inhalte schreiben, stehen im Widerspruch zu den journalistischen Pflichten in der Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten gemäss dem Schweizer Presserat.

Page 71: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 64

«10. Sie vermeiden in ihrer beruflichen Tätigkeit als Journalistinnen und Journalisten jede Form von kommerzieller Werbung und akzeptieren keinerlei Bedingungen von- seiten der Inserentinnen und Inserenten.» (Schweizer Presserat 2008: 2)

«11. Sie nehmen journalistische Weisungen nur von den hierfür als verantwortlich bezeichneten Mitgliedern ihrer Redaktion entgegen, und akzeptieren sie nur dann, wenn diese zur Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten nicht im Gegensatz stehen.» [ebd.]

3.5.2 Prozessebene

Eine vollständige Trennung von Redaktion und Agentur ist auch bei einer konse-quenten Umsetzung des Agentur-Modells nicht möglich. Spätestens nach der Publi-kation gesponserter Inhalte erfahren die Redakteure, welche Kunden ihre Plattform (mit)finanzieren. Zudem findet in jedem untersuchten Unternehmen mindestens in der Konzeptionsphase ein Austausch zwischen Redaktion und Agentur statt, wenn es darum geht, Themen zu setzen oder Timings zu planen.

Die Prozessebene ähnelt sich in allen untersuchten Unternehmen. Feststellbar ist ein zwei- oder dreiteiliger Ablauf bestehend aus Idee, Konzeption und Umsetzung. Dieser entspricht in vielerlei Hinsicht dem Workflow in klassischen Werbeagentu-ren. Der Kunde kann in jeder Phase Einfluss nehmen und den Beginn der nächsten Phase initiieren oder verzögern. Trotzdem ist es das erklärte Ziel aller untersuchten Betriebe, möglichst unabhängige Artikel zu realisieren, die zwar gesponsert, aber inhaltlich von keinerlei kommerziellen Interessen beeinflusst sind.

Bei Tamedia und Ringier gibt es direkten Kontakt zwischen den Autoren und den Werbekunden. Dies verkürzt Reaktionszeiten und sorgt dafür, dass die Interessen der Werbekunden berücksichtigt werden. Watson hat mit dem Native-Manager gezielt eine anonymisierende Schnittstelle eingeführt, damit die Redakteure unab-hängig agieren können. Dadurch wird die angebrachte Kritik relativiert, aber nicht gänzlich egalisiert.

Interessant ist die Freigabe der fertigen Beiträge: Bei Tamedia entscheidet neben dem Kunden auch der Redaktionsleiter über die endgültige Veröffentlichung. Damit soll sichergestellt werden, dass jeder Artikel hinsichtlich Themenwahl, sprachlicher Kriterien und Tonalität dem Medium entspricht. Bei Watson und Ringier gibt der Werbekunde Sponsored Content selbstständig frei.

Page 72: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 65

3.5.3 Funktionsebene

Sponsored Content wirkt sich in allen untersuchten Medienunternehmen auf das journalistische Berufsbild, die journalistischen Tätigkeiten und das journalistische Selbstverständnis aus. Absprachen zwischen Agentur und Redaktion finden in je-dem Fall statt. Bei Tamedia und Ringier werden die Tätigkeiten und Aufgaben der eigentlichen Redakteure aber nur wenig beeinflusst, schliesslich ist die hauseigene Agentur für die Produktion gesponserter Inhalte zuständig. Betroffen sind primär leitende Angestellte, beispielsweise Redaktionsleiter oder Chefredakteure, die gesponserte Inhalte auf ihre Qualität und die Nähe zur eigenen Plattform beurteilen müssen.

Bei Watson sind die Redakteure für Werbekunden tätig. Aufgrund der Anonymi-sierung durch den Native-Manager wissen sie im Idealfall zwar nicht, für welchen Kunden sie schreiben, trotzdem entsteht neben den Rezipienten eine weitere An-spruchsgruppe für diese Artikel. Zudem kostet das Schreiben von Natives gemäss Weber (2016: 134) Ressourcen, die die Redakteure sonst für rein journalistische Beiträge einsetzen könnten. Nach Honegger (2016: 128) zählt das Erstellen von Sponsored Content aber zum modernen, digitalen Journalismus. Diese Erweite-rung der Aufgaben, Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten bei Watson verändert das Berufsbild eines Journalisten grundlegend und widerspricht nicht nur den gängigen Theorien und Definitionen in der Journalistik, sondern auch dem Schweizer Presse-rat.

Der Brand Editor

Bei Tamedia und Ringier entsteht ein neues Berufsbild auf Agenturseite, der Brand Editor, Texter/Konzepter Native Advertising oder Native Advertising Producer. In die deutsche Sprache übersetzt, spricht Eppenberger (2016: 120) von einem «Mar-kenjournalisten», er wirft aber gleich selber die Frage auf, was daran überhaupt noch journalistisch sei.

Weil er selber Artikel schreibt, muss ein Brand Editor journalistisches Handwerk wie Recherchieren, Schreiben oder Redigieren beherrschen. Zudem ist aber auch Verständnis für die Bedürfnisse der Werbekunden gefragt: Ein Brand Editor soll sich mit Zielgruppendefinitionen auskennen und die Anforderungen von Marken an ein journalistisches Produkt adaptieren können. Anders als ein Werbetexter kom-muniziert er in der Sprache und Tonalität des Journalismus.

Page 73: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 66

Der Brand Editor investiert deutlich mehr Zeit in die Konzeption seiner Artikel als ein «klassischer» Journalist. Nebst der eigentlichen Recherche müssen Ideen, Headlines und Konzepte vor der Produktion mit dem Kunden abgesprochen wer-den. Die meisten gesponserten Artikel erscheinen nicht einzeln, sondern im Rah-men einer grösseren Kampagne, deren Strategie und Koordination ebenfalls durch den Brand Editor erfolgt. Während ein Journalist bereits vorhandene Geschichten und Ereignisse recherchiert und verschriftlicht, muss ein Brand Editor die richtige Geschichte für Medium und Marke zuerst suchen oder sogar erschaffen.

Der Brand Editor soll sich mit gängigen Marketing-Kennzahlen auskennen. Er ist für das Controlling und Reporting zuständig, misst und bewertet die Erfolge seiner Kampagnen. Das Beherrschen von Social-Media-Tools zählt in den untersuchten Medienunternehmen zu seinem Alltag.

Gemäss Zürcher (2016: 161) ist ein Brand Editor weder Journalist noch Werbetex-ter, sondern eine Mischform. Geeignet dafür sind nach Eppenberger (2016: 119) vor allem ehemalige Journalisten, weil sie das nötige Verständnis für die Rezipien-ten und deren Bedürfnisse mitbringen. Die Tatsache, dass bis auf Fabienne Hürli-mann von Admeira alle interviewten Personen einen journalistischen Hintergrund mitbringen, stützt Eppenbergers These.

Die von Brand Editoren bearbeiteten Themen werden weniger von Aktualität oder Relevanz bestimmt, sondern in erster Linie von den Interessen der Kunden. Daraus resultieren regelmässige Arbeitszeiten und planbare Arbeitstage (Zürcher 2016: 158). Dafür geht die gesellschaftliche Aufgabe verloren: Brand Editoren tragen zu grundsätzlichen Funktionen des Journalismus wie dem Schaffen von Öffentlichkeit oder transparenter Information der Bevölkerung nicht oder nur wenig bei.

Effekte des Underwriting-Modells

Underwriting wirkt sich auf einer Metaebene auf betroffene Journalisten aus. Peri-odisch erscheinende Inhalte, die sich für Werbekunden eignen, werden finanziert. Eine Marke positioniert sich dadurch als Enabler, der hochwertigen Journalismus möglich macht. Am Inhalt kann der Werbekunde zwar selber nichts korrigieren, trotzdem verändert sich die Ausgangslage. Es dürfte spannend sein, die längerfristi-gen Konsequenzen von Underwriting auf Journalisten und Inhalte zu untersuchen.22

22 Siehe auch 4.3 Weiterführende Forschungsansätze (S. 74)

Page 74: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 67

Zusammenarbeit mit Freelancern

Bis auf Watson arbeiten alle untersuchten Medienunternehmen mit Freelancern zusammen. In Bereichen wie Film, Fotografie, Text oder Illustration entstehen dadurch neue Chancen für Agenturen oder Freie, die Inhalte für Schweizer Medien produzieren möchten – und damit auch für Journalisten, die von Stellenkürzungen betroffen sind.

3.5.4 Artikelebene

In der Schweizer Medienlandschaft herrscht ein grundsätzlicher Konsens über das Format «Sponsored Content». Im Grossen und Ganzen verstehen die untersuchten Medienunternehmen darunter dasselbe Prinzip. Es handelt sich nicht einfach um integrierte Advertorials oder Publireportagen, sondern um Artikel, die im Stil der jeweiligen Plattform geschrieben sind und die in dieser Form oft auch ohne Spon-soring erscheinen könnten.

Das Ziel dahinter ist, möglichst unabhängige, für die Leserschaft relevante Inhalte von Kunden sponsern zu lassen. Für Kunden, die voll und ganz über die publizier-ten Inhalte entscheiden möchten, bieten alle untersuchten Medienunternehmen wei-terhin Publireportagen an, die sich einerseits gestalterisch, aber vor allem inhaltlich von Sponsored Content unterscheiden und die meistens von einer werblichen Sprache geprägt sind.

Nennung von Marken und Produkten

Während Watson in Sponsored Content prinzipiell auf jede Nennung von Marken und Produkten verzichtet und dadurch die Logik der Medien und die Logik des Journalismus höher gewichtet als die Logik der Marke, sind Produkt- und Marken-bezeichnungen bei Tamedia und Ringier grundsätzlich möglich.

Gemäss Lüscher (2016: 111) ist es nicht weiter problematisch, ein Produkt beim Namen zu nennen, solange die Geschichte ihre Glaubwürdigkeit dadurch nicht verliert. Die Logik der Marke erhält aber eine grössere Bedeutung und die Nähe der gesponserten Inhalte zum redaktionellen Umfeld nimmt ab.

Page 75: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

3. Praktischer Teil 68

Serielle Konzepte

Alle untersuchten Artikel sind im Rahmen grösserer Kampagnen oder Serien ent-standen. Marken möchten ein Thema besetzen und nicht nur mit einem einzelnen Artikel assoziiert werden. Serielle Konzepte sind zwar nicht neu im Journalismus, diese Untersuchung zeigt aber, dass sie bei gesponserten Inhalten besonders häufig auftreten.

Kennzeichnung von Sponsored Content

Bis auf die Blick-Gruppe, die sich mit dem Brand Studio in einer experimentellen Phase befindet, haben alle untersuchten Medienunternehmen die gesponserten In-halte einheitlich gekennzeichnet.23 Die Prägnanz der Kennzeichnungen unterschei-det sich aber stark voneinander, was von fehlenden Standards zeugt. Ausserhalb der eigenen Plattform geht die Kennzeichnung oft verloren. Facebook beispiels-weise hat für sogenannten «Branded Content» Richtlinien ausgearbeitet und bietet auch eine besondere Kennzeichnung an.24 Diese Möglichkeit wird noch nicht von allen Medienunternehmen aktiv genutzt.

Neue Kriterien bei der Selektion von Themen

Gemäss Meiers Definition von Journalismus (2007: 13) sind Neuigkeit, Faktizität und Relevanz die wichtigsten Kriterien bei der Selektion journalistischer Themen. Bei Sponsored Content kommt das Interesse des Werbekunden hinzu. Aufgrund der längeren Vorlaufzeit für gesponserte Artikel verliert die Aktualität an Bedeutung. Die skizzierten Prozesse in den untersuchten Medienunternehmen lassen tages- aktuelle Berichterstattung in Zusammenarbeit mit Werbekunden gar nicht zu.

Auch der Stellenwert kritischer Berichte nimmt ab. Die Akzeptanz eines Themas in der Zielgruppe des Werbekunden wird höher gewichtet als die eigentliche Re-levanz. Themen mit hohem Unterhaltungswert eignen sich besser für Sponsored Content als kritische Berichterstattung (vgl. Honegger 2016: 129).

23 Die reduzierte Inhaltsanalyse in dieser Arbeit lässt natürlich keinerlei Rückschlüsse darüber zu, ob alle gesponserten Artikel auf einer Plattform gekennzeichnet sind.

24 Weitere Informationen zu Branded Content auf Facebook: http://www.thomashutter.com/index.php/2016/04/facebook-branded-content- neue-richtlinien-und-moeglichkeiten/ [Abruf am 28. November 2016]

Page 76: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

69

4. FazitSponsored Content stellt den Journalismus des 21. Jahrhunderts vor eine grosse Herausforderung. Im Zentrum steht die Diskussion über Nähe und Distanz. Wenn sich journalistische Themen der Logik der Marken annähern, droht der Verlust von Glaubwürdigkeit. Diese Entwicklung schadet aber nicht nur einem transparenten Journalismus, sondern auch den Werbekunden. Um ihre Botschaften zu platzieren, benötigen sie ein glaubwürdiges redaktionelles Umfeld. Ob es wirklich möglich ist, die nötige Nähe zu den Lesern beizubehalten und parallel die Distanz zu Marken zu verringern, muss sich erst noch zeigen.

Ein ähnlicher Konflikt ist mit jedem einzelnen gesponserten Artikel verbunden. Je besser er sich in das redaktionelle Umfeld integriert, umso schlechter kann er von den redaktionellen Inhalten abgegrenzt werden. Sponsored Content, der nicht als solcher erkennbar ist, widerspricht aber der Logik des Journalismus.

Der Gedanke, hochwertigen Journalismus durch relevante, aber gesponserte Inhalte zu finanzieren und dadurch den Anteil störender Display-Werbung zu reduzieren, scheint auf den ersten Blick verlockend. Schliesslich handelt es sich bei Sponsored Content um ein Produkt, das sowohl auf dem Leser- als auch auf dem Werbemarkt funktionieren kann. Wenn man sich damit aber nicht der Gefahr einer Selbstkan-nibalisierung aussetzen möchte, sind verbindliche Regeln notwendig um einen glaubwürdigen und transparenten Journalismus – und damit eine wichtige Stütze der Demokratie – zu erhalten.

4.1 Sponsored Content in Schweizer Medien

In Bezug auf Sponsored Content befinden sich die Schweizer Medien im Umbruch. Mehrere Medienunternehmen bieten zwar schon länger gesponserte Inhalte an, zur-zeit werden diese Angebote aber überarbeitet, ausgebaut und standardisiert. Anfang 2016 gründete Tamedia das Commercial Publishing. Die Blick-Gruppe baute im November 2016 mit dem Brand Studio die Kapazitäten in den Bereichen Native Advertising und Sponsored Content um ein Vielfaches aus.

Page 77: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 70

Es ist offensichtlich, dass sich Schweizer Medien aktiv mit Sponsored Content aus-einandersetzen. Der Hauptgrund liegt im wirtschaftlichen Druck. Print-Auflagen schrumpfen, Online-Werbung kann die fehlenden Umsätze aber nicht kompensie-ren. Sponsored Content bietet Medien die Chance, mit ihrer Kernkompetenz, dem Erstellen von Inhalten, Geld zu verdienen. Die nötige Nachfrage vonseiten der Wer-bekunden existiert, nicht umsonst können Tamedia und Ringier ihre Kapazitäten immer weiter ausbauen. Grosser Optimismus bei allen befragten Personen ist die logische Konsequenz davon.

Uneinigkeit herrscht in der Definition und Verwendung zentraler Begriffe. Wie be-reits im theoretischen Teil dieser Arbeit vermerkt, werden Sponsored Content und Native Advertising in der Schweiz synonym verwendet. Daneben setzen mehrere der untersuchten Publisher eigene Begriffe wie «Partner Content» oder «Content Advertising» ein, was den Vergleich der einzelnen Formate zusätzlich erschwert.

4.1.1 Strukturen und Prozesse

Die erste Forschungsfrage dieser Arbeit lautet: «Mit welchen Strukturen und Prozessen erarbeiten Schweizer Medien Sponsored Content?» Diese Frage kann nun beantwortet werden. In den meisten Fällen arbeiten Schweizer Medien nach dem Agentur-Modell. Eine extra dafür aufgebaute Abteilung mit eigenen Autoren erstellt gesponserte Inhalte möglichst unabhängig von der eigentlichen Redaktion. Die Ausprägungen des Agentur-Modells in verschiedenen Medienunternehmen unterscheiden sich allerdings stark.

Tamedia arbeitet mit einem grossen Freelancer-Netzwerk und übernimmt primär konzeptionelle und koordinative Aufgaben. Dadurch können für jedes Thema geeignete Autoren hinzugezogen werden. Deren Nähe zur Plattform ist aber be-schränkt. Die Strukturen und Prozesse bei Ringier befinden sich erst im Aufbau, sie ähneln aber denjenigen von Tamedia.

Das Agentur-Modell wirkt sich auf den grundsätzlichen Aufbau von Medienbetrie-ben aus. Aus einer Zweiteiligkeit mit Redaktion und Verlag wird eine Dreiteiligkeit mit Redaktion, Verlag und einer internen Agentur, deren Funktionen und Schnitt-stellen und damit auch die Trennung von den anderen Geschäftsbereichen erst noch definiert werden müssen.

Page 78: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 71

Ein Grund für die Verbreitung des Agentur-Modells liegt in der hohen Medienkon-zentration der Schweiz.25 Grösseren Medienunternehmen fällt es leichter, unabhän-gige Strukturen für Sponsored Content aufzubauen. Weil diese, wie bei Ringier und Tamedia, mehrere Titel bespielen, zahlt sich das Agentur-Modell aus.

Ein Sonderfall ist Watson: Hier erstellen die Redakteure Sponsored Content. Damit bewegt sich die Online-Newsplattform in einer ethischen Grauzone. Wie sich Watson weiterentwickelt, wird in der Medienbranche aufmerksam beobachtet. Schon bald soll das Experiment der AZ Medien schwarze Zahlen schreiben.

Auf Prozessebene ist vor allem der Stellenwert der Redaktion von Bedeutung. In die eigentlichen Abläufe ist die Redaktion zwar nur bei Watson involviert, aber auch in den anderen untersuchten Medienhäusern gibt es Berührungspunkte zwi-schen Agentur und Redaktion.

Eine zentrale Rolle spielen die Werbekunden. Es ist zwar vorgesehen, dass ihr Ein-fluss auf die finalen Inhalte gering bleiben soll, im Einzelfall sind aber alle Medien-unternehmen bereit, auf Wünsche der Kunden zu reagieren. Watson grenzt Inhalte stärker von wirtschaftlichen Interessen ab als Tamedia und Ringier.

4.1.2 Rollen und Funktionen

Auch die zweite Forschungsfrage «Inwiefern beeinflusst Sponsored Content die Rollen, Aufgaben und Tätigkeiten betroffener Journalisten?» kann nun beantwortet werden. Die meisten Journalisten in den untersuchten Medienhäusern sind in die Abläufe beim Erstellen von Sponsored Content nicht direkt involviert. Trotzdem beeinflussen gesponserte Inhalte das journalistische Berufsbild. Sie geben Marken die Möglichkeit, die Themensetzung in den Medien aktiv mitzugestalten.

Durch Sponsored Content entstehen neue Rollen mit journalismusähnlichen Profilen, die, gerade in einer Zeit von Sparmassnahmen, neue Perspektiven für Journalisten bieten können. Der sogenannte «Brand Editor», der in mehreren der untersuchten Medienunternehmen eingeführt wurde, weist deutlich mehr Ähnlich-keiten mit journalistischen Berufsbildern auf als beispielsweise viele Berufe in der PR-Branche.

25 Siehe auch 2.6.2 Medienkonzentration (S. 32)

Page 79: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 72

Watson ist auch hinsichtlich der journalistischen Funktionen ein Sonderfall: Dass Redakteure gesponserte Inhalte erstellen, verändert sowohl Aufgaben und Tätig- keiten betroffener Journalisten als auch das Berufsbild selbst. Redakteure bei Watson schreiben kommerziell motivierte Texte und sind nicht nur der Redaktions- leitung, sondern via Native-Manager auch den Werbekunden Rechenschaft schul-dig. Diese Beziehung ist aus ethischer Sicht problematisch.

Offen bleibt aber die Frage, ob der Journalismus im 21. Jahrhundert nicht ohnehin Kompromisse eingehen muss um hochwertige Inhalte zur Verfügung stellen und trotzdem wirtschaftlich bestehen zu können.

4.1.3 Schlusswort

Dass Sponsored Content nicht überall identisch umgesetzt wird, erstaunt nicht. Schliesslich müssen Strukturen und Prozesse die Tonalität der jeweiligen Plattform widerspiegeln. Fehlende Minimalstandards, die alle Parteien einhalten, sind aber problematisch. Werbekunden können Angebote nicht miteinander vergleichen, das journalistische Berufsbild steht zur Diskussion und die Rezipienten können gespon-serte Inhalte nicht einschätzen, zuordnen oder bewerten, solange jedes Medienun-ternehmen nach eigenen Regeln agiert.

Richtlinien für Schweizer Medien, die Sponsored Content produzieren, wären wünschenswert. Sie würden Transparenz für alle Player schaffen und dadurch einen Teil zu Glaubwürdigkeit und Transparenz im Journalismus beitragen. Passend dazu meint Maik Luckow vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft: «Die Zielgruppe muss erkennen, wo der Journalismus anfängt und wo er aufhört.» (Heimann 2016: o.S.) Aber wo beginnt Journalismus eigentlich und wo hört er auf? Dass diese Frage nicht abschliessend beantwortet werden kann, liegt auf der Hand. Wichtig ist, dass immer wieder darüber diskutiert wird.

Page 80: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 73

4.2 Methodenkritik

Wahl der Methode

Wie bereits in der Einleitung zum praktischen Teil erwähnt,26 hätte sich für die Struktur- und Prozessanalyse neben der qualitativen Befragung auch eine teilneh-mende Beobachtung angeboten. Leider war diese Methode aus ressourcentechni-schen Gründen nicht möglich – die teilnehmende Beobachtung hätte bei einigen der untersuchten Medienunternehmen länger gedauert als der Bearbeitungszeitraum dieser Masterarbeit. Zudem hätten ohne vorherige Befragung die nötigen Daten ge-fehlt, sodass eine teilnehmende Beobachtung nicht an den richtigen Punkten hätte angesetzt werden können. Das Verifizieren oder Falsifizieren der Aussagen dieser Arbeit durch eine teilnehmende Beobachtung wäre aber ein spannender Ansatz für weiterführende Forschungen und in vielerlei Hinsicht die logische Konsequenz auf die Resultate dieser Arbeit.

Auswahl der Interviewpartner

In der Vorbereitung auf die Interviews wurden die strukturellen Differenzen zwi-schen den einzelnen Medienbetrieben unterschätzt. Ursprünglich war geplant, mit der Befragung je eines Merkmalsträgers auf Verlags- und auf Redaktionsseite den klassischen Aufbau von Medienunternehmen abzubilden und dadurch vergleichbare Aussagen zu erhalten. Aus strukturellen Gründen liess sich das jedoch gar nicht realisieren.

In zwei der drei untersuchten Medienunternehmen gibt es nur wenige Berührungs- punkte der Redakteure mit Sponsored Content. Eine Befragung der Redakteure hätte im Hinblick auf die Forschungsfragen deshalb gar keine relevanten Resultate ergeben. Dementsprechend wurden überall die Autoren gesponserter Beiträge befragt, auch wenn es sich dabei nicht um Mitglieder der Redaktion handelt.

Standardisierungsgrad der Interviews

Die notwendigen Feinjustierungen zeigen sich auch am Standardisierungsgrad des Leitfadens. Zu Beginn war geplant, ein halbstandardisiertes Leitfaden-Interview mit starker Fokussierung auf die vorbereiteten Fragen durchzuführen.

26 Siehe 3.1.3 Methodisches Vorgehen (S.37)

Page 81: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 74

Schon bald stellte sich jedoch heraus, dass die grossen Differenzen zwischen den untersuchten Medienunternehmen das Einhalten des vorgesehenen Standardisie-rungsgrades erschweren würden. Die zentralen Fragen wurden überall beantwortet, aber in verschiedener Detailliertheit.

Fazit zum methodischen Vorgehen

Trotz einiger Anpassungen hat die gewählte Methode der halbstandardisierten Be-fragung in Form eines Leitfaden-Interviews ihren Zweck erfüllt. Die nötigen Daten konnten erhoben und damit die Forschungsfragen beantwortet werden. Zudem verschafften die durchgeführten Interviews einen allgemeinen Überblick über die Schweizer Medienlandschaft in Bezug auf weitere Aspekte von Sponsored Content. Die Erkenntnisse daraus waren die Basis für die weiterführenden Forschungsansät-ze im nächsten Kapitel. Gerade weil zu Beginn dieser Arbeit nur wenige Anhalts-punkte vorlagen, hat sich die Befragung als wissenschaftliche Erhebungsmethode bewährt.

4.3 Weiterführende Forschungsansätze

Das Thema Sponsored Content bietet zahlreiche weitere Anknüpfungspunkte für die sozialwissenschaftliche Forschung. In vielerlei Hinsicht hat die Praxis in die-sem Bereich die Theorie längst überholt. Umso wichtiger ist es, die neuen Werbe-formen empirisch zu untersuchen.

Für die Formulierung dringend benötigter Richtlinien durch die Gesetzgebung oder durch Institutionen der Selbstregulierung sind repräsentative Daten notwendig. Wissenschaftliche Untersuchungen in den folgenden Themenfeldern könnten dafür wertvolle Erkenntnisse erbringen.

4.3.1 Medienwissenschaft und Journalistik

Nutzungsverhalten von Sponsored Content

Nehmen die Rezipienten Sponsored Content anders wahr als redaktionelle Beiträ-ge? Inwiefern beeinflusst eine Kennzeichnung das Leseverhalten? Welche Art der Kennzeichnung bewirkt welche Reaktion bei den Lesern?

Page 82: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 75

Solche Fragen würden sich durch einen statistischen Vergleich des Nutzungsverhal-tens von redaktionellen und gesponserten Artikeln beantworten lassen.

Auswirkungen von Sponsored Content auf die Glaubwürdigkeit des Trägermediums

Sponsored Content wird oft vorgeworfen, dass er die Glaubwürdigkeit des Träger-mediums gefährde. Mit einer Längsschnittstudie könnten die Auswirkungen von Sponsored Content auf die Glaubwürdigkeit des Trägermediums untersucht und dadurch die erwähnten Vorwürfe verifiziert oder falsifiziert werden.

Auswirkungen von Sponsored Content auf die Informationsvielfalt

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass sich redaktionelle Artikel bezüglich der Themenwahl von Sponsored Content unterscheiden. Unterhaltende Themen schei-nen öfters gesponsert zu werden als wirtschaftliche oder politische. Deshalb liegt der Schluss nahe, dass sich ein hoher Anteil gesponserter Artikel auf die Themen- und Informationsvielfalt des Trägermediums auswirkt. Mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse könnte diese Beziehung systematisch erforscht werden.

Die Tonalität von Sponsored Content

Zürcher (2016: 158) erwähnt, dass Sponsored Content positiver sei als redaktio-nelle Inhalte. Investigative Recherchen und kritische Berichterstattung dürften in gesponserten Inhalten vergleichsweise selten vorkommen, weil sowohl Werbekun-den als auch Medienunternehmen keine Risiken eingehen möchten. Eine qualitative Inhaltsanalyse von gesponserten und redaktionellen Artikeln würde wissenschaft-lich belegte Aussagen dazu ermöglichen.

Einflüsse von Underwriting auf Inhalte und Tonalität

Die Idee von Underwriting ist, dass Sponsoren keinen Einfluss auf die von ihnen gesponserten Inhalte ausüben. Sie sponsern beispielsweise eine bestehende peri-odisch erscheinende Kolumne. Die Hypothese, dass sich dadurch die Inhalte und deren Tonalität tatsächlich nicht verändern, könnte durch eine Inhaltsanalyse in einer Längsschnittstudie verifiziert oder falsifiziert werden.

Page 83: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

4. Fazit 76

Journalistische Sorgfalt in gesponserten Artikeln

In den Interviews wurde mehrfach erwähnt, dass es sich bei Sponsored Content um vollwertige Inhalte handelt, die durch das Sponsoring keine qualitativen Einbussen erfahren. Mit einer teilnehmenden Beobachtung oder einem Experiment könnte untersucht werden, ob es messbare Unterschiede in der journalistischen Sorgfalt zwischen redaktionellen und gesponserten Artikeln gibt, beispielsweise bezüglich Quellenprüfung, Fact Checking oder angewandter Recherchemethoden.

4.3.2 Werbeforschung und Werbewirkungsforschung

Aus Perspektive der Werbe- und Werbewirkungsforschung gibt es weitere Aspekte von Sponsored Content, die untersucht werden könnten. Ein Beispiel sind mögliche Messgrössen und Kennzahlen. Damit verbunden ist die Frage, ob sich Sponsored Content für Werbetreibende wirklich lohnt und für welche Arten von Werbung.

Interessant sind zudem die sogenannten Wearables.27 Medienbrüche durch Dis-play-Werbung widersprechen der Logik kleiner Screens, weshalb sich Sponsored Content für Wearables besonders gut eignet. Es dürfte spannend sein, zu erfor-schen, wie Sponsored Content für Wearables aufbereitet werden muss (vgl. Good-man/Ritzel/Schaar 2013: 119).

27 Unter Wearables versteht man tragbare intelligente Devices, zum Beispiel Smartwatches oder interaktive Brillen.

Page 84: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

77

5. Eidesstattliche ErklärungHiermit versichere ich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel «Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen. Eine Untersuchung der Strukturen, Prozesse und Rollen.» selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen verwendet habe.

Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken ent-nommen wurden, sind in jedem Fall unter Angabe der Quellen kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht oder in anderer Form an irgendeiner Stelle als Prüfungsleistung vorgelegt worden.

Zürich, 10. Dezember 2016

Beat Krapf

Page 85: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

78

6. Management Summary

Von der Redaktion zur Agentur: Der Einfluss von Sponsored Content auf Strukturen, Prozesse und Rollen in Schweizer Medienunternehmen.

Schweizer Medien stehen vor einer grossen Herausforderung. Sinkende Absatzzah-len auf dem Lesermarkt und geringere Erlöse auf dem Werbemarkt stellen gleich beide Einnahmequellen von Medienunternehmen infrage. Der daraus resultieren-de wirtschaftliche Druck führt zu einer Suche nach neuen Werbeformaten. Eines davon ist «Sponsored Content». Werbekunden sollen dafür bezahlen, als Sponsor redaktionell verarbeiteter Inhalte auftreten zu dürfen.

Über Sponsored Content wird viel diskutiert. Im Fokus stehen zumeist ethische Fragestellungen wie die Trennung von Werbung und Inhalt sowie der Einfluss von Werbekunden auf journalistische Themen. Klar ist aber, dass Sponsored Content in der Schweiz angekommen ist. Seit 2016 bieten alle grösseren Schweizer Medien-häuser entsprechende Dienstleistungen an.

Diese Masterarbeit beschäftigt sich mit der Umsetzung von Sponsored Content. Welche Strukturen haben Medienunternehmen dafür aufgebaut, wer schreibt ei-gentlich die gesponserten Inhalte und was bedeutet der Einfluss von Werbekunden auf redaktionelle Inhalte für betroffene Journalisten? Diese Fragen sollen mit einer wissenschaftlichen Untersuchung beantwortet werden.

Dafür wurden vier Schweizer Medienbetriebe – Tamedia, Ringier, Watson und Vice – analysiert. In einem Leitfaden-Interview geben die Verantwortlichen für Sponsored-Content-Kampagnen und die Autoren der gesponserten Inhalte Aus-kunft über den Aufbau, die Abläufe und die Rollen in ihrem Unternehmen.

Die Resultate sprechen eine deutliche Sprache. In allen untersuchten Medienunter-nehmen wurden neue Strukturen aufgebaut, die denjenigen von Werbeagenturen ähneln. Die meisten Journalisten sind zwar nicht unmittelbar von Sponsored Content betroffen, trotzdem wird das journalistische Berufsbild modifiziert, teil-weise auch entgegen der Richtlinien des Schweizer Presserates. Der Einfluss von Werbekunden auf die Medienproduktion ist unverkennbar. Einheitliche Standards für die Umsetzung von Sponsored Content fehlen, was für Medien und Werbetrei-bende, aber vor allem für die Rezipienten problematisch ist.

Page 86: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

79

7. Literaturverzeichnis

7.1 Monographien und Sammelbände, Printquellen

Albers, Markus/Handke, Sebastian (2013): Storytelling. Warum Marken Geschich-ten erzählen müssen. In: Baetzgen, Andreas/Tropp, Jörg (Hg.): Brand Content. Die Marke als Medienereignis. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 31-41.

Blaser, Fritz (1958): Bibliografie der Schweizer Presse. Mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein. Basel: Birkhäuser Verlag.

Brosius, Hans-Bernd/Haas, Alexander/Koschel, Friederike (2012): Methoden der empirischen Kommunikationsforschung. Eine Einführung. 6., erweiterte und aktualisierte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Bruns, Axel (2009): Vom Gatekeeping zum Gatewatching. Modelle der journalis-tischen Vermittlung im Internet. In: Neuberger, Christoph/Nuernbergk, Christian/Rischke, Melanie (Hg.): Journalismus im Internet. Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 107-128.

Dernbach, Beatrice (2005): Was schwarz auf weiss gedruckt ist... Vertrauen in Journalismus, Medien und Journalisten. In: Dernbach, Beatrice/Meyer, Michael (Hg.): Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 135-154.

Dresing, Thorsten/Pehl, Thorsten (2013): Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitungen und Regelsysteme für qualitativ Forschende. 5. Auflage. Marburg: audiotranskription.de.

Elfers, Silja (2011): Täuschung durch Hybridisierung? Wie Leser Mischformen aus Journalismus und Werbung wahrnehmen. Saarbrücken: VDM Verlag.

Fassihi, Floria Fee (2008): Werbebotschaften aus der Redaktion? Journalismus im Spannungsfeld zwischen Instrumentalisierung und Informationsauftrag. Konstanz: UVK.

Fraas, Claudia/Meier, Stefan/Pentzold, Christian (2012): Online-Kommunikation. Grundlagen, Praxisfelder und Methoden. München: Oldenbourg Verlag.

Page 87: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 80

Fröhlich, Romy (2008): Die Problematik der PR-Definition(en). In: Bentele, Gün-ter/Fröhlich, Romy/Szyszka, Peter (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissen-schaftliche Grundlagen und berufliches Handeln. Mit Lexikon. 2., korrigierte und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 95-109.

Gadringer, Stefan/Vieth, Teresa (2012): Kommerzialisierung in Medien. Ursachen - Manifestation - Folgen. In: Gadringer, Stefan/Kweton, Sabrina/Trappel, Josef/Vieth, Teresa (Hg.): Journalismus und Werbung. Kommerzielle Grenzen der redak-tionellen Autonomie. Wiesbaden: Springer-Verlag, S. 31-49.

Goodman, Steven/Ritzel, Lukas/Schaar, Cem Van der (2013): Native Advertising. Das Trojanische Pferd der Marketing Strategien um das ultimative Gewinnmodell. Hamburg: Diplomica Verlag.

Hallin, Daniel C./Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of Media and Politics. Cambridge: Cambridge University Press.

Kradolfer, Edi (2007): Pressevielfalt Schweiz. Ein Überblick. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik.

La Roche, Walther von (1999): Einführung in den praktischen Journalismus. Mit genauer Beschreibung aller Ausbildungswege. Deutschland Österreich Schweiz. 15., völlig neu bearbeitete Auflage. München: List Verlag.

Maczuga, Piotr/Sikorska, Karolina/Jaruga, Anna/Zieliński, Krzysztof/Boncio, Elisabetta/Cardoni, Giuseppe/Paoni, Susanna/Arutjunjan, Diana/Muscat, Diane/Kerler, Monira/Poschalko, Andrea (2014): Das Content Marketing Handbuch. Schritt für Schritt zu innovativerem Marketing. Warschau: CMEX.

Malik, Maja/Scholl, Armin (2009): Eine besondere Spezies. Strukturen und Merk-male des Internetjournalismus. In: Neuberger, Christoph/Nuernbergk, Christian/Rischke, Melanie (Hg.): Journalismus im Internet. Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 169-196.

Meier, Klaus (2007): Journalistik. Konstanz, UVK.

Neuberger, Christoph/Nuernbergk, Christian/Rischke, Melanie (2009): Journalis-mus im Internet. Zur Einführung. In: Neuberger, Christoph/Nuernbergk, Christian/Rischke, Melanie (Hg.): Journalismus im Internet. Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 9-18.

Page 88: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 81

Neuberger, Christoph/Kapern, Peter (2013): Grundlagen des Journalismus. Wiesbaden: Springer-Verlag.

Niggemeier, Stefan (2010): Vorteil Internet. In: Weichert, Stephan/Kramp, Leif/Jakobs, Hans-Jürgen (Hg.): Wozu noch Journalismus? Wie das Internet einen Beruf verändert. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, S. 41-46.

Pfetsch, Barbara/Maurer, Peter (2008): Mediensysteme und politische Kommunika-tionsmilieus im internationalen Vergleich: Theoretische Überlegungen zur Untersu-chung ihres Zusammenhangs. In: Melischek, Gabriele/Seetaler, Josef/Wilke, Jürgen (Hg.): Medien und Kommunikationsforschung im Vergleich. Grundlagen, Gegen-standsbereiche, Verfahrensweisen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 99-120.

Plank, Jürgen/Schopf, Josef (2012): Theorien von Redaktion und Werbung. In: Gadringer, Stefan/Kweton, Sabrina/Trappel, Josef/Vieth, Teresa (Hg.): Journa- lismus und Werbung. Kommerzielle Grenzen der redaktionellen Autonomie. Wiesbaden: Springer-Verlag, S. 13-30.

Porlezza, Colin (2014): Gefährdete journalistische Unabhängigkeit. Zum wachsen-den Einfluss von Werbung auf redaktionelle Inhalte. Konstanz und München: UVK.

Ringier (2016a): Jahresbericht Ringier 2015. Zürich: Ringier.

Scheufele, Betram/Engelmann, Ines (2009): Empirische Kommunikations- forschung. Konstanz: UVK.

Siegert, Gabriele/Brecheis, Dieter (2010): Werbung in der Medien- und Informati-onsgesellschaft. Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung. 2., überarbei-tete Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Siegert, Gabriele/Meier, Werner A./Trappel, Josef (2010): Auswirkungen der Ökonomisierung auf Medien und Inhalte. In: Bonfadelli, Heinz/Jarren, Otfried/ Siegert, Gabriele (Hg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag, S. 517-542.

Studer, Peter/Künzi Martin (2011): So arbeiten Journalisten fair. Was Medienschaffende wissen müssen. Ein Ratgeber des Schweizer Presserats. Interlaken: Schweizer Presserat.

Studer, Peter (2013): Medienrecht der Schweiz in a nutshell. Zürich: Dike Verlag.

Page 89: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 82

Studer, Samuel/Schweizer, Corinne/Puppis, Manuel/Künzler, Matthias (2014): Darstellung der Schweizer Medienlandschaft. Bericht zuhanden des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM). Freiburg: Universität Freiburg.

Trappel, Josef (2007): Online-Medien. Leistungsprofil eines neuen Massen- mediums. Konstanz: UVK.

Tropp, Jörg/Baetzgen, Andreas (2013): Die Marke als Medium. Eine Einführung in das Brand Content Management. In: Baetzgen, Andreas/Tropp, Jörg (Hg.): Brand Content. Die Marke als Medienereignis. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 3-17.

Weichert, Stephan/Kramp, Leif/Jakobs, Hans-Jürgen (2010): Einleitung: Wozu noch Journalismus? Wie das Internet einen Beruf verändert. In: Weichert, Stephan/Kramp, Leif/Jakobs, Hans-Jürgen (Hg.): Wozu noch Journalismus? Wie das Inter-net einen Beruf verändert. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, S. 11-18.

Page 90: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 83

7.2 Online-Quellen, digitale Medien

20 Minuten (2016a): Bei ihr einzusteigen hat sich für Pendler gelohnt. [http://www.20min.ch/auto/fahrberichte/story/22158531, Abruf am 30.11.2016]

20 Minuten (2016b): Darüber nerven sich unsere Leser im Büro. [http://www.20min.ch/native/stories/story/Darueber-nerven-sich-unsere-Leser- %20im-Buero-10046815, Abruf am 30.11.2016]

Admeira (2016): Content Advertising. [http://www.admeira.ch/brands/digital/ blickamabend-ch/content-advertising, Abruf am 27.11.2016]

Blick (2016): Wieso wird mir bei Virtual-Reality-Videos schlecht? [http://www.blick.ch/vr/form-der-reisekrankheit-wieso-wird-mir-bei-virtual-reality-videos-schlecht-id5823597.html, Abruf am 04.12.2016]

Bundesamt für Statistik (2016a): Kennzahlen - Internet - Internetnutzung. [http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/16/03/key/ind16.indicator. 30106.160204.html, Abruf am 14.09.2016]

Bundesamt für Statistk (2016b): Kennzahlen - Printmedien - Angebot Printmedien. [http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/16/03/key/ind16.indicator. 16010201.160201.html, Abruf am 14.09.2016]

Bundesamt für Statistik (2016c): Kultur, Medien und Informationsgesellschaft: Panorama. 2016. [https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge- datenbanken/publikationen.assetdetail.200306.html, Abruf am 09.11.2016]

Content Marketing Institute (2016): What Is Content Marketing? Useful content should be at the core of your marketing. [http://contentmarketinginstitute.com/what-is-content-marketing/, Abruf am 24.11.2016]

Döhring, Kajo (2015): Berufsbild Journalistin - Journalist. [https://www.djv.de/ fileadmin/user_upload/Infos_PDFs/Flyer_Broschuren/wissen4_Berufsbild.pdf, Abruf am 17.10.2016]

Heimann, Andreas (2016): Online-Werbung dezent verpackt: Wundermittel oder Mogelpackung? [http://www.aachener-zeitung.de/news/digital/online-werbung- dezent-verpackt-wundermittel-oder-mogelpackung-1.1399338, Abruf am 07.12.2016]

Page 91: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 84

Hitz, Martin (2014): «Vice» liebt das Wilde und das Waghalsige. [http://www.nzz.ch/feuilleton/medien/vice-liebt-das-wilde-und-waghalsige- 1.18328580, Abruf am 18.11.2016]

Kunz, Olaf (2016): Mamma Mia! 7 typische italienische Begriffe, die wir immer wieder falsch aussprechen. [http://www.watson.ch/!738250384, Abruf am 30.11.2016]

Mane, Sherill/Rubel, Steve (2015): Getting In-Feed Sponsored Content Right: The Consumer View. A Research Study of the Consumer’s Point of View. [http://www.iab.com/wp-content/uploads/2015/07/IAB_Edelman_Berland_ Study.pdf, Abruf am 15.10.2016]

Mediabox (2016): Vice. [http://www.mediabox.ch/de-ch/print/magazine/vice, Abruf am 18.11.2016]

Media Use Index (2016): Media Use Index 2016. [http://www.media-use-index.ch/mui.aspx?Year=2016, Abruf am 24.10.2016]

Moser, Christof (2013): Watson: Das 20-Millionen-Franken-Experiment. [http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/medien/3311/, Abruf am 10.11.2016]

Net-Metrix (2016): Net-Metrix-Audit 2016-10. [http://netreport.net-metrix.ch/ audit/, Abruf am 09.11.2016]

Newsnet (2016): Poster Ad. [http://www.newsnet.ch/produkte/desktop, Abruf am 21.11.2016]

Patalong, Frank (2015): Journalisten glauben nicht an ihre Zukunft. [http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/journalistenbefragung-malt-duesteres- bild-der-medienzukunft-a-1046174.html, Abruf am 09.11.2016]

Pfaff, Alison (2015): Wtf is Native Advertising? [https://cdn2.hubspot.net/hub-fs/655969/Media_Kit_and_File_Assets/WTFnative_StoryStudioCover.pdf, Abruf am 23.10.2016]

Reuters (2016): Reuters Institute Digital News Report 2016. [http://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/sites/default/files/Digital-News- Report-2016.pdf, Abruf am 25.10.2016]

Page 92: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 85

Ringier (2016b): Aktivitäten. [http://www.ringier.com/de/ueber-ringier/aktivitaeten, Abruf am 27.11.2016]

Rothenfluh, Anna (2016): Was ist wahre Leidenschaft? 10 Versuche, dieses unzähmbare Ungetüm zu bändigen. [http://www.watson.ch/!807639500, Abruf am 30.11.2016]

Röthlisberger, Peter (2016): Native... was? [http://www.blickamabend.ch/kolum-nen/chiefs-choice/native-was-id2983281.html, Abruf am 27.11.2016]

Schärf, Lucas (2016): Content Marketing, Native Advertising, Native Ads & Sponsored Content - Die Unterschiede einfach erklärt. [http://www.content-garden.com/content-marketing-native-advertising-native-ads- sponsored-content-die-unterschiede-einfach-erklaert/, Abruf am 23.10.2016]

Schröer, Stefanie (2016): Native Advertising - Die Zukunft der Online-Werbung oder der nächste Adblocker-Filter? [http://onlinemarketing.de/news/native- advertising-zukunft-adblocker-filter, Abruf am 19.10.2016]

Schweizer Medien (2016a): Die historische Entwicklung der Presse. [http://www.schweizermedien.ch/branchendaten/die-historische-entwicklung- der-presse, Abruf am 12.10.2016]

Schweizer Medien (2016b): Entwicklung Anzahl Zeitungstitel und Auflagen seit 1939. [http://www.schweizermedien.ch/getattachment/Branchendaten/160607_ Entwicklung-Anzahl-Zeitungstitel-und-Auflagen-seit-1939-Tabelle1.pdf.aspx, Abruf am 09.11.2016]

Schweizer Medien (2016c): Tageszeitungen und Sonntagszeitungen 2015. [http://www.schweizermedien.ch/SCHM/media/SCHMMediaLibrary/Statistiken/Statistiken%202016/160129_VSM_Tageszeitungen-und-Sonntagszeitungen- 2015.pdf, Abruf am 09.11.2016]

Schweizer Presserat (2000): Schweizer Presserat. [http://www.presserat.ch/, Abruf am 14.10.2016]

Schweizer Presserat (2008): Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten. [http://www.presserat.ch/Documents/Erklaerung2008.pdf, Abruf am 04.12.2016]

Page 93: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

7. Literaturverzeichnis 86

Schweizer Presserat (2015): Richtlinien zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten». [http://presserat.ch/Documents/Richtlinien_ 2015.pdf, Abruf am 17.10.2016]

Schweizerische Lauterkeitskommission (2008): Grundsätze - Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation. [http://www.faire-werbung.ch/wordpress/wp- content/uploads/2013/09/Grundsaetze.pdf, Abruf am 17.10.2016]

Schweizerische Lauterkeitskommission (2014): Willkommen bei der Schweizer- ischen Lauterkeitskommission. [http://www.faire-werbung.ch/, Abruf am 16.10.2016]

Sharethrough (2013): Native Advertising. The Official Definition. [http://www.sharethrough.com/nativeadvertising/, Abruf am 17.10.2016]

Sonderman, Jeff/Tran, Millie (2013): Understanding the rise of sponsored content. [https://www.americanpressinstitute.org/publications/reports/white-papers/ understanding-rise-sponsored-content/, Abruf am 22.10.2016]

Tages-Anzeiger (2016): Tarif 2016. Tages-Anzeiger. [http://media.tamedia.ch/ tl_files/content/Tamedia%20Advertising/Werbeformate%20und%20Tarife%20Print/Tarife%202016-2_Tages-Anzeiger_D.pdf, Abruf am 21.11.2016]

Tamedia (2016): Unternehmenspräsentation. [http://www.tamedia.ch/fileadmin/ files/images/organigramm-leitbild/tamedia_unternehmenspraesentation.pdf, Abruf am 12.11.2016]

Vice (2015): Vice. The world’s leading youth media company. Media kit 2015. [http://www.vice.at/media/VICE_Mediakit_2015_CH.pdf, Abruf am 18.11.2016]

Watson (2016a): Werbung auf Watson. [http://www.watson.ch/werbung, Abruf am 13.11.2016]

Watson (2016b): Native Advertising. [http://www.watson.ch/Werbung/articles/ 172817829-Native-Advertising, Abruf am 30.11.2016]

Widmer, Michèle (2016): Joint Venture nennt sich Admeira. [http://www.persoenlich.com/marketing/das-joint-venture-nennt-sich-admeira, Abruf am 27.11.2016]

Page 94: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

87

8. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1

Internetnutzung in der Schweiz in % der Bevölkerung ab 14 Jahren. Engerer Nutzerkreis, Internetnutzung mehrmals pro Woche.

Datenquelle: Bundesamt für Statistik (2016d): Internetnutzung in der Schweiz. [https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien- informationsgesellschaft-sport.assetdetail.276615.html, Abruf am 09.10.2016]

Abbildung 2

Gesamtauflage der Schweizer Printmedien in Millionen.

Datenquelle: Bundesamt für Statistik (2016e): Printmedien: Entwicklung der Titel-zahl und der Auflage von Kaufzeitungen. [https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/medien/medienangebot- nutzung/printmedien.assetdetail.327633.html, Abruf am 09.10.2016]

Abbildung 3

Entwicklung der Netto-Werbeumsätze in der Schweiz in Millionen Schweizer Franken.

Datenquelle: Stiftung Werbestatistik Schweiz (2016): Gesamtübersicht Netto-Werbeumsätze. Erfasste Netto-Werbeumsätze Schweiz (in Mio. CHF). [http://www.werbestatistik.ch/index.php?pid=79&l=de, Abruf am 13.10.2016]

Abbildung 4

Idealtypisches Zusammenspiel von Journalismus, PR und klassischer Werbung. Eigene Darstellung in Anlehnung an Siegert/Brecheis 2010: 51 (siehe Literatur- verzeichnis).

Page 95: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

8. Abbildungsverzeichnis 88

Abbildung 5

Zusammenspiel von Journalismus, PR und Werbung unter Einbeziehung von Native Advertising. Eigene Darstellung in Anlehnung an Siegert/Brecheis 2010: 52 (siehe Literaturverzeichnis).

Abbildung 6

In-stream-Advertising auf Twitter und Facebook.

Quellen der Screenshots: Twitter (2016): Startseite. [www.twitter.com, Abruf am 17.10.2016] und Facebook (2016): Startseite. [www.facebook.com, Abruf am 23.10.2016]

Abbildung 7

Organische und bezahlte Suchergebnisse für den Suchbegriff «Content Marketing» auf Google.

Quelle des Screenshots: Google (2016): Startseite. [www.google.ch, Abruf am 23.10.2016]

Abbildung 8

Widget mit Content-Empfehlung auf www.20min.ch.

Quelle des Screenshots: 20 Minuten (2016): Bei ihr einzusteigen hat sich für Pendler gelohnt. [www.20min.ch/auto/fahrberichte/story/22158531, Abruf am 25.11.2016]

Abbildung 9

Umgang mit Werbeblockern bei Watson und Bild.

Quellen der Screenshots: Watson (2016): Startseite. [www.watson.ch, Abruf am 17.10.2016] und Bild (2016): Startseite. [www.bild.de, Abruf am 17.10.2016]

Page 96: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

8. Abbildungsverzeichnis 89

Abbildung 10

Eigentumsverhältnisse der grössten Schweizer Printmedien, sortiert nach Auflage.

Datenquelle: Schweizer Medien (2016c): Tageszeitungen und Sonntagszeitungen 2015. [www.schweizermedien.ch/SCHM/media/SCHMMediaLibrary/Statistiken/Statistiken%202016/160129_VSM_Tageszeitungen-und-Sonntagszeitungen- 2015.pdf, Abruf am 26.11.2016]

Abbildung 11

Die grössten Schweizer Online-Medien im Vergleich.

Datenquelle: Net-Metrix (2016): Net-Metrix-Audit 2016-10. [http://netreport.net-metrix.ch/audit/, Abruf am 26.11.2016]

Abbildung 12

Organisationsskizze für Sponsored Content (Tamedia). Grafik: Eigene Abbildung nach Lüscher/Eppenberger 2016.

Abbildung 13

Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Tamedia). Grafik: Eigene Abbildung nach Lüscher/Eppenberger 2016.

Abbildung 14

Organisationsskizze für Sponsored Content (Watson). Grafik: Eigene Abbildung nach Honegger/Weber 2016.

Abbildung 15

Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Watson). Grafik: Eigene Abbildung nach Honegger/Weber 2016.

Page 97: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

8. Abbildungsverzeichnis 90

Abbildung 16

Organisationsskizze der Blick-Gruppe mit Brand Studio. Grafik: Eigene Abbildung nach Zürcher 2016.

Abbildung 17

Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Admeira). Grafik: Eigene Abbildung nach Hürlimann 2016.

Abbildung 18

Idealtypischer Prozess von Sponsored Content (Brand Studio). Grafik: Eigene Abbildung nach Zürcher 2016.

Page 98: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

91

9. Anhang

9.1 Erklärung und Richtlinien des Schweizer Presserats

Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten

10. Sie vermeiden in ihrer beruflichen Tätigkeit als Journalistinnen und Journalisten jede Form von kommerzieller Werbung und akzeptieren keinerlei Bedingungen von seiten der Inserentinnen und Inserenten.

11. Sie nehmen journalistische Weisungen nur von den hierfür als verantwortlich bezeichneten Mitgliedern ihrer Redaktion entgegen, und akzeptieren sie nur dann, wenn diese zur Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten nicht im Gegensatz stehen.

Richtlinien zur «Erklärung»

10.1 - Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung Die deutliche Trennung zwischen redaktionellem Teil bzw. Programm und Wer-bung ist für die Glaubwürdigkeit der Medien unabdingbar. Inserate und Werbe- sendungen sind gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar abzuheben. Sofern sie nicht optisch/akustisch eindeutig als solche erkennbar sind, müssen sie explizit als «Anzeigen», «Werbung», «Werbereportagen», «Werbespots» oder durch andere dem Publikum geläufige vergleichbare Begriffe deklariert werden. Journalistinnen und Journalisten dürfen diese Abgrenzung nicht durch Einfügen von Schleichwer-bung in der redaktionellen Berichterstattung unterlaufen.

10.2 - Sponsoring, Koppelung von redaktionellen Berichten und Werbung Bei gesponserten Medienberichten sind der Name des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten. Redaktionelle Beiträge (z.B. «begleitende» redaktionelle Bericht- erstattungen), die als «Gegenleistung» zu Inseraten und Werbesendungen veröf-fent-licht werden, sind unzulässig.

Page 99: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

9. Anhang 92

9.2 Grundsatz Nr. 3.12 der Schweizerischen Lauterkeitskommission

1. Kennzeichnung und Erkennbarkeit von kommerzieller Kommunikation

Kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welchen Werbeträger sie benutzt, soll als solche eindeutig erkennbar und vom übri-gen Inhalt klar getrennt sein. Wird sie in Werbeträgern veröffentlicht, die gleichzei-tig Nachrichten und Meinungen publizieren, muss sie so gestaltet und gekenn- zeichnet sein, dass sie als bezahlte Einschaltung klar erkennbar ist.

2. Verbot von Schleichwerbung

Unentgeltliche redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Produkte (Waren oder Dienstleistungen) hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere vor, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informati-onsinteresse des Medienkonsumenten hinausgeht.

3. Verbot der Koppelung von kommerzieller Kommunikation mit redaktionellen Beiträgen

Es ist unlauter, im Interesse der Akquisition von kommerziellen Aufträgen redakti-onelle Beiträge zuzusichern oder kommerzielle Aufträge vom Entgegenkommen im redaktionellen Teil abhängig zu machen.

4. Sponsoring von redaktionellen Beiträgen

Sponsoring von redaktionellen Beiträgen ist unlauter, sofern für den Medien- konsumenten nicht erkennbar ist, welche Teile der Publikation gesponsert sind und wer der Sponsor ist.

Page 100: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

9. Anhang 93

9.3 Meinungen zu Native Advertising

Markus Spillmann, ehem. Chefredakteur der NZZ, 15. Januar 2016

«Ich bin strikt gegen Native Advertising und werde das auch bleiben. Aus einer Torheit heraus die nächste zu begehen, ist eine doppelte Torheit. Der erste Fehler war das jahrelange Verteilen von Gratisinhalten. Der andere Fehler wäre es nun Native Advertising zuzulassen. Damit riskieren die Medien ihre Glaubwürdigkeit und Seriosität zu verlieren, was sich wiederum negativ auf die Zahlungsbereitschaft des Publikums auswirkte.»

Quelle: http://medienwoche.ch/2016/01/15/ich-will- nicht-nur-von-meiner-vergangenheit-zehren/

Hanspeter Lebrument, Verleger Südostschweiz Medien, 6. Februar 2014

«In den elektronischen Medien ist Native Advertising, allerdings unter andern englischen Begriffen, relativ weit und auch schon lange verbreitet. Entscheidend wird sein, dass Redaktionen in ihrer Kernaufgabe, unabhängig und wahr zu berich-ten, keine Einbrüche zulassen. Den Werbekunden müssen wir in den Zeitungen, wollen wir existieren, erweiterte Werbemöglichkeiten geben. Zum Beispiel Native Advertising.»

Quelle: http://www.werbewoche.ch/medien/2014-02-06/native-advertising-im-trend

Coskun Tuna, Geschäftsführer Seeding Alliance, 5. Dezember 2016

«Warum sollte eine gut recherchierte und aufgearbeitete Story eines Werbenden nicht den gleichen Stellenwert haben wie eine News eines bezahlten Redakteurs? Auch hinter vielen Native Ads steckt eine ganze Redaktion. Solange eine Anzei-genkennzeichnung den Unterschied klarmacht, sehe ich keine Probleme. Es geht nicht um einen Klassenkampf zwischen den Erstellern von Inhalten, sondern um den hochwertigen Content, den es dem Kunden zu präsentieren gilt.»

Quelle: https://onlinemarketing.de/news/native-advertising-kritik-werbung

Page 101: Wie Schweizer Medienunternehmen Sponsored Content erstellen · In der vorliegenden Arbeit wird die männliche Form als allgemeine und ge-schlechtsneutral gemeinte Bezeichnung verwendet

9. Anhang 94

Benjamin von Wyl, ehem. Redakteur Vice Switzerland, 6. Januar 2016

«Native Advertising unterläuft den Journalismus als Ganzes. Jedes Ringen um journalistische Ausgewogenheit oder kritische Berichterstattung wird hinfällig, wenn käufliche Artikel nicht hinterfragt oder gar zum idealen Finanzierungsmodell erkoren werden.»

Quelle: http://medienwoche.ch/2016/01/06/wie-mir- native-advertising-den-journalismus-vergraulte

David Eugster, Redakteur «Die Wochenzeitung», 21. April 2016

«Selbst wenn man mit Native Ads nicht unverhohlen direkt Werbung für Produkte macht, so geht die Themensetzung doch von Marketingunternehmen aus – statt von der Aktualität und der Relevanz. Werbung im Redaktionsteil verschiebt das Berufs-bild, das die LeserInnenschaft von JournalistInnen hat, bedeutend.»

Quelle: http://www.woz.ch/-6b0b

Roman Hirsbrunner, CEO Jung von Matt/Limmat, 6. Februar 2016

«Das Trendhafte an Native Advertising kommt nicht von Ungefähr; scheint doch das Versprechen, Werbung werde nützlich, unterhaltend, relevant und mediennut-zungsorientiert, auf den ersten Blick für alle Beteiligten sehr verlockend! Weniger Störung für Rezipienten, mehr Beachtung für Kommunikatoren. Und mehr Erträge für die Vermittler! Man darf ob so viel Euphorie aber auch zweifeln. Um diese Werbeform wirklich voll zur Entfaltung zu bringen, braucht es eine gewisse Stan-dardisierung. Und Standardisierung nimmt ihr die eigentliche Kraft.

Rezipienten werden früher oder später lernen, die bezahlten Inhalte von den redak-tionellen zu unterscheiden. Und damit auch blind für Native Advertising werden. Kurz: Der Trend, dass sich die Aufmerksamkeit von Rezipienten nur mit hochwer-tigen Inhalten in einem relevanten Umfeld und mit hoher Medienadaption holen lässt, wird sich sicher bestätigen. Die Form, die Native Advertising dazu propagiert, wird sich weiter entwickeln. In der Schweiz ebenso wie in der restlichen Welt.»

Quelle: http://www.werbewoche.ch/medien/2014-02-06/native-advertising-im-trend