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Zeit planen Ausgewogene Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung in der Altenpflege Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern

Zeit planen - Brandenburg€¦ · hen früh ins Bett, stehen früh auf und können spätes Schlafengehen nicht durch längeres Ausschlafen ausgleichen. Sie entwickeln da-her im Nachtdienst

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  • Zeit planen

    Ausgewogene Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung in der Altenpflege

    Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern

  • Eine Veröffentlichung im Rahmen der:

  • 3

    Inhalt

    1 Einführung .................................................................................................................... 5

    2 Ausgewogene oder balanceorientierte Dienstplanung .......................................... 7

    3 Schichtdienst aus Sicht der Arbeitsmedizin ............................................................ 11

    4 Rahmenbedingungen der Dienstplanung ................................................................. 154.1 Rechtliche Grundlagen .................................................................................................. 164.2 ErfordernissederPflegebzw.desBetriebs .................................................................. 194.3 WünschederBeschäftigten ........................................................................................... 20

    5 Arbeitsorganisation und Dienstplanung .................................................................. 235.1 Arbeitsabläufeüberprüfen ............................................................................................. 245.2 Arbeitsabläufeverändern .............................................................................................. 255.3 Alterns-undaltersgerechtesArbeiteninderPflege ...................................................... 28

    6 Schichtmodelle ............................................................................................................ 316.1 Schichtsysteme .............................................................................................................. 326.2 PlanungvonSchichtfolgenundfreienTagen ................................................................ 32

    7 Vertretungslösungen finden – Management von Ausfallzeiten ............................. 357.1 BeiderPlanungAusfallzeitenberücksichtigen .............................................................. 367.2 Vertretungsfälleprüfen .................................................................................................. 37

    8 Veränderungsprozess für eine neue Dienstplanung einleiten und kommunizieren 41

    9 Grundüberlegungen einer ausgewogenen Dienstplanung .................................... 45

    10 Schlussbetrachtung .................................................................................................... 47

    Literaturverzeichnis .................................................................................................... 51

  • 4 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 5VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    EINFÜHRUNG

  • 6 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    1 Einführung

    Die Broschüre „Ausgewogene Arbeitszeit-und Dienstplangestaltung in der Altenpfle-ge–VereinbarkeitvonBerufundPrivatlebenfördern“ möchte für die Umsetzung einergutenVereinbarkeit vonBeruf undPrivatle-benwerbenundaufdieNotwendigkeiteinergesundheitsfördernden Arbeitszeitplanungaufmerksammachen.IndenKapiteln2bis3wirdzunächstaufdieArgumenteeingegan-gen, die dringend eine ausgewogene oderbalanceorientierteDienstplanung(Kapitel2)empfehlen.Dabei legensowohlgesetzlicheVorgabenalsaucharbeitsmedizinischeBe-lange(Kapitel3)dasFundament.

    DasseineausgewogeneDienstplanungnichtohneeineentsprechendeArbeitsorganisati-onzuerreichenist,zeigtKapitel4auf.EineVeränderung der Arbeitsabläufe hat direkteAuswirkungenaufdieArbeitszeitenderBe-schäftigtenundmöglicherweiseauchaufdasLeitbilddesBetriebs.DerBereichArbeitsor-ganisation bietet das größte Gestaltungs-potenzial, das eine gute Vereinbarkeit vonBeruf undPrivatleben für dieBeschäftigtenundzugleicheinindividuelleresLebenfürdieBewohnerinnenundBewohnerermöglichenkann.AuchdieBedürfnisseältererBeschäf-tigterbeiderPlanungderArbeitszeitenmüs-senberücksichtigtwerden,umeineBerufstä-tigkeitbiszumRenteneintrittzuermöglichen.

    Kapitel 5 und 6 schließen mit Beispielenzu Schichtmodellen an und gehen auf diekonkrete Erstellung eines Dienstplans ein.Sowohl Empfehlungen aus arbeitsmedizini-scherSichtwerdenvorgestellt,alsauchausdemBlickwinkelderVereinbarkeit.

    Allerdings hilft die beste Planung wenig,wenn keine grundsätzliche Vorsorge fürplötzliche Ausfallzeiten getroffen wird. Da-herwird inKapitel7 füreinsystematischesManagement vonFehlzeiten geworben undentsprechendeAnregungengegeben.

    VeränderungeninBetriebensinderfolgreich,wenn derProzess von einermöglichst um-fassendenBeteiligungbegleitetwird. InKa-pitel8werdenmöglicheVerfahrens-undVor-gehensweisenbeschrieben,wiebetrieblicheInnovationenimBetriebpartizipativvorange-brachtwerdenkönnen.

    Die letzten Seiten stellen abschließend dieGrundüberlegungen und ein Plädoyer füreine ausgewogene oder balanceorientierteDienstplanungvor.

    InderBroschürewirdderBegriff„Pflegekräf-te“ für Pflegefach- undPflegehilfskräfte sy-nonym verwendet.Wo eineDifferenzierungnotwendigerscheint,werdenjeweilsPflege-fach-bzw.Pflegehilfskräfteexplizitgenannt.

  • 7VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    AUSGEWOGENE ODER

    BALANCEORIENTIERTE DIENSTPLANUNG

  • 8 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Ausgewogene oder balanceorientierte Dienstplanung2

    Eine ausgewogene Arbeitszeitgestaltungist die basaleGrundlage für eine gutePer-sonalbindung. Dies gilt ganz besonders fürdieprofessionelleDienstleistungPflege,dierundumdieUhranallenTagenimJahrdieBetreuungundPflegefürMenschenmitUn-terstützungs-und / oderPflegebedarfsicher-stellt.DamitdieBetreuungund / oderpflege-rischeVersorgungjederzeitinguterQualitätundausreichenderQuantitätgegebenist,isteinegutePlanungderEinsätzederBeschäf-tigten und eine durchdachte Organisation bzw.VerteilungderArbeitnotwendig.

    Eine ausgewogene oder balanceorientier-te Dienstplanung berücksichtigt außer denErfordernissenderPflegeaber immerauchdieBelangederBeschäftigten.Esist imIn-teresse der Pflegeeinrichtungen, dass dieBeschäftigtenzufriedensind,dennwenndieBeschäftigtensichwohlfühlen,sindsieleis-tungsfähigerund-bereiter.

    Oderandersausgedrückt,eineausgewoge-neDienstplanungbringtLebensqualitätundLeistungsfähigkeit miteinander in EinklangundsicherteinlangesBerufsleben.

    DieGrundlagefüreineausgeglicheneBilanzvon Beruf und Privatleben ist das Zusam-menspielmehrererFaktoren:

    ● Privatleben:Lebensplanung,ZeitfürFamilieundFreunde,Erziehungszeiten,privateAktivitäten

    ● Berufsleben:RahmenbedingungenderBeschäftigung,beruflicheWeiterentwick-lungsmöglichkeiten,ErfolgeundWert-schätzung

    ● angemessenesEinkommen,SicherheitundAbsicherungderZukunft

    1 Wert.ArbeitGmbH,Berlin / UdoBöhlefeld,(2013):Expertise„BalanceorientierteArbeitszeit-undDienstplange-staltunginderPflege“.Berlin.

    2 BundesministeriumfürFamilie,Senioren,Frauenu.Jugend(2015):FamilieundArbeitswelt-DieNEUE Verein-barkeit.MonitorFamilienforschung.BeiträgeausForschung,StatistikundFamilienpolitik,Berlin.

    ● Gesundheit,ErhaltundFörderungderArbeitsfähigkeit

    Balanceorientierung heißt, die betrieblichenMaßnahmenundindividuellenKompetenzenaufeinander zu beziehen sowie zu entwi-ckeln, dasVerhältnis vonArbeit undLebenineinesozialnachhaltigeBeziehungzubrin-gen:ArbeitszeitundLebenszeit,Anforderun-gen und Ressourcen, Wertschätzung undPerspektiven, Verausgabung und ErholungsowieQuantitätundQualitätvonArbeit. 1

    Die Festlegung der Arbeitstage bzw. -zei-tenbestimmtdasalltäglicheLebenderBe-schäftigtenundihrerFamilien.BesondersimSchichtdienstmitwechselndenArbeitszeitenistdieVereinbarkeitvonBerufundPrivatle-beneinwichtigesundzentralesThema.

    FürdieFührungskräfteinderPflegewiede-rum stellt die Vereinbarkeit eine Herausfor-derunginderPersonalentwicklungdar.EineBeteiligungundBerücksichtigungvonWün-schen der Beschäftigten bei der Dienstpla-nung fördert denAusgleichzwischenBerufundPrivatlebenundwirdalsWertschätzungempfunden. Eine gute Planung erzeugt Ar-beitszufriedenheit, verbessert die Zusam-menarbeitunderhöhtdieQualitätderArbeit.

    DieVereinbarkeitvonBerufundPrivatlebenwird inDeutschlandauch in anderenBran-chen diskutiert. Zunehmend bemühen sichBetriebeumguteundpraktikableLösungen,denneineguteVereinbarkeitvonFamilieundBerufhateinehoheBedeutungfürdiesozi-aleStabilität und den ökonomischenErfolgvon Unternehmen. 2 Auch ist das AngeboteinergutenBalancevonArbeitundFreizeitlängst ein wesentlicher WettbewerbsfaktorzurGewinnungvonFachkräftengeworden.

  • 9VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    EinbesonderesGewichtkommtderVerein-barkeitvonBerufundPrivatlebeninderfrau-endominiertenBrancheAltenpflegezu.Dennnoch immerwirdFamilienarbeitvorwiegendvonFrauenerbracht.EineBeschäftigung inTeilzeit kann eine vorrübergehende Lösungsein,umBerufundPrivatlebenbesserzuver-einbaren.AberauchunzureichendeAngebo-teeinergutenVereinbarkeitsinddieUrsache,dassvieleFraueninTeilzeitbeschäftigtsind.ImJahr2015warenrund48Prozentderer-werbstätigenFraueninDeutschlandineinerBeschäftigung mit reduziertem Arbeitszeit-volumen. 3 In2015haben inderAltenpflegeinBrandenburg 49Prozent derPflegefach-kräfteund78ProzentderPflegehilfskräfteinTeilzeit gearbeitet. 4 Dabei ist eine Ausdeh-nungdesArbeitszeitvolumensein geeigne-tesMittel,umdenBedarfanFachkräftenundPflegehilfskräftenzudecken.

    3 StatistischesBundesamt(Destatis)(2017):AbhängigErwerbstätige:Deutschland,Jahre,Beschäftigungsum-fang,Geschlecht,Mikrozensus.https://www.genesis.destatis.de/genesis/online.

    4 AmtfürStatistikBerlinBrandenburg(2016),AmbulanteundstationärePflegeeinrichtungensowieEmpfängervonPflegegeldleistungeninBrandenburg2015,BerichtKVIII12j / 15,eigeneBerechnungen.

    Mit der demografisch bedingt steigendenNachfrage besonders an Pflegefachkräftenerfolgt zunehmend ein PerspektivwechselininnovationsfreudigenBetriebenderAlten-pflege.DieseversuchennichtmehrnurBe-schäftigtezugewinnen,diezu ihrenBedin-gungenpassen,sondernbietenaucheinenBeschäftigungsrahmen, der zur LebensweltderBeschäftigtenpasst.Nicht zuletzt profi-tiertderBetriebauchselbst,dennzufriedeneBeschäftigteleistenbessereArbeit.

    EineausgewogeneArbeitszeitgestaltung istebenso ein wichtiger Baustein im betriebli-chen Gesundheitsmanagement. Denn die PlanungderSchichtfolgen, -anzahl unddieGarantievonsinnvollzusammenhängendenfreienTagenzurRegenerationwerdenfürdieBeschäftigtenimLaufeihresErwerbslebensimmer wichtiger. Wird eine gute Balance

    Gutes Betriebsklima

    Stärkung des Teams

    Niedrige Fehlzeitenquote

    Identifikation mit dem Betrieb steigt

    Gute Qualität der Arbeit

    Abbildung: Wirkung einer ausgewogenen Dienstplanung auf den Betrieb

  • 10 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    zwischenArbeitundFreizeitgehalten,steigtdieZufriedenheitderBeschäftigten,dasBe-triebsklimaistgut,dieIdentifikationmitdemBetriebnimmtzu,dieAnzahlderFehlzeitenverringert sich, die Teamstrukturen werdengestärkt undeswirdeineguteQualität derArbeiterbracht.

    Eine Balance zwischen den ErfordernissenderPflegeunddenberechtigtenWünschenderBeschäftigten nach einer gutenVerein-barkeit von Beruf und Privatleben ist nichtimmerleichtherzustellen.Eineallgemeingül-tigeLösung,diefürallePflegeeinrichtungengleichermaßen gilt, gibt es leider nicht, dasichdieRahmenbedingungendereinzelnenPflegebetriebe voneinander unterscheiden.AberinjedemBetriebgibtesEntwicklungs-chancen,diezueinerverbessertenundver-lässlichen Dienstplanung und zu gesund-heitsförderlichenArbeitsbedingungenfürdieBeschäftigtenführenkönnen.

  • 11VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    SCHICHTDIENST AUS SICHT

    DER ARBEITSMEDIZIN

  • 12 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Schichtdienst aus Sicht der Arbeitsmedizin3

    InderPflegewirdzujederTages-undNacht-zeitgearbeitet–daszeigtWirkungaufdenBiorhythmusderBeschäftigten.DerMenschist tagaktiv mit tageszeitlichen Leistungs-schwankungenunddemBedürfnisnachei-ner unterschiedlich langen Nachtruhe. Derentscheidende Zeitgeber ist der WechselzwischenHelligkeitundDunkelheit.DasLichtlöst neurophysiologischeProzesse aus, diedieWach-undSchlafphasenbestimmen.Esgibt zwar durchaus genetisch determinierteUnterschiede – Menschen die eher morgens besondersleistungsfähigsind,anderedieamAbend noch einmal ein Leistungshoch ha-ben–,aberbeimgrößtenTeilderMenschenist der circadiane Rhythmus genau auf die 24 Stunden angepasst. Besonders deutlichwirdderUnterschiedbeidenverschiedenen„Tagestypen“.SogenannteMorgentypenge-henfrühinsBett,stehenfrühaufundkönnenspätesSchlafengehen nicht durch längeresAusschlafenausgleichen.Sieentwickelnda-her im Nachtdienst ein erhebliches Schlaf-defizit. Dagegen ist bei den sogenanntenAbendtypen das Schlafverhalten flexibler,daherkommensiemitNachtarbeitszeitbes-serzurecht.AnderseitskönnenAbendtypennichtvorschlafen,weshalbsievorfrühbegin-nendenFrühschichtenrelativwenigschlafenunddadurcheinSchlafdefizitentwickeln. 5

    Nachtschicht bedeutet für den Menscheneine erhebliche Umstellung des Biorhyth-mus,weshalbschonalleindurchdiezeitlicheVerschiebungvonAktivitäts-undRuhepha-seeinekörperlicheBelastungvorliegt.EinevollkommeneAnpassunganNachtarbeit istnachAuffassungderDeutschenGesellschaftfürArbeits-undUmweltmedizinnursehrsel-ten zubeobachten. In derRegel kommteszueinerTeilanpassung.DieRückanpassung

    5 DeutscheGesellschaftfürArbeitsmedizinundUmweltmedizine.V.(2006):ArbeitsmedizinischeLeitliniederDeutschenGesellschaftfürArbeitsmedizinundUmweltmedizine.V.Nacht-undSchichtarbeit.München.

    6 BundesanstaltfürArbeitsschutzundArbeitsmedizin:GestaltungvonSchicht-undNachtarbeit. http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/ Arbeitszeitgestaltung/Nacht-undSchichtarbeit.html(20.02.2017).

    an denTagdienst verläuft dagegen schnell,kannaberbeieinergutenAnpassungandieNachtarbeit auch mehrere Tage beanspru-chen.

    In Folge einer laufenden Umstellung desBiorhythmus bei Schichtdienst kann es zugesundheitlichen Einschränkungen, insbe-sondere zu Schlafstörungen während desNachtdienstes, kommen. Diese treten mitzunehmendem Lebensalter immer häufigerauf. Schichtdienst ist eine gesundheitliche Belastung, die aber nach arbeitsmedizini-schenErkenntnissenzukeinerspezifischenErkrankung,sondernzuSchlafstörungen,ei-nemallgemeinenErschöpfungszustandundpsychischerBelastungführt–wasdasAuf-tretenbestimmterKrankheitsbilderallerdingsfördert.

    Die arbeitsmedizinischen Handlungs-empfehlungen zur Nacht- und Schichtpla-nung umfassen 6 :

    ● Die Anzahl aufeinanderfolgender Nachtschichten sollte möglichst ge-ring sein.

    ● Nach einer Nachtschichtphase sollte eine möglichst lange Ruhephase fol-gen. Sie sollte auf keinen Fall weniger als 24 Stunden betragen.

    ● Geblockte Wochenendfreizeiten sind besser als einzelne freie Tage am Wochenende.

    ● Schichtarbeiter / innen sollten mög-lichst mehr freie Tage im Jahr haben als Tagarbeiter / innen.

    https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Arbeitszeit/Nacht-und-Schichtarbeit.html

  • 13VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    ● Ungünstige Schichtfolgen sollten ver-mieden werden, d. h. immer vorwärts rotieren (Früh-Spät-Nacht).

    ● Die Frühschicht sollte nicht zu früh beginnen.

    ● Die Nachtschicht sollte möglichst früh enden.

    ● Zugunsten individueller Vorlieben sollte auf starre Anfangszeiten ver-zichtet werden.

    ● Die Massierung von Arbeitstagen oder Arbeitszeiten auf einen Tag soll-te begrenzt werden.

    ● Schichtpläne sollen vorhersagbar und überschaubar sein.

    ● Die Ruhezeiten zwischen den Schich-ten sollten so lang sein, dass eine effektive Erholung möglich ist.

    Um die gesundheitliche Belastung für Be-schäftigteimSchichtdienstmöglichstgeringzuhalten,hatdieBundesanstaltfürArbeits-schutzundArbeitsmedizineinigeVorschlägeveröffentlicht.

    Einige der Empfehlungen für den Gesund-heitsschutz im Schichtdienst sind nichtgleichzeitig erfüllbar. So kann der Nacht-dienst nicht früh beendet werden und derFrühdienst spät beginnen. Ein Kompromisskönntevielleichtein früherDienstzurzeitli-chenÜberbrückungsein,deranderenTeam-mitgliedern einen späteren Arbeitsbeginnermöglicht. Auch kann in der Pflege nichtauf festgelegteArbeitszeitenverzichtetwer-den.DennochgibtesbeiderDienstplanungMöglichkeiten,Beschäftigte zu bevorzugtenArbeitszeiteneinzusetzen.

    DergesundheitlicheSchutzderBeschäftig-tenisteinederwichtigstenLeitlinienbeiderErstellung derDienstplanung.Deutlichwirddies durch die gesetzlichen Vorgaben zumRahmen der Planung.

  • 14 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 15VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    RAHMENBEDINGUNGEN DER

    DIENSTPLANUNG

  • 16 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Rahmenbedingungen der Dienstplanung4

    Bei der Erstellung eines Dienstplans sindzahlreicheFaktorenzuberücksichtigen,diedenSpielraumanFlexibilitätdeutlicheinen-gen,aberauchLeitlinienvorgeben,diezumSchutz der Beschäftigten und / oder zumWohl der Bewohnerinnen und Bewohnerbestehen.Bedachtwerdenmüssen die ge-setzlichen Vorgaben, die Erfordernisse derPflegebzw.desBetriebsunddieArbeitszeit-wünschederBeschäftigten.

    ImFolgendenwerdenzunächstinAuszügendierechtlichenVorgabenderDienstplanungdargestellt, daran anschließendwerden die

    bereitsgenanntenzweiweiterenParameterzurArbeitszeitgestaltungausgeführt.

    4.1 Rechtliche GrundlagenDiegesetzlichenGrundlagenfürdieArbeits-zeitgestaltungbilden:

    ● dasArbeitszeitgesetz ● dasArbeitsschutzgesetz ● dasBetriebsverfassungsgesetz ● dasMutterschutzgesetz

    Zubeachtenistaußerdem,dassderDienst-planeinjuristischesDokumentist.

    Die obligatorischen Ruhepausen (§ 4 Arbeitszeitgesetz): Die Arbeit ist durch im Voraus festste-hende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

    Eine obligatorische Ruhezeit zwischen den Arbeitstagen von 11 Stunden (§ 5 Arbeitszeitgesetz): Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Die Dauer der Ruhezeit kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststät-ten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.

    Die Ausgleichsregelungen bei Nacht- und Schichtarbeit. Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wo-chen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

    Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben (§ 11 Arbeitszeitgesetz).

    Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 (Arbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten etc.) entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die im Gesetz bestimmten Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.

  • 17VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäf-tigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag ein-schließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

    Wer als Arbeitgeber die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes missachtet, riskiert ein Ordnungs-widrigkeits- oder ein Strafverfahren.

    Das Betriebsverfassungsgesetz sieht eine durch Beschluss des Gremiums herbeigeführte Zu-stimmung des Betriebsrats zu jedem Dienstplan vor, mit dem der Arbeitgeber die Arbeitszeit der davon betroffenen Arbeitnehmer verbindlich festlegen will; davon kann allenfalls im Rah-men einer Betriebsvereinbarung, in der Grundsätze der Dienstplanung geregelt sind, in engen Grenzen abgewichen werden. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Betriebsrat eine Frist zur Zustimmung zu setzen, bei deren Verstreichen er von einer Zustimmungsfiktion ausgeht. Aus dem bloßen Unterlassen einer Äußerung des Betriebsrats zu dem Dienstplanentwurf kann nicht auf eine (konkludente) Zustimmung geschlossen werden.

    Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Dienstpläne erst dann gegenüber der Belegschaft veröffentlicht, wenn die Zustimmung des Betriebsrats vorliegt. Der Betriebsrat hat es hinzunehmen, wenn der Arbeitgeber Dienstplanentwürfe mit der Kennzeich-nung ihres Entwurfscharakters oder mit der Kennzeichnung der noch fehlenden Zustimmung des Betriebsrats betriebsöffentlich aushängt. Nimmt der Arbeitgeber allerdings die Arbeitskraft seiner Arbeitnehmer entsprechend dem ausgehängten Entwurf entgegen, ohne dass inzwi-schen eine Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder diese durch die Einigungsstelle ersetzt wurde, verletzt er damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus §  87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG.Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg AZ 6TABV880 / 12

    Dienstpläne müssen sich zwei Wochen im Voraus im Aushang befinden und sich über vier Wo-chen erstrecken.Bundesarbeitsgerichtsurteil vom 28.10.1986 – AZ 1ARB11 / 85

    Das Arbeitszeitgesetz schützt die Arbeit-nehmerinnenundArbeitnehmer.EsbegrenztdietäglicheArbeitszeitundgewährleistetsodie Sicherheit und den GesundheitsschutzderBeschäftigten.DasGesetzeröffnetaberauch denBetrieben einen Flexibilisierungs-rahmen.

    ZudenwichtigstenRegelungendesArbeits-zeitgesetzeszählen:

    DieBegrenzungderwerktäglichenArbeits-zeit auf 8 Stunden.DieArbeitszeitkannaufbiszuzehnStundennurverlängertwerden,wenninnerhalbvonsechsKalendermonaten

  • 18 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    oder innerhalb von 24 Wochen im Durch-schnittachtStundenwerktäglichnichtüber-schrittenwerden.

    TarifverträgemacheneinevomArbeitszeit-gesetzabweichendeRegelungmöglich.

    Das Arbeitsschutzgesetz fördert die Si-cherheit und Gesundheit der BeschäftigtenamArbeitsplatz.Regelmäßig sind in jedemBetrieb Gefährdungsbeurteilungen durchdenArbeitgeber / dieArbeitgeberindurchzu-führen. Beurteilt werden die Arbeitsbedin-gungen, die neben der Gefährdung durchchemische Substanzen oder physikalischeEinflüsse auch auf Beeinträchtigungen derGesundheitderBeschäftigtendurchdieGe-staltungvonArbeitsverfahren,Arbeitsabläu-fen, Arbeitszeit, unzureichendeQualifikati-on oder Unterweisungen der BeschäftigtensowiederpsychischenBelastungeingehen.DieErgebnissederGefährdungsbeurteilungsindzudokumentieren,ebensodiezuergrei-fendenMaßnahmen.DerBetriebsrathatdieMaßnahmendesArbeitsschutzeszufördern(§80Betriebsverfassungsgesetz)undMitbe-stimmungsrechtbeiderUmsetzungentspre-chenderMaßnahmen.

    Das Betriebsverfassungsgesetz sichert die Mitbestimmung der Beschäftigten imBetrieb. In Betriebenmit in der Regelmin-destens fünf ständigen wahlberechtigtenBeschäftigten (über 18 Jahre, mind. sechsMonateimBetrieb),vondenendreiwählbarsind, werden Betriebsräte gewählt. AnalogdemBetriebsverfassungsgesetzgiltinkirch-lichen Einrichtungen das Mitarbeitervertre-tungsgesetz.

    Der Betriebsrat oder die Mitarbeitervertre-tunghateinweitgehendesMitbestimmungs-recht zu Beginn, Ende und Gestaltung derArbeitszeitimBetrieb.SoweitzudenArbeits-zeitenkeineabschließendenRegelungenim

    Tarifvertrag vorliegen, kann diese auf be-trieblicher Ebene über eine Betriebsverein-barunggemeinsamgestaltetwerden.

    §87Abs.1Nr.2BetrVGräumtdemBetriebs-rateinMitbestimmungsrechteinbei:

    ● BeginnundEndedertäglichenArbeits-zeiteinschließlichderPausensowieVer-teilungderArbeitszeitaufdieeinzelnenWochentage

    ● vorübergehendeVerkürzungoderVerlän-gerungderbetriebsüblichenArbeitszeit

    ● Zeit,OrtundArtderAuszahlungderArbeitsentgelte

    ● AufstellungallgemeinerUrlaubsgrundsät-zeunddesUrlaubsplanssowiedieFest-setzungderzeitlichenLagedesUrlaubsfüreinzelneBeschäftigte,wennzwischendemArbeitgeber unddenbeteiligtenBeschäftigtenkeinEinverständniserzieltwird

    SchwangereoderstillendeBeschäftigteste-henunterdemSchutzdesMutterschutzge-setzes.BeiderDienstplanung istdaraufzuachten,dasssienichtfürNachtdienst(Nacht-arbeit von20bis 6Uhr) eingeplantwerdenundauchkeineÜberstundenleistendürfen.Wochenendarbeit ist zulässig, allerdingsmuss in der Woche eine ununterbrocheneRuhezeit von 35 Stunden gewährt werden.AuchhinsichtlichderArbeitsorganisationhatdas Mutterschutzgesetz einige dezidierteAusführungen, die sich auf die Planung der Diensteauswirken.

    Der Dienstplan ist ein juristisches Doku-ment mit urkundenähnlichem Charakter. Er hat eine Nachweis- und haftungsrecht-liche Funktion (MdK, Heimaufsicht, Ge-richt).

  • 19VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Eine Legende zu den verwendeten Abkür-zungenmussdemPlanimmerbeiliegen,umeineLesbarkeitzugewährleisten.Autorisier-teÄnderungenmüssennachvollziehbarseinundsindmitUnterschrift (Kürzel) zubestä-tigen. Keinesfalls dürfen Eintragungen mitBleistift erfolgen oder Radierungen vorge-nommenwerden.NachträglicheÄnderungenmüssendeutlicherkennbarsein.

    Die Gesetzgebung gibt die Leitlinien derDienstplanung vor, während der Pflegebe-triebdieweitereAusgestaltungbestimmt.

    4.2 Erfordernisse der Pflege bzw. des Betriebs In der Pflege ist in jeder Schicht an jedemTagPflegepersonalmitdenjeweilsbenötig-tenQualifikationenunderforderlichenKom-petenzeneinzuplanen.BeruflicheAbschlüs-seinderPflegedefinierendasTätigkeitsfeldund die Einsatzplanung in Bezug auf dieanfallenden Pflegetätigkeiten. Das Pfle-gesystemeinesBetriebsbestimmtwiederummaßgeblichdieArbeitsorganisationunddieAnzahlderbenötigtenPflegefach-undPfle-gehilfskräfteindenSchichten.

    VielePflegeeinrichtungen setzeneinenMixaus verschiedenen Pflegesystemen um.GruppenpflegeoderBereichspflegewerdenmit Funktionspflege kombiniert, aber auchVariantenvonBezugs-undFunktionspflegekommenvor.

    Pflegesysteme

    Funktionspflege ist eine tätigkeitsorien-tierte Form der Pflege. Pflegefach- und Pflegehilfskräfte übernehmen einzelne Aufgaben und sind allein dafür zuständig.

    Bereichspflege oder Gruppenpflege: Hier ist der Wohnbereich in kleinere Ein-

    heiten unterteilt. Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte werden den einzelnen Wohneinheiten fest zugeordnet. Die Verantwortung besteht zeitlich für eine Schicht.

    Bezugspflege: Eine bestimmte Anzahl von Pflegebedürftigen wird von einer bestimmten Anzahl Pflegefach- und Pfle-gehilfskräften gepflegt. Das bedeutet, dass die Gesamtverantwortung für den Pflegeprozess der Bewohnerinnen und Bewohner bei einer benannten Pflege-fachkraft liegt. Der Bezugspflege liegt ein ganzheitlicher und umfassender Gedan-ke zugrunde.

    Tageszeitliche Arbeitsspitzen wiederum le-gen fest,wievieleBeschäftigtezuwelchenZeitenbenötigtwerden.Wannüblicherweiseein erhöhter Arbeitsanfall zu erwarten ist,richtetsichauchnachdenErwartungenundWünschenderBewohnerinnenundBewoh-nerundderTagesstruktur inderPflegeein-richtung. Es besteht eine WechselwirkungzwischendenGewohnheitenderBewohne-rinnenundBewohnerunddeminstitutionel-lenTagesablauf.AllerdingspassensichdesÖfterendiePflegebedürftigender vorgege-ben Situation an. Auch macht der täglicheArbeitsdruck es den Beschäftigten in derPflegeseltenmöglich,zuüberprüfen,obdieüblicheTagesstrukturnochzuderaktuellenZusammensetzungderBewohnerinnenundBewohnerpasst.Jedoch liegengeradehierChancen,durcheineVeränderungimTages-ablauf bzw. in der Arbeitsorganisation einenicht zufriedenstellende Dienstplanung zuverbessern.

    Auch das unterschiedliche Arbeitszeitvolu-men der Beschäftigtenmuss berücksichtigtwerden. Die variablen ArbeitszeitvoluminaerschwerendiePlanung,erzeugenabereine

  • 20 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    gewisseFlexibilitäthinsichtlichdesBeginnsundEnde der täglichenArbeitszeit der Be-schäftigten. Dabei schränkt eine hohe An-zahlreduzierterArbeitszeitendieVerfügbar-keit von Pflegefach- und PflegehilfskräftenbesondersanWochenendenundFeiertagenstarkein.

    Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg legt fest, dass Teil-zeitbeschäftigte nur in dem Umfang zur Arbeit am Wochenende herangezogen werden dürfen, dass ihre Arbeitszeit am Wochenende proportional dieselbe ist wie die ihrer in Vollzeit arbeitenden Kol-legen. Das Gericht wertete die übermäßi-ge Zuweisung von Wochenendarbeit als eine Diskriminierung der Teilzeitkräfte.(Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg – 26 Sa 2340 / 14 )

    Zu bedenken ist auch, dass die Länge dergeplanten Dienstfolgen sich auf die Belas-tungderBeschäftigtenauswirken.JelängerderZyklus ist, also jemehrTagehinterein-andergearbeitetwerden,destohöheristdieArbeitsbelastung.DiesekumulierteWirkungkannnurdurcheineentsprechendlangeRe-generationszeit ausgeglichen werden. Be-sondersfürältereBeschäftigteisteinelangeDienstfolgebelastend,dennmitsteigendemLebensalter verlängert sich die benötigtePausezurErholung.

    Erfahrungen haben gezeigt, dass die Ein-planung aller zur Verfügung stehenden Ar-beitsstundenbeiplötzlicherErkrankungsehrschnell zu Überstunden der Beschäftigtenführt.UmdiePlanung zuverlässiger zuge-stalten, istesdahersinnvoller,vonderNet-toarbeitszeit auszugehen. Die „eingespar-ten“Stundenkönnendann fürden „Notfall“verwendetwerden.

    AberaucheinerechtzeitigeundtransparenteBeteiligung der Beschäftigten sollte bei derPlanungumgesetztwerden,denndaserhöhtdieAkzeptanz.

    4.3 Wünsche der BeschäftigtenSchichtdienstinderPflegeheißtfürdieBe-schäftigten, dass sie zu jeder Tages- oderNachtzeit,an jedemWochenendeoderFei-ertag zur Arbeit eingeteilt werden können.WährendErwerbstätigeineinemArbeitsver-hältnismitRegelarbeitszeitenbereitssicherwissen,dasssiezugesetzlichenFeiertagenmit der FamilieUnternehmungen oder eineKurzreiseplanenkönnen, ist fürPflegekräf-tefreieZeiterstmitderVeröffentlichungdesDienstplans planbar. Leider ist in der Rea-lität sehr vieler Pflegeeinrichtungen auchdies nicht sicher.Denn bei knapper Perso-nalbemessungundkrankheitsbedingtemAr-beitsausfallwerdendesÖfterenPflegekräftekurzfristigzurArbeitgerufen.

    Es besteht für Pflegekräfte keineVerpflich-tung,anfreienTagenzurArbeitzukommenodersehrkurzfristig ineineandereSchichtzuwechseln.Allerdingswirddiesvonzahl-reichenBeschäftigtenakzeptiert,dasiesichdenKolleginnenundKollegenund / oderdenBewohnerinnenundBewohnern verpflichtetfühlen.

    AuchbestehtindenTeamsmancherPflege-einrichtungeneinKonformitätsdruck,derfüreinzelneBeschäftigtedasBestehenaufge-plantefreieTagekaummöglichmacht.Man-chePflegekräfteerlebensolcheSituationenals emotionale Spannung, da sie sich zwi-schendenErwartungender Familie / Freun-de und denKolleginnen / Kollegen entschei-denmüssen.WirdderDruckzugroß,kanndieszumWechseldesArbeitgebersbzw.derArbeitgeberinodersogarzumAusstiegausdemPflegeberufführen.

  • 21VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Schichtdienst bedeutet, in der sozialen„Desynchronisation“ zu leben. Freizeitakti-vitäten, kulturelle Veranstaltungen oder Bil-dungsangeboteorientierensichander„Nor-malarbeitszeit“, d.h. sie finden am Abendoder am Wochenende statt. Pflegekräftenist esnurmöglichbeispielsweiseein regel-mäßiges Bildungsangebot wahrzunehmen,wennderTerminimDienstplaneineentspre-chendeBerücksichtigungfindet.DerDienst-plan greift also sehr tief in die persönlicheLebensgestaltungderBeschäftigtenein.Da-raus lässt sich eineweitgehendeFürsorge-pflichtdesArbeitgebersableiten.

    Je tiefer der Arbeitgeber per Direktions-recht in die Persönlichkeitsrechte der Be-schäftigten eingreifen kann, umso mehr muss er im Rahmen der Fürsorgepflicht auch auf deren persönliche Interessen achten. 7

    VielePflegeeinrichtungenbemühensich,dieindividuellenLebenslagenderBeschäftigtenbei der Dienstplanung zu berücksichtigen.DasistbesondersfürAlleinerziehendeoderBeschäftigtemit pflegebedürftigenAngehö-rigenvonhoherBedeutung.Denndiezeitli-cheVerfügbarkeitvonBetreuungsangebotenentscheidet, inwelchenSchichtendiePfle-gekraft arbeiten kann. Solche dauerhaftenindividuellenArbeitszeitwünschelassensichbei der Dienstplanung nur insoweit umset-zen, als es anderen Beschäftigten möglichist,dieweiterenSchichtenabzudecken.Da-her sollte bei jeder neuen Einstellung vonPflegefach-bzw.Pflegehilfskräftenmitdefi-nierten Arbeitszeitwünschen überprüft wer-den,inwelcheWohngruppeoderbeiwelcherTourenplanung eine Integration der neuenBeschäftigtenmöglichist,ohnedamitdieAr-

    7 ver.di(2008):DienstplangestaltungimPflegedienst.6.Auflage.

    beitszeitfürandereBeschäftigteerheblichzuverändern.

    AuchändernsicharbeitszeitlicheWünscheinAbhängigkeitvonderLebensphasederBe-schäftigten.Pflegekräfte inderErziehungs-phasesindbestrebt,ihreArbeitszeitmitdenBetreuungszeitenderKinder inEinklangzubringen, während bei älteren Beschäftigteneher gut geplante und ausreichendeRege-nerationszeiten imVordergrund stehen.Einan den Lebensphasen ausgerichtetes Ar-beitszeitangebotstärktdieBindungderBe-schäftigtenandenBetrieb.

    Um darüber hinaus eine bessere TeilhabederPflegekräfteamsozialenLebenunddieVereinbarkeitvonBerufundPrivatlebentrotzSchichtdienstzustärken,isteineverabrede-teundtransparenteFormderBeteiligungbeiderErstellungdesDienstplanshilfreich.

    Beispiele der Beteiligung bei der Dienstplanung

    WunschplanIm Team vereinbarte Regeln ermögli-chen, dass die Beschäftigten selbst ihre gewünschten Arbeitszeiten in einen Plan eintragen. Am Ende des definierten Zeit-raums für die Wunschplanung findet eine Überprüfung durch die verantwortliche Pflegefachkraft statt, ob alle notwendi-gen Voraussetzungen für die Dienstpla-nung erfüllt wurden. Korrekturen werden vor Veröffentlichung des Plans kommuni-ziert.

    Wunschbuch Die Pflegekräfte tragen jeweils ihre Ar-beitszeitwünsche ein. Die verantwortliche

  • 22 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Pflegefachkraft berücksichtigt die Wün-sche bei der Planaufstellung.

    PlanbesprechungBei einer monatlichen Teamsitzung wird gemeinsam der Plan erstellt. Beschäftig-te, die nicht teilnehmen können, geben zuvor ihre Wünsche bekannt.

    Ganzwichtigistes,Beschäftigtesehrzeitnahzu informieren, wenn ihr Arbeitszeitwunschbei der Planung nicht berücksichtigt wer-denkonnte,unddarzulegen,warumesnichtmöglichwar.UmeinenkleinenAusgleichzuschaffen,könnenbeidernächstenPlanungdiese Beschäftigten mit ihren Wünschenzuerst bedacht werden. Eine gute Kommu-nikation stärkt das gegenseitige VertrauenundwirktSpekulationeneinermöglichenBe-nachteiligungeinzelnerBeschäftigterbeiderSchichtplanungentgegen.

    Eine beteiligungsorientierte DienstplanungbietetdenBeschäftigtendieChance,dieAr-beitszeitbessermitihremPrivatlebeninEin-klangzubringen.DasBeteiligungsrechtdesBetriebsrats bzw. der Mitarbeitervertretungbleibt davon selbstverständlich unberührt.DerBetriebsratüberprüft,obnebendenge-setzlichenVorgaben auch der Personalein-satzineinerSchichtimangemessenenVer-hältnis zum erwarteten Arbeitsanfall steht.Arbeitsspitzen und -verteilung wiederumwerdenmaßgeblichdurchdieArbeitsorgani-sationvorgegeben.

  • 23VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    ARBEITSORGANISATION UND

    DIENSTPLANUNG

  • 24 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Arbeitsorganisation und Dienstplanung5

    Die Arbeiten, die zu den verschiedenstenZeiten eines Tages in der Pflege anfallen,legen den Personaleinsatz und damit dieDienstplanungfest.

    Die tageszeitliche Verteilung von Aufgabenin einer Pflegeeinrichtung bestimmt die Ar-beitszeitenderBeschäftigtenunddamitauchdenTagesablauffürdieBewohnerinnenundBewohner. Arbeitsabläufe und die Zuord-nungvonArbeitenzubestimmtenTageszei-tenwerdenselteninFragegestellt.

    ZahlreicheSchnittstellenzuanderenProfes-sionenscheineneineÄnderungderArbeits-organisation inderPflegekaummöglichzumachen. Dabei liegen in der Arbeitsorga-nisation Chancen, durch eine OptimierungmehrZufriedenheitfüralleBeteiligtenherbei-zuführenunderleichterneineausgewogeneDienstplanung.

    5.1 Arbeitsabläufe überprüfenZiel einer Überprüfung des Arbeitsablaufskönnte es zunächst sein, tägliche Arbeits-spitzen zu vermindern oder zeitlich zu ent-zerren. Für Bewohnerinnen und Bewohnerwiederum ist der Gewinn von mehr indivi-duellem Freiraum im Tagesablauf erstre-

    benswert. Ein Überdenken der Arbeitsor-ganisationkannunklareRegelungen indenArbeitsabläufen,ProblemeanSchnittstellenmitanderenProfessionensowiezeitrauben-de Tätigkeiten identifizieren. Eine Analyseder betriebsinternen Abläufe lohnt sich inbestimmten zeitlichen Abständen in jedemBetrieb.VeränderungeninderAltersstrukturund / oderfachlichenQualifikationderPflege-kräfte,AusweitungendersozialenBetreuungunddieZunahmevonschwerenPflegefällenodereineveränderteZusammensetzungderPflegebedürftigen wirken auf die Tagesab-läufe und erfordern möglicherweise eineReorganisation der Arbeitsstrukturen in derEinrichtung.AucherleichterngeringeAbwei-chungenindenAufbaustrukturenderWohn-bereichedenPflegekräftenbeieinerkurzfris-tigen wohnbereichsfremden Vertretung dieArbeit.DieSuchenachArbeits- bzw.Hilfs-mittelnentfälltdannundeinezügigeOrien-tierung ist möglich.

    Veränderungen sollten immer auf der Ba-siseinergenauenAnalysederAbläufeundSchnittstellenvorgenommenwerden.Jede-taillierter und genauer die Analyse ist, umso besser lassen sich optimierte Konzepte fürdieZukunftentwickeln.

    Bewohnerinnen und Bewohner

    Kooperationen

    Service

    Betreuung

    Ärzte

    Pflege

    Hauswirtschaft

  • 25VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Erste Anhaltspunkte für eine Analyse kön-nenbeispielsweiseübereineBefragungderBewohnerinnenundBewohnerundderBe-schäftigten gewonnen werden. Exemplari-scheBeschreibungenderTagesabläufevonBeschäftigtenderunterschiedlichenProfes-sionen in einer Einrichtung bieten Anhalts-punktefürunklareRegelungen,Überschnei-dungenundSynergieneinzelnerTätigkeiten.Eine Ausdifferenzierung der Arbeitsplänekönnen gemeinsame Workshops von Be-schäftigtenundLeitungsebeneergeben.

    Denkbar istauch,dassdieAbläufevonAr-beitsprozessen im Rahmen einer betrieb-lichen Gefährdungsbeurteilung (Arbeits-schutzgesetz) odermit Unterstützung einerexternen Begleitung erfasst werden. Unbe-dingt sollte eine Analyse beteiligungsorien-tiert verlaufen, denndieBeschäftigten ken-nendieArbeitsabläufeambestenundhabenmöglicherweise bereits Alternativen durch-dacht.

    Grundlegendistzuanalysieren:

    ● ZuwelcherZeitfallenwelcheTätigkeitenan?

    ● WelcherZeitumfangwirdfürdieeinzel-nenArbeitenbeansprucht?

    ● WelcheBeschäftigtengruppeführtdiejeweiligeArbeitinderRegeldurch?

    ● WelcheFaktorenbehindernbzw.störenArbeitsabläufe?

    ● WoliegenSchnittstellenbeispielsweisezurBetreuung / Hauswirtschaft / Reini-gung / Administrationbzw.wogenaumussderzeitlicheAblaufuntereinandergutabgestimmtwerden?

    ● WelcheAuswirkungenhabendieeinzel-nenArbeitsschritteaufdenTagesablaufderBewohnerinnenundBewohner?

    ● WiegestaltetsichdasZusammenwirkenmitexternenKooperierenden?

    ● HabenalleBeschäftigteneinklaresBildvonihremAufgabengebiet?

    5.2 Arbeitsabläufe verändernBei einer genauen Analyse ist möglicher-weisesehrschnellersichtlich,wieeineVer-änderunginderArbeitsteilungbzw.beidenAbläufeninderEinrichtungzueineranderenPersonaleinsatzplanungundeinerausgewo-generenDienstplanungführenkann.

    Einedifferenzierte und klareAufteilung vonPflegetätigkeiten zwischen Pflegefach- undPflegehilfskräften kann zu einer Aufgaben-teilungführen,dieeinevölliganderePlanungdesPersonaleinsatzesbewirkt.

    Innovative Personaleinsatz- und Personalentwicklungskonzepte

    Innovative Personaleinsatz- und Perso-nalentwicklungskonzepte ist der Titel eines Modellprojekts, das im Rahmen der Brandenburger Pflegeoffensive vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesund-heit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg gefördert wird.

    Eine der zentralen Strategien zur Bewäl-tigung von Fachkräfteengpässen in der Altenpflege ist der kompetenzgerechte Einsatz der Fach- und Hilfskräfte. Das ist ein Ergebnis der Brandenburger Fach-kräftestudie Pflege. Das Modellprojekt „Innovative Personaleinsatz- und Perso-nalentwicklungskonzepte“ unterstützt stationäre Pflegeeinrichtungen dabei, innovative Personaleinsatz- und Perso-nalentwicklungskonzepte zu erarbeiten. Projektträger sind die BTU Cottbus-Senf-tenberg und das Institut für Pflege- und Gesundheitswissenschaften.

    Das Modellprojekt startete im Novem-ber 2015 und wird in sechs stationären Altenpflegeeinrichtungen umgesetzt. Mit wissenschaftlicher Begleitung sollen

  • 26 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Elemente innovativer und individueller Personaleinsatz- und Personalentwick-lungskonzepte erarbeitet und umgesetzt werden. Ziel ist es, den Einsatz von Pfle-gefachkräften und Pflegehilfskräften in ei-ner Einrichtung effizienter abzustimmen, um damit die Pflegequalität zu stärken, die Attraktivität der Beschäftigung in der Pflege zu erhöhen und Fachkraftressour-cen zu erschließen. Von den Ergebnissen des Modellprojektes sollen langfristig alle stationären Pflegeeinrichtungen im Land Brandenburg profitieren und darauf aufbauend auf ihre Bedürfnisse ange-passte Personaleinsatz- und Personalent-wicklungskonzepte erarbeiten können.Quelle: Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Golze (09.02.2017): Herausfor-derungen in der Pflege rechtzeitig erkannt – Pflege im Quartier zentraler Ansatz. Pflegeoffensive Bran-denburg. Presseinformation Nr. 017 / 2017.

    MehrZeitderPflegekräftefürdieBewohne-rinnenundBewohnerundeineReduzierungder Arbeitsintensität lassen sich durch dieBearbeitung von Schnittstellen zu anderenProfessionen identifizieren. Kann beispiels-weise der Telefondienst der Wohnbereichezu bestimmten Zeiten von der Verwaltungübernommenwerden?Oder ist esmöglich,mit den Kooperationsärzten und Koope-rationsärztinnen einen Visitenzeitraum zuvereinbaren, den sie als „Sprechstunde“ inihren Praxiszeitplan aufnehmen? Auch istes hilfreich, mit Ärztinnen und Ärzten zu-sammenzuarbeiten, die Anfragen zu ihrenPatientinnenundPatientenperE-Mailbeant-worten. Dies wirkt einerseits entlastend fürdieBeschäftigten,weilwiederholtesAnrufenvermiedenwird–undwirktandererseitsef-fektiveraufdieArbeitsorganisationderÄrzteundÄrztinnen. Für dieBewohnerinnen undBewohnerwerdenwiederumzügigemedizi-nische Entscheidungen möglich.

    DerEinsatzvondigitalenMedienermöglichteinesofortigePflegedokumentationnochimZimmer der Bewohnerin oder des Bewoh-ners.SowerdenWege „gespart“–unddieZeit,diemanbenötigt,umsichspäterwiederzu„erinnern“.DieEinführungvonintelligenterTechnikmussvondenBeschäftigtengewolltsein. Auch dann bieten sich, um den Um-gang mit digitalen Medien und technischen Hilfsmitteln einzuüben, eine Begleitung zurEinführung und wiederholte Fortbildungenan.Erfahrungenhabengezeigt,jeintensiverdieEinführungsphasegestaltetwurde,umsosichererundhäufigererfolgtderEinsatzvonneuenHilfsmitteln.

    MancherunnötigeArbeitsaufwandlässtsichdurch einfache organisatorische Maßnah-men beseitigen. So gibt es beispielsweiseEinrichtungen, in denen sich auf den Wohn-bereichenkeinekleinen„Essensvorräte“be-finden. Wenn am Abend eine Bewohnerinoder einBewohner nochAppetit hat,mussdiePflegekraftindiezentraleKüchelaufen,um vielleicht noch ein Brot zu holen. HierkanneineeinfacheRegelungzwischenKü-cheundWohnbereichenAbhilfeschaffen.

    DieArbeitsorganisation der Einrichtung be-stimmt schließlich auch den TagesablaufderBewohnerinnenundBewohner.AusderFunktionspflege abgeleitet, entsteht immernoch invielenPflegeeinrichtungenamMor-genundAbenddiehöchsteArbeitsintensität.AmMorgenwerdenallePflegebedürftigenineinembestimmtenZeitraumgewaschenundangezogenundamAbendwiederumzueinerbestimmtenZeitinsBettgebracht.DasWa-schen aller Bewohnerinnen und Bewohnerist eineerheblichekörperlicheAnstrengungundwirdnichtseltenvondenPflegekräftenunterhohemZeitdruckdurchgeführt,dadieFrühstückszeiteingehaltenwerdensoll.

  • 27VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    BewohnerinnenundBewohnerpassensichdieserzeitlichenEinteilungmeistsehrschnellan,wennsieineinePflegeeinrichtungkom-men. Auch wenn sie ihr ganzes Leben nieum 21 Uhr schlafen gegangen sind, lieberam Abend duschen, eigentlich am Morgenlieber länger imBettbleibenodergernspätfrühstückenwürden.

    Die beschriebene Arbeitsorganisation lässtsich in der Dienstplanung an der stärkerenBesetzung des Frühdienstes ablesen undlöstbeiplötzlicherErkrankungvonBeschäf-tigten eine unbedingte VertretungslösungausodereskommtfürdieanderenBeschäf-tigten zu einer weiteren Erhöhung des Ar-beitspensums.

    AuchderAbendlässtsichentspannterdurchUnterhaltungs-undBetreuungsangebotefürdie Pflegebedürftigen gestalten. Durch dieTeilnahmeam„Abendprogramm“werdendieZubettgehzeitendeutlichentzerrt.

    Die Arbeitsverteilung genauer zu betrach-ten, lohnt sich immer, schon um vielleichtunnötige Arbeitsgänge zu vermeiden, weilBeschäftigte ihren Aufgabenbereich nichtgenau kennen und eine Orientierungshilfefehlt.AufjedenFallisteineÜberprüfungderArbeitsabläufesinnvoll,wenndasZielmehrZeitfürdiePflegebedürftigenundeineaus-gewogeneDienstplanungfürdieBeschäftig-ten ist.

    8 BundesanstaltfürArbeitsschutzundArbeitsmedizin(2010):ZeitdruckinderPflegereduzieren.InitiativeNeueQualitätderArbeit.Berlin.

    Um die Qualität der Pflege für die Bewoh-nerinnen und Bewohner zu verbessern und die Belastung für die Beschäftigten zu vermindern, empfiehlt die Initiative Neue Qualität der Arbeit 8:

    ● die Verlagerung zeitlich unabhängiger Tätigkeiten in der Pflege in Zeiten geringerer Arbeitsbelastung

    ● die Abschaffung unnötiger Tätigkei-ten (Rituale), die nicht dem aktuellen Stand der Pflegewissenschaft oder der Technik entsprechen

    ● das Erkennen und Beseitigen von Schnittstellenproblemen, z. B. die zeitliche Abstimmung berufsgruppen-übergreifender Tätigkeiten (z. B. Visi-ten, Therapiezeiten, Hauswirtschaft), um Belastungsspitzen zu vermeiden

    ● die Erhöhung bewohnernaher Zeiten zur Verbesserung der Pflegequalität durch z. B. Verlagerung der Doku-mentation jeweils im Zimmer der Bewohnerin oder des Bewohners

    DieArbeitsverteilung ist auch inBeziehungzum Lebensalter der Beschäftigten zu set-zen. Während eine alternsgerechte Orga-nisation der Arbeit sich auf den gesamtenErwerbsverlauf der Beschäftigten bezieht,betrifftaltersgerechtesArbeitendaskonkreteAlterderPflegekräfte.

  • 28 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    5.3 Alterns- und altersgerechtes Arbeiten in der PflegeAlternsgerechtesbzw.altersgerechtesArbei-tendefiniertdieBundesregierungbeiderBe-antwortungeinerAnfrage 9folgendermaßen:

    ● AlsaltersgerechtwirdeineArbeitbe-zeichnet,diesichandenspezifischenFä-higkeitenundBedürfnissenderjeweiligenBeschäftigtengruppeorientiert.DarunterfallenzumBeispielderbesondereSchutzvonJugendlichenbeiSchicht-undNachtarbeit,besondereergonomischeHilfestellungenbeialtersbedingtenEin-schränkungenoderbesondereArbeits-zeitgestaltung.

    ● AlsalternsgerechtwirdeineArbeitsorga-nisationbezeichnet,dereinumfassendesundaufdengesamtenAlterungsprozessallerBeschäftigtenbezogenesKonzeptzugrundeliegt.DiesberücksichtigtzumBeispielWeiterbildungsbedürfnisseund-notwendigkeiten,alter(n)sgerechteLauf-bahngestaltung,GesundheitsschutzundgesundheitsgerechteVerhaltensweisen[…].Gestaltungsfeldersind:

    • GanzheitlichkeitderAufgaben• Anforderungsvielfalt• MöglichkeitendersozialenInteraktion• Autonomie• Lern-undEntwicklungsmöglichkeiten• SinnhaftigkeitderArbeit• Arbeitsorganisation

    Während sicheinealternsgerechteArbeits-platzgestaltungmitderVielfaltdespflegeri-schenAufgabengebietesundderBreitedesBerufsfeldesinderAltenpflegeinjederPfle-geeinrichtungerfolgreichumsetzenlässt,istdieaktuellhoheAnzahlvonälterenBeschäf-tigten,besondersderPflegefachkräfte,eine

    9 DeutscherBundestag(15.03.2011):AntwortderBundesregierungaufeinekleineAnfrage,Drucks.Nr.17 / 5030AntwortderBundesregierungaufdieKleineAnfragederAbgeordnetenBeateMüller-Gemmeke,MariaKlein-Schmeink,MarkusKurth,weitererAbgeordneterundderFraktionBÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN–Drucksache17 / 4922–.Alterns-undaltersgerechteArbeitsbedingungen.DrucksacheNr.17 / 5030.

    Herausforderung für viele Pflegebetriebe.Eine Verminderung des Einsatzes ältererPflegekräfte bei körperlicher Arbeit bedeu-tet imUmkehrschlusseineüberproportionalstärkereBelastungder jüngerenPflegekräf-te.Siekannalsodahernureinevorüberge-hendeundkurzfristigeEntlastungsmaßnah-me für die Älteren sein.

    Allerdings muss mit einem zunehmendenDurchschnittsalterderBeschäftigtengeprüftwerden,welcheOptioneneineVeränderungder Arbeitsorganisation bieten können, umdieälterenPflegekräftebiszumRentenein-trittimBetriebzuhalten.

    DieNutzungmodernerTechnikwieAufsteh-hilfen und Hebelifter kann ebenso hilfreichsein wie besondere ArbeitsschwerpunktefürältereBeschäftigte.EsbietensicheinigeAufgaben an, die zumindest teilweise eineEntlastungvonkörperlichschwererArbeitmitsichbringen.Beispieledafürsind:dieAnlei-tungundKoordinationderAusbildunginderAltenpflege, die Bearbeitung von AnfragenanArzt-undTherapiepraxen,dieUnterstüt-zung bei der Erstellung von Pflegeplanungund -dokumentation sowie die Übernahmevon übergeordneten organisatorischen undadministrativen Tätigkeiten. Auch mehrereKurzzeitpausen können hilfreich für ältereBeschäftigtesein,umdieLeistungsfähigkeitüber die gesamteSchichtdauer aufrechtzu-erhalten.

    EineBerücksichtigungdesLebensaltersderBeschäftigten bei der Dienstplanung sollteunbedingt erfolgen, denn mit steigendemLebensalterverlangsamtsichdieRegenera-tionsfähigkeit. Ältere Beschäftigte brauchenlänger,bissiesichvonderArbeiterholtha-ben und die Leistungsfähigkeit wieder voll

  • 29VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    hergestellt ist.Dahermacht eswenigSinn,für diese Personengruppe einzelne freieTage einzuplanen. Besser ist es – für alle,aberfürdieälterenBeschäftigtenbesonders–,einKontingentvonmehrerenzusammen-hängenden freien Tagen vorzusehen. Fürältere Beschäftigte sind kurze Phasen desArbeitseinsatzes,d.h.dieAnzahlderhinter-einander zu leistenden Dienste, möglichstgeringzuhalten.AuchNachtdienstesindfürdiemeistenälterenBeschäftigtenbesondersbelastend, da der Biorhythmus wesentlichlänger braucht, bis die zeitliche Verschie-bungvomKörperverkraftetwird.

    EinegleichbleibendeVerteilungderArbeits-zeit über die Woche gewährleistet einengleichmäßigenLebens-undArbeitsrhythmusundwirktfürältereBeschäftigteentlastend.

    Ältere Beschäftigte haben ein umfangrei-chesErfahrungswissen,einehoheLoyalitätzum Betrieb und verfügen über ein gutesKrisenmanagement. Dies sind ausreichendGründe, warum im Betrieb Lösungen erar-beitet werden sollten, um älteren Beschäf-tigteneineBerufstätigkeitbiszurVerrentungzu ermöglichen. Einige ältere Beschäftigtereduzieren ihre Arbeitszeit, um die psychi-scheundphysischeBelastunginderPflegebewältigenzukönnen.Hilfreichistesjedoch,geeigneteMaßnahmenimBetriebzuergrei-fen,umdenEinsatzvondringendbenötigtenPflegekräften nicht aus organisatorischenGründeneinzuschränken.

    Auch die Lage der Arbeitszeiten kann be-oderentlastendaufältereBeschäftigteein-wirken.

    Erholungsbedarf

    20 30 40 50 60

    schwere Arbeit

    mittelschwere Arbeit

    leichte Arbeit

    Lebensalter (Jahre)

    Abbildung: Erholungsbedarf in Abhängigkeit vom Alter und von der Arbeitsschwere (Ageing Workers in the European Union, Ilmarinen, 1999, S. 197)

  • 30 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 31VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    SCHICHTMODELLE

  • 32 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Schichtmodelle6

    6.1 SchichtsystemeInderstationärenPflegewirdinvollkontinu-ierlicherSchichtgearbeitet,dazujederZeitan jedem Tag im Jahr die Pflege und Ver-sorgung von pflegebedürftigen Menschensichergestelltwerdenmuss.BeiderUmset-zungzurAbdeckungderZeitengibtesinderstationärenPflegejedocheinebreiteVarianz.EinrichtungsspezifischeBesonderheitenwiedasLeistungsangebot,diePersonalausstat-tung und dieOrganisationsform bestimmenmaßgeblich das Arbeitszeitmodell und dieSchichtplanung.

    GrundsätzlichkönnenVarianteninderDauervoneinzelnenSchichten, in derAnzahl derFolgen und bei dem zeitlichen Beginn undEndevonSchichtenfestgestelltwerden.Vie-le Planungen gehen von einer 5-Tage-Wo-cheaus,anderelegeneine5,5-Tage-Wochezugrunde.

    InderPflegeisteinDrei-Schicht-ModellmitjeachtArbeitsstundenalsGrundstrukturderDienstpläne häufig. Manche Pflegeeinrich-tungen bevorzugen auch Zwei-Schicht-Mo-dellemitZehn-Stunden-Schichten.

    Praxisbeispiel Zwei-Schicht-Modell der Bremer HeimstiftungKernzeit: 7.30 Uhr bis 18.45 UhrPausen: 2 x 15 Minuten und 1 x 90 Minuten3,5-Tage-Woche, maximal vier Dienste, dann drei Tage frei bei Vollzeit

    Daneben gibt es einen Einsatz von einerVielzahlvonSchichtenmitsehrunterschied-lichenArbeitszeiten jenachArbeitszeitvolu-menundWunschderBeschäftigtenundderArbeitsspitzeninderEinrichtungbzw.Wohn-gruppe.Sokannessein,dassaneinemTageine größere Anzahl von Beschäftigten je-weilsmiteinemkleinenArbeitszeitanteilzumEinsatz kommt. Dieses „Schachtel-System“

    vonDienstenmitunterschiedlicherDauerer-fordert einenerheblichenPlanungsaufwandundsehrklareRegelnfürdieBeschäftigtenhinsichtlichihrerAufgaben.

    InTeilzeit zuarbeiten kanneineguteMög-lichkeitfürBeschäftigtezurVereinbarkeitvonBerufundPrivatlebensein. „Zwangsteilzeit“jedochistkontraproduktiv,daMotivationundLeistungsbereitschaft der Pflegekräfte ge-schwächtwerden.

    Trotzdemwird eine große Anzahl von Teil-zeitbeschäftigten mit unterschiedlichem Ar-beitszeitvolumenvoneinigenVertreterinnenundVertretern der BrancheAltenpflege alsdasMittelderWahlzurSicherungeinerver-lässlichen Planung angesehen. Allerdingsvermindert diese hohe Varianz im Dienst-beginn und -ende bei kleinem Arbeitszeit-volumendieÜbersichtundTransparenzdesArbeitseinsatzes.EsisteinesehrstringenteArbeitsorganisation und umfassende Kom-munikationzugewährleisten,umeinengutenInformationsfluss zwischen denBeschäftig-tenzugestaltenunddieQualitätderPflegezusichern.

    Daher ist einer möglichst geringen Anzahlvon unterschiedlichem Arbeitsbeginn und-endederVorzugzugeben,dennnebenei-nererleichtertenArbeitsorganisationermög-licht dies eine weitgehende Beteiligung derBeschäftigtenbeiderPlanung.

    6.2 Planung von Schichtfolgen und freien TagenBei der Abfolge von einzelnen SchichtenmussnebenderEinhaltungdervorgeschrie-benenRuhezeitenstetsauchdieFörderungder Gesundheit der Beschäftigten bedachtwerden.AusarbeitsmedizinscherSichtsolltestetseinVorwärtswechselderSchichtenge-wähltwerden,mitmaximaldreiaufeinander-folgenden Nachtdiensten und einer schnel-len Rotation von Früh- und Spätschichten.

  • 33VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Die Begrenzung auf maximal drei Nacht-dienste hält das entstehende Schlafdefizitmöglichst gering.

    AnlasszurDiskussioninderPflegegibtim-merwiederdieWertungdesTagesnachdemNachtdienst. Verständlicherweise fordernBeschäftigte den Tag, an dem der Nacht-dienstbeendetwird,nichtalsfreienTag,son-dernals„Ausschlaftag“zuzählen.Dieskannder Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin ausKulanzgewähren,istaberaufrechtlicherBa-sisnichteinzufordern.DennandemAbendzu Beginn des Nachtdienstes wird nur einTeileinerSchichtgeleistet,dieerstmitdemEndedesNachtdienstesvervollständigtwird.

    Auch die Regelmäßigkeit von freien Wo-chenenden sind für Pflegekräfte wichtigeParameter einer ausgewogenen Dienstpla-nung.UmeineVereinbarkeitvonBerufundPrivatleben trotz Schichtdienst zu ermögli-chen, sollte jedes zweite Wochenende freisein.Das sichert eine soziale Teilhabe, dienicht durch einen Ausgleich von freien Ta-genwährendderWocheermöglichtwerdenkann.AuchTeilzeitbeschäftigtekönnenent-sprechend ihrer geleisteten Arbeitstage amWochenendeoderanFeiertagenzumDienstherangezogenwerden.Dasbedeutet,jewe-nigerStundenproTag,dafüraberaneinergrößerenAnzahl vonArbeitstagengeleistetwerden,umsoeheristeinArbeitseinsatzamWochenende möglich. Allerdings erhöht sich beiTeilzeitbeschäftigungmitderAnzahlderwöchentlichen Arbeitstage der gesetzlicheUrlaubsanspruch.

    GrundsätzlichsolltenfreieTageimmerinei-nem sinnvollen zusammenhängenden Kon-tingentgewährtwerden.EinzelnefreieTagebietenkaumeinenErholungswert.

    Jedes zweite Wochenende frei und meh-rere zusammenhängende freie Tage er-möglichen eine soziale Teilhabe und aus-reichende Regeneration.

    Einige Pflegeeinrichtungen haben für eineverbesserteVereinbarkeitvonBerufundFa-milieaufeinZwei-Schicht-Modellumgestellt.DieBeschäftigtenarbeitenansiebenTagenleichtversetztproSchicht10Stunden.Nachsieben Arbeitstagen folgen 6,5 freie Tage,einhalberTagstehtfüradministrativeAufga-benzurVerfügung.DiewechselndenBlöckevonArbeits-undfreienTagenbietendenBe-schäftigteneinePlanungssicherheitundeineTeilhabeamsozialenLebenaußerhalbdesBerufs.

    Abgewandelt werden in einigen Einrichtun-gen auch nur die Dienste am Wochenende auf 10 Stunden verlängert. Das ermöglichtmehrPflegekräfteneinfreiesWochenende.

    Planungssicherheit und Garantie von freien Tagen ist eine Grundregel für eine ausgewogene Dienstplanung.

    Aus arbeitsmedizinischer Sicht wird eine vorwärts rollierende Schichtfolge mit maximal drei Nachtdiensten für die Dienstplanung empfohlen.(Leitlinien zu Schicht- und Nachtarbeit der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. [DBAUM].)

    Planungsbeispiel für eine Pflegekraft:

    Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo

    Spät Spät Nacht Nacht Nacht Frei Frei Frei Frei Früh Früh Früh Früh Spät Spät

  • 34 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 35VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    VERTRETUNGSLÖSUNGEN FINDEN –

    MANAGEMENT VON AUSFALLZEITEN

  • 36 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Vertretungslösungen finden – Management von Ausfallzeiten7

    7.1 Bei der Planung Ausfallzeiten berücksichtigenPlötzlichauftretendeArbeitsausfällebringeneineursprünglichguteDienstplanungdurch-einander.Günstigistes,fürdiesenFallnacheinem festgelegtenAblauf vorzugehen.Zieleines Ausfallmanagements sollte ein gerin-ger Arbeitsaufwand im Auffinden einer Lö-sung und ein für alle bekanntes Verfahrenzur Überbrückung von plötzlichen Krank-heitsfällenvonPflegekräftensein.

    DieseForderunghörtsichinderPflegeim-mer noch als schwer praktikabel an. Daserste Mittel der Wahl ist häufig, plötzlicheErkrankungendurchdenEinsatzvonPflege-kräften zu kompensieren, die eigentlich freihätten. Das bindet sehr viel Zeit, weil eineLeitungskraftodereineFachkrafttelefonischversuchenmuss,ihreKolleginnenoderKolle-genzuerreichen.AberdasAnrufenim„Frei“ist konfliktbehaftet,dennkeineBeschäftigteund kein Beschäftigter wird gern am freienTagzurArbeitgerufen–wasinanderenBe-rufen tatsächlich auch undenkbar ist. DasRecht von Beschäftigten, den Einsatz aufArbeitan freienTagenzuverweigern,kannzuKontroversen imPflegeteam führen undnachhaltige Auswirkungen auf die Zusam-menarbeithaben.

    Freie Tage dienen der Regeneration von der Arbeit und sind wichtige Zeiten für die Familie. Eine Balance von Beruf und Privatleben lässt sich nur ermöglichen, wenn diese Tage garantiert werden.

    UmeinemöglichstweitgehendeStabilität inderPlanungzuerreichen,solltenichtdasge-samte zur Verfügung stehende Arbeitszeit-volumenverplantwerden,sondernzunächst

    10 Herrmann,L./Woodruff,Ch./Pfeifer,E.(Hrsg.)(2015):DerDreisprungineineverlässlicheArbeitszeit.In:CNE Pflegemanagement05 / 2015,S.6ff.Berlin.

    genauabgewogenwerden,welcherEinsatzvon Pflegehilfs- bzw. Pflegefachkräften zuwelcherZeitundfürwelcheAufgabenunbe-dingtnotwendigist,umdenzuerwartendenArbeitsanfallzubewältigen.NachdemdieseMindestbesetzung abgedeckt ist, wird diedurchschnittliche Abwesenheitsquote durchUrlaube,Fort-undWeiterbildungenundAus-gleichstage für Feiertage von demzurVer-fügungstehendenArbeitszeitvolumenabge-zogen.DieseNettoarbeitszeitlässtsichübereinenRechnerimInternetoderschriftlichmitdenfolgendenRechenschrittenermitteln: 10

    Die durchschnittliche Sollarbeitszeit beträgtbeieinemArbeitszeitvolumenvon8StundenproTagunddurchschnittlich240Arbeitsta-gen im Jahr 1920Stunden. Bei in derRe-gel 9 Feiertagen im Jahr (in Brandenburg),5TagenfürFort-undWeiterbildungund30Urlaubstagenergebensich352StundenAb-wesenheitproJahr.EsmussalsoeineAb-wesenheitsquote von 18,3 Prozent bei derPlanungberücksichtigtwerden.

    Etwas schwieriger ist die Berücksichtigungder durchschnittlichen Ausfall- bzw. Krank-heitsquote.

    Bei196verfügbarenTagenfürdenArbeits-einsatz und durchschnittlichen 240Arbeits-tagen pro Jahr ergibt sich eine Anwesen-heitsquotevon0,81.

    Abwesenheitsquote in % =Abwesenheit in Stunden

    Sollarbeitszeit in Stunden× 100

    Anwesenheitsquote =Verfügbare Tage pro Jahr

    durchschnittliche Arbeitstage pro Jahr

  • 37VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    Um die Ausfallquote zu errechnen, ist derGesamt-BesetzungsbedarfdurchdieAnwe-senheitsquotezudividieren.

    BeidieserFormderBerechnungistberück-sichtigt,dassauchgeplanteVertretungenfürAusfallzeiten selbst krank werden können.DiebereitserrechneteNettoarbeitszeitwirdwiederumumdieAusfallquotereduziert.Da-durchentstehteinZeitkontingent,dasfürdieAbdeckung plötzlicher Ausfallzeiten heran-gezogenwerdenkann.

    Ein anderer Vorschlag sieht die Einrichtung eines „Puffers“ für Vertretungsfälle vor, beidembeispielsweise8bis12StundenwenigerinderPlanungeingearbeitetwerdenalsanArbeitszeitvolumen zur Verfügung stehen. 11 Eventuellmussdie„Reservestundenanzahl“nachobenkorrigiertwerden,wennsichAus-fälledadurchnichtausgleichenlassen.

    DieBerücksichtigungeinesZeitkontingents,um kurzfristige Ausfallzeiten abzudecken,schafftauf jedenFallRaumundermöglichteinenUmgangmitAusfallzeiten,ohnedasseinzelne Beschäftigte Überstunden leistenmüssen.EntstehtkeinBedarf imPlanungs-zeitraum für diese „gesparten“ Stunden,kann die Zeit für einen „Zusatzdienst“ ver-wendetwerden.

    7.2 Vertretungsfälle prüfenBei jeder plötzlichen Ausfallszeit, die nichtdie definierte Mindestbesetzung berührt,sollte zunächst geprüft werden, ob eineVertretungunbedingtnotwendig istoderobdurch Verlagerung von Arbeiten EntlastungfürdiebetroffeneSchichtgeschaffenwerden

    11 DahlgaardProf.Dr.,K.(Hrsg.)(2007):InnovativeArbeitszeitmodelleinderstationärenAltenpflege.Hamburg.

    kann. Günstig ist es, wenn bei einer Über-prüfungderArbeitsorganisationgemeinsamfürjedeSchichtbereitsAufgabenidentifiziertwurden, die im „Notfall“ auf den nächstenDienst oder Tag verlagert werden können.WennAusfallzeitenzuüberbrückensind, istdiesfürdieBeschäftigteneinewichtigeOri-entierungzumUmgangmitderSituation.

    Ist eine Vertretung unumgänglich, könnenunterschiedliche Verfahren zur Anwendungkommen.

    PoollösungEine bestimmte Anzahl von BeschäftigtenistkeinerWohngruppefestzugeordnet,son-dern wird zur Verstärkung bei bestimmtenTätigkeiten eingesetzt. Zuallererst jedochwird aus diesem „Pool“ der zu vertretendeAusfalleinerPflegekraftineinerWohngrup-pekompensiert.ZeitkontingentefürdasAus-fallmanagementwerdenbei derPoollösungvonallenWohngruppenanteiligabgegeben.FürdieBeschäftigten im „Pool“wirdeinei-gener Dienstplan erstellt. Es sollte einenAnreiz fürPflegekräftegeben,wennsie füreinebestimmteZeitdauerim„Pool“arbeiten.Möglich wäre beispielsweise das AngebotvonzusätzlichenfreienTagenodereinebe-stimmteWeiterbildungnachsechsMonatenArbeitim„Pool“.

    Der Einsatz auf verschiedenen Wohngrup-penwirddurchsehrähnlicheStrukturenbeiArbeitsorganisation und -abläufen deutlicherleichtert.

    JokerlösungAuchhiergreifteinewohnbereichsübergrei-fende Lösung. In jeder Wohngruppe sindPflegekräfte über der Mindestbesetzung inder Planung als „Joker“ auszuweisen. DiePflegekraftmit dem Joker deckt im Vertre-tungsfall die Schicht auf der entsprechen-

    Ausfallquote =Gesamt Besetzungsbedarf in Stunden

    Anwesenheitsquote

  • 38 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    denWohngruppeab.DaalleBeschäftigtenirgendwanninderPlanungdenJokerhaben,sindallePflegekräftebeteiligt.EineguteAb-stimmung der Planung der WohngruppenuntereinanderisteineVoraussetzung,damitderJokerfunktioniert.

    RufbereitschaftBei der Rufbereitschaft verpflichtet sichdie / derBeschäftigteeineStundevorbiseineStundenachBeginneinerSchichterreichbarund bereit zumArbeitsantritt zu sein. Auchwenn es zu keinem Vertretungsfall kommt,sosinddiezweiStunden,indenensichdiePflegekraftbereitgehaltenhat,zuentlohnen.Kommt es zumArbeitseinsatz, so kanneinArbeitszeitkonto genutzt werden, um denAusgleich nicht zeitnah umsetzen zu müs-sen. Allerdings empfiehlt es sich, falls esnichtübereineBetriebsvereinbarungbereitsgeregelt ist,dieHöchststundenzahl,dieaufeinem Arbeitszeitkonto angespart werdendarf,festzusetzen.

    LeasingkräfteWenndiePersonaldeckesehrknappistoderbei gehäuften Krankheitsfällen, besteht dieMöglichkeit, auf einen professionellen Per-sonaldienstleisterfürPflegekräftezurückzu-greifen.Esbewährtsich,dieeigenenAnfor-derungenzu formulierenundmit zweioderdreiPersonaldienstleisterneineZusammen-arbeiteinzugehen.

    VorrübergehendeErhöhungvon ArbeitsstundenInderRegelistinvielenEinrichtungeneinegrößereAnzahlvonPflegekräfteninTeilzeitbeschäftigt. UmPhasenmit hohen Ausfall-zeitengutzuüberbrücken,bestehtvielleichtdieBereitschaftvoneinzelnenPflegekräften,vorrübergehendihreArbeitsstundenzahlauf-zustocken.

    EigeneVertretungsreserveaufbauenWenn ehemalige Beschäftigte eine haupt-beruflicheWeiterbildunganstrebenodereinStudiumaufnehmen,sindsiemöglicherwei-sebereit, imVertretungsfalleinebestimmteAnzahlvonDiensten imMonatzuüberneh-men. Auch Pflegekräfte in Elternzeit oderRente könnten Interesse haben. Erweiternlässt sich der Kreis von Vertretungskräftendurch Anzeigen und durch beispielsweiseAushängeinUniversitäten.Idealistes,wenndieVertretungskräfte inderEinrichtungein-gearbeitetsindundauchnachlängererPau-senureinekurzeAktualisierungnotwendigist.

    Verbindliches System zum Umgang mit Ausfallzeiten einführen

    Ein Management für Ausfallzeiten im Be-trieb wird gut angenommen, wenn es be-teiligungsorientiert erarbeitet und breit kommuniziert wurde. Nur dann ist davon auszugehen, dass es von allen Beschäf-tigten mitgetragen wird.

    ● Überprüfung der Arbeitsorganisation und Festlegung einer Grundbeset-zung von Pflegekräften in Wohnberei-chen und Schichten.

    ● Bei der Dienstplanung sollte nicht das gesamte zur Verfügung stehende Arbeitszeitvolumen eingeplant wer-den, sondern nach Abzug der durch-schnittlichen Abwesenheitstage die verbleibende Nettoarbeitszeit.

    ● Bei Ausfall von Beschäftigten prüfen, ob eine Vertretung unbedingt erfol-gen muss oder eine abweichende Arbeitsorganisation für eine Überbrü-ckung ausreichen kann.

    ● Es sollte eine klare Regelung geben, wer im Bedarfsfall welche Form der Vertretungslösung aktiviert.

  • 39VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    ● Festlegung von Zeitabständen, in dem die für die Dienstpläne zuständi-gen Beschäftigten und Betriebsräte gemeinsam die Wirksamkeit des Aus-fallmanagements überprüfen.

  • 40 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 41VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    VERÄNDERUNGSPROZESS FÜR EINE

    NEUE DIENSTPLANUNG EINLEITEN UND

    KOMMUNIZIEREN

  • 42 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    8Veränderungsprozess für eine neue Dienstplanung einleiten und kommunizieren

    In der Natur des Menschen liegt, dass ersichgernbeschwert.InderPflegewirdvonden Beschäftigten besonders häufig einemangelhafteDienstplanungbeklagt.DarauskannjedochnichtderSchlussgezogenwer-den,dassneueWegezueinerstabilerenundausgewogenerenDienstplanungmitFreudeaufgenommenundunterstütztwürden.

    Es ist besser, am Anfang wenig oder so-gar keinen Enthusiasmus zu erwarten. DerMenschliebtkeineVeränderungen,sondernschätzt Bekanntes und Gewohntes. JedeVeränderung bedeutet, neues Terrain zubetretenundsichvomVertrautenzu lösen.Dasverunsichert.MiteinergrundsätzlichenReform der Dienstplanung wird ein Verän-derungsprozessinGanggesetzt,dergleichzwei grundlegende Vorbehalte bei den Be-schäftigtenauslöst.

    Mit einer Überprüfung der Arbeitsorganisa-tion und Veränderung von ArbeitsabläufenkönnenbeiBeschäftigtenÄngsteausgelöstwerden, die eine deutliche Abwehrhaltungerzeugen.AußerdemzieleneineUmstellungderDienstplanung und dieVerankerung ei-nes neuen Ausfall-Managements auf eine Veränderung in der „Einrichtungskultur“.WohngruppenübergreifendesPlanenundAr-beiten findet bei denmeistenPflegekräftenwenigZustimmung.

    Kommunizieren im Veränderungsprozess heißt neben informieren, vor allem ein-binden, austauschen, Widerstände erken-nen, reflektieren und dialogbereit sein. 12

    BeidehierbenanntenFormenderVerände-rungbraucheneinegutdurchdachteundum-fassendeBegleitung.BeiderUmstellungaufeine ausgewogeneDienstplanung ist daher

    12 Deutinger,G.(2013):KommunikationimChange,ErfolgreichkommuniziereninVeränderungsprozessen.Berlin.

    auchdiePlanungvonbegleitendenKommu-nikationsschrittenzuempfehlen.

    Um diese Aufgaben bewältigen zu können,werden starke Verbündete gebraucht. EineRückkopplungmitundZustimmungderGe-schäftsführungistunbedingterforderlich.

    Eine genaue Analyse der aktuellen Dienstplanung als Ist-Zustand-Beschrei-bung kann zunächst hilfreich sein. Zu be-antworten sind beispielsweise folgende Fragen:

    a) Werden die arbeitsmedizinischenEmpfehlungen für die Schichtplanungin unserer Einrichtung weitestgehendumgesetzt?

    b) Können wir die freien Tage unsererBeschäftigten garantieren?

    c) Hat jede Pflegekraft alle zwei Wochendas Wochenende frei?

    d) Haben wir einen strukturierten Um-gang mit Ausfallzeiten?

    e) Haben einzelne oder mehrere Be-schäftigte eine größere Anzahl vonÜberstunden angehäuft?

    f) Wann haben wir zuletzt unsere Ar-beitsorganisation in Gänze überprüft?

    Eine detaillierte Analyse der Ausgangslage hatdenVorteil,dassArgumente,warumeineVeränderung sinnvoll ist, leichter benanntwerdenundspäterauchHandlungsanregun-genabgeleitetwerdenkönnen.

    Eine enge Vernetzung und ein intensiverAustausch zu dem Vorhaben der mittlerenFührungsebeneunddemBetriebsrat / derBe-schäftigtenvertretungsicherteinefrüheEin-bindungvonunterschiedlichenPerspektivenindenProzess.IndiesemKreiskönnendie

  • 43VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    erstenFragen,AntwortenundDiskussionenzurVeränderungderDienstplanunggeführtwerden.Um an diesemPunkt nichtGefahrzu laufen,dassdasProjekt „zerredet“wird,kanneinegemeinsamerarbeitetegrobeZeit-planungmitdenverschiedenenEtappenderVeränderunghilfreichsein.BeiBedarfsollteeineexterneModerationhinzugezogenwer-den.

    Damitdurch„Gerüchte“beidenBeschäftig-tenkeineVerunsicherungenentstehen,bie-tetsicheinefrüheInformationan.DaskannzumBeispielübereinInformationsblatt,dasausgehängtwirdundineinerangemessenenAnzahl indenDienstzimmernderWohnbe-reicheausgelegtwird,erfolgen.Essollteun-bedingt die Information zuAbsicht undZielder Veränderung enthalten. Eine gute Ge-staltung sichert, dass das Informationsblatternstgenommenwird.

    Dennoch sollte in der Kommunikation aucheinzweiterWeg,diekaskadenartigeWeiter-gabevonInformationendurchdieFührungs-ebenen zu Beschäftigten genutzt werden.Der direkte Kommunikationsweg von Füh-rungskraft zu Beschäftigten hat eine hoheBedeutungundwirdbeiVeränderungenvonden Beschäftigten erwartet und als Wert-schätzungbewertet.

    DieweitereKonzeptionfüreineausgewoge-neDienstplanungkannineinerArbeitsgrup-pemitAnbindungandiemittlereFührungse-beneunddemBetriebsraterarbeitetwerdenoderwennErfahrungenbestehen, ineinemgrößeren partizipativen Rahmen. Allerdingsmuss bei allen Beteiligungsprozessen derAusgangoffensein,dennsonstbestehtdieGefahr, dass sich die Teilnehmenden nichternstgenommenfühlenundfürweitereAkti-vitätennichtzugewinnensind.AufjedenFalllassen sich in einer größerenGruppe sehrgutdieeinrichtungsspezifischenKriterienfür

    eine ausgewogene oder balanceorientierteDienstplanungerarbeiten.

    WenndieneueKonzeptionsteht, lohntsicheine zweite und größere Informationsrundefür die Beschäftigten, eventuell über eineBetriebsversammlung. Eine Probelaufzeit,vielleichtzunächstaufnureinenbestimmtenBereichkonzentriert,hilft,eventuelleProble-mezukorrigieren.Aberauchdiessollteun-bedingtgemeinsamverabredetwerden.

  • 44 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 45VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    GRUNDÜBERLEGUNGEN EINER

    AUSGEWOGENEN DIENSTPLANUNG

  • 46 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Grundüberlegungen einer ausgewogenen Dienstplanung9

    Lebensphasen: Machen Sie sich bewusst, in welchen Lebensphasen die Beschäftigten sich be-finden. Die Belastungen durch Familienarbeit sind besonders groß, wenn kleine Kinder in der Familie leben. Mit dem Älterwerden und einer zunehmenden Selbstständigkeit der Kinder wird die Belastung geringer, steigt aber wieder an, wenn die eigenen Eltern in ein Alter kommen, in dem sie Unterstützung oder gar Pflege benötigen.

    Die körperliche Regenerationszeit verlängert sich mit zunehmendem Alter. Daher ist es beson-ders für ältere Beschäftigte wichtig, mehrere freie Tage am Stück zu haben.

    Ein regelmäßiger Rhythmus an freien Tagen und jedes zweite Wochenende frei ermöglicht für die Beschäftigten eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und erleichtert die Dienst-planung.

    Eine Beteiligung der Beschäftigten an der Planung und gute Kommunikation beugen Missver-ständnissen vor.

    Legen Sie eine klare Regelung für Vertretungsfälle fest, die von allen getragen werden kann.

    Die Dienstplanung sollte auf realistischer Basis (Urlaub, durchschnittliche Krankenquote) erfol-gen und sich über einen möglichst langen Zeitraum erstrecken.

  • 47VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    SCHLUSSBETRACHTUNG

  • 48 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Schlussbetrachtung10

    Eine knappe Personalbemessung, gesetzli-cheVorgaben,Anforderungenandieberufli-cheQualifikationundArbeitszeitwünschederBeschäftigten sowie die Notwendigkeit, zujederZeiteineadäquateBesetzungmitPfle-gekräftenzugewährleisten,sindHerausfor-derungenindenBetriebenderPflege,dieesteilweiseunmöglicherscheinenlassen,eineguteVereinbarkeitvonBerufundPrivatlebenfürdieBeschäftigtenzubewerkstelligen.

    Aber besonders mit der steigenden Nach-frage nach Pflegekräften und dem zuneh-menden Mangel an Pflegefachkräften wirddie Forderung einer ausgewogenen oderbalanceorientierten Dienstplanung immerdringlicher. Ein vollkontinuierliches Schicht-systemwie inderPflegeerschwertansichfürPflegekräfteschoneineTeilhabeamsozi-alenLeben.EinezusätzlichinstabileDienst-planungundeinedamitverbundenegeringePlanungssicherheitmachendenPflegeberuffür Beschäftigte unattraktiv. Das zeigt nichtnurWirkung imBetrieb durch eine erhöhteKrankheitsquote, nachlassendes Engage-ment und ein angespanntes Betriebsklimaunter den Beschäftigten, sondern fördertaucheinenfrühenAusstiegausdemPflege-beruf.

    Betriebliche Einwirkungsmöglichkeiten be-stehenbesonders ineinerVeränderungderArbeitsorganisationund-abläufe.EineOpti-mierung des strukturellenAufbaus derEin-richtung und der Schnittstellen mit anderen in der Pflege tätigenProfessionen kann zueinerMinderungderArbeitsintensitätfürdieBeschäftigteninderPflegeführen.TäglicheArbeitsspitzenkönnendurchÄnderungenimTagesablauf reduziert werden und eine in-dividuellereVersorgungundPflegederBe-wohnerinnenundBewohnerbewirken.

    EineDienstplanungwirdnichtzuverlässiger,wennmehrBeschäftigtemitkleinemArbeits-zeitvolumeneingeplantwerden.Dieschein-

    bar größere Sicherheit durch eine erhöhteAnzahlvonBeschäftigtengehtzuLastenderQualität der Arbeit, da Kommunikation undKlarheitindenAufgabenunterdenBeschäf-tigtenhäufignichtdetailliert genuggeregeltsind.

    Eine vertragliche Ausweitung des Arbeits-zeitvolumens für einzelne Beschäftigte, diegerne mehr arbeiten möchten, mildert denMangelanPflegekräften.DasführtzueinerübersichtlicherenPlanungderArbeitunder-leichtert eine gezielte Personalentwicklung.Modelle des altersgerechten Arbeitens undregelmäßige ausreichende Regenerations-zeitenermöglichenesauchälterenBeschäf-tigteneher,biszumRenteneintrittinderPfle-gezuarbeiten.

    Planungssicherheit und keine StörungenderBeschäftigtenanfreienTagensolltederGrundsatzzurDienstplanunginjederPflege-einrichtungsein.Erreichtwerdenkanndiesu.a.mitderEinführungeinesabgestimmtenund für alle bekannten Systems zum Um-gangmitAusfallzeiten.

    Es gibt leider keine allgemeingültigen Lö-sungenzurSicherungeinerausgewogenenDienstplanung,die für jedenBetriebgelten,dennstets sindeinrichtungsspezifischeBe-sonderheitenzuberücksichtigen.

    Aber gelingt es, in einer PflegeeinrichtungeinebalanceorientierteDienstplanungumzu-setzen,sosinddamitauchdiewesentlichs-tenPunktefürgesundheitsförderlicheArbeit,einegutePersonalbindungundPersonalge-winnungerfüllt.

    Aber alle Veränderungsprozesse in einemBetrieb zeigen nurWirkung, wenn gemein-samaneinemStranggezogenwird,unddasgiltganzbesondersfüreinneuesArbeitszeit-modell.EineguteKommunikationund früh-zeitigeBeteiligungderBeschäftigtensichert

  • 49VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    den Erfolg. Ein Versuch, die eigene Dienst-planung zu optimieren, lohnt sich in jedemFall,auchwenneszunächstnurkleineVer-änderungenbetrifft,dennschließlichgehtesumdieGesundheitderBeschäftigten.

  • 50 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

  • 51VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

    LITERATURVERZEICHNIS

  • 52 ZEIT PLANEN – AUSGEWOGENE ARBEITSZEIT- UND DIENSTPLANGESTALTUNG IN DER ALTENPFLEGE

    Literaturverzeichnis

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  • 53VEREINBARKEIT VON BERUF UND PRIVATLEBEN FÖRDERN

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  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

    Presse-undÖffentlichkeitsarbeitHenning-von-Tresckow-Straße2–1314467 Potsdam

    www.masgf.brandenburg.de

    Die Broschüre „Ausgewogene Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung in der Altenpflege – Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern“ wurde im Rahmen des Projektes „Personalentwicklung in Brandenburger Altenpflegeeinrichtungen fördern“ erstellt durch:

    ArbeitGestaltenBeratungsgesellschaft mbHAlbrechtstr. 11a10117 Berlin

    www.arbeitgestaltengmbh.de

    Layout&Gestaltung:vantronye–visuellekommunikationTitelbild:shutterstockDruck:ARNOLDgroup1. unv. Nachauflage:1000StückDezember 2018

    Zeit planenInhaltEinführung Ausgewogene oder balanceorientierte Dienstplanung Schichtdienst aus Sicht der Arbeitsmedizin Rahmenbedingungen der Dienstplanung 4.1Rechtliche Grundlagen4.2Erfordernisse der Pflege bzw. des Betriebs 4.3Wünsche der Beschäftigten

    Arbeitsorganisation und Dienstplanung 5.1Arbeitsabläufe überprüfen5.2Arbeitsabläufe verändern5.3Alterns- und altersgerechtes Arbeiten in der Pflege

    Schichtmodelle 6.1Schichtsysteme6.2Planung von Schichtfolgen und freien Tagen

    Vertretungslösungen finden – Management von Ausfallzeiten 7.1 Bei der Planung Ausfallzeiten berücksichtigen7.2Vertretungsfälle prüfen

    Veränderungsprozess für eine neue Dienstplanung einleiten und kommunizieren Grundüberlegungen einer ausgewogenen Dienstplanung SchlussbetrachtungLiteraturverzeichnisImpressum