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Wissenschaftliche Gütekriterien bei sportmotorischen Tests Reliabilität, Validität und Zusammenhangsmerkmale ausgewählter leistungsdiagnostischer Verfahren Christian T. Jansen Diplomica Verlag

Wissenschaftliche Gütekriterien bei sportmotorischen Tests...In der medizinischen Rehabilitation führt Denner (1998) z.B. eine Steigerung der isometrischen Maximalkraft der Hauptfunktionsmuskeln

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  • Wissenschaftliche Gütekriterienbei sportmotorischen Tests

    Reliabilität, Validität undZusammenhangsmerkmale ausgewählterleistungsdiagnostischer Verfahren

    Christian T. Jansen

    Diplomica Verlag

  • Christian T. Jansen Wissenschaftliche Gütekriterien bei sportmotorischen Tests: Reliabilität, Validität und Zusammenhangsmerkmale ausgewählter leistungsdiagnostischer Verfahren ISBN: 978-3-8428-2081-4 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes.

    Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

    Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.

    © Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2012

  • Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung ............................................................................................... 3

    1.1 Struktur der Kraftfähigkeiten aus dimensionsanalytischer Sicht ......... 5 1.1.1 Gegenseitige Abhängigkeit der Kraftfähigkeiten ........................ 18

    1.2 Prinzipien des sportlichen Trainings am Beispiel Kraft ..................... 22 1.3 Belastungsnormative ........................................................................ 26 1.4 Leistungsdiagnostik im Sport ........................................................... 28

    1.4.1 Kategorien der kraftdiagnostischen Messverfahren................... 31 1.5 Exemplarische Messverfahren der Kraftdiagnostik .......................... 33

    1.5.1 Sprungdiagnostik ....................................................................... 33 1.5.2 Isokinetik ................................................................................... 40

    1.5.2.1 Prinzip der isokinetischen Kraftmessungen ........................ 40 1.5.3 Bestimmung des Einer-Wiederholungs-Maximums (EWM) ....... 45

    1.6 Gütekriterien sportmotorischer Tests ............................................... 48 1.6.1 Hauptgütekriterien ..................................................................... 49 1.6.2 Nebengütekriterien .................................................................... 57

    2. Material und Methode .......................................................................... 59

    2.1 Untersuchungsdesign ...................................................................... 59 2.2 Hypothesenbildung .......................................................................... 62 2.3 Personenstichprobe ......................................................................... 66 2.4 Untersuchungsablauf ....................................................................... 68 2.5 Geräte und Materialien ..................................................................... 77 2.6 Überprüfung der Gütekriterien für ausgewählte Testverfahren ........ 84 2.7 Statistik ............................................................................................ 86

    3. Ergebnisdarstellung ............................................................................ 89

    3.1 Sprungdiagnostik ............................................................................. 89 3.2 Isokinetische Kraftmessungen ....................................................... 106

    3.2.1 Kniegelenk Durchschnittswerte ............................................... 106 3.2.2 Kniegelenk Maximalwerte ........................................................ 112 3.2.3 Sprunggelenk Durchschnittswerte ........................................... 118 3.2.4 Sprunggelenk Maximalwerte ................................................... 127

    3.3 Isometrische Kniebeuge ................................................................. 135

  • 2

    3.4 Interspezifische Korrelationen der ausgewählten Testverfahren .... 139 3.4.1 Sprungdiagnostik ..................................................................... 140 3.4.2 Sprungdiagnostik und isokinetische Kraftmessungen .............. 147 3.4.3 Sprungdiagnostik und isometrische Kniebeuge ....................... 149 3.4.4 Isokinetische Kraftmessungen und isometrische Kniebeuge ... 149

    3.5 Auswertung des Fragebogens ....................................................... 156 3.5.1 Befindlichkeit am Testtag ......................................................... 156 3.5.2 Motivation am Testtag ............................................................. 160

    3.6 RPE- und Schmerzskalen .............................................................. 161 4. Ergebnisdiskussion und Ausblick ................................................... 166

    4.1 Sprungdiagnostik............................................................................ 166 4.2 Isokinetische Kraftmessungen (Kniegelenk) .................................. 169 4.3 Isokinetische Kraftmessungen (Sprunggelenk) .............................. 171 4.4 Isometrische Kniebeuge ................................................................. 173 4.5 Zusammenhangsmerkmale der ausgewählten Testverfahren ........ 175

    5. Zusammenfassung ............................................................................ 177

    6. Literaturverzeichnis ........................................................................... 179

    7. Abbildungsverzeichnis ...................................................................... 190

    8. Tabellenverzeichnis ........................................................................... 196

  • 3

    1. Einleitung

    Dem konditionellen Faktor Kraft wird vielfach eine grundlegende Bedeutung

    bezüglich der individuellen Leistungsfähigkeit zugeschrieben. Demnach

    scheint ein gezielt durchgeführtes Krafttraining sowohl für Zielsetzungen im

    sportlichen Bereich als auch für die Befindlichkeit im Alltag von großem Wert

    zu sein. In der medizinischen Rehabilitation führt Denner (1998) z.B. eine

    Steigerung der isometrischen Maximalkraft der Hauptfunktionsmuskeln von

    Rumpf und Halswirbelsäule als Option zur Linderung chronischer Rücken-

    schmerzen an. Im Bereich des Freizeit- und Breitensports ist das Krafttrai-

    ning ebenfalls als ein wichtiger Bestandteil kommerzieller und nicht-

    kommerzieller Anbieter anzusehen. War bis vor einigen Jahren ein Krafttrai-

    ning nur im Bereich der Schwerathletik und den von Kraft dominierten Diszip-

    linen denkbar, so hat sich dieses Bild auch im Leistungs- und Hochleistungs-

    sport erheblich gewandelt. Demnach ist das Krafttraining auch in den Trai-

    ningsplänen der Leichtathletik und Mannschaftssportarten fest verankert.

    Unter anderem konnten die Arbeitsgruppen um Bangsbo et al. (1991), Hoff &

    Helgerud (2004) sowie Wisloff et al. (2004) positive Effekte eines auf neuro-

    nale Anpassungen ausgelegten Krafttrainings bei Profi-Fußballern feststel-

    len. Sie evaluierten übereinstimmend Verbesserungen der Sprintfähigkeit.

    Vor dem Hintergrund aktueller trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse und

    den daraus resultierenden Konsequenzen für die Trainingspraxis ist eine an-

    gemessene Trainingssteuerung unabdingbar. Als Voraussetzungen hierfür

    sind die Trainingsplanung und die Leistungsdiagnostik anzuführen

    (Weineck, 2007). Basierte die Trainingsplanung noch vor 40 Jahren aus-

    schließlich auf so genannten „Meisterlehren“ ehemaliger Weltklasseathleten,

    so ist dieser Bereich besonders im Hochleistungssport mit wissenschaftli-

    chem Wissen angereichert worden (Hohmann, Lames & Letzelter, 2002).

    Ähnliches gilt für die Leistungsdiagnostik, welche für die Optimierung der

    sportlichen Leistungsfähigkeit unerlässlich ist (Grosser, 1991). Nach

    Steinhöfer (2003) und Weineck (2007) beinhaltet Leistungsdiagnostik das

    Erkennen, Benennen und Erfassen des individuellen Niveaus der Kompo-

    nenten einer sportlichen Leistung oder eines sportlichen Leistungs-Ist-

    Zustandes. Es wird die Intention verfolgt, sowohl quantitative als auch quali-

  • 4

    tative Aussagen über sportliche Leistungen treffen zu können. Vor diesem

    Hintergrund kommt den sportmotorischen Tests eine große Bedeutung zu.

    Lienert (1969, S. 7) definiert diese als „[…] wissenschaftliche Prüfverfahren

    zur Untersuchung sportmotorischer Merkmale, die unter standardisierten Be-

    dingungen ablaufen […].“ Die Definition von Lienert lässt folgern, dass bei

    einem erhobenen wissenschaftlichen Anspruch bestimmte wissenschaftliche

    Kriterien erfüllt werden müssen. Ob zwei der drei Hauptgütekriterien, die Re-

    liabilität und die Validität, bei ausgewählten leistungsdiagnostischen Verfah-

    ren erfüllt werden, steht im Zentrum des vorliegenden Buches. Orientiert an

    der leistungsdiagnostischen Praxis werden folgende Verfahren hinsichtlich

    Reliabilität, Validität und ihrer Zusammenhangsmerkmale überprüft:

    • Sprungdiagnostik

    1. Countermovement-Jump

    2. Squat-Jump

    3. Drop-Jump

    • Isokinetik

    1. Drehmomentsentwicklungen im Kniegelenk

    2. Drehmomentsentwicklungen im Sprunggelenk

    • Isometrische Kniebeuge (Einer-Wiederholungs-Maximum)

    Gemäß der aktuellen Studienlage ist anzunehmen, dass die ausgewählten

    Verfahren der Kraftdiagnostik sowohl ausreichend reliabel als auch valide

    sind (vgl. Möller et al., 2000; Carlock et al., 2004). Bezüglich ihrer Zusam-

    menhangsmerkmale ist die empirische Befundlage, auch durch die unter-

    schiedlichen Untersuchungsdesigns, differenziert zu betrachten (vgl. Nuzzo

    et al., 2008). Um die Ergebnisse der Untersuchung objektiv beurteilen zu

    können, erfolgt ein Vergleich mit bereits erhobenen Normwerten anderer

    wissenschaftlicher Erhebungen. Im Rahmen dieser Pre-Post-Studie absolvie-

    ren hierzu zehn Versuchsteilnehmer die komplette Testbatterie insgesamt

    zweimal, jeweils exakt im Abstand von einer Woche und zur identischen Ta-

    geszeit. Es erfolgt ebenfalls die Erhebung der Befindlichkeit und Motivation

  • 5

    am Testtag sowie die Ermittlung des subjektiven Schmerz- und Belastungs-

    empfindens (RPE-Skala nach Borg) nach dem jeweiligen sportmotorischen

    Test.

    1.1 Struktur der Kraftfähigkeiten aus dimensionsanalytischer Sicht

    Aus physikalischer Sicht fällt eine exakte Definition der Kraft F (engl. force)

    relativ leicht. Hierbei wird unter der abgeleiteten Größe Kraft die mechani-

    sche Wechselwirkung zwischen mindestens zwei Körpern verstanden. Die

    Kraft wird in Newton [N] gemessen (Preiß, 1996). Eine genaue Definition der

    körperlichen Fähigkeit Kraft (engl. strength) fällt dagegen ungleich schwerer,

    da sowohl physische als auch psychische Aspekte berücksichtigt werden

    müssen. Hohmann, Lames und Letzelter (2002) sind der Ansicht, dass es

    bezüglich der Terminologie des Kraftbegriffs nicht selten zu Diskrepanzen

    kommt. „Die Ursache liegt in den verschiedenen Betrachtungsweisen des

    Phänomens Kraft“ (S. 66). Spricht man von dem Kraftbegriff als körperliche

    Fähigkeit, so ist demnach eine Differenzierung vorzunehmen, welche den

    unterschiedlichen Kraftmanifestationen sowie den einzelnen Formen der

    Muskelarbeit und Muskelanspannung gerecht wird (Weineck, 2007). Eine

    weitere Differenzierung der Kraft kann durch eine phänomenorientierte oder

    eine dimensionsanalytische Betrachtungsweise erfolgen (Wang, 1994).

    Schmidtbleicher (1987) sieht eine Differenzierung der Kraftfähigkeit, welche

    ausschließlich auf der äußeren Erscheinungsform bzw. auf Bewegungsfertig-

    keiten basiert, als nicht unproblematisch an, da eine exakte Trennung bzw.

    Gewichtung von konditionellen und koordinativen Einflüssen auf die Kraft

    erschwert wird.

    Im Rahmen dieses Buches wird daher die Struktur der Kraftfähigkeit aus di-

    mensionsanalytischer Sicht betrachtet. Der dimensionsanalytische Ansatz

    inkludiert morphologisch-physiologische und neurophysiologische Faktoren.

    Ausführliche Beschreibungen zu Dimensionen und Strukturierungen der Kraft

    sind bei Bührle (1989) und Bührle & Schmidtbleicher (1981) zu finden.

    Grundsätzlich lässt sich die Kraft in ihre drei Hauptformen Maximalkraft,

    Schnellkraft und Kraftausdauer einteilen (Nett, 1964). Güllich und Schmidt-

    bleicher (1999) legen dar, dass diese drei Subkategorien der Kraft nicht als

    gleichwertig zu bezeichnen sind. Die Maximalkraft stellt in diesem Kontext

  • 6

    vielmehr eine Art Basisfähigkeit dar und übt dabei einen direkten Einfluss auf

    die Schnellkraft und Kraftausdauer aus. Daher generiert eine Verbesserung

    der Maximalkraft im Normalfall ebenfalls Leistungssteigerungen in den Berei-

    chen Schnellkraft und Kraftausdauer. Bei untrainierten Freizeitsportlern konn-

    ten die Untersuchungsergebnisse von Marx et al. (1998) diese positiven Ef-

    fekte einer verbesserten Maximalkraft bestätigen. Die von der “Freiburger

    Gruppe“ konzipierte Struktur der Kraftfähigkeiten ist in Abbildung 1 darge-

    stellt.

    Abb.1. Struktur der motorischen Eigenschaft Kraft (Güllich & Schmidtbleicher, 1999, S. 224).

    Güllich & Schmidtbleicher (1999) stellen die Schnellkraft und die Kraftaus-

    dauer als relativ autonome Bereiche der Kraft dar. Hierbei unterscheiden sie

    zwischen einer isometrischen oder konzentrischen Arbeitsweise und einer

    exzentrisch-konzentrischen Arbeitsweise (Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus).

    Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) wird ebenfalls als relativ eigen-

  • 7

    ständiger Bereich angesehen und in einen kurzen (200ms) unterteilt. Im Gegensatz zu anderen Autoren nehmen Güllich &

    Schmidtbleicher (1999) keine dimensionale Trennung von statischer und dy-

    namischer Maximalkraft vor. Aufgrund eigener empirischer Untersuchungen

    erfolgt keine Differenzierung in isometrische und konzentrische Maximalkraft.

    So konnten zwischen isometrischer und konzentrischer Maximalkraft Korrela-

    tionskoeffizienten von r ≥ 0,85 nachgewiesen werden. Bei trainierten Leis-

    tungssportlern lag dieser Zusammenhang bei r ≥ 0,90. Eine Einordnung der

    exzentrischen Maximalkraft als eigenständige Fähigkeit wird im Modell der

    “Freiburger Gruppe“ ebenfalls nicht vorgenommen. Zwischen isometrischen

    und exzentrischen Maximalkraftleistungen konnten bei allen Versuchsgrup-

    pen Korrelationskoeffizienten von r ≥ 0,85 dokumentiert werden (Güllich &

    Schmidtbleicher, 1999).

    In der internationalen Literatur wird die körperliche Kraftfähigkeit (engl.

    strength) wie folgt definiert: „Strength is the maximal amount of force a mus-

    cle or muscle group can generate in a specified movement pattern at a speci-

    fied velocity of movement“ (Knuttgen & Kraemer, 1987, S. 6). Diese Definiti-

    on inkludiert die konzentrische, exzentrische und die isometrische Arbeits-

    weise der Muskulatur. Die dynamische Maximalkraft (engl. One-Repetition-

    Maximum) wird als „load which could be lifted once only, throughout the

    complete range of movement” bezeichnet (vgl. Berger, 1967; McCartney et

    al., 1988).

    Analog zu Hohmann et al. (2002) sehen auch Hollmann & Hettinger (2000)

    in der Vielzahl der gebräuchlichen Kraftbezeichnungen, besonders in deut-

    schen Publikationen, die Ursache für eine unterschiedliche Terminologie des

    Kraftbegriffs. „Zwecks Vereinheitlichung dieser Vielfalt von Begriffen empfeh-

    len wir die Benutzung der Standardbezeichnungen statische Kraft und dyna-mische Kraft“ (S. 162). Die Autoren nehmen somit im Gegensatz zu Güllich &

    Schmidtbleicher (1999) eine dimensionale Trennung von statischer und dy-

    namischer Kraft vor. Hollmann et al. (2000) sehen in dieser Begriffsbezeich-

    nung Vorteile, da per se auf die jeweilige Arbeitsform (statisch/dynamisch)

    hingewiesen wird. Der Begriff der statischen Kraft wird definiert „als diejenige

    Spannung, gemessen in N, die ein Muskel oder eine Muskelgruppe in einer

    bestimmten Position willkürlich gegen einen fixierten Widerstand auszuüben

  • 8

    vermag“ (S. 162). Die dynamische Kraft „ist die willkürlich ausgeübte Bewe-

    gung einer Masse innerhalb eines programmierten Vorganges […]“

    (Hollmann et al., 2000, S. 182).

    De Marées (2003) berücksichtigt bei seiner Definition der statischen und dy-

    namischen Kraft zusätzlich die Form der Muskelanspannung und die damit

    verbundene Veränderung der Muskellänge. „Statische Kraft wird von einem

    Muskel oder einer Muskelgruppe bei vorgegebener Gelenkwinkelstellung

    willentlich gegen relativ zu große ruhende Massen oder fixe Widerstände

    entwickelt, ohne dass sich dabei die Muskellänge sichtbar ändert“ (S. 189).

    „Dynamische Kraft wird von einem Muskel oder Muskelgruppe im Rahmen

    eines Bewegungsablaufes willentlich gegen sich dabei bewegende Massen -

    u.a. gegen die eigene Körpermasse oder Teile davon - unter sichtbarer Län-

    genänderung der Muskulatur entwickelt“ (S.189).

    Die Einteilung der Kraft in ihre Hauptformen Maximalkraft, Schnellkraft und

    Kraftausdauer nach Nett (1964) wurde bereits zu Beginn dieses Kapitels

    dargelegt. Nach heutigem Wissen wird diese Kategorisierung durch die Re-

    aktivkraft ergänzt (Ehlenz, Grosser & Zimmermann, 1998; Martin, Carl &

    Lehnertz, 2001; Weineck, 2007). Eine entsprechende Übersicht liefert Abbil-

    dung 2.

  • 9

    Abb.2. Die Kraft und ihre verschiedenen Kraftfähigkeiten und Erscheinungsformen

    (Weineck, 2007, S. 372).

    Einer derartigen Kategorisierung der Kraft pflichtet unter anderem Pampus

    (1995) bei. Er legt dar, dass im Sport nicht die Kraft schlecht hin auftritt, son-

    dern dass entsprechend der spezifischen motorischen Anforderungen der

    jeweiligen Sportart die Kraft nach den genannten vier Kraftfähigkeiten diffe-

    renziert werden muss. Auch Weineck (2007) ist der Auffassung, dass „die

    Kraft in den verschiedenen Sportarten niemals in einer abstrakten „Reinform“

    [auftritt], sondern stets in einer Kombination bzw. mehr oder weniger nuan-

    cierten Mischform der konditionellen physischen Leistungsfaktoren“ (S. 371).

    Nachfolgend werden die einzelnen Kraftfähigkeiten detaillierter dargestellt.

    Maximalkraft Nach Weineck (2007) stellt die Maximalkraft „die höchstmögliche Kraft dar,

    die das Nerv-Muskel-System bei maximaler willkürlicher Kontraktion auszu-

    üben vermag“ (S. 371). Der Autor unterteilt dabei die Maximalkraft in eine

    statische und dynamische Variante (vgl. Abb. 2). Die statische Maximalkraft

    ist dabei grundsätzlich größer als die dynamische, da eine maximale Kraft

    nur auftreten kann, wenn sich die auftretende Belastung und die Kontrak-

    tionskraft des Muskels das Gleichgewicht halten. Die Autoren Schnabel,

    Harre & Borde (1997) nehmen wie Hohmann et al. (2002) ebenfalls eine di-

    mensionale Trennung von statischer und dynamischer Maximalkraft vor. „Die

    Maximalkraft wird durch eine willkürliche Muskelkontraktion bis zur Grenze

  • 10

    der maximalen Mobilisierung erreicht und bei einer maximalen konzentri-

    schen oder isometrischen Muskelaktion gemessen“ (S. 77).

    Güllich & Schmidtbleicher (1999) sehen aufgrund eigener Forschungsergeb-

    nisse keine Veranlassung, eine Trennung von statischer und dynamischer

    Maximalkraft vorzunehmen (vgl. Abb. 1). De Marées (2003) ist ebenfalls der

    Ansicht, dass die entwickelte isometrische Maximalkraft eines Muskels oder

    einer Muskelgruppe und die bei einer dynamisch-konzentrischen Bewegung

    generierte Maximalkraft nahezu identisch sind. Als Begründung führt er die

    aufgrund des hohen Lastgewichts stark verlangsamte dynamisch-

    konzentrische Bewegung an. „Unter dieser Perspektive könnte auf eine Diffe-

    renzierung der Maximalkraft in eine isometrische und dynamische Kompo-

    nente verzichtet werden. […] Allerdings könnten dann beträchtliche, primär

    auf divergierendes neuronales Aktivierungsvermögen zurückführende inter-

    individuelle Leistungsunterschiede nicht mehr diagnostisch erfasst werden“

    (S. 189). Nach Hohmann et al. (2002) wird die Maximalkraft1 durch folgende

    Faktoren determiniert:

    1. physiologischer Muskelquerschnitt („Brückenbildung zwischen Aktin

    und Myosin“),

    2. Muskelfaserzusammensetzung,

    3. willkürliche Aktivierungsfähigkeit.

    Allerdings sind Krafteinsätze, welche bei über 80% der Maximalkraft liegen,

    willentlich kaum zu realisieren. Nur in Extremsituationen (z.B. Lebensgefahr)

    können diese Kraftreserven mobilisiert werden. Die Summe aus Maximalkraft

    und Kraftreserven wird als Absolutkraft bezeichnet. Die Differenz zwischen

    Absolutkraft und Maximalkraft nennt man Kraftdefizit. Dieses kann bei kraft-

    untrainierten Personen durchaus 30% betragen. Bei Krafttrainierten ist ein

    Kraftdefizit von lediglich 10% möglich (Weineck, 2007).

    In der Trainingspraxis kann eine valide Bestimmung der Absolutkraft jedoch

    ausschließlich über eine Elektrostimulation des entsprechenden Nervs erfol- 1 Die Maximalkraft ist ebenfalls stark von der aktiven Muskelmasse abhängig. So konnten

    bei Hochleistungsgewichthebern Korrelationskoeffizienten von r ≥ 0,80 zwischen Maxi-malkraft und Körpergewicht nachgewiesen werden (Zatsiorsky, 1996). Daher sollte die Maximalkraft vor dem Hintergrund der Relativkraft stets in Relation zum Körpergewicht betrachtet werden (Tittel & Wutscherk, 1992).

  • 11

    gen, da selbst bei höchster willentlicher Aktivierung nicht die maximale Zahl

    von Aktionspotenzialen an die motorischen Einheiten geleitet werden können

    (de Marées, 2003).

    Schnellkraft Die Schnellkraft beinhaltet nach Weineck (2007) „die Fähigkeit des Nerv-

    Muskelsystems, den Körper, Teile des Körpers (z.B. Arme, Beine) oder Ge-

    genstände (z.B. Bälle, Kugeln, Speere, Disken etc.) mit maximaler Ge-

    schwindigkeit zu bewegen“ (S. 374). Fleck & Kraemer (2004) definieren den

    Begriff Power, welcher der deutschen Bezeichnung Schnellkraft nahe kommt,

    als „the rate of performing work. Power during a repetition is defined as a

    weight lifted multiplied by the vertical distance the weight is lifted divided by

    the time to complete the repetition” (S. 5). Hollmann & Hettinger (2000) ord-

    nen die Schnellkraft der dynamischen Kraft zu und definieren diese als „[…]

    dynamische Kraft pro Zeiteinheit“ (S. 182). Hohmann et al. (2002) verstehen

    unter dem Begriff Schnellkraft die Fähigkeit „einen möglichst hohen Impuls in

    möglichst kurzer Zeit zu entfalten“ (S. 80) und sehen somit bei schnellkräfti-

    gen Handlungen eine gewisse Abhängigkeit von der Maximalkraft.

    Der Einfluss der Maximalkraft ist dabei an den äußeren Widerstand adaptiert.

    Je geringer dieser ist, desto geringer ist auch die Maximalkraft. Bei mittleren

    Widerständen wird die Leistung von der maximum rate of force development

    (MRFD) determiniert. Die MRFD wird nach Bührle & Schmidtbleicher (1981)

    als Explosivkraft bezeichnet (vgl. Werchoshanskij & Tatjan, 1975). Bei ballis-

    tischen Bewegungen gegen geringere Widerstände ist die initial rate of force

    development (IRFD) der limitierende Faktor. Der IRFD wird der Terminus

    Startkraft zugeordnet.

    Die Explosivkraft wird nach Güllich & Schmidtbleicher (1999) als Fähigkeit

    bezeichnet, einen möglichst steilen Kraftanstieg zu erzeugen. Die größte

    entwickelte Kraftzunahme bezogen auf die Zeiteinheit während eines Kraft-

    Zeit-Verlaufes gibt de Marees (2003) als Explosivkraft an. Die Startkraft wird

    von Hollmann & Hettinger (2000) als Kraftanstieg vom Kontraktionsbeginn

    bezeichnet. Schmidtbleicher & Gollhofer (1991) benennen die Startkraft

    ebenfalls als die Fähigkeit, zu Beginn der Anspannung eine möglichst hohe

    Kraftentwicklung generieren zu können. Das für die Startkraft geltende Zeit-

  • 12

    fenster ab Kontraktionsbeginn beziffern die Autoren auf 50ms. Dieser Zeit-

    raum wird jedoch in der Literatur kontrovers dargestellt und auch mit 30ms

    angegeben (Vgl. Tidow & Wiemann, 1993; Hollmann & Hettinger, 2000;

    Weineck, 2007).

    Die genannten Schnellkraft-Parameter und die charakteristische Kraft-Zeit-

    Kurve sind in Abbildung 3 abgebildet. Der Grad des Anstiegs dieser Kurve

    kann als verlässlicher Indikator für das Schnellkraftvermögen angesehen

    werden (Weineck, 2007). Die Startkraft stellt dabei den Anstieg der Kraft zu

    Beginn der Kraftentfaltung dar. Die Explosivkraft ist für den steilsten Anstieg

    der Kurve verantwortlich. Der Kraftanstieg bis zum generierten Kraftmaxi-

    mum wird als Schnellkraftindex bezeichnet.

    Die Schnellkraft ist nach de Marées (2003) von folgenden Faktoren abhän-

    gig:

    1. von dem aktiven Muskelquerschnitt (Maximalkraft),

    2. von der Muskelfaserzusammensetzung („slow twitch“2, „fast twitch“),

    3. von der Aktionspotenzialfrequenz.

    2 Slow-twitch: Rote, langsam zuckende Fasern mit einem höheren Myoglobingehalt. Fast-

    twitch: Weiße, schnell zuckende Fasern mit einer höheren glykolytischen Aktivität. Die Muskelfaserveretilung gilt grundsätzlich als genetisch determiniert. In bestimmten Gren-zen können jedoch trainingsbedingte Adaptationen (Hypertrophie, Umwandlungen) er-folgen.

  • 13

    Abb.3. Schnellkraft-Parameter (Hollmann & Hettinger, 2000, S. 187, in Anlehnung an

    Bührle, 1985).

    Reaktivkraft Schmidtbleicher & Gollhofer (1985) verstehen unter reaktivem Bewegungs-

    verhalten die Fähigkeit des Organismus, aus einer exzentrischen Bewegung

    heraus, in kürzester Zeit einen möglichst großen konzentrischen Kraftanstieg

    entfalten zu können. Demnach ist Reaktivkraft „jene Muskelleistung, die in-

    nerhalb eines Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) einen erhöhten Kraftstoß

    generiert“ (Martin et al., 2001, S. 107). Der DVZ bezeichnet die Kombination

    von exzentrischer und konzentrischer Kontraktion und wird von Hollmann et

    al. (2000) als eigenständiger Bereich der dynamischen Kraft angegeben.

    Bedingt durch ihre neuronalen und mechanischen Besonderheiten gilt die

    Reaktivkraft als eigenständige Erscheinungsform der Kraft (vgl. Abb. 2). Es

    sind sowohl die Maximalkraft, die Fähigkeit zur schnellen Kontraktion, als

    auch die reaktive Spannungsfähigkeit als Einflussfaktoren der Reaktivkraft

    anzuführen. Als weitere beeinflussende Größen gelten die intra- und inter-

    muskuläre Koordination sowie motivationale Faktoren (Neubert, 1999). Die

    reaktive Spannungsfähigkeit ist von neuromuskulär bedingten, segmentellen

  • 14

    Dehnungsreflexen und der „muscle stiffness“3 abhängig. (Werchoshanskij,

    1972; Gollhofer, 1987; Bührle, 1989).

    Erfährt ein aktivierter Muskel eine Dehnung oder wird ein passiv gedehnter

    Muskel aktiviert, so erhöht dieser seine Spannung und speichert Energie in

    den so genannten serienelastischen Teilen. Der Großteil der Serienelastizität

    befindet sich nach Huxley & Simmons (1971) in den gebildeten Brücken zwi-

    schen Aktin und Myosin. Hierbei bewegen sich die Myosinköpfe während des

    Dehnungsvorganges auf eine Position höherer Energie zurück. Um diese

    Energie nutzen zu können, sollten sowohl die Dehnung als auch das Zeit-

    fenster zwischen Dehnung und Entdehnung möglichst kurz sein. Ist das nicht

    der Fall, so führt dies durch die verlängerte Dehnungszeit zu einer Auflösung

    der gebildeten Brücken zwischen Aktin und Myosin. Die Folge ist ein Verlust

    des gespeicherten elastischen Potentials (Komi, 1985).

    Der für die Reaktivkraft als charakteristisch geltende DVZ wird in eine lange

    (>200ms) und kurze (

  • 15

    haltbaren Definitionen vorliegen. Als eine Folge dieser uneinheitlichen Ter-

    minologie sehen Klein & Fröhlich (2001) nicht unerhebliche Diskrepanzen

    bezüglich der Trainingsmethodik und der Belastungsnormative im Kraftaus-

    dauerbereich.

    Eine Vielzahl der in der Literatur angegebenen Definitionen basieren auf den

    Ausführungen von Harre (1971). „Die Kraftausdauer ist die Ermüdungswider-

    standsfähigkeit des Organismus bei langandauernden Kraftleistungen“ (S.

    125). Letzelter (1978) sieht jedoch den Begriff „langandauernde Kraftleistun-

    gen“ als einen zu unpräzise formulierten Faktor an, wodurch eine benötigte

    Quantifizierung der Kraftausdauer kaum realisierbar ist. Schmidtbleicher

    (1989) liefert daher Angaben zu Belastungsintensität und Belastungsdauer.

    „Mit Kraftausdauer wird die Fähigkeit des neuromuskulären Systems be-

    zeichnet, eine möglichst große Impulssumme in einem definierten Zeitraum

    (längstens 2 Minuten bei maximaler Auslastung) gegen höhere Lasten (mehr

    als 30% der Maximalkraft) zu produzieren und dabei die Reduktion der pro-

    duzierten Impulse im Verlauf der Belastung möglichst gering zu halten“ (S.

    13). In einer aktuelleren Definition des Kraftausdauerbegriffes geben Güllich

    & Schmidtbleicher (1999) an, dass sich die Kraftausdauer aus zwei Kompo-

    nenten zusammensetzt. Zum einen führen die Autoren die Größe des Einzel-

    kraftstoßes an, und zum anderen die Fähigkeit, die Reduktion der Kraftstoß-

    summe möglichst gering zu halten. Dies hat eine Abhängigkeit der Kraftaus-

    dauer von der Maximalkraft und der Ermüdungswiderstandsfähigkeit zur Fol-

    ge (Nicolaus, 1995; Klein & Fröhlich, 2001). Die Autoren Rohmert (1960) und

    Shaver (1970) sind der Ansicht, dass dieser Dualismus sowohl auf die stati-

    sche als auch die dynamische Arbeitsweise zutrifft. Die Abhängigkeit zwi-

    schen Lastgröße und Wiederholungszahl wird in Abbildung 4 dargestellt.

  • 16

    Abb.4. Graphische Darstellung der Abhängigkeit zwischen Lastgröße und Wiederholungs-

    zahl (Weineck, 2007, S. 380, in Anlehnung an Zaciorskij et al., in Matwejew, 1981).

    Der Abbildung 4 ist zu entnehmen, dass mit einer Erhöhung der zu bewälti-

    genden Last die Anzahl der Wiederholungen reduziert wird. Demnach defi-

    nieren Martin et al. (2001) Kraftausdauer als die Fähigkeit „bei einer be-

    stimmten Wiederholungszahl von Kraftstößen innerhalb eines definierten

    Zeitraumes die Verringerung der Kraftstoßhöhen möglichst geringzuhalten“

    (S. 109).

    Weineck (2007) definiert die Kraftausdauer als Ermüdungswiderstandsfähig-

    keit gegenüber Belastungen, die bei über 30% des individuellen iso-

    metrischen Kraftmaximums liegen. Auch Hohmann et al. (2002) führen für

    eine Kraftausdauerbelastung einen Bewegungswiderstand an, welcher eben-

    falls bei mindestens 30% der Maximalkraft anzusiedeln ist. Liegt dieser Be-

    wegungswiderstand bei unter 30% der individuellen Maximalkraft, so spre-

    chen die Autoren von einer aeroben Ausdauerbelastung. Bei höheren Belas-

    tungen können nach Pach (1991) drei Erscheinungsweisen der Kraftausdau-

    er unterschieden werden. Hierzu liefert die Abbildung 5 einen Überblick.

  • 17

    Abb.5. Erscheinungsweisen der Kraftausdauer (Hohmann et al., 2002, S. 84, in Anlehnung

    an Pach, 1991).

    Die hochintensive statisch-dynamische Kraftausdauer wird hauptsächlich den

    kraftorientierten Kurzzeit-Ausdauerdisziplinen zugeordnet. Sie dominiert die

    Wettkampfleistung bei Sportarten wie Judo oder Ringen; hierbei gilt es, die

    Krafteinsätze in dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster zu maximieren.

    Die mittelintensive statische Kraftausdauer kommt in kraftorientierten Sport-

    arten, wie dem Gerätturnen, zum Tragen. Die niedrigintensive dynamische

    Kraftausdauer ist in kraftorientierten Mittelzeit-Ausdauerdisziplinen als der

    limitierende Faktor anzusehen. Hier gilt es, den Kraftabfall über die gesamte

    Dauer des Wettkampfes möglichst gering zu halten.

    Nach Hohmann et al. (2002) unterscheidet man ferner zwischen absoluter

    und relativer Kraftausdauer. Die absolute Kraftausdauer ist „durch die maxi-

    male Impulssumme aus den einzelnen Krafteinsätzen gekennzeichnet“ (S.

    84). Diese ist in hohem Maße von der Maximalkraft abhängig. Der zu tolerie-

    rende Kraftabfall, auf die einzelnen Krafteinsätze bezogen, wird als relative

    Kraftausdauer bezeichnet. Zwischen der Maximalkraft und der relativen

    Kraftausdauer sehen die Autoren hingegen keine Korrelation.

    Die Kraftausdauer kann ebenfalls in eine allgemeine und lokale Variante dif-

    ferenziert werden (Weineck, 2007). Unter allgemeiner Kraftausdauer wird die

    Ermüdungswiderstandsfähigkeit bezeichnet, bei der mehr als ein Siebtel der

    gesamten Skelettmuskulatur des Körpers beansprucht wird. Wird weniger als

  • 18

    ein Siebtel der Muskulatur innerviert, spricht man von dem Begriff der lokalen

    Ausdauer. Als eine Sonderform der Kraftausdauer gilt die Schnellkraftaus-

    dauer. Diese ist in Sportarten wie Boxen oder den „großen Spielen“, wie

    Fußball, von Bedeutung, da in diesen Betätigungsfeldern „über einen länge-

    ren Zeitraum schnellkräftige Extremitäten- oder Rumpfbewegungen leis-

    tungs(mit)-bestimmend sind“ (Weineck, 2007, S. 381). Die Schnellkraftaus-

    dauer ist sehr stark von der allgemeinen und lokalen aeroben und anaeroben

    Ausdauerleistungsfähigkeit abhängig.

    1.1.1 Gegenseitige Abhängigkeit der Kraftfähigkeiten

    Basierend auf dem dimensionsanalytischen Strukturansatz kann die körperli-

    che Fähigkeit Kraft in die Komponenten Maximalkraft, Schnellkraft, Kraftaus-

    dauer und Reaktivkraft unterteilt werden. Diese Kraftfähigkeiten sind jedoch

    nicht isoliert voneinander zu betrachten. Aus trainingsmethodischer Sicht

    können die Einzelkomponenten der Kraft relativ eigenständig trainiert werden

    (vgl. Fleck, 2002; Schlumberger & Schmidtbleicher, 2000). Im Rahmen diver-

    ser empirischer Arbeiten sind jedoch erhebliche wechselseitige Einflüsse

    bzw. Synergieeffekte evaluiert worden. Nachfolgend wird daher ein kurzer

    Überblick über die empirische Befundlage gegeben.

    Der unmittelbare Einfluss der Maximalkraft auf schnellkräftige Leistungen im

    Sport wurde bereits in Kapitel 1.1 dargelegt. Unter anderem weisen Bührle &

    Schmidtbleicher (1977) aufgrund früherer Untersuchungen auf eine signifi-

    kante Korrelation zwischen der maximalen Kraft als Maximum für eine Wie-

    derholung (1 RM), der Beschleunigung und der Bewegungsgeschwindigkeit

    hin. Durch eine Erhöhung der Muskelkontraktionskraft der beteiligten Mus-

    kelgruppen konnte die Arbeitsgruppe um Bangsbo et al. (1991) eine Verbes-

    serung der Beschleunigungs- und Sprintfähigkeit bei Fußballspielern diag-

    nostizieren. Ähnliche Befunde liefert die Studie von Wisloff et al. (2004). Die

    Arbeitsgruppe konnte bei Profi-Fußballern eine enge Beziehung zwischen

    der Maximalkraft und den Leistungen im Sprint von 10m bis 20m dokumen-

    tieren. Übereinstimmend konstatieren Delecluse et al. (1995) und Sale

    (1992), dass die im Rahmen eines Krafttrainings verbesserte Maximal- und

    Explosivkraft sowie neuronale Adaptationen für eine Verbesserung der

    Sprintleistung verantwortlich sein können. Basierend auf eigenen Untersu-

  • 19

    chungen mit professionellen Fußballspielern weisen auch Hoff et al. (2006)

    bei einem auf neuronale Anpassungen ausgelegtem Krafttraining auf Ver-

    besserungen der Maximalkraft, der Leistung im Sprint und der maximalen

    Sprunghöhe hin. So konnten Hoff & Helgerud (2004) bei norwegischen Fuß-

    ballprofis nach einem Krafttraining der Kniebeuge mit maximalen Lasten

    Leistungssteigerungen beim 10m-Sprintantritt evaluieren. Die Arbeitsgruppe

    um Wisloff et al. (2004) bestätigt eine signifikante Korrelation von maximalen

    Leistungen in der Kniebeuge und Sprintfähigkeiten über eine Distanz von

    10m (vgl. Abbildung 6). Die Wissenschaftler weisen ebenfalls auf den engen

    Zusammenhang zwischen der Sprungleistung im Countermovement-Jump

    und der besagten 10m-Sprintzeit hin.

    Abb.6. Die Korrelation zwischen maximaler Einmalwiederholung und Sprint- und Sprungleis-

    tung bei professionellen Fußballspielern (Wisloff et al., 2004, S. 287).

    Dieser Befund wird unter anderem durch die Ausführungen von Cronin et al.

    (2005) bestätigt. Entgegen anderer empirischer Untersuchungen konnte die-

    se Arbeitsgruppe dagegen keinen Zusammenhang zwischen der Leistung im