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10Wirtschafts-berichtÖsterreich2010
- wboe 10 tabellen Reihe:wbö2004.k1 06.07.2010 11:40 Uhr Seite 185
I M P R E S S U M
Herausgeber und Medieninhaber:Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und JugendStubenring 11010 Wien
Zentrale Beiträge für die Erstellung des Wirtschaftsberichts Österreich 2010 wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und vom Bundesministerium für Finanzen bereitgestellt. Weitere wichtige Inputs und Informationen stammen vom Bundeskanzler-amt (inkl. betr. Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst), Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten,Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Inneres, Bun-desministerium für Justiz, Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umweltund Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie,Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, der Europäischen Kommission und der OECD, von der Bundeswettbewerbsbehörde,von WIFO und IHS sowie von namentlich genannten Ökonomen. Redaktionsschluss: 2. Juli 2010
Redaktion: Abteilung C1/1, BMWFJ
Layout: Zeitmass, Kandlgasse 16/2/4, 1070 WienDruck: Holzhausen GmbH, Holzhausenplatz 1, 1140 Wien
Wien, Juli 2010
Inhalt Wirtschaftsbericht Österreich 2010
1. Von der Überwindung der Krise zu selbsttragendem Wachstum 5
1.1 Aufwind nach der Krise 6
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik 8
1.3 Der langfristige Europäische Ansatz 12
1.4 Wirtschaftsbericht neu 13
2. Wirtschaftliche Lage 15
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick 16
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD 21
2.3 Stimmen aus Österreich 28
3. Wirtschaftspolitische Vorhaben 37
3.1 Den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg bringen 40
3.2 Wettbewerb und Binnenmarkt stärken 43
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren 46
3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen 53
3.5 Neue Märkte erschließen 57
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen 58
EXKURS: Elektromobilität 61
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen 63
3.8 Die Infrastrukturen auf die Zukunft ausrichten 68
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen 69
3.10 Eine soziale Gesellschaft sichern 73
4. Entwicklung und Maßnahmen 75
4.1 Stabilisierungspolitik 76
4.2 Wettbewerbsund EU-Binnenmarktpolitik 79
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen 85
EXKURS: 2. Europäische Woche der kleinen und mittleren Unternehmen 92
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik 96
EXKURS: Finanzierung von Forschung auf Risikoteilungsbasis – Risk Sharing Finance Facility 109
4.5 Außenhandelspolitik 112
EXKURS: FIW-Kurzanalyse – Exportranking 2009: China ist Exportweltmeister,
Österreich hält Rang 26 112
EXKURS: Unternehmerische Verantwortung / Corporate Social Responsibility (CSR) 119
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik 120
EXKURS: Marktentwicklung erneuerbarer Energietechnologien 125
4.7 Kapitalmarktpolitik 131
4.8 Infrastruktur 135
4.9 Beschäftigungspolitik 139
4.10 Bildungspolitik 155
4.11 Sozialpolitik 166
4.12 Budgetpolitik 167
5. Tabellen 169
1.1 Aufwind nach der Krise Wirtschaftsbericht Österreich 2010
6
1.1 Aufwind nach der Krise
Im Jahr 2008 wurde Österreich, wie die gesamte Weltwirtschaft, von der größten Wirtschaftskrise seit dem
2. Weltkrieg erfasst. Die österreichische Bundesregierung reagierte schnell – noch im Herbst 2008 wurden
zwei Konjunkturpakete geschnürt und 2009 die Steuerreform beschlossen, die im Laufe des Jahres 2009
ihre Wirkung entfalteten. Daneben gab es auch Konjunkturpakete der Bundesländer, die in ihrer Höhe
rund 19,6% der Bundesausgaben betrugen. Laut Bericht der Europäischen Kommission »Progress Report«
vom Dezember 2009 gibt Österreich (Bund und Länder) in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 3,1% des
BIP für seine Konjunkturpakete aus, Deutschland etwa 4,3%, die EU im Durchschnitt 2,7%. Im EU-Ver-
gleich steht Österreich für die Jahre 2009 und 2010 in Summe mit seinen Konjunkturpaketen hinter
Deutschland und Finnland ganz oben. Die Krise und insbesondere die Reaktionen darauf zeigen auch die
Bedeutung der EU. Die koordinierende Führungsrolle, die sich insbesondere durch den Beschluss des
»European Economic Recovery Programmes« zeigte, verhinderte, dass es zum Rückfall in nationalen
Protektionismus oder Subventionswettlauf der Mitgliedstaaten kam. Gerade für eine kleine offene Volks-
wirtschaft wie Österreich wären protektionistische Maßnahmen schädlich, wie die Evaluierung der Konjunk-
turpakete durch das WIFO zeigt: 0,8%-Punkte des gesamten BIP-Effekts der Konjunkturmaßnahmen
in Höhe von 2,2% ergeben sich aus den Konjunkturpaketen der Haupthandelspartner. Hätten unsere
wichtigsten strategischen Handelspartner protektionistische Maßnahmen gesetzt, wäre die Wirkung der
Konjunkturpakete in Österreich und der gesamten EU deutlich geringer ausgefallen.
Der Mix aus angebots- und nachfrageseitigen Maßnahmen der österreichischen Konjunkturprogramme
war richtig, wie die Entwicklung im internationalen Vergleich zeigt. In Österreich fiel der Wirtschaftsrück-
gang mit 3,5% im internationalen Vergleich vergleichsweise niedrig aus. In Deutschland schrumpfte die
Wirtschaft um 5%, in der gesamten EU um 4,2%.
Was die Jahresbetrachtung nicht zeigt, ist die Tatsache, dass Österreich schon im 3. Quartal 2009 mit
+0,7% und im vierten Quartal +0,3% jeweils gegenüber dem Vorquartal wieder einen leichten Aufwärts-
trend erfahren hat. Wenn auch das BIP im 1. Quartal 2010 mit +0,2% das Vorjahresniveau nur leicht über-
schritt, lassen Auftragseingänge und Produktionserwartungen in der Industrie einen kräftigeren Zuwachs
erwarten. Gemäß der WIFO-Prognose vom Juli 2010 sollte für 2010 somit ein BIP-Wachstum von 1,2%,
gemäß der Prognose des IHS von 1,5% erreichbar sein. 2011 soll es lt. WIFO mit 1,6% und lt. IHS mit
1,9% nochmals etwas weiter aufwärts gehen.
1.1 Aufwind nach der Krise Wirtschaftsbericht Österreich 2010
7
Aufgrund der Dimensionen des Einbruchs und vor allem auch vor dem Hintergrund von Problemen in
anderen Mitgliedstaaten der Eurozone, ist die Krise noch nicht komplett überwunden, aber Ansätze in diese
Richtung existieren. Nur am Rande sei hier erwähnt, dass bei allen Gefahren, die von der Situation in
Griechenland oder anderen Mitgliedstaaten ausgehen, zumindest die Wirkung auf die gemeinsame
Währung nicht nur negativ zu sehen ist. Die Abwertung des Euro hilft gerade einem Mitgliedsstaat wie
Österreich, das seine Stärke zu einem Großteil aus dem Export bezieht.
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Wirtschaftsentwicklung in Österreich bis 2011Quelle: Statistik Austria, für 2010 und 2011 WIFO-, bzw. IHS-Juliprognose
IHS
WIFO
in % gegenüber Vorjahr
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
8
Die Herausforderungen der österreichischen Wirtschaftspolitik sind in unterschiedlicher Fristigkeit zu sehen.
Einige sind kurzfristig zu bewältigen, anderen müssen wir uns mittel- und langfristig stellen. Auch bei
letzteren gilt es, sie möglichst rasch anzupacken, ihre Realisierung wird aber länger dauern und auch die
Wirkung wird sich nicht sofort einstellen.
Kurzfristig liegt die wirtschaftliche Herausforderung darin, Stabilität zu garantieren. Bewusst in Kauf ge-
nommene Folge der Krisenbekämpfung war die Erhöhung der Budgetdefizite. Trotz des beachtlichen
Konjunkturpakets liegt Österreich aber im internationalen Vergleich mit einem Budgetdefizit in Höhe von
3,4% des BIP im Jahr 2009 sehr gut. Der durchschnittliche Wert in der EU liegt dagegen bei 6,8% des BIP.
Dennoch müssen wir, wie alle anderen Länder, Gesamtverschuldung und jährliche Budgetdefizite in einem
international akzeptablen Maß halten, somit in kurz- und mittelfristiger Perspektive der Sanierung des
Budgets höchste Priorität gewähren.
Da der Arbeitsmarkt typischerweise (und so auch dieses Mal) verzögert auf einen wirtschaftlichten
Abschwung reagiert, hinkt er auch hinter wirtschaftlichen Verbesserungen wieder her. Dementsprechend
ist die Krise am Arbeitsmarkt noch nicht ausgestanden. 2010 soll die Arbeitslosenquote bei 4,9% (lt.
WIFO) bzw. 5% (IHS) liegen. 2011 wird von beiden Instituten eine Arbeitslosenquote von 5% erwartet.
Im internationalen Vergleich liegt Österreich auch in der Krise noch relativ gut, so konnte mit einer
Arbeitslosenquote von 4,8% der zweitniedrigste Wert in Europa – nach den Niederlanden mit 3,4% –
gehalten werden, während die Arbeitslosenquote der EU-27 2009 bei 8,9% lag. Dazu trugen insbesondere
auch die beiden Arbeitsmarktpakete und die Programme für Jugendbeschäftigung bei.
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Entwicklung der österreichischen Arbeitslosenquote Quelle: Eurostat, für 2010 und 2011 WIFO-, bzw. IHS-Juliprognose
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik
IHS
WIFO
in %
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
9
Gerade die Finanzmärkte (und die mangelnde bzw. unzureichende Regulierung dieser Märkte) haben zu
einem erheblichen Teil die Finanz- und Wirtschaftskrise mitverursacht. Hier sind dringend tiefgreifende
Reformen notwendig, um künftige globale Finanzkrisen zu verhindern.
Mittelfristig bleibt es das Ziel der Wirtschaftspolitik, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirt-
schaft und damit den Wirtschaftsstandort zu stärken. Exporte sind und bleiben der Motor der österreichi-
schen Wirtschaft. Eine Stärkung der Exporte kann somit auch ein wesentlicher Pfeiler einer Auswegstrategie
aus der Krise sein. Die anziehende Weltwirtschaft sollte vom Exportland Österreich genützt werden, um
die Marktanteile auf dem Weltmarkt auszubauen und neue Absatzmärkte zu erobern.
Wettbewerb und hohe Wettbewerbsintensität sind nicht nur wichtig für Konsumenten und Konsumentin-
nen, um niedrige Preise, hohe Qualität und große Auswahl sicherzustellen, sondern auch für Unternehmen
selbst, weil sie dadurch zu Investitionen und Innovationen angehalten werden und gezwungen sind, so
ihre Leistung stetig zu verbessern. Die dynamische Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird so
erhöht. Dabei ist nicht nur die Wettbewerbsintensität zwischen inländischen Unternehmen von Bedeutung,
sondern auch mit dem Ausland. Ein zentrales Projekt in diesem Zusammenhang ist die Umsetzung der
Dienstleistungsrichtlinie. Durch einen transparenten und EU-weit fairen Wettbewerb werden auch die
Absatzchancen für österreichische Unternehmen steigen.
Nur eine bestmögliche Nutzung aller unserer Ressourcen kann unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und
nachhaltiges Wachstum und Sicherung der Beschäftigung sowie soziale Absicherung ermöglichen. Um die
Beschäftigungsquote signifikant zu erhöhen, muss mittelfristig am Arbeitsmarkt jenen Gruppen besonde-
res Augenmerk geschenkt werden, in denen noch deutlich Beschäftigungspotential vorhanden ist: das sind
einerseits ältere Beschäftigte, andererseits Frauen und schließlich Migranten und Migrantinnen. Die Aus-
schöpfung des Beschäftigungspotentials ist nicht nur im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit wesentlich,
sondern trägt auch zur Finanzierbarkeit der Transferleistungen und Versicherungssysteme, insbesondere
der Pensionen bei.
Die langfristige Sicherung unserer Lebensqualität erfordert ein Wirtschaften mit Verantwortung. Alle Dimen-
sionen der nachhaltigen Entwicklung finden Berücksichtigung, der Erhalt der ökologischen, sozialen
und kulturellen und der wirtschaftlichen Grundlagen steht im Mittelpunkt. Die Dynamik der Wirtschaft ist
der Motor für den erforderlichen Strukturwandel zu einer nachhaltigen Produktions- und Konsumstruktur.
Für die großen Herausforderungen sind Innovationen notwendig, die eine effizientere und verant -
wortungsvollere Nutzung der natürlichen Ressourcen ermöglichen und Lösungen und Strategien sowohl im
Technologie- und Dienstleistungsbereich als auch in Fragen des gesellschaftlichen Verhaltens bieten.
Forschung, Entwicklung und Innovation sind zentrale Schwerpunkte der österreichischen Wirtschafts-
politik und üben einen steigenden Einfluss auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen aus.
Österreich hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Aufholprozess geschafft, der uns in Bezug auf
die Ausgaben für Forschung und Entwicklung an die Spitze der europäischen Staaten geführt hat. Trotz der
Wirtschaftskrise, die sich natürlich auch auf die Forschungsaktivitäten ausgewirkt hat, zeigte sich ein
stetiger Aufwärtstrend bei den F&E-Ausgaben. Für 2010 wird mit einem Anteil am BIP von 2,76% gerech-
net. Österreich schließt damit – gemessen am Input – in die Spitzengruppen der EU auf (3. Platz nach Finn-
land und Schweden). Für die Zukunft gilt es v.a. die Outputorientierung des österreichischen Forschungs-
und Innovationssystems zu stärken.
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
10
Um Innovationen einerseits zu entwickeln und andererseits anwenden zu können, sind hinreichend quali-
fizierte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen notwendig. Das österreichische Bildungssystem ist inter-
national, vor allem im Bereich der Lehrlingsausbildung bzw. dualen Berufsausbildung viel beachtet. So wird
etwa die im internationalen Vergleich sehr niedrige Jugendarbeitslosenquote auf das Lehrlings system und
das sehr gute mittlere und höhere berufsbildende Schulsystem zurückgeführt. Dennoch bedarf es auch im
Bildungssystem weiterer Reformen, um auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen zu reagieren.
Die ökologische Nachhaltigkeit umschreibt die Zieldimension, Natur und Umwelt für die nachfolgenden
Generationen zu erhalten. Unser Energiesystem steht vor großen Herausforderungen: alle Szenarien gehen
von einer Zunahme des Energieverbrauchs, einem Anstieg der CO2-Emissionen und einer zunehmenden
Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus. Die wichtigsten Strategien für Österreich liegen dabei insbe-
sondere in der Erhöhung der Energieeffizienz und dem Ausbau der Nutzung heimischer, erneuerbarer
Energien.
Soziale Nachhaltigkeit erfordert ein Fördern und Fordern. Hochqualitative Arbeitsplätze und Bildung
sind dabei nach wie vor die besten Schlüssel gegen Armut. Eine moderne Sozialpolitik soll bewährte
Konzepte der letzten Jahrzehnte mit den notwendigen Innovationen verbinden.
Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit ist insbesondere auch in Zusammenhang mit der ökolo-
gischen und sozialen Dimension zu sehen. Ökologische und soziale Ziele lassen sich nur dann verwirk -
lichen, wenn sie mit der ökonomischen Gesamtentwicklung in Einklang stehen. Eine Lehre aus der
Wirtschaftskrise sollte sein, nicht primär auf kurzfristige Renditen zu setzen, sondern langfristige Erfolge
anzustreben. Im Zusammenhang mit der steigenden politischen Bedeutung der Nachhaltigkeit mehren
sich auch Diskussionen, ob bzw. wieweit das Bruttoinlandsprodukt, das als Maß für die wirtschaftliche
Leistung eines Landes entwickelt wurde, auch als Maß für die Lebensqualität der Menschen bzw. für ökono-
mische, soziale, und ökologische Nachhaltigkeit relevant ist. Die Europäische Kommission hat eine ent -
sprechende Mitteilung »Beyond GDP« verfasst, auch die OECD nimmt sich dieses Themas an. In Frankreich
wurde dazu eine eigene Kommission unter Vorsitz der beiden Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Amartya
Sen eingerichtet. Von österreichischer Seite werden die Diskussionen, das BIP weiterzuentwickeln und
neue Ansätze zur Messung von Wohlstand zu finden, unterstützt.
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,01995 19981981 1985 1989 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
1,1 1,211,32
1,55
1,781,94
2,072,14
2,26 2,262,48 2,47 2,54
2,68 2,73 2,76
Entwicklung der österreichischen Forschungsquote Quelle: Statistik Austria
in % des BIP
1.2 Herausforderungen der Wirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
11
Nachhaltigkeit sicherzustellen ist nicht nur eine Aufgabe für die Allgemeinheit bzw. den Staat. Jeder einzel-
ne und insbesondere auch Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten. Die Politik versucht aber bestmög-
lich, österreichische Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Ziele zu unterstützen. Die Corporate
Social Responsibility (CSR) ist ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger
Basis soziale und Umwelt-Belange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den
Interessensgruppen zu integrieren. Österreichs Unternehmen bekennen sich zu ihrer ökonomischen,
sozialen und ökologischen Verantwortung und damit zum System der Öko-Sozialen Marktwirtschaft.
1.3 Der langfristige Europäische Ansatz Wirtschaftsbericht Österreich 2010
12
1.3 Der langfristige Europäische Ansatz
Die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit wurde im Zusammenhang mit der Bewältigung der Krise
bereits hervor gestrichen. Aufgrund des Auslaufens der Lissabon-Strategie im Jahr 2010 fällt die Entwick-
lung der neuen langfristigen europäischen Strategie für Beschäftigung und Wachstum mit den Bemühungen
zusammen, die Auswirkungen nach der größten Krise seit dem 2. Weltkrieg aufzuarbeiten. So soll auch die
Strategie Europa 2020 unter Beweis stellen, dass Europa seine Lehren aus der Krise gezogen hat.
Die Strategie Europa 2020 wird ihren Schwerpunkt auf Maßnahmen in den drei Schlüsselbereichen
Wissen und Innovation, stärkere Ausrichtung der Wirtschaft auf Nachhaltigkeit sowie hohes Beschäfti-
gungsniveau und soziale Eingliederung legen. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Union sollen in den
kommenden zehn Jahren ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen so gestalten, dass sie zur Erreichung der
folgenden fünf Kernziele bis zum Jahr 2020 beitragen:
• Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20- bis 64-jährigen Frauen und Männer auf 75%,
• Erhöhung der Forschungsquote auf 3% des BIP,
• 20-20-20-Ziel: Verringerung der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau des Jahres 1990
um 20%, Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 20%
und Erhöhung der Energieeffizienz in Richtung 20%,
• Senkung der Schulabbrecher- und Schulabbrecherinnenquote auf unter 10% und Erhöhung des
Anteils der 30-34-Jährigen mit einem Hochschulabschluss oder einem gleichwertigen Abschluss auf
mindestens 40%,
• Förderung der sozialen Eingliederung, insbesondere durch Verminderung von Armut, wobei minde-
stens 20 Millionen Menschen vor dem Risiko der Armut oder der Ausgrenzung bewahrt werden sollen.
Die Mitgliedstaaten setzen sich nationale Ziele unter Berücksichtigung der Kernziele und ihrer jeweiligen
Ausgangslage und ihrer nationalen Gegebenheiten. Diese werden wiederum in nationale Reformpro -
gramme, die von den Mitgliedstaaten im Herbst 2010 vorzulegen sind, einfließen. Österreich wird sich den
Herausforderungen, die die geänderten Zeiten mit sich bringen, stellen und aktiv auf die Erreichung dieser
Ziele hinarbeiten.
1.4 Wirtschaftsbericht neu Wirtschaftsbericht Österreich 2010
13
Der Wirtschaftsbericht gab in den vergangenen Jahren primär Auskunft darüber, welche Maßnahmen im ab-
gelaufenen Jahr umgesetzt und weiterentwickelt wurden. Der nun vorliegende Wirtschaftsbericht 2010 soll
nicht nur eine Rückschau beinhalten, sondern stärker auch nach vorne schauen. Daher wird im Kapitel 3
den wirtschaftspolitischen Vorhaben der Regierung deutlich mehr Raum gewidmet. Wie auch im Vorjahr,
wurden die Europäische Kommission und die OECD um ihre Einschätzung der wirtschaftlichen Situation
gebeten. Dies verdeutlicht unser Eingebundensein in die internationalen Staatengemeinschaften und deren
Bedeutung für die Wirtschaftspolitik. Darüber hinaus wurden auch namhafte österreichische Ökonomen
eingeladen eine Einschätzung zur wirtschaftspolitischen Situation in Österreich zu verfassen.
1.4 Wirtschaftsbericht neu
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick Wirtschaftsbericht Österreich 2010
16
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009und Ausblick
Verhaltene Belebung im Laufe des Jahres 2009
Entwicklung der Weltwirtschaft
Die von den USA ausgegangene Finanzkrise wirkte sich erst mit einiger Verzögerung auf die Realwirtschaft
aus. Um den Jahreswechsel 2008/2009 war ein heftiger Einbruch des Welthandels zu beobachten. In der
Folge beschleunigte sich die konjunkturelle Talfahrt der Weltwirtschaft deutlich. In vielen Ländern senkten
die Notenbanken ihre Leitzinssätze auf historische Tiefststände und die Fiskalpolitik setzte expansive
Impulse beträchtlichen Ausmaßes. Im weiteren Verlauf des Jahres 2009 begannen dann diese wirtschafts-
politischen Maßnahmen mehr und mehr zu greifen und die realwirtschaftliche Situation verbesserte sich.
Für das gesamte Jahr 2009 ergab sich dennoch erstmals seit über 50 Jahren ein Rückgang der Welt -
produktion. In den USA, Japan und der EU schrumpfte die Wirtschaft beträchtlich, während sich das
Wachstum in China abschwächte. An den internationalen Börsen normalisierte sich im Laufe des Jahres
2009 die Lage wieder und die Anleger zeigten weniger Risikoscheuheit. Die wichtigsten Aktienindizes
konnten deutlich zulegen. Auch die Rohstoffmärkte registrierten erneut einen kräftigen Preisauftrieb.
Die Notierungen für Rohöl der Marke Brent stiegen zwischen Jänner und Dezember 2009 von rund 44 US-$
je Barrel auf 74 US-$. Dennoch lagen die Rohstoffpreise im Durchschnitt des Jahres deutlich unter ihren
Vorjahresniveaus. Dies drückte die Inflationsraten weltweit merklich.
Der bereits seit Mitte 2008 in den USA bemerkbare deutliche Rückgang des BIP setzte sich auch noch
in der ersten Jahreshälfte 2009 fort. Erst ab dem Sommer war wieder ein Wachstum zu beobachten,
welches sich gegen Jahresende beträchtlich verstärkte. Insgesamt ging das BIP 2009 um real 2,4% zurück.
Mit Hilfe der gesetzten fiskalpolitischen Maßnahmen gelang es, den privaten Konsum 2009 weitestgehend
zu stabilisieren. Die Investitionsnachfrage brach jedoch im gleichen Zeitraum deutlich ein (real -23%).
Der Außenbeitrag hingegen stützte die amerikanische Wirtschaft. Die schwache Binnenkonjunktur ließ
den Import real um fast 14% schrumpfen, dies führte zu einem Einbruch des Welthandels. Der Export ging
allerdings mit real -9,6% weniger stark zurück. Die Geldpolitik in den USA blieb weiterhin expansiv.
Die Federal Reserve Bank beließ während des gesamten Jahres ihren Leitzinssatz bei nahe 0%. Auch die
Fiskalpolitik setzte neuerlich expansive Impulse um die private Konsumnachfrage zu stimulieren. Die Infla-
tion kam auf Grund der schwachen Konjunktur und der im Vorjahresvergleich stark gesunkenen Erdöl preise
zum Stillstand. Die Verbraucherpreise sanken 2009 in den USA um 0,3%. Die Lage auf dem US-Arbeits-
markt hat sich 2009 weiter verschärft. Während die um saisonale Schwankungen bereinigte Quote zu
Anfang des Jahres noch bei 7,7% lag, wurde im Dezember ein Wert von 10,0% gemessen. Damit hatte sich
die Quote seit Ausbruch der Krise mehr als verdoppelt. Seither kam es wieder zu einem leichten Rückgang
der Quote.
Trotz der enormen Bedeutung des Exports für die chinesische Wirtschaft, hinterließ der Einbruch des Welt-
handels lediglich eine kleine Delle in der Wachstumsdynamik Chinas. Im ersten Quartal 2009 sackte das
Wirtschaftswachstum im Vorjahresvergleich auf rund 6% ab, um sich daraufhin allmählich wieder zu
beschleunigen. Umfangreiche wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Stimulierung der Binnenwirtschaft
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick Wirtschaftsbericht Österreich 2010
17
stützten die Nachfrage. Durch die Wiederbelebung des Welthandels traf Anfang 2010 eine verstärkte Aus-
landsnachfrage auf eine dynamisch expandierende Binnenwirtschaft. In der Folge erhöhte sich im ersten
Quartal das BIP um real fast 12% gegenüber dem Vorjahr. Es begannen sich vermehrt konjunkturelle
Überhitzungserscheinungen zu zeigen. Die japanische Wirtschaft erlitt 2009 einen massiven Einbruch.
Das BIP schrumpfte real um 5,2%. Dies und der Verfall der internationalen Rohstoffpreise ließen die
deflationären Kräfte wieder aufkeimen. Im Jahresdurchschnitt ging das allgemeine Preisniveau auf Ver-
braucherebene um 1,4% zurück.
Wirtschaftsentwicklung in der Europäischen Union
Die exportorientierte europäische Wirtschaft erlitt den stärksten Einbruch seit 50 Jahren. Die Jahreswirt-
schaftsleistung verringerte sich in der EU 2009 um 4,2%. Im I. Quartal 2009 schrumpfte das BIP real um
2,5% gegenüber der Vorperiode bzw. 5,3% gegenüber dem Vorjahr. Ab der Jahresmitte besserte sich die
Konjunkturlage etwas und die Wirtschaft wuchs wieder. Der Konjunktureinbruch war in der EU deutlich
stärker als in den USA (-2,4%), von wo die Wirtschaftskrise ihren Ausgang nahm. Wenngleich die Wirt-
schaft der EU in den Jahren 2006 bis 2008 kräftiger wuchs als jene der USA, weisen die USA längerfristig
einen stärkeren Wachstumstrend auf. Jedoch reicht dies nicht, um die unterschiedliche Performance im
Krisenjahr 2009 zu erklären. Dafür scheint der Unterschied in der Intensität wirtschaftspolitischer Maßnah-
men besser geeignet zu sein. Sowohl die Geld- als auch die Fiskalpolitik waren in den USA wesentlich
expansiver angelegt. So wurde der Leitzinssatz in den USA seit Ende 2008 auf einem Niveau von nahe 0%
belassen, während er im Euro-Raum erst im Mai 2009 auf 1% abgesenkt wurde. Gleichzeit nahm man in
den USA eine wesentlich stärkere Verschlechterung des Budgetsaldos in Kauf als dies in der EU der Fall war.
Die Reaktionen auf den Arbeitsmärkten waren ebenfalls unterschiedlich, allerdings fiel hier der Einbruch im
Euro-Raum geringer aus als in den USA. Im Jahr 2009 stieg die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum von 7,6%
im Jahr 2008 auf 9,4%. In den USA hingegen erhöhte sich diese im gleichen Zeitraum von 5,8% auf 9,3%.
Vor allem die aktive Arbeitsmarktpolitik Deutschlands schlug sich im europäischen Durchschnitt positiv
nieder. So blieb die deutsche Arbeitslosenquote zwischen 2008 (7,3%) und 2009 (7,5%) nahezu unver -
ändert.
Im Zuge der Beruhigung auf den internationalen Finanzmärkten, konnte im Laufe des Jahres 2009 der
Euro gegenüber dem US-Dollar wieder deutlich an Wert zulegen. Zwischen Februar und November erhöhte
sich die Notierung der Gemeinschaftswährung von 1,28 US-$ je Euro auf knapp 1,50, was einem Anstieg
von 20% entspricht. In weitere Folge büßte der Euro wieder einiges an Wert ein. Die Diskussion um die
Stabilität im Euro-Raum im Zuge der griechischen Budgetkrise ließ die Gemeinschaftswährung bis Anfang
Juni 2010 zeitweise auf unter 1,25 US-$ abgleiten. Der im Jahresvergleich deutlich zurückgegangene
Erd ölpreis wie auch der Konjunktureinbruch drückten den allgemeinen Preisauftrieb auf Verbraucherebene
im Euro-Raum erheblich nach unten. Die Inflationsrate sank von 3,3% im Jahr 2008 auf 0,3% 2009.
Mit Jahresanfang 2010 machten sich im Vorjahresvergleich wieder deutlich höhere Energiepreise bemerk-
bar, die auch die Inflationsrate steigen ließen (April 2010: 1,5%).
Während die EU-27 im Jahr 2003 noch dank der dynamisch wachsenden Länder in Ostmitteleuropa um 0,6
Prozentpunkte stärker expandierte als in der Untergruppe der 16 Euro-Länder, belastete deren Entwick-
lung das Ergebnis der EU-27 im abgelaufenen Jahr. Nach einem schrittweisen Rückgang des Wachstums-
vorsprungs lag im Krisenjahr 2009 der Rückgang des BIP im Euro-Raum mit real 4,1% unter jenem der
gesamten EU (-4,2%). Die neuen Mitgliedsstaaten zeigten sich überaus krisenanfällig. Der wirtschaftliche
Nachholbedarf der vergangenen Jahre wurde Großteils durch das Ausland finanziert. Durch die internatio-
nale Finanzkrise stoppten die Geldflüsse abrupt. In der Folge kam es zu einem Druck auf die Währungen
dieser Länder, was die vielfach auf Fremdwährungen lautenden Verbindlichkeiten erheblich verteuerte.
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick Wirtschaftsbericht Österreich 2010
18
Besonders stark wurden hiervon die baltischen Staaten getroffen. Deren Wirtschaftsleistung brach hier
2009 um rund 15% ein. In Ungarn – Österreichs wichtigstem Wirtschaftspartner dieser Region und zweit-
größte Volkswirtschaft in diesem Raum – verschärfte sich die Krise der vergangenen Jahre weiter und
das BIP brach um über 6% ein. Einzige Ausnahme in diesem Raum bildet Polen. Dies war der einzige der
27 EU-Mitgliedsstaaten, in dem die Wirtschaft 2009 expandierte (+1,8%).
Entwicklung in Österreich
Auch für Österreichs Wirtschaft war das Jahr 2009 das schlechteste seit langem. Der durch die internatio-
nale Konjunkturkrise ausgelöste Nachfragerückgang ließ den heimischen Export zu Jahresanfang massiv
einbrechen und Österreichs Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal 2009 um 2,1% gegenüber der Vor-
periode bzw. um 4,7% gegenüber dem Vorjahr. Auch im zweiten Quartal ging die Wirtschaftsleistung
zurück, jedoch ließ die Dynamik deutlich nach. Ab der Jahresmitte war wieder ein Wachstum im Vergleich
zur Vorperiode zu beobachten. Im Schlussquartal setzte sich die Erholung weiter fort, allerdings reichte
das Wachstum mit 0,3% gegenüber der Vorperiode nicht mehr an jenes im dritten Quartal (+0,7%)
heran. Für das gesamte Jahr 2009 ergab sich ein Rückgang des BIP um real 3,5%. Dennoch verkraftete
die österreichische Wirtschaft die Krise erstaunlich gut. Dies gilt vor allem im Vergleich zur ebenfalls sehr
außenwirtschaftsorientierten deutschen Wirtschaft. Zwar ging in beiden Volkswirtschaften der Wert der
Ausfuhren in einem ähnlichen Ausmaß zurück, jedoch kommt dem Außenbeitrag in Deutschland ein höhe-
res Gewicht zu. Dies spiegelt sich auch in der Industrieproduktion wieder. Während diese in Deutschland
2009 um fast 17% sank, betrug der Rückgang in Österreich lediglich knapp 12%.
Die trüben Wirtschaftsaussichten und die ungünstigen Finanzierungsbedingungen führten auch zu einem
scharfen Rückgang der Investitionen. Die Investitionen in Ausrüstungsgegenstände wurden 2009 real um
mehr als 13% zurückgefahren, wobei besonders die Anschaffungen von Fahrzeugen zurückgingen (real
um fast 30%). In Maschinen- und Elektrogeräte wurde 2009 um 6,7% weniger investiert als im Vorjahr.
Schlecht verlief das Jahr 2009 nicht nur für die Sachgüterproduzenten, sondern auch für die heimische
Bauwirtschaft. Der Rückgang bei den Wohnbauinvestitionen war mit real rund -10% deutlich größer als
jener bei den restlichen Bauten (–3,3%). In der Folge brach auch die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft
ein (real –5,6%) und die Beschäftigung ging zurück.
Trotz der raschen Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt, die wegen der Sorge um die Sicherheit des
Arbeitsplatzes die Konsumbereitschaft beeinträchtigte, erhöhten sich die Konsumausgaben im Krisenjahr
2009 um real 0,4%. Dies leistete einen wichtigen Beitrag zur Dämpfung der negativen Effekte der inter-
nationalen Konjunktur auf die heimische Wirtschaft. Ermöglicht wurde dies, laut WIFO, durch einen deut-
lichen Anstieg der verfügbaren realen Arbeitseinkommen. Hierzu trugen einerseits die in das Jahr 2009
vorgezogene Steuerreform bei sowie auch die im Jahr 2008 für 2009 beschlossenen Lohnrunden und der
deutliche Rückgang der Inflation.
Die Beschleunigung des Konjunktureinbruchs zu Anfang des Jahres 2009 wirkte sich unmittelbar auf
den Arbeitsmarkt aus. Die Beschäftigung verringerte sich spürbar. Von 2008 auf 2009 gingen rund 45.000
Stellen verloren, was einem Rückgang um 1,4% entspricht. Die um Saisoneffekte bereinigte Zahl der un-
selbständig aktiv Beschäftigten reagierte recht schnell auf die konjunkturelle Besserung in der zweiten
Jahreshälfte. Während bis zur Jahresmitte fast 50.000 Stellen abgebaut wurden, kam es in weiterer Folge
bis Jahresende wieder zu einer leichten Zunahme der unselbständig aktiv Beschäftigten um 9.000. Die
Arbeitslosigkeit verlief ziemlich ähnlich, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Die um saisonale Effekte
bereinigte Arbeitslosigkeit stieg von 234.000 Personen auf fast 267.000 im Herbst. Im Anschluss daran
stabilisierte sich die Situation vorübergehend bis Jahresende. Insgesamt brachte 2009 einen Anstieg der
als arbeitslos gemeldeten Personen um rund 48.000 bzw. 22,6%. Der Jahresdurchschnitt der Arbeitslosen-
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick Wirtschaftsbericht Österreich 2010
19
quote gemäß österreichischer Berechnungsmethode erhöhte sich 2009 von 5,8% im Vorjahr auf 7,2%.
Die EU-weit harmonisierte Arbeitslosenquote stieg von 3,8% auf 4,8%.
Der scharfe Einbruch der internationalen Rohstoffpreise und die erheblich unter dem Durchschnitt liegende
Kapazitätsauslastung führten zu einem kräftigen Rückgang der Inflationsrate. Lag diese 2008 noch bei
3,2% so reduzierte sich der Anstieg der Preise auf Verbraucherebene im Jahr 2009 auf 0,5%. Zur Jahres-
mitte war in zwei Monaten sogar ein Rückgang der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr festzustellen
(Juni -0,1%, Juli -0,3%). Der harmonisierte Verbraucherpreisindex für Österreich stieg 2009 um 0,4% und
damit ähnlich wie im Durchschnitt der Euro-Länder (+0,3%).
Prognose für 2010 und 2011 – Es geht (langsam) wieder aufwärtsDie Jahre 2010 und 2011 werden von verhaltenem Wachstum geprägt sein. Das WIFO schätzt das Wirt-
schaftswachstum in Österreich auf 1,2% für 2010; die Prognose für 2011 lautet 1,6%. Das IHS ist mit
1,5 bzw. 1,9% etwas optimistischer.
Die Exporte werden 2010 und 2011 wieder deutlich ansteigen und wesentlich zur Konjunkturerholung bei-
tragen: das WIFO prognostiziert einen Anstieg der Warenexporte von 5,8% im Jahr 2010 und von 6,6%
2011. Das IHS schätzt ein Wachstum von 7,3% im Jahr 2010 und von 6,8% 2011. Die Warenimporte werden
in beiden Jahren schwächer ansteigen als die Exporte, die Importtätigkeit wird 2011 aber anziehen.
Die Ausrüstungsinvestitionen werden 2010 noch einen Rückgang erfahren, meinen sowohl WIFO als auch
IHS. Die niedrige Kapazitätsauslastung und ungünstige Finanzierungsbedingungen belasten das Investiti-
onsklima. Laut WIFO-Prognose sinken die Ausrüstungsinvestitionen 2010 um 6%, laut IHS nur um 1,5%.
Für 2011 liegen die Institute nicht so weit auseinander: Es soll wiederum einen Anstieg um 4% laut WIFO
und um 3% laut IHS geben. Die Bauinvestitionen entwickeln sich verhalten. Diese werden laut WIFO 2010
um 1% sinken und 2011 um 0,3% ansteigen, das IHS geht ebenfalls für 2010 von einem Rückgang um 1%
aus. 2011 wird Stagnation erwartet.
Die Prognosen für die Inflation gehen von einer leicht anziehenden Inflation aus. Das WIFO erwartet einen
Anstieg der Verbraucherpreise 2010 um lediglich 1,8% und 2011 um 2,1%. Das IHS prognostiziert sehr
ähnlich mit 1,7% 2010 und 1,8% 2011. Die Ursachen des Preisanstieges sehen beide Institute in der Er-
höhung der Energiepreise. Die verhaltene Konjunktur trägt aber dazu bei, dass auch der Inflationsdruck
gering bleibt.
Beim Konsumwachstum für 2010 sind sich beide Institute mit 0,9% Wachstum einig. Für 2011 unterschei-
den sich die Einschätzungen aber etwas, denn das IHS erwartet für 2011 einen Anstieg der privaten Kon-
sumausgaben um 1,1%, während das WIFO für 2011 ein Plus von nur 0,6% erwartet.
Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zuletzt besser als erwartet, darin sind die Institute relativ einig. Für 2010
wird nun von beiden Instituten ein geringes Beschäftigungswachstum von 0,5%, für 2011 von 0,5%
(WIFO) bzw. 0,7% (IHS) erwartet. Für den Jahresdurchschnitt 2010 erwarten beide Institute eine Arbeits-
losenquote auf Registerbasis von 7,2%. Für 2011 prognostiziert das WIFO eine Arbeitslosenquote nach
nationaler Methode von 7,3% und das IHS von 7,2%. Entsprechend der EUROSTAT-Berechnungsmethode
rechnet das WIFO mit einer Arbeitslosenquote 2010 von 4,9%, das IHS mit 5,0%, für 2011 sind ist der
entsprechende Wert bei beiden Instituten 5,0%.
2.1 Wirtschaftliche Entwicklung 2009 und Ausblick Wirtschaftsbericht Österreich 2010
20
Für das Budgetdefizit des Staates wird 2010 ein Wert von 4,6% (WIFO) bzw. 4,5% des BIP (IHS) erwar-
tet. 2011 schätzt das WIFO, dass das Budgetdefizit nach Maastricht-Definition auf 3,8% des BIP sinkt. Das
IHS geht von einem Budgetdefizit von 4% aus.
Prognosen für 2010 und 2011Quelle: WIFO und IHS
(Veränderung zum Vorjahr, 2010 2011
wenn nicht anders angegeben) WIFO IHS WIFO IHS
Bruttoinlandsprodukt, real +1,2 +1,5 +1,6 +1,9
Private Konsumausgaben, real +0,9 +0,9 +0,6 +1,1
Bruttoinvestitionen gesamt, real -2,9 -0,8 +2,5 +1,7
– Ausrüstungen -6,0 -1,5 +4,0 +3,0
– Bauten -1,0 -1,0 +0,3 0,0
Exporte i.w.S., real +4,7 +5,7 +5,6 +6,0
Warenexporte, real* +5,8 +7,3 +6,6 +6,8
Importe i.w.S., real +2,6 +4,2 +4,5 +4,8
Warenimporte, real* +2,8 +4,7 +5,0 +5,1
Unselbständig aktiv Beschäftigte +0,5 +0,5 +0,5 +0,7
Arbeitslosenquote, national in % 7,2 7,2 7,3 7,2
Arbeitslosenquote, Eurostat in % 4,9 5,0 5,0 5,0
Verbraucherpreise +1,8 +1,7 +2,1 +1,8
Finanzierungsaldo des Staates lt. Maastricht.-Def., in % des BIP -4,6 -4,5% -3,8 -4,0%
* WIFO laut Statistik Austria, IHS laut VGR
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
21
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD
Beitrag der Europäischen Kommis-sion: »Reformen für mehr Wachs-tum und Beschäftigung in Europa:der Weg aus der Krise«Olli Rehn, Mitglied der Europäischen Kommission, verantwortlich für Wirtschaft und Währung
Nach der tiefsten Rezession ihrer Geschichte befindet sich die europäische Wirtschaft im Frühsommer
2010 in einem noch fragilen Aufschwungprozess. Die Turbulenzen auf den Märkten für Staatsanleihen
können ihn wieder gefährden. Wir dürfen keine Zeit verlieren und brauchen Reformen, um die Voraus -
setzungen zu schaffen für nachhaltiges Wachstum und hohe Beschäftigung. Die Europäische Kommission
hat bereits in den zurückliegenden Monaten eine aktive Rolle übernommen, weit reichende Vorschläge
vorgelegt und wichtige wirtschaftspolitische Beschlüsse gefasst. Doch sie braucht die Unterstützung aller
wirtschaftspolitischen Akteure, denn die Interdependenz der Volkswirtschaften lässt sich nur in einer
gemeinsamen Anstrengung meistern.
Eine fragile Erholung
In ihrer Frühjahrsprognose erwartet die Europäische Kommission für die EU-Wirtschaft für dieses Jahr ein
Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von ungefähr einem Prozent in diesem und 1,75% im nächsten Jahr.
Damit ist die Kommission etwas optimistischer als noch im Herbst letzten Jahres, was vor allem durch die
positiven Auswirkungen des stärkeren außenwirtschaftlichen Umfelds gerechtfertigt erscheint. Allerdings
dürfte der Aufschwung aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage verhalten bleiben. Zudem fällt die
Geschwindigkeit des Aufschwungs von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden aus. Für Österreich wird
ein etwas kräftigeres Wachstum in diesem Jahr (1,3%) und ein geringfügig unter dem EU-Durchschnitt
liegendes im nächsten Jahr (1,6%) erwartet.
Nicht zuletzt dank der außergewöhnlichen Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Konjunktur -
programms konnte die wirtschaftliche Rezession in der EU im dritten Quartal 2009 gestoppt werden. Nach
den ersten Belebungsanzeichen schreitet die Erholung jedoch sehr viel langsamer voran als in früheren
Aufschwüngen. Dies ist nicht überraschend, denn zum einen war der Abschwung außerordentlich heftig
und zum anderen verbessert sich die konjunkturelle Lage nach Finanzkrisen in der Regel sehr viel lang -
samer als sonst. Erst Ende 2010 dürfte das BIP wieder deutlich wachsen.
Nach Veröffentlichung der Frühjahrsprognose hat die Verschärfung der Schuldenkrise in einigen
Staaten die Wirtschaftsaussichten eingetrübt. Gleichzeitig jedoch deutet die Veröffentlichung einiger neuer
»harter« Daten für den Euro-Raum auf eine Stärkung der Erholung, so etwa ein BIP-Wachstum von 0,2%
im ersten Quartal 2010 gegenüber dem Vorquartal, oder auch Informationen zur Industrieproduktion und
zu den Auftragseingängen (1,3% bzw. 5,2% im März gegenüber dem Vormonat). Allerdings haben einige
der Umfrageindikatoren den positiven Trend der Vormonate im Mai nicht in gleichem Umfang fortgesetzt.
Doch insgesamt gibt es zur Jahresmitte keine hinreichenden Gründe, die Prognose zu revidieren.
Arbeitsmarkt und öffentliche Finanzen unter Druck
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den EU-Arbeitsmarkt waren zwar deutlich spürbar, fielen jedoch
geringer aus als erwartet. Entscheidend hierfür waren die kurzfristigen Maßnahmen, das in einigen
Mitgliedstaaten beobachtete »Labour hoarding« und die bereits durchgeführten Reformen. Zwar sind erste
Anzeichen einer Stabilisierung der Beschäftigungssituation erkennbar, da jedoch die Entwicklung auf dem
Arbeitsmarkt in der Regel der tatsächlichen Wirtschaftsentwicklung erst mit zeitlicher Verzögerung folgt,
dürften die Beschäftigtenzahlen in diesem Jahr noch um etwa 1% zurückgehen und erst im Laufe des
nächsten Jahres wieder ansteigen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich EU-weit bei fast 10% stabilisieren,
wenngleich die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist. So erwarten wir zum
Beispiel für Österreich eine deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegende Arbeitslosenquote (5,1% in 2010,
5,4% in 2011).
Durch die Rezession hat sich das staatliche Defizit in der EU seit 2008 verdreifacht. In diesem Jahr
dürfte es mit 7,25% des BIP einen Höchststand erreichen und sich erst im nächsten Jahr leicht verringern
(auf etwa 6,5%). Hinter dieser Entwicklung stehen das Auslaufen der befristeten Stützungsmaßnahmen
und die erwartete Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit. Der Aufwärtstrend der Schuldenquote setzt sich in
diesem und im nächsten Jahr fort, wodurch ein Stand von knapp 80% bzw. 84% des BIP erreicht wird.
Hier werden die Folgen der Krise noch weit über den derzeitigen Prognosehorizont hinaus zu spüren sein.
Die Haushalte müssen in koordinierter aber differenzierter Weise konsolidiert werden. Länder mit geringem
finanzpolitischem Spielraum sollten ihre Konsolidierung sofort beschleunigen. Jene mit mehr Spielraum
sollten damit im nächsten Jahr beginnen. Mit anderen Worten: Ab 2011 sollte in der gesamten EU eine
restriktive Haushaltspolitik verfolgt werden. Dann dürfte auch der Konjunkturaufschwung allmählich
an Fahrt gewinnen. Die finanzpolitischen Maßnahmen, die mehrere Mitgliedstaaten vor kurzem vorgestellt
haben, stimmen mit dieser Linie überein.
Aktuelle Herausforderungen und langfristige Strategie für die Europäische Union
Die verbesserten Aussichten für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr sind gute Neuigkeiten für Europa.
Die jüngsten Krisen und die Gefährdung der Stabilität des Euroraums haben aber die gegenseitige Abhän-
gigkeit der Mitgliedstaaten eindrucksvoll belegt. Die EU und die Mitgliedstaaten haben bereits koordiniert
und entschlossen gehandelt, zum Beispiel mit dem Europäischen Konjunkturprogramm. Mit den jüngsten
Beschlüssen zur Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit Griechenlands und der Stabilität des Euroraums
wurde dieser Wille erneut eindrucksvoll bewiesen. Insbesondere angesichts unserer schnell alternden
Gesellschaften brauchen wir die im März vorgeschlagene mittel- und langfristige europäische Strategie für
intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum (»Europa 2020«), um Produktivität und Erwerbs-
quote in Europa zu steigern.
Das Europäische Konjunkturprogramm
Der koordinierte Ansatz aus dem Europäischen Konjunkturprogramm, von der Kommission im November
2008 vorgeschlagen und vom Europäischen Rat im Dezember 2008 angenommen, und die koordinierten
Maßnahmen zur Unterstützung des Finanzsystems haben wesentlich dazu beigetragen, dass es in der
Wirtschaftskrise keinen Rückfall in Protektionismus gegeben hat. Die Kommission hat im Dezember 2009
berichtet, dass bis dahin das Konjunkturprogramm seine Ziele erreicht hat. Der im ur¬sprünglichen
Kommissionsvorschlag angestrebte budgetäre Stimulus von Seiten der Mitgliedstaaten von 1,2% des BIP
wurde deutlich übertroffen. Für 2009 und 2010 dürfte er insgesamt 2,7% des BIP erreicht haben. Damit
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
22
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
23
hat das Konjunkturprogramm die globale Nachfrage deutlich antizyklisch unterstützt und einen wichtigen
Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage in der Europäischen Union geleistet.
Die Maßnahmen konzentrierten sich vor allem darauf, Menschen in Arbeit zu halten; die Wirtschafts-
dynamik durch Nachfragestimulierung sowie durch vereinfachten Zugang zu Krediten für Unternehmen zu
unterstützen; klimafreundliche Investitionen in Energie und Infrastruktur zu fördern und finanzielle Mittel
für Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Über die kurzfristig angestrebte Wirkung hinaus
konnten so auch das Wegbrechen ganzer Industriezweige, von Arbeitskraft und technischem Wissen und
von Forschung und Entwicklung verhindert werden, was das Wachstumspotenzial geschwächt hätte.
Der Europäische Stabilisierungsmechanismus
Im Frühjahr verschärften sich die Wirtschafts- und Haushaltsprobleme Griechenlands, und der Finanz-
markt stellte die Fähigkeit des Landes in Frage, künftig seine Verpflichtungen erfüllen zu können. Die dar-
aus entstehende Vertrauenskrise erzeugte ein Ansteckungsrisiko für andere Mitgliedsländer. In dieser
Situation beschlossen die Finanzminister des Euroraums in den ersten Maitagen ein an strikte Auflagen
gekoppeltes Unterstützungspaket für Griechenland. Die ersten Reaktionen der Finanzmärkte waren ermuti-
gend, doch nach wenigen Tagen und noch bevor diese Hilfe endgültig beschlossen worden war, drohte sich
die Lage an den Finanzmärkten erneut zu verschlechtern. In dieser Situation beschloss der ECOFIN-Rat
am 9. Mai auf Vorschlag der Kommission, einen befristeten Europäischen Stabilisierungsmechanismus zu
schaffen.
Der Europäische Stabilisierungsmechanismus sieht vor, Mitgliedstaaten, die von außergewöhnlichen
Ereignissen außerhalb ihrer Kontrolle betroffen sind, finanziellen Beistand zu gewähren. Derartige Ereig-
nisse liegen derzeit vor, und der Mechanismus mit einem Finanzmittelvolumen von bis zu 60 Mrd. € wird
so lange in Kraft bleiben, wie es zur Wahrung der Finanzmarktstabilität erforderlich ist. Ergänzend dazu
haben die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets eine Zweckgesellschaft gegründet, für die die teil-
nehmenden Mitgliedstaaten anteilig bis zu einem Gesamtvolumen von 440 Mrd. € bürgen und die nach drei
Jahren aufgelöst wird. Der IWF wird sich an den Finanzierungsvereinbarungen beteiligen. Die Aktivierung
unterliegt strengen Auflagen im Kontext einer gemeinsamen Unterstützung durch die EU und den IWF und
wird zu Modalitäten erfolgen, die denen des IWF vergleichbar sind.
Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung
Schon vor der Krise hat die Europäische Kommission darauf hingewiesen, dass die wirtschaftspolitische
Koordination verbessert werden muss. Das war damals keineswegs ein populäres Thema, aber inzwischen
besteht weitgehende Einigkeit, dass etwas getan werden muss. In ihrer Kommunikation vom 12. Mai 2010
(KOM(2010) 250 endg.) schlägt die Kommission folgendes vor:
1. Zur Stärkung des präventiven Arms des Stabilitäts- und Wachstumspakts würden die Mitgliedstaaten
ihre nationalen Stabilitäts- und Konvergenzprogramme zusammen mit den Nationalen Reformpro-
grammen bereits während der Aufstellung der Haushalte der Kommission und den anderen Mitglied-
staaten vorlegen. Mit solch einem »europäischen Semester« kann die europäische Sicht frühzeitig in
den Haushaltsprozess eingebracht werden. Zusätzlich sollte der korrektive Arm durch beschleunigte
Verfahren und wirksamere Sanktionen bei Verstößen gegen den Pakt gestärkt werden.
2. Ferner ist es nötig, gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte sowie die Entwicklung der Wettbewerbs-
fähigkeit innerhalb der Währungsunion wirksam zu überwachen.
3. Mittelfristig muss ein robuster Rahmens für das Krisenmanagement im Euroraum geschaffen werden.
Diese Themen werden auch in der EU Task Force unter Vorsitz von Ratspräsident Herman Van
Rompuy diskutiert. Die Kommission arbeitet detaillierte Vorschläge aus und wird in Kürze weitere
Einzelheiten vorstellen.
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
24
»Europa 2020«: Für eine moderne Soziale Marktwirtschaft für das 21. Jahrhundert
Die am 3. März 2010 vorgeschlagene Strategie »Europa 2020« entwickelt die Vision einer modernen
Sozialen Marktwirtschaft für das 21. Jahrhundert. Der Europäische Rat hat diesen Vorschlag zu einer
»Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum« im Juni angenommen.
»Europa 2020« setzt drei Prioritäten: intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Dazu
gehören ehrgeizige Ziele wie das Beschäftigungsziel, das Ziel für Investitionen in Forschung, Entwicklung
und Innovation, die Klima- und Energieziele »20/20/20«, die Ziele für Bildung und das Ziel für Armuts-
bekämpfung. Gleichzeitig sollen zur Zielerreichung alle auf der Ebene der EU verfügbaren Instrumente und
insbesondere der Binnenmarkt, sowie finanzielle und außenpolitische Instrumente genutzt werden.
Die Kommission schlägt zudem sieben Leitinitiativen vor, um innerhalb der drei genannten Prioritäten
Fortschritte zu erzielen (»Innovationsunion«; »Jugend in Bewegung«, um unsere Bildungssysteme
leistungsfähiger zu machen; »Digitale Agenda für Europa«; »Ressourcenschonendes Europa«; »Industrie-
politik im Zeitalter der Globalisierung«; »Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglich-
keiten«; »Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut«).
Gestärkt aus der Krise hervorgehen
Europa steht vor einer historischen Aufgabe. Insgesamt hat Europa bisher eine überzeugende Antwort
gegeben. Aber ohne weitere Reformen riskiert Europa Stillstand und schleichenden Rückschritt. Mit um-
fassenden Strukturreformen können wir im kommenden Jahrzehnt eine jährliche Wachstumsrate von über
2% erreichen. Das könnte bis Ende des Jahrzehnts über 10 Millionen Arbeitsplätze schaffen und die
Arbeitslosenquote auf etwa 3% senken. Wenn wir bei der Jahreswachstumsrate von knapp über einem
Prozent verharren würden, wäre die Arbeitslosenquote in Europa selbst nach einer Erholung bei fast 10%
gegen Ende dieses Jahrzehnts. Es gibt keine Alternative zur Modernisierung des europäischen Modells der
sozialen Marktwirtschaft. Das meiste dafür muss auf nationaler Ebene getan werden. Aber Aussicht auf
Erfolg besteht nur dann, wenn wir unsere Wirtschaftspolitik koordinieren. Denn die Erfahrung zeigt, dass
wir gemeinsam mehr erreichen als alleine. Jetzt kommt es darauf an, wieder starken politischen Willen
zu zeigen.
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
25
Beitrag der OECD: »A strengtheningrecovery, but also new risks«Pier Carlo PADOAN, Chief Economist of the OECD
A strengthening recovery …
Growth is picking up in the OECD area – at different speeds across regions – and at a faster pace than
previously anticipated. Strong growth in emerging market economies is contributing significantly. However,
risks to the global recovery could be higher now, given the speed and magnitude of capital inflows in
emerging market economies and instability in sovereign debt markets.
Keeping markets open has been a strong positive factor in the upturn. The rebound in trade, while
incomplete, has been substantial and is proving to be a major force pulling the global economy out of
recession. The ongoing recovery in activity could surprise on the upside, with a policy-driven expansion
giving way to self-sustained growth. Fixed investment could bounce back more robustly and household
consumption could recover more rapidly with household savings rates having risen more slowly than
previously anticipated, especially in Europe. The spillover from growth in non-OECD Asia could be stronger
than expected, especially in the United States and Japan. From this point of view, the overall economic
environment is relatively auspicious.
As activity gathers momentum, global imbalances are beginning to widen again. However, in some emer-
ging market economies, notably China, strong domestic, policy-driven demand is keeping a large external
surplus from rising to the levels seen prior to the crisis. This does not obviate the need to tackle global
imbalances through appropriate policies. Strong, sustainable and more balanced growth can be achieved
through a combination of macroeconomic, exchange-rate and structural policies, while delivering fiscal
consolidation. Identifying and implementing such a combination of policies is a major goal of international
collaboration, most notably within the G20.
Progress in financial market reform will also require international collaboration. Internationally agreed
rules and regulations will need to be established to strengthen the stability of the global financial system.
Articulating more clearly the roles of monetary and prudential policies in dealing with future credit and
asset-price developments is also a priority.
While activity is picking up, employment growth is still lagging. Over the two years through the first quarter
of 2010, the ranks of the unemployed rose by over 16 million in the OECD area as a whole, employment
fell by 2,25% and many more workers were working shorter hours than before the crisis. But the surge
in unemployment, while dramatic and notwithstanding the attendant human and social costs, has been
smaller than initially anticipated. The OECD-wide unemployment rate may now have peaked at just over
8,5%. At the same time, the pick-up in activity, notably in Japan and in some European economies, will
likely be met by increasing average hours worked per employed person and hourly labour productivity,
rather than significant net job creation. Thus, prospects for strong employment growth in these countries
appear weak. By contrast, firms in the United States have shed large numbers of employees during the
downturn and may therefore have to rehire relatively strongly in the upturn.
Appropriate labour market and social policies can do much to promote a jobs-rich recovery. Social protection
systems have played an important role as automatic stabilisers to cushion the impact of the recession on em-
ployment. Significant additional resources have been allocated to labour market and social programmes in
the stimulus packages put in place during the downturn. As the recovery takes hold and countries face the
challenge of fiscal consolidation, it is important to continue to make room in budgets for cost-effective labour
market programmes that support those workers at greatest risk of becoming long-term unemployed and
losing attachment to the labour market. Policies that promote reductions in unemployment through cuts in
the effective labour supply, such as early retirement schemes or easing eligibility criteria for disability bene-
fits, would exacerbate labour market imbalances and weaken long-term fiscal positions.
Economic expansion is set to continue, with GDP growth at about 2,75% in the OECD area as a whole in
both 2010 and 2011. In particular, in the United States, growth is expected to remain buoyant but to ease
back somewhat through the remainder of the year, as policy normalisation begins. In Japan, business
investment should continue to strengthen, while labour market weaknesses will continue to bear down on
private consumption. In the euro area, activity is expected to pick up this year due to ongoing policy
support and strong external demand, assuming that recent financial market distress will not durably
impair confidence. Outside the OECD area, growth is poised to remain strong, despite some moderation as
policy support is withdrawn in China, India and Brazil.
… but also new risks
This otherwise moderately encouraging outlook could be jeopardized by significant risks. A first substantive
risk is related to developments in sovereign debt markets. While originating in some euro-area economies,
instability has spread to other euro-area members and sovereign debt markets in other parts of the world.
Overheating in emerging-market economies also poses a serious risk. A boom-bust scenario cannot be
ruled out, requiring a much stronger tightening of monetary policy in some non-OECD countries, including
China and India, to counter inflationary pressures and reduce the risk of asset-price bubbles. Growth
would slow down as a consequence, with negative effects on other regions. Exchange-rate flexibility could
alleviate some of the pressure on Chinese monetary policy and allow more scope for addressing domestic
inflation. These risks indicate that policy challenges are substantial and more demanding than appeared to
be the case a few months ago.
Whilst bearing in mind these risks, monetary policy must be normalised. Support is already being removed
in several countries. Exit strategies must take into account concomitant fiscal consolidation so as to facili-
tate it without putting undue pressure on interest rates. The outlook for inflation remains benign in the
OECD area due to considerable economic slack, but inflationary expectations may become unanchored.
As mentioned earlier, emerging-market economies are having to deal with inflationary pressures and to
absorb sizeable capital inflows. Strong growth in those economies is pushing up energy and commodity
prices, which in turn will lead to further inflation.
Significant longer-term challenges lie ahead
Exit from exceptional fiscal support must start now, or by 2011 at the latest, at a pace that is contingent
on specific country conditions and the state of public finances. Many countries are facing very unfavourable
government debt dynamics, as rising indebtedness raises risk premia, which adds to the debt burden while
holding back growth, with further adverse consequences on debt sustainability. A related challenge is that
several countries are having to embark on fiscal consolidation simultaneously. Given the magnitude and
synchronicity of fiscal consolidation, international spillover effects could further bear down on the growth
in demand in individual countries.
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
26
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2010
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Prompt and massive response by euro-area governments and the European Central Bank have calmed fi-
nancial market turbulence. But the region’s underlying weaknesses are far from settled. Fiscal consolidation
has been stepped up and front-loaded in some countries. But fundamental structural adjustment program-
mes will have to be implemented, as announcements alone may not be enough to secure credibility in con-
solidation strategies. The sovereign debt crisis has highlighted the need for the euro area to strengthen sig-
nificantly its institutional and operational architecture to dissipate doubts about the long-term viability of
the monetary union. At a minimum, surveillance of domestic policies needs to be strengthened, taking on
board broader competitiveness considerations. But these efforts alone may not be enough. Bolder measu-
res need to be taken to ensure fiscal discipline, along a continuum that ranges from stronger surveillance
and more effective sanctions for non-compliance, to external auditing of national budgets, all the way to
de facto fiscal union.
In all countries, there is a need for sustained and sustainable economic growth also in support of fiscal
consolidation. This calls for an articulated strategy linking together – and exploiting synergies among –
macroeconomic, financial and structural policies. Fiscal consolidation must be designed and implemented
to support growth to the extent possible. Spending cuts must be made to preserve, and indeed increase
the cost-effectiveness of growth-friendly programmes, including innovation and education. Revenue-raising
measures, where needed, must focus on the instruments that are least harmful to growth, such as
consumption and carbon taxes. Fiscal rules can help to enhance the credibility of fiscal consolidation.
Growth-enhancing structural reforms must be part of consolidation strategies.
This differentiated, yet synchronised, pattern of normalisation across policy domains and countries under-
scores the importance of domestic policies in one area taking due account of policy settings in other
domains and countries. It also raises the possibility of exchange-rate movements and exposure of vulne-
rabilities in the financial sector.
Labour and product market reforms need to be implemented to raise potential output, support innovation
and prevent high unemployment from becoming entrenched. These reforms can yield concomitant divi-
dends in terms of facilitating fiscal consolidation and reducing global imbalances on a durable basis.
The development of social security and services in China and other Asian economies with large current-
account surpluses fulfils an important social goal in its own right and would reduce the need for precautio-
nary saving, thereby further promoting domestic demand. In other surplus countries, different types
of structural reforms would unleash opportunities for investment, while pension reforms and the removal
of tax incentives that encourage consumption would increase household saving in deficit countries.
In the autumn of 2008 the peak of the financial crisis led to unprecedented and coordinated policy
responses that prevented the recession from becoming more severe and long lasting. Recent action taken
by euro-area countries, also in coordination with other major economies, is of comparable dimension and
momentum. Both have been welcome and necessary, and have been taken under the pressure of rapidly
evolving circumstances. The fact that the second set of actions has been taken eighteen months after the
first is a reminder that the period of significant financial instability that began in August 2007 is not yet
over. The scale and scope of these two episodes has also highlighted the fact that short-term policy
responses are not without long-term consequences. Above all, rising indebtedness and widespread moral
hazard will reduce room for policy action, if needed in future to cope with new emergencies. Dealing with
such consequences, while returning to strong, sustainable and balanced growth, will require coordinated,
decisive and sustained efforts at the international and country levels.
2.3 Stimmen aus Österreich Wirtschaftsbericht Österreich 2010
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Um die breite Sicht der aktuellen Wirtschaftssituation darzustellen, wurden erstmals auch Ökonomen um
einen Kurzbeitrag zur Wirtschaftlichen Lage gebeten. Dies waren einerseits (in alphabetischer Reihenfolge)
folgende Ökonomen, die in Forschungsinstituten tätig sind:
• Prof. Dr. Karl Aiginger (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung)
• Prof. Dr. Fritz Breuss (Wirtschaftsuniversität Wien, WIFO,
Leiter des FIW-Projekts – Forschungsschwerpunkt internationale Wirtschaft)
• Prof. Dr. Bernhard Felderer (Institut für Höhere Studien, Präsident des Staatsschuldenausschusses)
• Dr. Christian Helmenstein (Economica Institut für Wirtschaftsforschung und Industriellenvereinigung)
• Prof. Dr. Helmut Kramer (Universität Wien, ehem. WIFO und Donau-Universität Krems)
• Prof. Dr. Erich Streißler (Universität Wien)
Andererseits wurden die Chefökonomen der wichtigsten Banken um einen kurzen Beitrag gebeten:
• Mag. Peter Brezinschek (Raiffeisen Zentralbank)
• Mag. Stefan Bruckbauer (UniCredit Bank Austria AG)
• Dr. Thomas Karall (Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG)
• Dr. Peter Mooslechner (Oesterreichische Nationalbank)
• Mag. Stefan Rossmanith (BAWAG-PSK).
Im Folgenden werden die Meinungen dieser externen Experten abgebildet:
Karl Aiginger: »Zögerliche Erholung erfordert strategische Wirtschaftspolitik«
Die Weltwirtschaft beginnt, sich nach ihrer schweren Krise zu erholen. Allerdings ist die Entwicklung nach
Regionen, Ländern und Firmen sehr unterschiedlich. Ungleichgewichte, die vor der Krise bestanden haben,
sind nicht behoben, und durch die Krise kamen zusätzliche Probleme hinzu, die die Entwicklung nachhaltig
beeinflussen.
Europa ist von der Erholung noch nicht voll erfasst. Das Wachstum liegt 2010 bei knapp einem
Prozent, während die Weltwirtschaft zwischen 3% und 4% wächst. Das Wachstum Europas ist traditionell
etwas niedriger als in den USA und deutlich niedriger als das der Weltwirtschaft, der Abstand ist jedoch
diesmal besonders groß. Dafür dürfte sowohl die geringe Beachtung der Wachstumsstrategie (z.B. der
Lissabonstrategie) verantwortlich sein, zweitens auch das geringe Ausmaß der Konjunkturpakete, drittens
die ungenügende Konzentration auf rasch wachsende Märkte. Zuletzt bremsen auch die hohen und steigen-
den Ungleichgewichte innerhalb Europas. Der sinkende Eurowechselkurs ist in dieser Phase ein Vorteil.
Österreich konnte die Krise vergleichsweise gut bewältigen. Allerdings sind jetzt drei wirtschafts -
politische Probleme zu lösen. Die Arbeitslosenquote ist hoch und bewegt sich in Richtung 7% bis 8%.
Das strukturelle Budgetdefizit wurde vor der Krise nicht beseitigt und wächst ohne Konsolidierung gegen
5%, die Verschuldung in Richtung 75%. Die Zukunftsinvestitionen in den Bereichen Kinderbetreuung,
Bildung, Forschung, Pflege sind zu gering. Eine Wirtschaftspolitik, die gleichzeitig Beschäftigung schaffen
will, das Defizit reduzieren und die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen soll, muss strategisch
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konzipiert sein, damit mit geringem Aufwand alle Ziele positiv beeinflusst werden. Auf der erfreulichen
Seite der österreichischen Bilanz steht, dass alle drei Probleme große Herausforderungen sind, aber kleiner
sind als in anderen Ländern.
Fritz Breuss: »Ist Österreich zu tüchtig für die Euro-Partner?«
Seit Ausbruch der Griechenland-Krise wurden neben den Staatsschulden auch die wachsenden Ungleich-
gewichte in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit für die Euro-Krise verantwortlich gemacht. Während
erstere seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 explodieren, hat die Krise zum Abbau der
Ungleichgewichte beigetragen. Die Griechenland-Krise wurde durch bilaterale Hilfen der Euro-Länder und
des IMF entschärft und deren mögliche Ausbreitung auf die anderen Mittelmeerländer (Italien, Portugal
und Spanien) soll ein 750 Mrd. € großer Rettungsschirm verhindern.
Idealerweise müsste sich in der Euro-Zone durch die einheitliche Geld- und dezentrale, aber koordi-
nierter Fiskalpolitik (die Krise zeigte gerade am Beispiel Griechenland deren Schwächen auf) allmählich ein
»Europäischer Konjunkturzyklus« herausbilden. Die Zunahme des Intra-Eurozonen-Handels sollte auch
dazu beitragen. Zwar hat dieser insgesamt zugenommen, doch sehr ungleichmäßig. Während jene
Euroländer, die ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Partnern in der Euro-Zone verbessern konnten,
vom Euro stark profitierten und Handelsbilanzüberschüsse erzielten, konnten andere nicht mithalten. Dies
führte zu Ungleichgewichten in den Handels- und Leistungsbilanzen innerhalb der Euro-Zone. Ein krasser
»Ausreißer« ist Deutschland, das seine Wettbewerbsposition seit dem Start der Wirtschafts- und Währungs-
union stark ausbauen konnte. Die deutschen Lohnstückkosten relativ zum Rest von Euro-16 (ein Maßstab
für den realen Wechselkurs) sanken von 1999 bis 2008 um 16,5 Prozentpunkte (jene Österreichs um
6,4 Prozentpunkte), während in den sogenannten PIIGS-Ländern die Lohnstückkosten stark anstiegen
(Portugal +10,3%, Irland +20,4%, Italien +10,5%, Griechenland +8,4% und Spanien +14,5%). Im Krisen-
jahr 2009 hat sich die Kostendivergenz etwas verringert, was sich in einer Zunahme der relativen Lohn-
stückkosten gegenüber 2008 in Deutschland (+0,7%) und in Österreich (+1,2%) bzw. in einer Abnahme
in Griechenland (-1,4%), Irland (-6,9%) und Spanien (-3,8%), aber in einem weiteren Anstieg in Portugal
(+2,6%) und Italien (+0,3%) widerspiegelt.
In den Augen einiger Euro-Zone-Partner ist Deutschland viel zu »tüchtig« (Christine Lagarde, franzö-
sische Finanzministerin); dieser »Vorwurf« gilt für Österreich in abgeschwächter Form. Deutschland soll
den Export einschränken! Ganz gerechtfertigt ist dieser Vorwurf nicht, noch weniger gilt er für Österreich.
Deutschland erwirtschaftete 2009 im Handel mit vier von fünf PIIGS (mit Irland gab es ein Defizit) zwar
einen Überschuss von insgesamt 20,7 Mrd. €, das sind aber nur 15% des Handelsbilanzüberschusses mit
der Welt von 134,2 Mrd. €. Im Handel mit den 15 Partnern der Euro-Zone erzielte Deutschland einen Über-
schuss von 79,7 Mrd. € oder 59,4% insgesamt. Österreichs Handelsbilanz war 2009 insgesamt mit 8,7
Mrd. € im Minus. Mit den PIIGS gab es insgesamt einen leichten Überschuss von 1,5 Mrd. €. Im Gegensatz
zu Deutschland, war Österreich in der Euro-Zone aber mit einem Handelsbilanzdefizit von 8,7 Mrd. € wenig
erfolgreich. Österreich erwirtschaftete nur mit den neuen Mitgliedsstaaten in Osteuropa einen Überschuss
von 4 Mrd. €, der dazu beitrug, das Defizit mit der Euro-Zone und den alten EU-15-Mitgliedstaaten zu
kompensieren.
Bernhard Felderer: »Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Österreich«
Die österreichische Wirtschaft ist heuer wieder auf einen Wachstumskurs eingeschwenkt. Wie auch im
restlichen Europa fällt die wirtschaftliche Erholung bisher allerdings nur zögerlich aus. Im Vorjahr wurde
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die österreichische Wirtschaft von der internationalen Rezession voll erfasst. Diese führte zu deutlichen
Rückgängen in der Export- und Investitionsgüternachfrage. Unterstützt durch die staatlichen Stimulie-
rungspakte (insbesondere die Steuerreform), blieb die Konsumnachfrage hingegen relativ stabil. Nach den
starken Einbrüchen in der ersten Jahreshälfte 2009 hat die Konjunktur auch in Österreich deutlich an Fahrt
gewonnen. Seit dem ersten Quartal des laufenden Jahres wächst die österreichische Wirtschaft im Vor -
jahresvergleich wieder. Nach einem eher schwächeren ersten Quartal verstärkt sich aufgrund der relativ
kräftigen Erholung der Weltwirtschaft die Wachstumsdynamik im weiteren Jahresverlauf in Österreich,
wozu die verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der Abwertung des Euros beitragen sollte.
Die Weltwirtschaft hat sich von der tiefen Krise erholt, allerdings bestehen beträchtliche regionale Wachs-
tumsunterschiede. Besonders dynamisch entwickeln sich die Wirtschaften in den Schwellenländern (China,
Indien, Brasilien). Aber auch in den USA und Japan fällt die Konjunkturerholung kräftig aus. In Europa
hingegen bleibt das Wachstumstempo nur verhalten. Die hohen Staatsschulden in einigen Ländern des
Euroraums belasten die Finanzmärkte.
Hinsichtlich der Nachfragekomponenten entwickelt sich in Österreich der private Konsum weiterhin
stabil. Die Investitionsnachfrage wird heuer etwas anziehen, allerdings weiterhin schwach bleiben. Die
Außenwirtschaft profitiert von der internationalen Konjunkturerholung und Exporte, aber auch Importe,
werden deutlich zulegen.
Die Inflation zieht heuer etwas an. Aufgrund der rückläufigen Energie- und Rohstoffpreise sowie der
äußerst schwachen Konjunktur stiegen die Verbraucherpreise im Vorjahr nur um 0,5%. Primär wegen der
wieder deutlich höheren Energiepreise liegt die Inflationsrate seit März bei rund 2%, nachdem sie in den
Monaten zuvor um die 1-Prozent-Marke pendelte. Nachdem von der verhaltenen heimischen Konjunktur
keine preistreibenden Impulse ausgehen und der Überwälzungsspielraum für die Unternehmen gering ist,
bleibt der Preisdruck moderat.
Der Wirtschaftseinbruch hat deutliche Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Dabei haben die Maß-
nahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik (z. B. Kurzarbeit, Ausweitung der Schulungsmaßnahmen) den
Anstieg der Arbeitslosigkeit spürbar gebremst. Im Jahresverlauf verdichten sich die Anzeichen für eine
Entspannung am Arbeitsmarkt. Im Mai ist die Beschäftigungsnachfrage sehr kräftig ausgefallen (+26.000
Personen im Vorjahresvergleich) und die Zahl der Arbeitssuchenden (inklusive Schulungsteilnehmer und
-teilnehmerinnen) nimmt im Vorjahresvergleich nicht mehr zu.
Christian Helmenstein: »Exportgeleitete Konjunkturerholung in Österreich«
In diesen Tagen jährt sich der untere Wendepunkt eines Konjunkturzyklus’, welcher als Große Rezession
Eingang in die Annalen der Wirtschaftsgeschichte finden wird. Nach einem beispiellosen konjunkturellen
Fadenriss drehten die österreichischen Produktionszahlen im Juni des Vorjahres erstmals wieder ins Plus –
dank geld- und fiskalpolitischer Stabilisierungsmaßnahmen, eines sich verlangsamenden Lagerabbaus und
einer anziehenden Mengenkonjunktur im Welthandel. Von einem sich selbst tragenden Aufschwung ist die
europäische wie die österreichische Wirtschaft dennoch weit entfernt, wenngleich die Wirtschaftsleistung
in Österreich etwas geringer als im europäischen Vergleich schrumpfte. Um die Outputlücke zu schließen,
bräuchte es vor allem Anlageinvestitionen, die vorzunehmen angesichts nach wie vor unterdurchschnitt -
licher Kapazitätsauslastungen bis dato nur in wenigen Produktionsbereichen Anlass besteht.
In dieses Bild scheinen die Ergebnisse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu passen, welche
für das erste Quartal des Jahres 2010 ein reales Produktionsminus von 0,1% im Vergleich zum Vorquartal
ausweist. Dennoch besteht kein Anlass, diesen Befund als Menetekel eines bevorstehenden Double Dips,
also des erneuten Abgleitens in die Rezession, zu interpretieren. Die Produktionsleistung des Auftakt -
quartals wurde witterungsbedingt insbesondere in der Bauwirtschaft deutlich nach unten verzerrt, dem-
entsprechend ist im zweiten Quartal eine kräftige Aufholbewegung zu verzeichnen. Trotz vulkanbedingter
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Transportunterbrechungen um den Asche(r)mittwoch herum ist zu erwarten, dass das österreichische BIP
in einer Größenordnung von einem 0,75% zum Vorquartal expandiert – dies entspricht einer annualisierten
Wachstumsrate von rund 3%!
Darüber hinaus stärkt die Abwertung der europäischen Gemeinschaftswährung um rund 30 Eurocent
seit dem im Vorjahr markierten oberen Wendepunkt direkt und indirekt die österreichischen Exporte. Sofern
der Wechselkurs bis zum Ende des Jahres im Durchschnitt auf dem gegenwärtigen Niveau verharrt, löst
dies einen zusätzlichen Wachstumsimpuls in Höhe von 0,7% des österreichischen Bruttoinlandsprodukts
aus. Aufgrund der Wirkungsverzögerung von Wechselkursveränderungen wird davon lediglich eine Hälfte
noch im laufenden Jahr, die andere Hälfte erst im nächsten Jahr konjunkturell wirksam werden. Im Ergeb-
nis sollte die Erholung der Konjunktur in Österreich zumindest bis in das Jahresschlussquartal hinein
anhalten, sodass die Prognose eines BIP-Wachstums in Höhe von 1,5% im Gesamtjahr relativ zum Vorjahr
derzeit gut abgesichert erscheint.
Helmut Kramer: »Österreichs Wirtschaft vor neuen Aufgaben«
Die österreichische Wirtschaft hat den Rückschlag, den die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise mit
sich brachte, recht gut bewältigt. Die am stärksten betroffenen Exportindustrien liegen wieder im Aufwind.
Dabei müssen sie sich auch auf neuen, aussichtsreicheren Märkten durchsetzen.
Die Krise bleibt aber nicht ohne Folgen für die längerfristigen Entwicklungsaussichten: der Abbau der
hohen Defizite in praktisch allen europäischen Staatshaushalten, der Eigenkapitalbedarf und die anhaltende
Risikoscheu der Banken und vieler Anleger, das Versiegen des Kapitalzustroms nach Osteuropa werden die
Dynamik bremsen. Die Wirtschaft ist daran gegangen, sich auf die neue Situation einzustellen: neue
Wachstumsmärkte in großen Schwellenländern zu erschließen, Produkte und Dienstleistungen für Umwelt,
Klima, Energienutzung marktreif machen, neue Technologien entwickeln, die noch kaum überschaubare
Horizonte erschließen. Mittel- und Osteuropa wird auf Sicht nicht mehr der starke Wachstumsmotor für die
österreichische Wirtschaft sein, mit der Ausnahme mancher vor dem Take-off stehender Nischen, etwa auf
dem Balkan. Die östliche und südöstliche Nachbarschaft bleibt aber jedenfalls eine interessante Region, in
der sich lohnt, die strategische österreichische Marktstellung abzurunden und zu konsolidieren.
Sorgen kommen auf, wenn man daran denkt, dass die politischen Konzepte für Reformen, die für die
Zukunft Österreichs entscheidend sind, wenn überhaupt, nur kraftlos vorankommen, jedenfalls noch nicht
vorliegen, nicht ausdiskutiert sind. Dabei geht es um Schicksalsfragen: Reformen im öffentlichen Sektor,
ein effizienteres und gerechteres Steuersystem, ein Bildungswesen, das den Anforderungen des 21. Jahr-
hunderts entspricht, Pensions-, Pflege- und Gesundheitssysteme, deren Organisation und Finanzierung auf
lange Sicht tragfähig werden müssen. Es ist zu hoffen, dass die akute Krise überwunden ist und wieder
Kapazität für die Lösung dieser Aufgaben frei wird.
Erich Streißler: »Zukunftsinvestitionen!«
Gegenwärtig stehen wir in Österreich in der Zeit eines momentanen und kleinen wirtschaftlichen Auf-
schwunges, der aber nur eine Pause in einem langfristigen Fast-Stagnationsprozess darstellt. 1,6% statt
1,2% an Zuwachs des Sozialproduktes erreichen wir nur, weil der österreichische Export höher als erwartet
ausfällt. Nur im Export kann es langfristige Wachstumschancen geben, da weder die heimische Konsum-
nachfrage allein noch auch die heimische Investitionsnachfrage – nach der erheblichen Kapitalaufstockung
heimischer Unternehmen während des letzten Booms – viel an zusätzlichen Absatzchancen verspricht.
Die vorjährige Ankurbelung der traditionellen Autonachfrage war vergangenheitsorientiert und nur kurz -
fristig wirksam: bei der Bedrohung des Klimas durch den CO2-Ausstoß müssen neuartige Transportmittel
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und Transportformen gefunden werden! Auch die Erhöhung der staatlichen Pensionsleistungen um unge-
fähr eine Mrd. € pro Jahr stellt nur Vergangenheitsbewältigung dar und lenkt von dem heilsamen Zwang
ab, durch Umlernen sich neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Nur in der Erschließung neuer umweltfreundlicher Produktionsmöglichkeiten und in der Erarbeitung zu-
sätzlicher Nutzungen von Windkraft und der Solarenergie sowie in Prozessen der Verminderung des
Abfallanfalls, kurz gesagt in Umweltschonung und Minderung der Klimaerwärmung, lassen sich zukunftswei-
sende Investitionschancen finden. Ist ein Land in der Nutzung irgendeiner dieser zahlreichen Stoßrichtungen
voranschreitend, so erschließen sich auch neue Exportchancen, was österreichische Unternehmen vor etwa
15 bis 20 Jahren nutzen konnten, weniger hingegen heute. Durch Mittel sparende öffentliche Förderungen,
wie Steuerbegünstigungen, Kreditbürgerschaften und Preisvergaben bzw. Preisausschreiben lässt sich das
erforderliche Ausmaß österreichischer Umwelt- und Klimaschutzinvestitionen anregen und fördern.
Peter Brezinschek: »Konjunkturerholung unter Potenzialwachstum auf längere Zeit«
Weltweit zeigen viele Frühindikatoren nicht nur wirtschaftliche Expansion, sondern sogar Niveaus wie
für eine Hochkonjunktur an. Auch in Österreich signalisieren die Produktions- und Geschäftserwartungen
der Unternehmen im Frühjahr 2010 eine markante Stimmungsverbesserung. Bislang reflektierten die tat -
sächlichen Produktionsdaten davon nur wenig. Dem kräftigen BIP-Zuwachs in Q3 2009 (plus 0,7% p.q.)
folgten zwei enttäuschende Anschlussquartale mit plus 0,3% bzw. sogar minus 0,1%.
Getragen von Nachzieheffekten aufgrund des strengen Winters, steigenden Auftragseingängen und –
beständen und wieder zurückkehrender Exportdynamik kann somit in Q2 2010 mit einem Plus von 0,7%
p.q. und in Q3 2010 mit 0,5% p.q. ein relativ starkes Wachstum auftreten. Trotzdem ergibt sich 2010 ins-
gesamt bei gebremster Binnennachfrage ein vergleichsweise schwaches BIP-Wachstum von 1,2%.
Aufgrund vorübergehend nachlassender Wachstumsdynamik im Winterhalbjahr 2010/11 zeichnet sich
auch für 2011 mit lediglich 1,25% eine unterdurchschnittliche BIP-Entwicklung ab. Unternehmensinvesti-
tionen dürften aufgrund der anhaltenden Unsicherheit über den weiteren Konjunkturverlauf (Stichwort
Schuldenkrise) und niedriger Kapazitätsauslastung frühestens im Verlauf 2011 Wachstumsbeiträge liefern.
Für die längerfristige Wachstumsdynamik (Potenzialwachstum) werden die politischen Weichenstellungen
im Zusammenhang mit der notwendigen Budgetkonsolidierung entscheidend sein. Der Reformbedarf
(= strukturelles Defizit) von 3,8% des BIP (10,8 Mrd. €) pro Jahr wird jedenfalls spürbare und weit -
reichende Folgen haben. Eine energische, überwiegend ausgabenseitig getragene Budgetsanierung
ab 2011 würde zwar »Kratzspuren« im BIP des kommenden Jahres hinterlassen, die langfristigen positiven
Effekte für den privaten Sektor (Abbau des Angstsparens privater Haushalte, Aufgabe der Investitions-
zurückhaltung bei Unternehmen) wären aber zweifelsfrei stimulierend zu interpretieren.
Sollten jedoch nennenswerte Steuererhöhungen den Anteil des öffentlichen Sektors weiter stützen, dürfte
das Potenzialwachstum in den nächsten Jahren bei nur mehr 1,5% p.a. liegen.
Die CEE-Region wurde ebenfalls von der Rezession 2009 hart, aber unterschiedlich stark getroffen.
Die markante BIP-Schrumpfung von knapp 6% ist hauptsächlich auf die Produktionseinbrüche in Russland,
Ukraine, Rumänien und Ungarn zurückzuführen. Dagegen stachen Polen (plus 1,7%) und Albanien
(plus 4%) mit BIP-Wachstum hervor.
Im Gegensatz zu zahlreichen Ländern in Westeuropa hatten Regierungen in Osteuropa kaum oder
gar keinen Spielraum um Wirtschaftsstimulation über höhere Staatsausgaben zu generieren. Aufgrund
geringerer ausländischer Direktinvestitionen, schwacher Inlandsnachfrage, stagnierender Kreditentwicklung
und der angespannten Fiskalsituation ist in den kommenden Quartalen nur von einer langsamen Erholung
des Wirtschaftswachstums auszugehen. Eine Stabilisierung der Wirtschaft ist dennoch erkennbar, was sich
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sowohl in wieder ansteigender Industrieproduktion zeigt, wie auch in ersten Verbesserungen in den BIP-
Quartalsdaten. Die starke Abhängigkeit der CEE-Region von Ausfuhren nach Westeuropa macht sich dort
besonders positiv bemerkbar, wo der Exportanteil über 50% zum BIP beiträgt. Aber auch die höheren Roh-
stoff- und Energiepreise kommen vor allem GUS-Region zugute, weshalb Russland und Ukraine mit jeweils
rund 4% die besten Wachstumsaussichten für 2010 haben. Die Balkanländer Kroatien, Rumänien und
Bulgarien dürften wegen Strukturanpassungen auch 2010 noch BIP-Rückgänge hinnehmen müssen.
Insgesamt werden die BIP-Wachstumsraten in den kommenden Jahren unter denen der Jahre vor der
Krise bleiben und erst 2013 Potenzialwachstum erreichen können.
Stefan Bruckbauer: »Das Wachstum bleibt noch lange hinter seinen Möglichkeiten zurück!«
Österreichs Wirtschaft konnte bereits im zweiten Halbjahr 2009 wieder ein positives Wirtschaftswachstum
erreichen, wobei das zwar schwache, aber doch stabile Konsumwachstum, die öffentlichen Ausgaben und
vor allem die Exporte dazu beitrugen. Zu Beginn des Jahres 2010 schwächte sich jedoch die Erholung des
Exports ab und trotz Stabilisierung bei den Investitionen musste Österreichs Wirtschaft zu Jahresbeginn
eine Stagnation hinnehmen. Die Erholung der österreichischen Exporte schreitet zwar voran, bleibt aber
hinter der weltwirtschaftlichen Dynamik zurück.
Während Österreichs Exporte im Verlauf der Hochkonjunktur vor 2008 mit dem Welthandel mitwach-
sen konnten und im Verlauf der Krise sogar etwas weniger Rückgang hinnehmen mussten, bleibt die
Dynamik 2010 etwas zurück. Dies ist im Wesentlichen damit begründet, dass Österreichs Hauptexport-
partner derzeit nicht zu den wachstumsstärksten Regionen zählen.
Trotz dieser kurzfristig nur schwer veränderbaren Situation wird sich die Erholung im Jahresverlauf
2010 fortsetzen, dafür sorgen vor allem die sich weiter stabilisierenden Investitionen. Wir erwarten daher
insgesamt 2010 ein Wachstum von 1,3% für die österreichische Wirtschaft. Hinter dieser Entwicklung
steht jedoch eine Abschwächung der Dynamik im Verlauf des zweiten Halbjahres 2010. Zum einen laufen
die positiven Impulse vieler wirtschaftspolitischer Maßnahmen und des Lagerzyklus aus, sowohl national
als auch international. Zum anderen kommt ein selbsttragender Aufschwung angesichts weiterhin großer
Unsicherheiten nur sehr zögerlich voran. Die Palette an Unsicherheiten reicht dabei von der weiterhin
hohen Volatilität an den Finanzmärkten bis zur Bewältigung der Verschuldungsproblematik. Zusätzlich
liegt das Produktionsvolumen, sowohl in Österreich als auch international, weiterhin deutlich unter der
Kapazitätsgrenze, was sich dämpfend auf das Investitionsverhalten auswirkt.
Auch für 2011 dürfte sich an diesen Rahmenbedingungen nur wenig ändern, wir erwarten daher auch für
nächstes Jahr mit 1,4% ein deutlich unter dem Wachstumspotenzial liegendes Wirtschaftswachstum in
Österreich. Die relativ rasche Erholung am österreichischen Arbeitsmarkt in den letzten Monaten wird sich
in diesem Umfeld nur mehr deutlich langsamer fortsetzen, trotzdem erwarten wir für 2011 sinkende
Arbeitslosigkeit und leicht steigende Beschäftigung.
Von der monetären Seite der Wirtschaft ist aufgrund der langsamen Erholung auf absehbare Zeit
keine Belastung zu erwarten. Die Kerninflationsrate wird weiterhin im Bereich von 1% verbleiben, die ge-
samte Inflation im Bereich um 2%. Zusätzlich zur schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sollte
dies sicherstellen, dass die EZB bis zum zweiten Halbjahr 2011 ihre Leitzinsen auf dem derzeit niedrigen
Niveau belässt. Die kurzfristigen Zinsen dürften damit niedrig bleiben, auch wenn es im Verlauf der nächs -
ten Quartale zu einer Normalisierung kommen wird, d.h. die Geldmarktsätze wieder über den Leitzins von
1% steigen werden. Für den Euro erwarten wir keine wesentliche Veränderung gegenüber dem USD und
er sollte im Bereich von 1,20 bleiben. Damit liegt der Dollarwert des Euro in etwa bei dem Niveau, das
seiner Kaufkraft entspricht. Dies wird im Vergleich zu den letzten Jahren für den Export Europas und
damit auch Österreichs positive Impulse bringen.
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Die Risken für unsere Prognose sind aus heutiger Sicht eher nach unten als nach oben gerichtet.
So könnte die Entwicklung rund um die Verschuldung einiger Länder zu weiterer Verunsicherung führen,
auch könnte eine zu stark restriktive Fiskalpolitik, zumindest kurzfristig, negative Impulse setzen. Nicht
unerwähnt sollte auch bleiben, dass die, aus unserer Sicht ungerechtfertigte, Angst vor Inflation die bereits
durch ihr Verhalten in der Griechenlandkrise leicht in Diskussion gekommene EZB zwingt, die Zinsen
schneller zu erhöhen. Sie könnte dann, um ihrem Auftrag der Stabilisierung der langfristigen Inflationser-
wartung nachzukommen, kurzfristig auch einen erneuten Einbruch der Wirtschaft riskieren. Damit besteht
mittelfristig sogar die Gefahr einer deflationären Phase.
Thomas Karall: »Konjunktur Österreich: Aufschwung bitte warten«
Österreich verfügt über eine sehr ausgewogene Wirtschaftsstruktur. Selbst im Rezessionsjahr 2009 gab es
Wirtschaftsbereiche, die Zuwächse erzielen konnten. Als Fels in der Brandung erwiesen sich zum Beispiel
die Energie- und Wasserversorgung sowie der Dienstleistungssektor.
Eine moderate Erholung der österreichischen Wirtschaft über dem EU-Niveau gilt aktuell auch als
wahrscheinliches Szenario für heuer und das nächste Jahr. Die seit gut einem Jahr deutlich nach oben
gerichteten Frühindikatoren (z.B. die Vertrauensindikatoren der EU-Kommission für Österreich) liegen seit
kurzem sogar wieder über deren langjährigen Durchschnittswerten. Dass das BIP im ersten Quartal 2010
dennoch stagnierte, kann man aus heutiger Sicht noch nicht als Ende der seit Mitte 2009 beobachteten
moderaten Aufwärtsentwicklung sehen. Ein volatiler Konjunkturverlauf mit kleineren Rückschlägen wurde
von den meisten Ökonomen und Ökonominnen erwartet. Auf Jahressicht dürften die Sachgüterproduzenten
nach dem Rekord-tiefen Einbruch im Rezessionsjahr jedenfalls schon heuer wieder respektable Zuwächse
erzielen und bei den Finanzinstituten sollte der Tiefpunkt überwunden sein.
Nachfrageseitig könnte sich der Konsum weiter als Konjunkturstütze erweisen. Allerdings muss man
aufgrund der zu erwartenden niedrigeren Tariflohnabschlüsse von einem Rückgang der Sparquote privater
Haushalte ausgehen. Die leichte Erholung des Exports schlägt sich bislang noch nicht in einer Ausweitung
der Investitionstätigkeit im Unternehmenssektor nieder. Aufgrund der niedrigen Kapazitätsauslastung
denken die Unternehmen wohl noch nicht an mit hohem Risiko verbundene Erweiterungsinvestitionen
sondern eher an dringend notwendige Ersatzinvestitionen.
Das Kreditmonitoring im Unternehmenssektor weist dementsprechend mit Datenstand April 2010
auch noch ein leicht sinkendes Kreditvolumen aus. Immerhin ist die befürchtete Kreditklemme bis dato aus-
geblieben und die österreichischen Banken haben der Wirtschaft dringend benötigte Kredite zur Verfügung
stellen können bzw. die Leitzinssenkungen fast vollständig an den Unternehmenssektor weiter gegeben.
Für Optimismus ist es aber noch zu früh. Man kann die derzeitige Wirtschaftsentwicklung noch nicht als
selbsttragenden Konjunkturaufschwung bezeichnen.
Seit acht Jahren weist Österreich positive Leistungsbilanzsalden aus. Sie bestätigen die internationale Wett-
bewerbsfähigkeit des Landes. Diese Einschätzung sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der
österreichische Außenhandel mit Dienstleistungen von der Krise viel schwächer betroffen war, als der
Güterhandel. Positiv ist in diesem Zusammenhang jedenfalls, dass ein Großteil des Außenhandels in Euro
und daher ohne Währungsrisiko abgewickelt wird. Gemäß der österreichischen Tradition der Hart-
währungspolitik unterstützt Österreich als Kernmitglied der Eurozone auch heute einen stabilen Euro.
Der Preisauftrieb in Österreich wird gemäß den gängigen Prognosen wegen des Anstiegs der Energie-
kosten etwas zunehmen, aber unter der von der Europäischen Zentralbank angestrebten Marke von
»unter aber nahe 2%« bleiben.
Problemfelder in der österreichischen Volkswirtschaft sind die im weiteren Jahresverlauf eventuell
noch ansteigenden Insolvenzen, die höhere Arbeitslosenquote (derzeit im EU-Vergleich jedoch die zweit-
niedrigs te) und die krisenbedingt angestiegene Staatsverschuldung (ebenfalls deutlich unter dem Durch-
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schnitt des Euroraumes). Es ist auch noch nicht geklärt, wie die neuen internationalen Eigenkapitalvor-
schriften für Banken aussehen werden.
Die für Österreich wichtigen Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas sollten das Schlimmste hin-
ter sich haben und 2010 zum Wirtschaftswachstum zurückkehren. Die Region ist jedenfalls angesichts des
beachtlichen Aufholbedarfs langfristig weiterhin als »die Wachstumsregion« Europas zu sehen.
Laut Moody’s verfügt Österreich über eine sehr hohe Schuldenbedienungskraft. Die Analyse des aus-
gesprochen starken »Aaa«-Ratings für Österreich kreist neben vergleichsweise sehr soliden Makrodaten
der Gesamtwirtschaft vor allem um das als »sehr hoch« eingestufte Niveau der wirtschaftlichen, institutio-
nellen und finanziellen Stärke des Staates. Dies dürfte auch zu einer in der EU vergleichsweise hohen
Widerstandsfähigkeit gegenüber einem Ausfallsrisiko beitragen.
Peter Mooslechner: »Nur langsam und mit verhaltenem Wachstum aus der Krise ….«
Am 9. August 2007 stellte die EZB – in einer damals (noch) als »außergewöhnlich« bezeichneten Aktion –
kurzfristig zusätzliche Liquidität zur Verfügung, um den sichtbar gewordenen Anspannungen am Geld-
markt zu begegnen. Heute, 3 Jahre nach diesem sichtbaren Beginn der Krise als Finanzkrise, besteht die
gute Nachricht vor allem darin, dass es überhaupt wieder gute Nachrichten gibt.
Erst kurze Zeit liegt es zurück, dass sich die wichtigsten Wirtschaftsräume im freien Fall zu befinden
schienen, dessen Konsequenzen nicht abzusehen waren. Die Welt, Europa und Österreich durchlebten im
Jahr 2009 die schlimmste ökonomische Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in der jüngeren Wirt-
schaftsgeschichte nur vergleichbar mit der Weltwirtschaftskrise 1929ff.
Die gute Nachricht ist nun, dass seit der zweiten Jahreshälfte 2009 eine Stabilisierung der Situation
eingetreten ist, in manchen Teilen der Welt sogar eine relativ deutliche Konjunkturbelebung zu verzeichnen
war. So gehen die aktuellsten Prognosen davon aus, dass die Weltwirtschaft 2010 mit 4% deutlich stärker
wachsen wird als bisher angenommen und dass ein Wachstum dieser Größenordnung auch für die
kommenden Jahre erwartet werden kann.
Ist die Krise damit überstanden? Dafür ist einmal die Präzisierung erforderlich, welche Krise eigent-
lich gemeint ist. Von der ursprünglichen Finanzkrise über die Wirtschaftskrise bis zur Schuldenkrise tritt
die aktuelle Krise in vielen Masken auf. Diese sind nicht nur sequentiell in Erscheinung getreten, sie bestehen
auch parallel und sie beinhalten die Gefahr, sich gegenseitig zu verstärken. So hat die Finanzkrise in die
Wirtschaftskrise und die wirtschaftspolitische Reaktion auf die Wirtschaftskrise zur Schuldenkrise geführt;
heute stellen beide zusammen ein Risiko für eine weitere Verschärfung der Finanzkrise dar. Diese Spirale
zu durchbrechen ist das wichtigste Ziel der außergewöhnlichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die in
der Krise und gegen die Krise weltweit gesetzt wurden.
Mit der Belebung der internationalen Konjunktur wird auch die österreichische Wirtschaft 2010 wieder
ein Wachstum von rund 1,5% verzeichnen, das sich in den kommenden Jahren auf etwa 2% beschleunigen
wird. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass das in historischer Perspektive einen sehr niedrigen Wachs-
tumspfad darstellt, der überdies von einer ganzen Reihe von Risiken und Unsicherheiten bedroht
erscheint. Insgesamt hinkt die Europäische Wirtschaft dem Aufschwung der Weltwirtschaft hinterher –
eine Konstellation, die von Arbeitslosigkeit bis Fiskalkonsolidierung die Wirtschaftspolitik vor äußerst
schwierige Anforderungen stellt.
Ob damit nun die Krise vorbei ist oder nicht wird in erster Linie davon abhängen, inwieweit die Wirt-
schaftspolitik die derzeit gegebene Stabilisierung erfolgreich absichern kann und ob neue Schocks den
schwach ausgeprägten Aufschwung zusätzlich belasten. In jedem Fall zeichnet sich für die europäische
und für die österreichische Wirtschaft ein mittelfristig gedämpfter Wachstumspfad ab, der mit der Dynamik
früherer Konjunkturaufschwünge nicht vergleichbar sein wird.
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Stefan Rossmanith: »Euro-Abwertung: Konjunkturimpuls für Österreich«
Im Jahr 2008 geriet Österreich in den Sog der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise und erlebte
in der Folge die schlimmste Rezession der Nachkriegsjahre. Der plötzliche Einbruch des internationalen
Handels bewirkte eine kräftige Verringerung der Produktion im verarbeitenden Gewerbe, die durch den
zügigen Abbau der Läger noch verstärkt wurde. Demzufolge fiel die Kapazitätsauslastung auf einen
langjährigen Tiefstand. Die Investitionsgüternachfrage der Unternehmen brach ein, während der private
Konsum zwar nur mäßig, gleichzeitig aber kontinuierlich expandierte und so die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage stützte. Die umfangreichen Konjunkturstimulierungsmaßnahmen der Bundesregierung lieferten
ebenfalls wichtige Impulse.
Im Lauf der zweiten Jahreshälfte 2009 dürfte die heimische Wirtschaft die konjunkturelle Talsohle
durchschritten haben. Die Erholung wurde in erster Linie von der wieder erwachten Exportnachfrage an-
gestoßen; die Umkehr im Lagerhaltungszyklus der Unternehmen trug ebenfalls merklich zum Anstieg des
realen Bruttoinlandsproduktes bei. Im Vergleich zu früheren Aufschwungphasen verläuft der Erholungspfad,
auf dem sich die österreichische Wirtschaft zurzeit befindet, allerdings wesentlich flacher. Die private Nach-
frage wird sich vor dem Hintergrund einer mäßigen Einkommensentwicklung, hoher Arbeitslosigkeit und
der nach wie vor niedrigen Kapazitätsauslastung nur wenig beleben. Zudem laufen die expansiven Effekte
der Fiskalpolitik allmählich aus. Die bevorstehende Konsolidierung der öffentlichen Haushalte wird das
Wirtschaftswachstum spätestens ab dem nächsten Jahr bremsen.
Darüber hinaus ist die österreichische Wirtschaft zusammen mit den anderen Mitgliedsländern des
Euroraums dem Risiko eines erneuten Konjunktureinbruchs ausgesetzt, der aus der europäischen »Schul-
denkrise« erwächst. Die zunehmenden Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Griechenlands bewirkten insbe -
sondere im April und Mai dieses Jahres einen rapiden Anstieg der Renditen für griechische Staatsanleihen
und der Preise für Credit Default Swaps. Die Ansteckungsgefahr für andere mit erheblichen budgetären
Problemen belastete Länder ist hoch: Auch Portugal, Irland, Spanien und Italien waren und sind mit
steigenden Risikoprämien konfrontiert. Österreich ist davon zwar nicht direkt betroffen, eine neuerliche
Destabilisierung der Finanzmärkte hätte allerdings auch negative Folgen für die Realwirtschaft im Euro -
raum. In den kommenden Monaten wird es darauf ankommen, dass einerseits die bereits in Umsetzung
befindlichen Konsolidierungsmaßnahmen der öffentlichen Haushalte erkennbare Fortschritte zeigen und
andererseits die für 2011 und darüber hinaus geplanten Vorhaben als glaubwürdig und realistisch einge-
schätzt werden.
Die fortgesetzte Abwertung des Euros seit Jahresbeginn ist eine unmittelbare Begleiterscheinung des
Verlusts an Vertrauen in die Wirtschafts- und Finanzkraft des Euroraumes. In diesem Zusammenhang
wäre allerdings ein höheres Maß an Gelassenheit der Politik und der Medien wünschenswert: Zum einen
hatte der Euro gegenüber dem US-Dollar im Dezember 2009 bereits ein Niveau nahe seinem historischen
Höchstwert erreicht, zum anderen verbessert die Veränderung der Terms of Trade die preisliche Wettbe-
werbsfähigkeit der Exportunternehmen im Euroraum. Von diesem Konjunkturimpuls profitieren vor allem
jene Länder, die eine hohe außenwirtschaftliche Verflechtung aufweisen, darunter auch Österreich.
3. Wirtschaftspolitische Vorhaben Wirtschaftsbericht Österreich 2010
38
Im nun folgenden Abschnitt werden systematisch die wirtschaftspolitischen Schwerpunkte der Bundes-
regierung in den nächsten Jahren beschrieben und dabei jene Maßnahmen erörtert, bei denen in abseh-
barer Zeit konkrete Umsetzungsschritte gesetzt werden sollen. Die Maßnahmen werden gemäß ihrem
unterschiedlichen Vorbereitungsstand mehr oder weniger detailliert dargestellt.
Wirtschaftspolitische Schwerpunkte
zur Sicherung eines wettbewerbsfähigen
Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Österreich
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In Österreich erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise und
mit den gesetzten Maßnahmen konnte ihr erfolgreich entgegengewirkt werden. Ein Mix aus nachfrage- sowie
zusätzlich auch angebotsseitigen (Konjunktur-)Maßnahmen hat dafür gesorgt, dass die negativen Aus-
wirkungen auf Wachstum und Beschäftigung in Österreich geringer ausfielen als in anderen Ländern.
Der Fokus zukünftiger Maßnahmen soll primär auf wachstums- und beschäftigungsfördernde Fakto-
ren und nicht mehr auf konjunkturpolitische Initiativen gerichtet werden. Bei gleichzeitiger Gewährleistung
der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Stabilität sollen deshalb insbesondere jene Faktoren der
Volkswirtschaft weiter verbessert werden, die Wachstum und Beschäftigung steigern und langfristige
Prosperität schaffen. Die Bundesregierung wird deshalb den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg
bringen, Unternehmertum forcieren und Unternehmensförderungen fokussieren, den Wettbewerb und den
Binnenmarkt stärken, Forschung, Technologie und Innovation weiter forcieren, Unterstützung bei der
Erschließung neuer Märkte anbieten, Ressourcen und Abfälle nachhaltig nutzen sowie die Infrastruktur auf
die Zukunft ausrichten. Bei der Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt wird Öster-
reich auf EU-Ebene bzw. in anderen internationalen Foren ambitioniert und engagiert mitwirken. Während
der Krise wirkten die automatischen Stabilisatoren insbesondere am Arbeitsmarkt, unterstützt durch die
aktive Arbeitsmarktpolitik.
Wesentliche Impulse für die österreichische Wirtschaftspolitik kommen aus der EU, insbesondere
durch Richtlinienvorschläge, an denen Österreich natürlich intensiv mitwirkt. Daher werden auch diese im
Folgenden kurz dargestellt, auch dann, wenn die Umsetzungsschritte in Österreich noch nicht im Detail ge-
plant sind.
3. Wirtschaftspolitische Vorhaben Wirtschaftsbericht Österreich 2010
39
3.1 Den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg bringen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
40
Zielsetzungen der österreichischenBudgetpolitikDie Bundesregierung verfolgt eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, die auf konjunkturelle
Schwächen in geeigneter Weise reagiert und über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen bilanziert.
Sie achtet auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften im Sinne des inneröster-
reichischen Stabilitätspaktes. Sie betont als oberste Priorität Maßnahmen zur Überwindung der Krise, die
zu einer nachhaltigen Erholung führen und die eine Wiederholung einer solchen Krise verhindern. Auf
Wachstums- und Beschäftigungseffekte soll dabei ebenso Rücksicht genommen werden wie auf Auswir-
kungen auf die Verteilung. Die Bundesregierung hält daher weiter an der bewährten 3-Säulen-Strategie
der Finanz- und Wirtschaftspolitik fest:
• Ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus,
• Investitionen in den Bereichen F&E, Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung und Hochschulausbildung
für mehr Wachstum und Beschäftigung sowie die Sicherung des Sozialsystems als Standort- und Pro-
duktivfaktor,
• Strukturreformen im Bereich der öffentlichen Verwaltung.
Darüber hinaus wird – im Einklang mit den Empfehlungen des ECOFIN-Rates nach Art. 126(7) des Ver-
trags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (VAEU) bei einem Verfahren wegen eines übermäßi-
gen Defizits – die österreichische Bundesregierung alle notwendigen Maßnahmen treffen, um bis 2013 eine
Korrektur der Überschreitung des Referenzwertes für das öffentliche Defizit von 3% des BIP vorzunehmen
(siehe auch Abschnitt 4.12)
Die Bundesregierung tritt angesichts der Konjunkturschwäche 2009 für die Absicherung des Wirt-
schaftswachstums und der Arbeitsplätze ein. Die gute budgetäre Ausgangslage des Jahres 2008 erlaubte
groß-volumige Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete sowie eine Steuerreform, die eine Entlastung für alle
Lohn- und Einkommensteuerzahler sowie der Familien brachte. Dadurch sollte und soll die Kaufkraft und
die Nachfrage insbesondere in den Jahren 2009 und 2010 belebt und ein Beitrag zum Europäischen Plan
der Konjunkturbelebung (Europäischer Rat vom 12. Dezember 2008) geleistet werden. Ergänzt wurden
diese Maßnahmen durch die mit der Europäischen Union abgestimmte Strategie zur Stützung des von der
internationalen Finanzkrise beeinträchtigten heimischen Kapitalmarktes.
In mittelfristiger Perspektive stehen Standortsicherung und Vollbeschäftigung (insbesondere Vermei-
dung von Jugendarbeitslosigkeit) sowie Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt im Vordergrund.
Gleichzeitig soll die Qualität der öffentlichen Finanzen gestärkt werden. Hier erfolgt eine stärkere Betonung
der zukunftsorientierten Budgetaufgaben. Durch weitere Investitionen in Bildung, Wissenschaft, For-
schung und Innovation sollen die Grundlagen auch für den zukünftigen Wohlstand unseres Landes abgesi-
chert und der Jugend die besten Startchancen in das Berufsleben geboten werden.
Die Regierung bekennt sich zu gesunden und stabilen Staatsfinanzen als Grundlage für einen funkti-
onsfähigen Staat. Deshalb ist es auch das gemeinsame Ziel, über den Konjunkturzyklus einen ausgegli-
chenen Haushalt herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind, so wie in anderen EU-Mitgliedstaaten,
ambitionierte Konsolidierungsmaßnahmen ab 2011 notwendig.
3.1 Den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg bringen
3.1 Den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg bringen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
41
Vorhaben im Bereich BudgetkonsolidierungDer Konjunktureinbruch 2009 und die dadurch notwendigen Maßnahmen brachten eine drastische Ver-
schlechterung der budgetären Situation Österreichs mit sich. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausga-
ben der öffentlichen Haushalte hat sich stark geöffnet. Die Staatsverschuldungsquote ist infolge der Krise
so stark angestiegen wie nie zuvor, nämlich auf 70,2% im Jahr 2010. Ohne Gegenmaßnahmen würden die
Budgetabgänge in den nächsten Jahren weiter zunehmen und die Schulden mittelfristig auf eine gesamt-
wirtschaftlich unerwünschte Größenordnung ansteigen.
Die derzeitige Wirtschaftslage in Österreich erfordert eine konjunkturgerechte Budgetpolitik, die trotz
der erschwerten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates
nachhaltig sichert. Hauptaufgabe ist es dabei, am langjährig erfolgreichen Konzept einer stabilitäts- und
beschäftigungsorientierten Wirtschaftspolitik festzuhalten. Insbesondere gilt es im Rahmen der Budget-
konsolidierung Augenmerk auf Beschäftigungswirkungen und soziale Ausgewogenheit zu legen. Die Bundes-
regierung hat daher, unter Berücksichtigung der genannten Kriterien, die schrittweise Konsolidierung des
Staatshaushaltes zu einem zentralen Anliegen der kommenden Jahre gemacht.
Das Ziel der Bundesregierung ist es, die Budgetkonsolidierung nach folgenden Grundsätzen zu gestalten:
• Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit wird bis 2014 schrittweise von 4,7% im Jahr 2010 auf 2,3%
des BIP im Jahr 2014 gesenkt. Länder und Gemeinden sind eingeladen, ihre Konsolidierungsanstren-
gungen so auszurichten, dass die gesamtstaatlichen Ziele erreicht werden. Trotz sinkender Defizite
wird die gesamtstaatliche Verschuldungsquote zunächst weiter ansteigen, wenn auch mit einer ge-
ringeren Geschwindigkeit.
• 60% der Konsolidierung erfolgt über ausgabenseitige Einsparmaßnahmen, 40% über einnahmen-
seitige Maßnahmen.
• Die Höhe des Konsolidierungsbedarfs bedingt, dass alle Ausgabenbereiche und die einzelnen Unter-
gliederungen einen wesentlichen Beitrag leisten müssen.
• Gleichzeitig werden strukturelle Reformen angegangen, um mittel- und langfristig das Budget zu ent-
lasten und die Qualität der öffentlichen Verwaltung zu verbessern.
• Im Sinne einer umfassenden und ausgewogenen Budgetkonsolidierung sind alle Ausgabenpositionen
auf Einsparungsmöglichkeiten zu prüfen. Insbesondere bedarf es auch bei den gesetzlich vorgegebe-
nen Ausgabenblöcken einer systematischen Überprüfung ihrer Zweckmäßigkeit und Angemessenheit.
• Die Effizienz staatlicher Leistungserstellung soll auf allen Ebenen weiterhin erhöht werden. Die Pro-
duktivitätsfortschritte sind im öffentlichen Sektor zu nutzen, um eine kosteneffiziente Verwaltung
und hochwertige Dienstleistungen weiterhin sicherzustellen und auszubauen.
• Der Personalstand des Bundes wird weiter konsolidiert. Grundlage für die ressortspezifischen Personal-
einsparungen ist die halbe Pensionierungsquote unter Berücksichtigung spezieller Erfordernisse.
• Neben der Budgetkonsolidierung wird die Verbesserung der Qualität der Staatsausgaben als weiteres
Ziel der Budgetpolitik der Bundesregierung verfolgt. Das bedeutet, dass im Rahmen der Konsolidie-
rungsstrategie Bildung und Forschung bevorzugt werden. Ebenso werden die Ausgaben für die Innere
Sicherheit und für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen weniger zurückgenommen als andere Bereiche.
• Bei Festlegung der Einzelmaßnahmen ist besonders auf Wachstums- und Beschäftigungseffekte sowie
auf soziale Ausgewogenheit Rücksicht zu nehmen.
• Bei den einnahmenseitigen Maßnahmen soll auf die Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum,
Beschäftigung, Verteilung und den Wirtschaftsstandort geachtet werden.
• Mittelfristig, d.h. über einen Konjunkturzyklus, soll das strukturelle Defizit beseitigt und die Verschul-
dungsquote auf ein nachhaltiges Maß gesenkt werden.
3.1 Den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg bringen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
42
Für die Durchführung der mittelfristigen Budgetkonsolidierung ist eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen
notwendig, für deren Verwirklichung Gesetzesänderungen erforderlich sein werden. Die genaue Ausgestal-
tung der Maßnahmen wird im Rahmen der Erstellung des Bundesfinanzgesetz-Entwurfes für 2011 durch
die Bundesregierung beschlossen werden. Mit diesem Programm setzt die Bundesregierung in wirtschaft-
lich schwierigen Zeiten ein klares Signal der Verlässlichkeit und Berechenbarkeit und unterstreicht die
Nachhaltigkeit der österreichischen Budget- und Wirtschaftspolitik.
Gesamtwirtschaftliche Indikatoren zur BudgetentwicklungQuelle: Statistik Austria (bis 2009); BMF (ab 2010)
in % des BIP 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Staatsausgaben 48,9 51,8 52,1 51,6 51,0 50,5 50,1
Staatseinnahmen 48,4 48,3 47,4 47,6 47,7 47,8 47,8
Steuern und Abgaben 42,8 42,3 41,3 41,7 42,2 42,4 42,6
Öffentliches Defizit (Maastricht) -0,4 -3,4 -4,7 -4,0 -3,3 -2,7 -2,3
davon
Bundessektor -0,7 -2,7 -4,1 -3,4 -2,8 -2,1 -1,7
Verschuldungsquote (Maastricht) 62,6 66,5 70,2 72,6 73,8 74,3 74,2
3.2 Wettbewerb und Binnenmarkt stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2010
43
3.2 Wettbewerb und Binnenmarkt stärken
Wettbewerbspolitische RahmenbedingungenAuf dem Gebiet des materiellen Wettbewerbsrechts erfolgte bereits eine weitgehende europaweite Harmo-
nisierung. Die erfolgreiche Vollziehung des Wettbewerbsrechts und damit Aufdeckung von Wettbewerbs-
verstößen hängt von schlagkräftigen Institutionen ab. Das Regierungsprogramm sieht daher die Stärkung
der Bundeswettbewerbsbehörde durch eine Aufstockung der Ressourcen sowie eine Reform der Behörde-
norganisation vor, um optimale Synergien der Wettbewerbsbehörden zu erzielen. Dies soll insbesondere
auch unter Beobachtung des europäischen Umfelds sowie unter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien ge-
schehen. Die zu diesem Zweck ebenfalls vorgesehene Evaluierung soll die Ergebnisse der noch für dieses
Jahr zu erwartenden Studie des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen der Sozialpartner über die Zu-
kunft der Wettbewerbspolitik in Österreich berücksichtigen. Mit dieser Vorgangsweise soll ein möglichst
breiter Konsens über die zu setzenden Reformschritte sichergestellt werden.
Analyse der Preisbildungsfaktoren im Lebensmittelbereich
Die Analysen der Inflationsentwicklung insbesondere im Jahr 2008 haben gezeigt, dass der alleinige Ver-
gleich von Verbraucherpreisindizes der einzelnen Länder nicht aussagekräftig genug ist. Zu unterschiedlich
sind die Warenkörbe, die in den einzelnen Ländern in den Verbraucherpreisindex (VPI) eingehen und letzt-
lich auch bei den Produktgruppen im Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).
Dies wurde einerseits zum Anlass genommen, um die Methodik der Erstellung des VPI in den einzel-
nen Ländern noch tiefer gehender zu analysieren. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass es den »euro-
päischen Maßkonsumenten« nicht gibt, und dieser in einem vielfältigen Europa gar nicht gewünscht ist.
Die Warenkörbe werden daher aufgrund der unterschiedlichen Konsumgewohnheiten unterschiedlich sein
müssen, um den tatsächlichen Verbrauch widerzuspiegeln. Ein Vergleich der Methoden der Preiserhebung
zeigt, dass innovative Ansätze möglich sind. So soll auch in Österreich die Preiserhebung über die Auswer-
tung von Daten der Scanner Kassen geprüft werden.
Die Preisbildungsfaktoren im Lebensmittelhandel werden in einer Studie des IHS und der KMU For-
schung Austria angebotsseitig und nachfrageseitig analysiert. Insbesondere im Bereich Lebensmittel zeigt
sich, dass das statistisch erhobene Preisniveau wesentlich von der Agrarstruktur, der Qualität, insbeson-
dere Frisch- versus Haltbarprodukte und von den Konsumgewohnheiten der Verbraucher abhängt. Daher
sind Preisvergleiche von einzelnen Produktarten in den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht wirklich
verlässlich, da meist unterschiedliche Qualitäten aufgrund der unterschiedlichen Konsumgewohnheiten
verglichen werden (z.B. bei einem Liter Milch kann in einem Land Frischmilch mit 3,6% Fettgehalt vor-
liegen, in vielen anderen Mitgliedstaaten wird darunter aber nur Haltbarmilch verstanden, die aufgrund
des geringeren Energieaufwandes für Transport und Kühlung wesentlich billiger ist). Die detaillierten
Ergebnisse dieser Studie sollen im Herbst 2010 vorliegen.
3.2 Wettbewerb und Binnenmarkt stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2010
44
Fairer Wettbewerb und bessere Transparenz am Treibstoffmarkt
Am 1. Juli 2009 ist die Verordnung betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt
der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen in Kraft getreten. Diese Regel sieht vor, dass eine Er-
höhung der Treibstoffpreise nur noch einmal pro Tag möglich ist. Preissenkungen und damit verbundene
Preisauszeichnungen dürfen jederzeit vorgenommen werden. Diese Maßnahme dient der Sicherstellung
eines fairen und transparenten Wettbewerbs, der Wahrung des Ansehens der Mineralölbranche und dem
kaufmännischen Wohlverhalten. In der Folge wird dadurch der Preisvergleich erleichtert.
Wettbewerb erfordert Transparenz, welche weitgehend durch die Vorschriften im Bereich der Preisaus-
zeichnung sicher gestellt wird. Im Bereich der Treibstoffe waren aufgrund der Besonderheiten des Marktes
weitergehende Maßnahmen zur Sicherstellung der Transparenz erforderlich. Es handelt sich bei Treibstoff um
ein homogenes Produkt. Ein Einkauf auf Vorrat ist nicht möglich. Für einen transparenten und funktionieren-
den Markt bei Treibstoffpreisen muss eine zuverlässige Übersicht über die jeweils geltenden Preise während
des Zeitraums eines Tages vorliegen. Durch Preiserhöhungen für Treibstoffe bei Tankstellen nur einmal pro
Tag wird die entsprechende Transparenz sichergestellt. Preissenkungen und damit verbundene Preisaus-
zeichnungen dürfen jederzeit vorgenommen werden. Mit dieser Regelung sollte der Unsitte der Branche, die
Preise mehrmals täglich in verschiedene Richtungen zu ändern, Einhalt geboten werden.
Die Beschwerden einzelner Mineralölfirmen gegen diese Verordnung wurden vom Verfassungsgerichts-
hof am 11. März 2010 zurückgewiesen bzw. abgewiesen. Laut Verfassungsgerichtshof ist die Verordnung
tatsächlich dazu geeignet, die Preistransparenz auf dem Treibstoffmarkt zu erhöhen. »Einerseits bleibt es den
Betreibern von Tankstellen unbenommen, einmal pro Tag eine Preiserhöhung vorzunehmen, während weder
in Bezug auf die Anzahl von Preissenkungen noch in Bezug auf deren Zeitpunkt Vorgaben gemacht werden.
Andererseits sind erhöhte Transparenz und ein funktionierender Wettbewerb gerade auf einem Markt wie
dem Treibstoffmarkt mit einer sehr großen Anzahl an Marktteilnehmern mit unterschiedlicher finanzieller
Leistungsfähigkeit von besonderer Bedeutung«, so der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung. Vor
diesem Hintergrund sind diese konkreten Eingriffe in Grundrechte angemessen und daher auch zulässig.
Zur Verbesserung der Transparenz werden wöchentlich die Durchschnittspreise im Vergleich zu
anderen europäischen Ländern veröffentlicht (siehe http://www. bmwfj.gv.at – Quicklink: Treibstoffmoni-
tor). Lagen die Treibstoffpreise vor rund 10 Jahren noch etwa 40 Groschen bzw. 3 Cent über dem EU-
Durchschnitt, so ist Österreich inzwischen mit Preisen deutlich unter dem EU-Schnitt zu einem Land mit
Tanktourismus geworden. Die Entwicklungen am Treibstoffmarkt werden dennoch weiterhin beobachtet.
Auch die Bundeswettbewerbsbehörde unterwirft die Mineralölbranche besonderer Aufmerksamkeit (siehe
Abschnitt 4.2). Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz und besseren Vergleichbarkeit
werden geprüft.
EU-Beihilfenrecht
Zentraler Schwerpunkt der Diskussion um die Gestaltung des EU-Beihilferechtssystems in den nächsten
Jahren wird die Anpassung der Regeln an die mit Wirtschaftsabschwüngen verbundenen Herausforderun-
gen sein. Für den Zeitraum 2011 bis 2014 sind hier zahlreiche Novellierungen zu erwarten, insbesondere
bezüglich der Bestimmungen über Beihilfen für horizontale Zwecke und für Regionalbeihilfen. Die Bundes-
regierung wird – in enger Abstimmung mit anderen EU-Mitgliedstaaten – gegenüber der Europäischen
Kommission die österreichische Position vertreten und sich dafür einsetzen, dass auch in Zukunft ein aus-
reichender innerstaatlicher Gestaltungsspielraum für Beihilfemaßnahmen, insbesondere zugunsten von
Betriebsansiedelungen, KMU, Forschung und Entwicklung sowie Ausbildung und Beschäftigung, erhalten
bleibt. Bei den materiellen Regeln für wichtige innovative Finanzierungsinstrumente, wie Haftungsüber-
nahmen und Eigenkapitalzuführungen, wird eine weitere Flexibilisierung angestrebt werden. Im Hinblick
3.2 Wettbewerb und Binnenmarkt stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2010
45
auf das Erfordernis rascher unternehmerischer Entscheidungen in einem dynamischen wirtschaftlichen
Umfeld wird Österreich auf eine kontinuierliche Verbesserung und Vereinfachung der komplexen beihilferecht-
lichen Verfahren sowie auf eine größere Vorhersehbarkeit von Entscheidungen der Kommission drängen.
Ausbau und Vertiefung des EU-Binnenmarkts»Relaunch« des Binnenmarktes
Im Oktober 2009 beauftragte der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Durão Barroso,
den italienischen Ökonomen und ehemaligen Kommissar für Binnenmarkt und Wettbewerb, Mario Monti,
mit dem Verfassen eines Berichts zum «Relaunch« des europäischen Binnenmarktes. Die Europäische
Kommission wird auf diesen Bericht, der im Mai 2010 im Europäischen Parlament (IMCO-Ausschuss) und
Wettbewerbsfähigkeitsrat vorgestellt wurde, mit einer Mitteilung zur »neuen Strategie für den Binnen-
markt: Im Dienste der Wirtschaft und Gesellschaft in Europa« reagieren.
Der Titel des Dossiers deutet bereits die Richtung an: Es geht im Wesentlichen um eine Neuorientie-
rung des Binnenmarktes im Hinblick auf Wirtschaft und Gesellschaft. Monti sieht den Binnenmarkt als ab-
solute Grundkonstante für eine funktionierende Wirtschafts- und Währungsunion und – auch im Zusam-
menhang mit Griechenland – daher eine enge Verbindung zwischen den Problemen öffentlicher Finanzen
und einer nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Der Binnenmarkt hätte aber in letzter Zeit an Bedeutung
verloren. Monti identifiziert drei wesentliche Problemzonen, nämlich eine Erosion der Binnenmarkt-Unter-
stützung seitens der Politik und der Bürger, ökonomische Entwicklungen, deren Geschwindigkeit den poli-
tischen Integrationsprozess ersetzen und eine gewisse Selbstzufriedenheit, die einen bereits komplettier-
ten Binnenmarkt suggeriert. Der Bericht (mit seinen drei Hauptkapiteln Stärkung, Zustimmung und Durch-
setzung) enthält 72 Maßnahmenvorschläge. Es ist davon auszugehen, dass die Europäische Kommission
einen Großteil dieser Vorschläge zum Anlass nimmt, weitere Initiativen zu setzen und mit einer Mitteilung
im Herbst 2010 auf den Monti-Bericht reagieren wird.
Dienstleistungsrichtlinie
Die horizontalen Elemente der Dienstleistungsrichtlinie, insbesondere der Einheitliche Ansprechpartner,
die elektronischen Verfahren und die Verwaltungszusammenarbeit, werden in Österreich im «Dienst-
leistungsgesetz« umgesetzt, das im Verlaufe des Jahres 2010 in Kraft treten sollte. Seit Ende 2009 und bis
zum Inkrafttreten des Dienstleistungsgesetzes ist der Einheitliche Ansprechpartner de facto operativ. Er
nimmt Anträge entgegen und leitet sie ohne inhaltliche Bearbeitung an die zuständige Bundes- oder
Landesbehörde weiter. Zum Auffinden des Einheitlichen Ansprechpartners wurde das Bundesportal
http://www.eap.gv.at eingerichtet, das zu den einzelnen Länderportalen verlinkt. Sobald das Dienstlei-
stungsgesetz in Kraft tritt, wird die bisher freiwillige Tätigkeit des Einheitlichen Ansprechpartners auf eine
rechtliche Grundlage gestellt (siehe Abschnitt 4.2): Für formgerecht gestellte Anträge läuft dann etwa die
Entscheidungsfrist der Behörde ab der Einbringung beim Einheitlichen Ansprechpartner. Sofern die Materi-
engesetze diese Möglichkeit vorsehen, werden sich Antragsteller außerdem auf die Genehmigungsfiktion
berufen können.
Der vom Dienstleistungsgesetz vorgesehene Beirat wird es sich zur Aufgabe machen, die Umsetzung
der Dienstleistungsrichtlinie in Österreich und den anderen Mitgliedstaaten zu evaluieren und die Weiter-
entwicklung der Kompetenzen des Einheitlichen Ansprechpartners zu erörtern. Damit könnte die Umset-
zung der Dienstleistungsrichtlinie zu einem entscheidenden Trägerprojekt für eine Verwaltungsreform
werden, die wesentliche Erleichterungen für den gesamten Wirtschaftsstandort bringt.
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
46
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren
Nicht nur in, sondern gerade auch nach der Wirtschaftskrise werden viele Unternehmen ihre Unter-
nehmensstrategie und Kostensituation überdenken (müssen). Umso bedeutender sind deshalb mit dem
von der Bundesregierung beschlossenen Konsolidierungspfad vereinbarte staatliche Maßnahmen, die die
Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft stärken.
UnternehmensförderungenWesentlicher Eckpfeiler der Unternehmenspolitik, insbesondere auch zur Unterstützung der Klein- und Mit-
telbetriebe (KMU), ist die Förderpolitik, die auf Bundesebene im Wesentlichen die Aktivitäten der Austria
Wirtschaftsservice GmbH(aws) umfasst.
Die aws als Förderbank des Bundes hat ihre Aktivitäten auf die prioritären Ziele der unternehmens-
bezogenen Förderpolitik des Bundes auszurichten. Hierzu dient vor allem das Mehrjahresprogramm der
Gesellschaft, das die Schwerpunkte, Ziele und Aufgaben inklusive einer indikativen Finanztabelle für eine
Periode von drei Jahren festlegt und von den Eigentümern zu genehmigen ist.
Für die Periode 2011–2013 ist ein neues Programm in Ausarbeitung, das noch im Laufe des Jahres
mit dem Bund abzustimmen sein wird. Die folgende Darstellung spiegelt daher in erster Linie die Sicht der
Gesellschaft wider:
aws Mehrjahresprogramm 2011–2013:Den Umbau der Wirtschaft fördern!Die Mission der im Eigentum der Republik Österreich stehenden aws in der Periode von 2011–2013 ist, den
Umbau der Wirtschaft zu fördern. Ziel ist ein essentieller Beitrag zur Etablierung eines neuen, nachhaltigen
Wachstumsmodells im Kontext des sich wandelnden weltweiten Wirtschaftsgeschehens. Die Erhaltung und
der Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich sowie der
Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen und Wohlstand sind dabei die wichtigsten wirtschaftspolitischen
Ziele. Gleichzeitig beschränken die notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte
– nicht nur in Österreich – die Spielräume der Förderpolitik und zwingen zu einer verstärken Fokussierung
und Wirkungssteuerung. Darüber hinaus gilt es, wesentliche gesellschafts- und wirtschaftspolitische Leit-
ziele noch stärker als bisher zu berücksichtigen und bei der Vergabe von Förderungen zu berücksichtigen.
Um diese strategischen Ziele zu erreichen, werden alle aws Förderinstrumente in Hinblick auf ihre Wir-
kungsorientierung laufend überprüft. Wichtige Schritte zur Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit
sind die Vereinfachung des Förderungsportfolios sowie der Abwicklungsverfahren.
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
47
aws-Leitziele
Die aws-Leitziele bilden die Kriterien einer erfolgreichen Förderpolitik. Mittels dieser Kriterien ist eine effi-
ziente und zielgenaue Steuerung der öffentlichen Fördermittel möglich. Insbesondere in Zeiten knapper
werdender Mittel kann somit die bestmögliche Vergabe der Fördermittel gewährleistet werden. Übergeord-
nete Leitziele sind die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und die Erhöhung der Wertschöpfung.
Diese Leitziele werden ergänzt durch Augenmerk auf
• die Erhöhung der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit,
• die Förderung von Diversifikationsmaßnahmen,
• die spezifische Förderung von innovativen Dienstleistungen,
• die Impulsförderung von schnell wachsenden, erfolgsträchtigen Gazellenunternehmen,
• den Erhalt von bestehender unternehmerischer Substanz und
• die Steigerung der Gendergerechtigkeit.
Die Verankerung dieser Leitziele in den unterschiedlichen Förderinstrumenten erfolgt vor allem über
Förderkriterien.
aws-Kernprogramme
Auch in der Periode von 2011 bis 2013 wird die aws einen bedeutenden Teil ihrer Instrumente und Förder-
volumina in Kernprogrammen bündeln. Schwerpunkte dieser Programme sind:
• die Förderung von Unternehmensgründungen und jungen Unternehmen sowie Unternehmensnach-
folgen,
• die Förderung der Verwertung von Technologie und Innovation,
• die Förderung von unternehmerischem Wachstum unter Berücksichtigung des Regionalförderansatzes,
• die temporäre Förderung von Stabilisierungsbemühungen von durch die Krise besonders betroffenen
Unternehmen.
Zuschüsse
Kredite
Garantien (FK, EK)
Eigenkapital
Beratung
( ) = Einsatz abhängig von zusätzl. verfügbaren Mitteln
X = Instrument kommt nicht zum Einsatz
X* = Bedarfsdeckung erfolgt durch WKO (Gründungsberatung)
Veränderung der eingesetzten Ressourcen
Gründer/ Innovation & Wachstum & StabilisierungNachfolger & Technologie- RegionenJunge verwertungUnternehmen
Veränderungder verfügbarenRessourcen
,.
,
m
,
m . x
, m , (m)
m m , m
(m) (m) m x
x* , x (m)
m
Dimensionierung der Kernprogramme & InstrumenteQuelle: aws
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
48
Gerade im Gründungsbereich zeigt sich – zum Teil auch als aktive Reaktion auf die Wirtschaftskrise – eine
stabile Entwicklung, obwohl privates Investorenkapital derzeit rückläufig ist. In diesem Bereich besteht vor
allem die Herausforderung, die Nachhaltigkeit von Neugründungen sowie das Wachstumspotenzial der
entstehenden Unternehmen zu stärken und den Zugang zur Finanzierung sicher zu stellen. Eine Intensi-
vierung der Gründerinnenförderung ist im Sinne des Gendermainstreamings ebenfalls ein wichtiges Ziel
einer zukunftsorientierten Förderstrategie. Das Volumen in diesem Bereich ist leicht steigend. Im Bereich
Technologieverwertung und Innovationsförderung wird zukünftig noch mehr Augenmerk auf die Outputo-
rientierung der Förderungen gelegt. Handlungsfelder sind vor allem die Erhöhung und Beschleunigung des
Wissenstransfers, die systematische Erschließung, Absicherung und Verwertung geistigen Eigentums in
Public Research Organisations sowie die Forcierung von technologieorientierten Unternehmensgründungen
als künftige Wertschöpfungs- und Entwicklungsträger. Die Dimensionierung dieses Bereichs ist steigend.
Das Kernprogramm Wachstum und Regionen legt seinen Schwerpunkt auf Kleine und Mittlere Unterneh-
men und benachteiligte Regionen. Rund 99% der Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Österreich
sind gemessen an der Mitarbeiterzahl kleine oder mittlere Unternehmen, 90% der Unternehmen beschäf-
tigen weniger als 10 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. 22,5% der österreichischen Bevölkerung lebt in
Regionalfördergebieten. Allein diese Zahlen zeigen bereits die Bedeutung und Breite der Zielgruppen, an
die sich dieses Kernprogramm wendet. Die EU (wie auch Österreich) bekennt sich zur regionalen Kohäsion
und fördert wirtschaftliche Entwicklung in strukturschwachen Regionen sowie die Stabilisierung »alter
Industriegebiete«. Die Dimensionierung der Maßnahmen ist in diesem Bereich gleichbleibend.
Darüber hinaus ist es Ziel der Förderungspolitik, grundsätzlich gesunde Unternehmen, die auf Grund
der Wirtschaftskrise vor besonderen Herausforderungen stehen, in ihren Stabilisierungs- oder Restruktu-
rierungsbemühungen zu unterstützen. Basierend auf dem Motto »retten statt ruinieren« werden mit die-
sen Maßnahmen die wirtschaftliche Substanz sowie Arbeitsplätze in Österreich erhalten. Da es sich hier um
ein neues Kernprogramm handelt, ist die Dimensionierung im Vergleich zur Vorperiode steigend.
aws USP – Kombinationsmöglichkeiten der Instrumente
Zur Umsetzung der förderpolitischen Schwerpunkte und zur Erreichung der wirtschaftspolitischen Leitziele
wird die aws in der kommenden Periode die bewährten Instrumente der Wirtschaftsförderung einsetzen.
Diese Instrumente wirken in fünf verschiedenen Dimensionen für die Unternehmen:
1. Sie erleichtern den Zugang zu Finanzierungen.
2. Sie reduzieren das Risiko.
3. Sie verbessern die Struktur der Finanzierungen.
4. Sie senken die Finanzierungskosten.
5. Sie verbreitern die Informationsbasis.
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
49
Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal (USP) der aws sind die Kombinationsmöglichkeiten folgender fünf
Instrumente:
• ERP-Kredite zeichnen sich aufgrund der Laufzeitmodelle und der niedrigen Fixzinssätze durch eine
hohe Planungssicherheit für die Unternehmen aus. Die Rahmenbedingungen für ERP-Kredite werden
jeweils für ein Jahr von der Bundesregierung mit dem ERP-Jahresprogramm beschlossen und sind auf
die Zielsetzungen und Instrumente des aws-Mehrjahresprogramms abgestimmt. Die aws geht davon
aus, dass mindestens 500 Mio. € Kreditvolumen p.a. für die Unternehmen zur Verfügung stehen. Es
ist beabsichtigt, das Kleinkreditprogramm in den nächsten Jahren fortzusetzen.
• Durch die von der EU genehmigte Berechnungsmethode des Förderbarwerts von Haftungen der aws,
werden Haftungen zu »transparenten Beihilfen«, was einen breiteren Anwendungsspielraum eröffnet
und Finanzierungskosten für die Unternehmen weiter senkt. Mit öffentlichen Haftungen wird es den
Unternehmen ermöglicht, Projekte früher und größer durchzuführen. Dies ist insbesondere in wirt-
schaftlich schwierigen Zeiten ein großer Vorteil. Die aws plant, ca. 350 Mio. € p.a. in Form von Haf-
tungen an die Unternehmen zu vergeben.
• Zuschüsse entfalten ihre beste Wirkung selektiv für Innovationen, Umwelt, Nachhaltigkeit, Energie-
effizienz oder als Prämie für besondere arbeitsplatzschaffende und sichernde Investitionen. So wird
gezielt eine hohe Förderungsintensität erreicht, die eine substanzielle Beteiligung der öffentlichen
Hand an den relevanten Ausgaben bedeutet und auch mit einer entsprechenden Förderwirkung ver-
bunden ist. Aufgrund der angespannten Budgetsituation ist in diesem Bereich mit einem Gesamtvo-
lumen von ca. 80 Mio. € p.a. zu rechnen.
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Finanzierungsquelleneines Unternehmens
für Projektumsetzung
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Finanzierungsseitige Wirkungsdimensionen von UnternehmensförderungenQuelle: aws
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
50
• Eigenkapitalmittel stehen der aws über die Tochtergesellschaft aws-Mittelstandsfonds sowie über die
Venture Capital Initiative zur Verfügung. Der aws-Mittelstandsfonds investiert Eigenkapital oder eigen-
kapitalähnliche Mittel in Wachstumsprojekte mittelständischer Unternehmen zu marktkonformen
Konditionen. Er ist der größte österreichische Fonds für stille Unternehmensbeteiligungen, aber auch
Anbieter von Eigenkapital. Der Fonds hat eine Laufzeit bis 2025. Die Beteiligungsmittel selbst enthal-
ten kein Beihilfenelement. Unternehmen, die über den Mittelstandsfonds finanziert werden, können
projektbezogen zusätzlich aws-Förderungen bekommen. Die aws-Venture Capital Initiative beteiligt
sich hingegen direkt an Fonds. Insgesamt stehen der aws in diesem Bereich rund 100 Mio. € in den
Jahren 2011 bis 2013 zur Verfügung.
• Beratungsleistungen bietet die aws vor allem bezüglich strukturierter Finanzierungen bei großen
Investitionsvorhaben und im Kernprogramm Technologie und Innovation als eigene Produkte an.
Beratung ist aber auch ein Teil der Programmabwicklung bei Finanzierungsprodukten.
Zur besseren Steuerung des Projektrisikos – insbesondere bei ERP-Krediten und Haftungen – wurde ein
eigenes aws-Rating entwickelt. Dieses wird zukünftig sukzessive bei der Projektbeurteilung eingesetzt und
bei Bedarf auch an andere öffentliche Institutionen – Bundes- und Landesförderstellen – weiter verkauft.
aws-Fördervolumen: 1 Milliarde € für die Wirtschaft
Vor dem Hintergrund der geplanten Budget-Restriktionen bieten ERP-Kredite (budgetunabhängig) und
Haftungen (mit einer geringeren Budgetwirksamkeit) einen wichtigen Hebel zur Ankurbelungen der für
ein Wirtschaftswachstum und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit notwendigen Investitionstätigkeit
österreichischer Unternehmen. Insgesamt kann die aws 2011 bis 2013 knapp 1 Mrd. € p.a. (Haftungen,
Kredite, Zuschüsse und Beratungsleistungen) der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Um in den kommenden
Jahren der Wirtschaft die bestmögliche Unterstützung zukommen lassen zu können, ist eine permanente
Abstimmung der unterschiedlichen Fördergeber – EU, Bund & Länder – erforderlich. In Zusammenhang
mit den hier dargestellten Maßnahmen, wird somit ein solides Fundament für den nächsten wirtschaft-
lichen Aufschwung gelegt.
Einfachere UnternehmensgründungenDas aktuelle Regierungsprogramm sieht die Steigerung der Attraktivität der österreichischen GmbH im
nationalen und internationalen Wettbewerb der Rechtsformen vor, die auch Unternehmensgründungen po-
sitiv beeinflussen kann. Derzeit wird überlegt, den Betrag, den die Gesellschafter bei einer Bargründung
bereits bei der Gründung einzahlen müssen, von 17.500 € auf 10.000 € zu senken. Darüber hinaus sollen
die Kosten bestimmter einfacher Gründungen von Einpersonengesellschaften durch natürliche Personen
ganz erheblich reduziert werden. Durch diese beiden Maßnahmen würde der Zugang zur Rechtsform der
GmbH wesentlich erleichtert und verbilligt werden. Die Umsetzung der GmbH-Reform ist bis Ende 2010
geplant.
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
51
Verwaltungskosten für Unternehmen senkenAm 16. September 2009 wurde auf EU-Ebene die Änderung der Verschmelzungs- und der Spaltungs-
Richtlinie beschlossen. Diese sieht zur Verringerung der Kostenbelastung von Unternehmen den Entfall
von Berichts- und Dokumentationspflichten vor, die teilweise durch Veröffentlichung im Internet und durch
elektronische Übermittlung ersetzt werden können. In bestimmten Konstellationen wird auch auf eine Ge-
nehmigung der Verschmelzung oder Spaltung durch die Hauptversammlung verzichtet. Für die Umsetzung
dieser Richtlinie, die bis zum 30. Juni 2011 zu erfolgen hat, sind insbesondere das Aktiengesetz und das
Spaltungsgesetz zu ändern. Zur Vorbereitung eines entsprechenden Ministerialentwurfs wird eine Arbeits-
gruppe eingerichtet.
Sektorelle SchwerpunkteAutomobilindustrie
Als die Finanzkrise die Realwirtschaft erfasste, wurde die Industrie, insbesondere die Automobilindustrie,
besonders hart getroffen. Die österreichische Fahrzeugindustrie verzeichnete im Jahr 2009 signifikante
Rückgänge in vielen Bereichen, das Produktionsniveau war in etwa mit jenem des Jahres 2003 vergleich-
bar. Um die Industrie kurzfristig in Zeiten der Krise zu unterstützen, wurden verschiedene Maßnahmen im
Rahmen der Konjunkturpakete (Verschrottungsprämie, Kurzarbeit, staatliche Haftungs- und Garantierege-
lungen) ergriffen, darüber hinaus wurden für die Behandlung der spezifischen Probleme der Automobilin-
dustrie eine Task Force zu Finanzierungsmaßnahmen, eine Task Force zum Arbeitsmarkt und eine Task
Force zu Forschung & Entwicklung ins Leben gerufen. Letztere mündete in eine Forschungsoffensive für die
Autobranche. Auch auf europäischer Ebene wurde reagiert: Vor etwa einem Jahr hat die Kommission eine
Mitteilung als erste Antwort auf die Krise im Automobilsektor präsentiert, der Rat für Wettbewerbsfähigkeit
hat diese begrüßt. Die Mitgliedstaaten betonten die Notwendigkeit kurzfristiger Maßnahmen für die Bewäl-
tigung der Krise im Automobilsektor, die aber mit den langfristigen Zielen und den wesentlichen Prinzipien
der Europäischen Union im Einklang stehen müssen (Binnenmarkt, Wettbewerb, Handelspolitik).
Nach dem schweren Jahr 2009 geht es nun um die Entwicklung einer Zukunftsvision für die Automo-
bilindustrie und seine Zulieferer, es braucht ein starkes Signal für eine nachhaltige und stabile Zukunft der
Industrie. Daher hat auch die Europäische Kommission am 28. April 2010 ihre Strategie für saubere und
energieeffiziente Fahrzeuge vorgestellt. Der Ansatz ist zweigleisig: Einerseits soll die Effizienz herkömmli-
cher Motoren verbessert, andererseits die Vision einer Mobilität bei extrem niedrigen CO2–Emissionen für
die europäischen Verbraucher Wirklichkeit werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie soll
gesichert werden, ohne dass die langfristigen Ziele der Reduzierung von Treibhausgasen aus den Augen
verloren werden. Für die konkrete Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen soll auch das industriege-
triebene Beratungsgremium CARS 21 wieder eingesetzt werden. Derzeit führen die Mitgliedstaaten und
andere Länder weltweit bedeutende Maßnahmen zur Förderung der Massenproduktion und Marktakzep-
tanz von Ökofahrzeugen durch. Gleichzeitig nehmen die Pläne der Industrie, kraftstoffsparenden her-
kömmlichen Fahrzeugen zu einer marktbeherrschenden Stellung zu verhelfen und Elektrofahrzeuge 2011
auf breiter Front einzuführen, Fahrt auf.
3.3 Unternehmertum forcieren und Förderungen fokussieren Wirtschaftsbericht Österreich 2010
52
Tourismusförderungen und Tourismusstrategie des Bundes
Tourismusförderungen
Die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft muss laufend Anstrengungen unternehmen, um ihre
gute Position im europäischen und internationalen Wettbewerb zu behaupten. Die Wirtschaft wird dabei
nach folgenden Zielsetzungen unterstützt:
• Sicherung der Zukunftsfähigkeit des touristischen Angebotes
• Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der touristischen Dienstleistungskette
• Erhalt und Schaffung von Beschäftigung im touristischen Umfeld
Ein beträchtlicher Teil der Förderungsmittel wird für die betriebliche Tourismusförderung des Bundes zur
Verfügung gestellt, die von der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT) ab-
gewickelt wird. Wichtigste Maßnahmen sind die Investitionsförderung, die Jungunternehmerförderung und
die Übernahme von Haftungen. Für die Jahre 2009 und 2010 wurden zudem verstärkte Maßnahmen für
den Tourismusstandort Österreich gesetzt, um den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Tourismus
zu begegnen.
Auch vom ERP-Fonds werden für die Tourismuswirtschaft Kreditmittel bereitgestellt, die über die ÖHT
als Treuhänderin des ERP-Fonds vergeben werden. Überdies vergibt das Bundesministerium für Wirt-
schaft, Familie und Jugend direkt Förderungsmittel für touristische Projekte – hauptsächlich in Verbindung
mit EU-Kofinanzierungen.
Die Tourismusförderungen müssen laufend evaluiert und angepasst werden, um auf die sich dyna-
misch ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angemessen reagieren zu
können. Förderungen waren daher auch ein zentrales Thema bei der Erarbeitung der Tourismusstrategie
«Neue Wege im Tourismus«.
Tourismusstrategie
Am 26. Februar 2010 hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die neue österreichische
Tourismusstrategie präsentiert. Kernpunkt der Strategie ist die Etablierung der drei starken Alleinstel-
lungsmerkmale (USP's): Alpen – Donau & Seen – Städte & Kultur.
Weiters wurden fünf Bereiche definiert, in denen engagiert gearbeitet werden muss, um die Wettbe-
werbsfähigkeit des Tourismusstandortes Österreich für die Zukunft abzusichern und auszubauen:
• Marketing: Kräfte bündeln
• Förderungen: Themen forcieren
• Innovationen: Ideen zum Durchbruch verhelfen
• Infrastruktur: Grenzen abbauen
• Rahmenbedingungen: Wettbewerbsfähigkeit erhöhen
Erfolgsentscheidend bei der Umsetzung der Tourismusstrategie ist die engere Zusammenarbeit von Bund
und Ländern. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Tourismusförderungen. Daher wird derzeit ge-
meinsam mit den Bundesländern über die Neuausrichtung der Tourismusförderungen ab 2011 verhandelt.
Gemeinsames Ziel sind verstärkte themenspezifische Förderungen und klare Schnittstellen im Förderungs-
bereich.
Weiterführende Informationen enthält der jährliche «Bericht über die Lage der Tourismus und Freizeitwirt-
schaft in Österreich« des BMWFJ. http://www.bmwfj.gv.at/Tourismus.
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3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
53
3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen
Strategie der Bundesregierung für Forschung, Technologie und Innovation Die österreichische Bundesregierung hat im August 2009 einen Prozess zur Erarbeitung einer Strategie für
Forschung, Technologie und Innovation (FTI-Strategie des Bundes) eingeleitet. Als inhaltliche Grundlage
dienen die Ergebnisse des österreichischen Forschungsdialoges, die Systemevaluierung des Forschungs-
förderungssystems und die vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung vorgelegten strategischen
FTI-Empfehlungen mit einem Zeithorizont bis 2020. In diesen Dokumenten finden sich sowohl eine pro-
funde Analyse des österreichischen FTI-Systems als auch eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen für eine
zukunftsfähige und tragfähige FTI-Politik. Darauf aufbauend sollen nunmehr die strategischen Weichen-
stellungen vorgenommen werden. Die FTI-Strategie des Bundes wird in verschiedenen Arbeitsgruppen
von Vertretern der relevanten Ressorts unter Einbindung wesentlicher Stakeholder erarbeitet und soll im
Sommer 2010 vorgestellt werden. Die Analysen in den Arbeitsgruppen haben die aktuellen und künftigen
globalen Entwicklungen der gegenwärtigen Situation Österreichs gegenübergestellt und darauf aufbauend
Herausforderungen und Handlungsnotwendigkeiten abgeleitet.
Das österreichische FTI-System war in den letzten beiden Jahrzehnten von einer Steigerung der F&E-
Intensität in den meisten Bereichen der Wirtschaft und Wissenschaft gekennzeichnet. So erhöhte sich
etwa zwischen 1999 und 2009 die Forschungsquote von 1,9% auf 2,73% und die Vollbeschäftigungs-
äquivalente der Forschung & Entwicklung von ca. 31.300 auf ca. 57.500. 2010 wird die F&E-Quote 2,76%
betragen (siehe auch Abschnitt 4.4).
EU Innovation Scoreboard 2009Quelle: European Innovation Scoreboard 2009, SII scores.
3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
54
Gemessen am Input – d.h. den eingesetzten Mitteln – liegt Österreich im Ranking des European
Innovation Scoreboard, der Indikatoren für die Innovations-Performance kompiliert, bereits am 3. Platz.
Gemessen am Output befindet sich Österreich auf dem sechsten Rang und liegt damit an der Spitze der
»Innovation Follower«.
Österreich zählt damit heute zu den Ländern in der EU, die sich am dynamischsten entwickeln und
eine realistische Chance haben, sich in der Gruppe der führenden Innovationsnationen zu etablieren. An-
erkannten Stärken wie der geographischen Lage im Zentrum Europas, dem innovationsfreundlichen Pa-
tent- und Steuersystem sowie der erfolgreichen Aufnahme und Weiterentwicklung internationaler Techno-
logien stehen folgende Herausforderungen für das österreichische FTI-System gegenüber:
• Humanressourcen: Die Übersetzung vom Bildungs- ins FTI-System gelingt in Österreich nur unzurei-
chend. Verfügbare Potenziale an Humanressourcen werden zu wenig ausgeschöpft. Vor allem ein
mangelndes Interesse an technischen und naturwissenschaftlichen Fächern, eine geringe Frauen-
partizipation in der Forschung, Mängel bei der Integration von Migranten und Migrantinnen ins
Bildungs- und Innovationssystem, ein starker Brain-Drain ins Ausland und eine verhältnismäßig
geringe Offenheit der Gesellschaft gegenüber Wissenschaft und Technologie stellen Hemmnisse dar.
• Grundlagenforschung: Grundlagenforschung bildet die wesentliche Basis für radikale Innovationen
und stellt eines der Fundamente des Innovationssystems dar. Als Kernbereich staatlicher Verantwor-
tung im FTI-Bereich ist Grundlagenforschung daher unverzichtbarer Bestandteil. Vor allem Frontier
Research benötigt hochwertige Infrastrukturanlagen, deren Beschaffungsprozess teuer ist und er-
höhter Koordination bedarf.
• Strukturwandel: Angesichts der ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderun-
gen findet der Strukturwandel in Richtung forschungs-, innovations- und ausbildungsintensive Bran-
chen nicht in der notwendigen Dynamik statt. Der Staat kann im Rahmen seiner Nachfragefunktion
durch eine innovationsfördernde Beschaffung sogenannte »Lead Markets« schaffen und damit zum
Strukturwandel beitragen.
• Wettbewerb: Den Rahmenbedingungen für Innovation (wie z.B. Wettbewerb, Finanzierung, etc.) wird
von der OECD eine ähnlich hohe Wirkung auf die Steigerung der F&E-Ausgaben zugeschrieben wie
spezifischen Instrumenten, etwa der direkten Forschungsförderung. In Österreich sind jedoch die
Wettbewerbsbedingungen für die Förderung von Innovationen in manchen Bereichen wie z.B. beim
Markteintritt neuer Anbieter unzureichend.
• Risikokapitalmarkt: Aufgrund seiner historisch bedingten, stark banklastigen Unternehmensfinanzie-
rungsstruktur weist Österreich eine Unterentwicklung im Bereich Venture Capital (und bis zu
einem gewissen Grad auch im Bereich Private Equity) auf. Dies erschwert vor allem risikoreiche und
wachstumsorientierte Frühphasenfinanzierungen für junge, innovative und wissensbasierte Unter-
nehmen (sog. »Gazellen«).
• Governance: Im Sinne einer neuorientierten, umsichtigen und ausgewogenen Ausrichtung sollen die
Governancestrukturen des österreichischen FTI-Systems in jenen Punkten verbessert, gestrafft und
bereinigt werden, wo dies zum tatsächlichen Nutzen des österreichischen Wirtschafts- und Wissen-
schaftsstandortes dient. Die Steuerung und das Zusammenspiel der Institutionen, die für die Imple-
mentierung und Abwicklung öffentlicher Interventionen im FTI-System Verantwortung tragen,
können noch effizienter gestaltet werden.
Die FTI-Strategie der Bundesregierung wird schwerpunktmäßig strukturelle, nachhaltige Maßnahmen zur
Weiterentwicklung in den Bereichen Humanressourcen, Grundlagenforschung, angewandte Forschung und
Innovation, Wettbewerb, Governance und Strukturwandel enthalten. Damit leistet die FTI-Strategie einen
wesentlichen Beitrag, um die österreichische Position im internationalen Wettbewerb zu festigen und trag-
fähige Strukturen zu schaffen.
3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
55
Österreich soll entsprechend der Vision der FTI-Strategie im Jahr 2020 ein Top-Standort für Forschung,
Technologie und Innovation sein, der exzellenten Wissenschafter und Wissenschafterinnen beste Arbeits-
und Karrierechancen bietet und Forschungseinrichtungen und hochinnovative Unternehmen aus der
ganzen Welt anzieht. Im Jahre 2020 sollen
• Humanpotenziale und Qualifikationen bestmöglich entwickelt und genutzt werden,
• exzellente Rahmenbedingungen für Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen die Basis des Innovationssystems bilden,
• optimale Bedingungen für innovative Unternehmen vorherrschen, damit diese einen maximalen
Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätzen leisten können.
Mit der Umsetzung der FTI-Strategie soll in Folge der Entwicklungsschritt von einer aufholenden Position
zu einer Position unter den europäischen Spitzenländern bewältigt werden. Dies wird letztlich einen
bedeutsamen Beitrag zur nachhaltigen Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirt-
schaft als auch zur Bewältigung der Grand Challenges darstellen.
Nachfrageseitige Innovationspolitik – innovationsfördernde öffentliche Beschaffung Sowohl auf EU-Ebene als auch in den meisten Mitgliedstaaten werden nachfrageseitige Instrumente, ins-
besondere öffentliche Beschaffung, als immer wichtiger werdende Ansatzpunkte der Innovationspolitik ge-
sehen und eingesetzt. Deren Potenzial zur Stimulierung von Innovation und Forschung und Entwicklung
(F&E) ist nämlich bislang noch zu wenig oder nur in Teilbereichen genutzt. Sowohl auf EU-Ebene als auch
in Österreich hat man sich dieses Themas angenommen und bereits wichtige Akzente gesetzt, wie etwa im
Bereich der ökologischen und nachhaltigen Beschaffung, im Bereich der Infrastruktur und auch in Form
des praxisorientierten Leitfadens »procure_inno«, der konkrete Handhabe gibt, wie die Bestimmungen des
Vergaberechts für Innovation eingesetzt und genutzt werden können. Die Forcierung der nachfrageseiti-
gen Innovationspolitik ist auch ein wichtiges Element in der FTI-Strategie 2020 der Bundesregierung.
Öffentliche Beschaffung stellt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar: Im EU-Durchschnitt wird deren
Volumen auf rund 16% des EU-BIP geschätzt, was auf Österreich übertragen etwa 50 Mrd. € bedeuten
würde. Das Kalkül ist, dass bereits durch die Mobilisierung eines kleinen Teils der Beschaffungsvolumina
signifikante Innovations- und F&E-Effekte erzielt werden können, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise
(und danach) und der damit verbundenen Budgetrestriktionen. Die innovationsfördernde Beschaffung
könnte in Abstimmung mit den «traditionellen« Förderinstrumentarien einen Beitrag leisten, Innovation
und Wettbewerbsfähigkeit zu stimulieren.
Dabei sind folgende Grundprinzipien zu berücksichtigen:
• Es muss durch die innovationsfördernde Beschaffung ein eindeutiger Nutzen für die Beschaffer gege-
ben sein, im Sinne von Energieersparnis, Nachhaltigkeit, Qualität der Dienstleistung etc.
• Es ist notwendig, dass die relevanten Akteure (frühzeitig) eingebunden werden (z.B. Dialoge, Netz-
werke, Plattformen mit Anbieter, Beschaffer, Nutzer etc., um somit bestehende und künftige Stände
der Technik, Entwicklungspfade, Marktbedürfnisse, Marktpotenziale besser erfassen zu können).
• Es sind auch die Voraussetzungen für ein Risk-Benefit-Sharing zu schaffen.
• Durch Bündelung der Nachfrage und damit verbunden die Reduktion der Kosten kann die öffentliche
Hand die Markteinführung von innovativen Produkten und Dienstleistungen erleichtern und zum Auf-
bau von Referenz- oder sogar Leitmärkten beitragen (Überwindung der Marktfragmentierung).
3.4 Forschung, Technologie und Innovation weiter ausbauen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
56
• Dazu ist – über die öffentliche Beschaffung hinausgehend – eine Abstimmung und Koordination
relevanter Politikbereiche erforderlich bzw. zweckmäßig, vor allem FTI-Politik, Normung, Regulier-
ungen etc.
• Auf die Kostenauswirkungen der öffentlichen Haushalte ist Bedacht zu nehmen.
Innovationsfördernde öffentliche Beschaffung ist ein Schwerpunkt der österreichischen Innovationspolitik.
Deshalb wurde dazu eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe initiiert, die es sich zur Aufgabe gemacht
hat, ein entsprechendes Aktionsprogramm zu entwickeln und umzusetzen.
Im Konkreten sollen in einer ersten Phase folgende Punkte behandelt werden:
• Quantitative und qualitative Abschätzung des in Frage kommenden Volumens, welches durch staat-
liche Instanzen direkt so wie durch ausgegliederte öffentliche Rechtsträger zur Disposition steht.
EU-Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 10% der öffentlichen Beschaffung innovationswirksam
sein können. Dies würde für Österreich bis zu 5 Mrd. € betragen (zum Vergleich die gesamten F&E-
Ausgaben 2009: 7,7 Mrd. €),
• Erfassung von bereits etablierten Ansätzen und Modellen (und den gemachten Erfahrungen) sowie
Identifizierung von Good Practices,
• Machbarkeit, Erfolgsfaktoren und Hindernisse für nachfrageseitige Innovationspolitikansätze und
auch Prüfung der Vorziehmöglichkeiten von Beschaffungen (als konjunkturpolitische Komponente),
• Vorschläge für Gestaltung des Dialogs mit Anbietern und Kunden,
• Überlegungen hinsichtlich allfälliger institutioneller Maßnahmen (inkl. Monitoring),
• Ausloten des Potentials von und Klärung der Beteiligung von KMU,
• Ausbau der Andockmöglichkeiten an internationale Aktivitäten (wie EU Lead Market Initiative).
Bei Aktivitäten der öffentlichen Beschaffung soll auf das Know-how der Beschaffungsagentur des Bundes
als zentrale Beschaffungsstelle zurückgegriffen werden.
3.5 Neue Märkte erschließen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
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3.5 Neue Märkte erschließen
Der Außenhandel sollte gerade für Österreich, als exportorientiertes Land, als Teil der Exit-Strategie aus
der Wirtschaftskrise gesehen werden. Die Schwarzmeerregion (Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien,
Aserbaidschan, die Region Krasnodar (RF) und die Türkei) soll hier eine Schlüsselrolle spielen, weil das
Export-Potenzial gerade in diese Region groß ist: Die Waren-Exporte Österreichs in die Schwarzmeer-
region beliefen sich 2009 – auf Basis der vorläufigen Zahlen – auf rund 1,6 Mrd. €, das sind nur 1,7% der
Gesamtexporte. Es lohnt sich insbesondere deshalb, in diesen Ländern anzusetzen, da sie zu den schnell
wachsenden Märkten gehören. Eine mittelfristige Verdoppelung des Anteils an den Gesamtexporten
scheint hier daher ein realistisches Ziel.
Für Österreich als stark exportabhängiges Land ist der freie, ungehinderte Zugang zu den Weltmärkten
von großer Bedeutung. In unserer international vernetzten Wirtschaft nimmt daher die multilaterale Han-
delspolitik einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Die rezenteste Entwicklung im Verhandlungsprozess
im Rahmen der Doha Development Agenda (DDA) war das Stocktaking in der Woche vom 26. März
2010 in Genf, im Zuge dessen vor allem ein Katalog über die bestehenden Probleme bzw. Lücken erstellt
wurde. Es wurde aber weder ein neuer Prozess initiiert, noch wurden wesentliche inhaltliche Fortschritte
erzielt. Vielmehr soll der bisherige Weg fortgesetzt werden. Ein WTO-Ministertreffen ist grundsätzlich
weiterhin denkbar, dennoch sollen zuerst die bevorstehenden Treffen auf Ministerebene (CAIRNS, OECD,
APEC) genutzt werden, um neue Impulse für die Runde zu bringen. Ein neuer Zeitplan könnte sich ins-
besondere nach den US mid-term elections im Herbst ergeben. Ein Abschluss der DDA in diesem Jahr ist
somit weiterhin theoretisch möglich, auch wenn die Fortschritte seit dem Jahr 2008 als eher bescheiden zu
bewerten sind.
Maßnahmen
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
58
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen
Um die Ressourcen nachhaltig nutzen zu können, sind vielschichtige Ansätze notwendig. Ein wichtiger
Beitrag zur Ressourcenschonung kann durch eine nachhaltige Abfallbewirtschaftung geleistet werden. Es
müssen effiziente Klimaschutzmaßnahmen entwickelt werden und erneuerbare Energien noch mehr
genützt werden. Zentrales Element für die Verfolgung des Ziels einer ökologischen Nachhaltigkeit ist auch
die Forcierung entsprechender Forschungsansätze.
Erstellung der Energiestrategie Österreich ist gemäß dem im Dezember 2008 verabschiedeten Energie- und Klimapaket der Europäischen
Union dazu verpflichtet, den Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020
auf 34% zu erhöhen und gleichzeitig seine Treibhausgasemissionen in Sektoren, die nicht dem Emissions-
handel (Nicht-ETS) unterliegen, bis 2020 um mindestens 16%, bezogen auf die Emissionen des Jahres
2005, zu reduzieren. Weiters soll die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zum Referenz-
Szenario erhöht werden.
Im April 2009 haben der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie der Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Auftrag der österreichischen Bundesregie-
rung einen partizipativen Prozess zu Erarbeitung einer Energiestrategie für Österreich eingeleitet. Im Zuge
umfangreicher Diskussionen, an denen eine große Zahl von einschlägigen Experten in insgesamt neun
Arbeitsgruppen aus den wichtigsten Institutionen von Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltorganisationen und
Politik sowie aus der Verwaltung von Bund und Ländern teilnahmen, wurden über 370 energie- und umwelt-
politische Maßnahmenvorschläge eingebracht und letztlich zu 39 Maßnahmenclustern verdichtet. Die im März
2010 erfolgte Vorlage der Maßnahmenvorschläge für eine Energiestrategie Österreich ist als Beginn für
weitere Diskussionen und Verhandlungen zu verstehen. Die Maßnahmenvorschläge für eine Energiestrategie
zeigen die strategischen Schwerpunkte einer künftigen Energie- und Klimapolitik auf und die vorgeschla-
genen Maßnahmen stellen einen Weg dar, wie der österreichische Anteil an den europäischen Energie- und
Klimazielen erreicht werden kann. Das Maßnahmenpaket soll in weiterer Folge von Bund und Ländern im
Rahmen der jeweiligen kompetenzrechtlichen Zuständigkeit im Detail ausgestaltet und umgesetzt werden.
EU-Vorgaben und Ziele
Energieeffizienz Erneuerbare Reduktion CO2
Energien Emissionen
Versorgungs- Soziale Umwelt- Wettbewerbs- Kosteneffizienzsicherheit Verträglichkeit verträglichkeit fähigkeit
� � �Strategien
Energieeffizienz Erneuerbare Energieversorgungerhöhen Energien erhöhen sicherstellen
Stabilisierung des Energieverbrauchs auf dem Niveau von 2005 (1.100 PJ)
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3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
59
Damit die Energiepolitik mit dem allgemeinen volkswirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Ziel-
system kompatibel ist, wurden Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit, Sozialverträglichkeit, Kosten-
effizienz und Wettbewerbsfähigkeit als Rahmenvorgaben fixiert. Die zur Erfüllung dieser Zielsetzung am
besten geeigneten Strategien sind sowohl national wie auch im EU-Kontext die Erhöhung der Energie-
effizienz und der weitere Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien. Ergänzt werden diese beiden
Strategien durch die strategische Berücksichtigung der weiteren Verfügbarkeit bei konventionellen Energie-
trägern.
Ausgehend von diesen drei Strategiesäulen verfolgen die Maßnahmenvorschläge für eine Energie-
strategie Österreich vorrangig die Steigerung der Energieeffizienz auf allen Stufen der Bereitstellung und
Nutzung von Energie. In diesem Sinne muss der bisherige Trend eines stetig steigenden Energiever-
brauchs gebrochen werden. Zur Erreichung der Ziele einer Energiestrategie Österreich wurde daher – als
erster Schritt – für das Jahr 2020 die Stabilisierung des Endenergieverbrauchs auf dem Niveau des Basis-
jahres 2005 (1.118 PJ; 2008: 1.089 PJ) beschlossen. Der Zielwert für den Endenergieverbrauch in Öster-
reich im Jahr 2020 beträgt somit 1.100 PJ (Petajoule). Die Evaluierung der Maßnahmenvorschläge für eine
Energiestrategie durch vier Fachinstitutionen hat ergeben, dass eine Umsetzung des vorgeschlagenen
Maßnahmenpakets zur Erhöhung der Energieeffizienz die Ziele der Energiestrategie im Lichte der EU-
Erfordernisse erreichen lässt. Dies gilt insbesondere auch für die Steigerung des Anteiles erneuerbarer
Energien auf 34% des Bruttoendenergieverbrauches. Mit der Umsetzung der Maßnahmenvorschläge für
eine Energiestrategie sollte es auch gelingen die Treibhausgasemissionen im Nicht-Emissionshandelsbe-
reich um etwa 18% zu senken, damit würden die im Effort Sharing-Ziel festgeschriebenen 16% gegenüber
2005 noch übertroffen.
Wesentliche positive Beiträge sind von der Umsetzung der Maßnahmenvorschläge für eine Energie-
strategie Österreich auch bei den beschäftigungswirksamen Effekten zu erwarten. Durch die Umsetzung
der Maßnahmenvorschläge können bis zu 80.000 Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden: Dies
erfolgt durch Maßnahmen in den Bereichen Gebäudesanierung (mit über 40.000 Arbeitsplätzen), erneuer-
bare Energien, Investitionen in der E-Wirtschaft, dem Fernwärme- und Fernkälteausbau, Investitionen in
energieeffiziente Produktion, Energieberatung, öffentlicher Personen Nah- und Regionalverkehr, sowie
Elektromobilität. Zählt man noch den Ausbau der hochrangigen Infrastruktur für den öffentlichen Verkehr
hinzu, erhöht sich die Zahl um weitere 31.000 Arbeitsplätze. Gemäß Studien des WIFO und anderer Insti-
tutionen zeigt sich, dass Investitionen in Bausektoren wie Zimmerei, Dachdeckerei, Bauinstallation und -
ausbau sowie Bauhilfsgewerbe, also Sektoren, die auf Gebäude und Sanierungsaktivitäten abzielen, über-
durchschnittlich hohe Beschäftigungseffekte erwirken. Auch der Wertschöpfungseffekt ist in diesen Sekto-
ren höher als im Durchschnitt des Bauwesens. Zu den beschäftigungspolitischen Effekten leisten Investi-
tionen in Dienstleistungen und F&E einen weiteren wichtigen Beitrag.
Ökostrom-FörderungIm Zuge der parlamentarischen Beschlussfassung der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 im Oktober 2009
wurde der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend aufgefordert, dem Nationalrat bis September
2010 einen Novellierungsentwurf des Ökostromgesetzes vorzulegen – zur Finanzierung der Förderung er-
neuerbaren Stroms unter Berücksichtigung insbesondere der Neugestaltung des Aufbringungsmechanis-
mus und einer verbrauchsabhängigen Finanzierungsgrundlage bei fairer und transparenter Kostenvertei-
lung zwischen allen Stromverbrauchern. Es wurde daher eine Arbeitsgruppe zur Reform des Ökostromge-
setzes eingesetzt, um Anpassungen zu diskutieren. Mit einer weiteren Entschließung des Nationalrates
wurde der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auch aufgefordert, im Zuge einer weiteren
Novellierung des Ökostromgesetzes im Jahr 2010 der aktuellen Entwicklung Rechnung zu tragen und dem
Nationalrat eine Öffnung bei der bestehenden Deckelung der Förderung von Strom aus Photovoltaik zur
Beschlussfassung vorzulegen, wobei Effizienzkriterien im Hinblick auf den Stand der Technik für diese An-
lagen als Förderungsvoraussetzungen festzulegen sind. Diese Entschließungen des Nationalrates zeigen,
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
60
dass die Rahmenbedingungen für das Ökostromgesetz sehr raschen Veränderungen unterworfen sind, auf
die entsprechend reagiert werden muss.
Energie-BinnenmarktNach Verhandlungen zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Rat wurde im März 2009 ein endgülti-
ger Kompromiss über das dritte Gesetzespaket zur Komplettierung des europäischen Strombinnenmarkts
erzielt. Das sogenannte 3. Binnenmarkpaket ist am 3. September 2009 in Kraft getreten. Seine Schwer-
punkte sind Verbraucherschutz, Versorgungssicherheit, Umweltschutz und gleichwertige Wettbewerb-
sintensität in allen Mitgliedstaaten. Als Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzungen sind in den im Juli 2009
beschlossenen Rechtsakten folgende Maßnahmen vorgesehen:
• Sicherstellung eines nichtdiskriminierenden Netzzugangs,
• Wirksame Regulierungsaufsicht in allen Mitgliedstaaten, Vorgabe in den Richtlinien bezüglich Aus-
gestaltung der Regulierungsbehörde,
• Unabhängigkeit,
• Garantierte Zuständigkeiten,
• Erweiterter Rechtsschutz,
• Sicherstellung der erforderlichen Investitionen,
• Sicherstellung der Grundversorgung,
• Ausbau von grenzüberschreitenden Leitungen im Strombereich.
Neben neuen institutionellen Einrichtungen – wie der Agentur für die Zusammenarbeit der Regulierungs-
behörden und des Europäischen Netzwerkes der Übertragungsnetzbetreiber – wird es entsprechend zu
grundlegenden Änderungen insbesondere im Bereich der Entflechtungsvorschriften, bei der Kompetenz
der Regulierungsbehörden und hinsichtlich der Rechte der Energieverbraucher kommen. Österreich hat
das 3. Energie-Binnenmarktpaket bis zum 3. März 2011 in österreichisches Recht umzusetzen. Die Umset-
zung wird im Wesentlichen durch Anpassung des Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetzes
(ElWOG), des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) und des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG)
erfolgen. Die Entflechtungsvorschriften für Unternehmen sind bis 3. März 2012 umzusetzen.
Forschung, Technologie und Innovation im Rahmen der EnergiepolitikDie ausreichende Teilnahme Österreichs an den europäischen und den internationalen Energie-FTI Aktivi-
täten ist eine Bedingung für eine gute Entwicklung des Energiesektors. Bezüglich Strategic Energy Techno-
logy Plan (SET-Plan), der einen wichtigen Pfeiler der europäischen Energietechnologiepolitik darstellt und
den einschlägigen Unternehmen große Chancen eröffnet, hat Österreich sein Teilnahmeinteresse an allen
Industrieinitiativen mit Ausnahme der Kernspaltung deponiert. Es wird versucht, weitere nationale Techno-
logieplattformen über die bereits bestehenden (Solarthermie, Photovoltaik, Intelligente elektrische Netze)
hinaus einzurichten. Das soll ermöglichen, auf die europäischen und internationalen Initiativen akkordiert
reagieren zu können. Eine nationale Energie-FTI-Strategie soll in ressortübergreifender Kooperation unter
Berücksichtigung der Ergebnisse einer in Abstimmung mit dem Rat für Forschung und Technologieentwick-
lung durchgeführten online-Umfrage (vgl. www.energieforschungsstrategie.at) sowie weiterer Einbeziehung
von Stakeholdern entwickelt werden. Dies soll insbesondere zur Bestimmung der öffentlichen Mittel führen,
die im Rahmen der bestehenden Strukturen (Ressortmittel, Klima- und Energiefonds, FFG) oder gemäß den
in der allgemeinen FTI-Strategie weiterentwickelten neuen Strukturen gesichert sein müssen.
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
61
Öko-InnovationenÖko-Innovationen sind alle Arten von Innovation, mit der das Ziel einer umweltgerechten nachhaltigen
Entwicklung durch eine Verringerung der Umweltauswirkungen oder eine effizientere und verantwortungs-
vollere Nutzung der natürlichen Ressourcen, vor allem der Energie, erreicht werden soll. Etwas konkreter
können darunter neue oder modifizierte Prozesse, Systeme, Dienstleistungen oder Produkte verstanden
werden, die dazu beitragen die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern oder zu vermeiden. Derartige
Innovationen können zu «Win-win«-Situationen, das heißt der Generierung von positiven ökologischen
und ökonomischen Effekten führen. In den Zukunftstechnologien liegt ein enormes Potenzial für neue
Jobs. Österreich verfügt in diesem Bereich über ein hervorragendes Know-how. Die Marktkompetenz soll
weiter ausgebaut werden, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Wichtige Elemente zur Stärkung
von Öko-Innovationen sind einerseits der Zugang zu Know-how, Forschung & Entwicklung, Technologie,
Forschungs- und Technologiepartnern und andererseits der Zugang zu Finanzierung, vor allem zu Risiko-
und Beteiligungskapital. Es gilt neue Märkte zu erschließen und in den bereits gut erschlossenen Absatz-
märkten zusätzliche Nachfrage zu bedienen.
In vielen Bereichen leisten Öko-Innovationen einen Beitrag, die gesellschaftlichen Herausforder-
ungen zu meistern (Klimawandel, Energieversorgung, Umwelt, Ressourcen, alternde Bevölkerung, etc.).
Exkurs: Elektromobilität
Elektromobilität ist ein Querschnittsthema der Bereiche Verkehr, Infrastruktur, Technologie, Energie und
Umwelt und für Österreich ein zentrales Wirtschafts- und Standortthema. Vielversprechende innovative
Technologien und Pilotanwendungen zeigen bereits heute das Potential hybrid-elektrischer und rein elek-
trisch betriebener Fahrzeuge, veranschaulichen aber auch den unmittelbaren Bedarf der Bündelung der
Kräfte zahlreicher Akteure Österreichs in diesem Themenbereich, um Elektromobilität ins Gesamtver-
kehrssystem einzubetten und erfolgreich im Alltag umzusetzen.
Vorteile der Elektromobilität sollten zugunsten eines nachhaltigen, sauberen, sozial leistbaren, fairen,
ökonomisch förderlichen, intermodalen, innovativen umweltfreundlichen und mit dem öffentlichen Verkehr
vernetzten Gesamtverkehrssystems Österreichs genutzt werden. Weiters könnte schrittweise die Unab-
hängigkeit der Mobilität von fossilen Treibstoffen sowie die Umweltverträglichkeit und die Energieeffizienz
mittel- und langfristig erreicht werden.
Elektromobilität stellt durch diesen Wandel den Forschungs-, Entwicklungs-, und Wirtschaftsstandort
Österreichs – als klassisches Automobilzulieferland – vor große strukturelle Herausforderungen. Dessen
ungeachtet bietet Elektromobilität neue Chancen auch künftig erfolgreich Nischenmärkte mit Spitzentech-
nologie aus Österreich zu besetzen. Dazu bedarf es aber auch weiterhin koordinierter Anstrengungen sei-
tens Politik, Forschung und Wirtschaft, um heimische Technologien zur Anwendung zu bringen.
Daher ist, in einem gesamtheitlichen Kontext der Anteil von Elektromobilität gezielt dort zu erhöhen,
wo die Vorteile überwiegen und die technologischen Stärken optimal genutzt werden können. Eine Orien-
tierung an den Potentialen der österreichischen Wertschöpfung, an den Nutzern und Nutzerinnen, der Effi-
zienz und an nachhaltiger Wirkung sowie dem Vermeiden unerwünschter Nebenwirkungen auch im größe-
ren Betrachtungsfeld sind zentrale Faktoren dieser kontinuierlichen Entwicklung.
Österreich hat dazu bereits wesentliche Schritte unternommen und mittels Strategien für Forschung-,
Technologie und Innovation des automotiven Sektors, Szenarien zur Markteinführung der E-Mobilität,
Formulierung von prioritären Anwender- und Einsatzbereichen für einen nationalen Plan, Punkteprogram-
men zur E-Mobilität, Förderinstrumente für F&E, Maßnahmen wie Modellregionen und technologische
Leuchttürme, Analysen zu industriepolitischen Wertschöpfungsketten, sowie Leistungen im wichtigen
Bereich der Normierung und Standardisierung starke Impulse gesetzt, welche auch weiterhin intensiv ver-
folgt werden.
3.6 Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
62
Auch auf EU-Ebene wurde dem Themenkomplex Elektromobilität unter spanischem Ratsvorsitz große
Aufmerksamkeit geschenkt. Die Kommission präsentierte am 28. April 2010 die Mitteilung einer »Europäi-
schen Strategie zu sauberen und energieeffizienten Fahrzeugen«. Entsprechende Schlussfolgerungen
wurden beim formellen Rat Wettbewerbsfähigkeit am 25. Mai 2010 diskutiert und angenommen. Die
Mitteilung der Kommission verfolgt, wie die österreichische FTI-automotive Strategie, zwei Schienen: Zum
Einen die Reduktion der CO2-Emissionen und Steigerung der Energieeffizienz herkömmlicher Verbren-
nungsmotoren und zum Anderen den Einsatz alternativer, dekarbonisierter Technologien zu ermöglichen.
Um dies zu erreichen, plant die Kommission mittel- und längerfristig unterschiedliche Maßnahmen wie
Legislativvorschläge (z.B. Zulassung von Fahrzeugen, Standardisierung, Verringerung von Fahrzeugemis-
sionen), Förderung von F&E bei Ökotechnologien oder Leitlinien betreffend nachfrageseitige Anreize im
Zusammenhang mit beihilferechtlichen Fragestellungen.
Green JobsWie neueste Zahlen zeigen, ist der Umweltbereich ein bedeutender Zweig der österreichischen Wirtschaft.
Hinsichtlich der Zahl der Beschäftigten ist er etwa gleich groß wie der Bereich Gastronomie und Beherber-
gung. Kein Wirtschaftssektor weist derzeit höhere Wachstumsraten auf als der Umweltbereich. Die Nach-
frage nach Alternativen bei der Strom- und Wärmeerzeugung oder in der Mobilität bringt green jobs und
ist damit auch ein Mittel zur Bewältigung der Krise. Studien zeigen, dass green jobs ein starkes Wachs-
tumspotential aufweisen. Um dieses Potential ausschöpfen zu können, werden eine Reihe von Maßnahmen
wie der Ausbau der erneuerbaren Energien oder der umweltfreundlichen Mobilität gesetzt.
Ergebnis und Follow-Up des Gipfels von KopenhagenIm Rahmen der 15. Vertragsparteienkonferenz betreffend Klima vom 7.–19. Dezember 2009 in Kopenha-
gen wurde eine völkerrechtlich nicht bindende gemeinsame Erklärung (sogenannter »Kopenhagen-
Accord«) verabschiedet, die den Weg zu einem Post-Kyoto-Regime für die Zeit nach 2012 ebenen soll. Die
EU hat sich bereits im Klima- und Energiepaket 2008 zu einer Reduktion der klimawirksamen Gase um
20% gegenüber 1990 (bzw. zu 30% im Falle, dass auch andere Industriestaaten vergleichbare Redukti-
onsziele eingehen und Entwicklungsländer ihren Möglichkeiten angepasste Reduktionsmaßnahmen treffen)
verpflichtet. Zwischenzeitig hat sich eine Reihe von weiteren Vertragsparteien zu Reduktionsverpflichtun-
gen bereit erklärt, die im Rahmen des Anhangs zum »Kopenhagen-Accord« aufgenommen wurden, die
aber großteils mit den ambitionierten Zielen der EU nicht vergleichbar und meist rechtlich noch nicht im-
plementiert sind und als Basis für ein weltweites globales Klimaübereinkommen daher noch nicht ausrei-
chen. Diesbezügliche sind mehrere Zwischenverhandlungen bis zur nächsten Vertragsparteienkonferenz
im November/Dezember 2010 in Cancun (Mexiko) vorgesehen. Auf EU-Ebene wird derzeit außerdem der
Emissionshandel für die Zeit nach 2012 reformiert. Ziel ist eine EU-weite Harmonisierung, die Schaffung
weitere Anreize zur Treibhausgasreduktion durch ein Benchmarksystem und die Vermeidung von Carbon
Leakage durch die teilweise freie Zuteilung von Emissionszertifikaten.
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
63
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen
Die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise waren komplex, einen entscheidenden Beitrag hat aller-
dings unumstritten der Finanzmarkt geleistet. Daher sind dringend umfassende Reformen nötig, um künf-
tig ähnliche Krisen zu vermeiden. Eine Möglichkeit, die Finanzmärkte stärker in die Pflicht zu nehmen und
zusätzlich zur Budgetsanierung beizutragen, wäre die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die von
Österreich immer wieder eingefordert wird. Mittlerweile sprechen sich immer mehr Länder für die
Einführung einer Finanztransaktionssteuer aus und Österreich unterstützt eine zumindest europaweite
Einführung einer solchen Steuer auf Finanztransaktionen.
Reform der internationalen FinanzmarktarchitekturNeben dem aktuellen Krisenmanagement haben sich die EU und die internationale Gemeinschaft während
der letzten Monate intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Wirtschafts- und Finanzkrisen künftig besser
verhindert werden können. In diesem Zusammenhang hat sich die G-20 bereits bei ihrem Treffen im
November 2008 auf eine Reihe von Grundsätzen geeinigt, an denen sich die künftige Ausgestaltung der in-
ternationalen Finanzarchitektur orientieren soll. Bei den darauf folgenden Treffen der G-20 wurden diese
Grundsätze weiter spezifiziert und eine Reihe konkreter Beschlüsse gefasst, an deren Umsetzung nun
gearbeitet wird. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Verbesserung der Qualität, Transparenz und
Konsistenz der Eigenmittelbestandteile sowie die Entwicklung von globalen Liquiditätsstandards. Weitere
zentrale Themen sind die Schaffung einer angemessenen Regulierung und Aufsicht über sämtliche syste-
misch relevanten Finanzinstitute und Finanzprodukte, insbesondere auch von Derivaten und Hedge Fonds,
die Verminderung der Prozyklizität von Rechnungslegungsstandards, Regeln für Vergütungssysteme sowie
Erhöhung der Finanzmarktintegrität durch eine wirksamere Bekämpfung nicht-kooperativer Rechts-
systeme.
Schaffung stabiler Rahmenbedingungen auf EU-Ebene In enger Abstimmung mit den internationalen Entwicklungen hat die EU im Rahmen einer Roadmap Maß-
nahmen in unterschiedlichen Bereichen definiert und kontinuierlich adaptiert, um die Stabilität auf den
Finanzmärkten zu verbessern und im Falle einer neuerlichen Krise besser dafür gerüstet zu sein. Die Ab-
arbeitung dieser Maßnahmen führt zu einer Überarbeitung des legistischen Rahmens im Finanzmarkt-
bereich und soll auch eine Verbesserung des Krisenmanagements in der EU sowie der Zusammenarbeit
der Aufsichtsbehörden auch im Alltag bewirken.
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
64
Die Europäische Aufsichtsstruktur
Die Verbesserung des Aufsichtsrahmens in der EU ist ein Kernelement der Reform der Finanzarchitektur,
da die Finanzmarktkrise die Schwächen des bestehenden Aufsichtsregimes in Europa deutlich aufgezeigt
hat. Die Europäische Kommission (EK) hat daher im September 2009 ihre legislativen Vorschläge für die
Finanzmarktarchitektur in Europa vorgelegt, zu denen es im Rat eine politische Einigung im Dezember
2009 gab. Unmittelbar nach der Einigung mit dem Europäischen Parlament, die im Sommer 2010 erfolgen
soll, soll als erste Säule der Finanzmarktarchitektur ein »Europäisches Gremium für systemische Risiken«
eingerichtet werden, dessen Aufgabe die Beobachtung systemischer Risiken und die Schaffung eines
makroprudentiellen Risikowarnsystems sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene sein wird. Das
ESRB soll nicht nur Warnungen aussprechen, sondern auch befugt sein, entsprechende (rechtlich un-
verbindliche) Empfehlungen zur Beseitigung der Risiken zu verabschieden, wobei ein Monitoring zur Um-
setzung der Empfehlungen etabliert werden soll. Dem ESRB sollen Vertreter der Zentralbanken, der EZB-
Präsident sowie die Vorsitzenden der zu Europäischen Aufsichtsbehörden aufgewerteten EU-Ausschüsse
für Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht (»Level 3-Ausschüsse«) und die EK angehören. Ver-
treter der nationalen Aufsichtsbehörden sowie der Vorsitzende des Wirtschafts- und Finanzausschusses
(WFA) sollen als Beobachter in das Gremium einbezogen werden. Als zweite Säule soll das »Europäische
System der Finanzaufsicht«, dass sich aus den drei Europäischen Aufsichtsbehörden sowie den nationalen
Aufsichtsbehörden zusammensetzt, als dezentrales Netzwerk vor allem die Kooperation der nationalen
Aufseher bei grenzüberschreitend tätigen Banken verbessern und für die mikroprudentielle Aufsicht zu-
ständig sein. Diese neuen Behörden sollen für eine möglichst konsistente Anwendung der auf EU-Ebene
vereinbarten Regeln sorgen, weshalb sie gemeinsam mit der Europäischen Kommission EU-weit bindende
technische Aufsichtsstandards erlassen und auch verstärkt interpretative Leitlinien erarbeiten können. Das
Grundprinzip der Aufgabenteilung zwischen Home- und Host-Aufsehern soll in Bezug auf das Tagesge-
schäft gleich bleiben, die Behörden übernehmen nur die Aufsicht über spezifische EU-weit tätige Finanzin-
stitute (Ratingagenturen). In Konfliktfällen zwischen nationalen Aufsichtsbehörden sollen die Behörden
jedoch als Mediator mit bindender Entscheidungsbefugnis agieren können. Ein Steering Committee soll die
sektorale Kooperation sicherstellen und divergente sektorale Entwicklungen verhindern.
Grenzübergreifendes Krisenmanagement im Bankensektor
Ausgelöst durch die Finanzkrise finden sowohl auf globaler als auch auf europäischer Ebene intensive
Arbeiten statt, um für ein Auftreten einer neuen Krise besser gerüstet zu sein. Seit 2008 gibt es ein
europäisches »Memorandum of Understanding on cross border financial stability« (MoU 2008), dessen Ziel
es ist, die europäische Zusammenarbeit in Finanzkrisen zu sichern und die Stabilität nationaler und gleich-
zeitig des europäischen Finanzsystems gesamt zu gewährleisten. Aufbauend auf diesem MoU 2008 sollen
nun basierend auf den Lehren aus der Finanzkrise weitere Maßnahmen gesetzt werden, um das grenz-
überschreitende Krisenmanagement nachhaltig zu verbessern.
Die EK hat im Oktober 2009 eine Mitteilung betreffend eines EU-Rahmens für das grenzübergreifen-
de Krisenmanagement im Banksektor vorgelegt, die sich im Wesentlichen mit den drei Bereichen früh-
zeitiges Eingreifen, Abwicklungsmechanismen und Insolvenz befasst. Auch auf Ratsebene beschäftigen
sich WFA und ECOFIN intensiv mit dem Thema Krisenmanagement. Neben der Verbesserung des beste-
henden Rechtsrahmens zu Krisenvorbeugung, -management und -bewältigung soll auch ein umfassendes
EU-weites Regelwerk für die politische Koordination im Bereich der Finanzmarktstabilität entwickelt wer-
den. Ein Schlüsselthema des Krisenmanagements ist die Lastenverteilung (Burden Sharing) betreffend
grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute in der Krise, d.h. die Frage wie entstandene Kosten zwischen
den betroffenen Mitgliedstaaten aufgeteilt werden sollen.
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
65
Überarbeitung der Eigenkapitalbestimmungen für Banken und Wertpapierfirmen
Als Reaktion auf die Finanzkrise ist eine umfassende Reform des Regelwerkes, die »Basel II-Richtlinie« be-
treffend die Eigenkapitalregelungen, vorgesehen, die in drei Paketen erfolgen soll. Mit dem Paket »CRD II«
soll in einem ersten Schritt die Stabilität des Finanzsystems erhöht, die Risiken verringert und die Beauf-
sichtigung von grenzüberschreitend tätigen Kreditinstituten verbessert werden. So sollen u.a. das Mana-
gement von Großveranlagungsrisiken verbessert und die durch diese Veranlagungen entstehenden syste-
mischen Risiken reduziert werden. Weiters werden Kriterien für hybride Finanzinstrumente, die sowohl
Eigenschaften von Fremd- als auch Eigenkapital aufweisen, EU-weit harmonisiert und auch strengere Vor-
schriften und Sorgfaltsanforderungen für Investitionen in verbriefte Finanzprodukte vorgesehen. Nicht zu-
letzt soll die Aufsicht über grenzübergreifend tätige Kreditinstitutsgruppen durch die Institutionalisierung
von Aufsichtskollegien verbessert werden, wodurch die Zusammenarbeit der einzelnen nationalen Auf-
sichtsbehörden in Normal- und Krisensituationen effizienter gestaltet wird.
Ergänzend und als weitere Reaktion auf die Finanzkrise kam es im Rat im Oktober 2009 zu einer
politischen Einigung für ein weiteres Maßnahmenpaket (»CRD III«) das den Zielen der G-20 sowie den
Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht folgt. Die wesentlichen Bestimmungen betreffen
die Eigenkapitalanforderungen für Vermögenswerte, die die Banken im Handelsbuch halten, eine Aktuali-
sierung der Eigenmittelvorschriften für komplexe Verbriefungen sowohl im Bank- als auch im Handels-
buch, erhöhte Risikogewichte für Wiederverbriefungen sowie eine Erhöhung der Transparenz durch zu-
sätzliche Offenlegungsbestimmungen. Ebenso werden Kreditinstitute verpflichtet, eine Vergütungspolitik
vorzusehen, die mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar ist. Die von den Kreditin-
stituten getroffenen Vorkehrungen zur Steuerung der Risiken, die sich durch unangemessene Vergütungs-
politiken, -strukturen und -praktiken ergeben, sollen zudem im Rahmen des bankaufsichtlichen Über-
prüfungsprozesses von den Aufsichtsbehörden überwacht werden.
Zur Stärkung der Krisenresistenz des Finanzsektors beschloss der Basler Ausschuss für Bankenauf-
sicht im September 2009 in Einklang mit den Ergebnissen des G-20-Gipfels (Pittsburgh) eine weitreichen-
de Reform der Eigenkapital- und Liquiditätsbestimmungen, sodass bereits von »Basel III« die Rede ist. In
Umsetzung dieser Vorgaben wird auf EU-Ebene derzeit das Paket »CRD IV« diskutiert, dessen Ziel sowohl
die Harmonisierung der Qualität, Konsistenz und Transparenz des Kernkapitals von Banken als auch die
Harmonisierung des EU-weiten Liquiditätsregimes ist. Weiters umfasst das Paket auch die Schaffung zu-
sätzlicher Eigenkapitalpuffer über den Wirtschaftszyklus durch die Bildung von Rückstellungen, die in wirt-
schaftlichen Abschwungphasen als Kapitalreserve herangezogen werden und erhöhte Anforderungen für
systemrelevante Finanzinstitutionen.
Rahmenrichtlinie »Solvabilität II«
Solvabilität II ist eines der wichtigsten Projekte für den EU-Versicherungssektor und wird zu einer grund-
legenden Reform der Aufsicht führen. Durch die Solvabilität II erfolgt eine grundlegende Neuausrichtung
des Eigenmittelregimes von Versicherungsunternehmen und eine Änderung bei den zur Verfügung stehen-
den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen und Instrumenten. Die Eigenkapitalanforderungen, die mittels Stan-
dardansatzes oder über ein internes Modell berechnet werden, sollen die tatsächlichen Risiken abbilden.
Weiters wird auf betriebswirtschaftliche Instrumente – allen voran ein professionelles Risikomanagement
– und verstärkte Verpflichtungen zur Offenlegung und Transparenz großer Wert gelegt. Die Solvabilität II
orientiert sich zwar grundsätzlich an der »Drei-Säulen-Architektur« von Basel II, geht allerdings weit dar-
über hinaus: Die Aktiva und Passiva (insbesondere versicherungstechnische Rückstellungen) werden für
Solvenzzwecke nach Vorschriften bewertet, die den internationalen Rechnungslegungsstandards (insb.
IFRS 4) angeglichen sind.
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
66
Beaufsichtigung der Ratingagenturen
Bei der Analyse der Ursachen der Krise wurden die Ratings bei strukturierten Finanzinstrumenten mitver-
antwortlich für die Krise gemacht, weswegen in der EU im September 2009 eine Verordnung für ein neues
rechtsverbindliches Registrierungs- und Aufsichtssystem für Ratingagenturen verabschiedet wurde. Die
neuen Vorschriften sollen erstklassige Ratings gewährleisten, die nicht durch Interessenkonflikte beein-
flusst werden. In der Verordnung werden Bedingungen für die Abgabe von Ratings festgeschrieben, die zur
Wiederherstellung des Vertrauens der Märkte und zur Steigerung des Anlegerschutzes erforderlich sind.
So ist u.a. ein Registrierungsverfahren für Ratingagenturen eingeführt worden, das die europäischen Auf-
sichtsbehörden in die Lage versetzt, die Tätigkeit von Ratingagenturen zu kontrollieren. Ebenso haben die
Ratingagenturen strenge Regeln zu befolgen, die gewährleisten, dass die Ratings nicht durch Interessen-
konflikte beeinflusst werden und die Tätigkeiten von Ratingagenturen transparent sind. Auch wird mit dem
Vorschlag ein wirksames Aufsichtssystem für die Überwachung der Ratingagenturen durch die europäi-
schen Aufsichtsbehörden eingeführt.
E-Geld Richtlinie
Im Oktober 2009 wurde die Neufassung der E-Geld-Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht, mit
der die gesetzlichen Bedingungen für die Ausgabe von E-Geld in der EU geändert werden. Ziel der neuen
Regelungen ist es, den Markt für neue Anbieter zu öffnen und deren Marktdurchdringung und damit das
E-Geld-Volumen zu steigern. Das Aufsichtsregime für E-Geld-Institute wurde kohärent zur Beaufsichtigung
von Zahlungsinstituten im Sinne der Zahlungsdienste-Richtlinie gestaltet. Die Investitionsbeschränkungen
für E-Geld-Institute wurden unter gleichzeitiger Vorschreibung adäquater Sicherungsanforderungen
gelockert, die Geschäftsbeschränkung aufgehoben. Die Regelungen zur Rücktauschbarkeit von E-Geld
wurden modifiziert, die Neufassung der Richtlinie soll technologische Innovationen ermöglichen. Die Richt-
linie ist bis 30. April 2011 in nationales Recht umzusetzen.
Clearing & Settlement, Target II für Wertpapiere
Die Europäische Kommission hat im Jänner 2010 eine Expertengruppe zum Thema »Derivate und Marktin-
frastrukturen« eingesetzt, da ein legistischer Vorschlag für eine Regelung von »Over-the-counter«-Deriva-
ten (nicht börsegehandelte Derivate) sowie für einen erleichterten Zugang zu Marktinfrastrukturen (insbe-
sondere zu zentralen Gegenparteien) geplant wird. Ziel ist es, den internationalen Wertpapierhandel
sicherer und effizienter zu gestalten und die Transparenz zu erhöhen. Weiters arbeitet die Europäische
Kommission mit der Europäischen Zentralbank und allen betroffenen Parteien eng zusammen, um das Pro-
jekt Target2-Securities (T2S), mittels dessen ein einheitliches System zur Wertpapierabwicklung geschaf-
fen werden soll, weiter zu entwickeln.
Investmentfonds
Bereits seit 1985 besteht ein einheitliches Rahmenregelwerk für Investmentfonds (OGAW) in Europa, das
europaweit Mindeststandards vor allem für Zulassung, Aufsicht und die Bedingungen, unter denen das
grenzüberschreitende Angebot von regulierten Investmentfonds möglich ist, vorgibt. Um den laufenden
Entwicklungen im Bereich der Finanzinnovationen und der fortschreitenden Integration des Binnenmarktes
für Finanzdienstleistungen adäquat Rechnung zu tragen, wurde die »OGAW-Richtlinie« nunmehr entspre-
chend adaptiert und neu gefasst, um zum einen der Industrie Kosteneinsparungen und Spezialisierungs-
3.7 Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
67
vorteile zu bringen, und zum anderen eine europaweite effiziente und wirksame Aufsicht sicherzustellen.
Die Richtlinie wurde im Herbst 2009 beschlossen und ist bis Juni 2011 in nationales Recht umzusetzen.
AIFM-Richtlinie
Der Vorschlag zu einer Richtlinie betreffend die Regulierung der Verwalter (Manager) »Alternativer Invest-
mentfonds« (AIFM) soll einen umfassenden regulatorischen Rahmen für die Verwaltung nicht EU-weit har-
monisierter Fonds (einschließlich Hedgefonds) schaffen und eine effektive Aufsicht dieser Fondsverwalter
sicherstellen. Der Vorschlag soll helfen, Lücken und Inkonsistenzen bestehender nationaler Regelungen zu
überwinden. Zugleich soll er eine sichere Grundlage für die Entwicklung eines Binnenmarkts für alternati-
ve Investmentfonds schaffen. Die Verhandlungen auf EU-Ebene sollen noch heuer abgeschlossen werden.
Finanzdienstleistungen für Privatkunden
Die Europäische Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, die Hindernisse im Privatkundengeschäft zu
identifizieren und sukzessive zu beseitigen, um die Rechte der Verbraucher weiter zu stärken, das Ver-
brauchervertrauen zu erhöhen und eine Qualitäts- und Angebotsverbesserung zu erreichen. Im Bereich
der Kundenmobilität bei Bankkonten wurden seitens der Industrie Grundsätze für den Kontowechsel fest-
gelegt, die einen Kontowechsel eines Verbrauchers innerhalb eines Mitgliedsstaats erheblich erleichtern
sollen. In ihrer Mitteilung über Anlageprodukte für Kleinanleger kommt die Kommission zum Schluss, dass
die Informationspflichten gegenüber dem Kunden und die Vorschriften für den Vertrieb solcher Produkte
weiter verbessert und vereinheitlicht werden sollen, weswegen derzeit Rechtsvorschläge erarbeitet
werden.
3.8 Die Infrastrukturen auf die Zukunft ausrichten Wirtschaftsbericht Österreich 2010
68
3.8 Die Infrastrukturen auf die Zukunft ausrichten
Leistungsfähige und preiswerte Infrastrukturen sind eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbs-
fähigkeit der Wirtschaft und von zunehmender Bedeutung für die Lebensqualität der Menschen. In diesem
Zusammenhang werden sowohl die materiellen als auch die immateriellen Infrastrukturen strategisch aus-
gerichtet.
Seit der Liberalisierung des österreichischen Telekommunikationsmarktes Ende der 1990er Jahre be-
steht eine hundertprozentige Verfügbarkeit von funktionalen Internetanschlüssen. Viele Anwendungen
und Dienste benötigen aber zunehmend höhere Bandbreiten. Die österreichische Bundesregierung hat der
Bedeutung von leistungsfähigen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen im Regierungspro-
gramm 2008 Rechnung getragen und klare Ziele formuliert: Bis 2013 soll die Bevölkerung mit Bandbreiten
von mindestens 25 Mbit/s versorgt werden können. Nachdem sich 2009 auch die Europäische Union im
Rahmen ihres Konjunkturprogramms auf die Unterstützung von Vorhaben im Bereich des Breitband-Inter-
net geeinigt hat, wird dazu 2010 ein komplementäres nationales Förderungsprogramm aufgelegt, das den
Aufbau und die Modernisierung von Breitband-Infrastrukturen und von Zugangsmöglichkeiten sowie die
Schaffung von passiven Breitband-Infrastrukturen im ländlichen Raum zum Ziel hat.
Die Verbesserung der materiellen Infrastrukturen soll im schärfer werdenden grenzüberschreitenden
Standortwettbewerb zur Positionierung der österreichischen Zentren als starke Wirtschaftsräume beitra-
gen und die infrastrukturellen Voraussetzungen für die verstärkte Nutzung umweltfreundlicher Verkehrs-
arten schaffen. Vor dem Hintergrund der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden die den
Rahmenplänen von ÖBB und ASFINAG zugrundeliegenden Prämissen in Abstimmung zwischen Experten
und Expertinnen derzeit einer Prüfung unterzogen. Die Ergebnisse dieser Überprüfung werden im Herbst
2010 erwartet.
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
69
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätzeschaffen
Während die erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre fortgesetzt wird, werden arbeits-
rechtliche Neuerungen von EU-Änderungen bestimmt. Im Bereich der Bildung sind umfassende Reformen
geplant.
Arbeitsrechtliche Neuerungen undVereinbarkeit von Beruf und FamilieDie Elternurlaubsrichtlinie 96/34/EG wurde auf Initiative der EU-Sozialpartner neu geregelt. Die neue
Richtlinie 2010/18/EU enthält folgende wesentlichen Änderungen:
• Verlängerung der Mindestdauer des Elternurlaubes für beide Elternteile auf je 4 Monate, davon ist
mindestens ein Monat nicht übertragbar,
• Schutz vor Benachteiligung bei Inanspruchnahme des Elterurlaubes,
• Recht der Eltern einen Antrag auf Änderung ihrer Arbeitszeit und/oder ihrer Arbeitszeitmodelle zu
stellen, um ihnen einen leichteren Übergang vom Elternurlaub in den Wiedereinstieg in den Beruf zu
gewährleisten. Die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen haben dies – unter Berücksichtigung der wech-
selseitigen Interessen – zu prüfen.
Die Umsetzung in den Mitgliedstaaten ist bis 8. März 2012 vorgesehen.
Die EK hat überdies zwei Richtlinienvorschläge vorgelegt: Einerseits soll die Gleichbehandlung von Frauen
und Männern, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben oder zur Ausübung einer solchen beitragen,
sowie die Schaffung eines sozialen Schutzes für mitarbeitende Ehe- und Lebenspartner und -partnerinnen
erzielt werden. Dieser soziale Schutz umfasst auch eine Mutterschaftsleistung für selbständig erwerbstäti-
ge Frauen und mitarbeitende Ehepartnerinnen sowie anerkannte Lebenspartnerinnen für die Dauer von
14 Wochen. Die Mutterschaftsleistung kann als Geldleistung oder als Bereitstellung einer befristeten Ver-
tretung in Anspruch genommen werden. Außerdem hat die Kommission folgende wesentliche Änderungen
der Mutterschutzrichtlinie vorgeschlagen:
• Verlängerung des derzeitigen obligatorischen und nicht obligatorischen Mutterschaftsurlaubes,
bei letzterem freie Wahl der Arbeitnehmerin, wann sie ihn vor oder nach der Geburt nehmen will,
• Zusätzlicher Mutterschaftsurlaub bei Frühgeburten, Spitalsaufenthalt des Kindes, Geburt eines behin-
derten Kindes und bei Mehrlingsgeburten,
• Verlängerung des Kündigungsschutzes.
Bildungspolitische Reformen Die Bundesregierung hat in ihrem Programm für die laufende Gesetzgebungsperiode die Bedeutung des
Lebensbegleitenden Lernens unterstrichen und den ressort- und sektorenübergreifenden Ansatz be-
tont, um allen Menschen adäquate Aus- und Weiterbildungschancen zu eröffnen. Ein Ministerratsvortrag
vom Dezember 2009 hat auf Basis einer Expertise von Wissenschaftern und Wissenschafterinnen zu den
bisherigen Konsultationen Prozess und Zeitplan für die Erstellung der nationalen Strategie des Lebensbe-
gleitenden Lernens festgelegt. Eine interministerielle Arbeitsgruppe wird in enger Abstimmung mit Exper-
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
70
ten und Expertinnen sowie den Sozialpartnern die Strategie bis Dezember 2010 formulieren und dem
Ministerrat zur Beschlussfassung vorlegen. Planungshorizont ist 2020.
In den im November 2009 ins Leben gerufenen »Dialog Hochschulpartnerschaft« wurden über 40 Stake-
holder im Hochschulbereich (Vertretungsorgane der Hochschulsektoren und wissenschaftliche Beratungs-
organe, Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft, Vertretungen von Protestbewegungen
Studierender, Interessenvertretungen/Sozialpartner, Vertreter politischer Parteien) in Diskussion und Pro-
zess eingebunden und erhielten so die Möglichkeit, die Aufarbeitung der Themen mitzugestalten und an
der Erarbeitung von Vorschlägen, Lösungsansätzen und Empfehlungen mitzuwirken. Ein Austausch auf
derart breiter Basis ist erstmalig. Er hat zu mehr Vertrauen zwischen der Vielzahl der am tertiären Sektor
Beteiligten beigetragen.
Fünf Arbeitsforen tagten bis Juni 2010 im Monatsrhythmus und widmeten sich folgenden Themenstellungen:
• Gesellschaftlicher Auftrag des tertiären Sektors,
• Überlegungen für eine koordinierte Entwicklung des österreichischen Hochschulraums,
• Hochschulzugang und Studienwahl,
• Fragen des Bologna-Prozesses (z.B. hinsichtlich der angestrebten Mobilitätssteigerung von Studie-
renden oder der Sicherung der Qualität der Lehre zur Gewährleistung bestmöglicher Beschäftigungs-
fähigkeit der Bachelor-Absolventen und -Absolventinnen) und der Studienstruktur,
• Finanzierung von Lehre und Forschung.
Auf Basis gemeinsam erarbeiteter Empfehlungen können ab Herbst 2010 weitere Umsetzungsschritte kon-
kretisiert werden. Dazu wurde auch ein Unterausschuss des Wissenschaftsausschusses im Parlament ein-
gesetzt.
Um die nationale Umsetzung des Bologna-Prozesses im Hochschulbereich weiter zu verbessern,
wurde im März 2010 ein 10-Punkte-Programm präsentiert (»Bologna Reloaded«). Es zielt auf eine akade-
mische Ausbildung ab, die eine optimale Beschäftigungsfähigkeit für Bachelorabsolventen und -absolven-
tinnen und eine breite Palette von Möglichkeiten für wissenschaftliche Qualifizierungen gewährleistet, aber
auch auf Aspekte der Qualitätssicherung, Mobilität, Anerkennung, Studierbarkeit und Transparenz ein-
bezieht, im Sinne eines »Konsumentenschutzes« für Studierende. Das 10-Punkte-Programm umfasst
folgende Maßnahmenbereiche:
1. Vertiefende Problemanalyse gemeinsam mit den Bologna-Koordinatoren und -Koordinatorinnen an
den Hochschulen und den sechs österreichischen Bologna-Experten und Expertinnen,
2. Einsetzung einer Task-Force zur Weiterentwicklung der Curricula,
3. Erarbeitung von Vorgaben/Richtlinien für die Qualifikationsprofile und von Rahmenempfehlungen für
die Umsetzung der »Studieneingangsphase und Studienorientierungsphase Neu«,
4. Intensivierter Austausch zwischen dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und den
Curricular-Kommissionen an allen Universitäten,
5. »Neuausrichtung« und Weiterentwicklung der nationalen Bologna-follow-up-Gruppe,
6. Einbeziehung der Bologna-Umsetzung in das Konzept der Qualitätssicherung und Qualitätsentwick-
lung im Rahmen des geplanten Rahmengesetzes,
7. Öffentliche Darstellung von Best-Practice-Modellen der Curricula-Gestaltung aus der Task-Force,
8. Arbeitsgruppe zu den Fächern Rechtswissenschaften, Pharmazie, Kunst, Technik, Geistes- und
Sozialwissenschaften sowie Theologie über eine optimale Bologna-Studienarchitektur (inkl. Diskussi-
on zum Thema Harmonisierung mit dem Berufsrecht),
9. Verankerung des Bachelors als vollwertigen akademischen Abschluss im öffentlichen Dienst,
10. Mobilität und Anerkennungen – die Anerkennung gleicher Prüfungsfächer muss mit Leben erfüllt
werden.
Im Laufe des Jahres 2010 sollen die verschiedenen Bereiche von allen Beteiligten partnerschaftlich
beraten und sodann notwendige weitere Schritte gesetzt werden.
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
71
Das Regierungsprogramm sieht eine der Bologna-Struktur entsprechende, durchlässige sowie zwischen
Universitäten und Pädagogischen Hochschulen abgestimmte Neuorganisation der verschiedenen
Lehramtsstudien auf tertiärem Niveau vor. 2009 erarbeitete eine Gruppe von Experten und Expertinnen
die zentralen Eckpunkte für eine neue Ausbildung aller im pädagogischen Berufsfeld tätigen Menschen
(Kindergarten-, Sozialpädagogen und -pädagoginnen sowie Lehrer und Lehrerinnen). Die Empfehlungen
dieser Gruppe zur «LehrerInnenbildung NEU – die Zukunft der pädagogischen Berufe« wurden im
Dezember 2009 präsentiert, der Endbericht im März 2010 fertig gestellt. Die Empfehlungen umfassen un-
ter anderem Prinzipien und Kriterien einer «LehrerInnenbildung NEU«, Rahmenbedingungen für die Um-
setzung, einen Katalog der pädagogischen Kernkompetenzen, ein 3-Phasen-Modell der «LehrerInnenbil-
dung NEU« inklusive verbindlicher Kriterien für die Auswahl und für Aufnahmeverfahren in die Erstausbil-
dung, sowie Vorschläge für Bildungs-Cluster für Pädagogen und Pädagoginnen. Bis zum Sommer 2010
werden die Empfehlungen auf breiter Ebene mit Betroffenen und Interessengruppen auf ihre Praktikabilität
und Umsetzbarkeit diskutiert werden. Im Herbst 2010 werden Vertreter der Institutionen und betroffenen
Stakeholder in Diskussionsveranstaltungen gemeinsam die vorliegenden Empfehlungen weiter erörtern,
um an einem Zukunftsbild für den Bereich der Pädagogen- und Pädagoginnenbildung zu arbeiten. Unter
Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse soll das Konzept anschließend finalisiert und mit der Erar-
beitung der neuen Rahmenbedingungen als Basis für die erforderlichen Gesetzesänderungen begonnen
werden.
Im Regierungsprogramm sind die Zusammenführung der bestehenden Einrichtungen zur externen
Qualitätssicherung im Hochschulbereich zu einer neuen gemeinsamen Einrichtung und ein gemeinsa-
mes Gesetz für die externe Qualitätssicherung für alle Hochschulsektoren als wichtige Schritte zu einer
qualitätsorientierten Weiterentwicklung des Hochschulbereichs festgehalten. Die konkrete Ausgestaltung
wird im Einklang mit europäischen Standards – insbesondere den »European Standards and Guidelines for
Quality Assurance in the European Higher Education Area« (ESG) – und den spezifischen Rahmenbedin-
gungen der einzelnen Hochschulsektoren erfolgen. 2009 wurden erste Überlegungen zur Neuordnung der
externen Qualitätssicherung formuliert, die im Herbst 2009 einem breit angelegten Konsultationsprozess
unterzogen wurden. Die Ergebnisse werden für den derzeit laufenden weiteren Diskussionsprozess
genutzt, der in einen Gesetzesentwurf zur externen Qualitätssicherung im Hochschulbereich münden soll.
Gleichstellung von Frauen und Männern Mit dem nationalen Aktionsplan für Gleichstellung (NAP) sollen Strategien und verstärkte Aktionen für
die Gleichstellung von Frauen und Männern erarbeitet werden. Der NAP hat vier strategische Ziele und
prioritäre Handlungsfelder:
1. Diversifizieren von Ausbildungswegen und Berufswahl, geschlechtssensible Berufsorientierung,
2. Erhöhen der Erwerbsbeteiligung und Steigern der Vollzeitbeschäftigung, Verringerung der ge-
schlechtsspezifischen Unterschiede in der Beschäftigung,
3. Mehr Frauen in Führungspositionen und
4. Reduzieren der Unterschiede in den Einkommen von Frauen und Männern.
ZuwanderungspolitikDie Anwerbung qualifizierter Fachkräfte steht verstärkt im Fokus der Zuwanderungspolitik. Der internatio-
nale Trend geht in die kanadische bzw. australische Richtung. Neuerdings verlangt auch Großbritannien
erhöhte Anforderungen im Rahmen eines Punktesystems für Einwanderer. Diesem Trend verschließt sich
Österreich nicht und wird zur Förderung des Wirtschaftstandortes Österreich den gleichen Weg auf dem
3.9 Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
72
österreichischen Arbeitsmarkt einschlagen. Ein wichtiger Punkt ist hierbei wie in Deutschland die Sprache:
Fremde, die sich dauerhaft in Österreich niederlassen wollen, müssen künftig bereits vor Erstniederlassung
Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen (Niveau A1, ca. 100 Kursstunden). Eine Anhebung
auf B1–Niveau ist in Entsprechung des Nationalen Aktionsplans für Integration vorgesehen und wird mit
der Novelle zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (die voraussichtlich im Frühjahr 2011 in Kraft
treten wird), erfolgen. Die Absolvierung des Deutsch–Integrationskurses auf B1–Niveau ist dann Voraus-
setzung zur Erlangung des Daueraufenthalts–EG (unbefristetes Aufenthaltsrecht) sowie der Österreichi-
schen Staatsbürgerschaft. Den Ausnahmen vom Grundsatz »Deutsch vor Zuzug« kommt dabei besondere
Bedeutung zu. Wie im Nationalen Aktionsplan Integration vorgesehen, kommt dieser Grundsatz für höher
Qualifizierte, die einen erkennbar geringeren Integrationsbedarf haben, um in Österreich zu arbeiten, nicht
zur Anwendung. Das gilt jedenfalls für Wissenschaftler, Forscher und Schlüsselkräfte, die dringend am
Arbeitsmarkt nachgefragt werden. Innovative Konzepte für alternative Migrationspolitiken und der regel-
mäßige Austausch der Behörden mit internationalen Organisationen, Think-Tanks und der Wissenschaft
sind bezeichnend für den erfolgreichen österreichischen Weg im Bereich des Niederlassungs- und Aufent-
haltswesens im Jahr 2010. Ein geordnetes Fremdenrecht ist ein wichtiger Grundstein für ein Mehr an
Sicherheit.
3.10 Eine soziale Gesellschaft sichern Wirtschaftsbericht Österreich 2010
73
3.10 Eine soziale Gesellschaft sichern
Im Regierungsprogramm wurden die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Bekämpfung der
Armut in allen relevanten Politikbereichen als zentrale Zielsetzung formuliert. Diesem Vorhaben soll
u.a. durch die Einführung einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung mit 1. September 2010 Rechnung
getragen werden. Die Art. 15a B-VG Vereinbarung des Bundes und der Länder über eine Bedarfsorien-
tierte Mindestsicherung sowie die damit einhergehenden gesetzlichen Änderungen im Arbeitslosen-
versicherungsgesetz (Ausbau der mindestsichernden Elemente bei der Notstandshilfe) sowie in den
Sozialversicherungsgesetzen (Verbesserungen für Kinder von Ausgleichszulageempfängern und -empfän-
gerinnen) wurden im Ministerrat bereits im März 2010 beschlossen. Unter Berücksichtigung der Strategie
»EU 2020« (siehe Abschnitt 1.3), einer wechselseitigen Stärkung von Wirtschafts- und Sozialpolitik, wird
die Bedarfsorientierte Mindestsicherung Anreize zur Aufnahme und Ausweitung der Erwerbsarbeit stärken
sowie fokussierte arbeitsmarktaktivierende Elemente enthalten.
Mit der Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung soll auch der Datenaustausch über Leistun-
gen der Länder und des Bundes verbessert werden. Dies ist ein erster Schritt zu einer transparenteren
Übersicht staatlicher Leistungen. Ziel der Transparenzdatenbank und des Transparenzportals ist es, in
einer Darstellung allen natürlichen und juristischen Personen aufzuzeigen, welche Leistungen die öffent-
liche Hand für sie erbringt. Natürliche und juristische Personen erhalten eine klare Übersicht über ihre
monatlich und jährlich zur Verfügung stehenden Bruttobezüge (bzw. ihren Gewinn vor Steuern und Sozial-
versicherungsbeiträgen bzw. ihre außerbetrieblichen Einkünfte lt. Steuererklärung) und über ihr Nettoein-
kommen (bzw. ihren Gewinn bzw. ihre außerbetrieblichen Einkünfte nach Steuern) inklusive der staatlichen
Leistungen. Gleichzeitig erleichtert eine solche Datenbank in Verbindung mit dem Transparenzportal den
Betroffenen Zugang zu Informationen, Antragstellungen und kann außerdem Amtswege abkürzen. Für die
politischen Entscheidungsträger ist die Transparenzdatenbank in Verbindung mit vorhandenen Daten-
banken (wie z.B. Abgabeninformationssystem, Sozialversicherung, AMS etc.) ein Controllinginstrument,
mit dem unter anderem vorhandene Doppelförderungen analysiert werden können.
Die Beschlussfassung des Transparenzdatenbankgesetzes wird noch im Jahr 2010 erfolgen, sodass
das entsprechende Transparenzdatenbankgesetz mit 1. Jänner 2011 in Kraft tritt. Mit In-Kraft-Treten
dieses Gesetzes sollen sofort die technischen Arbeiten zum Aufbau der Transparenzdatenbank beginnen,
sodass die Einmeldung der für diese Datenbank vorgesehenen Daten anschließend erfolgen kann. Sobald
das erste Bundesland seine Art. 15a B-VG-Vereinbarung unterzeichnet hat und seine Daten in die Trans-
parenzdatenbank eingespeist hat, werden alle zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Daten für die
natürlichen und juristischen Personen dieses einen Bundeslandes im Wege des Transparenzportals indivi-
duell frei geschaltet und damit zugänglich gemacht. Sollten die Verhandlungen mit den übrigen Bundes-
ländern nicht bis 30. Juni 2011 abgeschlossen werden, wird im zweiten Halbjahr 2011, dem Nationalrat ein
Bundesverfassungsgesetz zur Beschlussfassung vorgelegt, mit dem die Bundesländer verpflichtet werden,
die unter »Ziele und Inhalte« genannten Daten zur Verfügung zu stellen, sodass mit 1. Jänner 2012 die
Bundes- und Länderdaten für sämtliche natürliche und juristische Personen im Wege des Transparenzpor-
tals frei geschaltet und damit zugänglich gemacht werden.
Die demographische Entwicklung stellt nicht nur, aber ganz besonders auch für die soziale Nachhaltigkeit
eine große Herausforderung dar. Daher müssen auch im Pensionssystem zeitgerecht Reformen gesetzt
werden.
4.1 Stabilisierungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
76
4.1 Stabilisierungspolitik
Nach einem robusten realen Wirtschaftswachstum von durchschnittlich rund 3% in den drei Jahren zuvor
waren im Herbst 2008 mit einem realen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,6% im Quartalsvergleich
auch in Österreich die negativen Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise erstmals zu
spüren. Als rasche wirtschaftspolitische Reaktion wurden daher bereits im Oktober 2008 das erste Konjunk-
turpaket sowie Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes (siehe weiter unten Abschnitt 4.7)
verabschiedet. Komplettiert wurde die Stimulierung mit dem zweiten Konjunkturpaket, den Arbeitsmarkt-
paketen sowie der vorgezogenen Steuerreform 2009.
Konjunkturpaket 2008 (»Mittelstandsmilliarde«)
Das Maßnahmenbündel aus dem Konjunkturbelebungsgesetz 2008, das am 28. Oktober im Nationalrat
beschlossen wurde, umfasst zusätzliche zukunftsorientierte Investitionen in Schiene, Straße und Breitband
(387 Mio. € 2009/10); einen Rückhalt für Unternehmen – insbesondere KMU – in Form von stillen Beteili-
gungen, erweiterten Garantien und zusätzlichen vergünstigten ERP-Kreditmitteln (1.680 Mio. € 2009/10);
eine Entlastung der Haushalte über eine Bausparförderung (40 Mio. € 2009/10) sowie die Förderung der
Internationalisierung heimischer Unternehmen (50 Mio. € 2009/10). Der Schwerpunkt des Konjunktur -
pakets 2008 lag in der Bereitstellung von Kapital über erweitere Haftungsrahmen an KMU, die mit hohem
Innovationspotential als Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen für über 1,3 Mio. Beschäftigte fungieren und
deren Zugang zu Finanzierungsmitteln durch die Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten stark beein -
trächtigt wurde.
Planwerte für das Konjunkturpaket 2008 Quelle: BMF
Maßnahme Volumen 2009 Volumen 2010 Quelle
Mittelstandsfonds 40 Mio. € 40 Mio. € Budget
Internationalisierungsoffensive 25 Mio. € 25 Mio. € Budget
Bausparförderung 20 Mio. € 20 Mio. € Budget
Infrastrukturmaßnahmen ÖBB 94 Mio. € 183 Mio. € z.T. Budget
(10 Mio. € budgetwirksam) (20 Mio. € budgetwirksam)
Infrastrukturmaßnahmen ASFINAG 50 Mio. € 50 Mio. € laufende Einnahmen
(keine Budgetwirksamkeit) (keine Budgetwirksamkeit)
Förderung IKT/Breitband 10 Mio. € – Budget
Zinsgünstige ERP Kredite plus 200 Mio. € plus 200 Mio. € ERP-Fonds
Drittmittelkredite (v.a. EIB) 200 Mio. € 200 Mio. € EIB
Erhöhung Haftungsrahmen (aws) plus 400 Mio. € plus 400 Mio. € –
Summe 1.039 Mio. € 1.118 Mio. € –
4.1 Stabilisierungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
77
Konjunkturpaket 2009
Gegen Jahresende 2008 wurde die Gesamtstrategie der Bundesregierung zur Wachstumsstimulierung und
Milderung der Kriseneffekte um ein zweites Konjunkturpaket erweitert, das mit dem Konjunkturbelebungs-
gesetz 2009 im März 2009 abgeschlossen wurde. Dieses Maßnahmenbündel beinhaltet Infrastrukturinves -
titionen im Bereich der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) sowie der thermischen Sanierung (in Summe
975 Mio. € 2009/10); die befristete Möglichkeit der vorzeitigen Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgütern
als Unterstützung der Unternehmen (250 Mio. € 2010, wobei sie trotz Befristung mit geschätzten budgetären
Effekten von 350 Mio. € im Jahr 2011) bzw. 100 Mio. € im Jahr 2012 nachwirkt); eine Erweiterung öffentli-
cher Ausgaben für F&E (100 Mio. € 2009/10), ein verpflichtendes kostenloses Kindergartenjahr
(70 Mio. € im Schuljahr 2009/10, davon 25 Mio. € im Kalenderjahr 2009 sowie 70 Mio. € im Schuljahr
2010/2011) sowie regionale Beschäftigungsprogramme (150 Mio. € 2009/10) zur Arbeitsmarktstimu lierung.
Steuerreform
Die vorgezogene und mit 1. Jänner 2009 rückwirkende Steuerreform ist mit einem Gesamtvolumen von
rund 3 Mrd. € pro Jahr ein wichtiges Element der wirtschaftspolitischen Reaktion der Bundesregierung auf
die Finanz- und Wirtschaftskrise. Zentraler Teil der Steuerreform ist die Tarifentlastung im Bereich der
Lohnsteuer, die über die Anhebung der Besteuerungsgrenzen und über die Reduktion der Tarifstufen und
der Steuersätze erreicht wurde. Über die enthaltene Lohnsteuerentlastung wird weiters für Familien
in Form einer ausgeweiteten steuerlichen Berücksichtigung von Kindern eine signifikante Erhöhung der
verfügbaren Einkommen erreicht. Das WIFO quantifiziert den resultierenden kumulierten positiven
BIP-Wachstumseffekt bis 2010 mit 0,6%. Die Unternehmen profitieren zusätzlich durch einen erweiterten
Gewinnfreibetrag und werden in ihrer Investitionstätigkeit gestärkt (für Details zur Steuerreform: siehe
Wirtschaftsbericht 2009).
Volkswirtschaftliche Wirkung der Maßnahmen
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und das Institut für höhere Studien (IHS) führten bereits
ex-ante Evaluierungen der Konjunkturpakete durch. Das IHS errechnete dabei einen Wachstumsbeitrag
der Konjunkturpakete des Bundes und der Steuerreform kumuliert für die Jahre 2009 und 2010 in der
Höhe von rund 0,9%-Punkten. Werden die Maßnahmen der Bundesländer berücksichtigt, ergibt sich ein
BIP-Effekt von rund 1,2%. Für den Arbeitsmarkt bedeutet dies ein Plus von 15.690 Beschäftigten aus den
Maßnahmen des Bundes und von 21.300 Beschäftigten aus den Maßnahmen von Bund und Ländern.
Planwerte für das Konjunkturpaket 2009Quelle: BMF
Maßnahme Volumen 2009 Volumen 2010
Vorzeitige Abschreibung – 250 Mio. €
BIG-Offensive 355 Mio. € 520 Mio. €
(205 Mio. Renovierung/
Instandhaltung; 150 Mio. € thermische Sanierung)
Thermische Sanierung 100 Mio. € –
Zusätzliche F&E-Mittel 50 Mio. € 50 Mio. €
Regionale Beschäftigungsprogramme 75 Mio. € 75 Mio. €
Verpflichtendes kostenloses Kindergartenjahr 25 Mio. € 70 Mio. €
Summe 605 Mio. € 965 Mio. €
4.1 Stabilisierungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
78
Das WIFO ist etwas optimistischer und geht von BIP-Effekten der Maßnahmen des Bundes von kumuliert
1,0% und von Effekten der Maßnahmen von Bund und Ländern von 1,4% aus. Die Beschäftigungseffekte
der Maßnahmen des Bundes werden auf 19.700 Beschäftigte, jene von Bund und Ländern zusammen auf
26.600 Beschäftigte geschätzt. Das WIFO berechnet auch die Effekte der Konjunkturprogramme der zehn
für Österreich wichtigsten Handelspartner (d.s. Deutschland, Italien, USA, Schweiz, Frankreich, Tschechische
Republik, Großbritannien, Ungarn, Spanien und Polen). Diese wirken kumuliert mit 0,8% auf das BIP und
erhöhen die Nachfrage nach Arbeitskräften um 16.400 Personen. Damit ergibt sich ein Gesamtbeschäfti-
gungseffekt – Bund, Länder und Handelspartner – von 43.000 Personen und ein Gesamtwachstumseffekt
von 2,1%.
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
79
Wettbewerbspolitik in einemschwierigen konjunkturellen UmfeldDie Aufgabe der Wettbewerbspolitik besteht in der Sicherung funktionierenden Wettbewerbs. In der Phase
des jüngsten Konjunkturabschwungs hat sich gezeigt, dass die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts
weiter an Bedeutung gewinnt. Voraussetzung ist allerdings eine flexible Anwendung der gegebenen Ins -
trumentarien.
Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Bericht über die Wettbewerbspolitik 2008, der im März
2010 vom Europäischen Parlament behandelt wurde, hat das Schwerpunktthema »Kartelle und Verbrau-
cher«. Neben der Darstellung der Anwendung und Weiterentwicklung von Kartell-, Fusions- und Beihilfe-
vorschriften sowie der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Wettbewerbsnetz und den nationalen
Gerichten wird aufgrund der schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Lage auf die Prüfung von
Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen durch die Kommission besonders eingegangen. Besonderes
Augenmerk ist in der Wettbewerbspolitik auf die Bedeutung der KMU zu legen, die auch einen wesentlichen
Beitrag zur Beschäftigung in der EU leisten. Folgerichtig fordert das Europäische Parlament in seiner
Entschließung zum jüngsten Bericht der Kommission, künftig der KMU-Thematik einen größeren Stellen-
wert in der Wettbewerbspolitik einzuräumen.
Fallübersicht
Die Struktur der durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zu bearbeitenden Fälle hat seit der Publika-
tion des letzten Wirtschaftsberichts keine wesentlichen Änderungen erfahren.
Unternehmenszusammenschlüsse
Im Zusammenhang mit der Finanzkrise und dem folgenden wirtschaftlichen Abschwung verminderte sich
die Zahl der in Österreich angemeldeten Unternehmenszusammenschlüsse deutlich.
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik
Fallstatistik der BundeswettbewerbsbehördeQuelle: BWB
2. Quartal 2009 – 1. Quartal 2010 2. Quartal 2008 – 1. Quartal 2009
Nationale Fälle – Summe 353 435
Davon u.a.: Zusammenschlussanmeldungen 196 264
Kartelle 17 23
Marktmachtmissbrauchsverfahren 15 7
EU-Fälle – Summe 338 358
Davon: Kartell- und Marktmachtmissbrauch (EU) 62 32
Fusionsfälle (EU) 276 326
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
80
Der Rückgang konzentriert sich allerdings in hohem Maße auf jene Zusammenschlüsse, die durch Private
Equity getrieben sind. Diese Fälle stellen vielfach internationale Fusionen dar, welche zwar die niedrigen
österreichischen Anmeldeschwellen überschreiten, jedoch zumeist nur wenige Assets mit erheblichem
Österreichbezug umfassen.
Starke öffentliche Aufmerksamkeit erweckte der am 17. August 2009 angemeldete Zusammenschluss
der Styria Media Group mit der Moser Holding. Die neue Gruppe wäre zum umsatzstärksten Printmedien-
Unternehmen geworden. Im gesamten Medienbereich hätte sie nur noch der ORF übertroffen.
Die Untersuchungen der Bundeswettbewerbsbehörde ergaben eine Marktbeherrschung auf den jeweiligen
regionalen Anzeigenmärkten und eine potentielle Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung durch
das Absaugen von Werbekunden regionaler Printmedien mit nationalen/überregionalen Werbeinteressen.
Hinzu kam eine mögliche Beeinträchtigung der Medienvielfalt. Die beiden Unternehmen nahmen im Jänner
2010 von ihrer Fusionsabsicht Abstand, sodass die Wettbewerbsbehörden die beim Kartellgericht einge-
brachten Prüfungsanträge zurückzogen.
Wettbewerbswidrige Vereinbarungen
Verbotene Preisabsprachen sind illegale Handlungen und müssen – auch – mit entsprechenden polizeilichen
Maßnahmen bekämpft werden. Es wurde daher ein Übereinkommen zwischen der Wettbewerbsbehörde
und dem Bundeskriminalamt zur Unterstützung der Wettbewerbsbehörde bei Hausdurchsuchungen sowie
bei der Auswertung beschlagnahmter elektronischer Daten geschlossen. Weiters sollen die Experten und
Expertinnen der Wettbewerbsbehörde und des Bundeskriminalamtes die Aus- und Weiterbildungsmaßnah-
men der jeweilig anderen Behörde nutzen können. Damit stehen der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts
die modernste technische Ausrüstung und das rezente kriminaltechnische Fachwissen der Kriminalpolizei
zur Verfügung.
140
120
100
80
60
40
20
0
64 66 67
7583 84
88 87
5869 74 67
54
46
59
5338
1.
Quar
tal 2006
2.
Quar
tal 2006
3.
Quar
tal 2006
4.
Quar
tal 2006
1.
Quar
tal 2007
2.
Quar
tal 2007
3.
Quar
tal 2007
4.
Quar
tal 2007
1.
Quar
tal 2008
2.
Quar
tal 2008
3.
Quar
tal 2008
4.
Quar
tal 2008
1.
Quar
tal 2009
2.
Quar
tal 2009
3.
Quar
tal 2009
4.
Quar
tal 2009
1.
Quar
tal 2010
Entwicklung der Unernehmenszusammenschlüsse Quelle: BWB
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
81
Die folgenden beiden Fälle wettbewerbswidrigen Verhaltens waren in den letzten Monaten besonders
interessant: Das Kartellgericht verhängte am 14. April 2010 auf Grund von Anträgen der Bundeswett -
bewerbsbehörde insgesamt Geldbußen von 1,5 Mio. € über Unternehmen der Druckchemikalienbranche.
Damit gab das Kartellgericht den Anträgen der Wettbewerbsbehörde vollinhaltlich Recht. Die Geldbußen
sind im Verhältnis zu anderen Verfahren – etwa dem Aufzugskartell mit 75,4 Mio. € – deutlich geringer,
weil der betroffene Markt (Vertrieb/Großhandel mit Druckchemikalien) wesentlich kleiner ist. Die Bundes-
wettbewerbsbehörde hatte das Druckchemikalien-Kartell nach monatelangen Ermittlungen aufgedeckt.
Die involvierten Unternehmen hatten umfassend und jahrelang die Preise für Druckchemikalien abge -
sprochen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Bundeswettbewerbsbehörde brachte Ende Februar
2010 nach umfangreichen Ermittlungen und mit Hilfe eines Kronzeugen zwei Kartellabsprachen in der
heimischen Speditionsbranche vor das Kartellgericht. Die mutmaßlichen Absprachen betreffen das Spediti-
onsgeschäft mit Stückgut (Sammelladungsverkehr) in den Jahren 1994 bis 2007. An den österreichweiten
Absprachen nahmen über 40 Speditionsunternehmen teil, die dafür sogar ein eigenes Gremium – die soge-
nannte »Speditions-Sammelladungs-Konferenz« – gegründet hatten.
Marktmachtmissbrauch
Im August 2009 beantragte die Bundeswettbewerbsbehörde bezüglich der fünf führenden Flüssiggasan-
bieter beim Kartellgericht die Abstellung des Missbrauchs einer (kollektiv) marktbeherrschenden Stellung
und die Verhängung von Geldbußen. Die Ermittlungen der BWB ergaben, dass diese Unternehmen in der
Marktwachstumsphase (bis 1996) eine Marktzutrittsschranke in Form von Kopplungsvereinbarungen
aufgebaut hatten, die in der Marktsättigungsphase (seit 1997) den Eintritt und das Wachstum von freien
Anbietern für mindestens drei Viertel des nationalen Tankflüssiggasmarktes behinderte. Diese Kopplungs-
vereinbarungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Bereitstellung des Flüssiggastanks mit einer exklu-
siven Belieferungsklausel (Ausschließlichkeitsbindung) verknüpft ist. Eine Kündigung des Kopplungsver-
trages durch den Kunden ist mit prohibitiven Wechselkosten verbunden (der Rückgabe des vorhandenen
Flüssiggastanks und der Anschaffung eines neuen).
Marktuntersuchungen
Wie in den Vorjahren schenkte die Bundeswettbewerbsbehörde dem Treibstoffmarkt ihr besonderes
Augenmerk. Neben den laufenden Arbeiten (permanentes Monitoring, publiziert im Treibstoff-Newsletter)
stand die regionale Spreizung der Treibstoffpreise im Vordergrund. Denn trotz der begrenzten räumlichen
Ausdehnung Österreichs und seiner vergleichsweise homogenen Struktur können signifikante regionale
Unterschiede bei den Tankstellenpreisen festgestellt werden.
Im Bericht »Treibstoffpreise und deren spezifische Einflussfaktoren im Bundesland Vorarlberg« gelangte
die Wettbewerbsbehörde zur Schlussfolgerung, dass für die hohen regionalen Treibstoffpreise die Tank-
stellenstruktur maßgebend ist: Vorarlberg weist im Österreichvergleich den höchsten Anteil an Tankstellen
der Majors und nur wenige unabhängige Anbieter auf. Im Bericht »Treibstoffpreise in Salzburg: Entwick-
lungen und Einflussfaktoren« wurden die durch den Markteintritt von Diskont-Tankstellen initiierten
Preisänderungen analysiert: Das durchschnittliche Salzburger Treibstoffpreisniveau wurde durch den
Markteintritt deutlich nach unten gedrückt (relativ zur früheren Position dieses Bundeslandes im Österreich-
schnitt). Die Preise der Konkurrenz reagierten bereits antizipativ vor dem eigentlichen Markteintritt, zeigten
dann ein deutliches Unterschießen, um sich schließlich – relativ weiträumig – auf einem vergleichsweise
niedrigeren Niveau einzupendeln.
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
82
Internationale Kooperation und Erfahrungsaustausch
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) startete im Rahmen des bewährten »Marchfeld-Forums« eine
länderübergreifende »Merger Plattform«: Die Wettbewerbsbehörden Bulgariens, Estlands, Ungarns,
Lettlands, Litauens, Polens, Rumäniens, der Slowakei, Sloweniens, Kroatiens und der Schweiz beteiligen
sich an dem von der österreichischen Behörde initiierten Projekt, das den Austausch der Informationen
über angemeldete Fusionsfälle umfasst. Eine solche Informationsplattform existierte bislang auf europäi-
scher Ebene zwischen Wettbewerbsbehörden nicht. Die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen können
nun mit einem Blick in die Datenbank feststellen, ob ein Unternehmen auch in anderen Ländern einen
Zusammenschluss angemeldet hat.
Die bestehenden Kooperationsabkommen mit mittel- und osteuropäischen Behörden haben sich als wert-
voller Rahmen für die bilaterale Kooperation erwiesen. So unterstützte die Bundeswettbewerbsbehörde die
kroatische und die serbische Behörde mit Seminaren bei der Weiterentwicklung von Enforcement-Techniken.
Um die bereits begonnene Zusammenarbeit nunmehr auf eine gesicherte Basis zu stellen, wurden bilate-
rale Kooperationsabkommen (»memorandums of understanding«) mit den Präsidenten der russischen
sowie der ukrainischen Wettbewerbsbehörde abgeschlossen.
EU-Beihilfenrecht
In einer raschen Reaktion auf das Übergreifen der Krise vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft beschloss
die Europäische Kommission im Dezember 2008 vorübergehende, mit 31. Dezember 2010 befristete, bei-
hilferechtliche Erleichterungen für Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Milderung der realwirtschaftlichen
Auswirkungen der Krise. Von den sechs Ausnahmetatbeständen des Gemeinschaftsrahmens wurden von
Österreich die Möglichkeiten der Gewährung von Pauschalbeihilfen bis zu 500.000 € je Unternehmen und
der begünstigten Risikokapitalbeihilfevergabe sowie Verfahrensvereinfachungen für die kurzfristige Export-
kreditversicherung in Anspruch genommen. Mit dem Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (ULSG)
wurde die Basis für die Übernahme von Haftungen zugunsten von Großunternehmen bis zu 300 Mio. €
geschaffen. Durch den Einsatz dieser Instrumente konnte ein wichtiger Beitrag für den Zugang von Unter-
nehmen zu Finanzmitteln und zur Lockerung der Kreditklemme geleistet werden. Jüngste Erhebungen bei
den österreichischen Förderungsstellen ergaben jedoch für 2010 eine gegenüber dem Jahr 2009 bereits
deutlich reduzierte Nutzung der temporären beihilferechtlichen Begünstigungen. In einzelnen Bundeslän-
dern wird der Gemeinschaftsrahmen nicht mehr angewendet. Das ursprünglich geschätzte bundesweite
Volumen der entsprechenden Beihilfen von 300 Mio. € wurde bisher deutlich unterschritten.
Ausbau und Vertiefung des BinnenmarktesAuch die neue Kommission hat die weitere Vertiefung des Europäischen Binnenmarktes ganz oben auf die
Agenda geschrieben. Die Ziele stehen schon seit Beginn der Europäischen Integration fest: nämlich die
Verwirklichung des freien Personen-, Waren-, Güter- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemein-
schaft. Im Folgenden sollen drei wichtige Aspekte des Binnenmarktes näher erläutert werden.
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
83
Binnenmarktanzeiger
Der Binnenmarktanzeiger (Internal Market Scoreboard) ist ein halbjährlicher Bericht der EK, welcher über
den Umsetzungsstand der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Binnenmarktrichtlinien und der Anzahl von Ver-
tragsverletzungsverfahren der Mitgliedstaaten informiert. Die 20. Ausgabe des Binnenmarktanzeigers
wurde am 1. März 2010 im Rahmen des Rates Wettbewerbsfähigkeit präsentiert. Der Binnenmarktanzeiger
ist in zwei große Bereiche geteilt: Einerseits die in jeder Ausgabe erstellte Untersuchung der Rechtsumset-
zung von Binnenmarktgesetzen in nationales Recht, welche anhand von vier wichtigen Herausforderungen
abgehandelt wird:
• Das durchschnittliche Umsetzungsdefizit soll in allen Mitgliedstaaten die 1%-Marke nicht überschreiten,
• keine Toleranz bei mehr als zweijähriger Nichtumsetzung von Binnenmarktregelungen,
• Reduktion von Umsetzungsverzögerungen,
• Verbesserung von Konformität der Legislatur.
Andererseits wird in jeder Edition Augenmerk auf eine spezifische Thematik gelegt, welche im zweiten
Teil des Anzeigers behandelt wird. Im aktuellen Binnenmarktanzeiger beschäftigte sich die EK mit der
Um setzung von EuGH-Urteilen. Ein wichtiger Befund der 20. Ausgabe des Binnenmarktanzeigers war die
Reduktion der Fragmentierung des Binnenmarktes. 2009 war der Binnenmarkt, gemessen an der Umset-
zung der bestehenden Richtlinien, zu 95% vollendet.
Dienstleistungsrichtlinie
Die für die Vollendung des Binnenmarkts wichtige Dienstleistungsrichtlinie ist am 28. Dezember 2006 in
Kraft getreten. Danach stand den Mitgliedstaaten eine dreijährige Frist zur Verfügung, um die Bestimmungen
der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die für die Dienstleistungserbringer bedeutsamste Neue-
rung aus der Dienstleistungsrichtlinie, die Einheitlichen Ansprechpartner, wurden in Österreich bei den
neun Ämtern der Landesregierungen eingerichtet und haben pünktlich ihren Betrieb aufgenommen. Diese
Anlaufstelle bietet in- und ausländischen Unternehmern und Unternehmerinnen die Möglichkeit, sämtliche
Anträge, die für die Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich sind, bei einer einzigen Stelle
einzubringen und spezifische Auskünfte zu erhalten. Die Einheitlichen Ansprechpartner bearbeiten Anträge
nicht selbst, sondern reichen sie den zuständigen Stellen weiter. Durch elektronische Kommunikation ist
dabei die kürzest mögliche Bearbeitungszeit gewährleistet; die Antragsteller erhalten die entsprechenden
Bescheide und sonstigen behördlichen Mitteilungen direkt von der in der Sache zuständigen Stelle.
Bezüglich der gemäß der Dienstleistungsrichtlinie einzurichtenden elektronischen Verfahren konnte Öster-
reich auf ein bereits weit entwickeltes System zurückgreifen. Die verfahrensabwickelnden Stellen erstellten
Verfahrensbeschreibungen, die den Einheitlichen Ansprechpartner zur Verfügung gestellt wurden. Das Portal
www.eap.gv.at des Bundes stellt die Verbindung zu den einzelnen Einheitlichen Ansprechpartner her,
bei denen die elektronischen Verfahren unmittelbar abgewickelt und Formulare herunter geladen werden
können. Für die häufigsten Berufe bietet der Dienstleistungsassistent des Bundes, der ebenfalls über das
Portal erreicht werden kann, ausführliche Beschreibungen.
Nach dem Ende der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten die ebenfalls von der Richtlinie vorgesehene
gegenseitige Evaluierung begonnen. Dabei prüfen die Mitgliedstaaten die Umsetzungsmaßnahmen der
anderen und können insbesondere feststellen, ob bisher bestehende Behinderungen des Dienstleistungs-
verkehrs beseitigt wurden. Diese Evaluierung wurde zunächst in Kleingruppen und danach unter dem
Vorsitz der Europäischen Kommission im Plenum der Mitglieds- und EWR-Staaten abgehalten und soll bis
Herbst 2010 abgeschlossen sein.
4.2 Wettbewerbs- und EU-Binnenmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
84
Better Regulation – Bessere Rechtssetzung
Unter better regulation versteht man die Strategie der EU, die sich einer besseren Rechtssetzung ver-
schrieben hat, insbesondere um bürger- und bürgerinnen- und unternehmensfreundlichere rechtliche
Rahmenbedingungen zu schaffen. Better regulation basiert auf vier Säulen:
• Vereinfachung bestehender Rechtsvorschriften,
• Verwaltungslastenreduktion,
• Impact Assessment & öffentliche Konsultationen,
• Überwachung der Anwendung des Gemeinschaftsrechts.
Im Rahmen einer Änderung des Begriffes in »smart regulation«, werden diese vier Säulen um eine weitere,
nämlich die der Evaluierung, ergänzt. Ziel und Grundintention der Strategie bleibt aller Voraussicht nach
die Schaffung schlanker regulatorischer Rahmenbedingung für Unternehmen, um deren Wettbewerbs- und
Konkurrenzfähigkeit zu steigern. Im September 2007 setzte EK-Präsident Barroso eine high-level-group,
bestehend aus unterschiedlichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, unter der Leitung des ehe-
maligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ein, welche sich eingehend mit der Thematik der
Verwaltungslastenreduktion beschäftigt. Diese Gruppe legte im September 2009 ein umfassendes Büro-
kratieabbaupaket (berechnetes Einsparungspotential: ca. 40 Mrd. €) vor, welches vor allem Kleine- und
Mittlere Unternehmen berücksichtigt (»think small first«).
Die bessere Rechtsetzungsstrategie ist also ein in der Gesetzgebung mitzudenkendes, abstraktes Konzept
und nicht direkt output-orientiert, weswegen Erfolge der Strategie nicht unbedingt auf den ersten Blick
erkennbar sind. Dennoch gibt es Zielvorgaben, welche von allen Mitgliedstaaten erreicht werden sollen:
So sollen zum Beispiel bis 2012 25% der Verwaltungslasten für Unternehmer und Unternehmerinnen
reduziert werden. Österreich hat sich das Ziel gesteckt, diese EU-Vorgaben bereits im Laufe des Jahres
2010 zu erreichen. Die nationale Messung der Verwaltungskosten erfolgt anhand des Standardkosten -
modells.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
85
Unternehmensgründungen und -weiterentwicklungen29.051 Personen wagten 2009 den Schritt in die Selbstständigkeit und gründeten ihr eigenes Unternehmen.
Trotz angespannter wirtschaftlicher Situation war die Zahl der Unternehmensgründungen 2009 nur leicht
rückläufig, gegenüber 2008 konnte man nur einen Rückgang von 2% feststellen. Der Vergleich der letzten
Jahre zeigt, dass der Trend zu mehr Unternehmensgründungen in Österreich nachhaltig ist und sich seit
2006 laut Wirtschaftskammer Österreich auf einem annähernd gleich hohen Niveau bewegt. Beachtlich ist
dabei der Rekordwert der Gründerinnen mit mehr als 40% der neugegründeten Unternehmen. Den Bran-
chenschwerpunkt bildete 2009 mit 36,8% die Unternehmensgruppe »Gewerbe und Handwerk«, gefolgt
vom »Handel« mit 26% und der Sparte »Information und Consulting« mit 22,9%. Große Gründungs -
potentiale für die Zukunft liegen noch bei Sozial- und Gesundheitsberufen. Die Anzahl der Ein-Personen-
Unternehmen ist weiterhin steigend – bereits mehr als 50% aller gewerblichen Unternehmen sind EPU
(Frauenanteil 42%). Die Zahl der EPU ist 2009 mit 225.592 Betrieben auf ein neues Rekordniveau geklettert.
Den höchsten EPU-Anteil verzeichnet die Sparte Information und Consulting, gefolgt von der Sparte
Gewerbe und Handwerk und der Sparte Handel.
Gründen an einem Tag ist Realität geworden. Wer in Österreich ein nicht protokolliertes (d. h. nicht im
Firmenbuch eingetragenes) Einzelunternehmen gründen möchte, kann dies innerhalb eines Tages nahezu
kostenlos durchführen. Österreich nimmt hier verglichen mit sehr unternehmerfreundlichen Ländern wie
Deutschland, Großbritannien, Schweden, Niederlande oder Finnland eine absolute Spitzenposition ein.
Voraussetzung für eine nachhaltige Gründungsdynamik sind deutliche Signale der Wirtschaftspolitik.
Rechtliche und administrative Hürden wurden beseitigt. Das soziale Netz für Jungunternehmer und
Jungunternehmerinnen wurde mit der neuen Selbständigenvorsorge und der freiwilligen Arbeitslosenver -
sicherung den besonderen Bedürfnissen angepasst und bietet auch für diese Gruppe mehr Sicherheit,
mehr Flexibilität und mehr Chancen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Sicherstellung und
Ausbau eines attraktiven unternehmerischen Umfelds von noch zentralerer Bedeutung. Jungunternehmer
profitieren von zahlreichen Maßnahmen der Konjunkturpakete, wie z.B. dem Entfall der Lohnnebenkosten
für den ersten Mitarbeiter bzw. die erste Mitarbeiterin im Jahr der Anstellung, der Erhöhung des Haftungs-
rahmens der aws und der Förderreform der ERP-Kleinkredite, die seit Jahresbeginn auch Mikrounternehmen
zugutekommen sowie der Einführung eines »Jahressechstels« für Unternehmer. Aufgrund des hohen
Anteils von Jungunternehmen im Bereich Gewerbe und Handwerk profitieren diese auch von nachfrage -
seitigen Konjunkturmaßnahmen, wie der thermischen Sanierung. Auch die Möglichkeit der vorzeitigen
Abschreibung kommt auch jungen, investitionsintensiven Unternehmen zugute. Für 2009–2011 werden
insgesamt rund 700 Mio. € an Steuererleichterungen geschätzt. Weitere Maßnahmen wurden vor allem für
innovative Jungunternehmen gesetzt wie zum Beispiel die Venture-Capital-Initiative der aws oder die
Förderung von Gründungen im Hochtechnologiebereich sowohl durch FFG-Programme als auch im Rahmen
der »aws-JungunternehmerInnen-Offensive«. Ein verstärkter Wirtschaftsbezug in Schulen (z.B. »Projekt
Junior«) und Universitäten soll den Unternehmergeist schon möglichst früh wecken. Die Umsetzung
der GmbH-Reform, die Erleichterungen bei Gründung von GmbHs (Kostensenkung, Verkürzung der
Gründungsdauer, Senkung des Mindeststammkapitals) mit sich bringen wird (siehe Abschnitt 3.3), ist bis
Ende 2010 geplant.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
86
Die Bestandsquoten österreichischer Unternehmen sind beachtlich. Drei Jahre nach der Gründung bestan-
den noch über 80%, nach fünf Jahren existieren noch sieben von zehn Unternehmen. Absolut gesehen
steigen die Zahlen der überlebenden Gründungen generell stark an. Vergleicht man die Zahl der Unter-
nehmensgründungen mit der Zahl der Firmenschließungen, so gibt es doppelt so viele Gründungen wie
Schließungen.
Als Weiterentwicklung der Gründungspolitik, um den Bestand von Unternehmen zu sichern, sind die
Bestrebungen zu sehen, Sanierungen zu erleichtern. Am 2. März 2010 wurde die Regierungsvorlage für ein
Insolvenzrechtsänderungs-Gesetz 2010 beschlossen, das mit 1. Juli 2010 in Kraft getreten ist. Anstelle
der Unterteilung in Konkurs- und Ausgleichsverfahren soll ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen
werden, das bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans als Sanierungsverfahren, ansonsten als
Konkursverfahren zu bezeichnen ist. Damit sollen die Schuldner zu einer früheren Antragstellung motiviert
werden. Gleichzeitig soll durch die Bezeichnung als Sanierungsverfahren auch für die Vertragspartner des
Schuldners die – positive – Ausrichtung des Verfahrens klargestellt werden. Sofern der Schuldner bei Ver-
fahrenseröffnung qualifizierte Unterlagen vorlegt (etwa einen Finanzplan) und im Sanierungsplan eine
Quote von zumindest 30% anbietet, soll ihm überdies die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Verwalters
belassen werden. Um die Sanierung im Insolvenzverfahren zu fördern, soll dem Schuldner für einen
beschränkten Zeitraum der notwendige Spielraum zur Vorbereitung der notwendigen Maßnahmen gegeben
werden: So soll die Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners nur in Ausnahmefällen
möglich sein und der Zugriff der gesicherten Gläubiger weiter aufgeschoben werden.
UnternehmensfinanzierungEine unmittelbare Folge von Finanzkrisen sind oftmals Einschränkungen der Banken bei der Kreditvergabe.
Fortlaufende Analysen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zeigen, dass sich das Jahreswachstum
des aushaftenden Kreditvolumens der österreichischen Banken an die Unternehmen im Jahr 2009 abge-
schwächt hat. Gerade in diesen schwierigen Zeiten sind die Aktivitäten der öffentlichen Förderungsstellen
von zentraler Bedeutung.
Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws)
Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 machte die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) zu einem
bedeutenden Player im Zusammenhang mit der Umsetzung des von der Bundesregierung geschnürten
Konjunkturbelebungspakets I (Erhöhung des ERP-Jahreskreditvolumens von 400 Mio. € auf 600 Mio. €,
Einführung des ERP-Kleinkreditprogramms, Ausweitung des Haftungsinstrumentariums, Haftungen für
Überbrückungsfinanzierungen, Mittelstandsfonds). Die Förderagentur des Bundes hat im ersten Halbjahr
2009 die neuen Instrumente und Möglichkeiten des Konjunkturbelebungsgesetzes und des temporären
Beihilferahmens der EU implementiert. Neu eingeführt wurde im Mai 2009 die Möglichkeit auch Über-
brückungsfinanzierungen zu behaften. Der Mittelstandsfonds als Tochter der aws wurde im September
2009 operativ tätig.
Die Leistungsentwicklung der aws zeigt insgesamt einen deutlichen Anstieg der Anzahl der Förderfälle
(rund +15%; bei allen Instrumenten mit Ausnahme der Zuschüsse) bei gleichzeitigem geringfügigen
Rückgang der Förderleistung (rd. -1%), insbesondere bei den Haftungsinstrumenten, nicht zuletzt auf-
grund deutlich geringerer durchschnittlicher Projektvolumina. Dies spiegelt die konjunkturbedingte Zurück-
haltung der Unternehmen bei Investitionen wider – viele größere Projekte wurden nicht durchgeführt oder
redimensioniert. Die auf Basis KMU-Förderungsgesetz genehmigten Haftungen konnten dagegen von rund
71 Mio. € auf rund 99 Mio. € und somit um rund 39% gesteigert werden.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
87
Auch die Garantieübernahmen im Rahmen des Garantiegesetzes nahmen 2009 deutlich zu. Mit einem
Garantievolumen von insgesamt rund 158 Mio. € (davon rund 48 Mio. € Haftungen für Internationalisie-
rungsprojekte) konnte 2009 ein Investitions- und F&E-Volumen von insgesamt rund 675 Mio. € initiiert
werden.
Auch im Jahr 2010 werden österreichischen Unternehmen mit Krediten, Zuschüssen, Haftungen,
Eigenkapital sowie Beratungs- und Serviceleistungen unterstützt. Damit setzt die Förderagentur aws wich-
tige Impulse für den konjunkturellen Aufschwung. In Summe wird auch für 2010 eine Förderungsleistung
von 1 Mrd. € angestrebt. 2010 wartet die aws außerdem mit einer Verbesserung des bestehenden Ange-
bots sowie neuen Förderungsprogrammen auf:
• ERP-Kleinkredite: Mit 2010 wurde der maximale Kreditbetrag von 30.000 € auf 100.000 € ange -
hoben. Die Zinssätze für ERP-Kleinkredite wurden deutlich gesenkt. Sie betragen ab 2010 0,5% in
der tilgungsfreien Zeit und 1,5% in der Tilgungszeit. Insgesamt sind für ERP-Kleinkredite 50 Mio. €
reserviert.
• Haftungen für Überbrückungsfinanzierungen: Haftungen können für Betriebsmittelfinanzierungen
(Haftungsquote 80% von max. 2,5 Mio. € Kreditbetrag) an grundsätzlich gesunde und strukturell gut
ausgerichtete KMU, die aufgrund der aktuellen Finanzkrise über keine oder nicht ausreichende Liqui-
dität zur Finanzierung des laufenden Betriebs verfügen, übernommen werden. Sie stehen auch KMU
zur Verfügung, die aufgrund der Wirtschaftskrise eine strukturelle Anpassung und Neuausrichtung im
Unternehmen vornehmen.
• Mittelstandsfonds: Der Mittelstandsfonds stellt 2010 zusätzliche 40 Mio. € als langfristiges Expan-
sionskapital zur Verfügung. Es handelt sich um den größten österreichischen Fonds für stille Unter-
nehmensbeteiligungen.
• Venture-Capital-Initiative: Die aws-Venture-Capital-Initiative stellt Kapital für forschungs- und techno-
logieorientierte Unternehmen in der Gründungs- und Frühphase in Form von Beteiligungen an Früh -
phasenfonds zur Verfügung. Das Pilotprojekt startet 2010 mit einer Risikokapitaltranche von 15 Mio. €.
• Neue Garantierichtlinien: Im Rahmen angepasster Garantieprogramme werden für große Unter -
nehmen in Regionalfördergebieten ebenso wie für die Internationalisierung von KMU, F&E&I- oder
Umweltprojekte geförderte Garantien angeboten. Darüber hinaus können österreichische KMU
außerhalb dieser Förderungsschwerpunkte durch beihilfenfreie Garantien bei der Realisierung von
Wachstumsprojekten unterstützt werden.
• Haftungsübernahmen für Jungunternehmer: Durch eine Rückhaftungsvereinbarung der aws mit dem
Europäischen Investitionsfonds im Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Wettbe-
werbsfähigkeit und Innovation (CIP) können nunmehr bei Haftungsübernahmen für Jungunter -
nehmerkleinkredite bis 30.000 € besonders günstige Förderungskonditionen angeboten werden.
So wird bei diesen Fällen generell auf die Verrechnung eines Bearbeitungsentgeltes verzichtet.
Das Haftungsentgelt ist – unabhängig vom Risiko – mit maximal 0,6% pro Jahr begrenzt. Für das
Gesamtjahr 2010 wird somit gerade bei den kleineren Gründungsvorhaben mit einer Ausweitung der
Nachfrage insbesondere nach Haftungsübernahmen gerechnet.
ERP-Fonds
Im Rahmen der Konjunkturbelebungsmaßnahmen der Bundesregierung wurde das ERP-Jahreskredit -
volumen für 2009 um 200 Mio. € auf 600 Mio. € aufgestockt. Die zusätzlichen Mittel wurden speziell in den
Regional- und KMU-Programmen eingesetzt und das ERP-Kleinkreditprogramm neu eingeführt. Im abge-
laufenen Wirtschaftsjahr 2009 wurde ein Kreditvolumen von rund 556 Mio. € für 812 Projekte vergeben.
Damit wurden Investitionen in Höhe von rund 1.294 Mio. € unterstützt. Davon entfielen 551 Zusagen und
ein Kreditvolumen von 13,8 Mio. € auf das neue Kleinkreditprogramm. Im Bereich Industrie (ohne Klein-
kreditprogramm) und produktionsnahe Dienstleister konnte in 200 Projekten die Schaffung von über 2.800
neuen Arbeitsplätzen unterstützt werden, rund 45% davon in benachteiligten Regionen.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
88
Die Schwerpunkte der Förderungstätigkeit lagen entsprechend den Intentionen der Bundesregierung und
den ERP-Richtlinien im Regionalprogramm und im ERP-KMU-Programm. Auf beide Programme entfielen
zusammen etwa drei Viertel aller genehmigten Projekte außerhalb des Kleinkreditprogramms. 93% der
Zusagen und 66% der Förderleistung ging an kleine und mittlere Unternehmen (bis 250 Beschäftigte).
Rund 184 Mio. € wurden der Technologie- und Innovationsförderung gewidmet. Weitere 10 Mio. € wurden
in Form von Zuschüssen an die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung zur Ver -
fügung gestellt. Auch für das Jahr 2010 ist von der Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturbele-
bungspaketes der Bundesregierung ein erhöhtes ERP-Kreditvolumen in Höhe von 600 Mio. € festgesetzt
worden. Durch das Hinaufsetzen der Kreditobergrenze im ERP-Kleinkreditprogramm von 30.000 € auf
100.000 € ist eine verstärkte Inanspruchnahme der ERP-Kleinkredite zu erwarten.
Unternehmensbezogene Arbeitsmarktförderung
Im Rahmen der Unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung besteht die Möglichkeit, Unternehmen
im Zusammenhang mit der Realisierung ihrer Arbeitsplatz schaffenden und sichernden Investitionen mit
Zuschüssen gemäß Arbeitsmarktförderungsgesetz zu unterstützen. Aufgrund der Bedeutung dieses Förder-
instrumentes für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen wurde die Unternehmensbezogene
Arbeitsmarktförderung in das Konjunkturpaket II aufgenommen, es stehen für den Zeitraum 2009/2010
Mittel in Höhe von jährlich 40 Mio. € zur Verfügung. Seit dem Anlaufen der Konjunkturprogramme (im
Herbst 2008) wurden 63 Unternehmen mit Zuschüssen in Höhe von rd. 39,65 Mio. € gefördert. Das aus-
gelöste Investitionsvolumen lag bei rd. 816 Mio. €. Es wurden 2.423 Arbeitsplätze geschaffen und 10.442
Arbeitsplätze gesichert.
Maßnahmenpaket für den Tourismusstandort Österreich
Vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise wurden die Unterstützungsmöglichkeiten des
Bundes für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft zu Jahresbeginn 2009 in Ergänzung bzw. Ausweitung der
bestehenden Förderungsprogramme bzw. durch Schaffung neuer Förderungsinstrumente erheblich ausge-
baut. Im Einzelnen beinhaltet dieses »Maßnahmenpaket für den Tourismusstandort Österreich« folgende
Bereiche:
• Erhöhung der für den Tourismus zur Verfügung stehenden ERP-Kreditmittel von 32 Mio. € auf 38 Mio. €
(2009 und 2010),
• Sonderbudget für die Österreich Werbung zur Aktivierung der touristischen Nachfrage (BMWFJ 3 Mio. €,
WKÖ 1 Mio. €),
• Ausweitung des ERP-Kleinkreditprogramms auf den Tourismussektor (bis Ende 2010),
• Inkraftsetzung der Maßnahmen »Übernahme von Haftungen für ERP-Kleinkredite« und »Über-
brückungsfinanzierungen« (bis Ende 2010),
• Globaldarlehen der Europäischen Investitionsbank EIB an die ÖHT in Höhe von 140 Mio. € zur
Ab sicherung der Refinanzierung der zinsgünstigen ÖHT-Kredite,
• Erhöhung der TOP-Tourismus-Förderungsmittel um 3,8 Mio. € – von 22,04 Mio. € im BVA 2008 auf
je 25,84 Mio. € im BVA 2009/2010,
• Verdoppelung des Haftungsrahmens für die ÖHT von 250 auf 500 Mio. €,
• Verdoppelung der Haftungsobergrenze im Einzelfall befristet bis Ende 2010 von 2 auf 4 Mio. €.
Trotz des im Jahr 2009 spürbaren wirtschaftlichen Abschwunges ist es gelungen, das mittels Förderung
angeregte Investitionsvolumen im Tourismus zu steigern. Gesamthaft betrachtet wurden im Jahr 2009 im
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
89
Bereich der betrieblichen Tourismusförderung des Bundes 1.433 Förderungsansuchen (+47% im Vergleich
zu 2008) positiv erledigt. Bei mehr als 99% der Förderungsempfänger handelt es sich um KMUs. Das ge-
samte Investitionsvolumen betrug rund 825 Mio. € (+10% im Vergleich zu 2008).
Der Stellenwert der Übernahme von Haftungen steigt durch die zunehmende Bedeutung des Faktors Risiko
in der Unternehmensfinanzierung. Dieser Aspekt wird in wirtschaftlich schwierigen Zeiten noch verstärkt.
Daher gewinnt der 2009 verdoppelte Rahmen für die Übernahme von Haftungen für die Tourismus- und
Freizeitwirtschaft weiter an Bedeutung. Im Jahr 2009 wurden insgesamt 65 Haftungen mit einem
Haftungsvolumen von rund 27,2 Mio. € bewilligt und damit ein Investitionsvolumen in Höhe von rund
60,4 Mio. € unterstützt.
Investitionen in Sachanlagen sind in einem anlagenintensiven Wirtschaftszweig von gleichbleibender
Bedeutung für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Schwerpunkte der Investitionen haben sich in
den letzten Jahren wenig verändert. In der Hotellerie sind Betriebsgrößenoptimierung und Qualitätsver-
besserung weiterhin die beherrschenden Themen. Investitionen in den Wellnessbereich sind seit mehreren
Jahren deutlich rückläufig.
Better Regulation und Reduktion der VerwaltungskostenIm Zuge der österreichweiten Initiative »Verwaltungskosten senken für Unternehmen« wurde – ausgehend
vom bisherigen »Help-Business« – ein One-Stop-Portal für Unternehmen errichtet. E-Government-Anwen-
dungen sollen den Unternehmen bis Ende 2010 eine halbe Mrd. € und bis 2012 eine weitere halbe Mrd. €
an Verwaltungskosten ersparen. Der Start des Unternehmensserviceportals (www.usp.gv.at) am 1. Jänner
2010 war ein wichtiger Schritt in Richtung Entlastung der Unternehmen.
Rund 5.700 Informationsverpflichtungen (IVP) im Jahr verursachen Verwaltungslasten in Höhe von
4,31 Mrd. €. Rund 230 Millionen Mal im Jahr erfüllen Unternehmen in Österreich bundesrechtliche IVPs ge-
genüber Behörden oder Dritten. Als ein wesentliches Ziel des neuen Informations- und Transaktionsportal
sollen Unternehmen die für sie relevanten IVPs zentral abwickeln und die Behördenwege in allen für sie
wichtigen Verfahren online durchführen können. Das Vermeiden von Doppel- und Mehrfachmeldungen bei
der Erfüllung der Informationsverpflichtungen soll dazu beitragen, den Kosten- und Zeitaufwand für
Unternehmen zu senken und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich zu erhöhen.
Im Zuge der Errichtung des One-Stop-Portals wurde eine Lösung für »einfache« Unternehmensgründungen,
in Form von umfassender Information und einem bundesweit einheitlichen Online-Formular, umgesetzt.
Anfang 2010 wurde der Betrieb aufgenommen. Durch die »Unternehmensgründung online« (www.usp.gv.at)
können Personen, die sich mit einer gewerblichen Tätigkeit selbstständig machen möchten, auf geprüfte
Inhalte zurückgreifen sowie Zeit und Geld sparen. Zusätzlich zum Informationsangebot und dem intuitiv
befüllbaren Online-Formular werden hilfreiche Tipps rund um die Unternehmensgründung sowie wertvolle
Hinweise zu den Fördermöglichkeiten gegeben.
Das Unternehmensserviceportal USP hat in dieser ersten Phase (Inbetriebnahme Jänner 2010) vor allem die
Funktion einer Informationsplattform. Bis 1. Jänner 2011 sollen vollständige Transaktionen und ein Single-
Sign-on zu unterschiedlichen Anwendungen (z.B. FinanzOnline) sowie der Elektronische Datenaustausch
mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern für Unternehmen ermöglicht werden. Mit 1. Jänner
2013 werden auch Verfahren von Ländern und Gemeinden über das Portal zugänglich sein. Es wird hierfür
eine elektronische Schnittstelle eingerichtet werden, wodurch Doppel- und Mehrfachmeldungen entfallen
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
90
sollen. Bis Ende 2013 wird das USP vollständig aktiv sein und viele, auch kommunale Behördenwege
können für Unternehmen deutlich einfacher und kostengünstiger als bisher erledigt werden.
Ein konkretes Beispiel zur Reduktion von Verwaltungslasten für Kleinstunternehmen ist das am 1. Jänner
2010 in Kraft getretene Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 (RÄG 2010). Daraus resultieren
Einsparungen von rund 55 Mio. € infolge Anhebung des Schwellenwerts für die Bilanzierungspflicht von
Einzelunternehmen und Personengesellschaften von 400.000 € auf 700.000 €. Nun sind diese Unterneh-
men erst bei 700.000 € übersteigenden Umsatzerlösen nach den unternehmensrechtlichen Bestimmungen
buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Zweck dieser Regelung war die substantielle Entlastung von
Kleinstunternehmen durch Deregulierung der unternehmensrechtlichen Buchführungs-, Inventur- und Bi-
lanzierungspflichten, da für einen Teil der Unternehmen eine (einfachere und günstigere) Einnahmen-Aus-
gaben-Rechnung ausreichend ist.
Im Sinne der Better Regulation ist auch eine stärkere Folgenabschätzung zu verstehen. Im Dezember
2009 wurde das Bundeshaushaltsgesetz 2013 (BHG 2013) kundgemacht. Dieses sieht ab 1.1.2013 vor,
dass alle mit der Vorbereitung der Erlassung von Rechtsvorschriften des Bundes (Gesetze, Verordnungen,
über- oder zwischenstaatliche Vereinbarungen, Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG), der Vorbereitung
sonstiger rechtsetzender Maßnahmen grundsätzlicher Art betrauten Organe eine Folgenabschätzung aller
wesentlichen Auswirkungen von Regelungsvorhaben (wirkungsorientierte Folgenabschätzung) vorzu -
nehmen haben. Ferner sind alle rechtsetzenden Maßnahmen intern regelmäßig zu evaluieren.
Öffentliche VergabenMit der Bundesvergabegesetz-Novelle 2009 wurden zwei neue EG-Richtlinien – die Rechtsmittelände-
rungsrichtlinie sowie die sog. »clean car«–Richtlinie– umgesetzt bzw. die Regelungen der PSO-Verordnung
im Vergabebereich berücksichtigt. Als besondere Punkte der Novellierung sind die Reduzierung der
Verwaltungslasten für Unternehmer durch eine Neugestaltung der Eignungsprüfung, die Vereinfachung der
Regelungen bezüglich der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und bestimmten Dienstleistungs -
aufträgen im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs, die Anpassung an die im Zuge der Umsetzung
der Berufsanerkennungsrichtlinie, die Betonung des Grundsatzes der elektronischen Übermittlung von
Unterlagen und die Aktualisierung der Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber in Anhang V hervorzu-
heben. Im Übrigen wurden zwei Verordnungen erlassen: die Schwellenwerteverordnung 2009, die eine
temporäre Anhebung der Schwellenwerte für Direktvergaben vorsieht und die Bundesvergabeamt-
Gebührenverordnung 2010, mit der die Gebührensätze für die Inanspruchnahme des Bundesvergabe-
amtes festgesetzt werden. Die zuerst genannte Verordnung zielt im Zusammenhang mit der derzeitigen
welt weiten Finanz- und Wirtschaftskrise auf eine rasche Realisierung investitions- und beschäftigungs-
wirksamer Maßnahmen durch die zeitlich befristete Anhebung der Schwellenwerte für Direktvergaben, wo-
bei derzeit über die Verlängerung insbesondere in Abhängigkeit zur Weiterentwicklung im internationalen
Vergleich diskutiert wird.
KMU-PolitikSBA – Small Business Act
Die Europäische Kommission hat am 25. Juni 2008 ihre Mitteilung »Vorfahrt für KMU in Europa – Small
Business Act« (SBA) veröffentlicht. Der SBA ist eine umfassende europäische Initiative zur nachhaltigen
Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Er zielt darauf ab, die grundsätzliche Haltung zum Unternehmergeist in unserer Gesellschaft zu verbessern
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
91
und das Prinzip »Vorfahrt für KMU« unumkehrbar in der europäischen Politik und in den Verwaltungen zu
verankern. Die Europäische Kommission hat fünf Legislativvorschläge, die mit dem SBA in Zusammenhang
stehen, angenommen. Durch eine im Juli 2008 verabschiedete Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung
(AGVO) wurde es für die Regierungen leichter, KMU mit Hilfsmaßnahmen zu unterstützen, die von der
Anmeldepflicht ausgenommen sind. Der Vorschlag für ermäßigte Mehrwertsteuersätze trat am 1. Juni 2009
in Kraft und bietet den Mitgliedstaaten umfassende Möglichkeiten, die Wirtschaftstätigkeit insbesondere im
Bereich der arbeitsintensiven Dienstleistungen anzukurbeln. Die drei weiteren Vorschläge – die Neufassung
der Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs, das Statut der Europäischen Privatgesellschaft und
ein Vorschlag über die Ausweisung der Mehrwertsteuer bei der Rechnungslegung – sind noch in Ausar -
beitung.
Die Umsetzung des SBA in Österreich fällt in den Kompetenzbereich nahezu aller Ministerien. Darüber hin-
aus wurde eine große Anzahl von Initiativen und Projekten von regierungsnahen Organisationen wie etwa
der aws, der FFG, dem AMS, den Standesvertretungen und deren Teilorganisationen wie etwa der WKÖ
umgesetzt. Exemplarisch können folgende Maßnahmen hervorgehoben werden, die in weiteren Abschnitten
dieses Berichtes bzw. der Wirtschaftsberichte der Vorjahre näher erläutert werden:
• Zum Grundsatz I – Förderung der unternehmerischen Initiative: die 2. Europäische KMU-Woche, die
Informations- und Beratungsmaßnahmen für KMU im Rahmen des gemeinsamen Aktionsprogramms
von BMWFJ und WIFI, die Maßnahmen des Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich, die
Initiativen »Evolve« und die Programmlinie »Impulse« zur Förderung der Kreativwirtschaft und auch
verschiedene Maßnahmen im Bereich der Schulen und Universitäten,
• Zum Grundsatz II – Redliches Scheitern und zweite Chance: die Insolvenzrechtsnovelle,
• Zum Grundsatz III – »Vorfahrt für KMU«: die Initiative Verwaltungskosten senken, die Gesetzes -
folgenabschätzung und die Standardkostenmodell-Richtlinien,.
• Zum Grundsatz IV – Elektronische Behördendienste: help.gv.at und das neue Unternehmensservice-
portal usp.gv.at, die Bürgerkarte, die Online-Unternehmensgründung und die elektronische Gewerbe-
anmeldung, Finanz-Online und der elektronische Datenaustausch mit den österreichischen Sozial -
versicherungsträgern (ELDA),
• Zum Grundsatz V – Öffentliches Beschaffungswesen: der Leitfaden für Innovation im öffentlichen
Beschaffungswesen »procure inno« und das Pilotprojekt »KMU-Fit im Wettbewerb« mit Maßnahmen
zur Verbesserung des Zugangs von KMU zu öffentlichen Aufträgen,
• Zum Grundsatz VI – Zugang zu Finanzierung: die Programme der aws, die ERP-Kleinkredite, der Mittel-
standsfonds und die Tourismusförderung,
• Zum Grundsatz VII – Chancen des Binnenmarktes: die de facto-Umsetzung der Dienstleistungsricht-
linie und das Einstiegsportal (www.eap.gv.at), die Maßnahmen des Österreichischen Normungsinsti-
tutes und des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik im Bereich Normung,
• Zum Grundsatz VIII – Qualifizierung und Innovation: die Programme der FFG und die Programme der
aws zur Förderung von Innovation und Energieverwertung, die Maßnahmen im Bereich der Lehrlings-
ausbildung,
• Zum Grundsatz IX – Geschäftschancen im Umweltbereich: die Umweltförderung des Bundes und die
Förderrichtlinien des Bundes, Eco Management Audit System (EMAS), Masterplan Umwelttechnologie,
One-Stop-Infopoint www.ecolinx.at mit Angeboten österreichischer Unternehmen der Sparte Umwelt,
die Energiestrategie Österreich, das CSR-Pilotprojekt »Erfolg mit FAIRantwortung«, der CSR-Leit -
faden für Ein-Personen-Unternehmen (EPU),
• Zum Grundsatz X – Chancen auf Drittmärkten: das Ausfuhrförderungsgesetz, die Internationalisie-
rungsoffensive »go international«, die Förderung der Internationalisierung von Clustern.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
92
Exkurs: 2. Europäische Woche der kleinen und mittleren Unternehmen
Auf Initiative der Europäischen Kommission fand in ganz Europa vom 25. Mai bis zum 1. Juni 2010 die
»2. Europäische Woche der kleinen und mittleren Unternehmen« statt. Sie sollte einerseits die Bedeutung
der europäischen KMU für Wachstum und Beschäftigung stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken,
andererseits aber auch den KMU konkrete Informationen über nationale Unterstützungsangebote ver -
mitteln. Beginnend mit einer Auftaktveranstaltung am 25. Mai 2010 in Brüssel und endend mit einer
Schlussveranstaltung in Madrid im Rahmen der spanischen EU-Präsidentschaft wurden im Rahmen dieser
Woche bzw. darüber hinaus im gesamten Mai und Juni 2010 europaweit in 37 Ländern Aktivitäten mit dem
Ziel gesetzt, bereits existierende Unternehmen zu unterstützen und insbesondere junge Menschen dazu zu
ermutigen, eine Karriere als Unternehmer oder Unternehmerin zu starten. In Österreich fanden 39 Veran-
staltungen zu Themen wie Globalisierung, Außenhandel, Förderung, Finanzierung und Ausbildung statt,
bei denen sich Unternehmer und Interessierte austauschen und informieren konnten.
Akkreditierung und NormungDie Akkreditierung erweist sich zunehmend als notwendige und wichtige Grundlage für eine erfolgreiche
Teilnahme am internationalen Wettbewerb. Die Bedeutung der Akkreditierungen nimmt zu. Gemäß Verord-
nung (EG) 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die »Vorschriften
für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten«
müssen seit 1. Jänner 2010 Akkreditierungen, die von einer nationalen Akkreditierungsstelle eines
Mitgliedsstaates, welche die Evaluierung durch die European Cooperation for Accrediation (EA) bestanden
hat, ausgesprochen werden. Außerdem müssen Berichte und Zertifikate der akkreditierten Stellen von den
Behörden aller Mitgliedstaaten anerkannt werden. Dies gilt somit für alle vom BMWFJ akkreditierten Stellen.
Die Normung trägt als Instrument, das Handelshemmnisse abbaut, wesentlich zum Funktionieren des
europäischen Binnenmarktes und sogar des weltweiten Handels bei. Der wirtschaftliche Nutzen in einem
einheitlichen europäischen und internationalen Normenwerk ist zudem in der Reduktion von Kosten,
Erleichterungen von Vertragsvereinbarungen, Reduzierungen des Haftungsrisikos, im Rückgang der Unfall-
zahlen sowie einer breiteren Basis an Zulieferern bei gleichzeitiger Qualitätssicherung zu sehen. Österreich
hat derzeit 5800 Experten und Expertinnen, die in der nationalen, europäischen und internationalen
Normungsarbeit tätig sind, davon entfallen 2600 auf KMU, was die höchste KMU-Beteiligungsdichte in
Europa bedeutet. Das Österreichische Normungsinstitut (ON) unterstützt die KMU durch ein »Normen-
Entwurf-Portal«, wodurch es möglich ist, aktiv an der Entwicklung von ÖNORMEN durch eine online-
Stellungnahme mitzuwirken. Weiters wurde »Mein NormenPaket«, ein neues Service für Kammern und
Verbände, entwickelt. Durch dieses wird sichergestellt, dass die Mitglieder einen einfachen, elektronischen
Zugang zu den relevanten Normen haben, die Kenntnis von und die Anwendung der relevanten Normen
gefördert und ein wesentlicher Beitrag zur Sicherstellung des aktuellen Wissensstands geleistet wird.
Schlüsselthemen für den europäischen Mittelstand/KMU werden in Zukunft im Bereich Normen unter
anderem z.B. Dienstleistungen, Energie-Effizienz und Holz sein. Dabei werden Maßnahmen für die Teil-
nahme von KMU in nationaler, europäischer internationaler Normung und die Sicherung eines österreichi-
schen Normungssystems, das die Bedürfnisse der KMU bestmöglich unterstützt (»one-stop-shop« als
Ansprechpartner, qualifizierte Projektbegleitung, Ausbildung) gesetzt.
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
93
BetriebsansiedlungspolitikSeit ihrer Gründung 1982 hat die staatliche Betriebsansiedlungsagentur Austrian Business Agency
(ABA-Invest in Austria) insgesamt 1.776 ausländische Investitionsprojekte mit rund 5,73 Mrd. € Investiti-
onssumme und 40.089 Arbeitsplätzen für Österreich betreut. Die ABA unterstützt damit wesentliche
wirtschaftspolitische Vorhaben des Regierungsprogramms.
Im Jahr 2009 konnte die ABA, gemeinsam mit den Regionalgesellschaften, 158 internationale Unternehmen
ansiedeln (-38% gegenüber 2008), die 83,1 Mio. € investiert (-81%) und 968 (-60%) Arbeitsplätze
geschaffen haben. Im Vergleich mit dem Rekordjahr 2008 bedeutet dies zwar einen Einbruch, im langjähri-
gen Vergleich gemessen an der Anzahl der realisierten Projekte jedoch immer noch das drittbeste Ergebnis
in der 27-jährigen ABA-Unternehmensgeschichte.
Die Herkunftsländer-Analyse der ABA-Ansiedlungen im Jahr 2009 zeigt folgendes Bild:
• 53 deutsche Unternehmen – halb so viele wie 2008 (106) aufgrund von krisenbedingt verzögerten
Expansionsplänen und fehlender Finanzierung,
• 21 italienische Unternehmen – fast stabil gegenüber 2008 (23), wobei bemerkenswert ist, dass sich
die ABA-betreuten italienischen Investoren mehr als verdoppelt haben,
• Anhaltendes Interesse aus dem CEE/SEE-Raum: von 34 Unternehmen (gegenüber 41 im Vorjahr)
sind 14 russischer Herkunft, 10 kommen aus Ungarn, 5 aus der Ukraine; hier punktet Österreich
weiterhin mit Osteuropakompetenz,
• Betriebsansiedlungen spiegeln auch die Globalisierung wider – die ABA verzeichnete ein wachsendes
Interesse seitens der BRIC-Staaten (26 Projekte).
1.400
1.200
1.000
800
600
400
200
0
2000 2001 2002 2003 2004 2005
132
553,9
120
590,9
74
355,4
82
1.2
74,9
107
282,6
123
217,9
2006
152
230,4
2007 2008
201
394,3
256
425,9
2009
158
83,1
Investitionen und Realisierte Projekte 2000–2009 Quelle: ABA
Höhe der Investitionen in Mio. €
Realisierte Projekte
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
94
Die Österreich-Verteilung zeigt, dass sich auch 2009, mit 89 Projekten, die Mehrzahl der Unternehmen in
Wien angesiedelt hat (2008: 112), vor Tirol mit 18 (2008: 22), Salzburg mit 14 (2008: 26), Oberösterreich
mit 10 (2008: 22), Kärnten mit 9 (2008: 24), Niederösterreich mit 8 (2008: 24) sowie je 4 in Vorarlberg
(2008: 11) und im Burgenland (2008: 4) und 2 in der Steiermark (2008: 11). Bei der Branchen-Verteilung
waren industrienahe Dienstleistungen (31), Life Science (14) und Tourismus (13), vor IT (12), am stärksten
vertreten; nur 6 Firmen waren Produktionsbetriebe. Sieben neue Headquarters bestätigen Österreich als
gefragten Headquarters-Standort.
Für 2010 erwartet die ABA eine Stabilisierung bei der Projektzahl sowie einen Anstieg beim Investitions -
volumen und den Arbeitsplätzen Das Plansoll für 2010 beträgt 148 neu realisierte und 343 neu identifi-
zierte Projekte. Bisher hat die ABA (Stand: 31.5.2010) 77 Ansiedlungen, 13,21 Mio. € Investitionen und
380 Arbeitsplätze realisiert; der hohe Stand an offenen Investitionsprojekten (668) ist positiv zu sehen.
Dennoch sind die Erwartungen für 2010 und danach vorerst nur verhalten optimistisch, da ausländische
Investitionen sehr konjunktursensibel reagieren.
Mit dem Ziel »Neu Durchstarten« wurde eine neue Ansiedlungsoffensive initiiert, die vier Sonderprojekte
mit einer anspruchsvollen Strategie umfasst. Im vierten Quartal 2009 hat die ABA die internationale
Marketingoffensive »Forschungsplatz Österreich, Projektphase II« gestartet, die mit einem integrierten
Maßnahmenmix aus Werbung, PR und Direct Marketing das Auslandsimage Österreichs als Forschungs-
und Innovationsstandort weiter stärken soll. Das »Programm zur Stärkung des Headquarter-Standortes
Österreich« ist Mitte 2009 angelaufen und soll die Neuansiedlung von Headquarters forcieren sowie bereits
angesiedelte Headquarters betreuen. Die Initiative »Unternehmensbeteiligung: Ausländische Direktinve -
stitionen in krisenbetroffene Standorte« soll österreichische Unternehmen unterstützen. Die ABA bietet
interessierten, von der Wirtschaftskrise betroffenen, Unternehmen an, im Ausland gezielt Investoren
anzusprechen, um mögliche Beteiligungs- bzw. Kaufinteressen zu sondieren. Das Programm »Strategische
Betriebsansiedlung: Selektives Ansiedlungsprogramm zum Ausbau von Wertschöpfungsketten« hat – in
Zusammenarbeit mit Clustern, Kompetenzzentren und ausgewählten Unternehmen – das Ziel Lücken in
regionalen und branchenmäßigen Wertschöpfungsketten in Österreich festzustellen; in der Folge werden
internationale Kandidaten mit entsprechendem technologischen Profil ermittelt und seitens der ABA mit
individuellen Proposals für eine Ansiedlung in Österreich angesprochen.
Sicheres Österreich, als Stabilitätsfaktor zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität
Vergleichbar mit den Einschätzungen und Wahrnehmungen deutscher Sicherheitsexperten wird auch in
Österreich ein Anstieg der Wirtschaftskriminalität wahrgenommen und prognostiziert. Die Wirtschaft im
Allgemeinen und besonders die Finanzwirtschaft hat sich globalisiert, was mit der rasanten technischen
Fortentwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie einhergeht. Dies ist auch einer der
Gründe für die zunehmende Globalisierung der organisierten Kriminalität. Daher wird verstärktes Augen-
merk auf die Bekämpfung von Eigentumskriminalität, Cybercrime und Wirtschaftskriminalität gelegt.
So wurde die Zusammenarbeit mit der WKÖ und der ICC (Internationale Handelskammer) auf den
verschiedenen Kriminalitätsgebieten verstärkt, wobei besonders die Prävention hervorzuheben ist. Um den
4.3 Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
95
Anstieg der Wirtschaftskriminalität frühzeitig zu erkennen und hintan halten zu können, wurden verschie-
dene Arbeitspakete umgesetzt oder sind in Umsetzung begriffen, die u.a. die IT-Sicherheit betreffen,
Branchenpakete umfassen oder die internationale Kooperation im Bereich Wirtschaftskriminalität intensi-
vieren. Im Rahmen einer Service– und Kommunikationsoffensive sollen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
sowie Entscheidungsträger über Neuerungen des Bereiches Einbruchsschutz aufmerksam gemacht werden,
ebenso können bauliche Objekte auf Schwachstellen dahingehend untersucht werden, oder aber Mitarbeiter
für den Ernstfall auf den Umgang mit devianten Personen vorbereitet werden.
Auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene sind zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität
besonders hervorzuheben:
• Die Bestimmungen gegen die Geldwäsche werden laufend verschärft und auch Österreich hat durch
Gesetzesänderungen dem bereits Rechnung getragen.
• Die Bestimmungen gegen die Abschöpfung der Gewinne von kriminellen Organisationen wurde auf
europäischer Ebene auf gemeinsame Standards angehoben um die Effizienz zu erhöhen (z.B. ver-
pflichtende Einrichtung von Asset Recovery Offices – ARO’s, verpflichtendes Asset Sharing).
• Derzeit laufen Verhandlungen für gemeinsame Standards in der Bekämpfung von Produktpiraterie
und Produktfälschung auf EU- und internationaler Ebene.
• Auch laufen Verhandlungen über verschärfte Regelungen für den internationalen Finanzmarkt (siehe
Abschnitt 4.7).
• Weiters nützt die Verpflichtung zur verstärkten Zusammenarbeit der EU- Institutionen Europol, Euro-
just und OLAF, Strategieänderung durch verstärkte Ausrichtung auf die Bekämpfung der organisierten
Kriminalität – so auch der organisierten Wirtschafts- und Finanzkriminalität – und die internationale
Zusammenarbeit.
Assistenzleistung in Katastrophenfällen
Die vom Bundesheer im Inland erbrachten Assistenzleistungen in Katastrophenfällen sind von unmittel -
barer Bedeutung für die österreichische Wirtschaft. Die Einsätze bei Lawinenunglücken und Hochwasser-
katastrophen der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein rascher und wirkungsvoller Assistenzeinsatz des
Bundesheeres entscheidend mithelfen kann, volkswirtschaftliche Schäden zu mindern. Im Jahr 2009 haben
über 3.000 Soldaten und Soldatinnen 27.344 Personentage mit 332.256 Stunden an Katastrophenhilfe im
Inland geleistet. Davon entfielen 24.000 Personentage für die Beseitigung von Hochwasserschäden.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
96
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik
Entwicklung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung Die F&E-Quote, d.h. die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Prozent des BIP, gibt die Forschungs-
intensität wider und ist ein wichtiger Indikator im Innovationssystem. Österreichs F&E-Quote wird gemäß
der jüngsten Globalschätzung der Statistik Austria 2010 2,76% betragen, was F&E-Ausgaben in Höhe von
mehr als 7,805 Mrd. € entspricht. Damit konnten die gesamten F&E-Ausgaben in Österreich gegenüber
2009 um 3,4% gesteigert werden. Die zu erwartenden Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
hinsichtlich der F&E-Aufwendungen werden sich am deutlichsten auf die Entwicklungen des F&E-Eigen -
finanzierungsanteils der Unternehmen sowie der Finanzierung durch das Ausland niederschlagen. Statistik
Austria rechnet damit, dass die F&E-Finanzierung im Unternehmenssektor 2010 nach einem Rückgang im
Jahr 2009 auf gleichem Niveau bleiben, die Finanzierung aus dem Ausland nach einem Rückgang von
5,4% im Vorjahr auch 2010 um 0,6% geringer ausfallen wird. Der Bund wird hingegen 2010 seine
Forschungsfinanzierung weiter steigern und mit 2,741 Mrd. € (inklusive der Erstattung des Bundes an
Unternehmen im Rahmen der Forschungsprämie) um rund 11% über dem Wert von 2009 liegen und
damit maßgeblich zur positiven Entwicklung der F&E-Quote beitragen.
Die Finanzierung der gesamten Forschungsausgaben 2010 verteilt sich mit 43% auf den Unternehmens-
sektor, mit 41,2% auf den öffentlichen Sektor, auf das Ausland mit 15% (rd. 1,17 Mrd. €) und auf den
privaten gemeinnützigen Sektor mit rd. 0,4% (rd. 34 Mio. €).
GlobalschätzungQuelle: Statistik Austria
Finanzierung 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
1. Bruttoinlandsausgaben für F&E
(in Mio. €) 5.041,98 5.249,55 6.029,81 6.318,59 6.867,82 7.557,00 7.546,15 7.805,13
Davon finanziert durch:
Bund 1.394,86 1.462,02 1.764,86 1.772,06 1.916,96 2.356,78 2.472,71 2.741,32
Bundesländer 291,62 207,88 330,17 219,98 263,18 354,35 397,62 389,33
Unternehmenssektor 2.274,95 2.475,55 2.750,95 3.057,00 3.344,40 3.481,31 3.377,92 3.381,23
Ausland 1.009,26 1.016,61 1.087,51 1.163,35 1.230,24 1.248,72 1.181,15 1.174,31
Sonstige 71,29 87,49 96,32 106,2 113,04 115,84 116,75 118,94
2. BIP nominell
(in Mrd. €) 223,3 232,78 243,58 256,16 270,78 281,87 276,89 282,42
3. Bruttoinlandsausgaben für F&E
in % des BIP 2,26 2,26 2,48 2,47 2,54 2,68 2,73 2,76
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
97
Grundlagenforschung
Nationaler Aktionsplan für Forschende
Die zuständigen Ministerien haben gemeinsam mit der Österreichischen Universitäten- und Fachhoch-
schul-Konferenz, dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung, dem Wissenschaftsrat sowie den
Sozialpartnern (IV, WKO, ÖGB und AK) Maßnahmen erarbeitet, um die Rahmenbedingungen für Forschende
weiter zu optimieren und so den Forschungsstandort Österreichs zu stärken. Der Nationale Aktionsplan für
Forschende wurde im Dezember 2009 im Ministerrat beschlossen. In Hinblick auf die Förderung der
Karriere und Mobilität von Forschenden führt der »Nationale Aktionsplan für Forschende« Maßnahmen in
folgenden 5 Handlungsfeldern an:
1. Offene und wettbewerbsorientierte Rekrutierung von Forschungspersonal sowie Portabilität von
Finanzhilfen für Forschung über nationale Grenzen hinweg: Der Schaffung besserer Rahmenbedingun-
gen für offene und wettbewerbsorientierte Rekrutierung von Forschungspersonal sowie der internatio-
nalen Ausschreibung von Forschungsstellen wird vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet.
2. Sozialversicherung und zusätzliche Altersversorgung von Forschenden: Dabei wird der Fokus auf
verstärkte Information und besseren Zugang zu diesen Informationsquellen gelegt.
3. Attraktive Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen für Forschende: Dies umfasst neben planbaren
und attraktiven Karrieren in der Forschung auch Gleichstellungsmaßnahmen, die zu einer vermehrten
Präsenz von Frauen in Wissenschaft und Forschung beitragen sollen.
4. Verbesserung der Ausbildung, Fähigkeiten und Erfahrungen von Forschenden: Hier soll insbesondere
die Doktoratsausbildung qualitativ verbessert werden, um den Anforderungen einer globalen, dyna-
mischen und wissensbasierten Gesellschaft gerecht zu werden. Weiters wird eine verbesserte
Vernetzung zwischen Hochschulen und der Wirtschaft angestrebt.
5. Frühzeitige Nachwuchssicherung für die Forschung: Diese Maßnahmen zielen darauf hin, langfristig eine
ausreichende Zahl an Hochqualifizierten in Wissenschaft und Forschung in Österreich sicherzustellen.
Wissenschaftsfonds (FWF)
Erstmals in seiner Geschichte bekam der Wissenschaftsfonds FWF durch die Einführung der vierjährigen
Finanzrahmengesetze mit 2009 eine mehrjährige Budgetperspektive. Dadurch erhielt die finanzielle Basis
des FWF ein neues, deutlich solideres Fundament und es wird einer verlässlichen Planung, der Stabilität
und Finanzierungssicherheit von mehrjährigen Projekten in den verschiedenen Programmschienen des
FWF Rechnung getragen. Für die Jahre 2009 bis 2013 werden Finanzmittel in der Höhe von ca. 809 Mio. € im
Wege von Budgetordinarien (inkl. Mittel der Nationalstiftung) zur Verfügung gestellt, das sind ca. 162 Mio. €
pro Jahr. Das bedeutet einen Anstieg der Mittelzuwendungen um mehr als 25% gegenüber dem Budget
der vergangenen 5 Jahre. Der FWF hat im Jahr 2009 unter Berücksichtigung der budgetären
Rahmenbedingungen bewusst Akzente in jenen Programmen gesetzt, die insbesondere dem Ausbau der
wissenschaftlichen Humanressourcen des Landes dienen. So wurden beispielsweise mit acht neu bewilligten
Doktoratskollegs Strukturen finanziert, die Spitzenforschungsarbeitsplätze für bis zu 176 Kollegiaten und
Kollegiatinnen an österreichischen Hochschulen schaffen. Ebenso forciert wurden die Programme zur
»Karriereentwicklung von Wissenschafterinnen« sowie die Mobilitätsprogramme des Wissenschaftsfonds.
Per 31.12.2009 hatte der FWF erstmalig mehr als 3.300 wissenschaftlich arbeitende, vorrangig junge
Menschen auf seiner »Payroll«. Mitte 2009 erfolgte auch die erste Ausschreibung des international einzig-
artigen Programms zur Entwicklung und Erschließung der Künste (PEEK), das der Förderung künstlerischer
Forschung, darunter ist die Unterstützung des Erkenntnisgewinns und der Methodenentwicklung durch
künstlerische Prozesse zu verstehen, dient. Das Programm soll zu einer Verbesserung und Erhöhung der
internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen künstlerischen Grundlagenforschung sowie zu
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
98
einer zukunftsorientierten Stärkung des Kunst- und Kulturstandortes Österreich führen. Sieben Förder-
empfehlungen mit einer Förderungssumme von 1,8 Mio. € wurden vom internationalen PEEK-Fachbeirat
auf der Grundlage von Fachgutachten internationaler Experten und Expertinnen (Peers) ausgesprochen.
Institute of Science and Technology (IST Austria)
Das 2009 eröffnete Forschungsinstitut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften,
Mathematik und Computerwissenschaften. Das Institut beschäftigt Professoren und Professorinnen nach
einem Tenure-Track-Modell und Post-Doktoranden bzw. -Doktorandinnen sowie Ph.D. Studenten und
Studentinnen in einer internationalen Graduate School. Neben dem Bekenntnis zum Prinzip der Grund -
lagenforschung, die rein durch wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut die Rechte an
allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Neben den ersten sieben Professoren,
die aus sechs Nationen stammen und aus mehr als 1.300 Bewerbungen und Nominierungen ausgewählt
wurden, werden sich vier weitere Professoren und Professorinnen in den Bereichen Evolutionsbiologie,
Computerwissenschaften, Zellbiologie und Neurowissenschaften dem IST Austria anschließen. Drei davon
sind experimentell tätige Wissenschafter und Wissenschafterinnen und nehmen ihre Forschungstätigkeit
am IST Campus nach Fertigstellung des ersten Laborgebäudes im Herbst 2010 auf. Ende 2010 werden
etwa zehn bis zwölf theoretische und experimentelle Forschungsgruppen am Campus tätig sein. Als ein
Erfolgsmaßstab kann bereits jetzt gelten, dass durch IST Austria die Anzahl der in Österreich aktiven,
besonders häufig zitierten Wissenschafter und Wissenschafterinnen (gemessen vom Institute for Scientific
Information) von 14 auf 17 gesteigert wurde. Im Dezember 2009 wurde ein IST Austria Professor, der
Evolutionsbiologe Nick Barton, mit einem ERC Advanced Grant in der Höhe von 1,97 Mio. € ausgezeichnet
und zudem konnte bei den Neuberufungen 2010 die ERC Starting Grant Preisträgerin Sylvia Cremer
gewonnen werden.
Ludwig Boltzmann Gesellschaft
Als Förderer und Unterstützer der angewandten und der Grundlagenforschung ist die Ludwig Boltzmann
Gesellschaft eine der größten privaten Trägerorganisationen für Forschungseinrichtungen. Derzeit führt
die LBG 17 Ludwig Boltzmann Institute und sieben Cluster. Drei neue Institute werden derzeit gegründet
(2009/2010), die aus der dritten Ausschreibung 2008-2009 hervorgingen: das LBI für Lungengefäß -
forschung, das LBI für Neulateinische Studien und das LBI für Archäologische Prospektion und Virtuelle
Archäologie. Sie werden in den nächsten sieben Jahren mit insgesamt 18 Mio. € gefördert. Die LBG
beschäftigt zurzeit rund 300 Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen.
Auch die CDG ist im Rahmen der Grundlagenforschung tätig, weil rund 30% der Mittel dafür eingesetzt
werden. Sie wurde von der OECD als good practice für die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirt-
schaft ausgewählt, und wird daher im folgenden Abschnitt beschrieben.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
99
Wirtschaftsorientierte Forschung und Kooperation Wissenschaft –Wirtschaft
Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG)
Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) unterstützt österreichische
Unternehmen, Forschungsinstitutionen, Forscherinnen und Forscher mit einem umfassenden Angebot von
Dienstleistungen: von den Förderprogrammen der öffentlichen Hand, deren Programmmanagement die
FFG wahrnimmt, bis zu Beratungsleistungen in allen Phasen der Technologieentwicklung und Innovation,
von der Unterstützung zur Einbindung in europäische Forschungsprogramme und Netzwerke bis zur
Wahrnehmung österreichischer Interessen auf europäischer und internationaler Ebene. Sie fungiert als
»One-Stop-Shop« für Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die Forschung betreiben und ihre Inno-
vationskraft stärken wollen.
Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben wickelt die FFG im Auftrag der Fachressorts sowie im eigenen
Wirkungsbereich eine Vielzahl von Programmen und Initiativen ab:
• In den Basisprogrammen der FFG erhalten Unternehmen auf Antrag für ihre Forschungs- und
Entwicklungsprojekte finanzielle Unterstützung. Die Vergabe erfolgt allein auf Basis einer Qualitäts-
bewertung der Projekte, unabhängig vom Forschungsthema und von der Branchenzuordnung und
Größe der Unternehmen. Die Basisprogramme legen den Grundstock für eine rasche und unbüro -
kratische Innovationsförderung.
• Mit den Strukturprogrammen optimiert die FFG die Voraussetzungen für eine effektive Kooperation
aller Akteure im Innovationssystem. Sie forcieren die Zusammenarbeit von Partnern aus Wissenschaft
und Wirtschaft von Innovationsnetzwerken bis hin zu Forschungskooperationen mit Zielrichtung auf
internationale Spitzenforschung, stärken regionale Forschungs- und Transfereinrichtungen in ihrer
Verantwortung gegenüber Klein- und Mittelbetrieben, und forcieren die Entwicklung des Human -
potenzials für die Forschung. Innovation braucht Kooperation. Sie entsteht nicht von selbst, und sie
ist auch nicht kostenlos.
• Mit den Thematischen Programmen setzt die FFG schließlich strategische Förderungsschwerpunkte in
Österreichs Forschung um und forciert damit Aktivitäten in Zukunftsthemen, die gesellschaftliche und
wirtschaftliche Bedürfnisse abdecken, wie etwa der Umwelt- und Klimabereich. Das Förderangebot
zielt darauf ab, in den jeweiligen Themenfeldern durch verstärkte Kooperation in frühen Phasen
zwischen Unternehmen und Wissenschaft kritische Massen zu formen, die auch international wahr -
genommen werden. Das ist wichtig für die Sichtbarkeit des Innovationsstandortes Österreich als
Ganzes.
• Mit dem Leistungsangebot der Europäischen und Internationalen Programme bildet die FFG das
österreichische Kompetenz- und Servicezentrum für die Teilnahme an europäischen und internatio-
nalen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Die Dienstleistungen reichen dabei von Information,
Beratung und Coaching bei der Projektformulierung über die Vermittlung von Kooperationspartnern
bis zur Unterstützung beim Technologietransfer.
• Die Agentur für Luft- und Raumfahrt (ALR) der FFG ist für Österreichs Wirtschaft und Wissenschaft
die Andockstation zur internationalen Luft- und Raumfahrtszene. Ihr Ziel ist die Stärkung der inter-
nationalen Positionierung der österreichischen Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft in diesen
Schlüsseltechnologien. Die ALR unterstützt dazu die Einbindung österreichischer Forscher und
Forscherinnen in internationale und bilaterale Kooperationen zu Luft- und Raumfahrt-Aktivitäten.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
100
Im Jahr 2009 konnte die FFG deutliche Steigerungen bei der Anzahl der geförderten Projekte verzeichnen:
Insgesamt wurden 3.072 Projekte unterstützt, das entspricht einer Zunahme von 20% im Vergleich zu
2008. Das gesamte Fördervolumen (neue Zusagen) betrug 507 Mio. € (minus 8% gegenüber dem Vorjahr),
378 Mio. € wurden in Form von Zuschüssen und Darlehen an Projekte ausbezahlt (plus 3%).
Competence Centres for Excellent Technologies (COMET)
Eines der wesentlichen Anliegen österreichischen Bundesregierung in der Forschungs- und Innovationspo-
litik ist die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen dem Wissenschafts- und Wirtschaftssektor, der
Aufbau kritischer Massen sowie der Technologietransfer. Unter den hierfür entwickelten Programmen ist
an erster Stelle das Programm COMET – Competence Centres for Excellent Technologies zu nennen, das
den Aufbau von Kompetenzzentren fördert, deren Herzstück ein von Wirtschaft und Wissenschaft gemein-
sam definiertes Forschungsprogramm auf hohem Niveau ist. Im Zuge von zwei Ausschreibungen (2007
und 2009) wurde die Förderung von fünf K2-Zentren, 16 K1-Zentren und 25 K-Projekten mit einem Ge-
samtvolumen von 691 Mio. € beschlossen. Die Förderungen des Bundes betragen 220 Mio. €, weitere 112
Mio. € werden von den Bundesländern zur Verfügung gestellt. Langfristig soll die so entstandene Landkar-
te der Kompetenz und Exzellenz gefestigt und durch weitere Ausschreibungen behutsam weiterentwickelt
werden.
Laura Bassi Centres of Expertise
Mit den Laura Bassi Centres of Expertise werden Forschungszentren unterstützt, die Exzellenz im Bereich
der anwendungsorientierten Grundlagenforschung ermöglichen. In den Zentren arbeiten hochqualifizierte
Forscherinnen und Forscher aus dem akademischen Bereich und aus Unternehmen zusammen. Das mehr-
stufige Auswahlverfahren wurde im Juni 2009 abgeschlossen. Aufgrund der hohen Qualität der Anträge hat
die Jury acht, anstatt der ursprünglich geplanten sechs Zentren zur Förderung empfohlen. Das Wirt-
schaftsministerium hat diese Empfehlung aufgegriffen und das Förderungsbudget für zwei weitere Zentren
aufgestockt. Im Herbst haben die ersten Laura Bassi Centres of Expertise ihre Tätigkeit in den Bereichen
Life Science, Informatik und Medizin aufgenommen. An den acht Zentren sind insgesamt 18 Unternehmen
beteiligt. Davon sind zwei Drittel KMU. Ein Drittel der wirtschaftlichen Partner kommt aus dem Ausland.
Das neue Programmdesign, das Auswahlverfahren und die Umsetzung des Impulsprogramms werden
begleitend evaluiert. Die Erkenntnisse daraus werden einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung
gestellt.
Cluster
Österreichische Cluster sind ein sehr effektives Instrument der Kooperation von Firmen untereinander
aber auch mit öffentlichen Institutionen, wie Bildungs- oder Forschungseinrichtungen. Die Nationale Clu-
sterplattform (www.clusterplattform.at), die im Jahr 2008 eingerichtet wurde, hat sich als zentrale Infor-
mations- und Kommunikationsdrehscheibe für die österreichischen Clusterakteure und -akteurinnen auf
nationaler und regionaler Ebene etabliert. Die thematischen Schwerpunkte der österreichischen Cluster
spiegeln die wirtschaftlichen und technologischen Stärkefelder der österreichischen Wirtschaft wider und
liegen in den Bereichen Mobilität, Werkstoffe, Mechatronik/IKT, Lebensmittel, Bauen & Wohnen, Life
Sciences, Energie- und Umwelttechnik und Wissensintensive Dienstleistungen. Instrumente der Koopera-
tion von Unternehmen untereinander und mit Forschungs- und Bildungseinrichtungen entsprechen auch
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
101
dem FTI-Schwerpunkt Wirtschaft und Wissenschaft. Die Nationale Clusterplattform unterstützt diese wich-
tige Hebel- und Transferfunktion zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Ein thematischer Fokus liegt in
der Stärkung der Rolle der Cluster in Forschung und Entwicklung. So wurden etwa bei der diesjährigen
Österreichischen Clusterkonferenz im Mai 2010 eine Reihe von Best-Practice-Beispielen, wie der Nutzen
aus internationalen Verbandsforschungsprojekten für Clusterunternehmen, das Zusammenwirken von Clu-
stern und Kompetenzzentren und die clusterorientierte Gestaltung von Bildungs- und Forschungsstruktu-
ren gezeigt und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen auf regionaler, nationaler und europäi-
scher Ebene diskutiert. Im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach 2010 findet ein Cluster-Communi-
ty-Treffen zum Thema »Cluster und industrielle Wettbewerbsfähigkeit« statt. Weitere inhaltliche Schwer-
punkte der Nationalen Clusterplattform liegen in der Einbindung der Cluster in das nationale
Innovationssystem, die Unterstützung der Internationalisierung (siehe Abschnitt 4.5) sowie in der Forcie-
rung der europäischen Clusteraktivitäten.
Josef Ressel-Zentren
Das Pilotprogramm für die »Josef Ressel-Zentren« ist im Jahr 2009 nunmehr vollständig angelaufen. Das
Ziel ist es, Fachhochschulen als Forschungs- und Entwicklungspartner der Wirtschaft mit einem anwen-
dungsorientierten Schwerpunkt zu etablieren und damit verbunden eine Unterstützung der Fachhochschu-
le auf dem Weg in Richtung F&E mit hohem Anspruch auf Exzellenz zu gewähren. Als Kooperationspartner
auf Unternehmensebene sollen KMUs eine tragende Rolle durch verpflichtende Konsortialpartnerschaft
einnehmen. Die im Jahre 2008 ausgewählten drei Zentren in Oberösterreich (Heuristische Optimierung),
Burgenland (Computational Fluid Dynamics) und Vorarlberg (Optimierung unter Unsicherheit) sind nun
voll funktionsfähig. Die Initiative wird im Jahr 2010 auf Projekt- wie auf Programmebene evaluiert und bei
positivem Ergebnis im Rahmen von COIN weitergeführt. Langfristiges Ziel ist es in ganz Österreich bis zu
15 Zentren zu implementieren.
Austrian Institute of Technology (AIT)
Aus den Austrian Research Centers (ARC), Österreichs größter außeruniversitärer Forschungseinrichtung
für angewandte und wirtschaftsnahe Forschung, wurde im Jahr 2009 das Austrian Institute of Technology
(AIT). Mit neuem Namen und neuer strategischer Ausrichtung will sich das AIT als das österreichische
Spitzenforschungsinstitut von europäischem Format auf dem internationalen Forschungsmarkt strategisch
positionieren und den Wirtschaftsstandort Österreich im internationalen Wettbewerb sichern und ausbau-
en. Auf Basis einer neuen Positionierung wurden die neue Strategie des Institutes sowie das AIT For-
schungsprogramm 2010–2013 erarbeitet. Das AIT versteht sich mit seinen fünf Departments als hoch spe-
zialisierter Forschungs- und Entwicklungspartner in enger strategischer Anbindung an die thematisch fo-
kussierte Industrie und Auftraggeber aus öffentlichen Institutionen. Dabei beschäftigen sich die Forscher
und Forscherinnen mit den zentralen Infrastrukturthemen der Zukunft: Health & Environment, Safety &
Security, Energy, Mobility sowie Foresight & Policy Development. Der Fokus liegt in der Entwicklung von
Technologien, Methoden und Verfahren für zukunftsgerichtete Innovationen mit einem Umsetzungshori-
zont von fünf Jahren und mehr. Darauf aufbauend wurde die organisatorische Aufstellung des Unterneh-
mens gänzlich neu ausgerichtet. Die alte historisch gewachsene Gesellschafterstruktur entsprach nicht
mehr den Anforderungen einer modernen Forschungseinrichtung und wurde völlig neu aufgesetzt. Nun-
mehr halten das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) mit 50,45% und die
Österreichische Industriellenvereinigung (IV) mit 49,54% die Gesellschafteranteile des Unternehmens. Ein
neu gegründeter Forschungsstrategischer Beirat, bestehend aus international anerkannten Forschungsex-
perten und -expertinnen, stellt durch seine Mitarbeit in der Strategieentwicklung und die langfristige Be-
gleitung des AIT den Exzellenzanspruch des Unternehmens nunmehr sicher.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
102
CDG – ein »good practice« Modell für die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft
Im Rahmen eines laufenden OECD-Projekts der Working Group on Research Institutes and Human
Resources (RIHR) zur Untersuchung von aktuellen Entwicklungen und Veränderungsprozessen im Bereich
von Public Research Institutions wurde von Joanneum Research eine Fallstudie zur Christian Doppler
Forschungsgesellschaft (CDG) erstellt und im Frühjahr 2010 als österreichisches »good practice« Modell
an die OECD übermittelt. Die CDG wurde dabei u.a. auf der Grundlage von Interviews mit CD-Laborleitern
und -leiterinnen und Entscheidungsträgern und -trägerinnen anhand von fünf vorgegebenen Schwerpunkt-
feldern wie Grundausrichtung, Aktivitäten, Organisation, Finanzierung sowie Vernetzung und Internatio -
nalisierung untersucht und beschrieben. Insgesamt stellt sich das CDG-Modell aufgrund seiner impliziten
Anreizstrukturen – die durch die jährlich kündbare Finanzierungszusage seitens der beteiligten Unternehmen
den Anwendungs- und Umsetzungsaspekt der Forschungsergebnisse sicherstellen, während die klare
Ausrichtung aller Evaluierungs- und Selektionskriterien auf wissenschaftliche Qualität einen hohen wissen-
schaftlichen Anspruch gewährleisten – verbunden mit einer kostengünstigen Organisationsstruktur als
»good practice« Modell für die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft dar, und ermöglicht insbe -
sondere auch den KMU Zugang zu Spitzenforschung.
Die CDG ist seit 1995 als gemeinnütziger Verein organisiert, in dem Unternehmen, Wissenschaft und die
öffentliche Hand vertreten sind. Die Auswahl und Evaluierung der CD-Labors erfolgt in den dafür eingerich-
teten CDG-Gremien. Organisatorisch werden die CD-Labors vom Generalsekretariat betreut, während die
CD-Labors selbst mit ihren Forschungsaktivitäten unmittelbar an Universitäten (oder an außeruniversitären
Forschungsorganisationen) für einen Zeitraum von sieben Jahren in deren Strukturen eingebettet und
integriert sind. Die Finanzierung der CD-Labors erfolgt zur Hälfte von der öffentlichen Hand und den Unter-
nehmen. Die gewählte Struktur eines Public-Private-Parntership-Modells (PPP) und die zentralen Leitlinien
der CDG haben sich bewährt. Ein bis heute anhaltender Wachstumskurs (14 CD-Labors 1995; 57 CD-Labors
im Mai 2010) und ein breiter gewordenes Spektrum an Forschungsfeldern (vor allem im technischen und
naturwissenschaftlichen Bereich) belegen letztlich auch die ungebrochene Attraktivität und die Flexibilität
des CDG-Modells für alle Partner.
Verwertbarkeit der ForschungsergebnisseErst die wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte und/oder Prozesse
stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. Egal, ob die Umsetzung in Form einer
Unternehmensgründung oder im bereits bestehenden Unternehmen erfolgen soll, ausschlaggebend ist die
richtige Absicherung der geistigen Schutzrechte durch Patent, Marke oder Muster. Dieses Bewusstsein
wurde erfolgreich durch das Programm uni:invent an den Universitäten etabliert. Als weiterer Schritt ist es
nun notwendig Forschungseinrichtungen und Unternehmen beim strategischen Aufbau und bei der Absiche-
rung ihrer Schutzrechte zu unterstützen und die Vermarktung durch beispielsweise die Entwicklung von
Prototypen zu beschleunigen. Exemplarisch seien folgende Initiativen genannt:
Die Patentbewertungs- und Patentvermarktungsprogamme der aws unterstützen durch gezielte Beratung
und Finanzierung den Schutz geistiger Eigentumsrechte von der Anmeldung, Prototypenbau und Verwer-
tung bis hin zur Durchsetzung bei IPR-Verletzungen auch in Schwellenländern wie China und Indien.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
103
National Contact Point Intellectual Property Rights
In Umsetzung der »Empfehlung für den Umgang mit geistigem Eigentum bei Wissenstransfertätigkeiten
und für einen Praxiskodex für Hochschulen und andere öffentliche Forschungseinrichtungen« der Euro -
päischen Kommission von 2008 wurde als wichtige Maßnahme zur Unterstützung von Wissenstransfer ein
National Contact Point (NCP) im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung eingerichtet, der
öffentliche Forschungseinrichtungen beim Umgang mit Intellectual Property Rights (IPR) aktiv unterstützen
und nationale Wissenstransfertätigkeiten an der Schnittstelle Wissenschaft – Wirtschaft einheitlich definieren
und damit verbessern soll. Weiters ist die Etablierung einer begleitenden Plattform aus Vertretern und Ver-
treterinnen der beteiligten Ministerien, Universitäten, Wirtschaft und Bundesländer sowie die Erarbeitung
einschlägiger Leitlinien für den Umgang mit Intellectual Property Rights für Forschung und Wirtschaft im
Zusammenwirken mit den Förderagenturen FFG und aws geplant. Der gemeinsame Bericht der betroffenen
Ressorts zur Einrichtung eines österreichischen National Contact Point wurde vom Ministerrat am 2. März
2010 beschlossen. In der operativen Umsetzung der Aufgaben wird der NCP durch die fachliche Expertise
der aws unterstützt.
Research Studios Austria (RSA)
Das Programm Research Studios Austria (RSA) fördert die Errichtung von kleinen flexiblen Forschungsein-
heiten (»Research Studios«). Diese sind angedockt an bestehende Einrichtungen und können alleine oder
in Zusammenarbeit mit einem Partner errichtet werden. Die Studios tragen dazu bei, Ergebnisse aus der
Forschung rasch in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Nach der ersten Ausschreibung
des Programms Research Studios Austria 2008 wurden von einer unabhängigen Jury 14 Studios zur
Förderung empfohlen. Die genehmigte Bundesförderung beträgt rund 9 Mio. €. Der Förderzeitraum beträgt
für jedes Studio drei Jahre. Laufende Studios können bei einem weiteren Call mitmachen und – positive
Jury-Entscheidung vorausgesetzt – die Förderung kann für weitere drei Jahre nahtlos anschließen.
Hierzu wird 2010 der zweite Call vorbereitet, der planmäßig im Herbst 2010 gestartet wird. Um die Pro-
grammparameter optimieren zu können, wird vorab eine Interimsevaluierung durchgeführt.
Innovation
Innovation ist Voraussetzung und Triebfeder für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung.
Die Unterstützung von Innovation (inklusive Öko-Innovation – siehe Abschnitt 3.6) und der Gründung und
der Entwicklung von innovativen und technologiebasierten Unternehmen sind daher wesentliche Schwer-
punkte der Innovationspolitik. Das Repertoire der Unterstützungsmaßnahmen umfasst die Förderung der
Gründung von innovativen bzw. technologieorientierten Unternehmen, der Entwicklung von Risikokapital-
märkten, vor allem für Frühphaseninvestitionen, der Aktivierung von FTI-Leistungen von KMU, der Steige-
rung von Innovationen durch Netzwerke und Kooperationen, der Stärkung der kooperativen Forschung
sowie die Unterstützung beim Schutz und der Verwertung von geistigem Eigentum. Zunehmende Bedeu-
tung kommt den nachfrageseitigen Instrumenten, insbesondere einer innovationsfördernden öffentlichen
Beschaffung zu (siehe Abschnitt 3.4).
Konkret gibt es folgende Unterstützungsprogramme zur Forcierung von innovativen Unternehmens -
gründungen:
• PreSeed: Zuschuss von bis zu 200.000 € für die Vorgründungsphase inklusive den PreSeed Sonder-
call für innovative Dienstleistungen, wo bis zu 150.000 € pro Projekt an Zuschuss vergeben wird.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
104
• Seedfinancing: Zuschuss von bis zu 1 Mio. €, der bei Gewinn, Börsengang oder Unternehmens -
verkauf zurückbezahlt werden muss.
• Management auf Zeit: Zuschuss von bis zu 50.000 € für den temporären Einsatz von Management-
Profis für Seedfinancing geförderte Start-Ups. Auch wenn Frauen des Managementteams in Karenz
gehen, kann das Förderprogramm in Anspruch genommen werden.
Diese Module stehen Gründern und Gründerinnen aus allen Technologiefeldern offen. Ein besonderer
Schwerpunkt liegt jedoch auf den Bereichen Life Sciences, Informations- und Kommunikationstechnologie
(IKT) sowie Physical Sciences. Zusätzlich stehen Programme wie Markt- und Technologierecherche tecnet
und i2 – die Börse für Business Angels – zur Verfügung v.a. für Gründerinnen und Gründer zur Unter -
stützung am Weg in die Selbständigkeit zur Verfügung.
Zur Verbesserung des Venture Capital-Marktes in Österreich, insbesondere für die sehr risikoreiche
Früh investitionsphase, wurde der aws-VC-Initiative, die als Fund-of-Fund Konzept entwickelt wurde,
15 Mio. € von der Nationalstiftung als Pilotaktion zur Verfügung gestellt.
Innovationen passieren meistens in Kooperation von Unternehmen mit anderen Akteuren des Innovations-
systems (andere Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Universitäten, Fachhochschulen, Transferein -
richtungen, öffentlichen Stellen etc.). Mit der Programmlinie COIN-Net im Rahmen des Programms
COIN (Cooperation und Innovation) werden solche Kooperationen mit dem Ziel gefördert, das Innova-
tionsniveau der Unternehmen, vor allem KMU zu steigern. Dabei werden auch internationale Kooperationen
(Ost-Südost-Europa), die auf die Generierung von zusätzlichem Nutzen für österreichische Unternehmen
abzielen, unterstützt. Um vermehrt Dienstleistungsinnovationen zu stimulieren, werden im Rahmen
der Dienstleistungsinitiative in COIN-Net zusätzliche Förderungsmittel eingesetzt (siehe weiter unten).
Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Anbieter von FTI-Dienstleistungen (wie Fachhochschulen, außer -
universitären und kooperativen Forschungseinrichtungen, Impulszenten, etc.) über entsprechende
Kompetenz verfügen, um für die Wirtschaft ein attraktiver Partner zu sein. Mit der Programmlinie
COIN-Aufbau wird dieser Kompetenzaufbau gefördert.
Damit Diversifikation auf breiterer Ebene passiert ist in vielen KMU eine Aktivierung und Ausweitung der
Innovationskraft notwendig. Mit dem Innovationsscheck sollen Innovationspotenziale erschlossen und
KMU zu stärkerer FTI-Aktivität »ermuntert« werden. Dieses unbürokratische Programm, das im November
2007 gestartet wurde, hilft dabei, KMU mögliche Hemmungen im Umgang mit Forschungseinrichtungen zu
nehmen. Gefördert werden KMU, die sich zwecks Wissensvermittlung an Forschungseinrichtungen (außer -
universitäre Forschungseinrichtungen, FHs und Universitäten) wenden und je nach Bedarf deren Leistungen
bis zu 5.000 € mit dem Scheck bezahlen. Mit Ende Mai 2010 wurden bereits rd. 3.200 Schecks ausgestellt
und über 13.300 Beratungen durchgeführt. Derzeit sind rd. 1.700 Innovationsscheckprojekte abgeschlossen.
Mit dem Förderungsprogramm ProTRANS wird die strategische Produktfindung als ein Baustein für die
Diversifikation unterstützt, die durch moderne Methoden des Innovations- und Wissensmanagements im
Unternehmen systematisiert und professionalisiert werden soll. KMU erhalten dadurch die Möglichkeit,
neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen mit Unterstützung von Partnern aus dem Technologie -
bereich zu entwickeln bzw. einzuführen.
Um die Kreativwirtschaft, die einen wichtigen Treiber für Innovation darstellt, effektiver und effizienter
zu unterstützen, wurden Fördermaßnahmen in der Initiative evolve unter ein gemeinsames Dach gebün-
delt. Ziel dieses Programms (Laufzeit: 2009–2013) ist die Ausschöpfung des hohen Innovationspotenzials
des immer wichtiger werdenden Kreativsektors, um die hervorragende Innovationsentwicklung Öster-
reichs im europäischen Vergleich nicht nur abzusichern, sondern weiter auszubauen. Dabei werden vor
allem Kreative bzw. Kreativunternehmen in allen Branchen, in ganz Österreich und in allen unternehmeri-
schen Entwicklungsstufen gefördert. Diese Angebote stehen auch traditionellen Unternehmen offen, die
den Wert von Kreativleistungen erkannt haben und sich in diese Richtung weiterentwickeln wollen – sei es
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
105
allein oder mit Partnern. Aufgrund der Vielfalt unterschiedlicher Bedürfnisse im Kreativbereich bietet evol-
ve einen Mix aus finanzieller Förderung, Aus- und Weiterbildung, Service und Beratung sowie Vernetzung.
Die im Verband Austrian Cooperative Research (ACR) zusammengeschlossenen Kooperativen For-
schungseinrichtungen sind wichtige Partner für die technologische Entwicklung österreichischer Unterneh-
men (vor allem KMU). Ihr Dienstleistungs angebot reicht von Mess- und Prüftätigkeiten, über Zertifizierun-
gen bis hin zu Forschungs- und Technologieprojekten und ist vor allem für jene Unternehmen von großer
Bedeutung, die aufgrund ihrer Größe keine bzw. nur geringe Ressourcen für eigene, innerbetriebliche For-
schungsaktivitäten haben. Die ACR umfasst 16 Forschungseinrichtungen (2009) mit einem Gesamtumsatz
von 51 Mio. € und 514 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (Vollzeitäquivalent). Das unterstützt diese For-
schungseinrichtungen bei ihren Bemühungen, Know-how aufzubauen bzw. zu vertiefen, ihre Infrastruktur
zu verbessern und die Institute stärker zu professionalisieren. In Ergänzung dazu werden seit 2009 ver-
stärkt Verbandsaktivitäten (wie gemeinsamer Auftritt, Konzentration von Kompetenzen, Erzeugen von
Synergien, etc.) unterstützt.
Innovation und Unternehmensgründungen machen vielfach ein wirkungsvolles Dienstleistungsangebot von
externen Partnern wie den Technologie- und Impulszentren notwendig. Diese Technologie- und Impuls-
zentren, die großteils unter dem Dach des Verbandes der Technologiezentren Österreichs (VTÖ)
agieren, leisten wertvolle Unterstützung bei Neugründungen als auch bei der Entwicklung innovativer
Unternehmen. Mit spezifischen Projekten wie etwa »business pro austria« bietet der VTÖ österreichischen
Technologiezentren ein Coachingangebot an, das innovations- und technologieorientierten Unternehmen
hilft, ihre Idee bis zum marktfähigen Produkt weiterzuentwickeln.
Spezifische Forschungsfelder
Die österreichische FTI-Politik ist sehr vielfältig, umfasst die verschiedensten Förderprogramme und
–institutionen. Einige der spezifischen Forschungsfelder, die als besonders vielversprechend identifiziert
wurden, sollen hier genauer dargestellt werden.
Der Dienstleistungssektor ist von großer Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirt-
schaft: Sein Anteil an der gesamten Wertschöpfung liegt bei 68% und der Anteil der Beschäftigten bei
knapp 70%. Dabei spielen nicht nur die Dienstleistungsfirmen selbst eine wichtige Rolle, Dienstleistungen
sind auch als Vor- oder Serviceleistung für die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten produzierenden Sektors
von großer Bedeutung. Um den mit Dienstleistungen verbundenen Forschungs- und Innovationsbedarf zu
erfassen und das Förderungsprogrammportfolio auch für F&E-Aktivitäten im Dienstleistungsbereich attrak-
tiv zu gestalten, wurde in Zusammenarbeit mit der FFG die Dienstleistungsinitiative (DL-I) entwickelt.
Ihr Ziel ist es, durch verstärkte Förderung von Dienstleistungsinnovationen, die Produktivität, Wert -
schöpfung und Exporte von Dienstleistungsunternehmen sowie von jenen Unternehmen im produzierenden
Sektoren, die sich mit produktbegleitenden Dienstleistungen beschäftigen, zu erhöhen und somit auch po-
sitive Effekte auf Beschäftigung und Wohlstand zu erzielen. Die Laufzeit der Initiative reicht vorerst von
Herbst 2009 bis Ende 2013. Für die Anfangsphasen bis 31.12.2010 werden insgesamt 9 Mio. € bereitge-
stellt. Die Abwicklung wurde der FFG übertragen. In der Anfangsphase werden folgende Aktivitäten gesetzt:
• Eigener DL-Schwerpunkt in der Ausschreibung COIN »Kooperation & Netzwerke«,
• Programmlinie »Dienstleistungsinnovationen« in den FFG-Basisprogrammen,
• Auftragsforschungsprojekt »Begleitforschung«.
Auf Basis der Ergebnisse der Begleitforschung sowie der Resonanz auf die DL-I wird das Basisdokument
der DL-I überarbeitet, um im Anschluss an die Anfangsphase zielgerichtete F&E-Förderungen für Dienst -
leistungsinnovationen sowie der vorgelagerten F&E anbieten zu können. Budgetäre Bedeckung voraus -
gesetzt, kann die Dienstleistungs-Initiative in die Hauptphase übergehen, die derzeit bis 2013 vorgesehen
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
106
ist. Hierbei sollen bestehende Förderinstrumente der FFG genutzt werden, ohne ein neues Programm
zu errichten.
Krisenbedingt konnte das Schwerpunktprogramm LISA (Life Science Austria) 2009 nicht die besonders
guten Erfolge der Vorjahre wiederholen. Ungeachtet dessen wurden in der Gründungsfinanzierung
Förderungen für vier Start-up-Projekte mit insgesamt 2,90 Mio. € sowie für vier PreSeed-Projekte mit
ca. 400.000 € beschlossen. Die Schwerpunkte der Förderung liegen im mehrjährigen Durchschnitt zu
ca. 50% im Bereich »drug development« und zu ca. 25% im Bereich »medical technologies«. Nach wie vor
beispielgebend ist der umfassende und »instrumentenübergreifende« Ansatz von LISA, der das Programm
als one-stop-shop für werdende Unternehmer und Unternehmerinnen positioniert, und neben finanzieller
Unterstützung auch Beratung, Expertise sowie die Vermittlung potenzieller Investoren anbietet. Im Modul
»Standortmarketing« in Kooperation mit den Life Science Clustern der Bundesländer wurde die Biotech-
und Medizintechnik Branche 2009 auf elf internationalen Leitmessen präsentiert.
Das Österreichische Genomforschungsprogramm GEN-AU wurde 2001 mit dem Ziel, die nationale
Forschungslandschaft im Bereich Genomforschung/Systembiologie, insbesondere medizinische System-
biologie, gezielt zu stärken, ins Leben gerufen. In der Planung von GEN-AU wurde ein Budget von rund 100
Mio. €, aufgeteilt auf drei große Ausschreibungsphasen, vorgesehen. Der Großteil der Fördermittel fließt in
sogenannte Verbundprojekte und Netzwerke, durch die die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forsche-
rinnen und Forschern aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen wie Biologie, Medizin, Physik, Chemie,
Mathematik, Ingenieurwissenschaften und Sozialwissenschaften gestärkt wird und moderne Technologien
etabliert werden. Das GEN-AU Programm richtet sich an Universitäten, Forschungseinrichtungen,
forschende Unternehmen sowie Personengesellschaften und Vereine. 2009/2010 haben die GEN-AU
Projekte, die in der 3. Ausschreibung erfolgreich waren, ihre Forschungstätigkeit begonnen, und sie laufen
noch bis zum Ende des GEN-AU Programms im Jahr 2012. Insgesamt werden in der 3. Phase von GEN-AU
13 nationale Großprojekte und 24 österreichische Projektbeteiligungen an internationalen Projekten mit
einem Fördervolumen von circa 22 Mio. € gefördert. Über die Projekte der 3. Phase werden insgesamt
112 Vollzeitäquivalente beschäftigt, der Frauenanteil beträgt 43%. Zusätzlich unterstützen Mobilitätssti-
pendien und Maßnahmen zur Frauenförderung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GEN-AU Projekte.
Mit dem neuen Forschungs- und Technologieprogramm »Haus der Zukunft Plus« sollen neue Spitzen-
technologien für das Gebäude der Zukunft, insbesondere das »Plus-Energie-Haus«, entwickelt und die
industrielle Umsetzung innovativer Technologien forciert werden. Es sollen auch vermehrt sichtbare
Demonstrationsgebäude und Modellsiedlungen initiiert werden. Dafür werden in Summe 35 Mio. €
(2008–2011) zur Verfügung gestellt. In der ersten Ausschreibung 2009 wurden mit einem Fördervolumen
von 8 Mio. € über 50 Projekte gefördert. Die 2. Ausschreibung, für die 2,5 Mio. € an Fördermitteln zur
Verfügung stehen, wurde im März 2010 abgeschlossen. Die Beteiligung war hoch: 85 Projekte wurden
eingereicht. Berichte zu den Forschungsprojekten und zukunftsweisenden Demonstrationsgebäuden sowie
weiterführende Informationen sind unter www.hausderzukunft.at zu finden.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Programme »Fabrik der Zukunft« (2000–2008), »FIT-IT« und »Öster-
reichische NANO-Initiative«, der Evaluierung der Innovations- und Forschungsförderung (»System -
evaluierung 2009«) und der »Vision 2020« des Rates für Forschung und Technologieentwicklung wurden
2009 die Grundzüge für die Rahmeninitiative »Smart Production« erstellt: Diese soll im industriell-
gewerblichen Bereich Innovationen von Prozess- und Produktionstechnologien v.a. durch Maßnahmen in
den Bereichen Forschung und Technologieentwicklung sowie den Aufbau von Forschungsnetzwerken und
-infrastrukturen stärken. Übergeordnetes Ziel der Rahmeninitiative Smart Production ist es, die internatio-
nale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Sachgüterproduktion zu stärken und Forschungskompetenz
im Bereich der Produktionsforschung aufzubauen. Darüber hinaus soll die Rahmeninitiative einen Beitrag
zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen wie dem Klimawandel leisten.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
107
Der Verkehrssektor stellt in Österreich im internationalen Vergleich in Bezug auf Arbeitsplätze und Wert-
schöpfung einen überproportional wichtigen Teil der österreichischen Wirtschaft dar. Um dessen Wett -
bewerbsfähigkeit abzusichern, wird die Entwicklung neuer Technologien in der Fahrzeugindustrie und
Innovationen bei Verkehrsdienstleistern und in der Verkehrsorganisation gefördert. Im Rahmen des Schirm-
programms »Intelligente Verkehrssysteme und Services plus« wurden 2009 in der zweiten
ways2go-Ausschreibung von 89 eingereichten Projekten 30 Projekte mit einem Fördervolumen von rund
5,3 Mio. € zur Förderung empfohlen. ways2go legt besonderes Augenmerk auf aktuelle und zukünftige
Mobilitätsbedürfnisse, um mittel- bis langfristig barrierefreie Mobilitätslösungen sowie neue Impulse für
Verkehrs- und Raumplanung durch technologische Innovationen realisieren zu können. Bei der dritten
I2V-Ausschreibung wurden in Summe 63 Projekte eingereicht. Insgesamt wurden 21 Projekte mit einem
Fördervolumen von rund 5,2 Mio. € zur Förderung empfohlen. Ziel der I2V-Programmlinie ist die Erhöhung
der Effizienz des Gesamtverkehrssystems. Im Vordergrund stehen dabei besonders intermodale/ko-modale
Logistiklösungen, die eine Verlagerung von Güterverkehrsströmen von der Straße auf die Schiene bzw.
Binnenwasserstraße ermöglichen.
Um die besonders wichtige Automobilzulieferindustrie in einer konjunkturell schwierigen Lage zu unter-
stützen, wurden die jährlichen Fördermittel für die Jahre 2009 und 2010 gegenüber 2008 um 50% von
40 Mio. auf 60 Mio. € erhöht. Darüber hinaus wurde in Partnerschaft mit der Industrie und Forschung
eine FTI Automotive Strategie entwickelt, um einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindus -
trie zu sichern und anderseits die Markteinführung neuer und sauberer Technologien zu unterstützen.
Der thematische Fokus der Strategie liegt sowohl auf der Entwicklung und Produktion konventioneller
Antriebstechniken, als auch auf dem Ausbau neuer strategischer Themenfelder im Bereich alternativer
Antriebssysteme. Im Programm A3plus und seinem Vorgängerprogramm wurden zwischen 2002 und 2009
insgesamt 150 kooperative F&E-Projekte zur Entwicklung alternativer Antriebe und Treibstoffe mit einem
Förderbudget von 43 Mio. € umgesetzt.
Im Sinne einer modernen Technologiepolitik wird die österreichische Forschung und Industrie über die rein
finanzielle Förderung hinaus unterstützt und wurde mit dieser eine strategische Public Private Partnerschaft
in der Austrian Agency for Alternative Propulsion Systems (A3PS) eingegangen. Die A3PS wurde Anfang
2006 gegründet und in Kooperation mit ihren Mitgliedern aus der industriellen, universitären und außer -
universitären Forschung zur Koordinationsplattform und internationalen Ansprechstelle der österreichischen
Forschung im Bereich alternativer Antriebe und Treibstoffe weiterentwickelt. Die A3PS unterstützt ihre
derzeit 26 Mitgliederinstitutionen beim gemeinsamen Ziel der Entwicklung und Markteinführung alternativer
Antriebssysteme durch ein breites Portfolio von Serviceleistungen:
• Stimulierung der Zusammenarbeit komplementärer Partner, Aufbau interdisziplinärerer Forschungs-
kooperationen und branchenübergreifender Pilot- und Demonstrationsprojekte,
• Beschaffung, Kompilierung und Analyse von Informationen (Technology Foresight und Assessment,
Studien, Organisation von Fachvorträgen und Seminaren, Dienstreiseberichte über Konferenzteil -
nahmen, etc.),
• Unterstützung bei der Schaffung innovationsfördernder Rahmenbedingungen (Ordnungs- und Fiskal-
politik, Treibstoffbesteuerung, Dotierung der Förderinstrumente, 7. RP, technische Normen, Emissi-
onsgrenzwerte, Garagenverordnung, Sicherheitsstandards, etc.),
• Internationale Vernetzung und Marketing für österreichische Technologiekompetenz und das
Engineering- und Produkt-Know-how der Mitglieder durch Publikationen, Präsentationen und Organi-
sation von Konferenzen.
Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages im Dezember 2009 wurde für Raumfahrt eine geteilte
Kompetenz zwischen EU und ihren Mitgliedstaaten angenommen. Die Neuorientierung auf europäischer
Ebene wurde zum Anlass genommen, seine Weltraumstrategie neu zu formulieren, um auf die geänderten
Rahmenbedingungen einzugehen. Die 7. Ausschreibung des Österreichischen Weltraumprogramms mit
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
108
einem Ausschreibungsvolumen von ca. 7. Mio. € wurde am 26. März 2010 gestartet. Das Programm wurde
im Sinne von Simplifikation neu und klar formuliert und umfasst einen wissenschaftlichen, einen technolo-
gischen und einen anwendungsorientierten Programmteil. Projekte zu folgenden Zielen werden erwartet:
• Entwicklung von wissenschaftlichen Instrumenten für europäische und internationale Weltraum -
missionen,
• Gewinnung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen im Rahmen von Weltraummissionen,
• Entwicklung von innovativen Technologien, Produkten und Verfahren,
• Diffusion bzw. Verbreitung von Weltraumtechnologie in andere Sektoren,
• Nutzung der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Anwendungen von Weltraumtechnologien, Nutzung
des Potentials der weltraumgestützten Anwendungen für gesellschaftspolitisch relevante Themen.
Mit dem nationalen Sicherheitsforschungsprogramm KIRAS existiert seit 2005 das fortschrittlichste
Forschungsförderungsprogramm dieser Art in Europa und sichert Österreich damit eine Vorreiterrolle im
europäischen, dem weltweit zweitgrößten Markt für Sicherheitsprodukte und -dienstleistungen (prognosti-
zierte Wachstumsrate: 8-10% pro Jahr). In Österreich werden allein an die öffentlichen Betreiber der
kritischen Infrastruktur jährlich Anlagen, Einrichtungen und Dienstleistungen im Wert von rund 800 bis
1000 Mio. € geliefert. Durch diese Nachfrage auf dem nationalen Sicherheitsmarkt können in über 100
Unternehmen rund 7.500 Arbeitsplätze gesichert werden. Das primär auf zivile Projekte ausgerichtete
Programm KIRAS stellt mit seinem interdisziplinären Zugang, der verpflichtenden Bedarfsträgereinbindung
auf Projektebene sowie der zwingenden Integration von Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK)
national wie europäisch einen Frontrunner im Forschungsthema Sicherheit dar. Wie die begleitende
Evaluierung von KIRAS ergeben hat, wurden bis November 2009 in elf Ausschreibungen 79 Projekte mit
einem Gesamtprojektwert von 37,8 Mio. € bei einer Fördersumme von 27,4 Mio. € gefördert. 200 an KIRAS-
Projekten beteiligte Bedarfsträger, Unternehmen und Forschungseinrichtungen konnten so über
direkte, indirekte und induzierte Effekte eine Wertschöpfung von über 50 Mio. € generieren, wodurch unter
anderem 903 Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten werden konnten. Im Jahr 2009 standen insgesamt
12,9 Mio. € für Ausschreibungen innerhalb der insgesamt vier komplementären Programmlinien zur Ver -
fügung. Für 2010 stehen abermals 6,2 Mio. € an Fördermitteln bereit. Es sind für 2010 Ausschreibungen der
Programmlinien 3 (»Komponentenentwicklung und Demonstrationsvorhaben«) sowie 4 (»Unterstützungs-
maßnahmen«) geplant.
Internationale Forschungs- und Technologiepolitik
EU-Forschungsprogramme
Die EU-Rahmenprogramme für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (EU-Rahmen-
programme, RP) haben sich im Laufe ihrer Geschichte zum wichtigsten Instrument der Umsetzung der
Forschungs- und Technologiepolitik der EU entwickelt. Das mit 1. Jänner 2007 gestartete 7. EU-Rahmen-
programm ist mit einer Laufzeit von sieben Jahren (2007 bis 2013) und einem Gesamtbudget von
53,3 Mrd. € das weltweit größte transnationale Forschungsprogramm. Das 7. RP gliedert sich in die vier
spezifischen Programme:
• »Zusammenarbeit«: unterstützt alle Arten von Forschungsaktivitäten im Rahmen transnationaler
Kooperationen (Budget 32,4 Mrd. €),
• »Ideen«: widmet sich der Förderung von Projekten der grundlagenorientierten Pionierforschung
(»Frontier Research«). Im Zentrum dieses Programms steht der – mit dem 7. RP eingerichtete –
Europäische Forschungsrat (siehe dazu Ausführungen weiter unten),
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
109
• »Menschen«: hat die Förderung der Humanressourcen sowie der internationalen Mobilität von
Wissenschaftern und Wissenschafterinnen zum Ziel (Budget 4,7 Mrd. €),
• »Kapazitäten«: stützt die Forschungsinfrastruktur in Europa, hilft KMUs bei ihren F&E-Tätigkeiten,
finanziert Regionen in ihrer Wissensorientierung, erhöht das Forschungspotenzial und trägt zum
Dialog von Gesellschaft und Wissenschaft bei. (Budget rund 4,1 Mrd. €)
Von den mit Datenstand 11/2009 rund 43.000 gültig eingereichten Projektvorschlägen des 7. RP wurden
6.806 zur Förderung vorgeschlagen (Bewilligungsquote: 15,7%). Österreichische Partnerorganisationen
sind an 813 und damit an jedem achten für eine Förderung vorgeschlagenen Projekt beteiligt. Insgesamt
sind 1.137mal österreichische Beteiligungen in erfolgreichen Konsortien vertreten. Österreichische
Forscherinnen und Forscher stellen somit 2,5% der derzeit rund 45.000 erfolgreichen Beteiligungen des
7. EU-Rahmenprogramms und liegen damit im europäischen Mittelfeld (im Vergleich dazu waren es im
4. RP 2,3%, im 5. RP 2,4% und im 6. RP 2,6%). Nach aktuellem Stand kann davon ausgegangen werden,
dass im 7. RP 2,61% dieser beantragten Fördergelder österreichischen Organisationen zugerechnet
werden können.
Exkurs: Finanzierung von Forschung auf Risikoteilungsbasis – Risk Sharing Finance Facility
Im 7. EU-Rahmenprogramm für FTE wird erstmals nicht nur Forschungsförderung in Form von direkter Pro-
jektförderung betrieben, sondern auch ein neues Instrument zur Stärkung von privaten Investitionen in
Forschung, Entwicklung und Innovation eingeführt, die »Risk Sharing Finance Facility (RSFF)«. Die Europäi-
sche Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank will damit die Finanzierung
von Forschungsprojekten und Forschungsinfrastrukturen erleichtern, die risikoreicher sind als jene Projekte,
die durch das übliche Darlehensportfolio der EIB abgedeckt werden. Die Zielgruppen der RSFF sind in erster
Linie forschungsintensive mittlere und große Unternehmen, aber auch Klein- und Mittelbetriebe sowie
Forschungsinstitute, Universitäten, Gemeinsame Technologieinitiativen (JTIs) oder Partnerschaften im
Der Pfad vom 4. zum 7. EU-RahmenprogrammQuelle: Rohdaten: Europäische Kommission, Berechnungen: PROVISO
4. RP 5. RP 6. RP 7. RP1
1994–1998 1998–2002 2002–2006 Datenst. Nov. 09
bewilligte österreichische Beteiligungen 1.923 1.987 1.946 1.137
Anteil bewilligter österreichischer Beteiligungen
an den insgesamt bewilligten Beteiligungen 2,30% 2,40% 2,60% 2,50%
bewilligte Projekte mit österreichischer Beteiligung 1.444 1.384 1.314 813
bewilligte österreichische KoordinatorInnen 270 267 211 137
Anteil der AT-KoordinatorInnen an Gesamt 1,70% 2,80% 3,30% 3,50%
Rückflussindikator (österreichischer Anteil
an rückholbaren Fördermitteln) 1,99% 2,38% 2,57% 2,61%
Förderungen für bewilligte österreichische
Partnerorganisationen und ForscherInnen in Mio. Euro 194 292 425 342
Rückflussquote gemessen am österreichischen Beitrag
zum EU-Haushalt2 70% 104% 117% 130%
1 Mit Datenstand 11/2009 liegen nur teilweise Angaben über die Verhandlungsergebnisse der Projekte vor. Da es im Zuge der Vertragsverhandlungen erfahrungsgemäß zu Änderungen kommen kann, verstehen sich die Angaben als Richtwerte
2 Quelle: Europäische Kommission – EU-Haushalt 2008 Finanzbericht; für das 7.RP gilt: Durchschnitt der Jahre 2007 und 2008
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
110
Rahmen von Technologieplattformen und Eureka können unterstützt werden. RSFF-Mittel vergibt die EIB
direkt oder indirekt über ein Netzwerk von Intermediärbanken. Dieses Netzwerk wird laufend ausgebaut
und soll am Ende alle EU-Mitgliedstaaten und auch einige assoziierte Länder umfassen. Voraussetzung für
die Vergabe eines RSFF-Darlehens ist, dass ein Projekt von der Europäischen Kommission als im 7. Rahmen-
programm förderwürdig eingestuft wird. Bis zu 1 Mrd. € wird aus dem Budget des 7. Rahmenprogramms
für die RSFF zur Verfügung gestellt. Die Europäische Investitionsbank trägt mit max. 1 Mrd. € aus eigenen
Mitteln bei. Insgesamt wird damit eine zusätzliche Finanzierungskapazität von 10 Mrd. € geschaffen.
Mit Ende des Jahres 2009 konnten bereits 6,5 Mrd. € vergeben werden. Der Großteil der Finanzierungen
erfolgte in den Bereichen »Industrie und Technik« mit 38%, »Life Sciences« mit 23%, gefolgt vom Bereich
»Energie« mit 16% und den »Informations- und Kommunikationstechnologien« mit 14% der genehmigten
Darlehen.
ERC – European Research Council/ Europäischer Forschungsrat
Mit dem im Jahr 2007 etablierten European Research Council (ERC) engagiert sich die EU erstmals syste-
matisch in der Förderung der Grundlagenforschung. Der ERC ist Teil des 7. EU-Forschungsrahmen -
programmes und ist mit einem Budget von etwa 7,5 Mrd. € finanziert, wobei das jährliche Budget konti-
nuierlich ansteigt. Die Programmentwicklung obliegt dem ERC Scientific Council, der aus 22 renommierten
Wissenschaftern und Wissenschafterinnen besteht und der unabhängig von der Europäischen Kommission
bzw. den EU-Mitgliedstaaten agieren kann. Seit 1. März 2010 ist Frau Professor Dr. Helga Novotny aus
Österreich die Präsidentin des ERC Scientific Council. Die Programmabwicklung wird durch die ERC Exeku-
tivagentur, mit Sitz in Brüssel, durchgeführt. Die beiden Förderlinien (Starting Grant bzw. Advanced
Grant) sind offen für Forschende aller Disziplinen und jeder Nationalität. Entscheidend sind allein die
wissenschaftliche Exzellenz der antragstellenden Personen und deren Forschungsvorhaben. Der ERC
Starting Grant richtet sich an Nachwuchsforschende und bietet eine maximale Fördersumme von 2 Mio. €.
Zielgruppe des ERC Advanced Grant sind etablierte Forschende, die mit bis zu 2,5 Mio. € (in Ausnahme -
fällen bis max. 3,5 Mio. €) gefördert werden können. Die maximal fünfjährige Förderung kann zum Auf- oder
Ausbau von Forschungsgruppen an Standorten in Europa (EU-Mitgliedstaaten und am 7. EU-Forschungs-
rahmenprogramm assoziierte Staaten) verwendet werden. Für österreichische Nachwuchsforschende
besteht eine verpflichtende Doppeleinreichung im START-Programm des FWF und dem ERC Starting Grant.
Die Ergebnisse aus den Ausschreibungen 2007 bis 2009 (ohne Advanced Grant 2009) zeigen für Österreich
eine ausgeglichene Bilanz: Mit 21 bewilligten Gastinstitutionen liegt Österreich an 10. Stelle. Bezogen auf die
Nationalität der geförderten Forschenden liegt Österreich mit 16 Geförderten an 11. Stelle der EU-27-Länder.
Die europäische Technologieinitative EUREKA
Europäische Unternehmen und Forschungseinrichtungen können im Rahmen von EUREKA grenzüber-
schreitende, marktorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte durchführen. Die europäische Techno-
logieinitiative EUREKA umfasst heute 38 Mitgliedstaaten und die Europäische Union, vertreten durch die
Europäische Kommission. EUREKA kommt mit seinem bottom-up-orientierten Ansatz und der marktorien-
tierten Ausrichtung der förderbaren Projekte vor allem den Bedürfnissen von KMU entgegen. Heimische
Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind derzeit an 48 traditionellen EUREKA-Projekten mit rund
21,5 Mio. € beteiligt. Österreich wirkt darüber hinaus an 26 Projekten mit innerhalb der wichtigsten EUREKA-
Cluster (strategische Initiativen der europäischen Großindustrie in Zusammenarbeit mit innovativen KMU
und Forschungseinrichtungen) mit.
4.4 Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
111
Eurostars ist ein gemeinsames Förderprogramm von EUREKA und der Europäischen Kommission. Die Maß-
nahme nach Artikel 169 EG-Vertrag wurde im Frühjahr 2008 beschlossen. Das Programm richtet sich an
Klein- und Mittelunternehmen (KMU), in denen mindestens zehn Prozent des Personals in Forschung und
Entwicklung (F&E) arbeiten bzw. zehn Prozent des Umsatzes in F&E investiert werden, und die mit Part-
nern in anderen Mitgliedsländern gemeinsam Forschungs- und Entwicklungsprojekte durchführen wollen.
Den Prinzipien von EUREKA entsprechend gibt es für Projekteinreichungen keine thematischen Vorgaben
(»bottom-up-Charakter«). Jährlich werden ein bis zwei Einreichfristen (Cut-Off-Dates) festgelegt, wobei
die bis dahin eingereichten Anträge gesammelt dem internationalen Begutachtungsverfahren zugeführt
werden. Die derzeit 31 teilnehmenden europäische Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, bis 2013
mindestens 300 Mio. € an Fördermittel bereitzustellen. Durch die Europäische Kommission werden die
nationalen Mittel um max. 100 Mio. € (max. 25%) aus Mitteln des 7. Forschungsrahmenprogramms
aufgestockt. In den ersten drei EUROSTARS-Cut-Off-Dates werden insgesamt 29 Projekte mit österreichi-
scher Beteiligung gefördert.
Nähere Informationen zur Forschungs- und Technologiepolitik können auch dem Österreichischen
Forschungs- und Technologiebericht 2010 entnommen werden.
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
112
4.5 Außenhandelspolitik
Langfristig positiver Trend –deutlicher krisenbedingter Einbruch Für eine kleine offene Volkswirtschaft wie Österreich sind Exporte und Importe von Waren, Dienstleistungen,
Kapital und Know-how entscheidende Bestimmungsfaktoren der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine florie-
rende Exportwirtschaft schafft Arbeitsplätze, Wohlstand und Steuereinnahmen. Zwischen 1995 und 2008
wuchsen die österreichischen Exporte (Waren und Dienstleistungen) um jährlich durchschnittlich 8%,
etwas stärker als die EU-15-Exporte mit +7,7% (Welt: +9,1%). Österreich konnte in diesem Zeitraum
Exportmarktanteile dazugewinnen, während die EU-15, einschließlich Deutschlands, und die neuen Mitglied-
staaten Abnahmen zu verzeichnen hatten, wie auch die OECD-24 insgesamt. Die Exportquote, das Ver-
hältnis der Exporte zum BIP, stieg von 38% 1995 auf 58% 2008; damit liegt Österreich in der EU-15 an
fünfter Stelle. Die Krise 2009 unterbrach diese erfolgreiche Entwicklung und bewirkte erhebliche Einbußen
auf den österreichischen Auslandsmärkten: Die österreichischen Warenexporte sanken 2009 um 19,9% auf
94,2 Mrd. €. Die Exporte in die EU-27 verringerten sich 2009 um 21,0%. Der Rückgang nach Deutschland,
dem wichtigsten Handelspartner, blieb mit 16,5% unter dem Durchschnitt. Ebenfalls unterdurchschnittlich
sanken die Exporte nach Asien (-11,0%); mit China konnte sogar ein Zuwachs von 7,2% erzielt werden.
Osteuropa, bisher Wachstumsstütze, wurde 2009 auch von der Krise erfasst. Die Exporte in diese Region
verzeichneten einen Rückgang von 26,7%.
Exkurs: FIW-Kurzanalyse – Exportranking 2009: China ist Exportweltmeister, Österreich hält Rang 26
Der Aufstieg Chinas zu einer der führenden Exportländer zählt mit zu den markantesten Entwicklungen im
Welthandel. Der Anteil Chinas an den weltweiten Warenexporten (in US-Dollar) lag im Jahr 1980 noch unter
1%, stieg vor allem seit Beginn der 1990er-Jahre aber rasant an und erreichte 2009 9,6%. Die Zunahme des
Exportmarktanteils Chinas ging hauptsächlich auf Kosten traditioneller Exportländer, darunter Deutsch-
land, Japan und die USA, die seit 1996 kontinuierlich Marktanteile verloren haben. Der Kollaps des Welt-
handels zwischen November 2008 und Februar 2009 hat den Aufholprozess Chinas weiter beschleunigt, da
sich seine Exporte rascher erholten als jene anderer Exportländer. Im Laufe des ersten Halbjahres 2009
kam es dann im Warenhandel zur symbolisch bedeutsamen Ablöse Deutschlands als »Exportweltmeister«.
Nach aktuellen Zahlen der WTO stand China somit 2009 erstmals an der Spitze der Rangliste der weltweit
größten Warenexporteure, gefolgt von Deutschland, den USA und Japan. Unter den zehn wichtigsten
Exportländern befinden sich insgesamt sechs Länder der EU (Deutschland, die Niederlande, Frankreich,
Italien, Belgien und Großbritannien) wobei diese Zahlen auch intra-EU Exporte beinhalten. Österreich belegt
2009 in diesem Ranking Platz 26 und konnte damit trotz des verzeichneten Rückgangs der Warenexporte
von 24% seine Platzierung des Vorjahres halten (Für nähere Informationen zum FIW-Projekt siehe weiter
unten in diesem Abschnitt).
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
113
Die Warenexportquote (Warenexporte in % des BIP) erreichte 2007 den bisherigen Spitzenwert von
42,5% und sank 2009 – nach 41,7% im Jahr 2008 – auf 34%. Das entspricht ungefähr dem Wert von
2000. Im Verhältnis zu 1995 (24%) ist das aber immer noch ein Zuwachs um 42%, der die gestiegene
Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft widerspiegelt. Die Warenimportquote (Anteil
der Warenimporte am BIP) lag 2009 bei 35,3%, das entspricht in etwa dem Wert von 2002. 73,1% der
Importe kamen aus der EU-27, sie lagen um 18,7% unter dem Vorjahreswert. Die wichtigsten Herkunfts-
länder waren Deutschland mit einem Anteil von 40,7% und einem Rückgang von 17,9% und Italien (Anteil:
6,7%, Rückgang: 20,5%).
Die Anzahl der Exporteure erreichte nach WKÖ-Schätzung 2009 einen neuen Höchstwert von 38.500 und
hat sich damit seit 1996 fast vervierfacht. Im Jahr 2009 entfielen auf fünf Hauptwarengruppen 90% der
Exporte und 86% der Importe:
1. Maschinen und Fahrzeuge (SITC 7): Exporte 37,6%; Importe 32,9%.
2. Bearbeitete Waren (SITC 6): Exporte: 22,4%; Importe: 15,2%.
3. Sonstige Fertigwaren (SITC 8): Exporte: 12,7%; Importe: 15,3%.
4. Chemische Erzeugnisse (SITC 5): Exporte: 12,9%; Importe: 12,5%.
5. Brennstoffe, Energie (SITC 3): Exporte: 3,4%; Importe 10,4%.
Die Importpreise sanken 2009 stärker als die Exportpreise, so dass sich die Terms of Trade zum ersten
Mal seit 2003 wieder verbesserten (+0,9%, 2008: -2,1%). Wesentlich zu dieser Entwicklung trugen die im
Jahresvergleich deutlich gesunkenen Energiepreise bei. Die Gesamtexportquote (Exporte i.w.S: Güter
und Dienstleistungen) hatte 2007 mit 58,8% ihren bisherigen Rekordwert erreicht (2008: 58%). Sie war
damit seit 1995 um mehr als die Hälfte gestiegen. (In der EU-15 weisen nur Belgien, Luxemburg, die
Niederlande und Irland eine höhere Außenhandelsverflechtung auf.) In Folge der Krise fiel sie 2009 auf
rd. 49%.
Die Leistungsbilanz ist in den letzten Jahren durchwegs positiv: Dazu tragen einerseits wesentlich die
Überschüsse im Dienstleistungsbereich und andererseits die (bis 2009) nahezu ausgeglichene Waren -
verkehrsbilanz bei. Auch 2009 wies die Leistungsbilanz einen Überschuss von 6,3 Mrd. € oder 2,3% des
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Exportranking 2009 (Warenhandel)Quelle: FIW
Exportwert in Mrd. US-Dollar
Prozentwerte beziehen sich auf den Weltmarktanteil
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
114
BIP aus (nach dem Rekordwert von 2008 mit 9,3 Mrd. €, 3,2% des BIP). Der Gesamtüberschuss der
Dienstleistungsbilanz betrug 2009 11,6 Mrd. € (nach 13,2 Mrd. € 2008). Die Dienstleistungsexporte sanken
um 9,7%, die Importe um 8,6%. Österreich liegt bei den Einnahmen aus dem Tourismus mit rd. 13,9 Mrd. €
(rd. 36,4% der Dienstleistungsexporte) nach wie vor international im Spitzenfeld (2008: 10. Rang bzw. 1. bei
den Einnahmen pro Kopf, abgesehen von einigen kleineren Inselstaaten). Der Überschuss erreichte 2008 mit
7,0 Mrd. € einen neuen Rekordwert. Auch 2009 konnte ein positiver Saldo von 6,2 Mrd. € erzielt werden.
Besonders bemerkenswert ist der Überschuss bei den »innovativen Dienstleistungsarten« (Forschung und
Entwicklung mit 1,0 Mrd. € und Architektur und Technik mit 1,3 Mrd. €). Österreich konnte sich offen-
sichtlich auch in der Krise als wettbewerbsfähiges Know-how Zentrum behaupten.
In den letzten Jahren beschleunigte sich der Internationalisierungsprozess der österreichischen Wirtschaft
deutlich; 2009 wurde diese Entwicklung jedoch unterbrochen. Machten 1996 die aktiven Direktinvestiti-
onsbestände nur knapp 6% und die passiven knapp 9% des BIP aus, waren es 2007 rund 38% bzw.
40%. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate betrug 22% bzw. 19%. Die Direktinvestitionsbestände
erreichten Ende 2007 einen Wert von 102,6 Mrd. € aktivseitig und 108,1 Mrd. € passivseitig. Traditioneller
Weise ist die Verflechtung mit Europa besonders intensiv. Über 80% der Direktinvestitionsbestände gehen
nach bzw. kommen aus Europa. Außerhalb Europas ist die USA das wichtigste Partnerland. Aufgrund der
Wirtschaftskrise brachen 2009 die Direktinvestitionsströme ein; die aktiven erreichten nur 2,7 Mrd. €, das
sind um 85% weniger als im Vorjahr und der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Wichtigste Zielregion 2009
waren die Länder Mittel- und Osteuropas (ohne die neuen EU-Mitgliedstaaten) mit 26,6%. Die Spitzenreiter
bei den Zielländern waren Deutschland (56,8%) vor der Türkei (31,3%) und Belgien (16,1%). Diese drei
Länder ergeben mehr als 100%, da aus einigen Ländern Kapital abgezogen wurde (z.B.: Niederlande,
Ungarn und Kanada). Die passiven Direktinvestitionen erzielten einen Wert von 5,1 Mrd. €, das sind um
34% weniger als im Vorjahr. Wichtigster Investor waren die USA mit 33,6%. Dahinter folgten Italien mit
32,6% und Deutschland mit 26,2%. Großbritannien, Zypern, die Niederlande und Irland haben Kapital aus
Österreich abgezogen.
Fortsetzung der Internationalisierungsoffensive (IO neu)Durch die weltweite Wirtschaftskrise und den Einbruch des Welthandels hat sich die Notwendigkeit von
Maßnahmen zur Stützung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft weiter
erhöht. Das Regierungsprogramm sieht daher die Fortsetzung der seit 2003 erfolgreich laufenden Interna-
tionalisierungsoffensive (IO) vor. Für die Jahre 2009 und 2010/11 stehen im Rahmen des ersten Konjunk-
turpakets für die IO neu jeweils Budgetmittel in Höhe von 25 Mio. € zur Verfügung. In der Erarbeitung
der IO neu flossen die Erfahrungen mit der Umsetzung der vorhergehenden IO, die Ergebnisse von
Evaluierungsstudien samt Verbesserungsvorschlägen und das 2008 fertiggestellte neue österreichische
Außenwirtschaftsleitbild »Globalisierung gestalten – Erfolg durch Offenheit und Innovation« ein. Letzteres
hatte zum Ziel jene Faktoren zu erheben, von denen die internationale Wettbewerbsfähigkeit österreichi-
scher Unternehmen bzw. des Wirtschaftsstandortes Österreichs in den nächsten 10 bis 15 Jahren abhängen
wird. Eine Evaluierung der Umsetzung des Außenwirtschaftsleitbilds kam Anfang 2010 zu dem Ergebnis,
dass die grundsätzlichen Aussagen des Leitbilds weiterhin Bestand haben, dass das Außenwirtschaftsleitbild
zu einem entscheidenden Input auf dem Weg zu einer strategischen, d.h. umfassenden, systematischen
und zukunftsorientierten österreichischen Außenwirtschaftspolitik wurde und dass den im Außenwirt-
schaftsleitbild formulierten Anforderungen in der Zwischenzeit durch eine Vielzahl von Umsetzungsschritten
in einem bemerkenswerten Ausmaß entsprochen worden ist.
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
115
Wichtigster Vertragspartner der IO neu ist die WKÖ. Für das Maßnahmenpaket go-international (www.go-
international.at) stehen vorerst für den Zeitraum 1.4.2009 bis 31.3.2011 38 Mio. € zur Verfügung. Go-inter-
national wird durch die Außenwirtschaft Österreich (AWO) der WKÖ umgesetzt, die sich dabei ihres
Netzwerkes im In- und Ausland bedient. Go-international besteht aus sechs Maßnahmen zu den Themen-
bereichen Exportmotivation, Branchen- und Themenfokussierung, internationale Technologievernetzung,
Wettbewerbsfähigkeit durch Bildung, Dienstleistungsexport und internationales Projektgeschäft sowie
imagemäßige Positionierung der österreichischen Wirtschaft im Ausland, ermöglicht die Ergänzung, Auswei-
tung und finanzielle Unterstützung des erprobten AWO-Programmes und führt verstärkt neue Unternehmen
in den Export bzw. bereits exportierende Firmen in neue Märkte. Besonderes Augenmerk wird auf die
Unterstützung von Dienstleistungsexporten gelegt. Österreichische Unternehmen haben im Rahmen von
go-international auch Zugang zu Direktförderungen, die überwiegend aus Kofinanzierungen von Markter-
schließungskosten für bestimmte Zielgruppen (Neuexporteure, Technologieexporteure etc.) bestehen.
Insgesamt handelt es sich dabei um 13 Förderinstrumente, rund 20% des gesamten go-international-
Budgets stehen dafür zur Verfügung.
Folgende wichtige Maßnahmenpakete sollen im Rahmen der IO neu hervorgehoben werden:
• Die neue Förderaktion zur Unterstützung der Internationalisierung von Clustern wurde mit Beginn
des Jahres 2010 ins Leben gerufen und richtet sich an die regionalen Cluster Österreichs. Die Ab-
wicklung erfolgt über die aws. Ziel ist die Etablierung neuer, strategischer Partnerschaften mit
ausländischen Clustern oder clusterähnlichen Akteuren im Dienste der Mitgliedsunternehmen der
Cluster. Mithilfe dieser Aktivität soll auch zur Zusammenarbeit mehrerer österreichischer Cluster im
Hinblick auf einen gemeinsamen internationalen Kooperationsraum beigetragen werden. Die Aus-
schreibungen sind ab 2010 in jährlichem Rhythmus geplant, mit einem Ausschreibungsvolumen von
jeweils ca. 150.000 €. Die Förderaktion ist einerseits in der Internationalisierungsoffensive, anderer-
seits in der »Nationalen Clusterplattform« (www.clusterplattform.at) verankert.
• Das Kompetenzzentrum Forschungsplattform Internationale Wirtschaft (FIW) wurde Ende 2006 ins
Leben gerufen, um die Entwicklung von außenwirtschaftspolitischem Know-how in Österreich voran-
zutreiben. Träger sind das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), das Wiener
Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und das Wirtschafts- und Sozialwissenschaft-
lichen Rechenzentrum (WSR). Kernstück ist die FIW-Website (http://www.fiw.ac.at), von der aus
auch der Zugang zu den FIW-Datenbanken und FIW-Studien erfolgt. Seit 2009 erscheinen regel-
mäßige FIW-Policy Briefs zu politikrelevanten aktuellen Außenwirtschaftsthemen.
• Schließlich sei noch das Headquarteransiedlungsprogramm und strategisches Betriebsansiedlungs-
programm der ABA genannt (siehe Abschnitt 4.3).
Aufbauend auf dem österreichischen Außenwirtschaftsleitbild, das eine strategische Partnerschaft zwischen
Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit fordert, bildet der Bereich »Wirtschaft und Entwicklung«
einen weiteren IO-Schwerpunkt:
• Das Informationsbüro Wirtschaft & Entwicklung (IBWE) hat das Ziel, die Komplementarität von Wirt-
schaft und Entwicklung im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, Entwicklungszusammenarbeit
stärker strategisch und wirtschaftsorientiert zu denken und die Rahmenbedingungen für unter -
nehmerisches Engagement in diesem Bereich zu verbessern. Zentrale Dialoggruppen sind neben der
österreichischen Wirtschaft auch Politik und Verwaltung sowie die interessierte Öffentlichkeit.
Das IBWE organisiert Veranstaltungen und verfasst bzw. beauftragt Studien, Analysen und Hinter-
grundpapiere. 2009 erschien der Unternehmerguide Entwicklungsländer.
• Seit 2002 ist Österreich Co-Vorsitzender des »Compact for Reform, Investment Integrity and Growth
in South East Europe« (SEE-Investment Compact). Der SEE-Investment Compact ist eine internatio-
nale Initiative unter Leitung der OECD, um die Staaten Südosteuropas bei Wirtschaftsreformen zu
unterstützen, die den Privatsektor stärken und Wachstum und Entwicklung in der Region verbessern.
Der aktuelle »SEE Investment Reform Index« wurde am 25. März 2010 in Paris präsentiert.
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
116
• Zusammen mit der ADA wird das Programm REPARIS (The Road to Europe: Program of Accounting
Reform and Institutional Strengthening) unterstützt. REPARIS ist ein Programm der Weltbank mit dem
Ziel, die Rechnungslegungsgebarung von Unternehmen in Südost- und Zentral-Europa an europäische
Standards heranzuführen.
• Das »Integrierte Regionalprogramm Schwarzmeerregion« bündelt die österreichischen Hilfs- und
Außenwirtschaftsaktivitäten in dieser aufgrund ihrer Bedeutung für die österreichische Energiesicher-
heit und noch nicht ausgeschöpfter Export- und Investitionspotenziale sowie im Hinblick auf signifi-
kante Regionalprogramme der EU (Eastern Partnership) und internationaler Organisationen (z.B.
OECD) besonders relevanten Region – konkret handelt es sich um die Länder Ukraine, Moldawien,
Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Türkei sowie die russische Region Krasnodar.
EU-Initiativen zur ZusammenarbeitIn der Periode 2007-2013 wurde aus der Gemeinschaftsinitiative INTERREG der Periode 2000 – 2006 das
neue Ziel »Europäische Territoriale Zusammenarbeit«. Dabei gibt es weiterhin folgende verschiedene
Arten der Kooperation, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert werden,
und für welche die entsprechend erforderlichen nationalen Kofinanzierungsmittel aus Mitteln der Internatio-
nalisierungsoffensive zur Verfügung stellt:
• Grenzüberschreitende Kooperation: Entwicklung von grenzüberschreitenden wirtschaftlichen und
sozialen Projekten (vormals INTERREG IIIA). Neu in diesem Zusammenhang ist die Rolle der 2004
beigetretenen Nachbarstaaten Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn als gleich -
berechtigte Programmpartner, die nunmehr auch über eigene EFRE-Mittel verfügen.
• Transnationale Kooperation: Schaffung und Förderung der transnationalen Zusammenarbeit (vormals
INTERREG IIIB). Die auffälligste Änderung für Österreich ist dabei, dass es nunmehr an 3 Programmen
(bisher nur 2) beteiligt ist. Es sind dies die Programme Central-Europe, South-East-Europe und das
Alpenraum-Programm.
• Interregionale Kooperation bzw. Netzwerkprogramme: Diese dienen der Stärkung der Effizienz der
Regionalpolitik durch die Förderung der interregionalen Zusammenarbeit, sowie auch der Schaffung
von Netzwerken und dem Erfahrungsaustausch zwischen den regionalen und lokalen Behörden
(vormals INTERREG IIIC bzw. weiterhin ESPON, URBACT, INTERACT).
Insgesamt stehen Österreich für die Abwicklung dieser Programme nachstehende Mittel aus dem Fonds für
Europäische Regionale Entwicklung (EFRE) zur Verfügung, die bei entsprechender nationaler Kofinanzierung
für einen beträchtlichen Hebeleffekt sorgen, und so wesentlich zur weiteren Internationalisierung der
österreichischen Wirtschaft beitragen:
Strukturfondsmittel 2007–2013 (in Euro)Quelle: Europäische Kommission
Ziel »Europäische Territoriale Zusammenarbeit« 256.664.100
(Ö-Anteil) davon:
Transnationale Kooperation EFRE 32.688.669
davon:
Mitteleuropa 14.088.669
Südosteuropa 9.800.000
Alpenraum II 8.800.000
Grenzüberschreitende Kooperation EFRE 223.975.431
Strukturfondsmittel 2007–2013 für Österreich 1.461.142.681
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
117
Bei der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel am 18./19. Juni 2009 wurde der Europäischen Kommis-
sion ein Mandat zur Erarbeitung einer EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR) erteilt (zweite makro-
regionale EU Strategie nach der beim Europäischen Rat im Oktober 2009 angenommen Ostseestrategie).
In geographischer Hinsicht umfasst die Donauraumstrategie acht EU-Mitgliedstaaten (Deutschland, Öster-
reich, Tschechische Republik, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien), vier potentielle und
aktuelle Beitrittskandidatenländer (Kroatien, Serbien, Bosnien Herzegowina und Mazedonien) und zwei
Drittstaaten (Ukraine und Moldawien). Grundsätzlich steht der Prozess jedoch allen Staaten im Donau-
raum offen. Rechtlich zwar unverbindlich und ohne (unmittelbar) budgetären Konsequenzen zielt die
Donauraumstrategie samt ihrem vertiefenden Aktionsplan, methodisch bzw. politisch auf eine bessere
Koordination und Kooperation bei EU- und großräumig relevanten Entwicklungsfragen ab, um dadurch die
Wahrscheinlichkeit der Umsetzung dieser Vorhaben zu erhöhen.
Außenhandelsförderung für österreichische UnternehmenInternationale Märkte sind für die österreichische Wirtschaft von besonderer Relevanz. Zum Zweck der
Unterstützung der österreichischen Exportwirtschaft werden Bundeshaftungen in Form von Garantien gemäß
Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG) gewährt. Die Exportunternehmen haben für diese Leistungen ein von
Art und Umfang des gedeckten Risikos abhängiges Haftungsentgelt zu bezahlen. Für die unterschiedlichen
Geschäftstypen stehen verschiedene Garantiearten zur Absicherung typischerweise mit der Exporttätigkeit
verbundener Risiken, wie dem Produktionsrisiko und dem Kreditrisiko, aber auch zur Absicherung des
Bestands von Rechten österreichischer Unternehmen bei Investitionen und Beteiligungen im Ausland, zur
Verfügung.
Exporthaftungen
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Rahmenbedingungen der österreichischen Exportwirtschaft massiv
verändert und beeinträchtigt. Gerade in Krisenzeiten ist das AusfFG-Verfahren ein unerlässlicher Beitrag
zur Unterstützung und Internationalisierung der österreichischen Exportwirtschaft sowie zur Absicherung
von Arbeitsplätzen. Neben der Stärkung der Exportwirtschaft in der Finanz- und Wirtschaftskrise, sind
staatliche Exportgarantien insbesondere auch für jene Exporteure essentiell, die sich in schwierigen,
risikoreichen Märkten bewegen, wie auch von einer WIFO-Studie zur Evaluierung der Exportförderung
bestätigt wird.
Der massive Einbruch des Exportgeschäfts mit einem Exportrückgang um rd. 20% im Jahre 2009 spiegelt
sich naturgemäß auch in den Haftungsneuzusagen wider. Im Rahmen des heimischen Ausfuhrförderungs-
verfahrens wurden im Jahr 2009 Haftungen in Höhe von rund 5,1 Mrd. €, nämlich rd. 3,3 Mrd. € an
Garantien und rd. 1,8 Mrd. € an Wechselbürgschaftszusagen, übernommen (im Vergleich zu insgesamt
12 Mrd. € 2008). Hauptgrund für den Rückgang war die krisenbedingte geringe Nachfrage nach den Inter-
nationalisierungsinstrumenten Beteiligungsgarantien und Wechselbürgschaften für Beteiligungen. Der
Haftungsrahmen des AusfFG, welcher als Reaktion auf die Finanzkrise vorsorglich auf 50 Mrd. € angehoben
wurde, war per 31. Dezember 2009 mit einem Haftungsstand von 40,65 Mrd. € ausgenützt.
Gerade im vergangenen Jahr zeigte sich insbesondere im Liefer- und Projektgeschäft die Notwendigkeit
der staatlichen Exportförderungsinstrumente, da viele private Kreditversicherer ihre Kapazitäten zurück-
fuhren. Daher können österreichische Exporteure, durch eine Ausnahmegenehmigung der Europäischen
Kommission, Lieferungen mit kurzen Zahlungsfristen in EU- und OECD-Länder zumindest bis Ende 2010
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
118
wieder subsidiär beim Bund absichern. Die Konditionen (inkl. Prämien) dieser Haftungen werden so aus-
gestaltet, dass sie die Produkte der privaten Anbieter lediglich ergänzen ohne mit ihnen in Konkurrenz zu
treten. Im Bedarfsfall besteht auch die Möglichkeit von Rückgarantien für private Kreditversicherer.
Mit diesen Maßnahmen soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Exporteure abge -
sichert und in Krisenzeiten besonders benötigte zusätzliche Exportumsätze ermöglicht werden.
Exportfinanzierung
Im internationalen Wettbewerb sind Exportunternehmen verstärkt gefordert, den Abnehmern auch Finan-
zierungsmöglichkeiten für ihre Lieferungen und Leistungen anzubieten. Die Bereitstellung günstiger
Finanzierungen wird durch das von der OeKB administrierte Exportfinanzierungsverfahren ermöglicht.
Dieses Verfahren beruht auf der Refinanzierung von Exportkrediten. Der Bundesminister für Finanzen
übernimmt für die Mittelaufnahmen der OeKB auf den internationalen Kapitalmärkten gegen ein Entgelt
Haftungen auf Grundlage des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes (AFFG), wodurch die OeKB den
Banken und Exporteuren günstige Kreditmittel zur Verfügung stellen kann. Im Jahr 2009 wurden im
Exportfinanzierungsverfahren Finanzierungszusagen in einer Größenordnung von ca. 2,5 Mrd. € (2008:
ca. 12,5 Mrd. €) neu erteilt.
Neben den Exportgarantien und der Exportfinanzierung zu kommerziellen Bedingungen sind Soft Loans
(sog. »Rahmen II-Finanzierungen«) das dritte bedeutende Instrument der österreichischen Außenhandels-
förderung. Diese für Entwicklungsprojekte in bestimmten Sektoren und Ländern angebotenen konzessio-
nellen Finanzierungen dienen der Unterstützung der österreichischen Exportwirtschaft im internationalen
Wettbewerb sowie der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung der Entwicklungsländer. Im Jahr 2009
wurden Soft Loans in Höhe von ca. 199 Mio. € (2008: ca. 170 Mio. €) genehmigt. Die aus Bundesmitteln
geleisteten Zuschüsse für das Soft Loan Verfahren werden den österreichischen Mitteln der offiziellen
Entwicklungshilfe (ODA – Official Development Assistance) zugerechnet.
Wirtschaft und Entwicklung in der OEZA Wirtschaft und Entwicklung sind zwei Seiten einer Medaille. Um Armut nachhaltig zu reduzieren, braucht
es einen leistungsfähigen und dynamischen Privatsektor, der wirtschaftliches Wachstum entfacht. Durch
private Investitionen entstehen neue Arbeitsplätze, Know-how und die Möglichkeit, Einkommen zu erzielen.
Ein funktionierender Privatsektor sichert Steuereinnahmen – eine wichtige Voraussetzung für die Bereit-
stellung verschiedener öffentlicher Dienste und eines funktionierenden Sozialsystems. Die Austrian
Development Agency (ADA) setzt daher auf Synergien zwischen Privatwirtschaft und Entwicklungszusam-
menarbeit. Vor diesem Hintergrund hat die ADA in den vergangenen Jahren den Schwerpunkt »Wirtschaft
und Entwicklung« sukzessive ausgebaut. Neben der Privatsektorentwicklung in den Schwerpunktländern
wird hier auch die Einbeziehung der österreichischen Wirtschaft gefördert.
Mit dem Programm Wirtschaftspartnerschaften unterstützt die ADA die Zusammenarbeit österreichischer
Unternehmen mit der Wirtschaft der Partnerländer. Gefördert werden unternehmerische Engagements, die
die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessern, öffentliche Institutionen stärken, neue Techno-
logien und Know-how vermitteln sowie die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Unternehmen verbessern. Durch
Wirtschaftspartnerschaften werden zusätzliche private Mittel für entwicklungspolitisch relevante Maß -
nahmen mobilisiert und Entwicklungseffekte privater Wirtschaftsbeziehungen und Investitionen genutzt.
Eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sowie eine genauere Risikoabschätzung verbessern zugleich
4.5 Außenhandelspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
119
die Wirtschaftlichkeit der Projekte. Im Jahr 2009 wurden zwölf neue Wirtschaftspartnerschaften mit einem
Förderungsvolumen von ca. 2 Mio. € und einer Eigenleistung der Partnerunternehmen von ebenfalls
ca. 2 Mio. € genehmigt. Hinzu kamen zwölf Machbarkeitsstudien mit einem Förderungsvolumen von
rd. 224.000 €. Seit Beginn des Programms im Jahr 2004 wurden somit insgesamt 63 Wirtschaftspartner-
schaften ins Leben gerufen. Die ADA stellt aber nicht nur Geldmittel bereit, sondern unterstützt Partner-
unternehmen mit ihrer Expertise und ihrem Netzwerk bei der Gestaltung und Einreichung von Projekten.
Win-Win-Situationen von Wirtschaft und Entwicklung entstehen insbesondere dann, wenn Unternehmen
bei Engagements in Entwicklungsländern ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen. Daher ver-
sucht die ADA – auch über konkrete Projekte im Bereich der Wirtschaftspartnerschaften hinaus – das
Thema Corporate Social Responsibility zu stärken. Beispielsweise ist es mit Unterstützung der ADA gelungen,
das österreichische Global Compact Netzwerk als aktives Forum zu etablieren. Teilnehmende Unternehmen
tauschen hier untereinander und mit relevanten Experten Erfahrungen aus. Konkrete Hilfestellung gibt das
Internetportal www.business-anti-corruption.com. Dieses bietet interessierten KMU, die in Entwicklungs-
ländern tätig sind, Unterstützung beim Kampf gegen Korruption.
Exkurs: Unternehmerische Verantwortung/ Corporate Social Responsibility (CSR)
Unter dem Begriff »Soziale Verantwortung von Unternehmen« (Corporate Social Responsibility, CSR) wird
die (freiwillige) Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen verstanden. Es gibt
keine anerkannte Definition von CSR, es besteht aber Einigkeit darüber, dass das »Oberziel« von CSR dessen
Beitrag zu »nachhaltiger Entwicklung« ist. Nach der Definition der Europäischen Kommission im CSR-
Grünbuch 2001 ist CSR »ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis
soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den
Stakeholdern zu integrieren.«
Von Seiten der Wirtschaftspolitik wurde von Anfang an die Verbreitung des CSR-Gedankens in Österreich
unterstützt, der unter anderem vom Verein »respACT Austria« getragen wird. respACT ist als eine der
weltweit führenden CSR-Initiativen und eines der Vorbilder für das 2006 von der EK vorgestellte »Europäi-
sche Bündnis für soziale Verantwortung der Unternehmen«. Neben respACT als Unternehmensplattform
werden auch Projekte von NeSoVe (Netzwerk Soziale Verantwortung) unterstützt, einem Zusammenschluss
von am CSR-Thema interessierten NGOs und Arbeitnehmervertretern. Sowohl das 2008 erschienene
Außenwirtschaftsleitbild als auch das Regierungsprogramm enthalten prominente Bekenntnisse zur unter-
nehmerischen Verantwortung und zeigen auf, dass verantwortungsvolles Unternehmertum in Zukunft
auch international ein Wettbewerbsfaktor sein wird. Das bietet für österreichische Unternehmen neue
Chancen, die es zu nützen gilt.
Auf internationaler Ebene haben sich die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die ILO-Normen,
die Global Reporting Initiative und der UN Global Compact als führende CSR-Instrumente etabliert.
Die OECD-Leitsätze – im Jahr 2010 ist eine Neufassung zu erwarten – stellen Empfehlungen der teilneh-
menden Länder an in und von ihnen aus agierende Unternehmen dar, der Global Compact ist eine Selbst-
verpflichtung der teilnehmen Unternehmen. Ebenfalls kurz vor Veröffentlichung steht die ISO 26.000,
die eine weltweite Begriffsvereinheitlichung zu CSR bringen soll.
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
120
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik
Energiepolitik
Erneuerbare Energien
Die größtmögliche Nutzung erneuerbarer Energien im Sinne einer nachhaltigen und umweltschonenden
Energieversorgung war und ist eine der wichtigsten energiepolitischen Zielsetzungen in Österreich, die nun
auch auf internationaler Ebene verstärkte Bedeutung erlangt. Die hohe Bedeutung, die diesen Energien in
Österreich zukommt, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie im Jahr 2008 über 78% der gesamten heimischen
Energieerzeugung und fast 27% des gesamten österreichischen Bruttoinlandsverbrauches, dessen Struktur
sich in den letzten Jahren deutlich zugunsten der erneuerbaren Energien verschoben hat, deckten. Auch
im internationalen Vergleich liegt Österreich bei den erneuerbaren Energien im absoluten Spitzenfeld bzw.
sogar an vorderster Position.
Bezogen auf die Erzeugung beträgt der Beitrag Österreichs zur EU-Gesamtproduktion an Energie nur
1,3%, bei den erneuerbaren Energien aber fast 6%. Unter Bedachtnahme auf die Landesfläche – diese
ermöglicht in Form einer Maßzahl toe/km² eine besonders objektive Darstellung der Nutzung/Gewinnung
erneuerbarer Energie – liegt Österreich sogar mit weitem Vorsprung an 1. Stelle. Gemessen an der Landes-
fläche werden in Österreich fast 100 toe/km2 erneuerbare Energien erzeugt, was etwa dem 3-fachen Wert
des EU-Durchschnittes entspricht und immerhin um rd. 25% über dem Wert Deutschlands liegt, das in
dieser Reihung den 2. Platz hinter Österreich einnimmt.
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Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoinlandsverbrauch*
im Jahr 2007Quelle: IEA/BMWFJ
* ohne Außenhandelssaldo an elektrischer Energie
in %
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
121
Energieeffizienz
Österreich setzt sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene eine Reihe von Instrumenten und Maßnahmen
zum sinnvollen Energieeinsatz und zur Verbesserung der Energieeffizienz ein. Durch die schon frühzeitig
vorgenommene Ausrichtung der österreichischen Energiepolitik in diese Richtung, ist es gelungen, die
Energieeffizienz langfristig deutlich zu verbessern. Obwohl das reale Bruttoinlandsprodukt in Österreich
zwischen 1973 und 2008 um 129,2% gestiegen ist, bewegte sich der Bruttoinlandsverbrauch des Jahres
2008 um vergleichsweise geringe 55,4% über dem Niveau des Jahres 1973. Damit hat sich der relative
Energieverbrauch (d.h. die zur Erzeugung einer Einheit des BIP notwendige Menge an Gesamtenergie) um
mehr als 32% verringert. Die Entkopplung zwischen Bruttoinlandsprodukt und Energieverbrauch ist somit
gelungen.
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Inländische Erzeugung erneuerbarer Energien im Jahr 2007 –flächenbezogen (in toe/km2)Quelle: IEA
in toe/km2
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
122
Damit zählt Österreich zu jenen Staaten, die – gemessen an der Wirtschaftsleistung – Energie besonders
sparsam nutzen und liegt im EU-Vergleich an 4. Position. Im Jahr 2007 betrug der Bruttoinlandsverbrauch
pro US-$ 1.000 BIP (zu Preisen und Wechselkursen von 2000) in Österreich 0,1499 Tonnen Rohöleinheiten
(toe). Dieser Wert liegt deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder (0,1826) und auch unter den
Werten der meisten EU-Mitgliedstaaten, wo lediglich Großbritannien, Irland und Dänemark niedrigere
Werte ausweisen.
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2000
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2002
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2005
2006
2007
2008
Entkoppelung Bruttoinlandsverbrauch/WirtschaftswachstumQuelle: Statistik Austria
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Bruttoinlandsverbrauch pro BIP im Jahr 2007Quelle: IEA
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Bruttoinlandsverbrauch
Relativer Energieverbrauch
Index (1973 = 100)
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
123
Ökostrom-Förderung
Der Bereich Ökostrom hat mit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes per 1.1.2003 und seiner Novellen einen
nachhaltigen Aufschwung erfahren. Die größten Anteile bei bescheidmäßig anerkannten Anlagen erreichten
dabei im Vergleichszeitraum Jänner 2003 bis September 2009 Anlagen auf Basis von Windenergie
(annähernd 1.050 MW) sowie Anlagen, die auf Basis fester Biomasse betrieben werden (etwa 410 MW).
Die Ökostromproduktion (ohne Kleinwasserkraft) erreichte im Jahr 2008 rd. 8% an der Gesamtstrom -
erzeugung.
Die 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008, die nach teilweiser beihilferechtlicher Genehmigung durch die Europäi-
sche Kommission im Oktober 2009 vom Parlament in Kraft gesetzt wurde (die Europäische Kommission
erklärte die Förderungsvergabe des Ökostromgesetzes als kompatibel mit dem Beihilfenrecht, eröffnete
allerdings über die Regelungen betreffend die Kostenbegrenzung für die energieintensiven Endverbraucher
gem. § 22c Ökostromgesetz ein förmliches Hauptprüfungsverfahren), hebt die jährlichen Zusatzförderungs-
mittel für Ökostrom auf 21 Mio. € an. Gemäß dieser Novelle wird der Anteil des Ökostroms auf 15% bis
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Entwicklung anerkannter Ökostromanlagen lt. Bescheiddatenbank 2002–2009Quelle: Energie-Control GmbH
Geothermie
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Deponie- und Klärgas
Photovoltaik
Biogas
Biomasse fest
Wind
in MW
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
124
2015 erhöht werden. Die in der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 enthaltenen Neuerungen werden einen
weiteren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und zur CO2-Reduktion, zur Erhöhung der Energie -
effizienz bei Ökostromanlagen sowie einen Beitrag zur Diversifizierung der Energieversorgungsquellen –
und damit zur Erhöhung der Versorgungssicherheit – durch Erhöhung des Anteiles von erneuerbaren
Energiequellen an der Elektrizitätsaufbringung leisten. Die Einspeisetarife wurden mit der Ökostrom -
verordnung 2010 festgesetzt, wodurch wichtige Anreize für Investitionen in Ökostrom-Technologien
gesetzt wurden. Wirtschaftlich sinnvolle Projekte und Standorte werden auf dem Weg zur Marktreife
effizient gefördert, ohne dass unnötige Zusatzkosten für Haushalte, Gewerbe und Industrie entstehen.
Energieforschungserhebung
Die Ausgaben der öffentlichen Hand für Energieforschung in Österreich betrugen entsprechend der 2009
erschienenen Energieforschungserhebung im Jahr 2008 rund 72 Mio. €. Damit liegt Österreich bei den
nicht-nuklearen Energieforschungsausgaben der öffentlichen Hand bezogen auf das BIP im internationalen
Vergleich im Mittelfeld der von der Internationalen Energieagentur betrachteten Staaten. Für Forschungen
im Bereich »Erneuerbare Energien« wurden 24,4 Mio. € ausgegeben, für »Energieeffizienz« 23,5 Mio. €
(jeweils rund 1/3 der Ausgaben).
Die unmittelbaren Ausgaben für Energieforschung der Bundesministerien betrugen 21 Mio. €. Der Klima-
und Energiefonds verfügte über 30 Mio. €. Die Bundesländer gaben rund 3,5 Mio. € für Energieforschung
aus. Der größte Teil der direkten Finanzierungen im Energieforschungsbereich wird über die FFG (Öster-
reichische Forschungsfördergesellschaft) abgewickelt.
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Ausgaben der öffentlichen Hand 1994–2008Quelle: BMVIT
erneuerbare Energie
fossile Energieträger
Energieeffizienz
andere Querschnittstechnologien
andere Kraftwerktechniken, etc.
Kernenergie
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
125
Smart Grids und erneuerbare Energien für zukunftsorientierte Infrastruktur
Zu den Forschungsthemen »Smart Grids«, Solarthermie und Photovoltaik wurden eigene Road Maps
entwickelt, die den Forschungs- und Entwicklungsbedarf zu diesen Themenbereichen festlegen und not-
wendige Schritte zur verstärkten Umsetzung aufzeigen. Eine Einführungsstrategie zu Smart Grids wird
entwickelt, wobei unter Smart Grids (»aktive Netze«) »intelligente« Stromnetze verstanden werden, die
durch Nutzung von IKT einen effizienteren und (ausfalls-)sichereren Betrieb der Energieversorgung und
Energieverteilung unter bestmöglicher Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage nach Energieleistungen
gewährleisten. Smart Grids sind die technologische Basis, um mit erneuerbaren Energieträgern eine
dezentrale Energieversorgung im Inland auszubauen und dadurch die regionale Wertschöpfung unter
Nutzung natürlicher, dauerhaft vorhandener (oder: nicht erschöpfbarer), klimaschonender Energiequellen
wie Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme kräftig zu erhöhen. Smart Grids bilden auch eine Infrastruktur-
grundlage für Elektro-Mobilität. Sie schaffen eine technologische Basis für die Stromversorgung der
Zukunft und ermöglichen eine optimale Nutzung der Erneuerbaren Energien. Der Aufbau von intelligenten
Stromnetzen bietet für Energie-Konsumenten und Konsumentinnen auch Kostensenkungspotentiale, wirt-
schaftliche Einnahmequellen und zudem volkswirtschaftliche Chancen: Konsumenten und Konsumentinnen
können zugleich Energieproduzenten und -produzentinnen werden und am Gebäude oder in der unmittel-
baren Gebäudeumgebung erzeugte Überschussenergien aus Erneuerbaren Energiequellen in das Strom-
netz einspeisen. Der Komfort für Konsumenten und Konsumentinnen kann erhöht werden (z.B. durch
detaillierte und zeitnahe Information über den Stromverbrauch) und sie werden in die Lage versetzt, aktiv
am liberalisierten Strommarkt teilzunehmen.
Exkurs: Marktentwicklung erneuerbarer Energietechnologien
Die Marktentwicklung der Technologien Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpen und Biomasse zeigt die
zunehmende wirtschaftliche Bedeutung und die Zukunftsrelevanz des innovativen Einsatzes von Erneuer -
baren Energieträgern. Die Erhebung zur Marktentwicklung »Erneuerbare Energie in Österreich« 2008 macht
die starken Wachstumsraten des Inlandsmarktes bei Solarkollektoren (+25%), Wärmepumpen (+23%)
und Photovoltaikmodule (+120%) sichtbar. In diesen drei untersuchten Technologiebereichen sind mehr
als 11.000 Personen beschäftigt. Durch konsequente Forschung und Entwicklung konnten österreichische
Unternehmen in diesen Branchen ihre Wettbewerbspositionen verbessern und einige auch eine europa -
weite Technologieführerschaft erreichen. Die Bedeutung des Solarthermiemarktes in Österreich ist in
mehrfacher Hinsicht hoch: Die Produktion von thermischen Sonnenkollektoren verzeichnete in Österreich
seit 2002 ein starkes Wachstum. Die rund 4 Mio. m² thermischen Solarkollektoren, die 2008 in Österreich
in Betrieb waren, haben einen Nutzwärmeertrag von etwa 1.330 GWh th und bewirken eine CO2-Einsparung
von rund 545.150 Tonnen. Der Exportanteil bei thermischen Kollektoren liegt bei rund 80%. Die Unter-
nehmen dieses Segments bieten rund 7.400 Vollzeitarbeitsplätze. Österreich nimmt bei der thermischen
Solarenergienutzung weltweit bei der Zahl der verglasten Kollektorfläche pro Kopf einen Spitzenplatz ein
(Platz 3 im Jahr 2007), konnte seither jedoch bei der Installation neuer Kollektorflächen mit den boomenden
internationalen Marktsegmenten (Südeuropa, China, USA etc.) nicht mithalten. Während auch 2009 noch
eine leichte Steigerung des Inlandsabsatzes erzielt werden konnte, ist angesichts der Wirtschaftskrise u.a.
infolge des Markteinbruches in Deutschland die Inlandsproduktion 2009 gesunken. Das langfristige
Potential (2050) der Solarthermie liegt bei 40% des österreichischen Niedertemperatur-Wärmebedarfs
bezogen auf die Endenergie. Die österreichische Photovoltaik-Industrie zählt zu den innovativsten und mit
94% Exportquoten bei Photovoltaik-Modulen (2008) zu den international mit Spitzentechnologien erfolg-
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
126
reichs ten Wirtschaftsbranchen. Die Wirtschaftskrise 2009 traf auch diese innovativen Unternehmen und
führte zu Stagnationen und Wachstumsabschwächungen vor allem im Inland, es konnten jedoch im Export -
bereich beachtliche Erfolge erzielt werden. So kam es 2009 z.B. im Bereich der Wärmepumpen zu leicht
verringerten Umsätzen im Inland und weiterhin zu Exportzuwächsen. Im Bereich Photovoltaik (2008:
1.762 Vollzeit-Arbeitsplätze) werden 2010 angesichts der hohen internationalen Nachfrage auch neue
Arbeitsplätze in Österreich geschaffen.
Klimapolitik
Ziel der Klimapolitik ist es, die Geschwindigkeit und die Auswirkungen der Globalen Erwärmung durch
Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen zu reduzieren bzw. zu stoppen. Gleichzeitig gilt es Wettbe-
werbsverzerrungen durch klimapolitische Maßnahmen insbesondere für die im internationalen Wettbewerb
stehenden Unternehmen zu verhindern. Die wichtigsten neuen österreichischen Maßnahmen zur weiteren
Reduzierung des Treibhausgasausstoßes gemäß Klimastrategie sind die folgenden (für früher gesetzte
Maßnahmen siehe Wirtschaftsbericht 2009): Die Vereinbarung des Bundes mit den Ländern über Maß -
nahmen zur Treibhausgas-Emissionsreduktion im Gebäudesektor bewirkt erhebliche Qualitätsverbesserung
beim Neubau und bei der thermischen Sanierung von Gebäuden, sowie hinsichtlich der Nutzung erneuer-
barer Energien für Raumwärme und Warmwasser. Diese neue Vereinbarung tritt an die Stelle der bisherigen
Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Wohnbauförderung aus 2006, wobei weiterführende
Qualitätsziele für Neubau und Sanierung bis 2013, der Einsatz innovativer Heizungssysteme (insb. unter
Verwendung erneuerbarer Energien) sowie die Verbesserung der thermischen Qualität öffentlicher Gebäude
festgeschrieben wurden. Die Vereinbarung ist am 13. August 2009 in Kraft getreten. Außerdem wurde
2009 die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung des Flugverkehrs in
den EU-Emissionshandel in nationales Recht umgesetzt. Seit 1. Jänner 2010 müssen CO2-Emissionen aus
dem Flugverkehr durch die Luftfahrzeugbetreiber überwacht werden, ab 2012 startet für diesen Sektor der
Handel mit Emissionszertifikaten. Die Emissionsobergrenze wird dabei auf einen Wert unter den histori-
schen Emissionen im Zeitraum 2004-2006 fixiert werden (2012: 97%, 2013: 95%).
Highlights des Klimafonds 2009
Für das Jahr 2009 standen dem Klima- und Energiefonds gemäß Jahresprogramm Mittel im Ausmaß von
121 Mio. € zur Verfügung. Damit wurden über 2.700 Projekte in 15 Förderprogrammen gefördert.
• Neue Energien 2020: Im Rahmen der 2. und 3. Ausschreibung des Energieforschungsprogramms
»Neue Energien 2020« wurden insgesamt 204 Projekte unterstützt. Themenfelder waren u.a. Energie-
verteilungsnetze, Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe, Energieeffiziente Fahrzeugkomponenten
und –systeme, Speichertechnologien, Solarthermie, Photovoltaik und Bioenergie.
• Austrian Climate Research Programme: Die 2. Ausschreibung wurde im Dezember 2009 gestartet und
ist mit 4 Mio. € dotiert. Die Schwerpunkte der 2. Ausschreibung des ACRP gelten der Abschätzung und
dem Management der Klimaänderung.
• Klima- und Energie-Modellregionen: Der Klima- und Energiefonds hat 2009 per Ausschreibung 37
Klima- und Energie-Modellregionen gefunden, welche 437 Gemeinden mit insgesamt 840.000
Einwohnern bzw. Einwohnerinnen repräsentieren. Damit hat der Fonds ein sichtbares Zeichen in
Richtung Energieautarkie in Österreich gesetzt. Innerhalb von zwei Jahren werden nun Modellregions-
Mangerinnen und Manager unter Einbindung aller relevanten Faktoren Energie und Nachhaltigkeits-
Konzepte für ihre Gemeinden und Regionen entwickeln und vom Klimafonds mit insgesamt 2,6 Mio. €
unterstützt.
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
127
• Verkehrsprogramme: Der Klimafonds hat Ausschreibungen zu technologischen Leuchttürmen der
E-Mobilität und E-Mobilitätsmodellregionen durchgeführt, das Programm »Multimodaler Verkehr:
Forcierung von Mobilitätsmanagement, Radverkehr und Fuhrparkumstellungen – klima:aktiv mobil«
und Projekte zur Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs unterstützt. Im Bereich des umwelt-
freundlichen Güterverkehrs wurde vom Klimafonds eine Reihe von Anschlussbahnprojekten gefördert,
die einen sehr hohen Verlagerungseffekt für Güter von der Straße auf die Schiene und somit ein sehr
hohes CO2-Einsparungspotenzial haben. Insgesamt wurden 168 Verkehrsprojekte mit 44,17 Mio. €
unterstützt.
• In den 2009 erstmals ausgeschriebenen »Technologischen Leuchttürmen der Elektromobilität« wurden
3 große Projektanträge für Demonstrationsprojekte von 52 Organisationen mit einem beantragten
Fördervolumen von über 22,5 Mio. € eingereicht und alle 3 Anträge in der Evaluation als förder würdig
eingestuft. Leuchtturm-Projekte sind im Gegensatz zu den A3plus-Projekten, Demonstrationsprojekte,
um neue Technologien im Realtest zu optimieren, eine Kooperation von Entwicklern und Nutzern von
Fahrzeugen sowie Infrastruktur zu stimulieren und die Öffentlichkeit auf einen möglichen Technologie-
wechsel vorzubereiten.
Jahresprogramm 2010 des Klima- und Energiefonds
Das Jahresprogramm 2010 wird mit insgesamt 150 Mio. € dotiert. Dabei fokussiert das BMVIT stark auf die
Programmlinien Forschung und Verkehr, wo es gilt, Zukunftstechnologien zu entwickeln und diesen mit
der Unterstützung durch Maßnahmen der Programmlinie Marktdurchdringung, wo sich wiederum das
BMLFUW stark engagiert, zum Durchbruch zu verhelfen. Die 4. Ausschreibung »Neue Energien 2020« wird
auf den Erkenntnissen der ersten drei Ausschreibungen und den Ergebnissen des Strategieprozesses 2050
aufbauen. Schwerpunktthemen werden Energiesysteme und Netze inklusive Green ICT (Informations- und
Kommunikationstechnologien), fortgeschrittene Energiespeichertechnologien, Solarthermie, Photovoltaik
und effiziente Fahrzeugsysteme sein.
Verkehr und Mobilität stehen auch 2010 wieder im Förderfokus des Klima- und Energiefonds. Die erfolgreich
initiierten Programme aus 2009, wie etwa die E-Mobilität, werden mit einer zweiten Ausschreibungsrunde
fortgesetzt. Auch das erfolgreiche Programm Multimodaler Verkehr – klima:aktiv mobil wird 2010 fortge-
führt. Für Markteinführung und Marktdurchdringung moderner, klimafreundlicher und nachhaltiger Techno-
logien, Produkte und Dienstleistung bietet der Klima- und Energiefonds auch heuer wieder ein attraktives
und sehr breites Förderspektrum. Das Förderangebot reicht von Investitionsförderungen im Bereich
Photovoltaik und Gebäudeintegrierter Photovoltaik in Fertighäusern über »Best-Practice-Mustersanierung«
von gewerblichen und öffentlichen Gebäuden bis hin zur Fortführung und Ausweitung der Klima- und
Energiemodellregioneninitiative.
Umweltpolitik
Umweltförderungen
Im Jahr 2009 wurden im Rahmen der Förderungen nach dem Umweltförderungsgesetz insgesamt 21.876
Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von mehr als 1,9 Mrd. € in den Bereichen Wasserwirt-
schaft, Umweltförderung im Inland sowie Altlastensanierung mit einem Förderbarwert von 396,6 Mio. €
gefördert. Diese gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2008 erhebliche Steigerung der genehmigten
Projekte um 261,8% ist zum überwiegenden Teil auf das Konjunkturpaket Thermische Gebäudesanierung
für Private und Betriebe zurückzuführen.
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
128
Im Bereich Wasserwirtschaft wurden insgesamt 3.464 Projekte mit einem Gesamtförderbarwert von
198,5 Mio. € unterstützt. Darin enthalten sind auch 12 Projekte mit einem Investitionsvolumen von ca.
6,5 Mio. €, die im Rahmen der neuen Förderschiene zur Verbesserung der Gewässergüte mit einem
Gesamtbetrag von 3,5 Mio. € gefördert wurden. Mit den damit ausgelösten Investitionen in der Wasser-
wirtschaft in Höhe von 846 Mio. € wurden bzw. werden rund 11.500 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen
bzw. gesichert, womit sich die Wasserwirtschaftsförderung als wichtige Konjunkturstütze in Krisenzeiten
bestätigen konnte.
Im Rahmen der Umweltförderung im Inland, womit vor allem betriebliche Maßnahmen zum Klimaschutz,
insbesondere im Bereich erneuerbarer Energieträger und Energieeinsparung, sowie sonstige betriebliche
Maßnahmen zur Reduktion von Luftschadstoffen usw. gefördert werden, setzte sich der seit 2005 zu ver-
zeichnende Anstieg bei den Projekten auch im wirtschaftlich schwierigen Jahr 2009 fort. Insgesamt wurden
3.473 Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 452,3 Mio. € mit rd. 81,5 Mio. € unterstützt.
Der mit diesen Investitionen erzielte CO2-Einspareffekt belief sich auf mehr als 6,9 Mio. Tonnen. Das be-
währte und effiziente System der Umweltförderung im Inland bewog die österreichische Bundesregierung
dazu, die im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets beschlossenen Budgetmittel von 100 Mio. € zur Forcie-
rung von Maßnahmen zur thermischen Sanierung betrieblicher Bauten sowie im Wohnbau über dieses
Instrument abzuwickeln. Insgesamt wurden ca. 14.400 Sanierungsmaßnahmen im Wohnbau (Gesamt -
investitionsvolumen: 483,3 Mio.) mit 60,6 Mio. € gefördert. Im Bereich der betrieblichen Gebäude wurden
522 Sanierungsprojekte mit einem Investitionsvolumen von 87,3 Mio. € mit einem Förderbarwert von
18,1 Mio. € unterstützt. Die restlichen Mittel des Konjunkturpakets für diesen Bereich werden im Laufe des
Jahres 2010 vergeben. Insgesamt wurden somit 2009 mit den Mitteln des Konjunkturpakets Investitionen
im Ausmaß von rd. 570 Mio. € unterstützt. Neben den ökologischen Effekten – insgesamt wurden damit
3,3 Mio. Tonne CO2 eingespart – sind vor allem die wichtigen konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen
Effekte dieser Aktion besonders hervorzuheben. Insgesamt konnten mit dieser Aktion aus dem Konjunktur-
paket weitere 5.200 Arbeitsplätze (der Arbeitsplatzeffekt der sonstigen Umweltförderung im Inland wird
auf rd. 4.400 abgeschätzt) geschaffen werden.
Im Bereich Altlastensanierung wurden 2009 insgesamt 17 Projekte (davon 1 Forschungsprojekt) mit
einem Gesamtinvestitionsvolumen von 43,7 Mio. € gefördert. Der damit auf Seiten der Altlastensanierung
erforderliche Mittelaufwand belief sich auf 38,1 Mio. € Im Laufe der damit geförderten Sanierungs- und
Sicherungsmaßnahmen werden über 5 Mio. m3 kontaminiertes Grundwasser und über 40 Mio. m3 Deponie-
gas bzw. kontaminierte Bodenluft pro Jahr entnommen bzw. abgesaugt und gereinigt.
Umweltmanagement und Umwelttechnologien
EMAS (eco management and auditscheme) ist das freiwillige europäische Umweltmanagementsystem auf
gesetzlicher Basis. Unternehmen und Organisationen, die sich an EMAS beteiligen, verpflichten sich zur
Einhaltung aller umweltrelevanten Rechtsvorschriften, zur kontinuierlichen Verbesserung ihrer Umwelt -
leistung und damit zur Einsparung von Ressourcen sowie zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit in Form
einer Umwelterklärung. Österreich liegt dabei mit 250 eingetragenen EMAS Organisationen nach wie vor
im europäischen Spitzenfeld.
Am 11. Jänner 2010 ist die EG-Verordnung 1221/2009 »über die freiwillige Teilnahme von Organisationen
an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung« (EMAS III) in Kraft
getreten. Mit der neuen EMAS Verordnung wird die Umweltleistung von Unternehmen und sonstigen
Organisationen noch stärker in den Vordergrund gerückt. Die Nutzung von Kernindikatoren in der Umwelt -
erklärung soll dazu beitragen, die Leistungen der EMAS registrierten Organisationen in den Bereichen
Energieeffizienz, Materialeffizienz, Wasser, Abfall, Flächenverbrauch und Emissionen darzustellen und zu
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
129
betonen. Als weitere wichtige Änderungen sind die globale Anwendbarkeit von EMAS, Erleichterungen für
KMUs durch beispielsweise einen längeren Überwachungszyklus, eine einheitliche Logoverwendung sowie
die Möglichkeit von Sammel- und Clusterregistrierungen zu nennen.
Ökologische öffentliche Beschaffung
Das Entwickeln von nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern gehört zu den wesentlichen Heraus-
forderungen der Zukunft. Die öffentliche Hand kann mit ihrer Nachfrage die Entwicklung ökologischerer
und sozialverträglicherer Konsum- und Produktionsgewohnheiten mit beeinflussen und sich als wichtiger
Impulsgeber für innovative, umweltfreundliche und sozialverträgliche Produkte und Dienstleistungen
etablieren. Im Rahmen der bereits abgeschlossenen Pilotphase für ökologische öffentliche Beschaffung
wurden unter Beteiligung aller wichtigen Akteure für die Bundesbeschaffung in den Bereichen Reinigung,
Fuhrpark, Kopierpapier, Strom und PC, Notebooks und Monitore Umweltleistungsblätter entwickelt.
Die BBG verwendet diese Tools bereits bei ihren Ausschreibungen. Bis zum 3. Quartal 2010 soll der öster-
reichische Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung, der unter Beteiligung von Beschaffungs -
experten und -expertinnen und der Wirtschaft gemeinsam erarbeitet wird, vom Ministerrat verabschiedet
werden. Dadurch sollen Österreichs Gebietskörperschaften dabei unterstützt werden, mittelfristig solche
Produkte und Dienstleistungen zu beschaffen, die über ihren Lebenszyklus hinweg mit geringst möglichen
Umweltbelastungen verbunden sind.
Österreichischer Rohstoffplan
Ziel des Österreichischen Rohstoffplanes ist es, die Zugänglichkeit zu Vorkommen mineralischer Rohstoffe
auch für zukünftige Generationen zu gewährleisten. Durch Anwendung innovativer Lösungsansätze ist es
gelungen, Rohstoffgebiete mit systemanalytischen Methoden sorgfältig und objektiv zu identifizieren.
Die Ergebnisse, werden nunmehr von den Bundesländern raumordnerisch umgesetzt, wobei durch die
gemeinsame Ausarbeitung länderspezifischer Modelle ein Maximum an Umsetzungsmöglichkeiten geschaffen
wurde. Der Österreichische Rohstoffplan wird auch in der vielbeachteten Mitteilung »Raw Materials Initiative«
der Europäischen Kommission als Best Practice Beispiel für eine aktive Rohstoffsicherungspolitik erwähnt.
Aufgrund der enormen Bedeutung des österreichischen Rohstoffplanes für die nachhaltige Sicherung der
Rohstoffversorgung wird diesem die Bezeichnung als Generationenvertrag gerecht.
Landwirtschaft und Ländlicher Raum Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
Der »Health Check« der Gemeinsamen Agrarpolitik (siehe Wirtschaftsbericht 2009), der die GAP weiter
modernisieren und vereinfachen wird, wurde am 20. November 2008 von den EU-Landwirtschaftsministern
beschlossen und mit der Verordnung des Rates 74/2009 umgesetzt. Im Herbst 2009 erfolgte die Umsetzung
der Health-Check Beschlüsse in nationales Recht mit der Novelle zum Marktordnungsgesetz sowie einer
Änderung des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raumes (Programm LE07-13), welche im
Dezember 2009 von der Europäischen Kommission genehmigt wurde.
Anfang 2010 hat die Europäische Kommission in Hinblick auf die Planungen für die EU-Finanzperiode
2014–2020 einen Zeitplan für ihre Vorschläge zum EU-Budget und der zentralen EU-Gemeinschaftspolitiken.
vorgelegt. Zur nationalen Begleitung für diesen für die Zukunft der Landwirtschaft und des ländlichen
Raumes entscheidenden Prozess wurde Anfang April das Projekt »Unternehmen Landwirtschaft 2020«
4.6 Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
130
gestartet. Die einzelnen Module beschäftigen sich dabei von der Zukunft der GAP, der ländlichen Entwick-
lung, dem Businessplan und Bildungsplan, dem Bereich Lebensmittel, der Qualitätspartnerschaft und
Wertschöpfung, der Verwaltungsvereinfachung und neuen Produktionsfeldern bis hin zu einer Ideen -
werkstatt. Damit ist ein breiter Diskussions- und Umsetzungsprozess zur zukünftigen Ausrichtung der
österreichischen Land- und Forstwirtschaft eröffnet.
4.7 Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
131
Struktur und Entwicklung des öster-reichischen Finanzsektors 2009Das Jahr 2009 war von unverändert schwierigen Rahmenbedingungen für den österreichischen Finanz -
sektor gekennzeichnet. Nachdem die österreichischen Banken von der ersten Schockwelle der Subprime-
Krise vergleichsweise wenig betroffen waren, traf sie die von der Finanzkrise ausgelöste Krise der Real-
wirtschaft deutlich härter. Insbesondere in den mittel-, ost- und südeuropäischen Staaten (CESEE), wo die
österreichischen Banken in den letzten Jahren massiv investiert haben, traten erhebliche ökonomische
Probleme auf, die einen signifikanten Anstieg der »non performing loans« zur Folge hatten. Für die Kredit-
institute bedeutete dies erhöhte Wertberichtigungsquoten, Abschreibungen auf die Beteiligungsbuchwerte
der Konzerntöchter und Kapitalzuschüsse für die Tochterunternehmen.
Banken
Die unkonsolidierte Bilanzsumme war vor diesem Hintergrund erstmals seit vielen Jahren rückläufig und
betrug lt. OeNB zum 31. Dezember 2009 1034,2 Mrd. €, d.h. um rd. 3,3% weniger als 2008. Die Refinan-
zierungsbedingungen der österreichischen Banken, die zwei Jahre lang durch die Finanzmarktturbulenzen
beeinträchtigt waren, haben sich gegen Ende des Jahres 2009 wieder leicht verbessert. Die Kreditpolitik
wurde aber merklich verschärft. Das Kreditwachstum schwächte sich damit im Jahresverlauf kontinuierlich
ab. Das Fremdwährungskreditportfolio reduzierte sich mit 5,7% spürbar. Ursache war die deutlich restrik-
tivere Kreditvergabe bedingt durch Initiativen von FMA und OeNB, derartige Kredite nur noch in Ausnahme-
fällen zuzulassen. Das gesamte Exposure der österreichischen Banken (Banken mehrheitlich im inländischen
Besitz) in CESEE lag im vierten Quartal 2009 bei rund 204 Mrd. €. Mehr als 70% davon entfielen auf Länder
innerhalb der EU. Das österreichische Exposure in CESEE ist damit regional stark diversifiziert (mit
68 Tochterbanken in 19 Staaten), womit die Gefahr einer länderspezifischen oder subregionalen Klumpen-
bildung überschaubar ist. Auch die Ertragslage der österreichischen Banken war von den Auswirkungen
der Wirtschaftskrise belastet. Im Gesamtjahr 2009 erwirtschaftete das Bankensystem ein Betriebsergebnis
von rund 6,8 Mrd. €. Das entspricht rund einem Viertel weniger als 2008, was darauf zurückzuführen ist,
dass im vierten Quartal 2008 signifikante Sonder- und Einmaleffekte angefallen waren, die das Ergebnis
damals verbesserten. Die Situation stellte sich von Institut zu Institut am Jahresende 2009 sehr verschieden
dar. Die Cost-Income Ratio kam mit 61,9% auf dem Niveau des Jahres 2007 zu liegen. Tragende Säule der
Ertragskraft war das Zinsergebnis. Das Provisionsergebnis blieb aufgrund anhaltender Unsicherheiten an
den Finanzmärkten und damit einhergehender geringer Risikobereitschaft der Anleger rückläufig.
Investmentfonds, Pensionskassen und Mitarbeitervorsorgekassen
Nach den Einbrüchen im Jahr 2008 hat die Erholung auf den Finanzmärkten auch bei Investmentfonds,
Pensionskassen und Betrieblichen Vorsorgekassen zu Zuwächsen geführt. Investmentfonds konnten
4.7 Kapitalmarktpolitik
4.7 Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
132
das veranlagte Vermögen um rd. 8,5% auf fast 137 Mrd. € steigern. Bei den Pensionskassen betrug die
durchschnittliche Performance 9% und das verwaltete Vermögen ist auf 13,7 Mrd. € angewachsen. Durch
Einbeziehung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst in eine Pensionskassenvorsorge
ist die Anzahl der Anwartschaftsberechtigten um fast 50% auf nahezu 700.000 Personen gestiegen. Beim
verwalteten Vermögen der Betrieblichen Vorsorgekassen ergab sich infolge der gesetzlich induzierten
Zuflüsse ein Plus von 32,3% auf über 2,8 Mrd. €. Die Performance lag bei 3,65%, dabei ist aber einerseits
die verpflichtende Kapitalgarantie und andererseits die auf Grund der Entnahmemöglichkeit zwangsläufig
sehr liquiditätsnahe Veranlagungspolitik zu beachten.
Wiener Börse
In den ersten 10 Wochen des Jahres 2009 verzeichneten alle namhaften Börseplätze mehrjährige Tiefst-
stände. Ab der zweiten Märzhälfte kam es infolge einer wieder zunehmenden Risikobereitschaft der Inves -
toren sowie einer verbesserten Wirtschaftsentwicklung zu einer deutlichen Erholung. Die Wiener Börse
konnte sich von den internationalen Vorgaben nicht abkoppeln. Zwar entwickelte sich der ATX im internatio-
nalen Vergleich ab April deutlich besser, allerdings hatte er in der Krisenphase zuvor auch überdurchschnitt-
lich stark verloren. Die Entwicklung war insbesondere von der Risikobereitschaft und der Einschätzung
gegenüber Zentral-, Ost- und Südosteuropa beeinflusst. Seit dem Tiefstkurs im März 2009 stieg der ATX
bis Ende Februar 2010 um 68% an. Die österreichischen Finanztitel trugen wesentlich zu dieser Entwick-
lung bei. Die Marktkapitalisierung aller inländischen Aktien in Relation zum BIP ging gegenüber 2008
zurück. Gemessen am Tiefpunkt zu Jahresbeginn 2009 (18,3%) stieg sie zuletzt wieder auf 27,2%.
Versicherungswirtschaft
Der Versicherungssektor ist bei weitem weniger stark von der Finanzkrise betroffen als der Bankensektor.
Dies liegt im Wesentlichen an dem fundamental verschiedenen Geschäftsmodell der Versicherungsunter-
nehmen, welches sich auch durch ein wesentlich geringeres Liquiditätsrisiko auszeichnet. Sehr wohl sind
allerdings Versicherungsunternehmen durch Wertverluste bei ihren Kapitalanlagen betroffen, wobei sich
hier die konservative Anlagepolitik als vorteilhaft erwiesen hat. Die verrechneten Prämien der österreichi-
schen Versicherungsunternehmen stiegen im Jahr 2009 im Verhältnis zum Vorjahr um 1,1% auf 18,1 Mrd. €.
Hiervon entfiel auf die Bilanzabteilung »Leben« ein Prämienzuwachs von 2,2% und auf die Abteilung
»Kranken« ein Wachstum von 3,5%. Einzig die Abteilung »Schaden/Unfall« wies einen leichten Rückgang um
0,2% aus. Verschlechtert hat sich allerdings die Ertragslage 2009 verglichen mit dem Vorjahr. Das versi-
cherungstechnische Ergebnis dreht ins Negative und belief sich auf -91 Mio. € und auch das Finanzergebnis
ging im Jahresvergleich um 32,2 Mio. auf 2,32 Mrd. € zurück.
Kapitalmarktpolitische Maßnahmen
Bankenpaket
Angesichts der sich im Herbst 2008 verschärfenden Finanzmarktturbulenzen einigte sich der Europäische
Rat bei einem Sondergipfel im Oktober, alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, um die Stabilität der
Märkte zu stärken und das Vertrauen in das Finanzsystem und dessen reibungsloses Funktionieren wieder-
herzustellen. Die Maßnahmen des Aktionsplanes sollen die Liquidität der Finanzinstitute erhöhen und die
Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten gewährleisten. Zu den Schwerpunkten des Aktions-
4.7 Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
133
plans zählen u.a. Staatsgarantien für Interbankengeschäfte, um die Refinanzierung der Banken zu erleich-
tern, sowie die Rekapitalisierung von in Schwierigkeiten geratenen systemrelevanten Banken und die
Sicherung von Spareinlagen.
Auf der Grundlage der Beschlüsse auf europäischer Ebene zur Stabilisierung der Finanzmärkte hat Öster-
reich ein umfassendes und nachhaltiges Maßnahmenpaket zum Schutz der Sparer und Sparerinnen sowie
zur Absicherung und Stärkung der Kreditinstitute und Versicherungen beschlossen, das am 27. Oktober
2008 in Kraft getreten ist und im August 2009 modifiziert wurde. Die Inanspruchnahme des Maßnahmen-
pakets ist für Banken an die Auflage geknüpft, die Kreditversorgung des Marktes, insbesondere der KMU
sowie der Haushalte mit Hypothekarkrediten, zu fördern. Ziel ist hier, eine Kreditklemme zu vermeiden
und die Kreditversorgung der Realwirtschaft zu gewährleisten.
Die wichtigsten Weiterentwicklungen des österreichischen Maßnahmenpaketes seit dem Frühjahr 2009
umfassen einerseits das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (ULSG) und andererseits die Beschränkung
der Einlagensicherung (siehe dazu auch Wirtschaftsbericht 2009): Die 100%ige Sicherung der Einlagen
natürlicher Personen war mit 31. Dezember 2009 befristet und ist ab 1. Jänner 2010 mit 100.000 €
begrenzt. Das ULSG, das am 25. August 2009 in Kraft getreten ist, sieht die Möglichkeit einer Haftungs -
übernahme in der Rechtsform von Garantien durch den Bund für Kredite von Unternehmen vor, die keine
KMU sind d.h. deren Mitarbeiterzahl 250 oder mehr beträgt und deren Umsatz höher als 50 Mio. € oder
deren Bilanzsumme höher als 43 Mio. € ist. Sowohl der Sitz oder eine Betriebsstätte des begünstigten
Unternehmens als auch die wesentliche operative Tätigkeit muss in Österreich liegen bzw. ausgeübt werden.
Unternehmen des Finanzsektors können nicht begünstigt werden. Zusätzliche Voraussetzung für eine
Haftungsübernahme ist das Vorliegen einer gesunden wirtschaftlichen Basis des begünstigten Unter -
nehmens vor dem 1. Juli 2008. Das Gesetz ist bis 31. Dezember 2010 befristet. Für die Maßnahmen stehen
10 Mrd. € zur Verfügung.
Das Maßnahmenpaket wurde von den Finanzmärkten gut angenommen. Mit Ende Mai 2010 wurden
Garantien auf Wertpapieremissionen von Finanzinstitutionen in Höhe von insgesamt 21,2 Mrd. € in
Anspruch genommen sowie Partizipationskapital in Höhe von rund 5,4 Mrd. € von fünf österreichischen
Bankengruppen gezeichnet. Zudem hat der Bund neben der Übernahme von Haftungen für Forderungen
von Banken (rund 1,5 Mrd. €) Kapitalzuschüsse im Umfang von rund 343 Mio. € geleistet. Das Geschäfts-
volumen der Clearingbank betrug zum 31. Mai 2010 1,9 Mrd. €, im Rahmen des ULSG wurden 652 Mio. €
an Garantien vergeben. Eine Inanspruchnahme der Einlagensicherung ist bislang nicht erfolgt.
Verbraucherkreditrichtlinie
Der Verbraucherkredit hat in Österreich im Laufe der Jahre zunehmend an Bedeutung gewonnen. Kredite
zur Wohnraumbeschaffung, aber auch der vorausfinanzierte Kauf, sind für viele Bevölkerungsschichten zur
Regel geworden. Da damit häufig sehr langfristige Verpflichtungen eingegangen werden, ist die Kontrolle
der Bedingungen, unter denen derartige Verträge geschlossen und verwaltet werden, umso bedeutsamer.
Kreditarten mit höherem Verbraucherrisiko werden unter einen besonderen Schutz gestellt. Mit der
Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge werden die in unterschiedlichen
Rechtsgebieten und Vorschriften enthaltenen Regelungen in einem neuen Verbraucherkreditgesetz
zusammengefasst. Die Beschlussfassung im Parlament erfolgte im Mai 2010.
4.7 Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
134
Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung
Das österreichische Regelwerk zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung wurde
2008/2009 routinemäßig vom Internationalen Währungsfonds (IWF) im Hinblick auf die Einhaltung der
international anerkannten Standards der Financial Action Task Force (FATF) in enger Zusammenarbeit mit
allen relevanten Bundesministerien und Behörden einer Evaluierung unterzogen. Generell zeigen die
Prüfergebnisse, dass in Österreich ein umfassendes und gut funktionierendes System zur Bekämpfung von
Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung eingeführt wurde. Aufgrund des Angebots qualitativ hoch -
wertiger Finanzdienstleistungen, der geographischen Lage Österreichs und der engen wirtschaftlichen
Beziehungen zu den mittel- und osteuropäischen Ländern misst der IWF vor allem den präventiven Maß-
nahmen im Finanzmarkt hohe Bedeutung bei. Österreich fiel bei keinem einzigen FATF-Standard durch
und die Ergebnisse für den Finanzsektor fielen sogar überdurchschnittlich aus. Handlungsbedarf ortet der
IWF allerdings in der Effizienz und Effektivität der rechtlichen Bestimmungen in der Praxis, vor allem im
Bereich der Strafverfolgung und der Aufsicht über jene Berufsgruppen neben dem Finanzsektor, die eben-
falls den Geldwäschebestimmungen unterliegen. Weiters sollte die internationale Rechtshilfe sowie die
Ausgestaltung der Geldwäschemeldestelle ausgebaut werden. Darüber hinaus empfiehlt der IWF sicher -
zustellen, dass der tatsächliche Eigentümer durchgehend bei allen juristischen Personen und Rechtsinstru-
menten identifiziert werden kann, um dem möglichen Missbrauch durch so genannte »Strohmann-
Konstruktionen« vorzubeugen. Den Ermittlungsbehörden – so der IWF – sollte bei Verdacht einer Straftat
vermehrt Zugang zu bislang besonders geschützten Informationen (Banken, Rechtsberufe) eingeräumt
werden.
Im Hinblick auf die Prüfungsergebnisse wurde im Februar ein Transparenzpaket vom Ministerrat ange-
nommen, das größtenteils im Rahmen von Gesetzesnovellen bereits umgesetzt wurde und u.a. folgende
Punkte enthält:
• Eigengeldwäsche als eigener Straftatbestand,
• Trennung von Geldwäsche-Verdachtsmeldung und Strafverfahren,
• Ausweitung der Verdachtsmeldungen,
• Mehr Kompetenzen für Geldwäschemeldestelle,
• Mehr Kompetenzen für die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA),
• Klarere Befugnisse für Geldwäschebeauftragte,
• Transparenz bei Aktiengesellschaften und Privatstiftungen,
• Verschärfung beim Einfrieren von Vermögenswerten sowie
• Mehr Kontrolle im Glücksspiel.
Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz (A-QSG)
Um das Qualitätssicherungssystem für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften auf hohem Niveau zu
halten und einer stetigen Verbesserung zuzuführen, wurde das A-QSG novelliert und trat am 30.01.2010
in Kraft. Mit der Novelle wurde die EU-Abschlussprüferrichtlinie vollständig umgesetzt und Maßnahmen,
wie etwa die Kompetenzerweiterung der Qualitätskontrollbehörde als oberste Aufsichts- und Qualitäts -
sicherungsbehörde vorgesehen. Mit dem Regelungs- und Maßnahmenkatalog des A-QSG wird insbesondere
durch Transparenz und Kontrolle der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften das Vertrauen der
Öffentlichkeit in den österreichischen Finanz- bzw. Kapitalmarkt gesichert.
4.8 Infrastruktur Wirtschaftsbericht Österreich 2010
135
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) Die Wettbewerbsfähigkeit einer Informationsgesellschaft basiert auf der Nutzung von avancierten IKT-
Diensten sowie der Kompetenz zur Erzeugung digitaler Inhalte und zu deren Verbreitung über digitale
Medien. Der IKT-Sektor setzt in Österreich etwa 25 Mrd. € um und trägt durch Steigerung der Produkti-
vität auch einen guten Teil zur Steigerung des Bruttoinlandsprodukts bei. Die Struktur der österreichischen
Wirtschaft mit ihrem hohen Anteil an regional angesiedelten Klein und Mittelbetrieben (KMU) erfordert ein
flächendeckendes, modernes und qualitativ hochwertiges Angebot an Telekommunikations-Infrastrukturen
zu international wettbewerbsfähigen Preisen. Breitband-Internet ist ein unverzichtbares Instrument einer
arbeitsteiligen, auf hochwertige Dienstleistungen ausgerichteten Wirtschaft. Durch innovative Breitband-
Lösungen kann die Arbeit in und zwischen den Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen effizien-
ter gestaltet werden und die Bürgerinnen und Bürger können besser an den technologischen Entwicklungen
partizipieren.
Entwicklungen im Breitband-Bereich
Der Breitbandmarkt ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. 2008 gab es EU-weit bereits etwa
114 Mio. Breitbandanschlüsse im Festnetz. In internationalen Vergleichen werden aber zumeist nur die
über das Festnetz realisierten Breitbandzugänge berücksichtigt. Österreichweit beträgt 2009 die Gesamtzahl
der Breitbandanschlüsse im Festnetz 1,835 Mio. Dies bedeutet einen unvermindert leichten, aber konstanten
Anstieg. Innerhalb eines Jahres wurden 147.000 neue Breitbandzugänge über das Festnetz realisiert.
Die Breitbandpenetration beschreibt das Verhältnis zwischen der Anzahl der Haushalte und der
Anzahl der Breitbandanschlüsse im Fest- bzw. Mobilnetz. Demnach bleibt 2009 die Breitbandpenetration
im Festnetz in Österreich (in % der Haushalte) mit 51% konstant.
Unter Berücksichtigung der mobilen Breitbandanschlüsse liegt die Penetrationsrate aktuell bei 84%. Im in-
ternationalen Vergleich liegt Österreich EU-weit mit 11,4% an erster Stelle bei der Penetration mit mobilem
Breitband (auf Basis der Gesamtbevölkerung) im Vergleich zum EU-Schnitt von 2,8%. Bei der Penetration
mit festem Breitband liegt Österreich mit 21,8% Mitte 2009 genau im Mittelfeld (EU-Schnitt 23,9%). Die An-
zahl der mobilen Breitbandanschlüsse steigt weiter unvermindert stark. Im 3. Quartal 2009 werden 1,18 Mio.
Anschlüsse registriert. Das sind rund 9% mehr als im Vorquartal. Innerhalb des letzten Jahres wurden in
Österreich 369.400 Anschlüsse über mobiles Breitband realisiert.
Mit dem Förderungsprogramm austrian electronic network (AT:net) werden seit 2009 insbesondere den
Breitbandausbau zur Einführung von qualitativen Diensten und Anwendungen unterstützt, um durch ver-
stärkte IKT-Nutzung die Innovationskraft der Wirtschaft zu stärken.
Flankierend zu den Infrastruktur-Förderungen ist seit 2010 das Kompetenzzentrum Informations-gesell-
schaft (KIG) eingerichtet, das die Weiterentwicklung, den Ausbau und die Nutzung von Breitbandtechnolo-
gien strategisch unterstützt.
4.8 Infrastruktur
4.8 Infrastruktur Wirtschaftsbericht Österreich 2010
136
Entwicklungen am PostmarktIm Dezember 2009 wurde das Postmarktgesetz verabschiedet. Mit dem Postmarktgesetz wird die dritte
EU-Postrichtlinie umgesetzt, welche die vollständige Liberalisierung der europäischen Postmärkte mit
1. Jänner 2011 vorsieht. Es tritt – abgesehen von den Bestimmungen zu den Post-Geschäftsstellen, die
bereits jetzt gelten – am 1. Jänner 2011 in Kraft. Zu den Eckpunkten des Postmarktgesetzes zählt die
Festlegung der flächendeckenden Grundversorgung (Universaldienst) mit Postdienstleistungen durch einen
Universaldienstbetreiber (Österreichische Post AG). Das Universaldienstangebot muss mindestens Briefe
bis 2 kg, Postpakete bis 10 kg und Dienste für Einschreibe- und Wertsendungen umfassen. Der Universal-
dienst muss flächendeckend, ständig und zu leistbaren Preisen zur Verfügung stehen. Eine Hauszustellung
muss an mindestens fünf Tagen pro Woche gewährleistet sein. Das Postmarktgesetz sieht mindestens
1.650 Post-Geschäftsstellen (eigen- oder fremdbetrieben) im gesamten Bundesgebiet vor. Bei Schließung
einer Post-Geschäftsstelle hat der Universaldienstbetreiber jedenfalls für einen vollwertigen Ersatz Sorge
zu tragen. Da mit der vollständigen Marktöffnung auch der bisherige Monopolbereich (Briefe bis 50 g) mit
dem der Universaldienst finanziert wird wegfällt, sieht das Postmarktgesetz einen Ausgleichsfonds für den
Fall vor, dass der Universaldienst mit Nettokosten verbunden ist und diese eine unverhältnismäßige finan-
zielle Belastung darstellen.
VerkehrsinfrastrukturEine moderne Verkehrspolitik für Menschen muss sich sowohl am Verkehrsbedarf der Wirtschaft als auch
an den sozialen Mobilitätsbedürfnissen der Menschen sowie an den Zielen des Umweltschutzes und des
Schutzes von Leben und Gesundheit orientieren, um so die Lebensqualität in Österreich insgesamt steigern
zu können. Dabei ist auf die jeweiligen Systemvorteile der einzelnen Verkehrsträger zu achten. Durch eine
sinnvolle intermodale Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger kommt es zu einer Optimierung des Ver-
kehrssystems. Dadurch wird ein effizientes Ausnützen der vorhandenen Kapazitäten ermöglicht. Im Regie-
rungsprogramm ist verankert, dass leistungsfähige Verkehrswege ein wesentlicher Standortfaktor und
Voraussetzung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit sind.
Auf Grundlage des Bauprogramms der ASFINAG, des ÖBB-Rahmenplans und der für die Realisierung des
Brenner Basis Tunnels vorgesehenen Finanzmittel werden in den Jahren 2009 bis 2014 rund 22,5 Mrd. € in
den Aus- und Neubau der Bundesverkehrsinfrastruktur investiert. Darin sind auch die durch das Konjunktur-
paket der Bundesregierung zur Belebung der Konjunktur und Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichten vor-
gezogenen Investitionen im Zeitraum 2009–2012 in der Höhe von 200 Mio. € (ASFINAG) bzw. 700 Mio. €
(ÖBB) enthalten.
Der Schienenverkehr ist wesentlicher Bestandteil, um das Verkehrswachstum der Zukunft ökonomisch,
effizient und ökologisch verträglich abwickeln zu können. Deshalb sind Wettbewerbsfähigkeit und
Leistungsvermögen der Schiene weiter zu stärken. Im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen und
der Privatbahnen werden daher in den Jahren 2009–2014 zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.
Im Rahmenplan 2009–2014 der ÖBB-Infrastruktur Bau AG ist für die Periode bis 2014 ein Gesamtinvesti-
tionsvolumen inkl. des Konjunkturpaketes und des österreichischen Anteils des Brennerbasistunnels
als Sondervorhaben von rund 13,9 Mrd. € vorgesehen. Dieses Gesamtvolumen soll in folgenden Jahres -
tranchen umgesetzt werden:
4.8 Infrastruktur Wirtschaftsbericht Österreich 2010
137
Das Konjunkturpaket mit ausgabenwirksamen Investitionen von 700 Mio. € in den Jahren 2009–2012 sieht
die vorgezogene Umsetzung baureifer Projekte (u. a. rund 50 Bahnhöfe) und Infrastrukturmaßnahmen im
Bestandsnetz für Qualitätssteigerungen vor.
Die ASFINAG investiert in den Jahren 2009 bis 2014 rund 8,6 Mrd. € in den Neubau und die Erhaltung des
hochrangigen Straßennetzes (Autobahnen und Schnellstraßen) in Österreich.
Im Bauprogramm der ASFINAG ist das seitens der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket im
Umfang von rund 200 Mio. € für den Zeitraum von 2009–2012 enthalten. Das Bauprogramm der ASFINAG
umfasst Investitionen in das Bestandsnetz (bauliche Erhaltung, Tunnelsicherheit, Verkehrstelematik,
Lärmschutz, Rastplätze …), die zügige Umsetzung der bereits in Bau befindlichen Projekte sowie ein offen-
sives Neu- und Ausbauprogramm.
Im Jahr 2009 wurden rund 1,0 Mrd. € investiert, davon 665 Mio. € in den Neubau (inkl. PPP) und
336 Mio. € in die bauliche Erhaltung. Im Bereich Neubau waren im Jahr 2009 rd. 350 km Autobahn oder
Schnellstraße in Bau oder Planung. Im Jahr 2010 werden voraussichtlich 14 Bauvorhaben fertig gestellt
und voraussichtlich 8 wesentliche Projekte in Angriff genommen.
Abschließend darf angemerkt werden, dass vor dem Hintergrund der geänderten wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen die den Rahmenplänen von ÖBB und ASFINAG zugrundeliegenden Prämissen in Abstimmung
zwischen Experten der Unternehmen und den Experten des BMVIT derzeit einer Prüfung unterzogen werden.
Die Ergebnisse dieser Überprüfung werden im Herbst 2010 erwartet, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt die
Daten aus dem letztjährigen Wirtschaftsbericht übernommen wurden.
Öffentlicher Verkehr
Der Klima- und Energiefonds hat im Rahmen seiner Jahresteilprogramme 2007 und 2008 eine Reihe soge-
nannter »Bestellerförderungsprojekte« mitfinanziert. Gefördert wurden Betriebskostenabgänge von öffent-
lichen Verkehrsangeboten, wie beispielsweise Taktverdichtungen und Anrufsammeltaxisysteme. Der Erfolg
dieser Projekte bestärkte den Klima- und Energiefonds in der Absicht, derartige Maßnahmen weiterhin zu
unterstützen. Für die Ausschreibung »Regionale Verkehrskonzepte« stand 2009 ein Maximalbudget von
6,7 Mio. € zur Verfügung. Die positiven Wirkungen der Projekte, im Speziellen die klima- und ressourcen-
schonende Wirkung, aber auch die »Public Awareness«, die Vorzüge und der Nutzen des ÖPNV für den
Einzelnen waren bei der Ausschreibung 2009 als weitere Beurteilungskriterien für eine positive Erledigung
der Förderansuchen festgelegt.
Quelle: BMVIT
in Mio. € 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Investitionsvolumen ohne BBT 2.133 2.095 2.108 1.974 1.790 2.065
Investitionsvolumen BBT; Ö-Anteil 41 150 231 364 507 437
Investitionsvolumen Gesamt 2.174 2.245 2.339 2.338 2.298 2.502
In den einzelnen Jahren sind dies:
in Mio. € 2009 2010 2011 2012 2013 2014
1.250 1.150 1.342 1.587 1.677 1.553
4.8 Infrastruktur Wirtschaftsbericht Österreich 2010
138
Güterverkehr
Mehr als zwei Drittel des Güterumschlags auf der Schiene finden in Österreich auf Anschlussbahnen statt.
Im Rahmen einer langfristigen Strategie zur Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen Schiene und
Straße, zur Stärkung des Umweltschutzes und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit hat somit der
forcierte Ausbau von Anschlussbahnen eine besondere Bedeutung. Der Klima- und Energiefonds fördert
bereits seit 2007 Anschlussbahnprojekte, die einen besonders hohen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten
und Investitionen der Unternehmen mit maximal 50 Prozent unterstützen. 2009 wurden 15 Anschlussbahn-
projekte vom Klima- und Energiefonds gefördert, mit denen in Summe 66.153 t CO2 pro Jahr eingespart
werden und Gesamtinvestitionen von rund 30 Mio. € ausgelöst wurden.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
139
Entwicklungen am ArbeitsmarktDie internationale Wirtschaftskrise setzte 2009 auch den österreichischen Arbeitsmarkt unter Druck:
Bei rückläufigen Beschäftigtenzahlen (-46.959) ist die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen gegenüber dem
Vorjahr um 48.056 angestiegen. Besonders in der ersten Jahreshälfte waren Zunahmen um bis zu 60.000
zu verzeichnen, in den beiden letzten Monaten des Jahres hatten sich diese Anstiege zumindest halbiert.
Im ersten Halbjahr 2010 hat sich die allmähliche Entspannung am Arbeitsmarkt fortgesetzt. In der Folge
stieg im März 2010 die Beschäftigung erstmals wieder gegenüber dem Vorjahr an, während die Zahl der
vorgemerkten Arbeitslosen rückläufig war. Laut den Ergebnissen der international vergleichbaren Arbeits-
kräfteerhebung war sogar bereits im 4. Quartal 2009 erstmals wieder ein leichter Beschäftigungsanstieg
zu beobachten. Österreich ist damit einer der wenigen Staaten in der europäischen Union, die relativ rasch
wieder eine Zunahme an Arbeitsplätzen geschafft hat.
Die größte Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte überdurchschnittliche
starke Auswirkungen auf die Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von Männern. Insgesamt verzeichneten
diese einen Beschäftigungsrückgang von -2,5%, wobei männerdominierte Branchen wie der Produktions-
bereich und die Arbeitskräfteüberlassung mit -4,4% respektive -21,0% besonders hohe Rückgänge
auswiesen. Auch die Arbeitslosigkeit ist 2009 bei Männern deutlich stärker gestiegen: Von Februar 2009
bis September 2009 waren jeweils Zunahmen gegenüber dem Vorjahr von über 30% zu verzeichnen.
Hauptursache für diese Entwicklung waren die Einbrüche in der Exportwirtschaft. Trotz des raschen Reagie-
rens der Arbeitsmarktpolitik mit einem massiven Ausbau der Kurzarbeitsbeihilfen und deutlich verstärkten
Qualifizierungsmaßnahmen konnte der Anstieg der Arbeitslosigkeit vor allem in der besonders betroffenen
gewerblichen und industriellen Warenproduktion und der damit eng verbundenen Arbeitskräfteüber lassung
nicht vollkommen verhindert werden. Nicht zuletzt auf Grund der gesetzten umfangreichen konjunktur- und
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen konnte der rasante Anstieg der Arbeitslosigkeit im ersten Quartal
2010 eingebremst werden. Im März 2010 war die Zahl der arbeitslos vorgemerkten Männer mit -2,8% sogar
erstmals wieder rückläufig. Die Arbeitslosigkeit der Frauen – die während des Gesamtjahres 2009 mit
+14,2% nur halb so stark wie die der Männer zugenommen hat – ist im März konstant geblieben.
Arbeitsmarktpolitische MaßnahmenDie österreichische Bundesregierung hat als Reaktion auf die Krise in Zusammenarbeit mit den Sozial -
partnern zusätzlich zu den beiden Konjunkturpaketen und der Steuerreform zwei Arbeitsmarktpakete (im
Februar und Juli 2009) entwickelt und umgesetzt. Parallel dazu wurden im Dezember weitere Maßnahmen
zur Verbesserung der Qualifizierung von Arbeitsuchenden gesetzt. Im Jahr 2009 wurde das AMS-Budget
für aktive Arbeitsmarktpolitik um 27% auf 1.120 Mio. € (inkl. Aufwendung für Kurzarbeit) angehoben.
4.9 Beschäftigungspolitik
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
140
Die Ziele der Arbeitsmarktpolitik
Die vom Arbeitsmarktservice umzusetzende Arbeitsmarktpolitik konzentriert sich auf die Vermittlung von
geeigneten Arbeitskräften auf Arbeitsplätze, Unterstützung bei der Beseitigung von Vermittlungshinder -
nissen, Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz am Arbeitsmarkt (Arbeitsmarktanalysen, eJob-Room
etc.), Verringerung der qualitativen Ungleichgewichte zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage
durch arbeitsmarktbezogene Um- und Nachschulungen bzw. Höherqualifizierung sowie Sicherung der
wirtschaftlichen Existenz der arbeitslos vorgemerkten Personen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung.
Details der Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik durch das Arbeitsmarktservice sind dem Geschäftsbericht
des Arbeitsmarktservice zu entnehmen (siehe www.ams.at)
Die arbeitsmarktpolitischen Jahresziele des AMS 2009
Unter Einbeziehung der Leitlinien der Europäischen Beschäftigungspolitik bzw. des darauf ausgerichteten
Nationalen Reformprogramms sowie der arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben des Bundesministers
beschließt der Verwaltungsrat des AMS die arbeitsmarktpolitischen Jahresziele. Das Jahr 2009 war für die
Arbeitsmarktpolitik ein besonderes. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Jahresziele waren zwar richtig
gesetzt, allerdings wurden die quantitativen Vorgaben überarbeitet und der Arbeitsmarktentwicklung
angepasst.
Die Hauptausrichtung der Jahresziele konzentrierte sich auf folgende Bereiche:
• Erhöhung des Einschaltgrades: Durch ein möglichst großes Angebot an offenen Stellen will das AMS
zu mehr Transparenz beitragen, um seine Position als führendes Dienstleistungsunternehmen auf
dem Arbeitsmarkt zu festigen und auszubauen. Besonders die Stellenakquisition im qualifizierten
Bereich war 2009 wieder im Fokus.
• Verhinderung von dauerhafter Ausgrenzung aus dem Beschäftigungssystem: Die Verhinderung von
Übertritten in die Langzeitarbeitslosigkeit stellt den präventiven Aspekt der Bekämpfung von Lang-
zeitarbeitslosigkeit dar. Die Verbesserung der Chancen von Langzeitarbeitslosen auf Integration in
den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt ist ein weiterer Beitrag dazu. Im Jahr 2009 wurden Schwer-
punkte für Jugendliche, Ältere und Frauen gesetzt, die u. a. durch Qualifizierungen bei der Arbeits-
aufnahme unterstützt wurden. Noch nie konnten so viele Personen von AMS-Schulungen profitieren
wie im Jahr 2009.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
141
Der Fokus des »Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspakets 2010« liegt auf Verbesserungen der Ausbildung
von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitsuchenden, auf der Förderung von Frauen und
Jugendlichen und auf einer besseren Betreuung für Arbeitslose. Nach 16 Monaten Krise ist es aufgrund der
rasch gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung gelungen, erstmals wieder einen Rückgang der Arbeits-
losenzahlen exklusive Schulungen zu erreichen (-5,3% im Mai 2010).
Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche
Um der steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und den jungen Menschen trotz des Lehr -
stellenmangels attraktive Ausbildungen zu ermöglichen, hat die Regierung schnell reagiert und der negativen
Entwicklung effektiv mit hohem finanziellen Mitteleinsatz entgegengesteuert. Im Jahr 2009 beliefen sich
die tatsächlichen Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche bereits auf 523 Mio. € und für 2010
ist sogar ein Rekordbudget von 566 Mio. € vorgesehen, um den erfolgreichen Weg der intensiven Jugend-
arbeitsmarktpolitik weiterverfolgen zu können.
• Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche von 15 bis 19 Jahren: Das Kernziel der Arbeitsmarktpolitik für
Jugendliche ist einfach formuliert: Kein Jugendlicher soll außerhalb des Systems Arbeitsmarkt,
Ausbildung, Schule stehen müssen. Die Wege dorthin sind jedoch den individuellen Bedürfnissen und
Fähigkeiten der Jugendlichen entsprechend höchst unterschiedlich. Im Mittelpunkt stehen dabei
Beratungs- und Betreuungsangebote, die vor dem Hintergrund der unzähligen Möglichkeiten der
Berufs- und Bildungslandschaft Orientierung und Begleitung bieten. An rund 60 Standorten in ganz
Osterreich werden in Berufsinformationszentren (BIZ) des AMS jährlich rund 500.000 Personen
beraten.
• Lehrausbildung: Die Fördermodelle für ausbildende Betriebe wurden bereits 2008 deutlich erweitert,
um sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Lehrlingsausbildung in den Betrieben zu erhöhen.
Die Abwicklung der betrieblichen Lehrstellenförderung außerhalb des AMS erfolgt über die Lehrlings-
stellen der Wirtschaftskammer. Das Budget hierfür beläuft sich im Jahr 2010 auf etwa 151 Mio. €.
Die Erreichung der arbeitsmarktpolitischen Ziele 2009Quelle: AMS
Zielsetzungen
Einschaltung auf dem Arbeitsmarkt erhöhen
(Stellenbesetzungen; ohne Primärsektor)*
Stellenakquisition im qualifizierten Bereich (mind. Lehrabschluss)*
Arbeitslosigkeit von Jugendlichen kurz halten
(AL nicht länger als 6 Monate)
Arbeitslosigkeit von Älteren kurz halten
(Arbeitsaufnahmen innerhalb 6 Monaten)
Langzeitbeschäftigungslose in Arbeit bringen*
Erhöhung der Schulungseffektivität (Anteil Arbeitsaufnahmen
nach Schulung innerhalb von 3 Monaten)*
Wiedereinstieg erleichtern (Arbeitsaufnahmen und Schulung
von Wiedereinsteigerinnen)
Schulungen in ausgewählten Bereichen: Metall, Frauen in
Handwerk und Technik und regionalspezifische Qualifizierungen
in Nachfragebereichen
* Diese Zielwerte wurden unterjährig den Veränderungen der Arbeitsmarktlage entsprechend nachjustiert.
Zielwert (min.) Istwert Erfolg
308.375 341.564 +
137.686 153.093 +
6.762 5.496 +
68.814 81.283 +
37.258 42.400 +
46,5% 49,4% +
43.603 46.652 +
10.537 15.470 +
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
142
• Besondere Förderungen, um einerseits die Integration von arbeitsmarktpolitischen Problemgruppen
in den Arbeitsmarkt zu verbessern und andererseits der Benachteiligung der Frauen entgegenzu -
wirken, gibt es darüber hinaus durch das AMS (siehe Geschäftsbericht 2010).
• Ausbildungsgarantie und überbetriebliche Lehrausbildung: Jugendliche, die eine Lehre absolvieren
möchten, jedoch keine betriebliche Lehrstelle finden, profitieren von der Ausbildungsgarantie, die die
Bundesregierung abgegeben hat. Jeder, der eine Ausbildung machen möchte, erhält garantiert einen
Ausbildungsplatz – wenn nicht in einer betrieblichen, dann in einer überbetrieblichen Lehrausbildung
(ÜBA). Sollte die weiterhin prioritär angestrebte Vermittlung in ein Lehrverhältnis am ersten Arbeits-
markt nicht gelingen, hat der Lehrling die Möglichkeit, die gesamte Lehrzeit in der ÜBA zu verbringen
und eine als gleichwertig anerkannte Lehrabschlussprüfung zu absolvieren. Um weiterhin allen
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen zu können, wurde die Anzahl der Plätze in
der ÜBA auf 12.300 Plätze im Ausbildungsjahr 2009/10 erhöht. Für dieses Ausbildungsjahr werden
Gesamtkosten von rund 187 Mio. € veranschlagt, von denen 86% das AMS und den Rest das jeweilige
Bundesland trägt (somit ca. 160 Mio. € durch das AMS und ca. 27 Mio. € durch die Länder).
• Produktionsschulen: Ein besonders erfolgreiches Angebot speziell für jugendliche Schul- und Lehrab-
brecher und -abbrecherinnen sowie Jugendliche mit besonderen Schwierigkeiten und speziellem
Förderbedarf, sind Produktionsschulen. Das Konzept sieht eine Kombination von Werkstättenarbeit,
Kreativitätsmethoden und sozialarbeiterische Begleitung vor. Ziel der Kombination von Arbeit und
Lernen ist die (Wieder-) Aufnahme eines Schulbesuches. die Integration in das berufliche Erstaus -
bildungssystem oder in den Arbeitsmarkt auf Grundlage einer persönlichen Stabilisierung. Mit Ende
2010 wird österreichweit in 19 Produktionsschulen bis zu 2.000 Jugendlichen jährlich der Besuch
ermöglicht. Die Fachbereiche, welche in den hauseigenen Werkstätten der Produktionsschulen ange-
boten werden, sind breit gestreut und reichen von Mediendesign über Textil- und Holzverarbeitung
bis zur Arbeit mit EDV und Medien. Generell weisen Produktionsschulen eine ausgesprochen hohe
Erfolgsquote hinsichtlich der Vermittlung der Jugendlichen auf. In der ältesten österreichischen
Produktionsschule, der Factory in Linz, gab es im Jahr 2009 eine Vermittlungsquote von knapp 80%.
• Weitere Jugendpolitische Maßnahmen: Ein verstärktes Augenmerk wird zunehmend auf die Ausweitung
niederschwelliger Beratungs-, Betreuungs- und Qualifizierungsangebote gelegt. Jugendliche mit nied-
rigen oder gar keinen Bildungsabschlüssen stellen die größte arbeitsmarktpolitische Heraus forderung
dar. Diese Jugendlichen können entweder über die bestehenden Berufsausbildungsangebote nicht
erreicht werden oder sie schaffen den Einstieg in die Ausbildung nicht. Speziell an den Bedürfnissen
dieser auch als bildungsfern und infolge als erwerbsfern bezeichneten Jugendlichen orientierte Projekte
bilden einen aktuellen Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche, der das Jahr 2010 prägt.
Arbeitsmarktpolitik für junge Erwachsene von 20 bis 24 Jahren
Wesentliches Ziel der Arbeitsmarktpolitik für junge Erwachsene ist entsprechend den individuellen Voraus-
setzungen neben der Vermittlung in den Arbeitsmarkt ganz besonders die Qualifizierung. Den Übertritt
Jugendlicher in die Langzeitarbeitslosigkeit, die für diese Altersstufe ab einer Arbeitslosigkeit von mehr als
sechs Monaten als solche definiert wird, zu vermeiden, ist seit Jahren ein zentrales arbeitsmarktpolitisches
Ziel. Im Rahmen der Aktion Zukunft Jugend, die die Jahre 2009 und 2010 prägt, wird dieses weiterhin
stark forciert. Durch das Programm wird gewährleistet, dass nicht direkt vermittelbare Jugendliche inner-
halb der ersten sechs Monate ihrer Vormerkung beim AMS eine individuell abgestimmte Qualifizierungs-
förderung erhalten oder über eine spezielle Beschäftigungsförderung wieder in Arbeit gebracht werden.
Im Jahr 2009 konnten durch den arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkt im Rahmen der Aktion Zukunft
Jugend 83.108 Jugendliche eine Schulung und 138.191 eine Beschäftigung aus einer Vormerkung beim
AMS aufnehmen (siehe Geschäftsbericht 2010).
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
143
Kurzarbeitsbeihilfe
Kurzarbeit war das Instrument, das im Jahre 2009 als Reaktion auf die Auswirkungen der Finanz- und
Wirtschaftskrise in großem Umfang zur Sicherung der Beschäftigung in zahlreichen Unternehmen eingesetzt
wurde. Die neuen gesetzlichen Regelungen lassen mehr Freiraum für die Ausgestaltung der Kurzarbeit.
Es gibt keine starren Stundengrenzen mehr, sondern eine Bandbreite der Mindestbeschäftigungs- und Aus-
fallszeiten zwischen 10% und 90% der Normalarbeitszeit. Bei Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen
im Rahmen von Kurzarbeit können Qualifizierungsbeihilfen gewährt werden. Die Beihilfe kann bei Bedarf
insgesamt bis zu 18 Monate, bei Vorliegen besonderer Umstände auch darüber hinaus gewährt werden.
Mit dem Arbeitsmarktpaket 2009 wurde unter der Voraussetzung, dass bis spätestens Ende 2010 bereits
eine Beihilfe gewährt wurde, die zulässige Gesamtdauer der Beihilfengewährung auf bis zu 24 Monate aus-
gedehnt und die Abgeltung der erhöhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Sozialversicherungs-
beiträge ab dem siebenten Monat vorgesehen. Voraussetzungen für die Gewährung dieser Beihilfe:
• Das Unternehmen befindet sich in zeitlich begrenzten wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
• Ursachen sind unternehmensexterne Umstände, die vom Unternehmen nur schwer oder gar nicht
beeinflussbar sind.
• Das Unternehmen informiert Belegschaft und Betriebsrat über anstehende Beschäftigungsschwierig-
keiten.
• Das Unternehmen benachrichtigt die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über
Beschäftigungsschwierigkeiten und nimmt die Beratung des AMS, bei der alternative Lösungsansätze
diskutiert werden, in Anspruch.
• Eine Sozialpartnervereinbarung wird abgeschlossen. Diese beinhaltet die Dauer der Kurzarbeit,
die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, das Ausmaß der Ausfallstunden
und im Falle von Qualifizierungsbeihilfe für Kurzarbeit ein Ausbildungskonzept.
Die Beihilfen werden jeweils für maximal sechs Monate im Rahmen der gesetzlich festgelegten Gesamt-
dauer (derzeit 24 Monate) gewährt. Die Höhe entspricht den in den Bundesrichtlinien des AMS festgelegten
Pauschalsätzen je Ausfallstunde. Diese Pauschalsätze richten sich nach den Aufwendungen, die der
Arbeitslosenversicherung im Falle von Arbeitslosigkeit entstehen würden. Hinzu kommt der ergänzende
Teilbetrag für Sozialversicherungsbeiträge des Dienstgebers.
Die Zahl der effektiv kurzarbeitenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen betrug im Jahr 2009 66.965
Personen und erreichte im April 2009 mit 37.652 Personen in mehr als 300 Betrieben ihren Höchststand
(Abrechnungsstand: 15.3.2010; die Ist-Werte der Anzahl der Personen können sich infolge einer zeitlich
verzögerten Abrechnung noch verändern).
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
144
Im Jahr 2009 haben rund 8.000 Personen (Frauenanteil: 12%) im Rahmen der Kurzarbeit eine Qualifizie-
rungsunterstützung erhalten, das heißt, sie nahmen an einer Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme
während der Kurzarbeitsphase teil. Die Möglichkeit der Qualifizierungsförderung für Beschäftigte in Kurz-
arbeit wurde von den kurzarbeitenden Betrieben davon für rund 2.900 Kurzarbeiter und Kurzarbeiterinnen
(Frauenanteil: 10%) in Anspruch genommen. Im Rahmen der Kurzarbeit wurde ab 1.7.2009 ab dem
7. Kurzarbeitsmonat für rund 21.000 Personen (Frauenanteil: 13%) auch ein Beihilfenteilbetrag für Sozial-
versicherungsbeiträge des Dienstgebers gewährt.
Das gesamte Ausgabenvolumen 2009 belief sich auf 113,52 Mio. € (davon 17,82 Mio. € für Frauen). Davon
wurde der überwiegende Teil von 90,6% von den Unternehmen für Standard-Kurzarbeitsbeihilfen in An-
spruch genommen, 3,5% der Mittel wurden für Ausfallszeiten mit Qualifizierung und weitere 5,9% wurden
für die Beihilfe zu den Sozialversicherungsbeiträgen ab dem 7. Kurzarbeitsmonat ausbezahlt.
Nach Branchen betrachtet, betrafen die Kurzarbeitsbeihilfen im Jahr 2009 in erster Linie die Automobil -
industrie und ihre vielfältigen Zulieferbetriebe sowie den Maschinenbau.
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Geplante und Realisierte Kurzarbeits-TeilnahmenQuelle: AMS (DWH)
Plan Teilnehmer/-innen
Ist Teilnehmer/-innen
Zahlungen für Kurzarbeit im Jahr 2009 (in Euro)(Abrechnungsstand März 2010 Abrechungsstand 15.3.2010 unter Berücksichtigungvon AMSG Mittelrückflüssen in Höhe von rund 12.000 €)Quelle: AMS (DWH)
Zahlungen
KUA-Standard
KUA Qualifizierungsbeihilfe
KUA SV-Beihilfe
KUA-Insgesamt
Insgesamt
102.888.432
3.916.899
6.707.527
113.512.859
unbekannt
1.163.422
0
0
1.163.422
Männer
85.177.980
3.485.581
5.868.517
94.532.078
Frauen
16.547.031
431.318
839.011
17.817.360
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
145
Auf Grundlage der abgerechneten Kurzarbeitsprojekte ergibt sich ein geschätzter Durchschnittsbestand
an Kurzarbeitenden im Jahr 2009 von rund 26.000, wobei die durchschnittliche Arbeitszeitreduktion nach
vorläufigen Werten bei rund 26% liegt.
Generell kann auf Grundlage vorläufiger Werte festgehalten werden, dass unmittelbar nach Beendigung
der Kurzarbeitsperiode 98,4% der betroffenen Personen in Beschäftigung bleiben, drei Monate nach
Förderende sind es 96,3%. Umgekehrt ist 1,2% der betroffenen Personen unmittelbar nach der Kurzarbeit
in Arbeitslosigkeit, ebenso hoch ist dieser Anteil drei Monate nach Beendigung der Förderepisode.
Sonstige Förderungsmaßnahmen
Mit dem Kombilohn Neu wurden für Ältere (50+), Wiedereinsteiger und Wiedereinsteigerinnen sowie
Menschen mit Behinderung, die länger als 182 Tage arbeitsuchend gemeldet sind, Anreize geschaffen,
auch eine geringer entlohnte Arbeit anzunehmen. Die Beihilfe kann für die Dauer des Arbeitsverhältnisses,
maximal bis zu einem Jahr gewährt werden und hängt vom Verdienst und Beschäftigungsausmaß ab.
Mit der Solidaritätsprämie werden Unternehmen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Ver-
kürzung der Arbeitszeit vom AMS unterstützt, wenn dadurch eine arbeitslose Person die Chance auf einen
Arbeitsplatz erhält. Beim Solidaritätsprämienmodell reduzieren mehrere Beschäftigte in einem Unternehmen
ihre Arbeitszeit, um im Gegenzug eine arbeitslose Person oder – und das ist neu – einen Lehrling aus einer
überbetrieblichen Lehrausbildung einzustellen. Damit wurde es den Unternehmen ermöglicht, (krisen -
bedingt) Arbeitszeit und Lohnkosten zu senken und gleichzeitig Facharbeiter und Facharbeiterinnen für
die Zeit nach der Krise auszubilden. Die Solidaritätsprämie deckt 50% des entfallenen Entgelts und den
gesamten zusätzlichen Aufwand in der Sozialversicherung (auch nach Herabsetzung der Arbeitszeit in voll-
er Höhe) ab. Sie wird für bis zu zwei, unter bestimmten Umständen auch bis zu drei Jahre gewährt.
Ein-Personen-Unternehmen können eine Beihilfe des AMS erhalten, wenn erstmalig ein vollversiche-
rungspflichtiges Arbeitsverhältnis in diesem Unternehmen begründet wird. Zielgruppe sind junge Arbeits-
lose bzw. arbeitsuchende Personen unmittelbar nach Abschluss ihrer Ausbildung, die seit mindestens zwei
Wochen beim AMS vorgemerkt sind, im Alter von 19 bis 30 Jahren. Die Beiträge der Dienstgeber zur Sozial-
versicherung werden für die maximale Dauer von einem Jahr durch einen Pauschalsatz von 25% des Brutto-
lohns (ohne Sonderzahlungen, etc.) vom Arbeitsmarktservice übernommen
Mit dem Programm Aktion 4.000 – Kommunales Beschäftigungsprogramm 2009/2010 soll das
Beschäftigungspotenzial von gemeindenahen Tätigkeiten verstärkt genutzt werden. Ca. 4.800 Langzeit -
arbeitslose oder von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Personen sollen dadurch im Kommunalbereich,
aber auch in kirchlichen und karitativen Einrichtungen in Beschäftigung gebracht werden. Förderbar sind
öffentliche und gemeinnützige Tätigkeiten. Das AMS finanziert für max. ein Jahr zwei Drittel des Brutto-
lohns zuzüglich 50% Lohnnebenkosten. Die Förderung kann für maximal ein Jahr gewährt werden. Es stehen
2009 und 2010 je 27 Mio. € zur Verfügung. Zusätzlich zur Aktion 4.000 wird die Zielgruppe für Eingliede-
rungsbeihilfen ab Anfang 2010 deutlich ausgeweitet. Im Rahmen der Aktion +6.000 werden 40 Mio. € für
Jugendliche bis 25 Jahren eingesetzt, die aufgrund mangelnder Qualifikation und/oder fehlender Praxis
nach Abschluss ihrer Ausbildung keinen Arbeitsplatz finden. Dadurch sollen diese die Chance auf ein
reguläres Dienstverhältnis (statt Werkverträgen, Arbeitstrainings und Praktika) bekommen. Die Lohn- und
Lohnnebenkosten werden vom AMS für ein halbes Jahr zu 50% übernommen. Die Förderung der »Aktion
+6.000« wird über das bewährte arbeitsmarktpolitische Instrument der Eingliederungsbeihilfe abge-
wickelt.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
146
Qualifizierungsmaßnahmen
Personen, die an Aus- und Weiterbildungen des Arbeitsmarktservice teilnehmen, die mindestens 25 Stunden
pro Woche dauern und zu einem staatlich anerkannten Abschluss führen, erhalten zusätzlich zur Deckung
des Lebensunterhaltes einen Qualifizierungsbonus in Höhe von 100 bis 200 € monatlich. Arbeitslosen
Personen wird dadurch eine bessere soziale Absicherung für länger dauernde Qualifizierungen gewährt,
um beispielsweise Lehrabschlüsse, Pflichtschulabschlüsse oder sonstige schulgesetzliche Abschlüsse zu
erlangen. Die Förderung wird 2010 auf alle längeren Schulungen (auch ohne staatlich anerkannten
Abschluss) und Schulungen bei externen Bildungsinstitutionen (Beihilfe zu Kurskosten) ausgeweitet. Davon
sollen ca. 50.000 Personen profitieren. Die Bildungskarenz Neu kann nunmehr für eine Mindestdauer
zwischen zwei Monaten und einem Jahr (bisher zwischen drei Monaten und einem Jahr) beantragt werden.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Bildungskarenz ist ein Beschäftigungsverhältnis mit einer
Dauer von mindestens einem halben Jahr (bisher ein Jahr). Die Neuregelung ist bis Ende 2011 befristet,
ab 2012 gilt wieder die alte Regelung.
Mit der regionalen Fachkräftequalifizierung sollen 10.000 gering qualifizierte Arbeitslose entsprechend
ihren Fähigkeiten, Bedürfnissen und den regionalen Arbeitsmarktchancen zu Fachkräften qualifiziert werden.
Ziel dieser Initiative ist es, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Chance auf beruflichen Aufstieg
sowie die Nachholung eines Lehrabschlusses zu ermöglichen. Der Frauenanteil wird 54% betragen.
Die Integrationsoffensive für Migranten und Migrantinnen wird ausgeweitet. 2010 sollen 21.500 Personen
vom AMS Deutschkurse angeboten werden. Zielgruppe: Personen mit unzureichenden Deutschkenntnissen,
die mindestens zwei Monate vorgemerkt oder saisonarbeitslos sind. Damit soll, neben der Vermittlung
eines Arbeitsplatzes auch das gesellschaftliche Zusammenleben verbessert werden.
Im Gesundheits- und Sozialwesen steigt die Beschäftigung stärker als in allen anderen Branchen.
Deshalb wird seitens der Bundesregierung eine weitere Qualifizierungsoffensive in diesem Bereich ge -
startet. 6.000 Personen sollen 2010 in Gesundheits- und Sozialberufen ausgebildet bzw. höher qualifiziert
werden.
Maßnahmen für Ältere
Die Altersteilzeit ermöglicht älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, ihre Arbeitszeit vor dem
Pensionsantritt bei teilweisem Lohnausgleich zu reduzieren. Sie verlieren dabei weder Pensions- noch
Arbeitslosengeldansprüche oder Ansprüche von der Krankenkasse. Mit der Altersteilzeit wird aber auch ein
substanzieller Beitrag zur Arbeitsmarktentlastung während der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise
geleistet. Die wichtigsten Eckpunkte der Novelle waren der Entfall der Ersatzkraftstellung, die Verschiebung
der vorgesehenen Anhebung des Mindestzugangsalters und Vereinfachungen in der Abwicklung. Auch der
Kostenersatz wurde neu geregelt: Das Unternehmen erhält die zusätzlichen Kosten für eine Arbeitskraft,
die sich in Altersteilzeit (ATZ) befindet, größtenteils ersetzt. Reduziert ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit
um 50%, erhält er 75% des ursprünglichen Lohnes/Gehalts. Außerdem werden die Beiträge für die Sozial-
versicherung weiterhin zu 100% geleistet. Die Kosten, die nun dem Unternehmen zusätzlich zur tatsächlich
geleisteten Arbeit entstehen – also 25% des Lohns/Gehalts und 50% der Sozialversicherungsbeiträge –
werden dem Betrieb im unterschiedlichen Ausmaß vom AMS refundiert. Beim Blockmodell zu 55% und bei
der kontinuierlichen ATZ zu 90%. Einen Teil der zusätzlichen Kosten muss das Unternehmen daher selbst
tragen. Die kontinuierliche Arbeitszeitreduktion (echte Teilzeit), die eine rasche Verminderung der Arbeits-
kapazität bewirkt, wurde aus arbeitsmarktpolitischen Gründen gegenüber Blockzeitregelungen, die
zunächst unverminderte Vollarbeit und erst später Freizeit vorsehen, begünstigt. Für Teilzeitbeschäftigte,
deren Arbeitszeit zwar weniger als 80%, jedoch zumindest 60% der Normalarbeitszeit beträgt, kann
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
147
nunmehr Altersteilzeitgeld gewährt werden. Altersteilzeitgeld kann noch bis zu einem Jahr nach Anspruch
auf Korridorpension gewährt werden.
Für ältere Beschäftigte, die traditionell eine besondere Problemgruppe am österreichischen Arbeitsmarkt
darstellen, wurden folgende weitere Maßnahmen gesetzt: Ältere Langzeitarbeitslose (betroffen sind
überwiegend Frauen), die vor der Pensionsreform 2004 in Pension gehen hätten können, haben Anspruch
auf Übergangsgeld, das um 25% höher ist als das Arbeitslosengeld. Das Übergangsgeld wäre 2009 ausge-
laufen, wird aber nunmehr krisenbedingt verlängert. Ab 2011 gilt eine Einschleifregelung, die gewährleistet,
dass ältere Menschen bis 2015 vom Übergangsgeld profitieren können. Mit der befristeten Anhebung der
Altersgrenze für den Entfall des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung (ab 58 statt ab 57 Jahren) wird ein
Finanzierungsbeitrag zu zielgruppenspezifischen beschäftigungsfördernden und -sichernden Maßnahmen
(z.B. Eingliederungsbeihilfe, Einstellungsförderung Jugendliche, Kombilohn, Qualifizierung für Ältere) geleis -
tet. Bis Ende 2013 wird der Arbeitslosenversicherungsbeitrag somit für Beschäftigte, die das 58. Lebensjahr
vollendet haben, aus AlV-Mitteln getragen; ab 2014 gilt wieder die alte Regelung ab 57 Jahren.
Weitere Maßnahmen
Die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld bleibt weiterhin das Jahresgehalt des Vorjahres.
Für jene Menschen, die im ersten Halbjahr arbeitslos werden (und für die als Bemessungsgrundlage das
Gehalt des vorletzten Jahres herangezogen wird), wird die Inflation ausgeglichen (2009: Aufwertung um
3,2%). Von dieser Maßnahme werden ca. 250.000 Personen profitieren.
Mit der Krankenversicherung bei Entfall der Notstandshilfe wurde eine sozialpolitische Lücke geschlossen.
Ist in einer Lebenspartnerschaft einer der beiden Partner längere Zeit arbeitslos und hat Anspruch auf
Notstandshilfe, ist diese Person automatisch sozialversichert. Fällt aufgrund eines zu hohen Partnerein-
kommens die Notstandshilfe weg, war die betroffene Person bisher nur noch pensionsversichert. Mit der
neuen Regelung hat die betroffene Person nunmehr auch Anspruch auf Krankenversicherung.
In Teilbereichen wurden Maßnahmen gesetzt, die verhindern, dass die Lohnnebenkosten erhöht werden.
Im Bauarbeiterschlechtwettergesetz wurde eine entsprechende Übergangsregelung verlängert. Darüber
hinaus wurde den zuständigen Interessenvertretungen die Möglichkeit gegeben, auf der Grundlage der be-
reits laufenden Verhandlungen neue Modelle der Arbeitszeitgestaltung in der Bauwirtschaft zu entwickeln
und in der Folge im Kollektivvertrag zu verankern. Zur Stabilisierung der Lohnnebenkosten wird der Nacht-
schwerarbeitsbeitrag bis einschließlich 2013 beibehalten und nicht angehoben. Der Nachtschwerarbeits-
beitrag beträgt zwei Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage in der nach dem ASVG geregelten
Pensionsversicherung.
Mit der neuen Regelung für Arbeitsgesellschafter im Rahmen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
wurde während der Übergangsfristen bis zur vollständigen Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes
am 1. Mai 2011 ein Kontrollsystem eingerichtet. Nun muss nicht mehr der Arbeitsgesellschafter den
Beweis einer selbstständigen Tätigkeit erbringen, sondern das Firmenbuchgericht muss dem AMS eine
Abschrift des Gesellschaftsvertrags übermitteln. Das AMS muss nur noch überprüfen, ob eine echte Selbst-
ständigkeit oder eine bewilligungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Wird eine bewilligungspflichtige
Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung festgestellt, hat das AMS diese zu untersagen.
Ab 1.7.2010 ist es möglich, das Arbeitslosengeld beim AMS auch elektronisch zu beantragen. Voraus -
setzung dafür wird ein sicheres elektronisches Konto beim AMS sein. Gekündigte Beschäftigte sollen so mög-
lichst frühzeitig mit dem AMS in Kontakt treten. Weiters sollen Warteschlangen am Monatsanfang vermieden
werden. Vor allem können Arbeitslose dadurch rascher auf einen neuen Arbeitsplatz vermittelt werden.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
148
Beschäftigungseffekte
Die Beschäftigungseffekte der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind beträchtlich und können in etwa
auf die verschiedenen Maßnahmen aufgeteilt werden. Die Reform der Kurzarbeit ist für einen großen Teil
der Beschäftigungseffekte (rund 30.000 Arbeitsplätze) verantwortlich. Die Hälfte davon ist auf den raschen
Ausbau der Möglichkeit zur auftragsbedingten Arbeitszeitverkürzung zurückzuführen und weitere 15.000
Arbeitsplätze wurden durch die Möglichkeit zur Verlängerung der Kurzarbeit bis zu 24 Monate sowie die
volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch das Arbeitsmarktservice ab einer Dauer von über
6 Monaten gesichert. Durch die Reform der Altersteilzeit sowie die Erweiterung des Solidaritätsprämien-
modells werden 3.000 weitere Jobs gesichert. Auch die Bildungskarenz kann mittelfristig bis zu 10.000
Arbeitsplätze sichern. Auftragslöcher bei Betrieben können nun kurzfristig für Weiterbildungsmaßnahmen
genutzt werden. Dadurch wird nicht nur der Arbeitsplatz gesichert, mit der höheren Qualifizierung steigen
auch die weiteren Chancen der betroffenen Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Darüber hinaus kann die
Förderung der Beschäftigungsaufnahme bei Ein-Personen-Unternehmen rund 3.000 zusätzliche Arbeits-
plätze bringen. Dazu kommen noch direkte Beschäftigungsmaßnahmen im Rahmen der aktiven Arbeits-
marktpolitik der Bundesregierung. Hier wurden im Jahr 2009 mehr als 12.000 Arbeitsplätze geschaffen: Die
»Aktion 4.000« (Gemeindenahes Beschäftigungsprogramm), soll 4.800 Arbeitsplätze durch die Förderung
von Beschäftigungsaufnahmen im gemeinnützigen Bereich schaffen. Sozialökonomische Betriebe bzw.
gemeinnützige Beschäftigungsprojekte bieten derzeit mehr als 7.600 Arbeitsplätze. Diese Beschäftigungs-
formen wurden innerhalb eines Jahres um mehr als ein Viertel ausgebaut. Neben den Arbeitsplatz sichernden
Maßnahmen liegt der Fokus auch auf der Förderung der Berufsausbildung. Daher wurde die Anzahl der
Plätze im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung im Ausbildungsjahr 2009/2010 um mehr als 30%
auf nunmehr 12.300 angehoben.
Arbeitsrechtliche Neuerungen
Im Zuge des Arbeitsmarktpaketes II wurden durch die Novellierung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs-
gesetzes (AVRAG) zeitlich flexiblere Formen der Bildungskarenz ermöglicht. Bisher konnte eine Bildungs -
karenz erst ab dem zweiten Arbeitsjahr zwischen dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin und dem
Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin vereinbart werden. Nunmehr haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin-
nen die Möglichkeit, eine Bildungskarenz bei Vorliegen einer ununterbrochenen Mindestbeschäftigungsdauer
von sechs Monaten zu vereinbaren. Damit wird jenen Arbeitnehmern und Arbeiternehmerinnen, die auf
Grund verschiedener Umstände (beispielsweise Insolvenz des früheren Arbeitgebers oder der früheren
Arbeitgeberin) noch keine Mindestbeschäftigungsdauer von einem Jahr aufweisen, ermöglicht, früher
Bildungskarenz zu vereinbaren. Auch Saisonarbeitskräfte, deren Arbeitsverhältnis drei Monate gedauert
hat, können nunmehr eine Bildungskarenz vereinbaren, sofern befristete Arbeitsverhältnisse zu diesem
Arbeitgeber bzw. dieser Arbeitgeberin im Ausmaß von mindestens sechs Monaten (bisher ein Jahr) inner-
halb eines Zeitraumes von vier Jahren vor Antritt der Bildungskarenz vorliegen. Neu ist weiters, dass die
Mindestdauer der Bildungskarenz von drei Monaten auf zwei Monate herabgesetzt wurde, um auch den
Erwerb von spezifischen Zusatzqualifikationen bzw. Kenntnissen und Fertigkeiten zu ermöglichen, die eine
kürzere Maßnahmendauer erfordern, und gleichzeitig die Flexibilität der Betriebe beim Einsatz dieses
Instruments zu erhöhen. Die Neuregelung gilt bis Ende 2011 befristet.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
149
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Kinderbetreuungsgeld neu
Seit Jänner 2010 besteht für Eltern die Möglichkeit, aus zwei Systemen mit insgesamt fünf verschiedenen
Bezugsvarianten des Kinderbetreuungsgeldes zu wählen. Neben den bisherigen Pauschalvarianten (30 + 6,
20 + 4 und 15 + 3 Monate) gibt es nun eine weitere Pauschalvariante (12 + 2 Monate), bei der ca. 1.000 €
pro Monat bis maximal zum 12. Lebensmonat des Kindes bezogen werden können. Nimmt auch der zweite
Elternteil diese Variante in Anspruch, verlängert sich die Bezugsdauer bis maximal zum 14. Lebensmonat
des Kindes.
Neu ist weiters das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, das 80% der Letzteinkünfte –
maximal 2.000 € pro Monat – beträgt. Es gebührt bis zum vollendeten 12. Lebensmonat, bei Beteiligung
beider Eltern maximal bis zum vollendeten 14. Lebensmonat des Kindes. Voraussetzung ist u.a. eine
6-monatige durchgehende Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes.
Während des Bezugs von pauschalem Kinderbetreuungsgeld darf der Zuverdienst 60 Prozent der Letztein-
künfte aus dem Kalenderjahr vor der Geburt, in dem kein Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde, mindestens
aber 16.200 € im Kalenderjahr betragen. Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld darf der
Zuverdienst 5.800 € pro Kalenderjahr (das entspricht etwa der Geringfügigkeitsgrenze) nicht überschreiten,
da diese Variante eine Art Einkommensersatz ist. Neu eingeführt wurde auch die Beihilfe zum pauschalen
Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 6,06 € pro Tag für sozial schwache Eltern. Sie ist, im Gegensatz
zum vormaligen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, kein Kredit mehr und nur dann zurückzuzahlen,
wenn die jeweiligen Zuverdienstgrenzen überschritten wurden. Die Beihilfe gebührt für maximal 12 Monate.
Mit dem neuen Kinderbetreuungsgeldmodell »12 + 2« war es notwendig, im Mutterschutzgesetz, im Väter-
Karenzgesetz und im Landarbeitsgesetz die Mindestdauer der Karenz und der Elternteilzeit von bisher drei
auf zwei Monate herabzusetzen. Die Verkürzung der Mindestdauer bedingte auch Änderungen bei den
Meldefristen.
Zahlen vom Mai 2010 zeigen, dass sich rund 11% aller Antragsteller und Antragstellerinnen für das
einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entscheiden. Über dessen Auswirkungen auf die Inan-
spruchnahme durch Väter können noch keine Aussagen getroffen werden, da Väter eher später in Karenz
gehen. Insgesamt stieg der Anteil der Väter beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld auf rund 5% im Mai
2010 (von 4,5% im Mai 2009).
Kinderbetreuung
Um allen Kindern beste Bildungsmöglichkeiten und Startchancen in das spätere Berufsleben unabhängig
von ihrer sozioökonomischen Herkunft zu bieten, stellt der Bund von 2009 bis 2013 pro Kindergartenjahr
70 Mio. € für die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbetreu-
ungseinrichtungen im letzten Jahr vor dem Schuleintritt zur Verfügung. Ab September 2010 wird der halb-
tägige Besuch somit für Kinder dieser Altersgruppe bundesweit verpflichtend. Die Auswirkungen der
kostenlosen Betreuung und der Besuchspflicht auf die kontinuierliche Inanspruchnahme von geeigneten
institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen wird einer begleitenden Evaluierung unterzogen werden.
Ein ausreichendes, bedarfsgerechtes und flexibles Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen ist eine
wichtige Voraussetzung für Chancengleichheit von Eltern in der Arbeitswelt. Zur Förderung des Ausbaus
0 bis 2 Jahre 3 bis 5 Jahre 6 bis 9 Jahre
2003 in KTH 20.022 200.648 36.857
Betreuungsquote (%) 8,5 81,8 10,1
2004 in KTH 21.790 198.652 39.534
Betreuungsquote (%) 9,2 82,1 11,1
2005 in KTH 24.508 199.778 41.626
Betreuungsquote (%) 10,2 82,7 11,9
2006 in KTH 25.718 201.277 43.971
Betreuungsquote (%) 10,8 83,5 12,9
2007 in KTH 28.020 205.636 43.971
Betreuungsquote (%) 11,8 84,9 13,8
2008 in KTH 32.797 210.043 47.506
Betreuungsquote (%) 14 86,5 14,5
2009 in KTH 36.793 213.997 50.131
Betreuungsquote (%) 15,8 88,5 15,4
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
150
von Kinderbetreuungseinrichtungen werden den Ländern in den Jahren 2008–2010 insgesamt 45 Mio. €
für die Finanzierung eines bedarfsgerechten Ausbaus zur Verfügung gestellt. Die Länder investieren darüber
hinaus zusätzlich 60 Mio. € für diesen Zweck.
Außerdem werden jährlich, seit dem Jahr 2005, private Anbieter innovativer Einrichtungen mit jährlich
700.000 € aus dem Familienlastenausgleichsfonds gefördert. Mit 1. September 2009 wurden die Richtlinien
dahingehend geändert, dass auch betriebliche Kinderbetreuungsangebote und die Ausbildung von Tages-
eltern förderungswürdig sind. Weiters wird alljährlich der Kinderbetreuungspreis ausgeschrieben, um
besondere Betreuungsinitiativen auszuzeichnen. Einrichtungen und Unternehmen, die Kinderbetreuungs-
plätze schaffen, die über das Regelangebot hinaus gehen, werden auch mit Preisgeldern von insgesamt
12.500 € unterstützt.
Die Kinderbetreuungsquoten erhöhten sich in den letzten Jahren zum Teil deutlich, dabei bestehen aber
regionale Unterschiede, auch hinsichtlich der täglichen Öffnungs- und Schließzeiten und der Sommer-
schließtage, wo allerdings Verbesserungen zu erkennen sind. Im Jahr 2009 lag die Betreuungsquote für
3- bis 5-jährige Kinder – ohne Berücksichtigung der Tageselternbetreuung und der vorzeitig eingeschulten
Kinder bei 88,5%, unter Berücksichtigung von Tageskindern und vorzeitig eingeschulten Kindern bei 91%.
Die Betreuungsquote für Kinder von 0 bis unter 3 Jahren betrug in Österreich 2009/10 15,8% in Institutio-
nen und rund 18% unter Berücksichtigung der Tageselternbetreuung. Nicht zuletzt die oben beschriebene
Anstoßfinanzierung des Bundes zum Ausbau des Kinderbetreuungsangebots soll hier weitere Verbesserun-
gen bringen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen der österreichischen
Familienpolitik. Damit Vereinbarkeit gelingen kann, braucht es ein Bündel an Maßnahmen – finanzielle
Unterstützung für Familien, adäquate Rahmenbedingungen sowie Maßnahmen für eine familienfreundliche
Wirtschaft. Exemplarisch sollen insbesondere folgende aktuelle Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie
und Beruf hervorgehoben werden:
• Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes,
• Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen,
• Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten im Rahmen der Steuerreform,
Betreuungsquoten 2003–2009 Kinder in Kindertagesheimen (KTH) nach AltersgruppenQuelle: Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik 2009/10
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
151
• Audit »berufundfamilie«, das Unternehmen, Institutionen und Organisationen darin unterstützen soll,
eine familienbewusste Unternehmenskultur zu entwickeln,
• Bundeswettbewerb »Frauen- und Familienfreundlichster Betrieb«, der in einen Staatspreis umge-
wandelt wurde und im Herbst 2010 erstmals vergeben wird.
Fünfter Familienbericht 1999–2009
Der 5. Familienbericht, an dem 50 Expertinnen und Experten gearbeitet haben, umfasst 30 eigenständige
thematische wissenschaftliche Beiträge sowie einen Ressortteil »Familienpolitische Akzente 1999–2009«.
Die Autorinnen und Autoren stellten fest, dass die Familie ein zentraler gesellschaftlicher Werte- und
Leistungsträger ist, und »Familie und Kinder« bzw. »Partnerschaft« nach wie vor an vorderster Stelle der
als besonders wichtig erachteten Lebensbereiche der Österreicherinnen und Österreicher stehen. Als ent-
scheidende Erfolge können die finanzielle Gerechtigkeit für Familien, die verbesserte Vereinbarkeit von
Familie und Beruf sowie der bessere Schutz vor Gewalt im sozialen Nahbereich erwähnt werden. Weiters
liegt Österreich mit seinen hohen monetären Familienleistungen, den umfangreichen Leistungen im Sach-
bereich sowie mit der Dichte von Beratungsangeboten und den Unterstützungsleistungen bei der Lösung
familienrelevanter Problemstellungen im europäischen Spitzenfeld. Eine zentrale Herausforderung stellt
der demographische Wandel dar.
Gleichstellung von Frauen und Männern Im Jahresdurchschnitt 2009 sind 1,488.644 Frauen unselbständig aktiv beschäftigt, das entspricht mit
+0,1% ungefähr dem Niveau des Vorjahrs. Die Zahl der aktiv beschäftigten Männer ist dagegen um -2,5%
auf 1.770.666 gesunken. Der Frauenanteil an der Aktivbeschäftigung beträgt 45,7%. Während die inter-
national vergleichbare Beschäftigungsquote (15–64 J.) der Männer im Vergleich 2008/2009 von 78,5% auf
76,9% gesunken ist, ist sie bei den Frauen von 65,8% auf 66,4% gestiegen. Ein großer Teil der unselbstän-
dig erwerbstätigen Frauen arbeitet in Teilzeit, ihre Teilzeitquote beträgt 2009 43,5%, diejenige der Männer
7,3%. Vollzeitarbeitsplätze gingen zurück, Teilzeitarbeitsplätze nahmen zu. Die Teilzeitquote der unselbstän-
dig beschäftigten Frauen ist um 1,4 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreswert angestiegen, jene der
Männer um 0,8 Prozentpunkte. Die seit 2005 jährlich gesunkene Frauenarbeitslosigkeit ist 2009 erstmals
wieder angestiegen und liegt im Jahresdurchschnitt um 13.284 Personen oder 14,2% über dem Vorjahres-
wert. Der Anstieg fällt jedoch deutlich geringer als bei den Männern aus (+34.772 oder +29,3%). Nach
AMS Registerdaten liegt die Frauenarbeitslosenquote 2009 bei 6,3%, die der Männer bei 7,9%. Dass der
Anstieg der Arbeitslosigkeit die Männer zunächst stärker betrifft, liegt u.a. daran, dass sich die Krise auf
dem Arbeitsmarkt zuerst in männerdominierten Branchen bemerkbar machte. Im Mai 2010 sinkt die
Arbeitslosigkeit der Frauen im Vergleich zum Vorjahr kaum (-0,7%), jene der Männer deutlich (-8,8%).
Die Quoten nähern sich einander an (Frauen Mai 2010: 6,1%, Männer: 6,5%). Parallel dazu ist die Zahl
der unselbständig aktiv beschäftigten Frauen im Mai 2010 um 1,3% (absolut +18.676) gegenüber dem
Vorjahr gestiegen. Die Arbeitslosigkeit junger Frauen (bis 24 Jahre) hat 2009 um 2.426 (16,1%) zuge-
nommen, ihre Arbeitslosenquote beträgt 7,0%.
Frauen- und gleichstellungspolitische Maßnahmen
Seit 1. Jänner 2009 ist Gender Budgeting in der Bundes-Verfassung als Zielbestimmung der Haushalts-
führung verankert. Mit Einführung der wirkungsorientierten Haushaltsführung (Artikel 51 Abs. 8 B-VG) mit
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
152
1. Jänner 2013 wird jedes Ressort verpflichtet, bei der Budgeterstellung Wirkungsziele (darunter ein
Gleichstellungsziel) zu definieren und Maßnahmen dazu darzustellen (darunter eine Maßnahme zur
tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern).
Die aktive Arbeitsmarktpolitik trägt zur Verringerung der geschlechtsspezifischen Ungleichheit am
Arbeitsmarkt bei. Ziel des AMS ist es, Frauen und Männer gleichermaßen auf existenzsichernden Arbeits-
plätzen ins Erwerbsleben zu integrieren. Gender Mainstreaming ist im AMS verbindliche Strategie. Im Jahr
2009 waren 49,4% aller geförderten Personen (ohne Kurzarbeit) Frauen (einschließlich Kurzarbeit, die vor
allem Männer betrifft, war der Anteil 45,0%). 48,9% aller Geförderten in Qualifizierungen waren Frauen.
Das Ziel, 50% der Plätze in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Frauen zu reservieren, wurde nur
knapp verfehlt. Mindestens 50% des AMS-Förderbudgets müssen für Maßnahmen zur Förderung und
Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt eingesetzt werden. Im Jahr 2009 lag dieser Anteil (ohne Kurz-
arbeit) nach heutigem Stand bei 48,4%, was rd. 474,8 Mio. € entspricht (einschließlich Kurzarbeit:
43,6%). Speziell hervorzuheben sind die Programme »Frauen in Handwerk und Technik« und »Wiederein-
stieg unterstützen«.
Im Jahr 2009 wurde auf Sozialpartnerebene mit Beratungen über eine Weiterentwicklung des Gleich-
behandlungsgesetzes und des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleich-
behandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-Gesetzes) zur Verbesserung des bestehenden Diskriminierungs-
schutzes begonnen. Im Herbst 2009 wurde mit der Kampagne »gleich=fair« dafür geworben, dass
Frauen und Männer für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten. Die Studie über »Qualität von Teil-
zeitbeschäftigung und die Verbesserung der Position der Frauen am Arbeitsmarkt« belegt, dass die
Qualität der Teilzeitbeschäftigung entscheidende Bedeutung für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung
wie auch für die Gleichstellung von Frauen und Männern hat. Der im Mai publizierte Frauenbericht 2010
bietet Information über relevante Probleme, Entwicklungen und Fakten in diversen Lebenszusammen-
hängen von Frauen in den Jahren 1998–2008. Seit 2009 wird der nationale Aktionsplan für Gleichstellung
erarbeitet. Übergeordnetes Ziel des nationalen Aktionsplans für Gleichstellung ist, Fortschritte bei
der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen.
Im Vergleich zu Männern sind Frauen nicht nur in den höchsten Führungspositionen, sondern generell in
Entscheidungspositionen unterrepräsentiert. Um aktiv darauf hinzuwirken, dass mehr Frauen Führungs -
positionen übernehmen, wurde das neue Führungskräfteprogramm »Zukunft.Frauen« implementiert.
Ziel des Programms ist, mehr Frauen in Management- und Aufsichtsratspositionen zu etablieren.
Zum Thema Berufswahl fand im April 2010 der »Girls’ Day« zum fünften Mal auf Bundesebene statt.
Das Interesse der Mädchen für technische und zukunftsorientierte Berufe soll geweckt, Unternehmen auf
das Potential der Mädchen aufmerksam gemacht werden. Insgesamt nahmen 12 Ressorts und rund 1350
Mädchen teil. Im Juni 2009 wurde die interaktive Ausstellung »Barbiefreie Zone« des Mädchenzentrums
Amazone präsentiert, die u.a. Fragen der Berufswahl und Einkommensunterschiede thematisierte.
Der Käthe Leichter-Staatspreis für Frauen und Geschlechterforschung sowie erstmals fünf weitere Käthe
Leichter Preise wurden im Oktober 2009 verliehen. Für das Jahr 2009 konnten die Förderbudgetmittel
gegenüber 2008 aufgestockt werden (von rund 4.655.000 € auf 5.432.000 €). Damit werden vor allem
frauenspezifische Beratungseinrichtungen gefördert, die auch arbeitsmarktspezifische Begleitmaßnahmen
anbieten.
An den Universitäten konnte die Gleichstellung von Frauen und Männern verbessert werden. Die Parität
zwischen weiblichen und männlichen Studierenden an öffentlichen Universitäten wurde bereits 1999/2000
erreicht, bei den Abschlüssen im darauffolgenden Studienjahr. Im sogenannten »akademischen Mittelbau«
liegt der Frauenanteil bereits bei 43%. Sowohl bei den Zweitabschlüssen (Doktorats- und Masterabschlüsse)
als auch bei den wissenschaftlich-künstlerischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und bei Professoren
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
153
und Professorinnen, bei denen der Frauenanteil Ende 2009 bei 18,7% lag, hat sich der Frauenanteil in den
vergangenen vier Jahren merklich verbessert. Um mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen, wurde mit
dem Programm »excellentia – Ein High Potentials Programm zur Förderung von Frauen in der Wissen-
schaft« eine wirkungsvolle Maßnahme gesetzt. Seit 2005 konnte der Professorinnenanteil von 13% auf
rund 18% gesteigert werden. Aber auch im Bereich der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung haben
sich erfolgreiche Programme etabliert (Karriereentwicklungsprogramm für Frauen, DOC fFORTE, Wissen-
schafterinnenkollegs). Den Universitäten wurde für den Abschluss der Leistungsvereinbarungen
2010–2012 im Bereich Gleichstellung von Frauen und Männern ein inhaltlicher Rahmen vorgegeben: Ziele
und Vorhaben der Universitäten waren an Ausbildungs- und Berufsphasen zu orientieren, in denen die
Frauenanteile deutlich unter 40% liegen. Als weiteres Handlungsfeld für universitäre Maßnahmen war die
Vereinbarkeit von Beruf/Studium und Familie vorgesehen. Die Mehrzahl der Universitäten hat frauenför-
dernde Ziele im Bereich der Professuren gewählt. Ein Drittel der Universitäten hat im Bereich Nachwuchs-
förderung ein genderspezifisches Ziel platziert. Bei den Zielen der Universitäten im Bereich Vereinbarkeit
von Studium/Beruf liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau der bedarfsorientierten Kinderbetreuung.
Die Universitäten haben zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf bzw. Studium und Betreuungsleis -
tungen zudem eine Reihe guter Bestimmungen in ihren universitätsspezifischen Frauenförderplänen
verankert, deren Umsetzung in Zukunft verstärkt zu beobachten sein wird. Ein großer Schritt ist mit der
Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 im Herbst 2009 gelungen, indem eine Frauenquote von
mindestens 40% in allen universitären Gremien gesetzlich verankert wurde.
Zuführung von Migranten und Migrantinnen in den Arbeitsmarkt Im Zusammenhang mit dem österreichischen Migrationswesen wird versucht, speziell im Bereich des
Arbeitsmarktes eine Reihe von bewährten Institutionen weiterhin damit zu beschäftigen, das Angebot
auszubauen, zu verbessern und zu diversifizieren. Neue Projekte und Steuerungsgruppen wurden ins Leben
gerufen. Im Nachfolgenden werden einige Schwerpunkte für den Bereich Migration und Arbeitsmarkt,
welche für das Jahr 2010 prägend sein werden, hervorgehoben.
Im Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) – Jobcenter Habibi werden Asylberechtigte und subsidiär
Schutzberechtigte von erfahrenen Jobcoaches professionell bei ihrer Integration in den Arbeitsmarkt
unterstützt. Ziel des ÖIF – Jobcenters ist es, in Kooperation mit den Arbeitssuchenden und den Arbeit -
gebern dauerhafte und erfolgreiche Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen.
»Mentoring für MigrantInnen« ist eine gemeinsame Initiative des Österreichischen Integrationsfonds, der
Wirtschaftskammer Österreich und des Arbeitsmarktservice. Ziel ist es, erfahrene Persönlichkeiten des
Wirtschaftslebens – Mentoren – und Personen mit Migrationshintergrund – Mentees – zusammenzubringen
und sie bei der Integration am österreichischen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Im Rahmen des regelmäßigen
persönlichen Austausches erarbeiten die Mentoren mit ihren Mentees über rund sechs Monate Aktivitäten
zum Einstieg in den Arbeitsmarkt.
In Österreich sind in jedem Bundesland vertraglich vereinbarte regionale Partnerschaften zur Verknüpfung
der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik mit anderen Politikbereichen (Territoriale Beschäftigungs pakte)
tätig, die sich durch länderspezifische Besonderheiten unterscheiden: So befasst sich der Beschäftigungspakt
Vorarlberg mit einem geförderten Projekt zum Thema »Arbeitsmarkt & Jugendliche mit Migrationshinter-
grund«. Durch den Beschäftigungspakt Vorarlberg erhöht sich die Chance auf institutionenübergreifende
Lösungen auf dem Arbeitsmarkt.
4.9 Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
154
In Klagenfurt wurde das Pilotprojekt OSETO ins Leben gerufen. Diese Plattform richtet sich an das Poten-
zial in Kärnten lebender Drittstaatsangehöriger und an Menschen mit Migrationshintergrund. Finanziert
wird das Vorhaben vom Europäischen Integrationsfonds, dem Innenministerium und dem Land Kärnten.
Das Integrationsprojekt zielt darauf ab, den Bedarf des Arbeitsmarktes an Migranten mit Basisqualifikation
zu befriedigen, um dem Fachkräftemangel der Wirtschaft entgegenzusteuern und das Sozialsystem zu
entlasten. Dabei soll den in Österreich niedergelassenen Menschen Beratungen und Fortbildungskurse
betreffend Berufs- und Arbeitswelt, Bildung und Kultur, Wohnen und Leben bis hin zu Gesundheit und
Umwelt angeboten werden.
Auch im Nationalen Aktionsplan Integration sind im Handlungsfeld »Arbeit und Beruf« zahlreiche Maß -
nahmen zur Integration von Personen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt genannt: So sollen in
Zukunft insbesondere berufsorientierte Sprachkurse und die Kombination von Deutschkursen mit fach -
spezifischer Ausbildung gefördert werden, Mentoring- und Coaching- Programme für Migrantinnen und
Migranten forciert, die Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Bereich
erhöht und insbesondere junge Migranten und Migrantinnen, vor allem bildungsferne Jugendliche, verstärkt
in Qualifizierungsmaßnahmen für Berufe einbezogen werden, für die am Arbeitsmarkt eine starke Nach-
frage besteht.
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
155
4.10 Bildungspolitik
Nationaler Qualifikationsrahmen für Beschäftigung (NQR)Das erfolgversprechendste Instrument, um einen europäischen Bildungs- und Arbeitsmarkt zu schaffen,
ist der Europäische Qualifikationsrahmen. Österreich hat sich für die Entwicklung eines Nationalen Qualifi-
kationsrahmens entschlossen und dies im Regierungsprogramm vorgesehen. Der Nationale Qualifikations-
rahmen in Österreich soll – in Anlehnung an den Europäischen Qualifikationsrahmen – acht Niveaus um-
fassen, zu welchen sämtliche Qualifikationen zugeordnet werden. Im Sinne der Grundintention des Euro-
päischen Qualifikationsrahmens hat die Bundesregierung im November 2009 folgendes Modell für den NQR
beschlossen: Die Ebenen 1 bis 5 des österreichischen Nationalen Qualifikationsrahmens gelten für alle
Qualifikationen gleichermaßen. Die Ebenen 6 bis 8 werden geteilt. In einem Teil wird der österreichische
Hochschulraum (Bologna-Prozess) unter Zugrundelegung der Dublin-Deskriptoren abgebildet. Im anderen
Teil können nach einem kriterienbasierten Zuordnungsverfahren (EQR-Beschreibungen mit österreichi-
schen Erläuterungen) außerhochschulische Qualifikationen (z.B. Ingenieur, Meister, Wirtschaftstreu-
händer) zugeordnet werden. Nach Abschluss der Zuordnungen der formalen Qualifikationen auf nationaler
Ebene soll dann die Zuordnung des NQR zum EQR erfolgen, um das österreichische Bildungssystem in
Europa adäquat und konkurrenzfähig abzubilden. Zur Erreichung der angestrebten Ziele werden ein
Kriterien- und Verfahrenskatalog für die Zuordnung (Erläuterungstabelle) sowie Definitionen von proto-
typischen Qualifikationen für die einzelnen Stufen entwickelt und eine NQR-Geschäftsstelle mit vorgege-
benen Zielsetzungen und Ablaufprozessen eingerichtet.
Schulpolitische SchwerpunkteNeue Mittelschule
Im September 2008/09 begann für insgesamt 67 Pilotschulen in 5 Bundesländern die Entwicklungsarbeit
im Modellversuch »Neue Mittelschule« (NMS), für eine neue gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen.
Eine Novellierung der gesetzlichen Grundlage der NMS im Mai 2009 ermöglichte weiteren 177 Standorten
im darauffolgenden Schuljahr 2009/10 die Teilnahme an der Entwicklungsarbeit. Auf Grund des anhaltend
großen Interesses der Eltern, Gemeinden und weiteren Schulstandorten wird bereits mit Schuljahr
2010/11 die gesetzlich festgelegte Beschränkung – auf 10% der Schulklassen der allgemein bildenden
Pflichtschulen – erreicht. Ab dem Schuljahr 2010/11 werden somit mit aufsteigenden Klassen insgesamt
320 Standorte teilnehmen. Diese Zahl wird für die nächsten Jahre und bis zu einer bildungspolitischen
Entscheidung nach einer vereinbarten Evaluierung konstant bleiben.
Zentrale Eckpfeiler dieser Entwicklungsarbeit sind die Vermeidung einer zu frühen Trennung bzw.
Selektion der Kinder mit rund 10 Jahren und damit verbunden die Förderung und Forderung aller Kinder,
unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen und sprachlichen Herkunft und der Ausgangslage ihres indivi-
duellen Leistungsstandes. Individualisierung und Innere Differenzierung gewährleisten, dass alle Schüler
und Schülerinnen in den Modellversuchen Neue Mittelschule in ihren Begabungen und Talenten bestmög-
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
156
lich gefördert und gefordert werden. Die Begleitung der Standorte bei der Implementierung der neuen
Lernkultur sowie die Weiterentwicklung der Modellversuche und die Sicherung einer hohen Bildungs-
qualität werden in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen.
Schulische Tagesbetreuung
Der zweite Durchgang der Aktion »Qualität in der schulischen Tagesbetreuung« hat im Jahr 2009 begon-
nen. Ziel der Aktion ist es, Schulen mit qualitativ hochwertiger Tagesbetreuung ausfindig zu machen und
als Kompetenzzentren für diesen schulischen Bereich mit einem Gütesiegel auszuzeichnen. Diese Schulen
werden für zwei Jahre zertifiziert, im Herbst 2011 soll die Aktion wiederholt werden.
Initiative »25plus«; Individualisierung des Lernens und Lehrens
Die im Schuljahr 2007/2008 begonnene Senkung der Klassenschülerhöchstzahl wird mit 2010/2011 alle
1. bis 4. Klassen der Volksschulen, alle 1. bis 4. Klassen der Hauptschulen und der allgemeinbildenden
höheren Schulen, alle Polytechnischen Schulen sowie einige Sektoren der AHS-Oberstufe erfassen. Kleinere
Klassen schaffen günstigere Voraussetzungen für ein Mehr an Zuwendung für den einzelnen Schüler bzw.
die einzelne Schülerin. Durch die Individualisierung wird sichergestellt, dass auf die Schüler und Schüle-
rinnen in Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Lernstil, Lerntempo und Motivlage, Muttersprache und
Geschlecht, jeweils einzeln eingegangen werden kann. Die Maßnahmen im Bereich der Individualisierung
des Lernens und Lehrens erzielen folgende Wirkungen an den Schulstandorten:
• Überprüfung bestehender Lern- und Lehrroutinen hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit,
• Erprobung neuer Lehr- und Lernformen,
• Verstärkung individueller Rückmeldungen und Empfehlungen zur Unterstützung der Schüler und
Schülerinnen,
• nachvollziehbare und transparente Gestaltung der Leistungsbeurteilung für jede Schülerin bzw. jeden
Schüler,
• Erweiterung des methodisch-didaktischen und lerndiagnostischen Repertoires an der Schule,
• Intensivierung der Zusammenarbeit in Lehrer- und Lehrerinnenteams,
• Nutzung der Angebote und Möglichkeiten der Neuen Medien.
Frühe sprachliche Förderung
Alle Kinder sollen bei Eintritt in die Volksschule ausreichend Deutsch sprechen, um dem Unterricht folgen
zu können (»Schulreife«). Deshalb findet vor Beginn des letzten Kindergartenjahres eine »Sprachstands-
feststellung« statt, bei der das sprachliche Können der Kinder im Mittelpunkt steht. Es wird festgestellt, ob
sich ein Kind dem Alter entsprechend ausdrücken kann. Ein Bildungsplan für die 0 bis 6-Jährigen ermög-
licht – abhängig vom Ergebnis der Sprachstandsfeststellung – die Entwicklung eines individuellen Förder-
konzepts. Im Jahr vor dem Schuleintritt werden Kinder bei Bedarf im Kindergarten (kindgerecht und in
vertrauter Umgebung) gefördert. Kindergartenpädagogen und Kindergartenpädagoginnen werden speziell
dafür aus- und fortgebildet.
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
157
Berufsmatura – Lehre mit Reifeprüfung
Die Berufsmatura, die Kombination von Lehre und Reifeprüfung, hat viele Vorteile. Die Berufsreifeprüfung
ist während der Berufsschulzeit möglich, der Bund übernimmt die Kosten für die Vorbereitungslehrgänge.
Neu ist, dass drei der vier Teilprüfungen (Deutsch, lebende Fremdsprache, Mathematik und ein Fach-
bereich aus dem jeweiligen Lehrberuf) bereits vor der Lehrabschlussprüfung abgelegt werden können,
die letzte Teilprüfung mit Erreichen des 19. Lebensjahres. Derzeit nehmen österreichweit rund 6.200 Lehr-
linge an den Vorbereitungslehrgängen teil.
Neue Reifeprüfung
Ab dem Schuljahr 2013/14 soll es die neue Reifeprüfung an allen allgemeinbildenden höheren Schulen
geben, ab dem Schuljahr 2014/15 an allen berufsbildenden höheren Schulen. Diese standardisierte kom-
petenzorientierte Reifeprüfung schafft klare Regelungen und garantiert, dass alle Jugendlichen, die ihre
Reifeprüfung ablegen, alle Fähigkeiten besitzen, die für ein Studium oder den Weg ins Berufsleben not-
wendig sind. Ein objektiviertes Prüfungsverfahren macht Matura-Zeugnisse vergleichbar und sichert faire
Noten. Für Universitäten und Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen ist ein aussagekräftiges Abschlusszeugnis
von großer Bedeutung.
Modularisierung der Schulen für Berufstätige
In rund 80 Schulen für Berufstätige wird – überwiegend im Bereich der berufsbildenden Schulen – ab dem
Schuljahr 2010/11 bzw. 2011/12 das Modulsystem bei gleichzeitigem Entfall der Wiederholung von Schul-
stufen eingeführt. Damit wird einem vermehrt geäußerten Wunsch nach einer erwachsenengerechten und
sozial besser verträglichen Studienform entsprochen. Neben der flexibleren und bedarfsgerechteren Pla-
nung und Organisation der Bildungsgänge wird eine verbesserte individuelle Betreuung der Studierenden
durch Coaching- und Beratungsleistungen (»Studienkoordination NEU«) gewährleistet. Nachgewiesene
Kenntnisse und Fertigkeiten werden angerechnet und informell erworbene Kenntnisse können durch die
Ablegung von Modulprüfungen nachgewiesen werden.
Berufsorientierung und Bildungsberatung NEU
Die Berufsorientierung und Bildungsberatung wurde ab dem Schuljahr 2009/2010 ausgebaut. Jeder
Schüler und jede Schülerin soll erkennen können, wo persönliche Begabungen und Talente liegen, und
welcher berufliche Weg ideal sein könnte. Neu ist, dass die Wirksamkeit von Information, Beratung und
Orientierung für Bildung und Beruf in der 7. und 8. Schulstufe durch einen verbindlichen Maßnahmenkata-
log verbessert werden soll. Diese Maßnahmen setzen auf mehreren Ebenen an:
• Förderung von Grundkompetenzen im Unterricht,
• verbindliche Übung zur Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe,
• Projekte und Realbegegnungen (berufspraktische Tage, Betriebserkundungen, Besuche in Informati-
ons- und Beratungszentren…),
• Information durch Schüler- und Bildungsberater und -beraterinnen.
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
158
Bildungsstandards
Die Einführung von Bildungsstandards an Volks- und Hauptschulen sowie AHS erfolgte per Verordnung
vom 1.1.2009 wie geplant im Schuljahr 2008/09. Die Verordnung legt in den Unterrichtsgegenständen
Deutsch, Lesen, Schreiben und Mathematik (Volksschule) sowie Deutsch, Mathematik und Englisch
(Sekundarstufe I) fest, was Schülerinnen und Schüler nach der 4. und 8. Schulstufe können sollen. Die
regelmäßige Überprüfung der Standards sichert und optimiert die Qualität des Unterrichts: als erste
flächendeckende Überprüfung auf der 8. Schulstufe ist im Jahr 2012 für über 80 000 Schüler und Schüle-
rinnen Mathematik vorgesehen, 2013 folgt dann Englisch auf der 8. und Mathematik auf der 4. Schulstufe
(an allen ca. 3200 Volksschulen). Der erste vollständige Überprüfungszyklus wird 2014 mit Deutsch auf
der 4. und 8. Schulstufe – jeweils wieder flächendeckend, also in Summe an ca. 4600 Standorten – abge-
schlossen. Ziel ist, neben der Orientierungsfunktion der Bildungsstandards für Unterrichtsplanung und
-gestaltung und der Förderungsfunktion den Aspekt der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung an
der jeweiligen Schule zu unterstützen (Evaluationsfunktion).
Die Verordnung sieht vor, dass die Auswertungen der Standardüberprüfungen und die Rückmeldun-
gen so zu erfolgen haben, dass auf deren Basis Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung bundesweit, landes-
weit und schulbezogen erfolgen können. Bei der Umsetzung der Bildungsstandards wirken alle System-
ebenen zusammen: das BMUKK, das BIFIE (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und
Entwicklung des österreichischen Schulwesens), die Landesschulbehörden und Schulaufsicht sowie die
Pädagogischen Hochschulen.
Projekt »Bildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr«
Die Senkung des Anteils der Jugendlichen ohne Berufsausbildung oder Schulabschluss ist eine zentrale
Zukunftsaufgabe. Die Sicherung der Jugendbeschäftigung durch die Möglichkeit zum Besuch einer weiter-
führenden Schule ist dabei ein wichtiger Ansatz. Zur Umsetzung der Bildungsgarantie bis zum 18. Lebens-
jahr wurde im Zeitraum 2007 bis 2009 deshalb die Anzahl von Schulplätzen an berufsbildenden Schulen
um 3.300 Schulplätze erhöht und damit die Möglichkeiten zum Besuch einer weiterführenden Schule aus-
gebaut: 2007 wurden 1.140 zusätzliche Schulplätze eingerichtet, 2008 kamen weitere 1.050 Schulplätze
dazu. 2009 waren es 1.110 zusätzliche Schulplätze. Außerdem werden Bildungsangebote als innere
Differenzierung der Oberstufenformen realisiert, die zu einer Verringerung der Dropoutquoten führen. In
Übergangsstufen beziehungsweise Orientierungslehrgängen soll versäumter Lehrstoff der bisherigen
Bildungsgänge nachgeholt werden. Auch soll die Verstärkung der Berufsorientierung und Bildungsberatung
ab der 7. Schulstufe und bessere Vernetzung von Bildungsinstitutionen und Ausbildungsanbietern in den
Regionen zur Senkung der Dropoutquoten beitragen.
Qualitätssicherung und – entwicklung im berufsbildenden Schulwesen
QIBB, die Qualitätsinitiative Berufsbildung wird im Zeitraum 2009–2010 weiterhin an allen 650 Standorten
des berufsbildenden Schulwesens Österreichs umgesetzt; QIBB hat die Implementierung und Weiter-
entwicklung eines umfassenden Qualitätsmanagementsystems zur systematischen Sicherung und Ent-
wicklung der Unterrichtsqualität und der Qualität der Verwaltungsleistungen zum Ziel. QIBB umfasst alle
Ebenen des Schulsystems, ist auf national und international anerkannte Qualitätsmanagementsysteme für
Bildungsinstitutionen abgestimmt, und trägt dem Europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung
in der beruflichen Aus- und Weiterbildung Rechnung.
Wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung und -entwicklung im berufsbildenden Schulwesen sind
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
159
die Standards in der Berufsbildung; seit mehreren Jahren wird die Erarbeitung und Implementierung eines
kompetenzorientierten Unterrichts vorangetrieben. Zurzeit arbeiten 33 Arbeitsgruppen an der Entwicklung
schulartenübergreifender sowie schulartenspezifischer Standards
BerufsausbildungDie aktuelle Lehrlingsstatistik der WKÖ weist für den Stichtag 31. Dezember 2009 eine Gesamtzahl von
131.676 Lehrlingen aus, die in 242 Lehrberufen ausgebildet werden. Damit ist die Gesamtlehrlingszahl
gegenüber dem Stichtag 31. Dezember 2008 um 0,2% gesunken (131.880). Im Rahmen der durch das
Jugendbeschäftigungspakets 2008 neu gestalteten betrieblichen Lehrlingsförderung (Basisförderung, Qua-
litätsförderung und Förderung für neue Lehrstellen) wurde im Zeitraum vom 1.7.2008 bis 31.5.2010 bei
ca. 103.000 Förderfällen ein Fördervolumen von insgesamt 91,4 Mio. € ausbezahlt. Weiters werden derzeit
im Rahmen der ebenfalls 2008 geschaffenen Ausbildungsgarantie für Jugendliche, die keine reguläre
Lehrstelle finden, in vom Arbeitsmarktservice finanzierten überbetrieblichen Einrichtungen ca. 10.900
Jugendliche ausgebildet. Diese Maßnahmen wurden evaluiert, wobei der Bericht über die Jugendbeschäfti-
gung in Österreich am 8.6.2008 vom Ministerrat genehmigt und an den Nationalrat übermittelt wurde. Die
2003 eingeführte integrative Berufsausbildung ermöglicht eine maßgeschneiderte Berufsausbildung für
benachteiligte Jugendliche und schafft damit einen wichtigen Impuls für ihre berufliche Integration. Mit
Stand 31. Dezember 2009 befanden sich 4.683 Jugendliche in der integrativen Berufsausbildung.
Zur Ermöglichung des eigenen Fachkräftenachwuchses für weitere Wirtschaftsbranchen wurden die
Lehrberufe Transportbetontechnik und Zahnärztliche Fachassistenz (jeweils als Ausbildungsversuche) ein-
gerichtet und verschiedene Lehrberufe modernisiert. Mit 1. Juli 2010 sind für die Lehrberufe Bäcker/in,
Sattlerei, Metallgießer/in, Gießereitechnik und Steinmetz/in modernisierte Ausbildungsordnungen in Kraft
getreten und damit zur weiteren Attraktivierung der Lehrlingsausbildung für die Jugendlichen und die Aus-
bildungsunternehmen beigetragen werden. Mit dem ebenfalls Mitte 2010 einzurichtenden neuen Lehrberuf
Hufschmied/in (Ausbildungsversuch) erhält ein weiterer Wirtschaftszweig die Möglichkeit zur Ausbildung
des eigenen Fachkräftenachwuchses.
Seit 2006 besteht auch die Möglichkeit zur Schaffung von modularen Lehrberufen, bei denen nach
einem gemeinsamen Grundmodul in darauf aufbauenden Haupt- und Spezialmodulen die berufsspezifischen
Fertigkeiten der einzelnen Berufe bzw. vertiefende Qualifikationen für spezielle Produktionsmethoden und
Dienstleistungen von Unternehmen vermittelt werden. Der neue Modulberuf Elektrotechnik, der abge-
stimmt auf die Bedürfnisse von Eisenbahnunternehmen auch eisenbahntechnische Spezialmodule enthält,
der Modulberuf Bekleidungsgestaltung und der Modulberuf Glasbautechnik sollen sind mit 1.7.2010 in
Kraft treten.
Mit der geplanten Novelle zum Berufsausbildungsgesetz 2010, das mit 1.7. 2010 in Kraft getreten ist,
sollen folgende Maßnahmen in der Integrativen Berufsausbildung gesetzt werden:
• Administrative Vereinfachung beim Wechsel der Ausbildungsform im Rahmen der integrativen Be-
rufsausbildung,
• Ermöglichung einer Lehre mit reduzierter Tages- oder Wochenstundenanzahl aus gesundheitlichen
Gründen,
• Verbesserung der Transparenz beim Nachweis der in der integrativen Ausbildung erworbenen Fertig-
keiten und Kenntnisse, indem in den Abschlussprüfungszeugnissen zukünftig die bei der Abschluss-
prüfung festgestellten Fertigkeiten und Kenntnisse dokumentiert werden sollen.
• Jugendliche in Ausbildungseinrichtungen sollen die Möglichkeit erhalten, aus dem Kreis der Auszu-
bildenden einen Vertrauensrat zu wählen, womit auch das Demokratieverständnis der Jugendlichen
gefördert werden soll.
• Die Möglichkeit der Anrechnung von facheinschlägigen Ausbildungszeiten im Ausland auf die Lehrzeit
soll von derzeit maximal vier Monaten pro Lehrjahr auf maximal sechs Monate pro Lehrjahr ausge-
dehnt werden.
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
160
Tertiäre Ausbildung Der tertiäre Ausbildungsbereich hat einen zentralen Stellenwert für die Kompetenzentwicklung des
Humanpotenzials. Eine hohe Bildungsbeteiligung im Tertiärbereich trägt dazu bei, ein hohes Qualifika-
tionsniveau von Bevölkerung und Erwerbsbevölkerung zu gewährleisten. Die Beteiligungs- und Anfänger-
und Anfängerinnenquoten im Tertiärbereich sind auch ein Indikator dafür, wieweit die Bevölkerung die
hoch qualifizierten Fähigkeiten erwirbt, die auf dem Arbeitsmarkt einer Wissensgesellschaft von Bedeu-
tung sind. Laut OECD (Bildung auf einem Blick, 2009) ist der Zugang zum Tertiärbereich in Österreich,
entsprechend dieser OECD Publikation, wie in vielen OECD-Staaten steigend, ebenso die Abschlussquoten.
Nach aktuellen Berechnungen nehmen in Österreich 45% des Altersjahrgangs eine Hochschulausbildung
(an Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten) auf. 22% eines
Altersjahrgangs erwarben 2007 einen Hochschulabschluss (vgl. OECD, Bildung auf einen Blick, 2009).
Dementsprechend erhöht sich das formale Ausbildungsniveau von Bevölkerung und Erwerbsbevölkerung,
vor allem bei den jüngeren Altersgruppen. Insgesamt verfügten 2008, gemäß Mikrozensus der Statistik
Austria, 13,9% der 25 bis 64-jährigen Bevölkerung über einen Hochschulabschluss bzw. tertiären
Bildungsabschluss, unter der 25 bis 64-jährigen Erwerbsbevölkerung waren es 15,1%.
Ausbildung an Universitäten aus quantitativer Perspektive
Das Ausbildungsangebot der 22 öffentlichen Universitäten hat sich in den letzten Jahren ständig erweitert,
nicht zuletzt aufgrund der Umstellung auf das Bologna-Studiensystem. Derzeit bieten die Universitäten
den Studierenden die Möglichkeit, aus insgesamt 969 eingerichteten Studienmöglichkeiten zu wählen. Der
überwiegende Teil (84%) sind Bachelor- und Masterstudien, nur noch 7% werden als Diplomstudium
angeboten. Fast die Hälfte aller belegten Studien (48,3%) an Universitäten entfallen aktuell auf das neue
Bachelor-Master-System.
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Entwicklung des Studienangebotes an öffentlichen Universitäten, Wintersemester 2003–2009Quelle: BMWF
Nicht nur hinsichtlich des Studienangebots, auch in Hinblick auf die Studierendenzahl bleibt der Univer-
sitätsbereich ein expandierender Sektor. Sowohl die Zahl der Erstzugelassenen wie auch die Gesamtzahl
der inländischen Studierenden ist im Berichtsjahr weiter gestiegen (Erstzugelassene um 9,8%, Studieren-
de um 13,7% gegenüber dem Vorjahr). Ebenso erhöht hat sich die Zahl ausländischer Studierender an
österreichischen Universitäten (um 14,4% gegenüber 2008). Der Ausländer- und Ausländerinnenanteil un-
ter den Studierenden liegt damit aktuell bei 22,6%, wobei 15% aus EU-Staaten und 7,6% aus Drittstaaten
stammen. Rund 45% der Studierenden an Universitäten waren 2009 während des Semesters regelmäßig
mit unterschiedlichem Beschäftigungsausmaß erwerbstätig, obwohl kaum ein explizites Studienangebot
für Berufstätige an Universitäten existiert. Im Durchschnitt schließen aktuell drei Viertel der Studienanfän-
ger und Studienanfängerinnen das Studium erfolgreich ab. Dem Trend der letzten Jahre folgend ist die
Zahl der Universitätsabsolventen und -absolventinnen auch im Studienjahr 2008/09 gestiegen. An den
Universitäten waren rund 22.000 Erstabschlüsse (6.717 Bachelor- und 15.330 Diplomabschlüsse) und
5.000 Zweitabschlüsse (2.799 Masterabschlüsse, 2.251 Doktorate) zu verzeichnen. Der überwiegende Teil
der Bachelorabsolventen und -absolventinnen nimmt anschließend ein Masterstudium auf – in den letzten
Studienjahren zwischen 86% und 89% eines Abschlussjahrgangs. Rund 18% der Absolventen und Absol-
ventinnen haben während ihres Studiums einen geförderten Auslandsaufenthalt absolviert.
Verbesserung der Studienbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten
Um die Qualität von Lehre und Forschung und die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten auch im
Rahmen eines expansiven Sektors zu gewährleisten, wurden und werden den Universitäten über die in den
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
161
2002/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10
Universitäten: Anfänger und Anfängerinnen, Erstabschlüsse im Studienjahr 2001/02–2009/10Quelle: BMWF
Anfänger/-innen
Erstabschlüsse
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
162
Leistungsvereinbarungen festgelegten Budgets hinaus zusätzliche zweckgewidmete Mittel zur Verfügung
gestellt. So wurden für Vorziehprofessuren und Forschungsinfrastrukturen 2008 zusätzliche Mittel im
Ausmaß von 47,1 Mio. € an insgesamt 21 Universitäten vergeben, von denen bis Ende 2009 36,1 Mio. €
entsprechend den vereinbarten Zahlungsplänen zugewiesen wurden. Darüber hinaus wird im Rahmen der
Investitionsoffensive Forschung und Entwicklung des Konjunkturpaketes II in den Jahren 2009/2010 die
Modernisierung bzw. Anschaffung neuer Geräte an Universitäten mit weiteren Mitteln in der Höhe von
34 Mio. € unterstützt. Beide Programme sind Maßnahmen, die zur Erneuerung der universitären
Forschungsinfrastruktur beitragen sollen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Univer-
sitäten im europäischen Forschungsraum erhöhen.
Darüber hinaus wurde ab dem Sommersemester 2009 eine Reform der Studienbeiträge – Einführung
eines beitragsfreien Zeitraumes und Erweiterung der Tatbestände für eine Erlassung des Studienbeitrags
– wirksam. Als Ersatz für entfallene Studienbeiträge erhielten die Universitäten 2009 einen Gesamtbetrag
von 157 Mio. €, der auch in den kommenden Jahren weitergeführt wird. Der Verbesserung der Studienbe-
dingungen und der Forschungsmöglichkeiten dient auch die 2006 gestartete Generalsanierungsoffensive
für Universitätsgebäude. Aus Mitteln der Generalsanierungsoffensive werden laufend Universitätsbauten
modernisiert. Mit Hilfe des Konjunkturpaketes II können nun neun weitere Bauvorhaben, bei denen die
Planungen schon sehr weit fortgeschritten waren, vorgezogen realisiert werden.
Nach dem Aufholprozess der vergangenen Jahre im Bereich Forschungsinfrastruktur wurden Ende
2009 34 Mio. € als ein bewusstes Zeichen zur Verbesserung der Lehr- und Studiensituation an den
Universitäten bereitgestellt. Die Mittel stammen aus den gemäß § 12 Abs. 5 UG vorläufig einbehaltenen
Mitteln und werden zielgerichtet in jenen Bereichen eingesetzt werden, in denen durch die steigenden
Studierendenzahlen Kapazitätsengpässe bestehen. Die Aufteilung der Mittel auf die Universitäten orien-
tierte sich an den Zuwächsen der Studierenden, wobei auch den zugangsbeschränkten Medizinischen
Universitäten Mittel zuerkannt wurden.
Der Abschluss der Leistungsvereinbarungen für die Periode 2010 bis 2012 mit den 22 Universitäten
zu Ende des Jahres 2009 hat die Weichen für die Entwicklung des Universitätsbereichs in den kommenden
drei Jahren gestellt. Den Universitäten werden für die dreijährige Periode fixe Globalbudgets im
Gesamtausmaß von 6,5 Mrd. € zur Verfügung stehen. Bei Berücksichtigung künftiger Bezugserhöhungen
für die öffentlichen Bediensteten und zusätzlicher Mittel für Universitätsgebäude, Verbesserung der Studi-
ensituation und Forschungsinfrastruktur können die Universitäten damit in dieser Leistungsvereinbarungs-
periode über 13% höhere Budgets verfügen als in der vorangegangenen. Die Leistungsvereinbarungen
sind auch ein Steuerungsinstrument, um wesentliche hochschulpolitische Zielsetzungen sowie Maßnahmen
im Hochschulbereich, die das Regierungsprogramm der aktuellen Gesetzgebungsperiode vorsieht, in koor-
dinierter Weise an den Universitäten und gemeinsam mit den Universitäten umzusetzen. Beim Abschluss
der Leistungsvereinbarungen 2010–2012 wurden solche Schwerpunkte ins Zentrum der Vereinbarungen
gestellt und als Vorhaben oder Ziel verankert. In der 2010 angelaufenen neuen Leistungsvereinbarungs-
periode haben diese Themenbereiche somit einen zentralen Stellenwert für die Entwicklung der Univer-
sitäten. Vereinbarte Schwerpunkte für universitäre Maßnahmen sind beispielsweise die Zertifizierung von
universitären Qualitätsmanagementsystemen, die Umsetzung einer qualitätsvollen Doktoratsausbildung
und eine gezielte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, explizite Studienangebote für berufsbe-
gleitendes Studieren, die Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit und die Verbesserung der Curricula in
Hinblick auf ihre berufliche Relevanz. Die Universitäten werden in der laufenden Leistungsvereinbarungs-
periode institutionelle Strategien zu Lebensbegleitendem Lernen und zur Verwertung von Patenten und
Geistigem Eigentum erarbeiten und implementieren. In den Vereinbarungen wurden auch Vorhaben oder
Ziele zur Steigerung der Studierendenmobilität verankert. Weiters sollen universitätsübergreifende Studi-
enangebote und intensivierte interuniversitäre Kooperationen die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur
verstärken und Effizienz steigern. Die Umsetzung und Zielerreichung der vereinbarten Maßnahmen und
Ziele werden im Rahmen von zweimal jährlich stattfindenden »Begleitgesprächen« mit den Universitäten
einem laufenden Monitoring unterzogen.
Das Regierungsprogramm sieht im Zusammenhang mit der universitären Ausbildung Maßnahmen
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
163
vor, die auf eine intensivere Auseinandersetzung künftiger Studierender mit ihrer Studienwahl abstellen.
Es ist dies einerseits die verpflichtende Festlegung einer Studieneingangs- und Orientierungsphase in den
Bachelor- und Diplomstudien ohne besondere gesetzliche Zugangsregelungen und andererseits die
Möglichkeit der Universitäten, für die Zulassung zu Master- und PhD-Studien qualitative Zugangsbe-
schränkungen festzulegen. Diese Maßnahmen wurden mit dem Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009
umgesetzt, das mit 1. Oktober 2009 in Kraft getreten ist. Damit wurden für den Hochschulzugang im
Sinne einer »zielorientierten Studienwahl« jene Elemente geschaffen, um im internationalen Wettbewerb
der besten Einrichtungen bestehen zu können. Ein weiteres Ziel der Verankerung dieser Maßnahmen im
UG ist die Senkung der Drop-out-Raten. Letztlich sollen diese Maßnahmen die Studienbedingungen ver-
bessern und damit die Qualität der Ausbildung optimieren.
Ausbildung an Fachhochschulen – Offensive Fortsetzung eines Erfolgsmodells
Fachhochschulen und Fachhochschulstudiengänge offerieren eine wissenschaftlich-praktische Hochschul-
ausbildung. Auch im Fachhochschulbereich hat sich das Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten laufend
erweitert, seit dem Vorjahr haben 39 neue Studiengänge ihren Studienbetrieb aufgenommen. Im Studien-
jahr 2009/10 gibt es damit 315 laufende Fachhochschul-Studiengänge. Rund 46% des Studienangebotes
wird mittlerweile in berufsbegleitender Form geführt und bietet Berufstätigen die Möglichkeit einer wissen-
schaftlichen Höherqualifizierung neben ihrer Erwerbstätigkeit. Rund 45% der Studierenden an Fachhoch-
schulen sind während des Semesters durchgehend erwerbstätig. Nahezu das gesamte Studienangebot
(98,7%) ist in Form von FH-Bachelor- und FH-Master-Studien eingerichtet. Bereits 89,2% aller Fachhoch-
schul-Studierenden studieren in solchen Studiengängen.
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Fachhochschulen: Anfänger und Anfängerinnen, Erstabschlüsse im Studienjahr 2002/03–2009/10Quelle: BMWF
Anfänger/-innen
Erstabschlüsse
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
164
Auch im Fachhochschulbereich sind die Studierendenzahlen weiter gestiegen. Derzeit liegt die Gesamtzahl
bei 36.085 Studierenden (um 7,3% mehr als im Studienjahr 2008/09), wobei rund 80% Prozent der
Studierenden in technischen und wirtschaftlichen Studiengängen eingeschrieben sind. Das Ziel, den Fach-
hochschulsektor bis 2010 auf insgesamt 33.000 Studienplätze auszubauen, wurde damit bereits weit über-
troffen. Dementsprechend wächst die jährliche Zahl der Absolventen und Absolventinnen. Im Studienjahr
2008/09 schlossen 7.595 Personen eine Erstausbildung (3.176 Diplom- und 4.118 Bachelorabschlüsse) in
einem Fachhochschul-Studiengang ab, 1.179 erwarben einen Zweitabschluss (Master). Rund ein Viertel
der Absolventen und Absolventinnen hat während des Studiums einen geförderten Auslandsaufenthalt
absolviert. Im Fachhochschulbereich ist der Anteil der Bachelorabsolventen und -absolventinnen, die ein
Masterstudium anschließen, niedriger als im Universitätsbereich – zwischen 62% und 84% bei den Absol-
venten- und Absolventinnenjahrgängen der letzten Studienjahre.
Zur offensiven Fortsetzung und Stärkung des Erfolgsmodells Fachhochschule ist im Regierungs-
programm eine Erhöhung der Studienplatzförderung festgeschrieben. Im Rahmen einer Erhöhung der
bundesfinanzierten Studienplätze um durchschnittlich 13,6% wurden den Fachhochschulen daher ab dem
Studienjahr 2009/10 zur Bewältigung ihrer Aufgaben mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Insge-
samt erhält der Fachhochschulsektor im Kalenderjahr 2010 seitens des Bundes daher erstmals mehr als
200 Mio. € an Förderungen für Studienplätze.
Ausbildung an Privatuniversitäten – die dritte Säule des Tertiärbereichs
Private Universitäten haben sich in Österreich mittlerweile als ergänzende Säule im Hochschulsektor eta-
bliert. Ende 2009 waren in Österreich zwölf Privatuniversitäten unterschiedlicher fachlicher Ausrichtungen
akkreditiert, die auch Studienangebote für Berufstätige haben. Bei Gleichwertigkeit der angebotenen
Studien können Privatuniversitäten dieselben akademischen Grade vergeben wie öffentliche Universitäten.
Im Wintersemester 2009 wurde das Studienangebot der privaten Universitäten, das 61 Bachelor- und
50 Masterstudiengänge sowie 7 Diplom-, 9 Doktoratsstudien und 26 Universitätslehrgänge umfasst, von
insgesamt 5.829 Studierenden in Anspruch genommen, wobei rund 38% ausländische Staatsbürger und
-bürgerinnen sind. Im Studienjahr 2008/09 waren an Privatuniversitäten insgesamt 696 Abschlüsse von
Studien- oder Lehrgängen zu verzeichnen.
Verbesserung der Bologna-Umsetzung im Hochschulbereich
Mit der Bologna-Erklärung 1999 wurde ein umfassender Reformprozess an den europäischen Hochschulen
in Gang gesetzt, der insbesondere Mobilitätshemmnisse für Studierende, Lehrende und Forschende
beseitigen sollte. Kernbereiche sind unter anderem die Einführung verständlicher und vergleichbarer
Abschlüsse, ein dreistufiges Studienmodell mit Bachelor-, Master- und Doktoratsabschluss, eine Modulari-
sierung von Curricula, die Berücksichtigung der gesamten Workload von Studierenden, aber auch Themen
wie Qualitätssicherung, Lebensbegleitendes Lernen und die Betonung der sozialen Dimension. Im März
2010 beging der Bologna-Prozess in einer großen Ministerkonferenz in Budapest und Wien sein zehnjähri-
ges Bestehen und das Entstehen des Europäische Hochschulraums. In diesem Zusammenhang erschien es
für Österreich zielführend, das Augenmerk verstärkt auf die konkrete Umsetzung der einzelnen Bologna-
Aspekte zu richten. Auf manche Mängel, die noch zu beheben sind, wurde seit Herbst 2009 seitens vieler
Gruppen von Studierenden hingewiesen. Eines der fünf Arbeitsforen des Ende 2009 eingesetzten »Dialogs
Hochschulpartnerschaft«, an dem alle maßgeblichen Stakeholder beteiligt sind, beschäftigte sich mit
Fragen des Bologna-Prozesses. Auch in die Leistungsvereinbarungen für die Periode 2010–2012 fanden
4.10 Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
165
umsetzungsrelevante Themen Eingang, beispielsweise in Vorhaben zur Steigerung der Studierendenmobi-
lität und der Beschäftigungsfähigkeit von Bachelorabschlüssen (z.B. Weiterentwicklung der Curricula im
Hinblick auf ihre berufliche Relevanz, Kooperationen zwischen Universitäten und Arbeitgebern bzw. Arbeit-
geberinnen bzw. Berufs- und Interessenvertretungen zur Erstellung von Qualifikations- und Kompetenz-
profilen).
Verbesserung des Studienwahlprozesses
Um Abschluss- und Erfolgsquoten im tertiären Bereich zu erhöhen, sieht das Regierungsprogramm auch
intensivere Kooperationen zwischen den Einrichtungen der Sekundarstufe II und den Bildungseinrichtun-
gen des tertiären Bildungsbereichs sowie eine Verbesserung des Studienwahlprozesses vor. In den
Leistungsvereinbarungen 2010–2012 mit den öffentlichen Universitäten wurden mit einer Reihe von Uni-
versitäten Vorhaben zu diesbezüglichen Bildungskooperationen mit Schulen festgelegt. Zur Unterstützung
des Prozesses der Studienwahl wird das Projekt Studienchecker (www.studienchecker.at) durchgeführt, in
das Schüler und Schülerinnen der letzten beiden Schulstufen (7./8. Klasse AHS bzw. 4./5.Jahrgang BHS)
einbezogen sind. Der Studienchecker zielt auf eine Verringerung der Dropout-Rate ab, indem individuelle
Neigungen, Interessen und Stärken in den Mittelpunkt gestellt werden und die Eigeninitiative der Schüler
und Schülerinnen angeregt und gefördert wird. Im Schuljahr 2009/10 nehmen in Wien, Tirol und Salzburg
40 Schulen mit rund 3.800 Schüler und Schülerinnen am Projekt teil, ab 2010/11 auch Schulen aus Ober-
österreich und der Steiermark, sodass es im kommenden Studienjahr zu einer Verdoppelung der Schüler-
und Schülerinnenzahl und zu einer Erhöhung auf 75 Schulen kommen wird.
4.11 Sozialpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
166
4.11 Sozialpolitik
Das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung soll die Öffentlichkeit
für Armut und soziale Ausgrenzung in Europa sensibilisieren und insbesondere die Anerkennung von
Rechten, gemeinsame Verantwortung und Teilhabe, den Zusammenhalt, das Engagement und konkretes
Handeln ins Zentrum setzen.
Für Österreich wurden vier Schwerpunktbereiche für die nationalen Aktivitäten im Jahr 2010
definiert, nämlich die Förderung der integrativen Arbeitsmärkte, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben,
Sicherstellung des Zugangs zu angemessenen Ressourcen und Leistungen sowie Förderung der sozialen
Eingliederung durch Bildung. Darüber hinaus stehen die Erhaltung und Förderung von Beschäftigung sowie
die Umsetzung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Herbst 2010 im Mittelpunkt. Neben Veranstal-
tungen zur Bewusstseinsbildung werden in unterschiedlichen Regionen regionale Strategiepläne unter
breiter Beteiligung lokaler Akteure und Akteurinnen ausgearbeitet, um regionale Armutsbekämpfungs-
strategien weiter auszubauen. Im Zuge eines Projektaufrufs zum Thema »Teilhabe am gesellschaftlichen
Leben« werden im Jahr 2010 insgesamt 16 Projekte gemeinnütziger Organisationen aus den Bereichen
Medien, Kunst, Kultur, Sport, Bildung, Verschuldung, Integration, Wohnungslosigkeit, Frauen, Jugend und
Menschen mit Behinderungen gefördert.
Zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Wichtigkeit der Armutsbekämpfung in Österreich haben
26 prominente österreichische Persönlichkeiten die Funktion als »Botschafter/Botschafterin des Euro-
päischen Jahres« übernommen. Durch ihr Engagement und ihren Bekanntheitsgrad sollen die jeweiligen
Aktivitäten des Europäischen Jahres unterstützt werden. Zentrale Informationsplattform ist die Website
www.2010gegenarmut.at, die über sämtliche Aktivitäten und Veranstaltungen informiert bzw. die geför-
derten Projekte und die »Botschafter« bzw. »Botschafterinnen« vorstellt.
Auf Initiative und mit finanzieller Unterstützung der Frauenministerin in Kooperation mit dem Sozial-
minister sowie Mitteln der EU wird im Europäischen Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Aus-
grenzung 2010 das Projekt Finanzcoaching umgesetzt. Dabei handelt es sich um kostenlose, regionale
Weiterbildungsseminare »Finanzcoaching« für Mitarbeiterinnen von Frauen- und Mädchenberatungsstel-
len. Die Seminare dienen der Vernetzung der Beratungsstellen mit den Schuldnerberatungen und sollen
die Kompetenz der Beraterinnen vertiefen, Frauen und Mädchen in finanziellen Angelegenheiten gezielt zu
beraten.
Im Rahmen des Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung wurde
zur Einreichung von Projekten zum Thema »Verminderung gesundheitlicher Ungleichheiten« aufgerufen.
Für den Aufruf, der sich vorrangig an gemeinnützige Organisationen richtet und bis 30. Juni 2010 befristet
ist, wird ein Finanzvolumen von insgesamt 150.000 € zur Verfügung gestellt.
4.12 Budgetpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
167
4.12 Budgetpolitik
Die Budget- und Steuerpolitik des vergangenen Jahres stand vor der Herausforderung, die Folgen der
schwersten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit zu mildern. Mit ihren Maßnahmenpake-
ten hat die Bundesregierung den wirtschaftlichen Einbruch entscheidend abgemildert und dafür einen
Anstieg der Defizit- und Verschuldungsposition der öffentlichen Haushalte bewusst in Kauf genommen.
Budget 2009: vorläufiger Erfolg
Der Voranschlag des Bundeshaushaltes 2009 sah im allgemeinen Haushalt Ausgaben von rund 77,5 Mrd.
€, Einnahmen von rund 63,9 Mrd. € und ein Nettodefizit von 13,6 Mrd. € vor. Das vorläufige Ergebnis des
Bundeshaushaltes 2009 weist im allgemeinen Haushalt Ausgaben von rund 69,5 Mrd. €, Einnahmen von
rund 62,4 Mrd. € und ein administratives Defizit von rund 7,1 Mrd. € aus. Damit wurde der Planwert für
das administrative Defizit um 6,5 Mrd. € unterschritten. Diese Unterschreitung ist insbesondere darauf
zurückzuführen, dass die von der österreichischen Bundesregierung zur Bewältigung der Bankenkrise
bereitgestellten Mittel in der Höhe von rund 10,3 Mrd. € von den Banken nur zu 4,9 Mrd. € in Anspruch
genommen wurden. Darüber hinaus gab es auf der Ausgabenseite eine Reihe von Minderausgaben. So
wurden zum Beispiel die Zinsaufwendungen im Vollzug um rund 0,7 Mrd. € unterschritten. Grund hierfür
ist, dass sich die Finanzierungskonditionen der Republik Österreich gegenüber den Annahmen zum Zeit-
punkt der Budgeterstellung deutlich gebessert haben und für das Bankenpaket 5,4 Mrd. € weniger
benötigt wurden als erwartet. Auch der Aufwand für die Arbeitslosenversicherung blieb hinter den
ursprünglichen Annahmen zurück (-0,1 Mrd. €). Bei der budgetierten Zahlungsbilanzhilfe zeigte sich, dass
die Krise nicht zu einer Inanspruchnahme geführt hat (-0,4 Mrd. €). Auch die Ausgaben aus der Inan-
spruchnahme von Haftungen fielen niedriger aus als erwartet (-0,1 Mrd. €). Der Budgetvollzug war insge-
samt sehr strikt: Der Personalaufwand und sonstige laufende Ausgaben blieben unter den veranschlagten
Beträgen. Dazu hat das verbesserte Instrument der Rücklagenbildung im neuen Haushaltsrecht wesentlich
beigetragen: Die Ressorts wissen, dass ihnen Erspartes erhalten bleibt und für zukünftige Jahre zur Ver-
fügung steht. In Folge wurde das sogenannte »Dezemberfieber« noch mehr eingedämmt und die Rück-
lagenbildung hat zugenommen. Mehraufwendungen gegenüber dem Voranschlag ergaben sich vor allem
im Bereich der Zuschüsse des Bundes zur gesetzlichen Pensionsversicherung (rund 0,3 Mrd. €), insbeson-
dere als Folge einer ungünstigeren Beschäftigungsentwicklung. Insgesamt blieben die Ausgaben um rund
8,0 Mrd. € hinter dem Bundesvoranschlag zurück.
Die Einnahmen des Bundes lagen mit rund 62,4 Mrd. € um 1,5 Mrd. € unter dem veranschlagten
Wert. Diese Verschlechterung ist im Wesentlichen auf die Steuereinnahmen zurückzuführen. Gegenüber
dem Voranschlag sind die Einnahmen aus Abgaben brutto um rund 1,5 Mrd. € niedriger ausgefallen als
budgetiert. Netto, d.h. nach Abzug der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden und der sonstigen Ab-
Überweisungen, blieben die Abgaben um rund 1,1 Mrd. € hinter dem Voranschlag zurück. Vor allem die
Körperschaftsteuer blieb (brutto) um fast 1 Mrd. € oder um 20% hinter den veranschlagten Beträgen
zurück. Ebenso ergaben sich bei der Lohnsteuer (-0,1 Mrd. €), der Umsatzsteuer (-0,3 Mrd. €) und der
Mineralölsteuer (-0,1 Mrd. €) Mindereinnahmen gegenüber der Budgetplanung. Bei den Abgaben erklärt
sich die Abweichung gegenüber dem Bundesvoranschlag vor allem daraus, dass die tatsächliche wirt-
schaftliche Entwicklung ungünstiger verlief als bei der Budgeterstellung angenommen: Das Budget 2009
wurde unter der Annahme erstellt, dass das reale Wirtschaftswachstum 2009 nur um 2,2% schrumpfen
wird. Tatsächlich ging die Wirtschaftsleistung 2009 real um 3,6% zurück.
4.12 Budgetpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2010
168
Die ergriffenen Maßnahmen gegen die Krise und das Wirken der automatischen Stabilisatoren haben ins-
gesamt tiefe Spuren in den öffentlichen Haushalten hinterlassen. Das gesamtwirtschaftliche Maastricht-
Defizit verschlechterte sich 2009 auf -3,4% in Relation zum BIP. Die öffentliche Verschuldung in Relation
zum BIP stieg von 62,6% im Jahr 2008 auf 66,5% im Jahre 2009. Das Maastricht-Defizit des Bundes 2009
beträgt -2,7% des BIP. Die Länder und Gemeinden wiesen zusammen ein Maastricht-Defizit von -0,8%
des BIP aus und die Sozialversicherungs-Träger bilanzierten ausgeglichen.
Budget 2010
Der Bundesvoranschlag 2010 weist im allgemeinen Haushalt Ausgaben von 70,8 Mrd. € und Einnahmen
von 57,6 Mrd. € aus. Das ergibt einen Abgang von 13,2 Mrd. € oder 4,6% des Bruttoinlandsprodukts.
Im Budget 2010 wurden folgende Schwerpunkte gesetzt: Für die Bildung sind 2010 7,2 Mrd. € budge-
tiert, das bedeutet gegenüber dem vorläufigen Erfolg 2009 ein Anstieg von 0,1 Mrd. €. Im Zentrum steht
die Fortführung der Bildungsoffensive mit den Schwerpunkten Verringerung der Klassenschülerhöchstzahl,
mehr Klassengruppenunterricht, Ausbau der Tagesbetreuung, bessere Schulausstattung, Umsetzung der
Bildungsstandards und mehr Förderunterricht. Damit spiegelt der Bundeshaushalt zum wiederholten Male
wider, dass die Bundesregierung einen wesentlichen Schwerpunkt auf Bildung setzt. Für die Universitäten
und wissenschaftliche Einrichtungen sind 2010 2,8 Mrd. € budgetiert; das sind 0,2 Mrd. € mehr als im Jahr
2009.
Auch wurden die Mittel für die soziale Sicherheit erhöht. Für den Bereich soziale Wohlfahrt sind
24,6 Mrd. € budgetiert. 2009 wurde das Pflegegeld in allen Stufen erhöht. Zusätzlich gibt es mehr Förde-
rung für die 24-Stunden-Betreuung. Weiters stehen für das Jahr 2010 73 Mio. € für das kostenfreie letzte
Kindergartenjahr zur Verfügung. Für die Krankenkassen wurde ein Fonds eingerichtet, der 2010 vom
Bundesbudget mit 100 Mio. € dotiert wird. Zusätzlich werden Krankenkassen vom Bund teilentschuldet.
Im Bereich des Arbeitsmarktes hat die Bundesregierung mit der Verlängerung der Kurzarbeit, den
Schulungsmöglichkeiten im Rahmen des Arbeitsmarktservice und der regionalen Beschäftigungsoffensive
reagiert. Die Mittel für aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind auf 1 Mrd. € angehoben.
In der Umwelt sind 2010 Ausgaben in Höhe von 0,8 Mrd. € geplant. Die Mittel für die Siedlungswas-
serwirtschaft wurden aufgestockt. Der Klima- und Energiefonds soll zusätzliche energie- und Treibhausgas
einsparende Impulse setzen und der nationalen Zielerreichung des Kyoto-Protokolls und des EU-weiten
Klima- und Energiepakets dienen. Die Flexible Reserve stellt Betreibern von Neuanlagen des EU-Emissi-
onshandels Emissionszertifikate zur Verfügung. Das Bankenpaket hat gute Rahmenbedingungen geschaf-
fen, um die Krise für die heimischen Finanzinstitutionen zu entschärfen. 2010 sind hierfür rund 0,5 Mrd. €
budgetiert.
Auf der Einnahmenseite wird eine Steuerreform umgesetzt. Diese bringt nach Vollausbau 2010 eine
Entlastung von 3,1 Mrd. €.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
170
Tabellen
Tabelle 1: Entwicklung der Weltwirtschaft Quelle: IWF, World Economic Outlook April 2010
jährliche Veränderung in % 2008 2009 20101) 20111)
Weltwirtschaftswachstum 2) 3,0 -0,6 4,2 4,3
Welthandelsvolumen (Güter u. Dienstleistungen) 2,8 -10,7 7,0 6,1
Importe (Güter u. Dienstleistungen) 2)
Industrieländer 0,6 -12,0 5,4 4,6
Entwicklungsländer 8,5 -8,4 9,7 8,2
Exporte (Güter u. Dienstleistungen) 2)
Industrieländer 1,9 -11,7 6,6 5,0
Entwicklungsländer 4,0 -8,2 8,3 8,4
Welthandelspreise (Güter) 3) 8,5 -6,9 2,7 1,1
Ölpreise 3) 36,4 -36,3 29,5 3,8
Preise sonstiger Rohstoffe 3) 7,5 -18,7 13,9 -0,5
1) Prognose
2) Real
3) In US-$
Tabelle 2: Reales Wirtschaftswachstum im internationalen VergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 20081) 20091) 20101) 20111)
Belgien 1,8 2,8 2,9 1,0 -3,1 1,3 1,6
Deutschland 0,8 3,2 2,5 1,3 -5,0 1,2 1,6
Irland 6,2 5,4 6,0 -3,0 -7,1 -0,9 3,0
Griechenland 2,2 4,5 4,5 2,0 -2,0 -3,0 -0,5
Spanien 3,6 4,0 3,6 0,9 -3,6 -0,4 0,8
Frankreich 1,9 2,2 2,3 0,4 -2,2 1,3 1,5
Italien 0,7 2,0 1,5 -1,3 -5,0 0,8 1,4
Zypern 3,9 4,1 5,1 3,6 -1,7 -0,4 1,3
Luxemburg 5,4 5,6 6,5 0,0 -3,4 2,0 2,4
Malta 3,9 3,6 3,8 2,1 -1,9 1,1 1,7
Niederlande 2,0 3,4 3,6 2,0 -4,0 1,3 1,8
Österreich 2,5 3,5 3,5 2,0 -3,6 1,3 1,6
Portugal 0,9 1,4 1,9 0,0 -2,7 0,5 0,7
Slowenien 4,5 5,8 6,8 3,5 -7,8 1,1 1,8
Slowakei 6,7 8,5 10,6 6,2 -4,7 2,7 3,6
Finnland 2,9 4,4 4,9 1,2 -7,8 1,4 2,1
Euroraum 1,7 3,0 2,8 0,6 -4,1 0,9 1,5
Bulgarien 6,2 6,3 6,2 6,0 -5,0 0,0 2,7
Tschechien 6,3 6,8 6,1 2,5 -4,2 1,6 2,4
Dänemark 2,4 3,4 1,7 -0,9 -4,9 1,6 1,8
Estland 9,4 10,0 7,2 -3,6 -14,1 0,9 3,8
Lettland 10,6 12,2 10,0 -4,6 -18,0 -3,5 3,3
Litauen 7,8 7,8 9,8 2,8 -15,0 -0,6 3,2
Ungarn 3,5 4,0 1,0 0,6 -6,3 0,0 2,8
Polen 3,6 6,2 6,8 5,0 1,7 2,7 3,3
Rumänien 4,2 7,9 6,3 7,3 -7,1 0,8 3,5
Schweden 3,3 4,2 2,5 -0,2 -4,9 1,8 2,5
Großbritannien 2,2 2,9 2,6 0,5 -4,9 1,2 2,1
EU-27 2,0 3,2 2,9 0,7 -4,2 1,0 1,7
USA 3,1 2,7 2,1 0,4 -2,4 2,8 2,5
Japan 1,9 2,0 2,4 -1,2 -5,2 2,1 1,5
1) Prognose
Tabelle 4: BIP zu Marktpreisen (pro Kopf in KKS)Quelle: Eurostat
zu jeweiligen Preisen 2005 2006 2007 20081)
EU 27 22.500 23.600 24.900 25.100
EU 15 25.400 26.600 27.800 27.800
Eurozone 24.900 26.100 27.400 27.300
Belgien 26.900 27.800 28.800 28.900
Bulgarien 7.800 8.600 9.400 10.400
Tschechische Republik 17.100 18.200 19.900 20.200
Dänemark 27.800 29.400 30.200 30.100
Deutschland 26.300 27.500 28.800 29.000
Estland 13.800 15.400 17.100 16.900
Irland 32.299 34.300 36.800 33.900
Griechenland 20.600 22.000 23.100 23.600
Spanien 22.900 24.700 26.200 25.700
Frankreich 24.900 25.700 27.000 27.000
Italien 23.600 24.600 25.800 25.500
Zypern 20.400 21.400 23.300 24.000
Lettland 10.900 12.200 13.900 14.400
Litauen 11.900 13.100 14.800 15.500
Luxemburg 57.200 64.400 68.600 69.300
Ungarn 14.200 15.000 15.600 16.100
Malta 17.500 18.200 19.000 19.100
Niederlande 29.400 31.000 32.900 33.600
Österreich 28.000 29.500 30.600 31.000
Polen 11.500 12.300 13.600 14.100
Portugal 17.300 18.100 18.800 19.100
Rumänien 7.900 9.100 10.400 –
Slowenien 19.700 20.700 22.100 22.800
Slowakei 13.500 15.000 16.900 18.100
Finnland 25.700 27.000 29.400 29.300
Schweden 27.400 29.100 31.200 30.700
Vereinigtes Königreich 27.400 28.400 29.100 29.100
USA 35.700 37.400 38.800 38.800
Japan 25.400 26.600 27.900 –
1) Prognose
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
171
Tabelle 3: BIP zu Marktpreisen in Mio. € im internationalen VergleichQuelle: Eurostat
2005 2006 2007 2008 20091) 20101) 20111)
EU 27 11.062.202,70 11.682.467,70 12.363.930,20 12.501.667,60 11.805.662,00 12.049.299,40 12.435.041,60
EU 15 10.396.540,60 10.935.167,50 11.494.694,70 11.515.672,30 10.935.310,10 11.151.216,20 11.488.182,90
Euroraum 8.060.545,80 8.458.219,40 8.926.957,70 9.195.690,90 8.978.677,20 9.121.805,40 9.384.518,10
Belgien 302.845,00 318.193,00 334.948,00 344.676,00 337.284,00 347.188,90 359.061,60
Bulgarien 21.882,30 25.238,20 28.898,60 34.118,10 33.876,80 34.374,50 :
Tschechische Republik 100.190,10 113.695,90 127.330,50 147.879,20 137.211,60 143.347,00 145.522,30
Dänemark 207.366,90 218.747,40 227.024,90 233.026,80 222.892,90 228.950,20 237.008,20
Deutschland 2.242.200,00 2.325.100,00 2.428.200,00 2.495.800,00 2.407.200,00 2.442.630,30 2.503.918,00
Estland 11.181,70 13.229,40 15.626,60 16.073,30 13.730,00 13.715,00 14.510,40
Irland 162.091,00 176.758,80 189.751,20 181.816,30 163.543,00 159.286,70 165.477,60
Griechenland 195.366,10 210.459,10 226.437,00 239.141,30 237.493,50 237.209,50 240.039,20
Spanien 908.792,00 984.284,00 1.052.730,00 1.088.502,00 1.051.151,00 1.050.013,30 1.069.469,20
Frankreich 1.726.068,00 1.806.429,40 1.895.284,00 1.948.511,00 1.907.145,00 1.946.564,00 2.005.213,20
Italien 1.429.479,30 1.485.377,30 1.546.177,40 1.567.851,20 1.520.870,00 1.553.350,10 1.605.727,30
Zypern 13.659,30 14.673,20 15.951,10 17.247,80 16.946,50 17.226,20 17.866,20
Lettland 13.012,20 16.046,70 21.111,00 23.159,90 18.767,60 16.904,10 17.283,40
Litauen 20.870,10 23.978,50 28.576,60 32.202,80 26.649,70 25.958,70 27.113,60
Luxemburg 30.282,30 34.150,40 37.465,80 39.348,40 37.755,10 39.585,20 41.759,50
Ungarn 88.645,80 89.894,40 101.086,50 105.535,60 93.086,10 99.904,40 104.365,10
Malta 4.777,90 5.110,60 5.458,70 5.696,80 5.711,60 5.875,20 6.101,60
Niederlande 513.407,00 540.216,00 568.664,00 595.883,00 570.208,00 583.505,60 603.709,00
Österreich 243.584,90 256.161,60 270.782,40 281.867,50 276.892,10 282.228,50 291.751,90
Polen 244.420,10 272.088,90 311.001,70 362.415,10 310.075,10 355.689,90 365.831,90
Portugal 149.123,40 155.446,80 163.051,50 166.462,30 163.891,10 166.495,80 170.322,30
Rumänien 79.801,90 97.751,00 124.728,50 139.752,90 115.869,20 125.739,00 134.671,50
Slowenien 28.758,20 31.056,10 34.568,20 37.135,40 34.893,90 35.304,10 36.590,10
Slowakei 38.462,40 44.537,30 54.897,60 64.778,40 63.331,60 65.884,10 70.272,90
Finnland 157.307,00 165.643,00 179.536,00 184.179,00 170.971,00 175.778,40 183.142,30
Schweden 298.353,30 318.170,80 337.944,20 334.165,20 293.195,90 328.593,90 332.989,70
Vereinigtes Königreich 1.833.954,40 1.944.750,90 2.044.133,00 1.818.948,10 1.566.740,70 1.637.120,30 1.698.290,00
USA 10.158.668,90 10.671.312,50 10.271.871,60 9.818.738,10 10.221.035,30 10.701.379,60 10.558.664,30
Japan 3.666.309,10 3.474.625,40 3.197.025,70 3.313.308,60 3.638.321,30 3.812.706,20 3.751.944,10
1) Prognose
172
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 5: Reale Bruttowertschöpfung zu HerstellungspreisenQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2010
Veränderung gegen das Vorjahr in % 2008 20091) 20101) 20111)
Land- und Forstwirtschaft + 4,2 – 1,8 ± 0,0 ± 0,0
Sachgütererzeugung und Bergbau 2) + 3,9 – 11,5 + 3,5 + 5,8
Energie- u. Wasserversorgung + 5,8 + 4,9 + 2,0 + 2,0
Bauwesen + 1,8 – 5,6 – 1,0 + 0,3
Handel 3) + 0,6 – 3,1 + 1,2 + 0,7
Beherbergungs- und Gaststättenwesen + 3,1 – 6,4 – 0,5 + 0,9
Verkehr- und Nachrichtenübermittlung + 0,2 – 5,2 – 0,5 + 1,0
Kredit- und Versicherungswesen + 2,1 – 7,3 + 0,5 + 1,0
Grundstücks- und Wohnungswesen 4) + 2,2 – 1,5 + 1,0 + 1,0
Öffentliche Verwaltung 5) + 1,5 + 1,3 + 1,0 – 0,5
Sonstige Dienstleistungen + 2,2 + 2,4 + 1,0 + 1,0
Wertschöpfung Wirtschaftsbereiche 6) + 2,3 – 3,9 + 1,2 + 1,8
Bruttoinlandsprodukt + 2,0 – 3,5 + 1,2 + 1,6
1) Prognose
2) Einschließlich Gewinnung von Steinen und Erden
3) Einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern
4) Einschließlich Vermietung beweglicher Sachen und Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen
5) Einschließlich Landesverteidigung und Sozialversicherung
6) Vor Abzug der Gütersubventionen und vor Zurechnung der Gütersteuern
Tabelle 6: Reale Nachfrage in ÖsterreichQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2010
Veränderung gegen das Vorjahr in % 2008 2009 20101) 20111)
Konsumausgaben, insgesamt + 1,4 + 0,6 + 0,9 + 0,4
Private Haushalte 2) + 0,8 + 0,4 + 0,9 + 0,6
Staat + 3,2 + 1,2 + 1,0 – 0,3
Bruttoinvestitionen + 0,3 – 11,2 – 2,9 + 2,5
Bruttoanlageinvestitionen + 1,0 – 8,1 – 3,2 + 1,9
Ausrüstungen 3) + 0,1 – 10,6 – 6,0 + 4,0
Bauten + 1,8 – 6,0 – 1,0 + 0,3
Inländische Verwendung + 1,3 – 2,2 – 0,0 + 0,8
Exporte + 0,8 – 15,8 + 4,7 + 5,6
Importe – 0,7 – 14,9 + 2,6 + 4,5
Bruttoinlandsprodukt + 2,0 – 3,5 + 1,2 + 1,6
1) Prognose
2) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck
3) Einschließlich immaterieller Anlagen, sonstiger Ausrüstungen, Nutztiere und Nutzpflanzungen
173
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 8: Inflationsentwicklung (HVPI)Quelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 20081) 20091) 20101) 20111)
Belgien 2,5 2,3 1,8 4,5 0,0 1,6 1,6
Deutschland 1,9 1,8 2,3 2,8 0,2 1,3 1,5
Irland 2,2 2,7 2,9 3,1 -1,7 -1,3 0,8
Griechenland 3,5 3,3 3,0 4,2 1,3 3,1 2,1
Spanien 3,4 3,6 2,8 4,1 -0,3 1,6 1,6
Frankreich 1,9 1,9 1,6 3,2 0,1 1,4 1,6
Italien 2,2 2,2 2,0 3,5 0,8 1,8 2,0
Zypern 2,0 2,2 2,2 4,4 0,2 2,7 2,5
Luxemburg 3,8 3,0 2,7 4,1 0,0 2,6 2,0
Malta 2,5 2,6 0,7 4,7 1,8 2,0 2,1
Niederlande 1,5 1,7 1,6 2,2 1,0 1,3 1,5
Österreich 2,1 1,7 2,2 3,2 0,4 1,3 1,5
Portugal 2,1 3,0 2,4 2,7 -0,9 1,0 1,4
Slowenien 2,5 2,5 3,8 5,5 0,9 1,8 2,0
Slowakei 2,8 4,3 1,9 3,9 0,9 1,3 2,8
Finnland 0,8 1,3 1,6 3,9 1,6 1,7 1,9
Euroraum 2,2 2,2 2,1 3,3 0,3 1,5 1,7
Bulgarien 6,0 7,4 7,6 12,0 2,5 2,3 2,7
Tschechien 1,6 2,1 3,0 6,3 0,6 1,0 1,3
Dänemark 1,7 1,9 1,7 3,6 1,1 2,3 1,5
Estland 4,1 4,4 6,7 10,6 0,2 1,3 2,0
Lettland 6,9 6,6 10,1 15,3 3,3 -3,2 -0,7
Litauen 2,7 3,8 5,8 11,1 4,2 -0,1 1,4
Ungarn 3,5 4,0 7,9 6,0 4,0 4,6 2,8
Polen 2,2 1,3 2,6 4,2 4,0 2,4 2,6
Rumänien 9,1 6,6 4,9 7,9 5,6 4,3 3,0
Schweden 0,8 1,5 1,7 3,3 1,9 1,7 1,6
Großbritannien 2,1 2,3 2,3 3,6 2,2 2,4 1,4
EU-27 2,3 2,3 2,4 3,7 1,0 1,8 1,7
USA 3,4 3,2 2,8 3,8 -0,4 1,7 0,3
Japan -0,3 0,3 0,0 1,4 -1,4 -0,5 -0,4
1) Prognose
Tabelle 7: Industrieproduktion nach Fachverbänden 1)
und Beschäftigte in der Industrie nach Fachverbänden Quelle: WIFO
Industrieproduktion Beschäftigte in der Industrie
2007 2008 2009 2007 2008 2009
Industrie insgesamt 2) 114,0 118,1 100,9 389.498 395.611 370.104
Eisen- und Metallwarenindustrie 107,2 110,6 95,4 47.168 49.207 45.867
Maschinen- u. Stahlbauindustrie 128,0 137,1 113,1 68.603 70.843 68.224
Fahrzeugindustrie 102,0 96,7 73,2 28.943 28.888 26.365
Elektroindustrie 115,6 118,8 100,0 49.223 50.195 46.247
Chemische Industrie 114,4 112,9 107,9 42.358 43.470 41.317
Glasindustrie 115,7 99,5 73,5 10.109 9.954 8.588
Stein- u. keramische Industrie 101,7 102,7 86,7 15.494 15.535 14.380
Papiererzeugende Industrie 98,6 101,6 88,6 8.072 7.727 7.343
Textilindustrie 100,2 87,6 70,2 11.438 10.405 8.630
Nahrungs- und Genußmittelind. 109,4 107,8 101,8 27.211 27.621 27.343
1) Nach Arbeitstagen bereinigt; 2005 = 100
2) Ohne Energie
174
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 10: Lohnstückkosten in der gesamten Wirtschaft Quelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 20081) 20091) 20101) 20111)
Belgien 1,4 1,7 2,2 3,9 4,7 -0,5 0,8
Deutschland -0,8 -1,4 0,2 2,2 5,2 -0,9 -0,7
Irland 4,8 3,5 2,2 5,9 -2,7 -5,0 -1,7
Griechenland 3,0 0,7 3,5 3,9 6,3 0,3 0,1
Spanien 3,3 3,3 3,8 4,6 0,4 -1,0 0,3
Frankreich 1,8 2,0 1,8 2,8 2,8 -0,4 0,5
Italien 2,7 2,2 1,8 4,5 4,7 0,4 0,7
Zypern 1,4 0,6 1,1 2,4 6,6 2,9 2,1
Luxemburg 2,1 1,4 1,6 6,8 6,3 0,5 0,7
Malta 0,0 1,2 1,2 4,2 2,6 1,4 1,3
Niederlande -0,4 0,7 2,1 2,9 5,6 -1,1 -0,3
Österreich 1,2 1,0 1,0 2,9 5,3 0,1 0,7
Portugal 3,4 1,3 1,4 3,7 4,5 0,6 0,9
Slowenien 0,9 1,0 2,6 6,2 9,3 -0,6 1,0
Slowakei 4,2 1,5 0,1 2,5 7,2 -1,1 1,7
Finnland 2,2 0,3 0,9 5,5 7,7 -1,0 0,4
Euroraum 1,3 1,1 1,6 3,4 4,0 -0,6 0,1
Bulgarien 2,4 4,4 14,2 16,2 11,1 3,5 1,9
Tschechien -0,3 1,1 2,9 5,1 2,4 -1,2 1,6
Dänemark 2,2 2,2 4,9 6,5 5,1 -1,7 -0,1
Estland 3,3 9,4 17,3 14,1 1,7 -6,7 -0,9
Lettland 14,8 15,2 27,2 21,0 -7,1 -11,5 -1,5
Litauen 6,0 10,1 6,5 9,3 1,2 -5,5 -1,4
Ungarn 3,2 1,9 5,4 4,5 2,7 -1,2 1,7
Polen 0,3 -1,1 2,6 6,9 2,4 0,5 1,7
Rumänien 21,6 4,9 15,2 15,4 9,9 -0,2 -0,1
Schweden 0,1 -0,4 4,7 2,8 4,8 -0,5 0,3
Großbritannien 2,1 2,2 3,0 2,7 4,9 -0,1 0,2
EU-27 1,6 1,3 2,2 3,6 4,2 -0,5 0,2
USA 1,8 3,5 2,7 1,7 -0,7 -1,6 -1,1
Japan -1,1 -1,4 -3,0 0,4 0,5 -3,1 -0,8
1) Prognose
Tabelle 9: Index der Verbraucherpreise, Veränderungsraten, Hauptgruppen nach COICOP 1)
Quelle: Statistik Austria
2006 2007 2008 2009
2005 = 100
Gesamtindex 1,5 2,2 3,2 0,5
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 1,9 4,1 6,3 0,2
Wohnung, Wasser, Energie 4,3 4,6 2,7 1,8
Bekleidung und Schuhe -0,3 2,1 1,6 1,5
Freizeit und Kultur -2,2 0,0 0,9 0,6
Erziehung und Unterricht 7,5 1,9 1,2 -11,6
Verkehr 2,7 0,4 5,3 -4,3
Nachrichtenübermittlung -6,0 -3,3 -4,3 -1,0
1) Classification Of Individual Consumption by Purpose, wird seit 1999 international für volkswirtschaftliche und sozialstatistische Gebiete verwendet
Tabelle 11: Löhne und Produktivität in Österreich (Entwicklung)Quelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2010
jährliche Veränderung in % 2006 2007 2008 2009 20101) 20111)
Bruttoverdienste pro Kopf 2) 3,2 3,1 2,7 2,3 1,5 1,8
Realeinkommen pro Kopf 2)
Brutto 1,0 0,5 0,0 1,1 -0,3 -0,3
Netto 0,8 0,4 -0,5 2,3 -0,5 -0,5
Produktivität (BIP je Erwerbstätigen) 2,0 1,8 -0,2 -2,4 0,6 0,9
Lohnstückkosten Gesamtwirtschaft 1,0 1,1 2,8 4,9 0,9 0,9
Lohnstückkosten Sachgütererzeugung -4,2 -1,7 1,0 9,6 -2,9 -3,5
1) Prognose
2) je Beschäftigungsverhältnis (laut VGR)
175
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 12: Außenhandel und Exportquoten 2010* im VergleichQuelle: WKO (Eurostat, EU-Kommission, OECD)
Warenexporte1) Exporte von Waren
und Dienstleistungen2) Warenimporte 1) Warenexporte 1)
in % des BIP in % des BIP Mrd. € Mrd. €
Belgien 56,9 73,8 271,2 287,1
Dänemark 30,0 48,3 65,1 73,5
Deutschland 34,8 41,4 741,9 877,5
Finnland 27,1 37,4 47,5 48,2
Frankreich 17,9 23,3 437,9 371,4
Griechenland 8,3 19,4 41,0 15,2
Großbritannien 16,8 28,1 387,2 280,9
Irland 49,9 93,4 43,2 84,9
Italien 19,4 24,2 322,3 313,5
Luxemburg 29,8 163,3 18,5 15,7
Niederlande 54,3 70,1 345,4 395,0
Österreich 35,8 50,7 108,9 105,4
Portugal 20,4 28,4 52,3 33,3
Schweden 32,1 47,8 96,0 104,8
Spanien 15,9 24,3 213,3 167,7
EU-15 26,2 35,8 3.191,5 3.174,1
Euroraum 27,9 36,8 2.715,7 2.780,6
Estland 48,2 72,1 7,8 7,1
Lettland 30,2 46,9 6,9 6,0
Litauen 47,9 58,8 14,5 13,0
Malta 30,2 72,3 2,9 1,6
Polen 31,1 37,6 122,5 111,7
Slowakei 61,9 69,2 43,9 43,1
Slowenien 46,6 59,4 20,1 20,0
Tschechien 57,2 67,2 83,4 90,2
Ungarn 62,3 76,3 61,9 67,0
Zypern 5,6 39,7 5,7 0,9
EU-27 27,3 36,9 3.620,8 3.580,9
USA 7,7 11,6 1.411,5 919,1
Japan 11,8 13,5 475,3 504,1
* vorläufige Werte
1) einschließlich Intra-EU-Handel
2) lt. VGR; keine direkte Vergleichbarkeit zur Warenexportquote
Tabelle 13: Entwicklung der Zahlungsbilanz 1)
Quelle: OeNB
in Mio. € 2005 2006 2007 2008 2009
Güter -1.047 331 1.298 -555 -2.149
Dienstleistungen 9.385 9.719 11.163 13.175 11.636
Einkommen -1.622 -1.479 -1.617 -1.664 -1.403
Laufende Transfers -1.407 -1.314 -1.225 -1.713 -1.760
Leistungsbilanz 5.309 7.258 9.620 9.242 6.323
Vermögensübertragung -189 -802 200 -42 219
Kapitalbilanz -240 -7.944 -11.503 -12.652 -4.058
Statistische Differenz -4.880 1.487 1.683 3.451 -2.484
1) Bis 2007 endgültige Daten, 2008 revidierte Daten, 2009 provisorische Daten
176
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 14: Außenhandel Österreichs insgesamt und nach LändergruppenQuelle: Statistik Austria
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Importe in Mio. €
Insgesamt 80.993 91.094 96.499 104.201 114.255 119.568 97.574
EU 1) 52.826 60.586 72.397 76.795 85.270 88.018 71.292
Osteuropäische Länder 2) 5) 11.545 13.157 14.272 15.340 16.292 18.769 14.344
NAFTA 3) 3.556 3.352 3.729 4.008 4.394 4.021 3.033
ASEAN 4) 5) 1.059 1.112 1.081 1.347 1.432 1.441 1.188
Exporte in Mio. €
Insgesamt 78.903 89.848 94.705 103.742 114.680 117.525 93.739
EU 1) 47.173 53.090 67.414 72.498 83.109 84.799 66.527
Osteuropäische Länder 2) 5) 14.505 16.788 18.088 20.897 24.890 27.334 20.012
NAFTA 3) 4.851 6.272 6.384 7.289 7.043 6.444 4.929
ASEAN 4) 5) 666 807 744 928 1.115 1.263 943
1) Ab 1995: EU15; ab Mai 2004: EU25; aus technischen Gründen beziehen sich die Wertangaben 2004 ausschließlich auf die EU15; ab Jänner 2005 dann auf die EU25;
ab Jänner 2007 auf die EU27
2) Baltische Staaten, Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien
3) USA, Kanada, Mexiko
4) Thailand, Indonesien, Malaysia, Brunei, Singapur, Philippinen, Vietnam, Kambodscha, Myanmar, Laos, demokratische Volksrepublik
5) Aufgrund der Änderungen in einzelnen Ländergruppen kann es zu entsprechenden Differenzen in den Jahresergebnissen kommen
Tabelle 15: Außenhandel Österreichs nach WarengruppenQuelle: Statistik Austria
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Importe in Mio. €
Nahrungs- und Genussmittel 4.542 5.015 5.434 5.842 6.632 7.319 6.934
Rohstoffe 1) 9.348 11.628 15.995 16.555 16.830 21.349 15.978
Halbfertigwaren 10.335 11.316 12.439 15.212 17.077 17.114 12.318
Fertigwaren insgesamt 56.768 63.135 62.631 66.592 73.716 73.786 62.344
Investitionsgüter 20.074 23.414 21.509 22.830 28.149 28.183 21.866
Konsumgüter 36.531 39.609 41.005 43.646 45.342 45.543 40.425
Exporte in Mio. €
Nahrungs- und Genussmittel 4.540 4.984 5.606 6.222 6.724 7.277 6.510
Rohstoffe 1) 4.531 5.820 7.344 5.749 7.201 8.090 6.246
Halbfertigwaren 10.545 11.712 13.353 15.765 18.169 19.336 13.854
Fertigwaren insgesamt 59.286 67.331 68.403 76.006 82.586 82.822 67.129
Investitionsgüter 21.465 25.498 24.474 27.954 32.626 33.721 25.934
Konsumgüter 37.578 41.707 43.674 47.839 49.664 48.975 41.125
1) einschließlich elektrischer Energie
177
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 17: Direktinvestitionensflüsse (ieS.) Österreich 2009Quelle: OeNB
Aktiv Passiv
Mio. € Anteil Mio. € Anteil
1 Deutschland 1.540 56,8% 1 USA 1.704 33,6%
2 Türkei 848 31,3% 2 Italien 1.652 32,5%
3 Belgien 435 16,0% 3 Deutschland 1.329 26,2%
4 Rumänien 409 15,1% 4 Luxemburg 686 13,5%
5 Italien 363 13,4% 5 Spanien 643 12,7%
6 Zypern 330 12,2% 6 Frankreich 328 6,5%
7 Großbritannien 318 11,7% 7 Russland 260 5,1%
8 USA 308 11,4% 8 Schweiz 177 3,5%
9 Kroatien 294 10,8% 9 China 147 2,9%
10 Finnland 291 10,7% 10 Liechtenstein 110 2,2%
11 Griechenland 274 10,1% 11 Dänemark 60 1,2%
12 Polen 274 10,1% 12 Singapur 43 0,8%
13 Serbien 253 9,3% 13 Ungarn 23 0,5%
14 Slowakei 248 9,1% 14 Slowakei 23 0,5%
15 Bulgarien 208 7,7% 15 Hong Kong 15 0,3%
Tabelle 16: Warenhandel Österreichs (Import- und Exportländer)Quelle: Statistik Austria
Importe 2009 Exporte 2009
Mio. € Anteil Mio. € Anteil
1 Deutschland 39.829 40,7% 1 Deutschland 29.242 31,1%
2 Italien 6.578 6,7% 2 Italien 7.756 8,2%
3 Schweiz 5.617 5,7% 3 Schweiz 4.344 4,6%
4 China 4.472 4,6% 4 USA 4.035 4,3%
5 Tschechische Rep. 3.380 3,5% 5 Frankreich 3.739 4,0%
6 Frankreich 3.037 3,1% 6 Tschechische Rep. 3.429 3,6%
7 Niederlande 2.796 2,9% 7 Großbritannien 2.962 3,1%
8 USA 2.557 2,6% 8 Ungarn 2.893 3,1%
9 Ungarn 2.342 2,4% 9 Polen 2.470 2,6%
10 Slowakei 1.948 2,0% 10 Russ. Föder. 2.096 2,2%
11 Russ. Föder. 1.718 1,8% 11 Slowenien 2.054 2,2%
12 Großbritannien 1.699 1,7% 12 China 2.010 2,1%
13 Spanien 1.622 1,7% 13 Slowakei 1.873 2,0%
14 Belgien 1.563 1,6% 14 Spanien 1.760 1,9%
15 Polen 1.557 1,6% 15 Niederlande 1.624 1,7%
16 Japan 1.509 1,5% 16 Rumänien 1.616 1,7%
17 Schweden 1.092 1,1% 17 Belgien 1.419 1,5%
18 Slowenien 997 1,0% 18 Kroatien 1.128 1,2%
19 Kasachstan 939 1,0% 19 Schweden 919 1,0%
20 Türkei 796 0,8% 20 Japan 772 0,8%
21 Rumänien 646 0,7% 21 Türkei 761 0,8%
22 Irland 554 0,6% 22 Brasilien 629 0,7%
23 Norwegen 525 0,5% 23 Kanada 616 0,7%
24 Südkorea 519 0,5% 24 Australien 600 0,6%
25 Kroatien 478 0,5% 25 Bulgarien 590 0,6%
EU-27 71.556 73,1% EU-27 66.967 71,1%
Total 97.826 100% Total 94.168 100%
178
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 18: Budgetsalden der öffentlichen HaushalteQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 20081) 20091) 20101) 20111)
Belgien -2,7 0,3 -0,2 -1,2 -6,0 -5,0 -5,0
Deutschland -3,3 -1,6 0,2 0,0 -3,3 -5,0 -4,7
Irland 1,6 3,0 0,1 -7,3 -14,3 -11,7 -12,1
Griechenland -5,2 -3,6 -5,1 -7,7 -13,6 -9,3 -9,9
Spanien 1,0 2,0 1,9 -4,1 -11,2 -9,8 -8,8
Frankreich -2,9 -2,3 -2,7 -3,3 -7,5 -8,0 -7,4
Italien -4,3 -3,3 -1,5 -2,7 -5,3 -5,3 -5,0
Zypern -2,4 -1,2 3,4 0,9 -6,1 -7,1 -7,7
Luxemburg 0,0 1,4 3,6 2,9 -0,7 -3,5 -3,9
Malta -2,9 -2,6 -2,2 -4,5 -3,8 -4,3 -3,6
Niederlande -0,3 0,5 0,2 0,7 -5,3 -6,3 -5,1
Österreich -1,7 -1,5 -0,4 -0,4 -3,4 -4,7 -4,6
Portugal -6,1 -3,9 -2,6 -2,8 -9,4 -8,5 -7,9
Slowenien -1,4 -1,3 0,0 -1,7 -5,5 -6,1 -5,2
Slowakei -2,8 -3,5 -1,9 -2,3 -6,8 -6,0 -5,4
Finnland 2,7 4,0 5,2 4,2 -2,2 -3,8 -2,9
Euroraum -2,5 -1,3 -0,6 -2,0 -6,3 -6,6 -6,1
Bulgarien 1,9 3,0 0,1 1,8 -3,9 -2,8 -2,2
Tschechien -3,6 -2,6 -0,7 -2,7 -5,9 -5,7 -5,7
Dänemark 5,2 5,2 4,8 3,4 -2,7 -5,5 -4,9
Estland 1,6 2,5 2,6 -2,7 -1,7 -2,4 -2,4
Lettland -0,4 -0,5 -0,3 -4,1 -9,0 -8,6 -9,9
Litauen -0,5 -0,4 -1,0 -3,3 -8,9 -8,4 -8,5
Ungarn -7,9 -9,3 -5,0 -3,8 -4,0 -4,1 -4,0
Polen -4,1 -3,6 -1,9 -3,7 -7,1 -7,3 -7,0
Rumänien -1,2 -2,2 -2,5 -5,4 -8,3 -8,0 -7,4
Schweden 2,3 2,5 3,8 2,5 -0,5 -2,1 -1,6
Großbritannien -3,4 -2,7 -2,8 -4,9 -11,5 -12,0 -10,0
EU-27 -2,5 -1,4 -0,8 -2,3 -6,8 -7,2 -6,5
USA -3,2 -2,0 -2,7 -6,4 -11,0 -10,0 -9,9
Japan -6,7 -1,6 -2,5 -2,0 -6,9 -6,7 -6,6
1) Prognose
Tabelle 19: Öffentliche VerschuldungQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 2008 20091) 20101) 20111)
Belgien 92,1 88,1 84,2 89,8 96,7 99,0 100,9
Deutschland 68,0 67,6 65,0 66,0 73,2 78,8 81,6
Irland 27,6 24,9 25,0 43,9 64,0 77,3 87,3
Griechenland 100,0 97,8 95,7 99,2 115,1 124,9 133,9
Spanien 43,0 39,6 36,2 39,7 53,2 64,9 72,5
Frankreich 66,4 63,7 63,8 67,5 77,6 83,6 88,6
Italien 105,8 106,5 103,5 106,1 115,8 118,2 118,9
Zypern 69,1 64,6 58,3 48,4 56,2 62,3 67,6
Luxemburg 6,1 6,5 6,7 13,7 14,5 19,0 23,6
Malta 70,1 63,7 61,9 63,7 69,1 71,5 72,5
Niederlande 51,8 47,4 45,5 58,2 60,9 66,3 69,6
Österreich 63,9 62,2 59,5 62,6 66,5 70,2 72,9
Portugal 63,6 64,7 63,6 66,3 76,8 85,8 91,1
Slowenien 27,0 26,7 23,4 22,6 35,9 41,6 45,4
Slowakei 34,2 30,5 29,3 27,7 35,7 40,8 44,0
Finnland 41,7 39,7 35,2 34,2 44,0 50,5 54,9
Euroraum 70,1 68,3 66,0 69,4 78,7 84,7 88,5
Bulgarien 29,2 22,7 18,2 14,1 14,8 17,4 18,8
Tschechien 29,7 29,4 29,0 30,0 35,4 39,8 43,5
Dänemark 37,1 32,1 27,4 34,2 41,6 46,0 49,5
Estland 4,6 4,5 3,8 4,6 7,2 9,6 12,4
Lettland 12,4 10,7 9,0 19,5 36,1 48,5 57,3
Litauen 18,4 18,0 16,9 15,6 29,3 38,6 45,4
Ungarn 61,8 65,6 65,9 72,9 78,3 78,9 77,8
Polen 47,1 47,7 45,0 47,2 51,0 53,9 59,3
Rumänien 15,8 12,4 12,6 13,3 23,7 30,5 35,8
Schweden 50,8 45,7 40,8 38,3 42,3 42,6 42,1
Großbritannien 42,2 43,5 44,7 52,0 68,1 79,1 86,9
EU-27 62,7 61,4 58,8 61,6 73,6 79,6 83,8
1) Prognose
179
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 20: Budgetentwicklung des Bundes 2000 bis 2010Quelle: BMF, Statistik Austria, WIFO
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 20092) 20102)
in Mio. € *)
Gesamteinnahmen 55.393 58.994 59.428 57.890 60.347 61.493 66.145 69.462 70.734 62.371 57.592
Öffentliche Abgaben netto 33.041 37.933 36.666 35.468 37.660 38.038 40.454 43.635 44.961 37.638 38.631
Ausgaben ohne Tilgungen 58.247 60.409 61.818 61.387 64.977 66.041 70.561 72.332 80.298 69.456 70.767
(Netto-) Abgang 2.854 1.415 2.390 3.498 4.630 4.548 4.416 2.870 9.564 7.085 13.175
Tilgungen von Finanzschulden 1) 13.320 11.357 14.435 16.269 15.056 19.561 18.076 19.935 10.421 25.264 21.061
Zinsen (einschließlich Spesen) für Finanzschuld 1) 6.993 6.463 6.569 6.256 6.231 6.466 6.846 6.757 6.702 6.718 7.954
in % des Bruttoinlandsproduktes
Gesamteinnahmen 26,7 27,8 27,2 25,9 25,9 25,2 25,8 25,7 25,1 22,5 20,4
Öffentliche Abgaben netto 15,9 17,9 16,8 15,9 16,2 15,6 15,8 16,1 16,0 13,6 13,7
Ausgaben ohne Tilgungen 28,1 28,4 28,2 27,5 27,9 27,1 27,5 26,7 28,5 25,1 25,1
(Netto-) Abgang 1,4 0,7 1,1 1,6 2,0 1,9 1,7 1,1 3,4 2,6 4,7
Tilgungen von Finanzschulden 1) 6,4 5,3 6,6 7,3 6,5 8,0 7,1 7,4 3,7 9,1 7,5
Zinsen (einschließlich Spesen) für Finanzschuld 1) 3,4 3,0 3,0 2,8 2,7 2,7 2,7 2,5 2,4 2,4 2,8
BIP 4) 207.530 212.499 218.848 223.302 232.782 243.580 256.160 270.780 281.870 276.890 282.420
*) Rundungsdifferenzen möglich
1) Wirtschaftliche Belastung unter Nettodarstellung der Währungstauschverträge
2) Vorl. Erfolg 2009
3) Bundesvoranschlag
4) BIP: bis 2009 Statistik Austria, 2010 Wifo-Prognose März 2010
Tabelle 21: Öffentliche Abgaben des Bundes 1999 bis 2010Quelle: BMF
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009*) 2010
in Mio. € **) BVA
Veranlagte Einkommensteuer 2.818 3.987 3.126 2.677 2.819 2.539 2.525 2.629 2.742 2.605 1.900
Lohnsteuer 14.468 15.672 16.219 16.944 17.119 16.930 18.092 19.664 21.308 19.897 20.300
Kapitalertragsteuer auf Zinsen 1.473 1.616 1.663 1.410 1.318 1.280 1.376 1.879 2.177 1.871 1.800
Körperschaftsteuer 3.865 6.235 4.559 4.332 4.470 4.418 4.833 5.741 5.934 3.834 4.500
Umsatzsteuer 17.056 17.354 17.639 16.472 18.155 19.442 20.171 20.832 21.853 21.628 22.100
Tabaksteuer 1.197 1.234 1.297 1.329 1.318 1.340 1.408 1.446 1.424 1.458 1.300
Mineralölsteuer 2.726 2.880 3.109 3.310 3.594 3.565 3.553 3.689 3.894 3.800 3.900
Stempel- und Rechtsgebühren 791 798 766 781 790 798 806 806 811 797 805
Energieabgabe 562 754 692 699 736 785 669 764 709 655 720
Normverbrauchsabgabe 433 423 415 450 477 486 490 456 472 437 450
Versicherungssteuer 745 814 826 888 954 946 980 993 1.022 1.033 1.050
Motorbezogene Versicherungssteuer 975 1.117 1.185 1.217 1.251 1.325 1.376 1.410 1.475 1.521 1.520
Kraftfahrzeugsteuer 132 166 201 207 166 143 141 130 77 68 76
Sonstige Abgaben 3.145 3.159 3.256 2.781 3.040 3.156 3.977 4.256 4.629 3.708 3.624
Bruttoeinnahmen 50.387 56.210 54.951 53.498 56.207 57.156 60.398 64.695 68.528 63.314 64.045
Überweisung an Länder,
Gemeinden, Fonds u.a. 15.257 16.285 16.176 16.077 16.397 16.805 17.473 18.873 21.517 23.397 23.014
Überweisung an die Europäische Union 2.088 1.992 2.108 1.952 2.150 2.314 2.470 2.188 2.050 2.279 2.400
Nettoeinnahmen 33.041 37.933 36.666 35.468 37.660 38.038 40.454 43.635 44.961 37.638 38.631
*) 2009: vorläufiger Erfolg mit Stand 31.1.2010
**) Rundungsdifferenzen möglich
180
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 22: Arbeitslosenquoten (in % der Erwerbspersonen) Quelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2010
jährliche Veränderung in % 2005 2006 2007 2008 20091) 20101) 20111)
Belgien 8,5 8,3 7,5 7,0 7,9 8,8 9,0
Deutschland 10,7 9,8 8,4 7,3 7,5 7,8 7,8
Irland 4,4 4,5 4,6 6,3 11,9 13,8 13,4
Griechenland 9,9 8,9 8,3 7,7 9,5 11,8 13,2
Spanien 9,2 8,5 8,3 11,3 18,0 19,7 19,8
Frankreich 9,3 9,2 8,4 7,8 9,5 10,2 10,1
Italien 7,7 6,8 6,1 6,7 7,8 8,8 8,8
Zypern 5,3 4,6 4,0 3,6 5,3 6,7 7,0
Luxemburg 4,6 4,6 4,2 4,9 5,4 6,1 6,4
Malta 7,2 7,1 6,4 5,9 6,9 7,3 7,2
Niederlande 4,7 3,9 3,2 2,8 3,4 4,9 5,2
Österreich 5,2 4,8 4,4 3,8 4,8 5,1 5,4
Portugal 7,7 7,8 8,1 7,7 9,6 9,9 9,9
Slowenien 6,5 6,0 4,9 4,4 5,9 7,0 7,3
Slowakei 16,3 13,4 11,1 9,5 12,0 14,1 13,3
Finnland 8,4 7,7 6,9 6,4 8,2 9,5 9,2
Euroraum 9,0 8,3 7,5 7,5 9,4 10,3 10,4
Bulgarien 10,1 9,0 6,9 5,6 6,8 7,9 7,3
Tschechien 7,9 7,2 5,3 4,4 6,7 8,3 8,0
Dänemark 4,8 3,9 3,8 3,3 6,0 6,9 6,5
Estland 7,9 5,9 4,7 5,5 13,8 15,8 14,6
Lettland 8,9 6,8 6,0 7,5 17,1 20,6 18,8
Litauen 8,3 5,6 4,3 5,8 13,7 16,7 16,3
Ungarn 7,2 7,5 7,4 7,8 10,0 10,8 10,1
Polen 17,8 13,9 9,6 7,1 8,2 9,2 9,4
Rumänien 7,2 7,3 6,4 5,8 6,9 8,5 7,9
Schweden 7,7 7,0 6,1 6,2 8,3 9,2 8,8
Großbritannien 4,8 5,4 5,3 5,6 7,6 7,8 7,4
EU-27 8,9 8,2 7,1 7,0 8,9 9,8 9,7
USA 5,1 4,6 4,6 5,8 9,3 9,7 9,8
Japan 4,4 4,1 3,9 4,0 5,1 5,3 5,3
1) Prognose
181
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010
Tabelle 23: Wichtige Arbeitsmarktdaten Jahresdurchschnitt 2009Quelle: BMASK
Veränderung gegenüb. dem Vorjahr
Zusammen absolut in %
Arbeitskräftepotential 3.633.845 1.097 –
Unselbständig Beschäftigte 3.373.536 -46.959 -1,4
unselbständig aktiv Beschäftigte 3.259.310 -44.818 -1,4
Geringfügig Beschäftigte 1) 288.194 11.281 4,1
Freie Dienstverträge 1) 24.130 -1.720 -6,7
Selbständig Beschäftigte 410.914 7.965 2,0
Vorgemerkte Arbeitslose 260.309 48.056 22,6
Vorgem. arbeitslose InländerInnen 211.416 37.420 21,5
Vorgem. arbeitslose AusländerInnen 48.893 10.635 27,8
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 42.908 8.839 25,9
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 50 u.m. Jahre 51.728 8.109 18,6
Zugänge in Arbeitslosigkeit 1.011.692 91.516 9,9
Abgänge aus Arbeitslosigkeit 1.136.407 106.781 10,4
Verweildauer in Arbeitslosigkeit (in Tagen) 93 6 6,6
Bestand an Langzeitarbeitslosen >6 Monate 35.844 8.743 32,3
Bestand an Langzeitarbeitslosen >1 Jahr 6.762 1.016 17,7
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage - Arbeitsaufnahme 48.516 7.739 19,0
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage - Sonstige 7.249 812 12,6
Arbeitslosenquote (Registerquote) 7,2 1,3 –
Arbeitslosenquote o. Einstellzusage (Registerquote) 5,9 1,1 –
Gemeldete offene Stellen 27.165 -10.333 -27,6
Stellenandrang 2) 9,6 3,9 –
Arbeitslosenquote nach EUROSTAT 4,8 1,0 –
Männer
Arbeitskräftepotential 1.939.158 -10.166 -0,5
Unselbständig Beschäftigte 1.785.575 -44.938 -2,5
unselbständig aktiv Beschäftigte 1.770.666 -45.755 -2,5
Geringfügig Beschäftigte 1) 98.618 7.246 7,9
Freie Dienstverträge 1) 11.362 -983 -8,0
Selbständig Beschäftigte 252.584 868 0,3
Vorgemerkte Arbeitslose 153.583 34.772 29,3
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 25.437 6.413 33,7
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 50 u.m. Jahre 33.501 5.958 21,6
Bestand an Langzeitarbeitslosen >6 Monate 21.489 5.949 38,3
Bestand an Langzeitarbeitslosen >1 Jahr 4.265 636 17,5
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Arbeitsaufnahme 32.978 6.690 25,4
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Sonstige 3.563 555 18,5
Arbeitslosenquote (Registerquote) 7,9 1,8 –
Arbeitslosenquote o. Einstellzusage (Registerquote) 6,3 1,5 –
Arbeitslosenquote nach EUROSTAT 5,0 1,4 –
Frauen
Arbeitskräftepotential 1.694.687 11.263 0,7
Unselbständig Beschäftigte 1.587.961 -2.021 -0,1
unselbständig aktiv Beschäftigte 1.488.644 937 0,1
Geringfügig Beschäftigte 1) 189.576 4.035 2,2
Freie Dienstverträge 1) 12.768 -737 5,5
Selbständig Beschäftigte 158.330 7.097 4,7
Vorgemerkte Arbeitslose 106.726 13.284 14,2
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 17.471 2.426 16,1
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 50 u.m. Jahre 18.227 2.151 13,4
Bestand an Langzeitarbeitslosen >6 Monate 14.354 2.793 24,2
Bestand an Langzeitarbeitslosen >1 Jahr 2.497 379 17,9
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Arbeitsaufnahme 15.537 1.049 7,2
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Sonstige 3.685 257 7,5
Arbeitslosenquote (Registerquote) 6,3 0,7 –
Arbeitslosenquote o. Einstellzusage (Registerquote) 5,4 0,7 –
Arbeitslosenquote nach EUROSTAT 4,6 0,5 –
Lehrstellenmarkt
Lehrstellensuchende 5.944 249 4,4
davon Männer 3.183 221 7,5
davon Frauen 2.760 27 1,0
Gemeldete offene Lehrstellen 3.279 -354 -9,7
Schulungen durch das Arbeitsmarktservice
Personen in Schulung 64.062 13.553 26,8
davon Männer 31.689 7.884 33,1
davon Frauen 32.374 5.669 21,2
1) nicht in der Zahl der unselbständig Beschäftigten enthalten
2) Definition: registrierte Arbeitslose pro gemeldete offene Stelle
182
Tabelle 24: GeldpolitikQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2010
in % 2006 2007 2008 2009 2010 2011
3-Monatszinssatz 3,1 4,3 4,6 1,2 0,8 1,0
Sekundärmarktrendite 1) 3,8 4,3 4,4 3,9 3,2 2,8
Veränderungen gegen das Vorjahr in %
Effektiver Wechselkursindex
nominell 0,2 1,1 1,2 0,9 -0,7 -0,4
real -0,5 0,7 0,6 0,4 -0,9 -0,2
1) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark)
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2010