Zenlehre_Bodhidharma

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  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Die Zen-Lehre des Bodhidharma

    aus dem Chinesischen von Rote Pinie

    aus dem Englischen

    Inhaltsverzeichnis:

    Leitfaden der Praxis 2

    Blutstrom Predigt 4

    Erwachenspredigt 17

    Durchbruchs-Predigt 27

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    Leitfaden der Praxis

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    Leitfaden der Praxis

    Viele Pfade fhren zum Weg, aber grundlegend gibt es nur zwei: Die Erkenntnis der

    Wirklichkeit und die Praxis. Das Betreten [des Weges] durch Erkenntnis der

    Wirklichkeit bedeutet die Essenz durch Anleitung zu erkennen und darauf zu

    vertrauen, dass alle Lebewesen die gleiche [grundlegende] Natur teilen, was nicht

    offensichtlich ist, da sie durch Wahrnehmung und Verblendung verhllt ist. Jene, die

    sich von der Verblendung zurck zur Wirklichkeit wenden, die vor Wnden

    meditieren, ber die Abwesenheit [der Unterscheidung] vom Selbst und anderen, von

    Sterblichen und Heiligen und die selbst von den Schriften unberhrt sind, sind in

    unausgesprochener bereinstimmung mit der Wirklichkeit. Unbewegt und ohne

    Mhe betreten sie [den Weg], so sagen wir, durch die Wirklichkeit.

    [Den Weg] durch die Praxis zu betreten bezieht sich auf die Vier Allumfassenden

    Praktiken: Unrecht ertragen, sich den Umstnden anpassen, nichts begehren und

    den Dharma praktizieren.

    Erstens: Unrecht ertragen. Wenn jene, die den Weg suchen Schwierigkeiten

    begegnen, sollten sie sich folgendes denken, In zahllosen vergangenen Zeitaltern

    habe ich mich vom Essentiellen zum Gewhnlichen gewandt und habe alle

    mglichen Existenzen durchwandert, oft wtend ohne Grund und zahlreicher

    bertretungen schuldig. Nun, obwohl ich ohne Fehl bin, werde ich von meiner

    Vergangenheit bestraft. Weder Gtter noch Menschen knnen vorhersehen, wann

    eine unheilsame Tat ihre Frucht trgt. Ich akzeptiere es mit einem offenen Herzen

    und ohne Klage ber Ungerechtigkeit. Die Sutras sagen, Wenn du Schwierigkeiten

    begegnest, reg dich nicht auf, denn es macht Sinn. Mit einem solchen Verstndnis

    bist du in bereinstimmung mit der Erkenntnis der Wirklichkeit. Und durch dasErtragen von Unrechtem betrittst du den Weg.

    Zweitens: sich den Umstnden anpassen. Als Sterbliche werden wir von

    Bedingungen beherrscht, nicht von uns selbst. Alles Leid und Glck das wir erfahren

    hngt von Bedingungen ab. Wenn wir den Segen einer groen Belohnung

    bekommen, etwas wie Ruhm oder Glck, ist es die Frucht eines Samens der von uns

    in der Vergangenheit gest wurde. Wenn sich die Bedingungen ndern, endet sie.

    Warum sollten wir davon entzckt sein? Doch whrend Erfolg und Versagen von

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    Kapitel 1: Leitfaden der Praxis

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    Bedingungen abhngen, nimmt der Geist weder zu noch ab. Jene, die vom Wind der

    Freude nicht berhrt werden, folgen still dem Pfad.

    Drittens: nichts begehren. Die Leute dieser Welt sind verblendet. Sie sind stndig auf

    der Suche nach etwas stndig. Kurz gesagt: sie begehren. Aber die Weisen

    wachen auf. Sie whlen Erkenntnis anstelle von Gewohnheiten. Sie verankern den

    Geist im Erhabenen und berlassen ihre Krper dem Wechsel der Jahreszeit. Alle

    Dinge sind leer. Sie enthalten nichts begehrenswertes. Unglck und Glck wechseln

    sich stndig ab. In den drei Reichen zu leben bedeutet in einem brennenden Haus zu

    leben. Einen Krper zu besitzen bedeutet zu leiden. Kennt irgendjemand mit einem

    Krper Frieden? Alle, die dies Verstehen geben die Anhaftung an alles auf das

    existiert und hren auf sich etwas vorzustellen oder zu begehren. Die Sutras sagen,

    Etwas zu begehren bedeutet Leiden. Nichts zu begehren bedeutet Segen. Wenn du

    nichts begehrst, bist du auf dem Weg.

    Viertens: den Dharma praktizieren. Der Dharma ist die Wahrheit, dass alle

    Phnomene rein sind. Diese Wahrheit besagt, dass alle Erscheinungen leer sind.

    Verunreinigung und Anhaftung, Subjekt und Objekt existieren nicht. Die Sutras

    sagen, Der Dharma beinhaltet keine Wesen, weil er frei ist von den

    Verunreinigungen des Seienden und der Dharma beinhaltet kein Selbst, weil er frei

    ist von der Verunreinigung eines Selbst. Jene, die Weise genug sind diese Wahrheit

    zu verstehen, praktizieren in bereinstimmung mit dem Dharma. Und da das, was

    Wirklich ist nichts beneidenswertes beinhaltet, geben sie ihren Krper, ihr Leben und

    ihren Besitz der Wohlttigkeit hin, ohne Reue, ohne die Eitelkeit vom Gebenden,

    Gegebenen oder Empfnger [der Gabe] und ohne Vorurteil oder Anhaftung. Und um

    die Unreinheiten zu beseitigen, lehren sie andere, aber ohne Anhaftung an Form.

    Demnach werden sie durch ihre eigene Praxis fhig anderen zu helfen und preisen

    den Weg der Erleuchtung. Und wie die Praxis des Gebens, praktizieren sie auch dieanderen Tugenden. Aber whrend sie die sechs Tugenden praktizieren, um die

    Verblendung zu beseitigen, praktizieren sie [letztlich] gar nichts. Dieses ist die

    Bedeutung von der Praxis des Dharma.

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    Blutstrom Predigt

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    Blutstrom Predigt

    Alles, das in den drei Welten erscheint entsteht aus dem Geist. Demnach lehren die

    Buddhas der Vergangenheit und der Zukunft von Geist zu Geist, ohne sich dabei um

    Definitionen zu scheren.

    Aber wenn sie ihn nicht definieren, was meinen sie mit Geist?

    Du fragst. Das ist dein Geist. Ich Antworte. Das ist mein Geist. Wenn ich keinen Geist

    htte, wie sollte ich antworten. Wenn du keinen Geist httest, wie solltest du fragen?

    Das was fragt ist der Geist. Durch endlose Kalpas ohne Anfang, was immer du tust,

    wo immer du bist, das ist dein wahrer Geist, das ist dein wahrer Buddha. Dieser

    Geist ist der Buddhabedeutet das gleiche. Jenseits dieses Geistes wirst du niemals

    einen anderen Buddha finden. Nach Erleuchtung oder Nirvana jenseits dieses

    Geistes zu suchen ist unmglich. Die Wirklichkeit deiner eigenen Selbst-Natur

    [Svabhava], die Abwesenheit von Ursache und Wirkung, ist das, was mit Geist

    gemeint ist.

    Dein Geist ist Nirvana. Du magst denken, dass du Buddha oder Erleuchtung

    irgendwo jenseits dieses Geistes findest, aber ein solcher Ort existiert nicht.

    Der Versuch Buddha oder Erleuchtung zu finden ist wie der Versuch den Raum zu

    ergreifen. Raum hat einen Namen, aber keine Form. Es ist nicht etwas was du

    aufheben oder ablegen kannst. Und du kannst es sicherlich nicht ergreifen. Jenseits

    dieses Geistes wirst du niemals einen Buddha sehen. Der Buddha ist ein Produkt

    deines Geistes. Warum nach einem Buddha jenseits dieses Geistes suchen?

    Buddhas der Vergangenheit und der Zukunft sprechen nur ber diesen Geist. Der

    Geist ist der Buddha und der Buddha ist dieser Geist. Jenseits des Geistes gibt es

    keinen Buddha und jenseits des Buddha gibt es keinen Geist. Wenn du denkst es

    gibt einen Buddha jenseits des Geistes, wo ist er? Es gibt keinen Buddha jenseits

    des Geistes, warum also sollte einer erdacht werden? Du kannst nicht deinen wahrenGeist erkennen, solange du dich selbst tuscht. Solange du von einer leblosen Form

    bezaubert bist, bist du nicht frei. Wenn du mir nicht glaubst, wird dir deine

    Selbsttuschung nicht viel ntzen. Es ist nicht der Fehler des Buddha. Die Leute

    aber sind Verblendet. Sie sind sich nicht bewusst, dass ihr eigener Geist der Buddha

    ist. Ansonsten wrden sie nicht auerhalb des Geistes nach Buddha suchen.

    Buddhas erretten keine Buddhas. Wenn du deinen Geist benutzt, um nach einen

    Buddha zu suchen wirst Du keinen Buddha sehen. Solange du nach einem Buddhaanderswo suchst, wirst du niemals sehen, dass dein eigener Geist der Buddha ist.

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    Blutstrom Predigt

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    Verwende fr die Verehrung eines Buddha keinen Buddha. Und benutz den Geist

    nicht fr die Anrufung von Buddhas Namen. Buddhas rezitieren keine Sutras.

    Buddhas halten sich nicht an Gelbde. Buddhas brechen keine Gelbde. Buddhas

    halten oder brechen gar nichts. Buddhas tun nichts Gutes oder Schlechtes.

    Um einen Buddha zu finden musst du deine eigene Natur erkennen. Wer auch immer

    seine eigene Natur erkennt ist ein Buddha. Wenn du deine eigene Natur nicht

    erkennst, ist die Anrufung von Buddhas Namen, das Rezitieren von Sutras, das

    Darbringen von Offerten und das Halten der Gelbde nutzlos. Die Anrufung von

    Buddhas Namen bringt gutes Karma, das Rezitieren von Sutras bringt ein gutes

    Gedchtnis; das halten der Gelbde bringt eine gute Wiedergeburt und die

    Darbringung von Offerten bringt zuknftigen Segen aber keinen Buddha.

    Wenn du das nicht selbst verstehst, musst du einen Lehrer finden, um auf den Grund

    von Leben und Tod zu kommen. Aber bis er seine eigene Natur erkennt, ist eine

    solche Person kein Lehrer. Selbst wenn er den Zwlffachen Kanon rezitieren kann,

    so kann er doch nicht dem Rad von Leben und Tod entkommen. Er leidet in den drei

    Reichen ohne die Hoffnung auf Befreiung.

    Es war vor langer Zeit, als der Mnch Guter Stern in der Lage war, den gesamten

    Kanon zu rezitieren. Aber er entkam nicht dem Rad [des Lebens], weil er nicht seine

    eigene Natur erkannte. Wenn das der Fall mit Guter Stern war, dann sind Leute

    heutzutage, die ein paar Sutras oder Shastras rezitieren und glauben, das ist der

    Dharma, Narren. Bis du deine eigene Natur erkennst, ist das rezitieren von so viel

    Prosa nutzlos.

    Um einen Buddha zu sehen, ist alles was du zu tun hast, deine eigene Natur zu

    erkennen. Deine eigene Natur ist der Buddha. Und der Buddha ist die Person, die

    frei ist. Frei von Plnen, frei von Sorgen. Wenn du deine eigene Natur nicht erkennst

    und den ganzen Tag herumlufst und sie irgendwo anders suchst, wirst du niemalseinen Buddha finden. In Wirklichkeit gibt es nichts zu finden. Aber um so ein

    Verstndnis zu erreichen brauchst du einen Lehrer und du musst dich anstrengen

    um dieses Verstndnis zu entwickeln. Leben und Sterben sind wichtig. Erleide sie

    nicht vergebens. Es ist kein Vorteil, dich selbst zu tuschen. Selbst wenn du Berge

    von Juwelen hast und so viele Diener, wie es Sandkrner am Ganges gibt, siehst du

    sie, wenn deine Augen offen sind. Aber was, wenn deine Augen geschlossen sind?

    Du solltest verstehen, dass alles was du siehst wie ein Traum oder eine Illusion ist.Wenn du nicht bald einen Lehrer findest, lebst du dieses Leben vergebens.

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    Es ist wahr, du hast die Buddhanatur. Aber ohne die Hilfe eines Lehrers wirst du dies

    niemals wissen. Nur eine Person unter einer Millionen wird ohne die Hilfe eines

    Lehrers erleuchtet.

    Wenn jedoch, durch die Fgung von Bedingungen, jemand versteht was der Buddha

    meinte, braucht eine solche Person keinen Lehrer. Diese Person hat ein natrliches

    Gewahrsein, welches erhabener ist, als alles was gelehrt wurde. Aber bevor du so

    gesegnet bist, studiere fleiig und durch die Anleitung [eines Lehrers] wirst du

    verstehen.

    Leute, die nicht verstehen, aber glauben sie bruchten nicht zu studieren, sind nicht

    verschieden von verblendeten Seelen, die nicht schwarz und wei unterscheiden

    knnen. Flschlicher Weise den Buddhadharma verkndend, lstern solche Leute in

    Wahrheit ber den Buddha und untergraben den Dharma. Sie predigen als ob sie

    Regen bringen wrden. Aber ihre Predigt ist die von Teufeln, nicht von Buddhas. Ihr

    Lehrer ist der Knig der Teufel und seine Schler sind des Teufels Gefolgschaft.

    Verblendete Leute, die solchen Instruktionen folgen sinken unwissentlich tiefer in den

    Ozean von Geburt und Tod.

    Bevor sie nicht ihre eigene Natur schauen, wie knnen Leute sich selbst Buddhas

    nennen? Sie sind Lgner, die andere tuschen, indem sie sie den Bereich der Teufel

    betreten lassen. Bis sie ihre eigene Natur schauen, ist ihr Predigen nichts anderes

    als das von Teufeln. Ihre Loyalitt gilt Mara, nicht Buddha. Unfhig schwarz und wei

    zu unterscheiden, wie sollten sie Geburt und Tod entkommen?

    Wer auch immer seine eigene Natur erkennt ist ein Buddha; wer auch immer es nicht

    erkennt, ist ein Sterblicher. Aber wenn du deine Buddhanatur getrennt von deiner

    sterblichen Natur entdecken kannst, wo ist sie? Unsere sterbliche Natur ist unsere

    Buddhanatur. Jenseits dieser Natur gibt es keinen Buddha. Der Buddha ist unsere

    Natur. Da ist kein Buddha neben dieser Natur. Und da ist keine Natur neben demBuddha.

    Aber angenommen ich sehe nicht meine eigene Natur, kann ich nicht trotzdem

    Erleuchtung durch das Ausrufen von Buddhas Namen, rezitieren von Sutras, der

    Darbringung von Offerten, dem Halten der Gelbde, der Praxis der Hingabe oder

    dem vollbringen guter Taten erlangen?

    Nein, das kannst du nicht.

    Warum nicht?

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    Wenn du irgendetwas erlangst, so ist das Bedingungen unterworfen, es ist karmisch.

    Es resultiert in Vergeltung. Es dreht das Rad. Solange du Leben und Tod unterliegst,

    wirst du niemals Erleuchtung erlangen. Um Erleuchtung zu erlangen musst du deine

    eigene Natur erkennen. Bis du nicht deine eigene Natur erkennst, ist all dieses

    Gerede ber Ursache und Wirkung Unsinn. Buddhas praktizieren keinen Unsinn. Ein

    Buddha ist frei von Karma, frei von Ursache und Wirkung. Wer behauptet, dass ein

    Buddha irgendetwas erlangt, beleidigt einen Buddha. Was knnte er mglicherweise

    erlangen? Selbst das Konzentrieren auf den Geist, eine Kraft, ein Verstehen oder

    eine Sichtweise ist unmglich fr einen Buddha. Ein Buddha ist nicht einseitig. Die

    Natur seines Geistes ist grundlegend leer, weder rein noch unrein. Er ist frei von

    Praxis und Realisierung. Er ist frei von Ursache und Wirkung.

    Ein Buddha beachtet keine Gelbde. Ein Buddha handelt weder gut noch bse. Ein

    Buddha ist weder tatkrftig noch faul. Ein Buddha ist jemand der nichts tut, jemand,

    der nicht einmal seinen Geist auf einen Buddha richten kann. Ein Buddha ist kein

    Buddha. Denke nicht ber Buddhas nach. Wenn du nicht verstehst worber ich rede,

    wirst du niemals deinen eigenen Geist kennen.

    Leute, die nicht ihre eigene Natur schauen und glauben, sie knnten jederzeit

    Gedankenlosigkeit praktizieren sind Lgner und Narren. Die fallen in endlosen Raum.

    Sie sind wie Betrunkene. Sie knnen nicht zwischen gut und bse unterscheiden.

    Wenn du vor hast eine solche Praxis zu kultivieren, so musst du dein eigenes Wesen

    erkennen, bevor du rationalen Gedanken ein Ende bereiten kannst. Erleuchtung zu

    erlangen ohne sein eigenes Wesen zu erkennen ist unmglich.

    Andere wiederum begehen alle mglichen unheilvollen Taten und behaupten Karma

    existiere nicht. Irrtmlicherweise behaupten sie, Unheilsames zu tun wre nicht

    falsch, da alles leer sei. Solche Personen fallen in eine Hlle von endloser Dunkelheit

    ohne Hoffnung auf Befreiung. Jene, die Weise sind, haben keine solche Ansichten.Aber wenn jede unserer Bewegungen oder jeder Zustand, wann immer sie auftreten,

    Geist ist, warum erkennen wir diesen Geist nicht, wenn eine Person stirbt?

    Der Geist ist immer gegenwrtig. Du siehst ihn blo nicht.

    Aber wenn der Geist gegenwrtig ist, warum erkenne ich ihn nicht?

    Trumst du jemals?

    Natrlich.

    Wenn du trumst, bist du das?Ja, das bin ich.

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    Und ist das was du tust oder sagst von dir verschieden?

    Nein, das ist es nicht.

    Aber wenn es das nicht ist, dann ist dieser Krper dein wahrer Krper. Und dieser

    wahre Krper ist dein Geist. Und dieser Geist, durch endlose Kalpas hindurch, ohne

    Anfang, hat sich nie verndert. Er lebte oder verstarb nie, erschien oder verschwand

    nicht und nahm weder zu noch ab. Er ist nicht rein oder unrein, gut oder bse,

    Vergangenheit oder Zukunft. Er ist nicht wahr oder falsch. Er ist nicht mnnlich oder

    weiblich. Er erscheint nicht als ein Mnch oder ein Laie, als ein Ordensltester oder

    ein Novize, als ein Weiser oder ein Narr, als ein Buddha oder ein Sterblicher. Er

    strebt nicht nach Verwirklichung und leidet kein Karma. Er hat keine Kraft oder Form.

    Er ist wie der Raum. Du kannst ihn nicht besitzen und du kannst ihn nicht verlieren.

    Seine Bewegungen knnen nicht von Bergen, Flssen oder Steinwnden

    aufgehalten werden. Seine unaufhaltbaren Krfte durchdringen den Berg der fnf

    Skandhas und berqueren den Fluss des Samsara. Kein Karma kann diesen wahren

    Krper einschrnken. Aber dieser Geist ist subtil und schwer zu erkennen. Er ist nicht

    das gleiche wie der Geist der Sinne. Jeder mchte diesen Geist erkennen und die,

    die ihre Hnde und Fe in seinem Licht bewegen sind so zahlreich wie die

    Sandkrner am Ganges, aber wenn du sie fragst, knnen sie ihn nicht erklren. Sie

    sind wie Marionetten. Es liegt an ihnen, ihn zu nutzen. Warum knnen sie ihn nicht

    erkennen?

    Der Buddha sagt, Leute sind verblendet. Darum fallen sie, wenn sie handeln immer

    tiefer in den Fluss der endlosen Wiedergeburten. Und wenn sie versuchen

    herauszukommen, so versinken sie nur noch tiefer. Und all das nur, weil sie ihre

    eigene Natur nicht erkennen. Wenn Leute nicht verblendet wren, warum sollten sie

    dann nach etwas fragen, das direkt vor ihnen ist? Nicht einer von ihnen versteht die

    Bewegung seiner eigenen Hnde und Fe. Der Buddha war nicht im Irrtum.Verblendete Leute wissen nicht wer sie sind. Etwas so schwer Begreifbares wird nur

    vom Buddha ergrndet und von niemandem sonst. Nur die Weisen verstehen diesen

    Geist, dieser Geist wird Dharma-Natur genannt, dieser Geist wird Befreiung genannt.

    Weder Leben noch Tod knnen diesen Geist einschrnken. Nichts kann das. Er wird

    auch der Unaufhaltbare Tathagata, das Unbegreifliche, das Heilige Selbst, das

    Unsterbliche und der Groe Weise genannt. Die Namen sind verschieden, aber nicht

    die Essenz. Auch Buddhas sind verschieden, aber keiner verlsst seinen eigenenGeist.

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    Die Fhigkeiten des Geistes sind unbegrenzt und seine Manifestierungen sind

    unerschpflich. Formen mit deinen Augen sehen, Gerusche mit deinen Ohren

    hren, Dfte mit deiner Nase riechen, Geschmcker mit deiner Zunge schmecken,

    jede Bewegung oder jeder Zustand ist alles dein Geist. In jedem Moment ist dort, wo

    Sprache nicht hingelangt, dein Geist.

    In den Sutras steht, Die Formen des Tathagata sind endlos. Und so ist auch sein

    Gewahrsein. Die endlose Verschiedenheit der Formen ist bedingt durch den Geist.

    Die Fhigkeit Dinge zu unterscheiden, mit jeglicher Bewegung und jeglichem

    Zustand, ist das Gewahrsein des Geistes. Aber der Geist hat keine Form und das

    Gewahrsein keine Grenze. So wird gesagt, Die Formen des Tathagata sind endlos.

    Und so ist auch sein Gewahrsein.

    Ein materieller Krper der vier Elemente ist leidhaft. Ein materieller Krper unterliegt

    Geburt und Tod. Aber der wahre Krper existiert ohne zu existieren, weil der wahre

    Krper des Tathagata sich niemals ndert. In den Sutras steht, Die Leute sollten

    realisieren, dass die Buddhanatur etwas ist, dass sie schon immer gehabt haben.

    Nur Kashyapa verstand seine eigene Natur.

    Unsere eigene Natur ist der Geist. Und der Geist ist unsere eigene Natur. Diese

    Natur ist das gleiche wie der Geist aller Buddhas. Die Buddhas der Vergangenheit

    und Zukunft geben nur diesen Geist weiter. Jenseits dieses Geistes gibt es

    nirgendwo einen Buddha. Aber verblendete Leute verstehen nicht, dass ihr eigener

    Geist der Buddha ist. Sie suchen weiter auerhalb. Sie hren nie damit auf Buddhas

    Namen anzurufen oder Buddhas zu verehren und fragen sich Wo ist der Buddha?

    Gib dich nicht solchen Illusionen hin. Erkenne nur deinen Geist. Jenseits deines

    Geistes gibt es keinen Buddha. In den Sutras steht, Alles was eine Form hat ist eine

    Illusion. Weiterhin steht dort, Wo immer du bist, dort ist Buddha. Dein Geist ist der

    Buddha. Verwende keinen Buddha, um einen Buddha zu verehren.Selbst wenn ein Buddha oder ein Bodhisattva pltzlich vor dir auftauchen sollte, es

    gibt keinen Grund der Verehrung. Unser Geist ist leer und enthlt keine solche Form.

    Diejenigen, die an Erscheinungen festhalten sind Teufel. Sie verlassen den Weg.

    Warum sollten Illusionen gehuldigt werden, die dem Geist entspringen? Jene, die

    Verehrung erweisen, verstehen nicht und jene, die verstehen, erweisen keine

    Verehrung. Durch Verehrung kommst du unter die Kontrolle von Teufeln. Ich betone

    dies so, weil ich befrchte du bist dir dessen nicht bewusst. Die Grundnatur einesBuddha hat keine solche Form. Behalte dies im Gedchtnis, selbst wenn etwas

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    Ungewhnliches auftreten sollte. Heie es nicht willkommen und frchte es nicht,

    und zweifele nicht, dass dein Geist ursprnglich rein ist. Wo knnte da fr eine

    derartige Form noch Platz sein? Ebenso bei der Erscheinung von Geistern,

    Dmonen oder gttlichen Wesen, empfinde weder Respekt noch Furcht. Dein Geist

    ist grundlegend leer. Alle Erscheinungen sind Illusionen. Halte nicht an

    Erscheinungen fest.

    Wenn du einen Buddha, einen Dharma oder einen Bodhisattva siehst und du

    empfindest Respekt fr sie, versetzt du dich in den Bereich der Sterblichen zurck.

    Wenn du direktes Verstehen wnscht, halte an keinerlei Erscheinung fest und du bist

    erfolgreich. Ich habe keinen anderen Rat. In den Sutras steht, Alle Erscheinungen

    sind Illusionen. Sie haben keine eigenstndige Existenz, keine bleibende Form. Sie

    sind vergnglich. Halte nicht an Erscheinungen fest und du wirst den selben Geist

    wie der Buddha haben. In den Sutras steht, Das was von aller Form frei ist, ist der

    Buddha.

    Aber warum sollten wir keine Buddhas und Bodhisattvas verehren?

    Teufel und Dmonen besitzen die Kraft der Manifestation. Sie knnen die

    Erscheinung von Bodhisattvas in allen mglichen Verkleidungen kreieren. Aber sie

    sind falsch. Keiner von ihnen ist Buddha. Der Buddha ist dein eigener Geist. Leite

    nicht deine Huldigung fehl.

    Buddhaist Sanskrit fr das, was man Gewahrsein, wunderbares Gewahrseinnennt.

    Antworten, Wahrnehmen, die Augenbrauen heben, mit den Augen zwinkern, Hnde

    und Fe bewegen, das alles ist deine wunderbar gewahre Natur. Und diese Natur

    ist dein Geist. Und dieser Geist ist der Buddha. Und der Buddha ist der Weg. Und der

    Weg ist Zen. Aber das Wort Zen ist eines, das ein Rtsel sowohl fr Sterbliche, als

    auch fr Weise bleibt. Deine eigene Natur zu erkennen ist Zen. Bis du deine eigene

    Natur erkennst, ist es kein Zen.Selbst wenn du Tausende Sutras und Shastras erklren kannst, bis du deine eigene

    Natur erkennst, bleibt es die Lehre eines Sterblichen, nicht die eines Buddha. Der

    wahre Weg ist subtil. Er kann nicht durch Sprache ausgedrckt werden. Welchen

    Wert haben die Schriften? Aber jemand, der seine eigene Natur erkennt, findet den

    Weg, selbst, wenn er kein Wort lesen kann. Jemand der seine eigene Natur erkennt,

    ist ein Buddha. Und da der Krper eines Buddha zuinnerst rein und unbefleckt und

    alles was er sagt ein Ausdruck seines grundlegend leeren Geistes ist, kann einBuddha nicht in Worten oder sonst wo im Zwlffachen Kanon gefunden werden.

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    Der Weg ist von Grund auf vollkommen. Er braucht nicht perfektioniert werden. Der

    Weg hat keine Form und keine Tne. Er ist subtil und schwer wahrzunehmen. Es ist,

    als ob du Wasser trinkst: du weit wie hei oder kalt es ist, aber du kannst es nicht

    anderen mitteilen. Von dem, was nur ein Tathagata wei, bleiben Menschen und

    Gtter in Unkenntnis. Das Gewahrsein von Sterblichen ist gering. Solange sie an

    Formen haften, erkennen sie nicht, dass ihr Geist leer ist. Und durch das irrtmliche

    Haften an Erscheinung von Dingen verlieren sie den Weg.

    Wenn du weit, dass alles aus dem Geiste kommt, so sei ohne Anhaftung. Sobald du

    anhaftest, bist du unbewusst. Sobald du aber deine eigene Natur erkennst, wird der

    gesamte Kanon zu so viel Erzhlung. Die Tausenden Sutras und Shastras bedeuten

    nur einen klaren Geist. Verstehen kommt mitten im Satz. Wofr sollten

    Lehrmeinungen gut sein?

    Die letztendliche Wahrheit ist jenseits der Worte. Eine Doktrin besteht aus Worten.

    Sie sind nicht der Weg. Der Weg ist wortlos. Worte sind Illusionen. Sie sind nicht

    verschieden von Dingen, die Nachts in deinen Trumen erscheinen, seien es Palste

    oder Fuhrwerke, bewaldete Parks oder Uferpavillions. Empfinde kein Vergngen an

    solchen Dingen. Sie alle sind Wiegen der Wiedergeburt. Denke daran, wenn dein

    Tod bevorsteht. Hafte nicht an Erscheinung von Dingen und du durchbrichst alle

    Hindernisse. Ein Moment des Zgerns und du wirst unter Bann der Teufel sein. Dein

    wahrer Krper ist rein und undurchlssig. Aber durch Verblendung bist du dessen

    nicht gewahr. Und darum leidest du vergeblich dein Karma. Wo immer du Vergngen

    findest, findest du Knechtschaft. Aber wenn du erst zu deinem ursprnglichen Krper

    und Geist erwachst, bist du nicht lnger durch Anhaftung gebunden.

    Ein jeder, der das Transzendente fr das Weltliche aufgibt, in jedweder der Myriaden

    Formen, ist ein Sterblicher. Ein Buddha ist jemand, der Freiheit in guter und in

    schlechter Fgung findet. Seine Kraft ist dermaen, dass Karma Ihn nicht [von derFreiheit] abhalten kann. Egal was fr eine Art von Karma, ein Buddha transformiert

    es. Himmel und Hlle bedeuten ihm nichts. Aber das Gewahrsein eines Sterblichen

    ist trbe im Vergleich zu dem eines Buddha, der alles durchdringt, im Inneren und

    Auen.

    Wenn du dir nicht sicher bist, handle nicht. Handelst du erst, wanderst du durch

    Geburt und Tod und bereust, keine Zuflucht zu haben. Armut und Elend entstehen

    durch falsches Denken. Um diesen Geist zu verstehen, musst du handeln ohne zuhandeln. Nur dann wirst du die Dinge aus der Sichtweise des Tathagata sehen.

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    Blutstrom Predigt

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    Aber wenn du Anfangs dem Weg folgst, wird dein Gewahrsein nicht sehr zentriert

    sein. Wahrscheinlich siehst du alle mglichen seltsamen, traumgleichen Szenen.

    Aber du solltest nicht daran zweifeln, dass all diese Szenen aus deinem eigenen

    Geist stammen und nirgendwo anders her.

    Wenn du, wie in einem Traum, ein Licht siehst, dass heller als die Sonne ist, so

    kommen deine restlichen Anhaftungen pltzlich zu einem Ende und die Natur der

    Wirklichkeit wird offenbart. Solch ein Ereignis dient der Grundlage zur Erleuchtung.

    Aber das ist etwas, was nur du weit. Du kannst es nicht anderen darlegen.

    Oder wenn du, whrend du gehst, stehst, sitzt oder in einem ruhigen Hain liegst, ein

    Licht siehst, unabhngig davon, ob es hell oder trbe ist, erzhl es nicht anderen und

    konzentrier dich nicht darauf. Es ist das Licht deiner eigenen Natur.

    Oder wenn du, whrend du gehst, stehst, sitzt oder in der Stille und Dunkelheit der

    Nacht liegst, alles wie bei Tageslicht erscheint, erschrecke dich nicht. Es ist dein

    eigener Geist kurz bevor er sich offenbart.

    Oder wenn du, whrend du in der Nacht trumst, den Mond und die Sterne in all ihrer

    Klarheit siehst, bedeutet das, dass sich die Funktionen deines [gewhnlichen]

    Geistes erschpfen. Aber erzhle es nicht anderen. Und wenn deine Trume nicht

    klar sind, als ob du durch die Dunkelheit spazierst, ist das, weil dein Geist von

    Sorgen verschleiert ist. Auch dieses ist etwas, was nur du weit.

    Wenn du deine eigene Natur erkennst, brauchst du keine Sutras zu lesen oder

    Buddhas Namen anzurufen. Gelehrsamkeit und Wissen sind nicht nur nutzlos,

    sondern trben auch dein Gewahrsein. Lehrgebude dienen nur dazu, auf den Geist

    hinzudeuten. Erkennst du erst deine eigene Natur, warum solltest du dich noch um

    Lehrgebude kmmern?

    Um von einem Sterblichen zu einem Buddha zu werden, musst du deinem Karma ein

    Ende bereiten, dein Gewahrsein wachsen lassen und akzeptieren, was das Lebenbringt. Wenn du immer wtend wirst, so wendest du deine eigene Natur gegen den

    Weg. Es gibt keinen Vorteil dich selbst zu tuschen. Buddhas bewegen sich frei

    durch Geburt und Tod, erscheinen und verschwinden auf Wunsch. Sie knnen nicht

    durch Karma eingeschrnkt oder durch Teufel bezwungen werden.

    Sobald ein Sterblicher seine eigene Natur erkennt, endet jegliche Anhaftung.

    Gewahrsein ist nicht verborgen. Aber du kannst es nur jetzt entdecken. Es ist nur

    jetzt da. Wenn du wirklich den Weg finden willst, halte an nichts fest. Sobald dudeinem Karma ein Ende bereitest und dein Gewahrsein wachsen lsst, so wird

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    Blutstrom Predigt

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    jegliche verbleibende Anhaftung zu einem Ende kommen. Verstndnis entsteht auf

    natrliche Weise. Du musst dich dazu nicht anstrengen. Aber Fanatiker verstehen

    nicht, was der Buddha lehrte. Und je mehr sie sich anstrengen, um so weiter

    entfernen sie sich von der Lehre des Weisen. Den ganzen Tag lang rufen sie

    Buddhas Namen und lesen Sutras. Aber sie bleiben blind gegenber ihrer eigenen

    gttlichen Natur und sie entkommen nicht dem Rad.

    Ein Buddha ist eine mige Person. Er rennt nicht Glck und Ruhm hinterher. Wofr

    sollen solche Sachen letztlich gut sein? Leute, die nicht ihre eigene Natur sehen und

    glauben, dass Sutras zu lesen, Buddhas Namen anzurufen, langes und hartes

    studieren, Morgens und Nachts zu praktizieren ohne sich hinzulegen oder die

    Aneignung von Wissen der Dharma ist, lstern ber den Dharma. Buddhas der

    Vergangenheit und der Zukunft sprechen nur ber das Erkennen deiner eigenen

    Natur. Jegliche Praxis ist unbestndig. Leute, die behaupten sie htten

    unbertreffliche und vollstndige Erleuchtung erlangt, sind Lgner.

    Unter Shakyamunis zehn besten Schlern war Ananda fhrend im Lernen. Aber er

    erkannte nicht den Buddha. Alles was er tat war, zu studieren und auswendig zu

    lernen. Arhats erkennen nicht den Buddha. Alles was sie wissen ist eine Vielzahl von

    Praktiken zur Realisierung und sie werden von Ursache und Wirkung gefangen. So

    ist auch das Karma eines Sterblichen: kein Entkommen von Geburt und Tod. Sie

    erreichen das Gegenteil von dem, was sie beabsichtigen, solche Leute lstern ber

    den Buddha. Sie umzubringen wre nicht falsch. In den Sutras steht, Da Icchantikas

    unfhig des Vertrauens sind, wre es ohne Schuld sie umzubringen, wohingegen

    Leute mit Vertrauen den Zustand der Buddhaschaft erreichen.

    Bis du deine eigene Natur erkennst, solltest du nicht herumlaufen und die

    Gutherzigkeit anderer kritisieren. Es gibt keinen Vorteil dich selbst zu tuschen. Gut

    und schlecht sind verschieden. Ursache und Wirkung sind klar. Himmel und Hllesind direkt vor deinen Augen. Aber Narren glauben das nicht und fallen geradewegs

    in die Hlle der endlosen Dunkelheit, ohne es berhaupt zu wissen. Was sie vom

    Glauben abhlt ist die Schwere ihres Karma. Sie sind wie blinde Personen, die nicht

    glauben, dass es solche Dinge wie Licht gibt. Selbst wenn du es ihnen erklrst, so

    glauben sie es immer noch nicht, weil sie blind sind. Wie wre es fr sie mglich

    Licht zu erkennen?

    Das gleiche gilt auch fr Narren die in den niederen Existenzen enden oder unterden Armen und Verstoenen. Sie knnen nicht leben und sie knnen nicht sterben.

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    Blutstrom Predigt

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    Und trotz ihrem Leid sagen sie, wenn du sie fragst, sie seien so zufrieden wie die

    Gtter. Alle Sterblichen, selbst jene die glauben sie seien wohlgeboren, sind

    gleichermaen unwissend. Wegen der Schwere ihres Karma, knnen solche Narren

    nicht Vertrauen [entwickeln] und nicht frei kommen.

    Leute, die erkennen, dass ihr Geist Buddha ist, mssen sich nicht ihren Kopf

    rasieren. Laien sind auch Buddhas. Bis sie ihre eigene Natur erkennen, sind Leute,

    die ihren Kopf rasieren einfach Fanatiker.

    Aber da verheiratete Laien nicht den Sex aufgeben, wie knnen sie dann Budhhas

    werden?

    Ich rede nur darber deine eigene Natur zu erkennen. Ich rede nicht ber Sex,

    einfach nur weil du deine eigene Natur nicht erkennst. Sobald du deine eigene Natur

    erkannt hast, ist Sex im Grunde unkrperlich. Es endet einher mit deinem Vergngen

    daran. Selbst wenn einige Gewohnheiten brigbleiben, knnen sie dir nicht schaden,

    weil deine eigene Natur im Grunde rein ist. Ungeachtet dessen, dass du in einem

    materiellen Krper der vier Elemente lebst, ist deine eigene Natur im Grunde rein.

    Sie kann nicht verdorben werden. Dein wahrer Krper hat keine

    Sinneswahrnehmung, keinen Hunger oder Durst, keine Wrme oder Klte, keine

    Krankheit, keine Liebe oder Anhaftung, kein Vergngen oder Schmerz, kein [Konzept

    von] gut oder schlecht, keine Krze oder Lnge, keine Schwche oder Strke.

    Tatschlich ist nichts hier. Es ist nur weil du an diesen Krper anhaftest, dass Dinge

    wie Hunger und Durst, Wrme und Klte und Krankheit auftreten.

    Sobald du mit der Anhaftung aufhrst und die Dinge so sein lsst, wie sie sind, wirst

    du frei sein, selbst von Geburt und Tod. Du wirst alles wandeln. Du wirst spirituelle

    Krfte besitzen, die nicht behindert werden knnen. Und du wirst Frieden haben, wo

    immer du bist. Wenn du das bezweifelst, wirst du niemals alles durchschauen. Du

    solltest dann besser gar nichts tun. Sobald du handelst, kannst du den Kreis vonGeburt und Tod nicht vermeiden. Aber sobald du deine eigene Natur erkennst, bist

    du ein Buddha, selbst wenn du als Schlachter arbeitest.

    Aber Schlachter erzeugen Karma durch das Schlachten von Tieren. Wie knnen sie

    Buddhas sein?

    Ich rede nur davon, dass du deine eigene Natur erkennst. Ich rede nicht ber das

    Erzeugen von Karma. Unabhngig von dem was wir tun, hat unser Karma uns nicht

    im Griff. Durch endlose Kalpas ohne einen Anfang ist es nur weil die Leute ihreigenes Wesen nicht erkennen, dass sie in der Hlle landen. Solange eine Person

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    Blutstrom Predigt

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    Karma erzeugt, durchluft sie weiterhin Geburt und Tod. Aber sobald eine Person

    ihre ursprngliche Natur erkennt, hrt sie auf Karma zu erzeugen. Wenn sie ihre

    eigene Natur nicht erkennt, wird die Anrufung von Buddhas Namen sie nicht von

    ihrem Karma befreien, unabhngig davon, ob sie ein Schlachter ist oder nicht.

    Aber sobald sie ihre eigene Natur erkennt, verschwinden alle Zweifel. Selbst eines

    Schlachters Karma hat keinen Effekt auf eine solche Person.

    In Indien bermittelten die siebenundzwanzig Dharmaahnen das Siegel ihres

    Geistes. Und der einzige Grund warum ich nach China gekommen bin, ist die

    bermittlung der Pltzlichkeitslehre des Mahayana. Dieser Geist ist der Buddha. Ich

    rede nicht ber Gelbde, Hingabe oder asketische Praktiken, so wie das eintauchen

    in Wasser und Feuer, hineintreten in einen Reifen aus Messern, nur eine Mahlzeit

    am Tag zu essen oder sich niemals hinzulegen. Dies sind fanatische, behelfsmige

    Lehren. Sobald du deine sich bewegende, wunderbar gewahre Natur erkennst, ist

    dein Geist der Geist aller Buddhas. Buddhas der Vergangenheit und Zukunft

    sprechen nur ber die Weitergabe des Geistes. Sie lehren nichts anderes. Wenn

    jemand diese Lehre versteht, selbst wenn er Analphabet ist, ist er ein Buddha. Wenn

    du deine eigene, wunderbar gewahre Natur nicht erkennst, wirst du niemals einen

    Buddha finden, selbst wenn du deinen Krper in Atome zerlegst.

    Der Buddha ist dein wahrer Krper, dein ursprnglicher Geist. Dieser Geist hat keine

    Form oder Merkmale, keine Ursache oder Wirkung, keine Sehnen oder Knochen. Er

    ist wie der Raum. Du kannst ihn nicht ergreifen. Er ist nicht wie der Geist von

    Materialisten oder Nihilisten. Mit Ausnahme des Tathagata kann kein anderer kein

    Sterblicher, kein verblendetes Wesen ihn ermessen.

    Aber dieser Geist ist nicht irgendwo auerhalb des materiellen Krpers der vier

    Elemente. Ohne diesen Geist knnen wir uns nicht bewegen. Der Krper hat kein

    Gewahrsein. Wie eine Pflanze oder ein Stein hat der Krper keine eigene Natur.Also, wie bewegt er sich? Es ist der Geist der ihn bewegt.

    Sprache und Verhalten, Sinnenwahrnehmung und Verstehen sind alles Funktionen

    eines sich bewegenden Geistes. Alle Bewegungen sind die Bewegungen des

    Geistes. Getrennt von der Bewegung gibt es keinen Geist und getrennt von dem

    Geist gibt es keine Bewegung. Bewegung ist im Grunde ohne Geist. Und der Geist

    ist im Grunde bewegungslos. Aber Bewegung existiert nicht ohne den Geist. Und der

    Geist existiert nicht ohne Bewegung. Da gibt es keinen Geist fr Bewegung undkeine Bewegung fr den Geist getrennt voneinander. Bewegung ist die Funktion des

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    Blutstrom Predigt

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    Geistes und seine Funktion ist seine Bewegung. Genau so bewegt sich weder der

    Geist, noch wirkt er, weil die Essenz seines Wirkens Leerheit ist, und Leerheit ist in

    der Essenz bewegungslos.

    Demnach raten die Sutras uns zu bewegen ohne uns zu bewegen, zu reisen ohne zu

    reisen, zu sehen ohne zu sehen, zu lachen ohne zu lachen, zu hren ohne zu hren,

    zu wissen ohne zu wissen, frhlich zu sein ohne frhlich zu sein, zu gehen ohne zu

    gehen, zu stehen ohne zu stehen. Die Sutras sagen, Gehe ber die Sprache hinaus.

    Gehe ber das Denken hinaus. Im Grunde sind sehen, hren und wissen vollstndig

    leer. Deine Wut, Freude oder Schmerz sind die einer Marionette. Du kannst suchen,

    aber du wirst nicht ein Ding finden.

    In bereinstimmung mit den Sutras resultieren bse Taten in Elend und gute Taten

    in Segen. Wtende Leute gehen in die Hlle und freundliche Leute gehen in den

    Himmel. Aber wenn du erkennst, dass die Natur von Wut und Freundlichkeit leer ist,

    und du sie gehen lsst, befreist du dich selbst vom Karma. Wenn du deine eigene

    Natur nicht erkennst, bringt dir das zitieren der Sutras nichts.

    Ich knnte noch weitermachen, aber diese kurze Predigt muss reichen.

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    Erwachenspredigt

    Die Essenz des Weges ist Loslsung. Und das Ziel jener, die praktizieren ist die

    Freiheit von den Erscheinungen. Die Sutras sagen, Die Loslsung ist Erleuchtung,

    weil sie Erscheinungen verneint. Buddhaschaft bedeutet Gewahrsein. Sterbliche,

    deren Geist gewahr ist erreichen den Weg der Erleuchtung und werden deshalb

    Buddhas genannt. Die Sutras sagen, Jene die sich von allen Erscheinungen

    befreien, werden Buddhas genannt. Das Auftauchen einer Erscheinung als Nicht-

    Erscheinung kann nicht visuell wahrgenommen werden kann, sondern es kann nur

    durch Weisheit erkannt werden. Wer auch immer dieses hrt und dieser Lehre

    vertraut, betritt das Groe Fahrzeug und verlsst die drei Bereiche.

    Die drei Bereiche sind Gier, Hass und Verblendung. Die drei Bereiche zu verlassen

    bedeutet von Gier, Hass und Verblendung zurckzukehren zur Sittlichkeit, Meditation

    und Weisheit. Gier, Hass und Verblendung haben keine Eigennatur. Sie hngen von

    den Sterblichen ab. Und jeder der der Reflexion fhig ist, ist auf dem Weg zu sehen,

    dass die Natur von Gier, Hass und Verblendung die Buddhanatur ist. Jenseits von

    Gier, Hass und Verblendung gibt es keine andere Buddhanatur. Die Sutras sagen,

    Buddhas sind nur Buddhas geworden, whrend sie mit den drei Giften lebten und

    sich dabei mit dem puren Dharma nhrten. Die drei Gifte sind Gier, Hass und

    Verblendung.

    Das Groe Fahrzeug ist das grte von allen Fahrzeugen. Es ist die Befrderung der

    Bodhisattvas, die alles benutzen ohne irgendetwas zu benutzen und die den ganzen

    Tag reisen ohne zu reisen. Solcherart ist das Fahrzeug der Buddhas. Die Sutras

    sagen, Kein Fahrzeug ist das Fahrzeug der Buddhas.

    Wer begreift, dass die sechs Sinne nicht real und dass die fnf Skandhas Fiktion

    sind, dass solche Dinge nirgends im Krper zu entdecken sind, versteht die Sprache

    der Buddhas. Die Sutras sagen, Die Hhle der fnf Skandhas ist die Halle des Zen.Das ffnen des inneren Auges ist das Tor zum Groen Fahrzeug. Was knnte klarer

    sein?

    ber nichts nachdenken ist Zen. Sobald du das begriffen hast, ist gehen, stehen,

    sitzen oder liegen und alles was du tust Zen. Zu wissen, dass der Geist leer ist,

    bedeutet Buddha zu sehen. Die Buddhas der zehn Richtungen haben keinen Geist.

    Keinen Geist zu sehen, bedeutet Buddha zu sehen.

    Dich selbst ohne Reue aufzugeben ist die grte Gabe. ber Bewegung und Stillehinauszugehen ist die hchste Meditation. Sterbliche bleiben in Bewegung und

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    Arhats stehen still. Aber die hchste Meditation bertrifft beides, die der Sterblichen

    und die der Arhats. Leute die ein solches Verstndnis erreichen, befreien sich von

    allen Erscheinungen ohne Mhe und heilen alle Krankheiten ohne Behandlung.

    Solcherart ist die Kraft von groem Zen.

    Den Geist zu benutzen um nach der Wahrheit zu suchen ist Verblendung. Nicht den

    Geist zu benutzen, um nach der Wahrheit zu suchen ist Gewahrsein. Sich selbst frei

    machen von Worten ist Befreiung. Makellos vom Staub der Wahrnehmung zu bleiben

    bedeutet den Dharma zu bewachen. ber Leben und Sterben hinauszugehen,

    bedeutet in die Hauslosigkeit zu ziehen.

    Keine weitere Existenz zu erleiden, bedeutet den Weg zu erreichen. Keine

    Verblendungen zu erzeugen ist Erleuchtung. Nicht von Unwissenheit eingenommen

    zu sein ist Weisheit. Kein Leiden ist Nirvana. Und kein Auftauchen des Geistes ist

    das andere Ufer.

    Wenn du verblendet bist, existiert dieses Ufer. Wenn du erwachst, existiert es nicht.

    Sterbliche verbleiben an diesem Ufer. Aber jene, die das grte Fahrzeug von allen

    entdecken, verbleiben weder an diesem, noch am anderen Ufer. Sie sind in der Lage

    beide Ufer zu verlassen. Jene, die das andere Ufer als verschieden von diesem Ufer

    betrachten, verstehen nicht Zen.

    Verblendung bedeutet Sterblichkeit. Und Gewahrsein bedeutet Buddhaschaft. Sie

    sind nicht das Gleiche. Und sie sind nicht verschieden. Es ist nur so, dass die Leute

    Verblendung von Gewahrsein unterscheiden. Wenn wir verblendet sind, gibt es eine

    Welt zum Entkommen. Wenn wir gewahr sind, gibt es nichts zu entkommen.

    Im Licht des unparteiischen Dharma erscheinen Sterbliche als nicht verschieden von

    Weisen. Die Sutras sagen, dass der unparteiische Dharma etwas ist, das Sterbliche

    nicht durchdringen und Weise nicht praktizieren knnen. Der unparteiische Dharma

    wird nur von groen Bodhisattvas und Buddhas praktiziert. Das Leben alsverschieden vom Tod zu betrachten oder Bewegung als verschieden von Stille

    bedeutet parteiisch zu sein. Unparteiisch zu sein bedeutet Leiden als nicht

    verschieden von Nirvana zu betrachten, weil die Natur von beidem Leerheit ist.

    Durch die Vorstellung sie brchten das Leiden zu einem Ende und betrten Nirvana

    enden Arhats in der Falle des Nirvana. Aber Bodhisattvas erkennen, dass Leiden

    grundlegend leer ist. Und durch das Verbleiben in Leerheit verbleiben sie in Nirvana.

    Nirvana ist ohne Geburt und ohne Tod. Es ist jenseits von Geburt und Tod undjenseits von Nirvana. Wenn sich der Geist nicht mehr Bewegt, so betritt er Nirvana.

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    Nirvana ist ein leerer Geist. Wo Verblendungen nicht mehr existieren, erreichen

    Buddhas Nirvana. Wo Elend nicht existiert betreten Bodhisattvas den Platz der

    Erleuchtung.

    Ein unbewohnter Platz ist einer ohne Gier, Wut oder Verblendung. Gier ist der

    Bereich der Begierde, Wut der Bereich der Form und Verblendung der formlose

    Bereich. Wenn ein Gedanke erscheint, betrittst du die drei Bereiche. Wenn ein

    Gedanke endet, verlsst du die drei Bereiche. Der Anfang oder das Ende der drei

    Bereiche, die Existenz oder die Nichtexistenz von allem, hngt vom Geist ab. Dieses

    gilt fr alles, selbst fr solch unbelebte Objekte wie Steine oder Stbe.

    Wer erkennt, dass der Geist eine Fiktion und frei von irgendetwas Realem ist, wei,

    dass sein Geist weder existiert noch nicht existiert. Sterbliche fahren fort, Geiste

    hervorzubringen und behaupten er existier, und Arhats behalten die Negation des

    Geistes bei und behaupten er existiere nicht. Aber Bodhisattvas und Buddhas

    bringen weder Geist hervor noch negieren sie ihn. Dies ist mit dem Geist gemeint,

    der weder existiert noch nicht existiert. Der Geist der weder existiert noch nicht

    existiert wird der Mittlere Weg genannt.

    Wenn du deinen Geist gebrauchst, um die Wirklichkeit zu studieren, wirst du weder

    deinen Geist noch die Wirklichkeit verstehen. Wenn du die Wirklichkeit studierst,

    ohne den Geist zu gebrauchen, wirst du beides verstehen. Jene die nicht verstehen,

    verstehen das Verstehen nicht. Und jene die verstehen, verstehen das

    Nichtverstehen. Leute, die der wahren Sicht fhig sind wissen, dass der Geist leer ist.

    Sie bersteigen beides, Verstehen und Nichtverstehen. Die Abwesenheit von

    beidem, nmlich Verstehen und Nichtverstehen, ist wahres Verstehen.

    Mit wahrer Sicht betrachtet ist Form nicht einfach Form, weil Form vom Geist

    abhngt. Und Geist ist nicht einfach Geist, weil Geist von Form abhngt. Geist und

    Form gestalten und negieren sich gegenseitig. Das was existiert, existiert in Relationzum dem, was nicht existiert. Und das, was nicht existiert, existiert nicht in Relation

    zu dem was existiert. Das ist wahre Sicht. Anhand einer solchen Sicht wird nichts

    gesehen und nichts nicht gesehen. Eine solche Sicht durchdringt die zehn

    Richtungen ohne zu sehen: weil nichts gesehen wird; weil Nichtsehen sehen ist; weil

    Sehen nicht Sehen ist. Was Sterbliche sehen sind Verblendungen. Wahre Sicht ist

    vom Sehen losgelst.

    Der Geist und die Welt sind Gegenstze und die Vorstellung der Sicht entsteht, wosie sich begegnen. Wenn dein Geist sich im Inneren nicht erregt, entsteht die Welt

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    nicht im ueren. Wenn die Welt und der Geist beide transparent sind, so ist dies

    wahre Sicht. Und solches Verstehen ist wahres Verstehen.

    Nichts zu sehen bedeutet den Weg wahrzunehmen und nichts zu verstehen bedeutet

    den Dharma zu kennen, weil Sehen weder Sehen noch Nichtsehen ist und weil

    Verstehen weder Verstehen noch Nichtverstehen ist. Sehen ohne zu sehen ist wahre

    Sicht. Verstehen ohne zu verstehen ist wahres Verstehen.

    Wahre Sicht ist nicht einfach nur Sehen zu sehen. Es ist auch Nichtsehen zu sehen.

    Und wahres Verstehen ist nicht einfach nur Verstehen zu verstehen. Es ist auch

    Verstehen nicht zu verstehen. Nur wenn du nichts verstehst, ist das wahres

    Verstehen. Verstehen ist weder Verstehen noch Nichtverstehen.

    Die Sutras sagen, Nicht die Weisheit ziehen lassen ist Dummheit. Wenn der Geist

    nicht existiert, ist Verstehen und Nichtverstehen beides wahr. Wenn der Geist

    existiert, ist Verstehen und nicht Verstehen beides falsch.

    Wenn du verstehst, hngt die Wirklichkeit von dir ab. Wenn du nicht verstehst,

    hngst du von der Wirklichkeit ab. Wenn die Wirklichkeit von dir abhngt, wird das,

    was nicht real ist real. Wenn du von der Wirklichkeit abhngst, wird das, was real ist

    falsch. Wenn du von der Wirklichkeit abhngst, ist alles falsch. Wenn die Wirklichkeit

    von dir abhngt, ist alles wahr. Demnach benutzen die Weisen nicht ihren Geist, um

    nach der Wirklichkeit zu suchen oder die Wirklichkeit, um nach ihrem Geist zu

    suchen oder ihren Geist, um nach ihrem Geist zu suchen oder die Wirklichkeit, um

    nach der Wirklichkeit zu suchen. Ihr Geist lsst die Wirklichkeit nicht entstehen. Und

    die Wirklichkeit lsst ihren Geist nicht entstehen. Und da beides, sowohl ihr Geist, als

    auch die Wirklichkeit still sind, sind sie immer in Samadhi.

    Wenn der Geist eines Sterblichen erscheint, verschwindet Buddhaschaft. Wenn der

    Geist eines Sterblichen verschwindet, erscheint Buddhaschaft. Wenn der Geist

    erscheint, verschwindet Wirklichkeit. Wenn der Geist verschwindet, erscheintWirklichkeit. Wer versteht, dass nichts von irgendetwas abhngt, hat den Weg

    gefunden. Und wer versteht, dass der Geist von nichts abhngt, ist immer auf dem

    Platz der Erleuchtung.

    Wenn du nicht verstehst, liegst du falsch. Wenn du verstehst, liegst du richtig. Dies

    ist so, weil die Natur von falsch leer ist. Wenn du nicht verstehst, scheint richtig falsch

    zu sein. Wenn du verstehst, ist falsch nicht falsch, weil falsch nicht existiert. Die

    Sutras sagen, Nichts existiert aus sich selbst heraus. Handle. Frage nicht. Wenn dufragst, liegst du falsch. Falsch resultiert aus Fragestellungen. Wenn du ein solches

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    Verstehen erreichst, werden die falschen Taten deiner vergangenen Leben getilgt.

    Wenn du verblendet bist, sind die sechs Sinne und die fnf Skandhas Bausteine fr

    Leid und Sterblichkeit. Wenn du erwachst, so sind die sechs Sinne und die fnf

    Skandhas Bausteine fr Nirvana und Unsterblichkeit.

    Jemand der den Weg sucht, schaut nicht Jenseits seiner selbst. Er wei, dass der

    Geist der Weg ist. Aber wenn er den Geist findet, findet er nichts. Und wenn er den

    Weg findet, findet er nichts. Wenn du glaubst, du kannst den Geist benutzen, um den

    Weg zu finden, bist du verblendet. Wenn du verblendet bist, so gibt es Buddhaschaft.

    Wenn du dir klar bewusst bist, gibt es sie nicht. Das ist so, weil Wachsein

    Buddhaschaft ist.

    Wenn du nach dem Weg suchst, wird der Weg solange nicht erscheinen, bis dein

    Krper verschwindet. Es ist, als risse man Rinde von einem Baum. Dieser karmische

    Krper unterliegt stndiger Vernderung. Er hat keine stabile Wirklichkeit. Praktiziere

    in bereinstimmung mit deinen Gedanken. Hasse nicht Leben und Tod oder liebe

    nicht Leben und Tod. Halte alle deine Gedanken frei von Verblendung, und im Leben

    wirst du den Anfang vom Nirvana bezeugen und im Tod wirst du die Zusicherung

    keiner [weiteren] Wiedergeburt erfahren.

    Eine Form zu sehen, aber nicht von der Form verdorben zu werden oder einen Laut

    zu hren, aber nicht von dem Laut bedrngt zu werden ist Befreiung. Augen, die

    nicht der Form anhaften, sind die Tore des Zen. Ohren, die nicht den Lauten

    anhaften, sind auch die Tore des Zen. Kurz: jene, die das Dasein und die Natur der

    Phnomene wahrnehmen und ohne Anhaftung bleiben, sind befreit. Jene, die die

    externe Erscheinung von Phnomenen wahrnehmen, sind ihnen ausgeliefert. Nicht

    Subjekt der Bedrngnis zu sein ist die Bedeutung von Befreiung. Es gibt keine

    andere Befreiung. Wenn du weit, wie Form [korrekt] betrachtet wird, lsst Form

    keinen Geist entstehen und Geist lsst keine Form entstehen. Form und Geist sindbeide rein.

    Wenn Verblendungen nicht da sind, ist der Geist das Land der Buddhas. Wenn

    Verblendungen gegenwrtig sind, ist der Geist die Hlle. Sterbliche erzeugen

    Verblendungen. Und wenn der Geist dazu benutzt wird, Geist zu erzeugen, befindet

    man sich in der Hlle. Bodhisattvas sehen durch Verblendungen hindurch. Und da

    sie Geist nicht dazu verwenden, Geist zu erzeugen, befinden sie sich immer im Land

    der Buddhas. Wenn du deinen Geist nicht dazu nutzt, Geist zu erzeugen, ist jederZustand des Geistes leer und jeder Gedanke still. Du gehst von einem Buddhaland in

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    das nchste. Wenn du deinen Geist verwendest, um Geist zu erzeugen, ist jeder

    Zustand des Geistes gestrt und jeder Gedanke ist in Bewegung. Du gehst von einer

    Hlle in die nchste. Wenn ein Gedanke auftaucht, gibt es gutes und schlechtes

    Karma, Himmel und Hlle. Wenn kein Gedanke auftaucht, gibt es kein gutes oder

    schlechtes Karma, kein Himmel und keine Hlle. Der Krper existiert weder, noch

    existiert er nicht. Demnach sind Konzepte einer Existenz als Sterblicher und der

    Nichtexistenz als Weiser etwas, das mit einem Weisen nichts zu tun hat. Sein Herz

    ist leer und weit wie der Himmel.

    Das was folgt, ist auf dem Weg zu beobachten. Es ist jenseits der Kenntnis von

    Arhats und Sterblichen.

    Wenn der Geist Nirvana erreicht, siehst du nicht Nirvana, weil der Geist Nirvana ist.

    Falls du Nirvana irgendwo auerhalb des Geistes siehst, so tuscht du dich selbst.

    Jedes Leid ist ein Buddha-Same, weil Leid dazu drngt, nach Weisheit zu streben.

    Aber du kannst nur behaupten, dass Leid Buddhaschaft entstehen lsst. Du kannst

    nicht sagen, dass Leid Buddhaschaft ist. Dein Krper und Geist sind das Feld. Leid

    ist der Same, Weisheit der Spross und Buddhaschaft das Getreide.

    Der Buddha im Geist ist wie der Duft eines Baumes. Der Buddha kommt von einem

    leidlosen Geist, so wie der Duft von einem Baum frei von Verfall kommt. Es gibt

    keinen Duft ohne den Baum und keinen Buddha ohne den Geist. Wenn es einen Duft

    ohne einen Baum gibt, ist es ein anderer Duft. Wenn es einen Buddha ohne deinen

    Geist gibt, so ist es ein anderer Buddha.

    Wenn die drei Gifte in deinem Geist gegenwrtig sind, lebst du in einem Land des

    Schmutzes. Wenn die drei Geistesgifte nicht in deinem Geist gegenwrtig sind, lebst

    du in einem Land der Reinheit. Die Sutras sagen, Falls du ein Land mit Schmutz und

    Unreinheit anfllst, wird niemals ein Buddha auftauchen. Unreinheit und Schmutz

    beziehen sich auf Verblendung und die anderen Geistesgifte. Ein Buddha beziehtsich auf einen reinen und erwachten Geist.

    Es gibt keine Sprache, die nicht der Dharma ist. Den ganzen Tag zu reden, ohne

    etwas zu sagen ist der Weg. Den ganzen Tag ruhig zu sein und dennoch etwas zu

    sagen ist nicht der Weg. Demnach hngt die Sprache des Tathagata weder von Stille

    ab, noch hngt Seine Stille von Sprache ab, noch existiert die Sprache getrennt von

    Seiner Stille. Diejenigen, die beides verstehen, Sprache und Stille, sind in Samadhi.

    Wenn du sprichst, wenn du weit, ist deine Sprache frei. Wenn du schweigst, wenndu nicht weit, ist deine Stille gebunden. Falls Sprache nicht an Erscheinung haftet,

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    ist sie frei. Falls Stille an Erscheinungen haftet, ist sie gebunden. Sprache ist

    grundlegend frei. Sie hat nichts mit Anhaftung zu tun. Und Anhaftung hat nichts zu

    tun mit Sprache.

    Wirklichkeit hat kein Hoch oder Tief. Falls du hoch oder tief siehst, ist das nicht real.

    Ein Flo ist nicht real. Aber ein Passagierflo ist es. Eine Person, die mit einem

    solchen Flo fhrt, kann das berqueren, was nicht real ist. Darum ist es real.

    In bereinstimmung mit der Welt gibt es mnnlich und weiblich, reich und arm. In

    bereinstimmung mit dem Weg gibt es kein mnnlich oder weiblich, kein reich oder

    arm. Als die Gttin den Weg verwirklichte, hat sie nicht ihr Geschlecht gendert. Als

    der Stalljunge zur Wahrheit erwachte, nderte er nicht seinen Status. Frei vom

    Geschlecht und von Status teilten sie die gleiche grundlegende Erscheinung. Die

    Gttin suchte zwlf Jahre ohne Erfolg nach ihrer Weiblichkeit. Zwlf Jahre nach der

    Mnnlichkeit zu suchen wre gleichsam fruchtlos. Die zwlf Jahre beziehen sich auf

    die zwlf Eingnge.

    Ohne den Geist gibt es keinen Buddha. Ohne den Buddha gibt es keinen Geist.

    Ebenso gibt es ohne Wasser kein Eis und ohne Eis gibt es kein Wasser. Wer davon

    spricht den Geist zu verlassen, kommt nicht sehr weit. Entwickle keine Anhaftung an

    Erscheinungen des Geistes. Die Sutras sagen, Wenn du keine Erscheinung siehst,

    siehst du den Buddha. Dies ist die Bedeutung vom frei sein von Erscheinungen des

    Geistes.

    Ohne den Geist gibt es keinen Buddhabedeutet, dass der Buddha aus dem Geist

    kommt. Der Geist gebiert den Buddha. Aber obwohl der Buddha aus dem Geiste

    kommt, kommt der Geist nicht vom Buddha, so, wie ein Fisch aus dem Wasser

    kommt, aber Wasser nicht vom Fisch kommt. Wer einen Fisch zu sehen wnscht,

    sieht Wasser bevor er den Fisch sieht. Und wer einen Buddha zu sehen wnscht,

    sieht den Geist bevor er den Buddha sieht. Sobald du den Fisch gesehen hast,vergisst du das Wasser. Und sobald du den Buddha gesehen hast, vergisst du den

    Geist. Wenn du nicht den Geist vergisst, wird der Geist dich verwirren, genau wie

    Wasser dich verwirren wird, wenn du es nicht vergisst.

    Sterblichkeit und Buddhaschaft sind wie Wasser und Eis. Von den drei Giften geqult

    zu werden ist Sterblichkeit. Von den drei Befreiungen gereinigt zu werden setzt die

    Buddhaschaft frei. Das was zu Eis im Winter gefriert, schmilzt als Wasser im

    Sommer. Beseitige Eis und es gibt kein weiteres Wasser. Werde deine Sterblichkeitlos und es gibt keine Buddhaschaft mehr. Offenkundig ist die Natur von Eis die Natur

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    Erwachenspredigt

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    von Wasser. Und die Natur von Wasser ist die Natur von Eis. Die Natur der

    Sterblichkeit ist die Natur der Buddhaschaft. Sterblichkeit und Buddhaschaft teilen die

    gleiche Natur, so wie Wo-Tou und Fu-Zi [Eisenhut] die gleiche Wurzel, aber nicht die

    gleiche Jahreszeit teilen. Es ist nur aufgrund von Verblendung durch

    Unterscheidungen, dass wir die Worte Sterblichkeit und Buddhaschaftverwenden.

    Wenn eine Schlange zu einem Drachen wird, so ndert sie nicht ihre Schuppen. Und

    wenn ein Sterblicher ein Weiser wird, ndert er nicht sein Gesicht. Er erkennt seinen

    Geist durch innere Weisheit und passt auf seinen Krper durch externe Disziplin auf.

    Sterbliche befreien Buddhas und Buddhas befreien Sterbliche. Dies ist die

    Bedeutung von Unparteilichkeit. Sterbliche befreien Buddhas, weil Leiden

    Gewahrsein schafft. Und Buddhas befreien Sterbliche, weil Gewahrsein Leiden

    negiert. Es geht nicht ohne Leid. Und es geht nicht ohne Gewahrsein. Wenn es nicht

    um das Leiden ginge, gbe es nichts, um Bewusstheit hervorzubringen. Und wenn

    es nicht um Bewusstheit ginge, gbe es nichts, um Leiden zu negieren. Wenn du

    verblendet bist, befreien Buddhas Sterbliche. Wenn du klarbewusst bist, befreien

    Sterbliche Buddhas. Buddhas werden nicht Buddhas durch sich selbst. Sie werden

    durch Sterbliche befreit. Buddhas betrachten Verblendung als ihren Vater und Gier

    als ihre Mutter. Verblendung und Gier sind unterschiedliche Bezeichnungen fr

    Sterblichkeit. Verblendung und Sterblichkeit sind wie die linke und die rechte Hand.

    Es gibt keinen anderen Unterschied.

    Wenn du verblendet bist, bist du an diesem Ufer. Wenn du klarbewusst bist, bist du

    am anderen Ufer. Sobald du aber deinen Geist als leer erkennst, und du siehst keine

    Erscheinungen, bist du jenseits von Verblendung und Klarbewusstheit. Und sobald

    du jenseits von Verblendung und Klarbewusstheit bist, existiert das andere Ufer

    nicht. Der Tathagata ist nicht an diesem Ufer oder am anderen Ufer. Er ist nicht

    dazwischen. Dazwischen sind Arhats, und Sterbliche sind an diesem Ufer. Auf demanderen Ufer ist Buddhaschaft.

    Ein Buddha hat drei Krper [Nirmanakaya, Sambhogakaya, Dharmakaya]: Den

    Wandlungskrper, den Vergeltungskrper und den Wahrheitskrper. Der

    Wandlungskrper wird auch Inkarnationskrper genannt. Der Wandlungskrper

    erscheint, wenn Sterbliche gute Taten vollbringen, der Vergeltungskrper, wenn sie

    Weisheit kultivieren und der Wahrheitskrper, wenn sie das Erhabene erkennen. Der

    Wandlungskrper ist derjenige, der alle Richtungen durchwandert und wo immer esgeht andere befreit. Der Vergeltungskrper bereitet den Zweifeln ein Ende. Das

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    Erwachenspredigt

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    Groe Erwachen geschah im Himalaya wird pltzlich wahr. Der Wahrheitskrper

    handelt und sagt nichts. Er verbleibt vollkommen still. Aber eigentlich gibt es nicht

    einmal einen Buddhakrper, um wie viel weniger gibt es drei. Dieses Gerede ber die

    drei Krper basiert auf menschlichem Verstndnis, das seicht, mig oder tief sein

    kann.

    Leute mit seichtem Verstndnis stellen sich vor, sie huften Segen an und

    verwechseln den Wandlungskrper mit dem Buddha. Leute mit migen Verstndnis

    stellen sich vor, sie bereiten dem Leiden ein Ende und verwechseln den

    Vergeltungskrper mit dem Buddha. Und Leute mit tiefen Verstndnis meinen, sie

    erfahren Buddhaschaft und verwechseln den Wahrheitskrper mit Buddha. Aber

    Leute mit tiefsten Verstndnis schauen nach innen, von nichts abgelenkt. Da ein

    klarer Geist Buddha ist, erlangen sie das Verstndnis eines Buddha, ohne den Geist

    zu benutzen. Die drei Krper, wie alle andere Dinge auch, sind nicht zu erlangen und

    unbeschreibbar. Der ungehinderte Geist erreicht den Weg. Die Sutras sagen,

    Buddhas predigen nicht den Dharma. Sie befreien keine Sterblichen. Und sie

    erfahren keine Buddhaschaft. Das ist es, was ich meine.

    Individuen erzeugen Karma; Karma erzeugt keine Individuen. Sie erzeugen Karma in

    diesem Leben und erhalten ihre Entlohnung im nchsten Leben. Sie entkommen

    niemals. Nur jemand, der vollendet ist erzeugt kein Karma in diesem Leben und

    erhlt keine Entlohnung. Die Sutras sagen, Wer kein Karma erzeugt, erhlt den

    Dharma. Das ist kein leeres Sprichwort. Du kannst Karma erzeugen, aber du kannst

    keine Person erzeugen. Wenn du Karma erzeugst, wirst du zusammen mit deinem

    Karma wiedergeboren. Wenn du kein Karma [mehr] erzeugst, verschwindest du

    zusammen mit deinem Karma. Demnach, mit Karma das abhngig vom Individuum

    und dem Individuum das abhngig vom Karma ist, hat Karma keinen Einfluss auf das

    Individuum, wenn es kein Karma erzeugt. In gleicher Weise [gilt], Eine Person kannden Weg erweitern. Der Weg kann nicht die Person erweitern.

    Sterbliche erschaffen weiterhin Karma und bestehen irrtmlicherweise darauf, dass

    es keine Vergeltung [dafr] gibt. Aber knnen sie Leiden leugnen? Knnen sie

    leugnen, dass das, was der gegenwrtige Geisteszustand st, der nchste

    Geisteszustand erntet? Wie knnen sie [dem] entkommen? Aber wenn der

    gegenwrtige Geisteszustand nichts st, erntet der nchste Geisteszustand nichts.

    Verkenne nicht das Karma.

  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Erwachenspredigt

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    Die Sutras sagen, Trotz ihres Glauben an die Buddhas sind Leute, die sich

    vorstellen, dass Buddhas Entbehrungen praktizieren keine Buddhisten. Das gleiche

    gilt fr jene, die sich vorstellen, dass Buddhas der Entlohnung von Reichtum oder

    Armut unterliegen. Sie sind Icchantikas. Sie sind unfhig des Vertrauens.

    Jemand der die Lehre eines Weisen versteht ist ein Weiser. Jemand der die Lehre

    eines Sterblichen versteht ist ein Sterblicher. Ein Sterblicher der die Lehre eines

    Sterblichen aufgibt und der Lehre von Weisen folgt wird ein Weiser. Aber die Narren

    dieser Welt ziehen es vor, in weiter Ferne nach den Weisen zu suchen. Sie glauben

    nicht, dass die Weisheit ihres eigenen Geistes der Weise ist. Die Sutras sagen,

    Lehre nicht dieses Sutra unter unverstndigen Menschen. Und die Sutras sagen,

    Geist ist die Lehre. Aber unverstndige Leute glauben nicht an ihren eigenen Geist

    oder dass sie durch das Verstehen dieser Lehre zu einem Weisen werden knnen.

    Sie ziehen es vor nach entferntem Wissen zu suchen und es verlangt sie nach

    Dingen im Raum, Buddhabildern, Licht, Rucherwerk und Farben. Sie werden Opfer

    der Falschheit und verlieren ihren Geist im Irrsinn.

    Die Sutras sagen, Wenn du erkennst, dass alle Erscheinungen keine Erscheinungen

    sind, erkennst du den Tathagata. Die unzhligen Tore zur Wahrheit stammen alle

    vom Geist. Wenn die Erscheinungen des Geistes so durchscheinend wie der Raum

    sind, sind sie verschwunden.

    Unsere endlosen Leiden sind die Wurzel der Krankheit. Wenn Sterbliche am Leben

    sind, frchten sie sich vor dem Tod. Wenn sie satt sind, frchten sie Hunger. Ihnen

    gehrt die groe Unsicherheit. Aber Weise bercksichtigen nicht die Vergangenheit.

    Und sie sorgen sich nicht um die Zukunft. Noch haften sie an der Gegenwart. Und

    von Moment zu Moment folgen sie dem Weg. Wenn du nicht zu dieser groen

    Wahrheit erwacht bist, suchst du besser nach einem Lehrer auf Erden oder im

    Himmel. Erwirke nicht deine eigene Unzulnglichkeit.

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    Durchbruchs-Predigt

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    4. Durchbruchs-Predigt

    Wenn jemand entschlossen ist Erleuchtung zu erlangen, was ist fhr ihn die

    grundlegendste Methode der Praxis?

    Die grundlegendste Methode, die alle anderen Methoden umfasst, besteht darin, den

    Geist zu betrachten.

    Aber wie kann eine Methode alle anderen umfassen?

    Der Geist ist die Wurzel, von der aus alle Dinge wachsen. Wenn du den Geist

    verstehen kannst, ist alles andere darin beinhaltet. Es ist wie die Wurzel eines

    Baumes. Alle Frchte und Blten, ste und Bltter sind auf die Wurzel angewiesen.

    Wenn du die Wurzel hegst, wchst der Baum. Wenn du die Wurzel abschneidest,

    stirbt er. Jene, die den Geist verstehen, erreichen die Erleuchtung mit minimalem

    Aufwand. Jene, die den Geist nicht verstehen, praktizieren vergeblich. Alles Gute und

    Schlechte entsteht aus deinem eigenen Geist. Etwas jenseits des Geistes zu finden

    ist unmglich.

    Aber wie kann die Betrachtung des Geistes als Erkenntnis bezeichnet werden?

    Ein groer Bodhisattva taucht tief in die Vollkommene Weisheit ein, er versteht, dass

    die vier Elemente und die fnf Skandhas ohne ein eigenes Selbst sind. Und er

    versteht, dass die Aktivitt seines Geistes zwei Aspekte hat: rein und unrein. Ihrer

    Natur entsprechend sind diese beiden Zustnde des Geistes immer gegenwrtig. In

    Abhngigkeit von Ursache und Wirkung wechseln sie sich ab, der reine Geist erfreut

    sich an guten Taten, der unreine Geist denkt an bles. Jene, die nicht durch

    Unreinheit beeinflusst werden, sind Weise. Sie berwinden Leiden und erfahren die

    Glckseligkeit des Nirvana. Alle anderen, gefangen in ihrem unreinen Geist und

    verfangen in ihrem eigenen Karma, sind Sterbliche. Sie durchwandern die drei

    Bereiche und leiden zahlloses Elend, und alles nur, weil ihr unreiner Geist ihr wahres

    Selbst verhllt.Das Sutra der Zehn Stufensagt, Im Krper eines Sterblichen ist die unzerstrbare

    Buddhanatur. Wie die Sonne fllt ihr Licht den endlosen Raum. Aber sobald es durch

    die dunklen Wolken der fnf Skandhas verschleiert wird, ist es wie ein Licht in einem

    Topf, in dem es nicht gesehen wird. Und das Nirvana Sutrasagt, Alle Sterblichen

    haben die Buddhanatur. Aber sie ist berdeckt durch die Dunkelheit, der sie nicht

    entkommen knnen. Unsere Buddhanatur ist Klarbewusstheit: selbst klarbewusst zu

    sein und andere dazu zu veranlassen, klarbewusst zu sein. Klarbewusstheit zuverwirklichen ist Befreiung. Alles, was gut ist, hat Klarbewusstheit als Wurzel. Und

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    Durchbruchs-Predigt

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    aus dieser Wurzel der Klarbewusstheit erwchst der Baum aller Tugenden und die

    Frucht des Nirvana. Den Geist auf diese Weise zu betrachten, ist Einsicht.

    Du sprichst davon, dass unsere wahre Buddhanatur und alle Tugenden

    Klarbewusstheit als Wurzel haben. Aber was ist die Wurzel des Nichtwissens?

    Der unwissende Geist mit seinen unendlichen Bedrngnissen, Leidenschaften und

    beln, wurzelt in den drei Geistesgiften: Gier, Hass und Verblendung. Diese drei

    vergifteten Geisteszustnde selbst beinhalten zahllose bel, wie ein Baum, der einen

    einzigen Stamm, aber zahllose ste und Bltter hat. Jedes Geistesgift erzeugt sogar

    noch Abermillionen mal mehr bel, dass das Beispiel eines Baumes ein fast

    unpassender Vergleich ist.

    Die drei Geistesgifte sind in den sechs Sinnesorganen als sechs Arten von

    Bewusstsein oder Dieben prsent. Sie werden Diebe genannt, weil sie durch die

    Sinnentore ein- und ausgehen, grenzenlose Besitztmer begehren, sich mit dem

    blen befassen und ihre wahre Identitt verschleiern. Und weil sich die Sterblichen

    mit Krper und Geist durch diese Geistesgifte oder Diebe verleiten lassen, sind sie

    verloren in Leben und Tod, durchwandern die sechs Bereiche der Existenz und

    leiden zahlloses Elend. Dieses Elend ist vergleichbar mit Flssen, die tausend Meilen

    berfluten, weil sie bestndig von kleinen Quellen gespeist werden. Aber wenn

    jemand all ihre Quellen abschneidet, trocknen die Flsse aus. Und wenn jemand, der

    Befreiung sucht, die drei Geistesgifte in die drei Arten der Gelbde wandeln kann

    und die sechs Diebe in die sechs Vollkommenheiten, befreit er sich vom Elend ein fr

    alle mal.

    Aber die drei Bereiche und die sechs Bereiche der Existenz sind unendlich weit. Wie

    knnen wir dem endlosen Elend entkommen, wenn alles, was wir tun, darin besteht,

    den Geist zu betrachten?

    Das Karma der drei Bereiche entsteht allein im Geist. Wenn dein Geist nichtinnerhalb der drei Bereiche ist, ist er jenseits davon. Die drei Bereiche entsprechen

    den drei Geistesgiften: Gier entspricht dem Reich der Begierde, Wut dem Reich der

    Form und Verblendung dem formlosen Bereich. Und weil Karma, das von den

    Geistesgiften erzeugt wird, sanft oder heftig sein kann, sind diese drei Bereiche

    weiterhin unterteilt in die sechs Bereiche des Existenz.

    Und wie unterscheidet sich das Karma dieser sechs [Bereiche]?

    Sterbliche, die die wahre Praxis nicht verstehen und blind gute Taten vollbringen,werden in die drei hheren Reichen der Existenz hineingeboren. Und was sind diese

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    Durchbruchs-Predigt

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    hheren Bereiche? Jene, die blind die zehn guten Taten vollbringen und sich tricht

    nach Glckseligkeit sehnen, werden als Gtter im Reich der Begierde geboren.

    Solche, die blind die fnf Gebote beachten und tricht Liebe und Hass frnen,

    werden als Menschen im Reich der Wut geboren. Und diejenigen, die blind an der

    Welt der Phnomene haften, an falsche Lehren glauben und um Segen beten,

    werden als Dmonen im Reich der Verblendung geboren. Dies sind die drei hheren

    Bereiche der Existenz.

    Und was sind die drei niederen Bereiche? Sie sind dort, wo jene, die beharrlich

    vergiftete Gedanken hegen und ble Handlungen vollbringen, geboren werden. Jene,

    deren Karma der Gier berwiegt, werden Hungergeister. Diejenigen, deren Karma

    der Wut berwiegt, werden Leidtragende in der Hlle. Und jene, deren Karma der

    Verblendung berwiegt, werden zu Tieren. Diese drei niederen Bereiche bilden

    zusammen mit den drei hheren Reichen die sechs Bereiche der Existenz. Daraus

    solltest du erkennen, dass alles Karma, das schmerzhafte oder anderes, aus deinem

    eigenen Geist entsteht. Wenn du nur deinen Geist konzentrieren kannst und seine

    Falschheit und Schlechtigkeit berwindest, wird das Leiden der drei Bereiche und der

    sechs Bereiche der Existenz von selbst verschwinden. Und bist du erst frei vom

    Leiden, bist du wahrlich frei.

    Aber der Buddha sagte, Nur nach dem Erdulden von unzhligem Elend whrend

    drei Asankhya-Kalpas habe ich Erleuchtung erlangt. Warum sagst du jetzt, dass

    einfach die Betrachtung des Geistes und die berwindung der drei Geistesgifte

    Befreiung bedeutet?

    Die Worte des Buddha sind wahr. Aber die drei Asankhya-Kalpas beziehen sich auf

    die drei vergifteten Geisteszustnde. Was wir als Asankhya im Sanskrit bezeichnen,

    bedeutet zahllos. Innerhalb dieser drei vergifteten Geisteszustnde gibt es zahllose

    ble Gedanken. Und jeder Gedanke besteht ein Kalpa lang. Solch eine Unbegrenzt-heit ist es, die der Buddha mit den drei grenzenlosen Kalpas gemeint hat.

    Sobald dein wahres Selbst von den drei Geistesgiften verhllt wird, wie kannst du als

    befreit gelten, bis du ihre unzhligen blen Gedanken berwunden hast? Von

    Leuten, die die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung in die drei Befreiungen

    transformieren knnen, wird gesagt, dass sie drei grenzenlose Kalpas durchlaufen.

    Aber Leute in diesem letzen Zeitalter [im Niedergang des Dharma] sind die

    unterbelichtetsten Narren. Sie verstehen nicht, was der Tathagata wirklich mit den

  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Durchbruchs-Predigt

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    drei Kalpas meinte. Sie sagen, Erleuchtung wird erst nach endlosen Kalpas erlangt

    und bringen dadurch Schler vom Weg zur Buddhaschaft ab.

    Aber die groen Bodhisattvas haben Erleuchtung erst nach dem Halten der drei

    Arten der Gelbde und durch die Praxis der sechs Vollkommenheiten erlangt. Jetzt

    sagst du den Schlern, sie sollten nur den Geist betrachten. Wie kann jemand

    Erleuchtung erlangen, der nicht die Regeln der Disziplin entfaltet?

    Die drei Arten der Gelbde dienen dem berwinden der drei vergifteten

    Geisteszustnde. Wenn du diese Gifte berwindest, erzeugst du die drei Arten der

    grenzenlosen Tugend. Jede Art [der Gelbde] sammelt Dinge an in diesem Fall

    grenzenlose, gute Gedanken im ganzen Geist. Und die sechs Vollkommenheiten

    sind zur Reinigung der sechs Sinne. Was wir Vollkommenheitennennen, nennst du

    Mittel [zum Erreichen] des anderen Ufers. Durch die Reinigung der sechs Sinne von

    dem Staub der Wahrnehmung, berquerst du mit der Fhre der Vollkommenheiten

    den Fluss des Elends zum Ufer der Erleuchtung.

    In bereinstimmung mit den Sutras sind die drei Arten der Gelbde wie folgt, Ich

    gelobe alles bel zu einem Ende zu bringen. Ich gelobe alle Tugenden zu entfalten.

    Und ich gelobe alle Wesen zu befreien. Aber du sagst jetzt, dass sie nur der

    Kontrolle der drei vergifteten Geisteszustnde dienen. Steht das nicht im Gegensatz

    zur Bedeutung in den Schriften?

    Die Sutras des Buddha sind wahr. Aber vor langer Zeit, als dieser groe Bodhisattva

    den Samen der Erleuchtung kultivierte, hat er diese Gelbde genommen, um den

    drei Geistesgiften entgegenzuwirken. Die ethischen Verbote beachtend, um dem

    Geistesgift der Gier entgegenzuwirken, gelobte er, allem bel ein Ende zu bereiten.

    Die Meditation praktizierend, um dem Geistesgift der Wut entgegenzuwirken, gelobte

    er, alle Tugenden zu entfalten. Und Weisheit praktizierend, um dem Geistesgift der

    Verblendung entgegenzuwirken, gelobte er, alle Wesen zu befreien. Weil er sichbeharrlich um diese drei reinen bungen der Sittlichkeit, Meditation und Weisheit

    bemhte, war er fhig, die drei Geistesgifte zu berwinden und Erleuchtung zu

    erlangen. Durch das berwinden der drei Geistesgifte lschte er alles Unheilsame

    aus und machte so allem bel ein Ende. Indem er die drei Arten der Gelbde erhielt,

    tat er nur Gutes und entfaltete so die Tugend. Und durch das Beenden der drei bel

    und die Entfaltung der Tugend vollendete er jegliche Praxis, brachte sich selbst und

    anderen Nutzen und errettete Sterbliche allerorts. So befreite er die Wesen.

  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Durchbruchs-Predigt

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    Du solltest wissen, dass die bung, die du entfaltest, nicht getrennt von deinem Geist

    existiert. Wenn dein Geist rein ist, sind alle Buddhalnder rein. Die Sutras sagen,

    Wenn ihr Geist unrein ist, so sind die Wesen unrein. Wenn ihr Geist rein ist, so sind

    die Wesen rein. Und Um ein Buddhaland zu erreichen, reinige deinen Geist. Wenn

    dein Geist rein wird, werden die Buddhalnder rein. Demnach werden durch das

    berwinden der drei vergifteten Geisteszustnde die drei Arten der Gelbde

    automatisch erfllt.

    Aber die Sutras sagen, die sechs Vollkommenheiten sind Geben, Sittlichkeit, Geduld,

    Hingabe, Meditation und Weisheit. Jetzt sagst du, dass die Vollkommenheiten sich

    auf die Reinigung der Sinne bezgen. Was meinst du damit? Und warum werden sie

    Fhren genannt?

    Die Entfaltung der Vollkommenheiten bedeutet die sechs Sinne zu reinigen, indem

    die sechs Diebe berwunden werden. Den Dieb des Auges hinauszuwerfen durch

    das Verlassen der visuellen Welt bedeutet [die Vollkommenheit der] Groherzigkeit.

    Den Dieb des Ohres fernzuhalten durch das Nicht-Hren von Tnen ist [die

    Vollkommenheit der] Sittlichkeit. Den Dieb der Nase zu erniedrigen durch das

    Gleichsetzen aller Gerche als ununterschieden ist [die Vollkommenheit der] Geduld.

    Den Dieb des Mundes zu kontrollieren durch das Besiegen des Verlangens nach

    Geschmack, Lob und Erluterung ist [die Vollkommenheit der] Hingabe. Den Dieb

    des Krpers zu bezwingen durch das Ungerhrt-Bleiben bei der Empfindung von

    Berhrungen ist [die Vollkommenheit der] Meditation. Und das Zhmen des Diebes

    des Geistes indem man sich nicht den Tuschungen berlsst, sondern Achtsamkeit

    praktiziert, ist [die Vollendung der] Weisheit. Diese sechs Vollkommenheiten sind

    Befrderungsmittel. Wie Boote oder Fhren transportieren sie die Wesen an das

    andere Ufer. Darum werden sie Fhren genannt.

    Aber als Shakyamuni ein Bodhisattva war, trank er drei Schsseln Milch und sechsKellen Haferschleim [von Nandabala] vor dem Erlangen der Erleuchtung. Wenn ich

    Milch trinken msste, bevor ich die Frucht der Buddhaschaft kosten knnte, wie kann

    die bloe Betrachtung des Geistes zur Befreiung fhren?

    Was du sagst ist wahr. So hat er die Erleuchtung erlangt. Er musste Milch trinken,

    bevor er ein Buddha werden konnte. Aber es gibt zwei Arten von Milch. Jene, die

    Shakyamuni trank, war keine gewhnliche, unreine Milch, sondern reine Dharma-

    Milch. Die drei Schsseln waren die drei Arten der Gelbde. Und die sechs Kellenwaren die sechs Vollkommenheiten. Als Shakyamuni Erleuchtung erlangte, war es,

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    Durchbruchs-Predigt

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    weil er die reine Dharma-Milch trank, sodass er die Frucht der Buddhaschaft kostete.

    Zu sagen, dass der Tathagata das weltliche Gebru einer unreinen, stinkenden

    Kuhmilch trank, ist die Hhe der Verunglimpfung. Das, was wirklich so ist, das

    unzerstrbare, leidenschaftslose Dharma-Selbst, bleibt immer frei vom Elend der

    Welt. Warum sollte es unreiner Milch bedrfen, um Hunger und Durst zu stillen?

    Die Sutras sagen, Dieser Ochse lebt nicht in den Hoch- oder Tieflanden. Er isst kein

    Korn oder Spreu. Und er grast nicht mit Khen. Der Krper dieses Ochsen hat die

    Farbe von poliertem Gold. Der Ochse bezieht sich auf Vairocana. Aufgrund seines

    groen Mitgefhls fr alle Wesen erzeugt er aus dem Inneren seines reinen Dharma-

    Krpers die erhabene Dharma-Milch der drei Arten der Gelbde und die sechs

    Vollkommenheiten, um all jene zu nhren, die nach Erleuchtung streben. Die reine

    Milch eines solch wahrhaft reinen Ochsen hat nicht nur dem Tathagata ermglicht,

    die Buddhaschaft zu verwirklichen, sondern es ermglicht auch jedem Wesen, das

    sie trinkt, die unbertreffliche, vollstndige Erleuchtung zu erlangen.

    In den Sutras erzhlt der Buddha den Sterblichen hufig, dass sie durch das

    Vollbringen von verdienstvollen Werken, wie Klster errichten, Statuen gieen,

    Weihrauch verbrennen, Blumen streuen, ewiges Licht entznden, zu allen sechs

    Tages- und Nachtzeiten praktizieren, Stupas umschreiten, zu fasten und durch

    Verehrungen die Erleuchtung erlangen knnen. Aber wenn die Betrachtung des

    Geistes alle anderen Praktiken umfassen, dann wrden diese Werke berflssig

    erscheinen.

    Die Sutras des Buddha enthalten zahllose Metaphern. Weil Sterbliche einen sehr

    seichten Geist haben und nichts Tiefsinniges verstehen, hat der Buddha das

    Fassbare genutzt, um das Erhabene zu zeigen. Leute, denen es nach Segen durch

    die Konzentration auf externe Werke verlangt, statt durch die innere Entfaltung,

    versuchen das Unmgliche.Was du ein Kloster nennst, nennen wir ein Sangharama, einen Platz der Reinheit.

    Aber wer immer den Eintritt der drei Gifte verhindert und die Sinnentore rein hlt,

    seinen Krper und Geist still, innen und auen sauber, errichtet ein Kloster.

    Statuen gieen bezieht sich auf alle Praktiken, die von jenen entfaltet werden, die

    Erleuchtung anstreben. Die erhabene Form des Tathagata kann nicht durch Metall

    dargestellt werden. Jene, die Erleuchtung anstreben, betrachten ihren Krper als

    Ofen, den Dharma als Feuer, Weisheit als Handwerkskunst und die drei Arten derGelbde und die sechs Vollkommenheiten als Gussform. Sie schmelzen und

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    Durchbruchs-Predigt

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    veredeln die wahre Buddhanatur im Inneren und gieen sie in die Gussform,

    gemacht von den Regeln der Disziplin. In vollendeter bereinstimmung mit der Lehre

    des Buddhas handelnd, gleichen sie sich auf natrliche Weise perfekt [an das Ideal

    des Buddha] an. Der ewige, erhabene Krper unterliegt nicht Bedingungen oder

    Verfall. Wenn du die Wahrheit suchst, aber nicht lernst, wie die wahre hnlichkeit

    ausgefhrt wird, was willst du stattdessen nutzen?

    Und das Verbrennen von Rucherwerk bezieht sich nicht auf gewhnliches,

    materielles Rucherwerk, sondern das Rucherwerk des nicht greifbaren Dharma,

    das mit seinem Duft Schmutz, Verblendung und ble Taten entfernt. Es gibt fnf

    Arten von solchem Dharma-Rucherwerk. Erstens, das Rucherwerk der Sittlichkeit,

    es bedeutet, sich von blen Taten abzukehren und Tugenden zu entfalten. Zweitens

    gibt es das Rucherwerk der Meditation, das heit, fest entschlossen ein tiefes

    Vertrauen zum Mahayana zu besitzen. Drittens gibt es das Rucherwerk der

    Weisheit, es bedeutet, ber Krper und Geist, innen und auen, nachzusinnen.

    Viertens gibt es das Rucherwerk der Befreiung, es bedeutet, die Fesseln des

    Nichtwissens zu durchtrennen. Und fnftens gibt es das Rucherwerk der

    vollkommenen Erkenntnis, es bedeutet, immer klarbewusst und nirgends durch

    etwas behindert zu sein. Diese fnf sind die wertvollsten Arten des Rucherwerks

    und allem weit berlegen, was die Welt zu bieten hat.

    Als der Buddha in der Welt lebte, lie er seine Schler solch wertvolles Rucherwerk

    mit dem Feuer der Klarbewusstheit als eine Offerte an alle Buddhas der zehn

    Richtungen entznden. Aber die Leute verstehen heute nicht [mehr] den wahren

    Sinn der Aussage des Tathagata. Sie gebrauchen eine gewhnliche Flamme, um

    materielles Rucherwerk aus Sandelholz oder Weihrauch zu entznden und beten

    um zuknftige Segnungen, die niemals eintreten werden.

    Fr das Streuen von Blumen gilt das Gleiche. Dies bezieht sich auf das Lehren desDharma, das Streuen der Blumen der Tugend, um damit anderen von Nutzen zu sein

    und das wahre Selbst zu preisen. Diese Blumen der Tugend sind es, die der Buddha

    gelobt hat. Sie halten sich ewig und verwelken niemals. Und wer solche Blumen

    streut, erntet unendlichen Segen. Wenn du glaubst, der Tathagata wollte, dass Leute

    Pflanzen verletzen, indem sie sie abschneiden, liegst du falsch. Jene, die die

    Gelbde einhalten, verletzen keine der Myriaden Lebensformen im Himmel und auf

    der Erde. Wenn du versehentlich etwas verletzt, leidest du dafr. Aber jene, dieabsichtlich die Gelbde durch das Verletzen von Lebendigem um des zuknftigen

  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Durchbruchs-Predigt

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    Segen willens brechen, leiden umso mehr. Wie knnen sie es nur zulassen,

    vermeintlichen Segen in Sorgen umzuwandeln?

    Die ewige Lampe steht fr das vollkommene Klarbewusstsein. Das Erleuchten der

    Klarbewusstheit mit der einer Lampe zu vergleichen, bedeutet fr diejenigen, die

    nach Erleuchtung streben, dass sie ihren Krper als Lampe, ihren Geist als Docht,

    das Hinzufgen der Disziplin als l und die Kraft der Weisheit als Flamme sehen.

    Durch das Entznden dieser Lampe der vollkommenen Klarbewusstheit vertreiben

    sie alle Dunkelheit und Verblendung. Und durch die Weitergabe dieses Dharmas an

    andere, werden sie fhig, eine Lampe zum Anznden von Tausenden von Lampen

    zu verwenden. Und weil diese Lampen ihrerseits zahllose andere Lampen

    entznden, brennt das Licht ewig.

    Vor langer Zeit gab es einen Buddha mit dem Namen Dipamkara, oder Anznder der

    Leuchte. Das war die Bedeutung seines Namens. Aber Narren verstehen nicht die

    Metaphern des Tathagata. In Verblendung verharrend und am Greifbaren anhaftend,

    entznden sie Lampen mit gewhnlichen Pflanzenl und glauben, durch das Erhellen

    des Innenbereichs von Gebuden wrden sie der Lehre Buddhas folgen. Wie tricht!

    Das Licht, das aus der Locke zwischen den Brauen des Buddhas entspringt, kann

    zahllose Welten erhellen. Eine llampe ist keine Hilfe. Oder denkst du anders?

    Zu allen sechs Phasen des Tages und in der Nacht zu praktizieren, bedeutet,

    bestndig die Erleuchtung inmitten der sechs Sinne zu entfalten und sich beharrlich

    um jede Form des Klarbewusstheit zu bemhen. Niemals in der Kontrolle ber die

    sechs Sinne nachzulassen, ist die Bedeutung von allen sechs Phasen.

    Was das Umschreiten von Stupas betrifft, der Stupa ist dein Krper und Geist. Wenn

    deine Klarbewusstheit ohne Unterbrechung um deinen Krper und Geist zirkuliert,

    wird dies das umschreiten eines Stupa genannt. Die Weisen vergangener Zeiten

    folgten diesem Weg zum Nirvana. Aber die Leute heutzutage verstehen nicht, wasdies bedeutet. Anstatt nach innen zu schauen, beharren sie darauf, nach auen zu

    schauen. Sie verwenden ihren physischen Krper dazu, um materielle Stupas zu

    umschreiten. Und das machen sie bei Tag und Nacht, verschwenden sich so

    vergeblich und kommen ihrem wahren Selbst dabei nicht nher.

    Das Gleiche gilt fr das Einhalten einer Fastenzeit. Es ist vergeblich, wenn du nicht

    verstehst was es wirklich bedeutet. Zu fasten bedeutet zu regulieren, deinen Krper

    und Geist zu regulieren, so dass sie nicht abgelenkt oder gestrt sind.

  • 8/2/2019 Zenlehre_Bodhidharma

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    Durchbruchs-Predigt

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    Und etwas einzuhalten bedeutet, es aufrechtzuerhalten, das Aufrechterhalten der

    Regeln der Disziplin in bereinstimmung mit dem Dharma. Fasten bedeutet,

    wachsam zu sein hinsichtlich der sechs Reize von auen und der drei Geistesgifte

    von innen, und sich durch Nachsinnen anzustrengen, um Krper und Geist zu

    reinigen.

    Fasten beinhaltet auch die fnf Arten der Nahrung. Erstens gibt es Vergngen am

    Dharma. Dies ist das Vergngen, das durch das Handeln in bereinstimmung mit

    dem Dharma entsteht. Das zweite ist die Ausgewogenheit in der Meditation. Dies ist

    die Harmonie von Krper und Geist, die aus dem Durchschauen von Subjekt und

    Objekt entsteht. Das dritte ist das Anrufen, die An