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155 Zum Verhältnis von Bildqualität und Messgenauigkeit in der CT- Metrologie Jochen Hiller 1 , Stefan Kasperl 1 1 Fraunhofer IIS, Abteilung EZRT, Dr.-Mack-Str. 81, 90762 Fürth, Germany, e-mail: [email protected] Kurzfassung Die industrielle Computertomographie (CT) findet in der dimensionellen Messtechnik zunehmend Akzeptanz. Allerdings ist noch relativ wenig über den konkreten Einfluss verschiedener Systemkom- ponenten, physikalischer Störgrößen oder Bildverarbeitungsschritte auf dimensionelle CT-Messungen bekannt. In diesem Beitrag werden physikalische Bildgütemerkmale zur Beurteilung der Bildqualität in der CT vorgestellt und mittels Computersimulationen der Einfluss der Rekonstruktionsbildgüte auf Koordinatenmessungen untersucht. Keywords: Dimensionelles Messen, CT-Bildqualität, Koordinatenmessung, Simulation 1 Einleitung Die CT wird zunehmend als Messmaschine zur Geometriebstimmung eingesetzt. Die Möglichkeit der zerstörungsfreien Prüfung und Messung innerer Geometrien an Fertigungsteilen und die hohe Daten- dichte weisen die CT gegenüber taktilen oder optischen Messsystemen als überlegen aus. Die Richtli- nienarbeit zur Durchführung dimensioneller CT-Messungen trägt der rasanten Entwicklung dieser Messtechnik Rechnung. Die VDI/VDE Richtlinie 2630 befasst sich ausschließlich mit der CT in der Messtechnik. Neben der stetigen Weiterentwicklung von CT-Hardware- und Softwarekomponenten ist die Bestimmung der Messunsicherheit für dimensionelle CT-Messungen ein wesentlicher Forschungs- gegenstand. Vielfach ist allerdings wenig über den konkreten Einfluss unterschiedlichster Systemkom- ponenten und Aufnahmebedingungen auf dimensionelle CT-Messungen bekannt. Dieser Beitrag verfolgt zwei Ziele. Zum einen ist dies die Einführung allgemeiner Bildgütemerkmale zur quantitativen Beurteilung der Bildqualität in der industriellen CT. In diese Maße gehen CT- bedingte Einflüsse auf die Bildqualität der Rekonstruktion ein. Sie bestimmen zu einem nicht unerheb- lichen Teil die Messgenauigkeit der CT. Diese Maße haben sich vor allem in der medizinischen CT und Mikro-CT (Kleintierbildgebung) über Jahre hinweg fest etabliert. Es bietet sich deshalb an, diese auch in der industriellen CT zur Bildanalyse anzuwenden. Zum Anderen soll mittels Computersimula- tionen der Einfluss der Bildgüte auf Koordinatenmessungen untersucht werden, um den Zusammen- hang von Bildqualität und Messgenauigkeit aufzuzeigen. 2 Beurteilung der Bildqualität Zur quantitativen Beurteilung der Bildqualität röntgentomographischer Abbildungen dienen Gütemaße, die aus den physikalischen Konzepten Rauschen, Kontrast und Auflösung abgeleitet wer- den. Diese Maße sollen hier kurz beschrieben werden.

Zum Verhältnis von Bildqualität und Messgenauigkeit in der ... · Metrologie Jochen Hiller 1, Stefan Kasperl 1 Fraunhofer IIS, Abteilung EZRT, Dr.-Mack-Str. 81, 90762 Fürth, Germany,

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Zum Verhältnis von Bildqualität und Messgenauigkeit in der CT-Metrologie

Jochen Hiller1, Stefan Kasperl1

1 Fraunhofer IIS, Abteilung EZRT,

Dr.-Mack-Str. 81, 90762 Fürth, Germany, e-mail: [email protected] Kurzfassung Die industrielle Computertomographie (CT) findet in der dimensionellen Messtechnik zunehmend Akzeptanz. Allerdings ist noch relativ wenig über den konkreten Einfluss verschiedener Systemkom-ponenten, physikalischer Störgrößen oder Bildverarbeitungsschritte auf dimensionelle CT-Messungen bekannt. In diesem Beitrag werden physikalische Bildgütemerkmale zur Beurteilung der Bildqualität in der CT vorgestellt und mittels Computersimulationen der Einfluss der Rekonstruktionsbildgüte auf Koordinatenmessungen untersucht. Keywords: Dimensionelles Messen, CT-Bildqualität, Koordinatenmessung, Simulation

1 Einleitung Die CT wird zunehmend als Messmaschine zur Geometriebstimmung eingesetzt. Die Möglichkeit der zerstörungsfreien Prüfung und Messung innerer Geometrien an Fertigungsteilen und die hohe Daten-dichte weisen die CT gegenüber taktilen oder optischen Messsystemen als überlegen aus. Die Richtli-nienarbeit zur Durchführung dimensioneller CT-Messungen trägt der rasanten Entwicklung dieser Messtechnik Rechnung. Die VDI/VDE Richtlinie 2630 befasst sich ausschließlich mit der CT in der Messtechnik. Neben der stetigen Weiterentwicklung von CT-Hardware- und Softwarekomponenten ist die Bestimmung der Messunsicherheit für dimensionelle CT-Messungen ein wesentlicher Forschungs-gegenstand. Vielfach ist allerdings wenig über den konkreten Einfluss unterschiedlichster Systemkom-ponenten und Aufnahmebedingungen auf dimensionelle CT-Messungen bekannt. Dieser Beitrag verfolgt zwei Ziele. Zum einen ist dies die Einführung allgemeiner Bildgütemerkmale zur quantitativen Beurteilung der Bildqualität in der industriellen CT. In diese Maße gehen CT-bedingte Einflüsse auf die Bildqualität der Rekonstruktion ein. Sie bestimmen zu einem nicht unerheb-lichen Teil die Messgenauigkeit der CT. Diese Maße haben sich vor allem in der medizinischen CT und Mikro-CT (Kleintierbildgebung) über Jahre hinweg fest etabliert. Es bietet sich deshalb an, diese auch in der industriellen CT zur Bildanalyse anzuwenden. Zum Anderen soll mittels Computersimula-tionen der Einfluss der Bildgüte auf Koordinatenmessungen untersucht werden, um den Zusammen-hang von Bildqualität und Messgenauigkeit aufzuzeigen.

2 Beurteilung der Bildqualität Zur quantitativen Beurteilung der Bildqualität röntgentomographischer Abbildungen dienen Gütemaße, die aus den physikalischen Konzepten Rauschen, Kontrast und Auflösung abgeleitet wer-den. Diese Maße sollen hier kurz beschrieben werden.

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1.1 Quantifizierung von Rauschen Die Erzeugung, Wechselwirkung mit Materie und die Detektion von Röntgenstrahlung sind Prozesse, die durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen beschrieben werden. Reines Quantenrauschen folgt der Poisson-Statistik. Das Rauschniveau hängt ab von der mittleren Anzahl an Röntgenphotonen N , die durch das Detektorsystem nachgewiesen werden. Pixelrauschen σ ist folglich mit N=σ gegeben. Das Signal-Rausch-Verhältnis

NSNR = (1)

steigt mit der Wurzel der registrierten Quantenzahl. Relatives Pixelrauschen kann mit SNR/1 angege-ben werden. Das Projektionsrauschen ist mit σ/1 umgekehrt proportional zum Pixelrauschen [1]. Diese Intensitätsschwankungen in den Röntgenprojektionen pflanzen sich über die Rekonstruktion bis ins CT-Bild fort und sind dort als Bildpunktrauschen zu erkennen. Das Bildpunktrauschen sinkt bei hohen Strom-Zeit-Produkten und geringer Schwächung der Röntgenstrahlung, da beides über die de-tektierte Anzahl an Photonen das Projektionsrauschen determiniert. Experimentell kann das Bildpunkt-rauschen in einem homogenen Auswertebereich im CT-Bild über

2

1

2 )(1

1ˆ PPL

L

ii −⋅

−= ∑

=

σ (2)

ermittelt werden. L ist die Anzahl an Bildpunkten, iP der Bildpunktgrauwert (Voxelwert) und P der mittlere Grauwert des Auswertebereichs. Entsprechend lässt sich über das Verhältnis

2σ̂PSNRCT = (3)

ein Verhältnis- bzw. über CTSNR/1 ein relativer Rauschwert angeben.

1.2 Auflösung und Kontrast Über die Auflösung (auch Orts-, System- oder Hochkontrastauflösung genannt) wird die Fähigkeit des CT-Systems beschrieben, feine Strukturen und Objektdetails räumlich getrennt darzustellen. Sie wird üblicherweise für Hochkontraststrukturen ermittelt, um den Einfluss von Rauschen zu minimieren. Unter Auflösung wird meist eine Auflösungsgrenze verstanden, bestimmt über den Kehrwert der Orts-frequenz, bei dem die System-MTF auf einen spezifischen Wert (z.B. 10%) gesunken ist. Üblich ist bei bildgebenden Systemen auch die Angabe des Auflösungsvermögens über den FWHM-Wert (engl. full width at half maximum - FWHM) der Punktverbreitungsfunktion (Punktbildfunktion, Punktantwort) (engl. point spread function - PSF). Als Einflussfaktoren auf die Auflösung durch Kontrastverluste sind bei entsprechender Aufnahmegeometrie und hohen Ortsfrequenzen im Wesentlichen Brennfleck-größe und wanderung, Detektorübertragungsverhalten und Rekonstruktionalgorithmus zu nennen. In der hochauflösenden CT (Auflösung < 100 µm) spielt die präzise Justierung und Ausrichtung der ein-zelnen Systemkomponenten (Röntgenröhre, Detektor, Drehachse) ebenfalls eine entscheidende Rolle [2]. Neben den genannten Einflussfaktoren begrenzen Wechselwirkungsartefakte (Strahlaufhärtung, Streustrahlung) die Auflösung.

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Die System-MTF am Ort (x, y) der Schicht z kann über tionRekonstrukDetektorrungFokuswandeBrennfleckCT MTFvuMTFvuMTFvuMTFvuMTF ⋅⋅⋅≈ ),(),(),(),( (4) berechnet werden [1]. Mit (u, v) ist die Ortsfrequenz bezeichnet. Die Ortsfrequenz wird für gewöhnlich in Linienpaare/mm (Lp/mm) oder 1/mm angegeben, wobei 1/mm = 0,5 Lp/mm. Die Auflösung in der CT darf nicht mit der Voxelgröße verwechselt werden. Die Voxelgröße gibt über die Nyquist-Beziehung die Größe der Objektdetails an, die aufgelöst werden können. Die Auflösung des Gesamtsystems kann natürlich geringer sein als die Voxelgröße. Der Übergang von der System-MTF zum diskretisierten Voxeldatensatz kann vergleichen werden mit der Abtastung eines kontinuier-lichen Signals durch ein Abtastglied. Um sicherzustellen, dass die Voxelgröße die Kontrastübertragung nicht limitiert, sollte die Volumenabtastfrequenz (1/Voxelkantenlänge) bei Annahme einer isotropen Auflösung doppelt so hoch als die Grenzfrequenz des CT-Systems gewählt werden, da hier ebenfalls die Nyquist-Bedingung gilt. Ist die Grenzfrequenz des CT-Systems bekannt, lässt sich daraus die mi-nimale Voxelgröße ableiten, damit das volle Auflösungsvermögen des Systems genutzt werden kann, wobei die Anzahl der Projektionswinkel ebenfalls hoch genug gewählt werden muss, damit das Abtast-theorem erfüllt ist [3]. Die Grenzfrequenz kann über die Brennfleck-, Detektor-, und Rekonstruktions-übertragungsfunktion bei Vernachlässigung des Einflusses der Fokuswanderung und unter Berücksich-tigung der Direktvergrößerung m abgeschätzt werden, wobei die erste Nullstelle der resultierenden System-MTF als Grenzfrequenz (Cut-off Frequenz) aufzufassen ist [1]. Abbildung 1 zeigt beispielhaft den berechneten Verlauf der einzelnen Funktionen für entsprechend gewählte Parameterwerte.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Ortsfrequenz u [1/mm]

MTF

Brennfleck Detektor Rekonstruktion Gesamt

Abbildung 1: Berechneter Verlauf der Brennfleck-, Detektor-, Rekonstruktions-MTF sowie der resultierenden Gesamt-MTF in der zentralen Objektebene Drehzentrum bei einem Vergrößerungsfaktor von m = 20. Die effekti-ve Brennfleckgröße beträgt hier 10 µm. Die MTF des Detektors (Pixelgröße = 200 µm, Gadox-Szintillator) ist mittels Kantenmethode [4] bestimmt und von der Detektorebene in die Objektebene transformiert worden. Für die Rekonstruktion wurde die Methode der gefilterten Rückprojektion mit linearer Interpolation und einer Shepp-Logan-Filterung angenommen. Bei den gegebenen Aufnahmebedingungen begrenzt die Übertragungsfunktion des Detektors die Auflösung des CT-Systems. Geht man von einer Grenzfrequenz von 55/mm aus, so sollte die Vo-xelgröße nach Nyquist 9≤ µm betragen, damit die volle Auflösung des Systems (hier 36 µm) genutzt werden kann.

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3 Simulationen Mittels Computersimulationen kann eine gewünschte Bildqualität der Rekonstruktion gezielt herge-stellt und dessen Einfluss auf Koordinatenmessungen analysiert werden. Für die durchgeführten Unter-suchungen wurde eine Kugel mit 4 mm Durchmesser monoenergetisch bei unterschiedlichen Aufnah-mebedingungen simuliert und anschließend Durchmesser- und Formabweichung bestimmt. Für die Simulation können folgende Angaben gemacht werden:

• Idealer Brennfleck (Punktquelle) • Detektorpixelgröße = 200 µm • Detektormatrix = 512² • Direktvergrößerung m = 5 • 400 Projektionswinkel • 512³ Volumenrekonstruktion (FDK-Methode, Shepp-Logan-Filterung) • Voxelkantenlänge = 20 µm (kubische Voxel)

Die Datensätze wurden mit einem geigneten Softwarepaket ausgewertet (Volume Graphics VG Studio 2.0), wobei zur Trennung von Objekt- und Hintergrundvoxel ein globales (Iso-50%) und zusätzlich ein lokal-adaptives Schwellenwertverfahren angewendet wurde. Für die Einpassung der Kugelgeometrie (Gauß-Einpassung) sind ca. 10000 Antastpunkte verwendet und Durchmesser- und Formabweichung bestimmt worden [5]. Als Referenzmaß für den Durchmesser der Kugel wurde der Simulationseinga-bewert von 4 mm verwendet.

3.1 Einfluss der Auflösung auf Maß und Form Zur Untersuchung des Einflusses der Auflösung auf Form und Maß der Kugel wurde auf die Projekti-onsdaten ein Gaußfilter zur Simulation der Detektorunschärfe angewendet und den Gaußparamater im Ortsraum von 100 µm bis 300 µm variiert. Aus dem bekannten Verlauf der Filterfunktion wurde für jeden Datensatz die System-MTF in der Objektebene berechnet und über den 10%-MTF-Wert die Auf-lösung bestimmt. In der Rekonstruktion ist eine lineare Interpolation und eine Shepp-Logan-Filterung angenommen worden.

Tabelle 1: Gaußparameter des Detektorbildfilters und berechnete Auflösung in der Objektebene (Drehzentrum). Abbildung 2 zeigt das Ergebnis der Messung.

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50 75 100 125 150 175 200

-14

-12

-10

-8

-6

-4

-2

0

Auflösung [µm]

Dur

chm

esse

rabw

eich

ung

[µm

]

globaler Schwellwertlokaler Schwellwert

50 75 100 125 150 175 2000

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Auflösung [µm]

Form

abw

eich

ung

[µm

]

globaler Schwellwertlokaler Schwellwert

Abbildung 2: Durchmesser- (links) und Formabweichung (rechts) in Abhängigkeit der Systemauflösung. Der Durchmesser wird bei Anwendung des globalen Schwellwertverfahrens mit zunehmenden Auflö-sungsverlusten zu klein gemessen, wobei der Verlauf einer Potenzfunktion folgt. Bis zu einer Auflö-sung von ca. 130 µm ist bei Anwendung des lokalen Verfahrens eine geringere Durchmesser-abweichung festzustellen. Die zunehmende Bildunschärfe (Verrundung) behindert die subvoxelgenaue Bestimmung der Konturpunktkoordinate, was die steigenden Messabweichungen erklärt. Die wahre Oberfläche wird mit sinkender Auflösung systematisch unterschätzt. Bei sehr hohen lokalen Kontrast-verlusten besteht zudem das Problem, dass Objektvoxel dem Hintergrund zugeordnet werden. Hier ist mit besonders hohen Messabweichungen zu rechnen. Die Formabweichung sinkt bei Anwendung eines globalen Schwellwerts exponentiell mit steigenden Auflösungsverlusten, während beim lokalen Verfahren die Formabweichung exponentiell mit geringe-rer Auflösung steigt. In Abhängigkeit der Systemauflösung erfolgt eine mehr oder weniger starke Glät-tung (Filterung) der Daten. Lokale Verfahren reagieren hier empfindlicher auf Kontrastverluste. Ge-ringe Unterschiede im Bildkontrast wirken sich direkt auf den lokalen Schwellwert aus und beeinflus-sen die Formmessung negativ. Aus messtechnischer Sicht ist hier der Einsatz globaler Verfahren güns-tiger. Im Allgemeinen ist hier allerdings anzumerken, dass im Praxisfall die geringere Formabwei-chung durch ein geringes Auflösungsvermögen des CT-Systems (Filterung der Daten) mit einer hohen Unsicherheit erkauft wird. Für den Einsatz der CT zur Formmessung und die Vergleichbarkeit von CT- mit taktilen Formmessungen besteht darüber hinaus nach wie vor Forschungsbedarf.

3.2 Einfluss von Rauschen auf Maß und Form Zur Untersuchung des Einflusses von Bildrauschen auf Maß und Form wurde das relative Rauschen 1/SNR in den Projektionen bei konstanter Schwächung zwischen 0,5 und 3% variiert und in der mittle-ren axialen Schicht des jeweiligen Rekonstruktionsdatensatzes ein SNRCT -Wert bestimmt. Auf die Pro-jektionsbilder wurde zuvor ein Gaußfilter mit einer Standardabweichung von 100 µm im Ortsraum zur Bandbegrenzung angewandt, um mögliche Aliasingeffekte in den Rekonstruktionen zu unterdrücken. In der Praxis wird üblicherweise vor der Rekonstruktion ein Medianfilter auf die Projektionsdaten zur Reduktion von Ringartefakten angewendet. Diese Medianfilterung wurde hier ebenfalls durchgeführt. Abbildung 3 zeigt die mittlere axiale Schicht der sechs simulierten Kugeln mit zugeordnetem SNRCT -Wert. Die Rekonstruktionsdaten wurden mit dem Normierungsfaktor des Datensatzes mit dem höchs-ten Rauschen normiert, um den Einfluss des Schwellwertes auf die Messgröße zu minimieren. Tabelle 2 fasst alle Angaben sowie den jeweils ermittelten Iso-50%- Schwellwert der Datensätze zusammen.

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Abbildung 3: Axiale Schichtbilder der rekonstruierten Kugeln mit Angabe der zugehörigen SNRCT - Werten.

Tabelle 2: Angaben zum Pixelrauschen, Signal-Rausch-Verhältnis und dem jeweils ermittelten Iso-50%-Schwellwert in den Rekonstruktionen. Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse der Durchmesser- und Formbestimmung aufgetragen über dem rela-tiven Rauschen 1 / SNRCT.

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0.01 0.03 0.05 0.07 0.09 0.11 0.13 0.15-12

-10

-8

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0

2

1/SNRCT

Dur

chm

esse

rabw

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[µm

]

globaler Schwellwertlokaler Schwellwert

0.01 0.03 0.05 0.07 0.09 0.11 0.13 0.150

5

10

15

20

25

30

35

40

45

1/SNRCT

Form

abw

eich

ung

[µm

]

globaler Schwellwertlokaler Schwellwert

Abbildung 4: Durchmesser- und Formabweichung in Abhängigkeit des Rauschens in der Rekonstruktion. Sowohl die Durchmesser- als auch die Formabweichung steigen linear mit höherem Rauschen. Die Kugeloberfläche wird in allen Fällen mit zunehmendem Rauschen zu klein bestimmt. Durchmesser- und Formabweichung zeigen bei Anwendung des globalen Verfahrens eine leicht geringere Messab-weichung mit steigendem Rauschen. Das hohe Rauschniveau in den Projektionen führt zu einer hohen Varianz des berechneten Abschwä-chungskoeffizienten, was zu einer breitgipfligen Verteilung der Objekt- und Hintergrundgrauwerte führt. Zum Einen wird die Wahrscheinlichkeit einer falschen Zuordnung der Voxel (zum Hintergrund) in Abhängigkeit des Rauschniveaus erhöht. Zum Anderen behindert hohes Rauschen aufgrund der Kontrastempfindlichkeit des Interpolationschrittes bei der Oberflächenbestimmung, was vor allem exakte Formmessungen negativ beeinflusst. Die extrahierte Oberfläche stark verrauschter Rekonstruk-tionen kann mit einer hohen Oberflächenrauhigkeit des Messobjekts verglichen werden. Diese Pseudo-Rauhigkeit ist natürlich ausschließlich der CT als Messsystem anzulasten und nicht dem eigentlichen Messobjekt. Als Folge sind präzise Formmessungen mit CT stark abhängig von Rauscheinflüssen. Rauschunterdrückende (glättende) Rückprojektionsfilter können hier u.U. zur Genauigkeitssteigerung beitragen.

4 Zusammenfassung und Ausblick In diesem Beitrag wurden Bildgütemerkmale zur quantitativen Beurteilung der CT-Bildqualität vorge-stellt, sowie der Einfluss der Rekonstruktionsbildgüte auf dimensionelle CT-Messungen anhand von Computersimulationen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Auflösung und Rauschen die Mess-eigenschaften der CT in unterschiedlicher Weise beeinflussen. Während bei der Bestimmung von ge-ometrischen Maßen, wie Durchmesser, eine hohe Auflösung die Messgenauigkeit erhöht, kann dies bei Formmessungen verstärkt zu höheren Messabweichungen führen. Eine höhere Filterwirkung der CT wirkt sich glättend auf die extrahierte Bauteiloberfläche aus, was Formmessungen vor allem bei der Anwendung globaler Schwellwertverfahren begünstigt. Hohes Rauschen in den Rekonstruktionen wirkt sich in den betrachteten Fällen negativ auf die Messeigenschaften aus. Die erzielten Ergebnisse weisen darauf hin, dass beim dimensionellen Messen mit CT die aufgabenspezifische Mess- und Auf-nahmeplanung (Bildqualität) sowie die angewandten Methoden und Verfahren zur Oberflächenbe-stimmung maßgeblich die Messgenauigkeit der CT bedingen. Eine optimal auf die Messaufgabe abge-stimmte Aufnahmeplanung wird vor allem beim Einsatz der Mikro-CT als Messmittel die zentrale Vorraussetzung für eine geringe Messunsicherheit sein. Aus Charakterisierungsmessungen am CT-System (Brennfleckgröße, Detektor-MTF etc.), Simulationen und weiterführenden Berechnungen zur erwartenden Bildqualität (Auflösung und Rauschen) können, wie in diesem Beitrag gezeigt, wichtige

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Informationen gewonnen werden, um optimalen Aufnahme-, Rekonstruktions- und Bildverarbeitungs-parameter für die gewählte Messaufgabe abzuleiten.

Referenzen [1] Buzug, T. M., Einführung in die Computertomographie, Springer Verlag, 2004. [2] Taubenreuther, U., Korrektur- und Kalibrierverfahren für die Kegelstrahl- (Mikro-) CT, Disser-

tation, Universität Erlangen, 2002. [3] Kak, A. C.; Slaney, M., Principles of Computerized Tomographic Imaging, IEEE Press, 1988 [4] Buhr, E.; Günther-Kohfahl, S.; Neitzel, U., Simple method for modulation transfer function

determination of digital imaging detectors from edge images, Proceedings of SPIE, Medical Im-aging, Vol. 5030, 2003, S.877-884.

[5] Hiller, J.; Kasperl, S., Koordinatenmessungen mit industrieller Röntgen-Computertomografie, tm - Technisches Messen, Vol. 79, 9, 2009, S. 553-564.