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KASTNER
Bons
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JOHANN KASTNER
Schritt für Schritt zum Bonsaiprofi
BONSAIziehen, gestalten und pflegen
. Praktisches Expertenwissen: Unser Autor erklärt Schritt für Schritt, wie Sie Bonsais optimal entwickeln: vom Schneiden und Drahten über erhaltende Maßnahmen bis hin zu speziellen Techniken.
. Die besten Gehölze im Porträt: Wählen Sie aus über zwanzig vorwiegend einheimischen Laub- und Nadelgehölzen Ihre Favoriten passend zum Standort aus.
. Beispiele für Bonsai-Entwicklung: Fallstudien dokumentieren die lang -jährige Entwicklung von Bonsais, verdeutlichen die Wirkung der einzelnen Techniken und unterstützen Sie beim Formieren eigener Bonsais. So wird die Bonsai-Gestaltung zur Passion!
Bonsai ziehen, gestalten und pflegen
Die Miniaturbäume bilden die Natur im Kleinen nach. Mit der
richtigen Technik – und ein bisschen Geduld – verwandeln
auch Sie Ihre Pflanzen in wahre Kunstwerke.
GU
PFL
AN
ZEN
PR
AX
IS GU PFLANZENPRAXIS
www.gu.de
ISBN 978-3-8338-3452-3WG 421 Garten
€ 9,99 [D] € 9,99 [A]
PEFC/04-32-0928
Planung 6 2
Grundtechniken der Gestaltung 50Lernen Sie, harmonische Wuchsformen
zu erkennen 52Start mit älteren Pflanzen: die Reduktions-
methode 54
Start mit Jungpflanzen: die Aufbaumethode 56
So bringen Sie Äste und Zweige in die richtige Lage 58
Die Kunst des Formens: Drahten wie ein Profi 60
Der Formschnitt 62
Der Erhaltungsschnitt 64
Das fachgerechte Ein- und Umtopfen von Bonsais 66
Weiterführende Techniken 70Eine Lösung für viele Probleme: Abmoosen 72
Einen Ast durch Anplatten einfügen 74
Durch Bohrpfropfen einen Ast einfügen 76
Die Förderung des Dickenwachstums 78
Inspiration aus der Natur 8Wichtige Hinweise für Bonsai-Einsteiger 10
Bedeutende Stilformen der Bonsai-Kunst 12
Der Aufbau eines Baumes 16
Die Wachstumsgesetze 18
Die Wahl des besten Ausgangsmaterials 20
Die Schale als passende Ergänzung des Bonsais 22
So setzen Sie Ihre Bonsais angemessen in Szene 24
Pflegeprogramm für Bonsais 26❯ Das nötige Bonsai-Werkzeug 28
In Bestform: Scharfe Klingen und Sägeblätter 30
Der artgerechte Standort 32
Die Bonsaikultur im Haus 34
Wassermanagement: Bonsais richtig gießen 36
Eine gute Basis: Substrate und Nährstoffe 38Gesunde Bonsais und Erste Hilfe bei Problemen 40❯ Diagnosetafel: Schädlinge und Pilzkrankheiten 42
So kommen Ihre Bonsais gut über den Winter 44
❯ Expertentipps rund um die Planung 46
Bonsaipraxis 481
Inhalt❯
4
001-005_Vorspann_001-005 Bonsai Vorspann 27.12.12 15:36 Seite 4
Wunden behandeln und Narben entfernen 80
Mehr Charakter: Setzen Sie Totholz in Szene 82
Erstgestaltung – Beispiel 1 84
Erstgestaltung – Beispiel 2 86
Erstgestaltung – Beispiel 3 88
Erstgestaltung – Beispiel 4 90
Beispiele für die Entwicklung 92Beispiel Fächer-Ahorn 94Beispiel Zwergmispel 96
Beispiel Weißdorn 98
Beispiel Birken-Feige 100
Beispiel Kletter-Feige 102
Beispiel Europäische Lärche 104
Beispiel Zierapfel 106
Beispiel Granatapfel 108
Beispiel Sibirische Ulme 110
Die beliebtesten Gehölze fürBonsai 114Porträts der besten Arten 114
AnhangArten- und Sachregister 122
Adressen, Literatur 126
Impressum 128
3 Porträts 112
5
001-005_Vorspann_001-005 Bonsai Vorspann 27.12.12 15:36 Seite 5
8
Sicher kennen Sie das: Siesind draußen unterwegs, plötz-lich sehen Sie einen Baum, deraufgrund seiner Größe undGestalt eine Saite in IhremInneren zum Schwingenbringt. Im Schatten seiner Krone möchten Sie ruhen undneue Kraft tanken. Oder Siestaunen über den unbändigenÜberlebenswillen, mit demsich ein sichtlich betagterWacholder an eine Felswandkrallt. Diese Faszination ist einGrund dafür, dass Menschensich seit Jahrhunderten mitBonsai auseinandersetzen.Ebenso wichtig ist, dass man
sich ein Stück Natur nachHause holt. Sie zu betrachtenund sich damit zu beschäftigenist Erholung pur!
Bonsai-Pate werdenGehölze sind besondere Wesen,die extrem anpassungsfähigsein können. Einen Fächer -Ahorn in einen Bonsai zu ver-wandeln, erfordert jedochplanvolles Vorgehen. Manmuss sich darüber im Klarensein, welche Stilform (➝ Seite12) für ihn infrage kommt, wieer aufgebaut ist (➝ Seite 16/17)und wie man die Wachstums-gesetze (➝ Seite 18/19) sonutzt, dass er die gewünschteForm annimmt. Weiterhinspielt es eine Rolle, ob Sie dieGeduld haben, Ihren Bonsaiaus einem Sämling zu ziehen,oder ob Sie schneller zum Ziel
kommen wollen (➝ Seite20/21). Ist dann aus einemGehölz ein Bonsai geworden,ehrt man ihn mit einer auf ihnabgestimmten Schale (➝ Seite22/23) und der angemessenenPräsentation (➝ Seite 24/25).
GlücksmomenteSeien Sie sich dessen bewusst,dass ein Bonsai mehr Kennt-nisse und Geduld von Ihnenfordert als andere Topfgewäch-se. Doch er wird es Ihnen dan-ken! Mit der Zeit entwickelnSie ein Verhältnis zu IhremBäumchen, das es Ihnen leich-ter macht, seine Eigenarten zuverstehen. Schon die kleinenErfolge werden Ihnen Glücks-momente bescheren. Und einesTages steht ein Prachtexemplarvor Ihnen, auf das Sie richtigstolz sein können!
Inspiration aus der NaturManche Bäume sprechen uns tief in unserer Seele an. So erstaunt es nicht,
dass der Mensch sich diese fast mythischen Wesen zu sich nach Hause holt.
Mit der Gestaltung eines Bonsais schafft man sich sein Miniatur-Wunschbild
der Natur, das aber nur im »Zwiegespräch« mit der Pflanze entstehen kann.
Diese beiden Gehölze an ihrem Naturstandort eignen sich mit
ihren guten Proportionen hervorragend als Vorbild für Bonsais.
Planung1
006-047_Kap_01_MS! 27.12.12 15:49 Seite 8
❯ Inspiration aus der Natur
006-047_Kap_01_MS! 27.12.12 15:49 Seite 9
ALLES FÜRS UMTOPFEN
1+2 Stamm und Wurzelansatz reinigtman mit der Messingbürste (1), Astgabelnund Astansätze mit der Rundbürste (2).
3+4 Die kleine Wurzelkralle (3) ist zumAuskämmen der Wurzeln nötig, die große(4) zum Ausräumen des alten Substrats.
5 Die Einzelkralle lockert das Wurzelwerk.
6 Ein Winkelmesser hilft dabei, den Wur-zelballen aus der Schale freizuschneiden.
7 Sicheln lösen Wurzelballen aus derSchale.
8 Eine Erdschütte erleichtert das Einfüllendes Pflanzsubstrats in die Schale.
DAS SCHERENSORTIMENT
Eine kräftige Schere (1) eignet sich für gröbere Arbeiten anÄsten bzw. Wurzeln bis 6 mm Durchmesser. Feinere Scheren(3) werden dagegen für den Blattschnitt eingesetzt. Die Profischere (2), die eher einer Gartenschere ähnelt, dientdem all gemeinen Ast- und Wurzelschnitt. Lange Scheren (4+5) erleichtern das Arbeiten an Ästen, dieinnerhalb der Krone wachsen. Die kurze Schere (6) brauchtman für den Feinschnitt an Ästen und Blättern.
Knospenzangen (1+2) benötigt man fürÄste mit Durchmessern ab 6 mm. Ihregerundete, oben sitzende Schneideerlaubt den frontalen Ast- oder Wurzel-schnitt direkt am Stamm. Konkav -zangen haben die Schneide seitlich.Beide Zangen erzeugen nach innengewölbte Wunden, die besser über-wallt werden können, ohne dass sichhässliche Wülste bilden. Rundkonkav -zangen (3) kombinieren die Vorteilevon Knospen- und Konkavzange. Diefeine Astsäge (4) kommt zum Einsatz,wenn ein genauer Schnitt gefordert ist.Mit der großen Säge (5) erledigen Siegröbere Ast- und Wurzelschnitte.
ZANGEN UND SÄGEN
Das nötige Bonsai-Werkzeug
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❯
Planung1
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3
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❯
006-047_Kap_01_MS! 27.12.12 15:49 Seite 28
WERKZEUG UND DRAHT ZUR FORMGEBUNG
Mit der Drahtschere (1) schneiden Sie die Drähte inder benötigten Länge zurecht. Die Jin-Zange (2)braucht man zum Entrinden und zum Drahten. Zwin-gen (3) formen Äste und Stamm. Kupfer- und Alumi-niumdraht (4) in verschiedenen Dicken ist ein wichti-ges Hilfsmittel zur Formgebung. Biegewerkzeug (5)wird für das Formen dicker Äste eingesetzt.
❯
❯
Es gibt keine gärtnerische Kultur, bei der Schnitt und Formgebung eine so
zentrale Rolle spielen wie beim Bonsai. Für die verschiedenen Techniken gibt es
eine Vielzahl an speziellen Werkzeugen und Hilfsmitteln.
1
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4
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1
8 5
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2
4
3
WICHTIG: WUNDVERSCHLUSSMITTEL
Alle Schnitte mit einem Durchmesser größerals 3–5 mm sollten mit einem Wundver-schlussmittel bestrichen werden. Dadurchschützen Sie die Schnittstelle vor Austrock-nung und vor dem Eindringen von Schader-regern. Dafür können Sie grundsätzlichjedes dafür angebotene Produkt im Handelverwenden, vorausgesetzt, es lässt sichleicht und rückstandslos wieder entfernen,wenn man es erneuern will oder die Wunde verheilt ist.
006-047_Kap_01_MS! 27.12.12 15:49 Seite 29
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 48
2
Bonsai-praxis
49
Grundtechniken der Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 50
Weiterführende Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 70
Erstgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 84
Beispiele für die Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 92
49
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 49
Bonsaipraxis2
56
Jahr 1: Die Basis schaffenNehmen Sie diese Arbeiten imFrühjahr vor dem Austrieb vor.■ Kämmen Sie mit der Wurzel-kralle die Erde von den Wur-zeln. Schneiden Sie stark ent-wickelte Wurzeln mehr zurückals schwächere, damit die Wur-zel sich näher am Stamm feinverzweigt. Reduzieren Sie dieWurzel um ca. 30–50%. ■ Setzen Sie die Pflanze ineinen Anzuchttopf, der dieWurzeln gerade aufnimmt. Inzu großen Töpfen bleibt dasSubstrat lange nass und damitkalt. Wurzeln, die bei engeremPlatz mit anderen konkurrie-ren müssen, sind zudem vielvitaler und gesünder. ■ Die Wurzeln sollen vonAnfang an so wachsen, dass siespäter gut aussehen und keineKorrekturen benötigen. Dafürplatzieren Sie beim Eintopfenunterhalb des Stammes einenrunden, sogenannten Anker-stein. Darüber breiten Sie dieWurzeln strahlenförmig, leichtschräg nach unten aus.■ Schneiden Sie zum Abschlussnoch den Stamm zurück (➝ Abb. 1). Letzteres erfolgt,indem man ihn einmal aufeinen links und einmal aufeinen rechts des Stammes ent-springenden Seitenast zurück-schneidet. Dadurch entstehtein kurzer, sich verjüngenderStamm. Die kleinen Eingriffelassen keine Narben zurück.
Jahr 2: In Form schneidenEnde Mai bis Mitte Juni deszweiten Jahres setzen Sie diePflanze in einen etwas tieferenund 2–3 cm größeren Topf.
Der Rückschnit t bereitsälterer Pflanzen bringt Bonsaisvon eher gröberem Charakterhervor. Was nicht schlecht seinmuss! Einen Bonsai aus jungenPflanzen heranzuziehen, er -fordert vergleichsweise sehrviel mehr Zeit. Doch diese Auf-baumethode ermöglicht es,eine besonders schöne und ele-gante Form herauszuarbeiten.
Formen von Anfang an Für die Aufbaumethode eignensich zwei- bis sechsjährigeSämlinge oder vier- bis sechs-jährige Jungpflanzen am besten(➝ Seite 20/21). Diese könnenSie mit sanften Mitteln zu jederbeliebigen Stilform erziehen.
Das Ziel stets vor Augen Bei der Entwicklung einesBonsais aus einer Jungpflanzearbeiten Sie in kleinen Schrit-ten und in kurzen Abständen,aber über einen langen Zeit-raum. Dabei greifen Sie immerdann ein, wenn eine Änderung
der Wuchsrichtung erforder-lich ist, wenn Korrekturen derForm anstehen oder wenn dieHöhe des Bonsais zurückge-nommen werden muss.
AufbaumethodeSchritt für Schritt Auch bei dieser Technik möch-te man möglichst bald einendicken Stamm erreichen. Eingrößerer Durchmesser entstehtnur durch guten Zuwachs.Kräftiger Wuchs geht jedochauf Kosten der Verzweigung. Inden ersten Jahren sollten Siezunächst Wert auf die Stamm-dicke legen, und erst später dieVerzweigung fördern. Um hierdie Balance zu halten, emp -fehle ich bei der Aufbauarbeiteinen Dreijahresrhythmus. Erverläuft für Laub- und Nadel-gehölze genau gleich. Setzen Sie die Pflanzen in die-ser Startphase in größereAnzuchttöpfe mit durchlässi-gem, bis zu 70 % organischem,stets gut gedüngtem Substrat.
Start mit Jungpflanzen:die Aufbaumethode
Wenn ein Gehölz von klein auf für einen Bonsai
bestimmt ist, lässt es sich leicht in jede beliebige
Stilrichtung formen. Diese sanfte Methode hinter-
lässt keine Narben, benötigt jedoch ihre Zeit.
❯ PRAXIS
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 56
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1Den Stamm einkürzenDieser ein- bis zweijährigeSämling soll eine locker auf-rechte Stilform erhalten. Kürzen Sie den Stamm durchRückschnitt auf einen Seiten-ast. Dieser soll von nun anden Stamm fortführen.
Den Stamm verjüngenIm dritten Jahr setzen Sieden Stamm schräg, wie esdie locker aufrechte Stilformerfordert. Durch den Rück-schnitt auf den rechten Seitenast fördern Sie die Ver jüngung des Stammes.
Den Stammverlauf ändernEin Rückschnitt im siebtenJahr ändert den Stammver-lauf erneut. Die gewünschteHöhe ist fast erreicht. För-dern Sie ab jetzt die Feinver-zweigung durch Formschnitt.
Das vorläufige EndergebnisNach zwölf Jahren sindgewünschte Höhe und Stil-form erreicht. Ab jetzt wirdseine Verzweigung ständigverfeinert. Dadurch ver -kleinert sich auch das Laub.
Die Wurzeln werden nicht be -arbeitet. Dafür schneiden Siedie inzwischen verzweigtenLeitäste auf zwei bis drei Blät-ter zurück, sobald die Triebeausgehärtet sind. Dadurchtreibt die Pflanze neu durch,was auch der Wurzelbildungzugutekommt. Verstärkt wirddieser Effekt durch kräftigesDüngen und den sogenanntenJohannistrieb, den um dieseZeit bei Gehölzen üblichen,zweiten Austrieb eines Jahres.
Jahr 3: Zyklus vollenden Dieser Schritt erfolgt wiederim Frühjahr. Kämmen undschneiden Sie die Wurzeln wieim ersten Jahr und setzen Siedie Pflanze in einen etwasgrößeren Topf auf einen Stein.Achten Sie dabei auf die Wur-zelverteilung. Manche Stil -richtungen (➝ Seite 12–15),wie die locker aufrechte, diegeneigte oder die Kaskaden-bzw. Halbkaskadenform, er -fordern einen mehr oder weni-ger geneigten Stamm. Wennder Bonsai eine dieser Formenhaben soll, topfen Sie diePflanze jetzt im entsprechen-den Winkel ein (➝ Abb. 2).Dem passen sich Äste im Laufder Zeit durch ihren natürli-chen Wuchs an.
Wiederholung der ZyklenWiederholen Sie diesen Drei-jahreszyklus über zehn biszwölf Jahre (➝ Abb. 4). Dannist die Pflanze soweit vorberei-tet, dass Sie sie durch Drahten(➝ Seite 60/61) und Schnitt (➝ Seite 62/63) in die endgül -tige Form bringen können.
❯ Grundtechniken der Gestaltung
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 57
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Bonsaipraxis2
ALTER:4 Jahre
Unterhalb einer V-förmigenVerzweigung verkürzte ichden Stamm des ca. 30 cm ho -hen, reich verzweigten Fächer-Ahorns durch Abmoosung (➝ Seite 72/73). Beim Ein -topfen setzte ich die Wurzelnauf einen Stein (➝ Seite 56)und breitete sie für einenschönen Wurzelansatz strah-lenförmig aus. Die Pflanzekam in einen Topf mit einemdoppelt so großen Durchmes-ser wie der des Wurzelballens,aber nur halber Höhe: Sie soll-te bald in eine flache Schaleumziehen. Den Topf füllte ichmit humosem Substrat auf.
ALTER:6 Jahre
Durch häufiges Umsetzen inverschiedene Bonsai-Schalenentwickelte sich ein attrakti-ver Wurzelansatz. Das gingallerdings auf Kosten des sowichtigen Dickenwachstums:Stamm und Äste verzeichnenzu wenig Zuwachs. Der linkeStamm wies eine Drahtspurauf, die bereits nach achtWochen in der feinen Rindeentstand. Die Narbe wirdnoch lang zu sehen sein.Daher verzichtete ich weit -gehend auf Draht und korri-gierte die Astwinkel in der Folge durch Ab spreizen undAbspannen (➝ Seite 58/59).
Beispiel Fächer-Ahorn
FÄCHER-AHORNAcer palmatum
AUSGANGSMATERIAL:abgemooste Baumschulware
STILFORM:Doppelstamm
Japanische Bildbände weckten in mir
den Wunsch nach einem Doppel-
stamm. Das Ausgangsmaterial dazu
fand ich in einer Gärtnerei. Bei einem
Treffen des Bonsai-Arbeitskreises
demonstrierte ich daran, wie das
Abmoosen zur Verkürzung des
Stamms funktioniert. Beim nächsten
Treffen, nur vier Wochen später, hatte
der Fächer-Ahorn so gut bewurzelt,
dass ich ihn bereits eingetopft präsen-
tieren konnte. Das hätte ich selbst
nicht für möglich gehalten, und es ist
mir seither auch nie wieder gelungen,
einen Baum in einem derart kurzen
Zeitraum abzumoosen.
1 2
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 94
95
❯ Beispiele für die Entwicklung
ALTER:10 Jahre
Drei Jahre lang stand derBonsai in einer Schale. Die Umstellung auf reinesAkadama (➝ Seite 38) undgute Düngung erzeugteneinen Wachstumsschub.Der Wurzelansatz ent-wickelte sich positiv, dochdas Dickenwachstum ließnoch zu wünschen übrig.Es wäre besser gewesen,mit dem Einsetzen in dieSchale noch fünf Jahre zuwarten. Die Stämme setzteich häufig auf schwächereSeitenäste ab. Dadurchzeigten sie nun eineattraktive, bewegte Form.
ALTER:20 Jahre
Die gute Wasserversorgungdes strukturstabilen Akada-masubstrats und die verstärk-te Düngung zeigten Wirkung.Die Proportionen des Baum -aufbaus erschienen allmählichharmonischer: Der Stamm-durchmesser hatte sich fast verdoppelt, und die Krone verzeichnete eine gute Ver-zweigung. Allerdings war derobere Kronenbereich noch zudicht und schwer. Hier hätteich rechtzeitig etwas stärkerzurückschneiden müssen. Daskorrigierte ich dann durch konsequentes Auslichten undAbsetzen auf dünnere Äste.
ALTER:26 Jahre
Langsam wächst der ca. 60 cmhohe Bonsai nun doch in diegewünschte Form. Nur den Kronenaufbau finde ich immernoch nicht locker und flachgenug. Das korrigiere ich durchhäufiges Pinzieren (➝ Seite64/65). Auch die bereits rechtzufriedenstellende Feinver-zweigung ist soweit voran -geschritten, dass ich denZuwachs nur noch pinzierenmuss. Von dieser Entwicklungs-geschichte hat vor allem derWurzelansatz profitiert: VieleBesucher glauben, er sei inJapan gestaltet worden – einschönes Kompliment für mich!
In einer Baumschule stieß ich auf einen jungen Fächer-Ahorn, der sich für den
Aufbau zum Doppelstamm anbot. Trotz (unnötig) langer Entwicklungszeit kann
ich stolz darauf sein, denn er hat heute einen perfekten Wurzelansatz.
3 4 5
048-111_Kap_02_Gartenratgeber 27.12.12 15:59 Seite 95
GRUPPE: LaubgehölzTYP: für Einsteiger
immergrüner Zimmerschmuck
Herkunft: AsienMerkmale: immergrün; längliche,leicht ledrige Blätter; feigenförmigeBlüten/Früchte, je nach Standortganzjährig oder während der Haupt-wachstumsphase, rot abreifendSubstrat, Dünger: durchlässiges,humoses/mineralisches Substrat(1:1); ganzjährig mit Flüssigdüngerversorgen, im Winter nur alle vierWochenPflege: mäßig gießen, Wurzel immerfeucht halten; öfter drehen; vor allemim Zimmer auf Blattläuse, Schildläuseund Spinnmilben achten; Überwinte-rung im Zimmer bei 20 °C an einemhellen FensterWuchs: aufrecht mit nach oben stre-benden Ästen; im Alter eine flacheKrone und Luftwurzeln bildendStilform: alle Stilformen möglichSchnitt & Form: Schnitt das ganzeJahr über möglich, austretendenMilchsaft mit einem feuchten Küchen-tuch abtupfenTipp: nach komplettem Blatt- undleichtem Rückschnitt ab Mitte Mai imFreien in die volle Sonne stellen, dashärtet ab für die Überwinterung
Birken-FeigeFicus benjamina
Kletter-FeigeFicus pumila
Chinesischer WacholderJuniperus chinensis
GRUPPE: LaubgehölzTYP: für Fortgeschrittene
lianenartiger Kletterer
Herkunft: AsienMerkmale: immergrün; kleine, herz-förmige Blätter mit glatten RändernSubstrat, Dünger: durchlässiges,humoses/mineralisches Substrat(1:1); ganzjährig mit FlüssigdüngerversorgenPflege: mäßig gießen; trockene Blät-ter im Kroneninneren immer entfer-nen; öfter drehen; Überwinterung imZimmer bei 20 °C an einem hellenFensterWuchs: flachwachsend; lianenartigeTriebe bildend; klettert gernStilform: Felspflanzungen, locker auf-rechte StilformSchnitt & Form: Schnitt und Formendas ganze Jahr über möglich undnötig, austretenden Milchsaft miteinem feuchten Küchentuch abtupfen;lianenartige Triebe immer wieder ent-wirren; Triebe werden erst nach Jah-ren so stabil, dass sie die gewünschteForm haltenTipp: Triebe sehr lange wachsen las-sen, dann erst schneiden
GRUPPE: NadelgehölzTYP: für Einsteiger bis Profis
perfekt für Totholzinszenierung
Herkunft: AsienMerkmale: immergrün; schuppenför-miges Laub, im Winter braunviolett, bei einigen Sorten (‘Itoigawa’) extremklein; Blüten unscheinbar im März/April; weibliche reifen bis zu zwei Jahrezu bläulichen, kugeligen ZapfenSubstrat, Dünger: durchlässiges, mine-ralisches Substrat; ganzjährig reichlichmit Flüssigdünger versorgenPflege: reichlich gießen; öfter drehen;häufig auf Spinnmilben, Napf- oder Kom-maschildläuse kontrollieren und zügigbekämpfen, da sonst das Laub fahl wird;einige Sorten werden vom Birnengitter-rost befallen; Überwinterung im Freienmit Sonnen-, Wind- und WurzelschutzWuchs: buschig bis aufrecht; dominan-te GipfeltriebeStilform: alle Stilformen möglich;TotholzinszenierungSchnitt & Form: Zurückzupfen derLangtriebe das ganze Jahr über mög-lich; starker Form- und Rückschnitt Mit-te Juni bis ins alte Holz; drahten dasganze Jahr über möglichTipp: sobald Endform erreicht ist,wöchentlich die Langtriebe wieder inForm zurückzupfen
Por träts3
116 BlütenschmuckHalbschatten SchattenSonne
112-121_Kap_03_Gartenratgeber 27.12.12 16:01 Seite 116
GRUPPE: NadelgehölzTYP: für Einsteiger
leuchtende Herbstfärbung
Herkunft: EuropaMerkmale: immergrün; feine, schlan-ke, in Büscheln entspringendeNadeln, die im Winter abfallen; hän-gende, gelbe männliche Blütenständevon März bis Mai; stehende, roteweibliche Blüten, die im September/November zu braunen Zapfen reifen Substrat, Dünger: durchlässiges,mineralisches Substrat; von April bisSeptember Flüssigdünger gebenPflege: mäßig gießen, Wurzel immerfeucht halten; öfter drehen; Lärchen-blattlaus lässt die Nadeln einknicken;vorbeugend Winter- und Austriebs-spritzung; Überwinterung im Freienmit Sonnen-, Wind- und WurzelschutzWuchs: aufrecht; leicht hängende ÄsteStilform: alle Stilformen möglich,Schirmform weniger geeignetSchnitt & Form: am Anfang auf attrak-tiven Wurzelansatz achten; Triebe erstschneiden, wenn man die Endknos-pen an den Langtrieben erkennenkann; Neuaustrieb nicht einkürzenTipp: weibliche Blüten (Zapfen) nuran den kräftigsten Ästen in geringerZahl stehen lassen, alle anderensofort entfernen
Europäische LärcheLarix decidua
Zierapfel ‘Evereste’Malus ‘Evereste’
OrangenrauteMurraya paniculata
GRUPPE: LaubgehölzTYP: für Einsteiger
großartiger Blüher und Fruchter
Herkunft: EuropaMerkmale: schmale herzförmige Blät-ter, gelbe Herbstfärbung; weiße Blütemit roten Streifen ab Mai; Früchte abJuni/Juli, Miniaturen der TafelsortenSubstrat, Dünger: durchlässiges,humoses/mineralisches Substrat(1:1); ganzjährig mit Flüssigdüngerversorgen; nach der Blüte zusätzlicheDüngergaben zur FruchtbildungPflege: kräftig gießen; öfter drehen;im Frühjahr auf Blattläuse achten;Überwinterung im Freien mit Sonnen-,Wind- und WurzelschutzWuchs: aufrecht bis buschförmig;meist auf Wurzelunterlagen veredeltStilform: locker aufrecht, BesenformSchnitt & Form: in den ersten Jahrenim größeren Anzuchtgefäß halten, umZuwachs zu fördern; Langtriebe erstAnfang Juli zurückschneiden; Neuaus-trieb unberührt lassen, weil sich da -ran die Blütenknospen bildenTipp: starker Fruchtbehang schwächtden Baum, sodass er im Folgejahr fastkeine Früchte bildet (Alternanz);daher die Früchte im Juni so ausdün-nen, dass nur an kräftigen Ästen eini-ge wenige verbleiben
GRUPPE: LaubgehölzTYP: für Fortgeschrittene
mit stark duftenden Blüten
Herkunft: AsienMerkmale: immergrün; Blätter un -paarig gefiedert, ca. 5–7 cm lang; Blü-tenstände von Juni bis Oktober, weiß,bei Temperaturen ab 20 °C stark nachJasmin duftend; Früchte ab Oktober,teils gleichzeitig mit der Blüte, ähnelnkleinen KirschenSubstrat, Dünger: durchlässiges, hu -moses/mineralisches Substrat (1:1);ganzjährig Flüssigdünger gebenPflege: reichlich gießen; öfter drehen;im Zimmer häufig auf Spinnmilbenbe-fall kontrollieren; Überwinterung abEnde September in einem hellen, war-men Zimmer oder kühl und hell, danndie Wurzeln trockener haltenWuchs: aufrecht mit nach oben stre-benden ÄstenStilform: locker aufrecht, BesenformSchnitt & Form: nach der Blüte kräftigzurückschneiden; falls erforderlichauch ins alte Holz, dann blüht derBaum allerdings erst im Folgejahr wieder, da sich die Blütenknospen anLangtrieben bildenTipp: Schnitt zugunsten der Blüten- undFruchtbildung nur sehr moderat; dafüralle drei Jahre kräftig zurückschneiden
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❯ Die beliebtesten Gehölze für Bonsais
Laubschmuck Fruchtschmuck nicht oder bedingt frosthart giftig
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Bons
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JOHANN KASTNER
Schritt für Schritt zum Bonsaiprofi
BONSAIziehen, gestalten und pflegen
. Praktisches Expertenwissen: Unser Autor erklärt Schritt für Schritt, wie Sie Bonsais optimal entwickeln: vom Schneiden und Drahten über erhaltende Maßnahmen bis hin zu speziellen Techniken.
. Die besten Gehölze im Porträt: Wählen Sie aus über zwanzig vorwiegend einheimischen Laub- und Nadelgehölzen Ihre Favoriten passend zum Standort aus.
. Beispiele für Bonsai-Entwicklung: Fallstudien dokumentieren die lang -jährige Entwicklung von Bonsais, verdeutlichen die Wirkung der einzelnen Techniken und unterstützen Sie beim Formieren eigener Bonsais. So wird die Bonsai-Gestaltung zur Passion!
Bonsai ziehen, gestalten und pflegen
Die Miniaturbäume bilden die Natur im Kleinen nach. Mit der
richtigen Technik – und ein bisschen Geduld – verwandeln
auch Sie Ihre Pflanzen in wahre Kunstwerke.
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www.gu.de
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