9
827 11. Zu dem IcapiLZccrele~trCs~hem Bewegumgem urcd iiber einem Strom im offewem EZernent; vom Jeum BiZZitxer. Vor kurzenl beschrieb Hr. Christiansen') in diesen Annalen neben einigen kapillarelektrischen Bewegungen auch einige Versuche iiber die Ablenkung fallender QuecksiIbertropfen in einem elektrischen Stromgefalle. Da es bei oberflachlicher Retrachtung scheinen kannte , als stellten diese Versuche die Unzweideutigkeit der von mir kurzlich z, beschriebenen Uberfuhrungen kolloidaler Metalle, Stromerzeugungen durch fallende MetaIlteilchen in Lijsungen ihrer Salze etc. in Frage, sehe ich mich veranlaBt, schon an dieser Stelle einige Experimente zu beschreiben (deren ausfuhrlichere Publi- kation a. a. 0. erfolgeu soll), die unzweideutig darlegen, daB beidenvonHrn. Christiansen beobach teten kapillarelektrischen Bewegungen ganz andere Momente mitspielen, als bei der Bewegung kolloidaler Metalle etc. 1. Rei einer Wiederholung einiger vonHrn. P a l m a e r mitgeteilter Versuche3) beobachtete ich gewisse Erscheinungen, welche die Ver- mutung erweckten, da8 von einer Tropf- elektrode zu dem unteo sick ansammelnden Quecksilber auch im offenen Element eine Elektrizitatsbewegung stattfinde. Dies iiberraschende Phanomen naher zu f % untersucheo, lies ich die Tropfelektrode in einer Rohre spielen, deren Gestalt der obenstehenden Figur zu entnehmen ist. Der untere Teil des Apparates und der Ansatze a b c d wurde mit Quecksilber, 1) C. Christiansen, Ann. d. Pbys. 12. p. 1072. 1903. 2) J. Billitzer, Ann. d. Phys. 11. p. 902. 1903. 3) W. Palmaer, Zeitscbr. f. phys. Chem. 26. p. 265. 1898.

Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

827

11. Zu dem IcapiLZccrele~trCs~hem Bewegumgem urcd iiber einem Strom im offewem EZernent;

vom J e u m BiZZitxer.

Vor kurzenl beschrieb Hr. Chr is t iansen ' ) in diesen Annalen neben einigen kapillarelektrischen Bewegungen auch einige Versuche iiber die Ablenkung fallender QuecksiIbertropfen in einem elektrischen Stromgefalle. Da es bei oberflachlicher Retrachtung scheinen kannte , als stellten diese Versuche die Unzweideutigkeit der von mir kurzlich z, beschriebenen Uberfuhrungen kolloidaler Metalle, Stromerzeugungen durch fallende MetaIlteilchen in Lijsungen ihrer Salze etc. in Frage, sehe ich mich veranlaBt, schon an dieser Stelle einige Experimente zu beschreiben (deren ausfuhrlichere Publi- kation a. a. 0. erfolgeu soll), die unzweideutig darlegen, daB beidenvonHrn. Chr i s t i ansen beobach teten kapillarelektrischen Bewegungen ganz andere Momente mitspielen, als bei der Bewegung kolloidaler Metalle etc.

1. Rei einer Wiederholung einiger vonHrn. P a l m a e r mitgeteilter Versuche3) beobachtete ich gewisse Erscheinungen, welche die Ver- mutung erweckten, da8 von einer Tropf- elektrode zu dem unteo sick ansammelnden Quecksilber auch im offenen Element eine Elektrizitatsbewegung stattfinde.

Dies iiberraschende Phanomen naher zu

f %

untersucheo, lies ich die Tropfelektrode in einer Rohre spielen, deren Gestalt der obenstehenden Figur zu entnehmen ist. Der untere Teil des Apparates und der Ansatze a b c d wurde mit Quecksilber,

1) C. Christ iansen, Ann. d. Pbys. 12. p. 1072. 1903. 2) J. Bil l i tzer , Ann. d. Phys. 11. p. 902. 1903. 3) W. Palmaer, Zeitscbr. f. phys. Chem. 26. p. 265. 1898.

Page 2: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

828 J . Billitzer.

dann das ganze GefaB und die Elektrodenansatze mit einer Losung beschickt. Hatten die Elektroden a, b, c, d, e, T alle gleiches Potential, so wurde jetzt die Tropfelektrode in Gang gesetzt und die gleichzeitig auftretenden Potentialdifferenzen zwischen a, 6, c und d mit Hilfe eines hochempfindlichen Nern s t -D ole zale kschen Elektrometers gemessen.

Da zeigte es sich zunachst, dap die fallenden Tropfen einen konstanten Potentialabfall im Rohre erzeugten, d. h. dap von der !Propfelektrode zu dem anten sich ansammelnden Quecksilber un- unterbrochen ein Strom fliept, ohne dap beide Quecksilbermassen miteinander verbunden waren. l) Dabei bewegt sich immer die positive Elektrizitat im Sinne der fallenden Tropfen und nur in konzentrierten Cyankaliumlosungen kehrt sich der Sinn des Potentialgradienten So war beispielsweise in :

KC1 an HgCl gesgttigt HgNO, verdiinnt KCN kona. mit uberschussigem HgCl a/b -0,004 Volt - 0,002 Volt +0,001 Volt a/c -0,009 ,, -0,005 ,, +0,002 ,, a/d -0,012 ,, -0,008 ,, +0,004 ,,

Die Potentialdifferenzen andern sich kaum, wenn die Flussigkeit im Rohre wahrend des Versuches durch einen Wasserstoffstrom geruhrt wird, den die Ansatzrohre f eintreten YaBt, und sofort sieht man sie verschwinden, wenn das Tropfen eingestellt wird.

In den einzelnen Teilen der Rohre ist der Potentialabfall proportional dem Widerstande. Er wuchs beispielsweise zwischen b und c auf das Vierfache, als eine zwischen b und c verengte Rohre benutzt wurde , deren Widerstand in diesem Intervalle annahernd viermal so grog war, wie zwischen a und b oder c und d. Durch jeden Querschnitt findet also eine gleiche Elektrizitatsbewegung statt. Dasselbe Verhaltnis herrscht auch vor, wenn man in derselben Rohre von einer Losung zu einer anderen ubergeht, gegen welche Hg dieselbe Potentialdifferenz aufweist, deren Leitfahigkeit aber eine andere ist.

1) Die Messungen wurden mit einem Elektrometer vorgenommen, um jede Verbindung auszuschliefien. Mit einem Galvanometer beobschtet man Striime der GrSBenordnung 10-6 bis 10-6 Amp.

2) Hier und im folgenden hei8t a / b - , da8 die negative, a/ b + , daS die positive Elektrizitsit durch daa Galvanometer von a nach b flielt.

Page 3: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

Kapillarelehtrische Bewegungen etc. 829

2. GroBe und Sinn dieser Potentialdifferenzen, ihr nahe linearer Abfall im Rohre, wie das Beispiellose eines stetigen Potentialgradienten in einem offenen Elemente erweckten die Vermutung, daB es sich hier um eine ganz neue Erscheinung handle, welche mit der bekannten Stromeraeugung der ab- fallenden Teilchen in Liisungen ihrer Salze nichts zu tun hat. Und diese Vermutung wurde zur GewiBheit, als es sich zeigte, daB der Potentialgradient im Rohre sich momentan urnkehrt, wenn man T mit e wahrend des Tropfens durch eine metallische Leitung verbindet. So fand ich z . B.:

Losung HgNO, aulerst verdiinnt.

T mit e durch Draht verbunden . . +0,020 Volt

Wieder verbunden . . . . . . . ~ 0 , 0 2 0 ,, Wieder getiffnet . . . . . . . . - 0,006 ,,

etc.

ald

Verbindung geiiffnet . . . . . . . - 0,006 ..

Stellt man die Verbindung durch einen regulierbaren Widerstand her, so erhalt man innerhalb der gegebenen Grenzen jede beliebige Potentialclifferenz.

ald T mit .e durch Draht verbunden . . +0,020 Volt Durch 1000 fi . . . . . . . . . +0,009 ,, Durch 1500 A? . . . . . . . . . +0,003 ,, Durch 3000 . . . . . . . . . -0,002 ,,

Und viele weitere Beobachtungen bestatigten die ersten. Obgleich also Quecksilber in Merkuronitrat zweifellos den posi- tiven Teil der Doppelschicht tragt, erzeugt es bei der Ver- bindung von T mit e einen Strom, in welchem die positive Elektrizitat von a nach d flieBt.

Alles hier yerhalt sich anders, als man gewohnt ist, so sehr zwar, da6 man unglaubig bleiben mochte, sprache nicht die GriiSe der Effekte gegen die Miiglichkeit eines Irrtums.

Die Versuchsbedingungen schlieBen selbst jede Erklarung aus , welche die Ursache der Elektrizitatsbewegung in einer Konzentrationsiinderung suchen wollte, nicht minder aussichts- 10s erscheint es, die Vorgange durch Verschiebungen der

Page 4: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

a30 J. Biclitzer.

Doppelschicht etc. mit Bekanntem in Verbindung zu bringen und so reizt das Ratselhafte dieser Erscbeinungen zu neuen Konjekturen, das Movens der Elektrizitatsbewegung aufzu- spuren, und ihren Ursprung zu verstehen. Indem sich dabei die Aufmerksamkeit vorzugsweise auf alles lenkt, was vielleicht bisher wenig beachtet worden ist, fallt es auf, daB im be- trachteten Systeme ein Faktor eine sprungweise Anderung er- fahrt: die Oberflachenspannung, und vielleicht kann diese Beob- achtung einen Weg durch das Wirrsal bahnen, dem wir gegen- uberstehen.

3. Wir wissen j a , da8 die Tropfelektrode dem Punkte zustrebt , in welchem Quecksilber die grolSte Oberflachen- spannung besitzt. In der Tat mu8 sich nach dem Prin- zipe der kleinsten Wirkung an ihr ein Zustand herstellen, welcher die aufgez wungene Oberfiachenvergrofierung moglichst erschwert.

Wie aber allgemein der Dampfdruck einer Flussigkeit wachst, wenn ein Druck auf ihre Oberflache allein ausgeubt wird, mu8 auch der Dampfdruck, mithin auch die Losungs- tension des Quecksilbers zunehmen, wenn seine Oberflachen- spannung wachst I) , gerade als ware ein Druck auf seine Ober- fliiche allein ausgeubt worden, ein Fall, den bekanntlich Des C o u d r es

Der geschlossene Strahl der Tropfelektrode besitzt mithin eine grogere Losungstension wie ruhendes Quecksilber und die ZusammenfluBelektrode ist in der Regel edler wie dieses. Damit ist zunachst nur eine Verschiedenheit des Potential- sprunges an der Tropf- und ZusammenAuBelektrode gegeben, jetet losen sich aber fortwahrend metallische Teilchen von der unedleren (der Tropf-) Elektrode 10s und gelangen durch den Elektrolyten zum edleren (dem zusammenfliefienden) Metalle und jeder dieser abfalleriden Tropfen ist ein Trager elek- trischer Ladungen, denn an jedem bildet sich eine elektrische Doppelschicht aus. Im Momente, da er sich vom geschlossenen Strahle abtrennt, besitzt er das Potential der Tropfelektrode,

experimentell realisiert hat.

1) Dieser Satz, der fur die Theorie der Elektrokapillnritllt wichtig

2) Th. Des Coudres, Wied. Ann. 48. p. 292. 1892. ist, wird in der ausfiuhrlichen Mitteilung exekter bewiesen werden.

Page 5: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

Kapillarelektrische Bewe.qungen etc. 83 1

ist also negativer (unedler) wie ruhendes Quecksilber, und da wir durch friihere Betrachtungen (1. c.) dazu gefuhrt werden, anzunehmen, daB die Doppelschicht dissoziiert ist, besitzt er eine kleine iiberschussige negative Ladung bez. eine positive, die kleiner ist wie die des ruhenden Meta1les.l) Die Folge ist aber, daB die mit Ladungen behafteten Tropfen beim Uber- gange von der einen Elektrode zur anderen einen Teil der Potentialdifferenz, die sie gegeneinander aufwiesen, in den Zwischenraum zwischen ihnen verlegen, einen Potentialgradienten in der L6sung erzeugen, deren Sinn nur davon abhangt, welche von beiden Elektroden die edlere, welche die unedlere ist. In der Regel ist die Tropfelektrode die unedlere, dann ist auch immer im offenen Systeme der untere Teil der Rohre positiv gegen den oberen, also dla +, nur in konzentrierten CNK- Losungen kehrt sich das Verhaltnis um, die Tropfelek- trode wird die edlere und jetzt ist dla -,

1s t der Tropfen positiv, so schlagen sich Merkurionen auf ihm nieder, ist er negativ, so bilden die Merkurionen den auBeren Belag der umhiillenden Doppelschicht, in jedem Falle wird also ein Ionentransport durch die LBsung stattfinden. Naturlich konnen aber am Ende des Versuches keine freien Elektrizitaten an den Enden des Apparates zuriickbleiben, und nun der Potentialgradient solange besteht, als die Tropfelektrode in Gang bleibt, mussen sich die +Ionen unten wohl konstant entladen, etwa durch eine chemische Einwirkung auf die Lo- sung, indem sich z. B. Merkuronitrat bildet und ungeladener Wasserstoff in Freiheit gesetzt werden kann, oder durch die Mitwirkung gelosten Sauerstoffs etc.

Ein wichtiger Unterschied dieser Auffassungsweise von den fruheren liegt darin, dab hier auf einen Ionentransport geschlossen wird, wahrend man bisher von einer Uberfiihrung des Quecksilbersalzes sprach. Obwohl diese Deutung noch als eine vorliiufige bezeichnet werden mag, scheint sie durch die Beobachtung Palmaers" , daB die Strahlelektrode mehr Merkur-

1) Auch die Helmholtzsche Vorstellung der Doppelschicht fuhrt mum selben Schlusse, nur daB hier die Ladung erst bei der Bewegung frei wird.

2) W. Palmaer , Zeitschr. f. phys. Chem. 28. p. 277. 1899.

Page 6: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

032 J. Billitzer.

ionen als Anionen (0,044 : 0,017!) mit hinabfiihrt, schon eine sichere Stutze zu erhalten. Natiirlich wird Rtickdiffusion von +Ionen Hinuberwandern von -1onen den Effekt mildern, so dab auch Salz ubergefuhrt wird; was wir hier gemessen haben, ist aber die Differenz beider Faktoren.')

4. Verbinden wir T mit e durch einen Draht, so wird T minder unedel gegen e, aber es besteht die Tendenz, bei T im MaBe der OberflachenvergroBerung + Ionen abzuspalten, bei e wieder niederzuschlagen (bez. wenn die Tropfelektrode + gegen die Losung ist, weniger +Ionen bei T als bei e nieder- zuschlagen). Wir haben also jetzt das genaue Analogon eines geschlossenen galvanischen Elementes vor uns, in welchem T den Zink-, e den Kupferpol vorstellt. Fiihrt man zwei Sonden ein, so verhalten sie sich wie ein Mittelleiter: die T zu- gewandten Teile werden positiv, die e zugekehrten negativ, und die Umkehr der Potentialdifferenzen a / d im Momente der Verbindung folgt notwendig, denn dieser letztbeschriebene Effekt hat eine andere GroBenordnung als die Jonenabspaltung der fallenden Tropfen. Wirken diese nur vermoge der Spur dissoziierten Anteiles der Doppelschicht, so tritt j a bei der Verbindung yon T mit e die ganze Doppelschicht in Action.

Eben dieselben Erscheinungen geben sich zu erkennen, wenn man die Verbindung 27 - e nicht durch einen Draht, sondern dadurch herstellt, daB man einen geschlossenen Queck- silberstrahl (der sich also gar nicht in einzelne Tropfen auf- lost) von 17 nach e schickt. Bei T bildet sich dann fortwahrend neue Oberflache, bei e verschwindet sie und gleichzeitig ist T rnit e durch den Strahl metallisch verbunden.

In konzentrierten CNK - Losungen kehrt sich aber natiir- lich alles um, weil nun wieder die Tropfelektrode die edlere ist.

Einige Daten mogen dies erlautern, bei ihrer Ermittelung diente eine Rohre, die zwischen b und c verengt war, deshalb sind die Potentialdifferenzen in diesem Intervalle gr68er.

1) In allen FIllen werden also im ungeschlossenen Systeme Merkur- ionen hinabgefiihrt werden, gleichgiiltig ob Hg + oder - gegen die Ltisung ist. 1st die Tropfelektrode positiv gegen die Liisung, so wird ihre Umgebung an Merkurionen verarmen, sie wird sich aber anreichern, wenn die Tropfelektrode negativ ist.

Page 7: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

Kapillarelektrische Beweyungen etc. 833

Liisung HgNO, verdunnt.

- Offen Draht ' - verbunden durch Einzelne Tropfen Ges$E::ner a/d -0,006 Volt +0,057 Volt a/d -0,006 Volt +0,051 Volt bid -0,005 ,, +0,044 ,, c/d -0,001 ,, +0,012 ,)

Liisung CNK konz. (Hg/CNK/O,1 KCl/HgCl/Hg -0,8 Volt.)

d /a Tropfen . . . . . . . +0,006 Volt

Tropfen . . . . . . . . . +0,005 ,, T-e durch Draht verbunden . -0,012 ,,

Geschlossener Strahl . . . . -0,011 ,,

5. 1st aber die hier geschilderte Anderung der Losungs- tension wirklich die gesuchte Ursache des Stromes im offenen Element, so ist es zu erwarten, daB ein solcher uberall dort auftreten wird, wo Quecksilber aus einer Tropfelektrode, an der es eine bestimmte Obertlachenspannung besitzt, in ein Medium tritt, in der ihr eine andere GrOBe zukommt, sofern eine Gelegenheit zu einem Ionenaustausch gegeben ist. In Wasserstoff, Kohlensaure, Luft etc. ist z. B. die Oberflachen- spannnng des Quecksilbers groSer als in wasserigen Losungen. Liegt also der Auflosungspunkt einer Tropfelektrode in einem indifferenten Gasraume iiber der Losung, so sollte ein gleich- gerichteter Potentialgradient von den fallenden Tropfen in der Lasung erzeugt werden. I n Oliveno1 etc. ist die Oberflachen- spannung nur wenig verschieden von der in Losungen, immer- bin etwas kleiner. Es wird kein merklicher oder ein ent- gegengerichteter Potentialgradient zu erwarten sein, wenn wir den Auflosungspunkt in ubergeschichtetes Olivenal oder der- gleichen verlegen. Das Experiment bestatigt in der Tat alle diese Erwartungen:

Liisung HgNO, verdiinnt. LSsung HC1 verdiinnt +HgC1. Zerstlubungspunkt der Zerstlubungspunkt der

Tropfelektrode Tropfelektrode 7 ---- \ -- -

in der Liisung in CO, in der LSsung in CO, in Oliveno1 a/b -0,009 Volt -0,008 Volt a./d -0,009 -0,008 + O , O O i ale -0,042 ,, -0,039 ,, aid -0,051 ,, -0,056 ,,

Annalen der Physik. IV. Folge. 13. 54

Page 8: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

a34 J. Billitzet . 6. Wahrend betreffs aller Einzelheiten auf die ausfiihr-

liche Publikation in der Zeitschrift fur physikalische Chemie verwiesen werden muB, zeigen doch schon diese Versuche un- zweideutig an, dnB die von Hrn. Chr i s t i ansen beobachtete Ablenkung der fallenden Quecksilbertropfen der Ausdruck eines Effektes ist, der bei meinen Versuchen iiber die Strom- erzeugung durch fallende Metallteilchen und die Ablenkung feiner Metalldrahte in Losungen ihrer Salze etc. eliminiert war.

Ebensowenig konnen die kapillarelektrischen Bewegungen von Quecksilbertropfen im elektrischen Stromgefalle mit der Uberfiihrung kolloidaler Metalle verglichen werden, denn auch sie haben wie die Ablenkung der fallenden Quecksilbertropfen ihren Ursprung hauptsachlich in einer Beeinflussung der Ober- flachenspannung des Quecksilbers, indem es dank seiner Stellung als Mittelleiter auf einer Seite anodisch, auf der anderen kathodisch polarisiert wird und dadurch ungleiche Oberflachen- spannungen an beiden Endm erlangt, die zu Bewegungen und zu inannigfaltigen Veriinderungen l) AnlaB geben, deren genaues Studium zuweilen durch viele Nebenumstiinde besonders er- schwert wird. Die Umkehr der Bewegung muBte, wenn nichts anderes hinzukame, in allen diesen Fallen dort erfolgen, wo eine weitere kathodische Polarisation die Oberflachenspannung des Quecksilbers wieder verkleinert, der Umkehrpunkt also je nach Umstanden ein anderer sein, als fur die Uberfiihrung kolloidaler Metalle. Von der Uberfiihrung so kleiner Teilchen wie die der kolloidalen Metalle, in denen der Potentialabfall kleiner als 0,0001 Volt war (ihre Stellung als Mittelleiter mithin keine nennenswerte Einwirkung auf die Kapillaritat haben kann), sind die kapillarelektrischen Bewegungen aber auch ganz ver- schieden3, und diese Versuche zeigen nur von neuem an, wie

1) Vgl. Henry, Gilb. Ann. 6. p, 370. 1800; Gerboin, Ann. de chim. et phys. 41. p. 196; H e l l w i g , Gilb. Ann. 32. p. 289. 1809; E r m a n n , Gilb. Ann. 32. p. 289. 1809; Herschel , Ann. de chim. et phys. 28. p. 280; Phil. Trans. p. 162. 1824.

2) Vgl. auch J. Bi l l i tzer , Zeitschr. f. phys. Chem. 46. p. 307. 1903. Die Abhangigkeit der Ablenkungsrichtwng von der GroEe der Poten-

tialdifferenz, die Hr. Christ iansen beobachtet, hat, ist aber leicht zu erklgren, wenn man beachtet, daE Ladungssinn und Polarisation ent- gegengerichtete Bewegungen zu vermlassen streben , daB beide Kraft- wirkungen aber verschieden schnell mit der Potentialdifferenz wachsen.

Page 9: Zu den kapillarelektrischen Bewegungen und über einen Strom im offenen Element

Kapillarelehtrische Bewegungen etc. 835

vorsichtig man bei der Ermittelung ,,einzelner" Potential- differenzen mittels Quecksilber jede Oberflachenanderung, jedes Ubertreten des Quecksilbers von einem Medium in ein anderes vermeiden muB, und dies ist fast nur bei der Verwendung vleniy amalgamierter Edelmetalle in Merkursalzlosungen oder mit Hilfe des kolloidalen Quecksilbers zu erreichen.

Indem Hr. Chr i s t i ansen die von ihm beobaehteten Er- scheinungen kapillarelektrische Bewegungen nennt, trifft er also durchaus das Richtige. Vermeidet man aber die Kapillar- einwirkung, indem man statt der Quecksilbertrijpfchen ganz fein amalgamierte Goldkugelchen durch die Losungen fallen la&, so kann man mit gro6er Aufmerksamkeit beobachten, dab sie durch einen elektrischen Strom im selben Sinne be- wegt werden wie das kolloidale Quecksilber. Diese Effekte sind aber sehr klein, um sie deutlicher zu erhalten, habe ich (1. c.) den amalgamierten Golddraht an einen Quarzfaden ge- hangt. Augenfalliger und reiner ist aber die Beobachtung der Uberfiihrung kolloidaler Metalle und der Stromerzeugung beim Falle metallischer Teilchen durch ihre Losungen. Hier sind die Teilchen keine Nittelleiter, bei ihrer Bewegung findet nirgends eine nennenswerte Oberflachenanderung statt und alle E'ehlerquellen verschwinden, die uns die Ermittelung einzelner Potentialspriinge so erschweren, wo Kapilheinwirkungen vor- handen sind. l)

W i e n , 11. physik. Institut.

1) In der angelrundigten Abhandlung wird es nachgewiesen werden, daB auch aus theoretischen Griinden die Doppelschicht nicht beim Maximum der Oherfliichenspannung des Quecksilbers verschwinden kann.

(Eingegangen 9. Dezember 1903.)

54*