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PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 8, 10387 – 10388 (2008) / DOI 10.1002/pamm.200810387 Zum Einfluss von Fahrzeugparametern auf die Sch¨ adigung von Straßen Heike Vogt und Wolfgang Seemann Universit¨ at Karlsruhe (TH) – Institut f ¨ ur Technische Mechanik – 76128 Karlsruhe, Germany Bedingt durch erh ¨ ohte Transportnachfragen und h¨ ohere Achslasten hat in den vergangenen Jahren die Belastung der Straßen stetig zugenommen. Unter diesem Aspekt ist es wichtig, die grundlegenden Mechanismen, die zur Sch¨ adigung der Straße beitragen, zu verstehen, um Verbesserungsm¨ oglichkeiten aufzuzeigen. W¨ ahrend schon seit l¨ angerem experimentelle Arbeiten durchgef¨ uhrt werden, sind grundlegende analytische Untersuchungen bisher eher rar (siehe beispielsweise [1]). In dieser Arbeit werden deshalb die Wechselwirkungen zwischen Straße und Fahrzeug genauer betrachtet. Die Straße wird dabei als viskoelastische Schicht modelliert, w¨ ahrend als Fahrzeugmodell ein Einmassenschwinger gew¨ ahlt wird. Der Einfluss unterschiedlicher Parameter auf die Verformung der Straße wird untersucht. c 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1 Modellbildung Betrachtet wird ein Viertelfahrzeugmodell der Masse m mit der Fahrwerkssteifigkeit c Fzg und der D¨ ampfungskonstanten d Fzg , welches mit der konstanten Geschwindigkeit v ¨ uber eine Straße f¨ ahrt (Abb. 1a) und b)). F¨ ur die Straße werden zwei unterschiedliche Modellierungen gew¨ ahlt, die beide zu einem viskoelastischen Verhalten der Straße f¨ uhren. In der ersten Modellierung besteht die Straße aus kontinuierlich verteilten Kelvin-Voigt-Elementen der auf die Straßenl¨ ange L bezogenen Steifigkeit c und der D¨ ampfungskonstanten d. Die Auslenkung der Straße wird durch die Feldvariable w(x, t) beschrieben, welche von der Zeit t und der Ortskoordinate x abh¨ angt. Die Koordinate z gibt die vertikale Lage des Fahrzeugs an, w¨ ahrend ˆ x = vt seine aktuelle Position in horizontaler Richtung beschreibt. Da Kelvin-Voigt-Elemente keine bleibende Verformung erm¨ oglichen und es folglich zu einer vollst¨ andigen R¨ uckbildung der Straße kommt, wurde in einem weiteren Modell die Straße aus Lethersich-K¨ orpern aufgebaut, welche auch als 3-Element- Fl¨ ussigkeit bezeichnet werden (siehe [2]). Lethersich-K¨ orper erlauben eine bleibende Verformung der Straße, f¨ uhren jedoch zu einem unbegrenzten Fließen. Bei diesem Modell kommt neben den D¨ ampfungskonstanten d 1 und d 2 als zus¨ atzliche Zu- standsgr¨ oße die Auslenkung u(x, t) hinzu (siehe Abb. 1b)). a) ... ... b) ... ... Abb. 1 Fahrzeug als Einmassenschwinger und viskoelastisches Modell der Straße a) durch Kelvin-Voigt-Elemente b) durch Lethersich- orper realisiert. Im Folgenden werden die Bewegungsgleichungen f¨ ur das Modell aus Abbildung 1 a) mittels des Prinzips von Hamilton δ t 0 (T V ) dt + t 0 δW dt =0 (1) hergeleitet. Unter Ber¨ ucksichtigung der entspannten Federl¨ angen Fzg und S (x) lassen sich die kinetische Energie T , die virtuelle Arbeit δW und die potentielle Energie V wie folgt angeben: T = 1 2 m[v 2 + z 2 t (t)], δW = L 0 dw t (x, t)δw(x, t) dx d Fzg [z t (t) w t x, t)][δz(t) δwx, t)] (2) Corresponding author E-mail: [email protected], Phone: +49 721 608 6823, Fax: +49 721 608 6070 c 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Zum Einfluss von Fahrzeugparametern auf die Schädigung von Straßen

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Page 1: Zum Einfluss von Fahrzeugparametern auf die Schädigung von Straßen

PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 8, 10387 – 10388 (2008) / DOI 10.1002/pamm.200810387

Zum Einfluss von Fahrzeugparametern auf die Schadigung von Straßen

Heike Vogt∗ und Wolfgang Seemann

Universitat Karlsruhe (TH) – Institut fur Technische Mechanik – 76128 Karlsruhe, Germany

Bedingt durch erhohte Transportnachfragen und hohere Achslasten hat in den vergangenen Jahren die Belastung der Straßenstetig zugenommen. Unter diesem Aspekt ist es wichtig, die grundlegenden Mechanismen, die zur Schadigung der Straßebeitragen, zu verstehen, um Verbesserungsmoglichkeiten aufzuzeigen. Wahrend schon seit langerem experimentelle Arbeitendurchgefuhrt werden, sind grundlegende analytische Untersuchungen bisher eher rar (siehe beispielsweise [1]).In dieser Arbeit werden deshalb die Wechselwirkungen zwischen Straße und Fahrzeug genauer betrachtet. Die Straße wirddabei als viskoelastische Schicht modelliert, wahrend als Fahrzeugmodell ein Einmassenschwinger gewahlt wird.Der Einfluss unterschiedlicher Parameter auf die Verformung der Straße wird untersucht.

c© 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

1 Modellbildung

Betrachtet wird ein Viertelfahrzeugmodell der Masse m mit der Fahrwerkssteifigkeit cFzg und der DampfungskonstantendFzg , welches mit der konstanten Geschwindigkeit v uber eine Straße fahrt (Abb. 1a) und b)). Fur die Straße werden zweiunterschiedliche Modellierungen gewahlt, die beide zu einem viskoelastischen Verhalten der Straße fuhren.In der ersten Modellierung besteht die Straße aus kontinuierlich verteilten Kelvin-Voigt-Elementen der auf die StraßenlangeL bezogenen Steifigkeit c und der Dampfungskonstanten d. Die Auslenkung der Straße wird durch die Feldvariable w(x, t)beschrieben, welche von der Zeit t und der Ortskoordinate x abhangt. Die Koordinate z gibt die vertikale Lage des Fahrzeugsan, wahrend x = vt seine aktuelle Position in horizontaler Richtung beschreibt.Da Kelvin-Voigt-Elemente keine bleibende Verformung ermoglichen und es folglich zu einer vollstandigen Ruckbildung derStraße kommt, wurde in einem weiteren Modell die Straße aus Lethersich-Korpern aufgebaut, welche auch als 3-Element-Flussigkeit bezeichnet werden (siehe [2]). Lethersich-Korper erlauben eine bleibende Verformung der Straße, fuhren jedochzu einem unbegrenzten Fließen. Bei diesem Modell kommt neben den Dampfungskonstanten d1 und d2 als zusatzliche Zu-standsgroße die Auslenkung u(x, t) hinzu (siehe Abb. 1b)).

a)

... ...

b)

......

Abb. 1 Fahrzeug als Einmassenschwinger und viskoelastisches Modell der Straße a) durch Kelvin-Voigt-Elemente b) durch Lethersich-Korper realisiert.

Im Folgenden werden die Bewegungsgleichungen fur das Modell aus Abbildung 1 a) mittels des Prinzips von Hamilton

δ

∫ t

0

(T − V ) dt +∫ t

0

δW dt = 0 (1)

hergeleitet. Unter Berucksichtigung der entspannten Federlangen �Fzg und �S(x) lassen sich die kinetische Energie T , dievirtuelle Arbeit δW und die potentielle Energie V wie folgt angeben:

T =12m[v2 + z2

t (t)], δW = −∫ L

0

dwt(x, t)δw(x, t) dx − dFzg[zt(t) − wt(x, t)][δz(t) − δw(x, t)] (2)

∗ Corresponding author E-mail: [email protected], Phone: +49 721 608 6823, Fax: +49 721 608 6070

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10388 Sessions of Short Communications 05: Oscillations

V = mgz(t) +12

∫ L

0

c[w(x, t) − �S(x)]2 dx +12cFzg[z(t) − w(x, t) − �Fzg]2. (3)

Die Diskretisierung w(x, t) ≈ ΦT(x)a(t) mit den Ansatzfunktionen Φi(x), i = 1, . . . , n und den gesuchten Koeffizientenai(t), i = 1, . . . , n fuhrt unter Berucksichtigung des Fundamentallemmas der Variationsrechnung zu den Bewegungsglei-chungen des Systems:

mztt + dFzg[zt − ΦT(x)at] + cFzg[z − ΦT(x)a− �Fzg] + mg = 0 (4)

dFzg[Φ(x)zt − Φ(x)ΦT(x)at] − d

∫ L

0

Φ(x)ΦT(x) dx at

+cFzg[Φ(x)z − Φ(x)ΦT(x)a− Φ(x)�Fzg] − c

[∫ L

0

Φ(x)ΦT(x)dx a−∫ L

0

Φ(x)�S(x) dx

]= 0. (5)

Zu beachten ist in diesen Gleichungen die Zeitabhangigkeit der Werte Φi(x), die durch x = vt zustande kommt.

2 Simulationsergebnisse

Uber ein Straßenstuck der Lange L = 100 m fahren nacheinander N von den Parametern her identische Fahrzeuge. Im Aus-gangszustand befindet sich am Beginn des Straßenstucks eine Bodenwelle, die sich uber 4 m erstreckt und eine maximaleHohe von 0,1 m besitzt. Es wurde nach N Fahrzeugen die betragsmaßig maximale Absenkung ∆wmin = min{w(x, tend) −w(x, 0)} < 0 ermittelt, die sich entlang des Straßenabschnitts ergibt. Die Simulation wurde fur unterschiedliche Kombinatio-nen der Fahrgeschwindigkeit v und der Fahrwerkssteifigkeit cFzg unter Beibehaltung des Dampfungsmaßes D = 0,5 durch-gefuhrt. Hohenlinien mit ∆wmin(tend)=const. sind fur N = 5 und N = 100 in Abbildung 2 dargestellt. Da fur N = 100 diemomentane Verformung der Straße einen stationaren Wert erreicht hat, sind die Hohenlinien anders verteilt als fur N = 5.Wahrend fur N = 5 niedrige Fahrgeschwindigkeiten zu hohen Verformungen fuhren, ist fur N = 100 das Gegenteil der Fall.

a) b)

Abb. 2 Hohenlinien ∆wmin(tend)=const. mit D = 0,5 a) fur N = 5 b) fur N = 100. Abb. 3 Absenkung ∆w(x, t) der ausLethersich-Korpern modellierten Straße.

Abbildung 3 zeigt, wie sich die Absenkung ∆w aus der Ausgangslage einer 1000 m langen Straße entwickelt, die ausLethersich-Korpern modelliert ist. Wahrend der Simulation passiert genau ein Fahrzeug diesen Straßenabschnitt. Erwartungs-gemaß bildet sich die Veformung nicht vollstandig zuruck, d.h. ∆w(tend) �= 0.

3 Ausblick

Weder Kelvin-Voigt-Korper noch Lethersich-Korper ermoglichen eine ausreichende Nachahmung des Straßenverhaltens, damit Kelvin-Voigt-Elementen eine vollstandige Ruckbildung der Straße und mit Lethersich-Korpern bei der kleinsten steti-gen Belastung ein unbegrenztes Fließen verbunden ist. Folglich sind zur Nachbildung des Straßenverhaltens weitergehen-de Straßen- und Schadensmodelle vonnoten, die beispielsweise eine Fließgrenze zur Berucksichtigung von plastischer Ver-formung beinhalten. Interessante Aspekte bei der Fahrzeug-Straße-Interaktion bieten u.a. die Betrachtung unterschiedlicherFahrzeugkombinationen und deren Auswirkung auf die Ausbildung von Straßenmustern sowie die Regelung des Fahrwerkshinsichtlich Straßenfreundlichkeit.

Literatur

[1] D. Cebon, Handbook of vehicle road interaction (Swets & Zeitlinger, Lisse, 1999).[2] D. Gross, W. Hauger, P. Wriggers, Technische Mechanik, Band 4: Hydromechanik, Elemente der Hoheren Mechanik, Numerische

Methoden (Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 2007).

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