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74 (1955) RECUEIL 679 547.91 5.5 ZUR BEURTEILUNG DER SERUMLIPOIDUNTER- SUCHUNGEN. VON GUNTER SCHULZE. (Medizinische Universitatsklinik und Poliklinik, Gattingen) . Direktor: Professor Dr. 9. Schoen. Phosphatide, Cholesterol-Ester und Neutralfette des Blutscrums stehen zu einander in einem quantitativen Verhaltnis. Zur Beurteilung von Serumlipoid- werten ist es notwendig, diese quantitativen Mischungsverhaltnisse und ihre Grenzwerte im Normalen zu kennen. Die Beziehungen der genannten Stoffe untereinander wurden untersucht und Regulationsgleichgewichte wurden gefunden. Ausgehend von den Befunden von Peters und Man ') und Sperry 2), die im menschlichen Blutserum quantitative Beziehungen zwischen Cholesterol und Lipoid-P, sowie Beziehungen zwisch.en freiem Cho!e- sterol und Gesamtcholesterol fanden, haben wir versucht, die ge- fundenen Beziehungen quantitativ zu erfassen, zumal beide Autoren die grosse Schwankungsbreite ihrer gegebenen Verhaltniszahlen be- tonen. Nach dem durch die Arbeiten von Trappe 3), Kathen 4) und durch eigene Arbeiten 5) eine neue Trennnungsmethode fur Lipoid- gemische gefunden worden ist, die es gestattet, neben den anderen Lipoidbestandteilen vor allem das Neutralfett relativ mit Hilfe chro- matographischer Adsorption zu bestimmen, wurden an 145 Versuchs- personen folgende Beziehungen festgestellt: Menschliche Blutseren, von gesunden Versuchspersonen niichtern entnommen, haben einen Gehalt an Gesamtlipoiden von 678.5 5 180.2 mg bei einem Gehalt an freiem Cholesterol von 28.5 _+ 13.0 mg %. Alle fettsauretragenden Molekiilverbande weisen quantitative Gleich- gewichte auf, wie sie aus der Tabelle ersichtlich sind. 1) I. P. Peters und E. B. Man, J. Clin. Invest. 22, 707 (1943). 2) W. Sperry, J. Biol. Chem. 117, 391 (1937). *) W. Trappe, Biochem. z. 306, 316 (1940). 4) H. Kathen, Arch. Mikrobiol. 14, 602 (1949). 6) G. Schufze, Arch. exptl. Pathol. 214, 473 (1952); G. Schulre und H. Siidhof, Pflug. Arch. 258, 211 (1953).

Zur Beurteilung der Serumlipoiduntersuchungen

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Page 1: Zur Beurteilung der Serumlipoiduntersuchungen

74 (1955) RECUEIL 679

547.91 5.5

ZUR BEURTEILUNG DER SERUMLIPOIDUNTER- SUCHUNGEN.

V O N

GUNTER SCHULZE. (Medizinische Universitatsklinik und Poliklinik, Gattingen) .

Direktor: Professor Dr. 9. Schoen.

Phosphatide, Cholesterol-Ester und Neutralfette des Blutscrums stehen zu einander in einem quantitativen Verhaltnis. Zur Beurteilung von Serumlipoid- werten ist es notwendig, diese quantitativen Mischungsverhaltnisse und ihre Grenzwerte im Normalen zu kennen. Die Beziehungen der genannten Stoffe untereinander wurden untersucht und Regulationsgleichgewichte wurden gefunden.

Ausgehend von den Befunden von Peters und Man ') und Sperry 2 ) ,

die im menschlichen Blutserum quantitative Beziehungen zwischen Cholesterol und Lipoid-P, sowie Beziehungen zwisch.en freiem Cho!e- sterol und Gesamtcholesterol fanden, haben wir versucht, die ge- fundenen Beziehungen quantitativ zu erfassen, zumal beide Autoren die grosse Schwankungsbreite ihrer gegebenen Verhaltniszahlen be- tonen. Nach dem durch die Arbeiten von Trappe 3), Kathen 4 ) und durch eigene Arbeiten 5 ) eine neue Trennnungsmethode fur Lipoid- gemische gefunden worden ist, die es gestattet, neben den anderen Lipoidbestandteilen vor allem das Neutralfett relativ mit Hilfe chro- matographischer Adsorption zu bestimmen, wurden an 145 Versuchs- personen folgende Beziehungen festgestellt:

Menschliche Blutseren, von gesunden Versuchspersonen niichtern entnommen, haben einen Gehalt an Gesamtlipoiden von 678.5 5 180.2 mg bei einem Gehalt an freiem Cholesterol von 28.5 _+ 13.0 mg %. Alle fettsauretragenden Molekiilverbande weisen quantitative Gleich- gewichte auf, wie sie aus der Tabelle ersichtlich sind.

1) I. P. Peters und E. B. Man, J. Clin. Invest. 22, 707 (1943). 2) W. Sperry, J. Biol. Chem. 117, 391 (1937). *) W. Trappe, Biochem. z. 306, 316 (1940). 4) H. Kathen, Arch. Mikrobiol. 14, 602 (1949). 6 ) G. Schufze, Arch. exptl. Pathol. 214, 473 (1952); G. Schulre und H. Siidhof,

Pflug. Arch. 258, 211 (1953).

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680 Giinter Schulze,

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Mit steigendem Cholesterolestergehalt (Spalte 3) fallen Phosphatide (SpaIte 2) und die 2 NeutraIfette und freien Fettsauren (SpaIte 4 ) ab. Der Quotient aus Cholesterol und Lipoid-P (Peters und M a n ) steigt mit steigendem Cholesterolestergehalt an, wie der Quotient aus freiem Cholesterol und Gesamtcholesterol (Sperry ) abfallt. Beide Quotienten sind Ausdruck verschiedener Phasen des gleichen Reak- tionsgleichgewichtes. Die Correlation zwischen Phosphatiden und Cholesterolestern einerseits sowie zwischen der Summe von Phospha- tiden und Cholesterolestern und der Summe von Neutralfetten und freien Fettsauren andererseits ist annahernd linear. Die Regressions- gleichungen fur beide Beziehungen wurden festgestellt und daraus folgende Beziehungen abgeleitet;

6

y = Phosphatide in % der Gesamtlipoide x = Cholesterolester in % der Gesamtlipoide z = 2 Neutralfet und freie Fettsauren in 5% der Gesamtlipoide r = Correlationscoeffizient P = Probability

y = - 0.84 x + 60.6 ( r = - 0.79; P < 0.001 ) ( x f y ) =-0.86 z + 81.1 (r=-0.97: P<O.OOl)

y = 4.5 z- 46.7 ( r = 0.75; P < 0.001) x = - 5.4 z + 128.3 ( r = - 0.95; P < 0.001)

1

Anzahl der Unter- suchungen

- _____ _ -

7

38

54

20

15

9

Y I I

-

o/o der Gesamtlipoide

52.82 14.0 I 7.7+ 2.3 1 23.6zk 6.9 1 3.34 I 0.33

45.1 L 7.9 1 15.3 + 2.9 23.0k 6 2 1 7.49 I 0.30

40.9+ 9.5 ! 242zk 2.8 P.r.1 I 34.2+ 10.5 I 34.4+ 3.2 I 16 .72 6.9 ~ 16.49 1 0.21

1 0.21

I -

11.52 -

22.92 9 3 / 4 4 . 3 + 2.8 118 .32 6.1 1 34.30 I 0.12

*) Normalwerte nach Peters und Man.

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Zur Beurteilung der Serumlipoiduntersuchungen. 74 ( 1955) RECUEIL 68 1 ~ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _____

Die mittlere Standardabweichung betragt fur y 8.1 %, fur x 3.1 % und fur z 3.4 % der Gesamtlipoide. In 85 % der untersuchten Falle lag x zwischen 10 und 40 "/o der Gesamtlipoide. Entsprechend den angegebenen Gleichungen lag y zwischen 45 und 22 % und z zwischen 10 und 40 % der Gesamtlipoide.

Die Untersuchungen zeigen, dass ein bei einer einmaligen Unter- suchung gefundener Wert fur einen der Stoffe Ausdruck einer Ver- schiebung in den Gleichgewichten sein kann, und damit keine ander- weitige physiologische und pathologische Bedeutung geniesst. Unsere Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass die gefundenen quantitativen Gleichgewichte konstant erhalten werden und Ianger dauernde Ver- schiebungen der Gleichgewichte ernsthaften Storungen entsprechen.