11
]~. I-IAMM:Zur Bioehemie der F]eischreifung. III 337 eutektisehen Temperaturen mit Benzanilid (123 ° C) oder Phenaeetin (107--1080 C). Ohne Sehwie- rigkeiten gelingt es, auf diese Weise noch 0,8 mg Sorbins~ure in w~griger LSsung einw~ndfrei zu identifizieren. Den Farbwer]cen Hoechst AG. sind wir ftir die Uberlassung yon Sorbins~ure zu Dank verpflichtet. Zusammen/assung Sorbins~ure wird zum Nachweis zun/tchst als schwerlSshches Quecksilber(I)- salz abgesehieden. Die daraus durch Zugabe yon Salzs/iure und Mikrosublimation erhaltene freie S/iure wird anschheBend dureh Sehmelzpunkt und eutektisehe Tempe- raturen identifiziert. Zur Biochemie der Fleischreifung III. Mitteilung Das PufferungsvermSgen des Rindermuskels Von REINER HAMM Mitteilung aus dem Chemisch-physi]calischen Institut der Bundesforschungsanstalt /iir Fleischwirtscha#, Kulmbach Mit 6 Text~bbildungen (Eingegangen am 3. Juli 1958) Wie wir in der II. Mitteilung 1 darlegten, ist es m6glieh, aus der p~-Abhgngigkeit der Muskelhydratation gewisse Aufschlfisse fiber Vergnderungen zu gewinnen, welehe die Ladung des Muskeleiweiges w/~hrend der Lagerung des Fleisches post mortem erf/thrt. Eine weitere MSglichkeit, Ladungs/tnderungen im Muskeleiweig fest- zustellen, bietet alas PufferungsvermSgen des Fleisches gegenfiber zugesetzter S£ure oder Base. Hierbei ist allerdings zu ber/icksiehtigen, dag nur ein Teil der Gesamt- puffernng auf der Wirkung der basischen und saueren Gruppen des Proteins beruht; Bin erheblieher Tell der Pufferung entf~llt auf niedermolekulare Nichtlorotein- Substanzen, deren Konzentration sich gerade innerhalb der ersten 24 Std nach dem Schlachten stark vergndert. Um also aus der ~nderung des Pufferungsverm6gens gfieksehlfisse auf Versehiebungen in der Proteinladung ziehen zu kSnnen, mug man eine Methodik wghlen, die eine Unterscheidung zwisehen Protein-Pufferung und Niehtprotein-Pufferung ermSglieht. Sehon vor l~ngerer Zeit fiihrte BATE-SMITH e eine sehr grfindliehe Untersuehung fiber das PufferungsvermSgen der Muskulatur versehiedener Tiere durch. Er hat wohl als erster die puffernde Wirkung des Carnosins im Muskel erkannt und auf die Bedeutung hingewiesen, die der Pufferungskapazit~t des Muskelgewebes bei der postmortalen p~-Senkung durch Milchs~ure- bildung zukommt. Diese Versuehe beziehen sich jedoeh lediglieh auf den Zustand des rigor mortis, geben also keinen Aufschlul3 fiber die Veriinderung des Pufferungsverm6gens post mortem. Die Arbeit yon BATE-SMITHist unseres Wissens die einzige dieser Riehtung geblieben. Zu erw~hnen w~re in diesem Zusammenhang allenfalls eine Untersuehung yon Co,wAY u. Mitarb. 3, welehe die Jmderung des Pufferungsverm6gens yon Triehloressigs/~ureextraktendes Meersehweinehenmuskels ffir die Deutung yon Ver~nderungen heranzogen, welehe im gefrorenen Muskel innerhalb der ersten 60 rain naeh dem Tod des Tieres vor sieh gehen. Eine genauere Interpretation der Puffe- rungsph~tnomene l~gt diese Arbeit jedoch vermissen. HAMM, R. : Diese Z. 109, 227 (1959). 2 BATE-SMITH,E. C.: J. Physiol. 9~ o, 336 (1938). a CONWAY,E. J., H. GEOGHEGAN U. J. I. ~V[CCORWACK: J. Physiol. 130, 427 (1955).

Zur Biochemie der Fleischreifung. III. Mitteilung. Das Pufferungsvermögen des Rindermuskels

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]~. I-IAMM: Zur Bioehemie der F]eischreifung. I I I 337

eutektisehen Temperaturen mit Benzanilid (123 ° C) oder Phenaeetin (107--1080 C). Ohne Sehwie- rigkeiten gelingt es, auf diese Weise noch 0,8 mg Sorbins~ure in w~griger LSsung einw~ndfrei zu identifizieren.

Den Farbwer]cen Hoechst AG. sind wir ftir die Uberlassung yon Sorbins~ure zu Dank verpflichtet.

Zusammen/assung

Sorbins~ure wird zum Nachweis zun/tchst als schwerlSshches Quecksi lber(I)- salz abgesehieden. Die daraus durch Zugabe yon Salzs/iure und Mikrosub l imat ion erhal tene freie S/iure wird anschheBend dureh Sehmelzpunkt und eutekt isehe Tempe- r a tu ren identif izier t .

Zur Biochemie der Fleischreifung I I I . Mittei lung

Das PufferungsvermSgen des Rindermuskels

Von

REINER HAMM

Mitteilung aus dem Chemisch-physi]calischen Institut der Bundesforschungsanstalt /iir Fleischwirtscha#, Kulmbach

Mit 6 Text~bbildungen

(Eingegangen am 3. Juli 1958)

W i e wir in der I I . Mit te i lung 1 dar legten, is t es m6glieh, aus der p~-Abhgngigkei t der Muske lhyd ra t a t i on gewisse Aufschlfisse fiber Vergnderungen zu gewinnen, welehe die Ladung des Muskeleiweiges w/~hrend der Lagerung des Fleisches post mortem erf/thrt. E ine weitere MSglichkeit , Ladungs / tnderungen im Muskeleiweig fest- zustellen, b ie te t alas PufferungsvermSgen des Fleisches gegenfiber zugesetz ter S£ure oder Base. Hierbe i is t al lerdings zu ber/ icksiehtigen, dag nur ein Teil der Gesamt- puffernng au f der Wi rkung der basischen und saueren Gruppen des Pro te ins be ruh t ; Bin erhebl ieher Tell der Pufferung entf~ll t au f n iedermolekulare Nichtlorotein- Substanzen, deren Konzen t r a t i on sich gerade innerhalb der ers ten 24 S t d nach dem Schlachten s t a rk vergnder t . U m also aus der ~ n d e r u n g des Pufferungsverm6gens gfieksehlf isse auf Versehiebungen in der P ro te in l adung ziehen zu kSnnen, mug man eine Methodik wghlen, die eine Unte r sche idung zwisehen Pro te in -Puf fe rung und Nieh tp ro te in -Puf fe rung ermSglieht .

Sehon vor l~ngerer Zeit fiihrte BATE-SMITH e eine sehr grfindliehe Untersuehung fiber das PufferungsvermSgen der Muskulatur versehiedener Tiere durch. Er hat wohl als erster die puffernde Wirkung des Carnosins im Muskel erkannt und auf die Bedeutung hingewiesen, die der Pufferungskapazit~t des Muskelgewebes bei der postmortalen p~-Senkung durch Milchs~ure- bildung zukommt. Diese Versuehe beziehen sich jedoeh lediglieh auf den Zustand des rigor mortis, geben also keinen Aufschlul3 fiber die Veriinderung des Pufferungsverm6gens post mortem. Die Arbeit yon BATE-SMITH ist unseres Wissens die einzige dieser Riehtung geblieben. Zu erw~hnen w~re in diesem Zusammenhang allenfalls eine Untersuehung yon Co,wAY u. Mitarb. 3, welehe die Jmderung des Pufferungsverm6gens yon Triehloressigs/~ureextrakten des Meersehweinehenmuskels ffir die Deutung yon Ver~nderungen heranzogen, welehe im gefrorenen Muskel innerhalb der ersten 60 rain naeh dem Tod des Tieres vor sieh gehen. Eine genauere Interpretation der Puffe- rungsph~tnomene l~gt diese Arbeit jedoch vermissen.

HAMM, R. : Diese Z. 109, 227 (1959). 2 BATE-SMITH, E. C.: J. Physiol. 9~ o, 336 (1938). a CONWAY, E. J., H. GEOGHEGAN U. J. I. ~V[CCORWACK: J. Physiol. 130, 427 (1955).

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338 R. HAm~:

Bei der vorliegenden Arbei t wurden die T i t ra t ionskurven sowohl yon Muskel- gewebe Ms auch von den Trichloressigs~ture-Extrakten des Fleisches im Verl~uf der l~effung aufgenommen. Die erste Ti t ra t ion erfolgte etwa 2 Std nach dem Schlach- ten des Tieres, die letzte nach 8 bzw. 9 Tagen Abh~ngen bei Jr 2 ° C. U m bakterielle Einflfisse weitgehend einzuschr£nken, wurde das Fleisch wie bei den friiheren Unter- suchungen un te r mSglichst sterflen Bedingungen e n t nomme n und gelagert.

Methodik

Untersuchungsmaterial

Zur Untersuehung gelangte der Musculus longissimus dorsi 5j~hriger Kfihe der Handels- klasse B. Entnahme des Muskels naeh der Schlachtung, Abh~ngen (~-2 ° C), Absehneiden und Zerkleinern der Proben und Zusatz des Fremdwassers wurden in der frilher angegebenen Weise 1 vorgenommen. Aueh bei diesen Versuehen war der KeimbefMl selbst nach 9 Tagen so gering, da~ mit einer bakteriellen Beeinflussung der Reifungsvorg~nge nicht zu reehnen war.

Au[nahme yon Titrationskurven des Muskelgewebes

Dem zerkleinerten (Starmix) Muskel wurden unter grfindlichem Umrfihren 60O/o Fremdwasser (dest.) zugesetzt, welche die zur p~-Einstellung notwendige Menge an HC1 bzw. NaOH enthielten. Ffir jeden pH-Wert wurde eine neue Probe des Gewebebreies angesetzt und zwar derart, da~ ein p~-Bereich yon p~ 3,0--7,5 mit Intervallen yon etwa p~ 0,5 erfaSt wurde. Die pR-Messung erfolgte naeh einer yon der Art und H5he des Zusatzes abh~ngigen Einstellungszeit mit spitzer Glas- elektrode gegen KMomel-Vergleichselektrode.

Au]nahme der Titrationskurven yon Trichloressigsiiureextrakten

Das im Fleischwolf zerkleinerte Muskelgewebe wurde mit 100% seines Gewichtes an eiskMter 10°/o iger Triehloressigs~ure versetzt und in einem ttomogenisator (,,Bfihler-Homogenisator") unter Eiskfihlung bei einer Messerrotation yon etwa 30000 U/rain 15 sec zerkleinert. Dabei trat keine Erw~rmung des Zerkleinerungsgutes ein. Dann wurde bei 12000 U/rain und 0 ° C abzentrifugiert. 50 ml des gegen Methylrot neutrMisierten Zentrifugates wurden mit ~qaOH genau auf p~ 5,30 eingestellt und dann mit 0,2 n-NaOH unter meehanischem l~fihren elektrometriseh titriert (Glas- elektrode/KMomelelektrode). - - In allen Triehloressigs~ureextrakten wurde der StiekstoffgehMt nach KJEL~A~m ermittelt.

Aufnahme der Titrationskurven yon wii]3rigen Extrakten des Muskels

Das im Fleischwolf zerkleinerte Muskelgewebe wurde mit 200O/o seines Gewichtes an Eiswasser (dest.) in einem Zerkleinerer (Starmix) i min zerkleinert und dann der Brei bei 12000 U/rain und 0 ° C zentrifugiert. 50 ml des fiber Glaswolle filtrierten Zentrifugates wurden unter meehanischem Rfihren mit 0,2n-NaOH elektrometrisch titriert.

Berechnung des Pu//erungsverm6gens

Als ,,Pufferungsverm5gen" oder ,,Pufferkapazit~t" bezeichnet man den reziproken Wert der Anderung des p.-Wertes eines puffernden Systems mit zunehmender Menge Base (B) oder S~ure (A), ausgedrfiekt in lg_511igramm~quivalenten pro 12. Es ist:

Pufferkapazit~t = bzw. dp H .

In der vorliegenden Arbeit wurde die Pufferkapazit~t stets auf 100 g des zusatzfreien Muskel- gewebes bezogen. Bei der Bereehnung des Pufferungsverm6gens waren also im Fall der Extrakt- Titrationen der WassergehMt des Muskels (ffir jeden Ansatz anMytiseh ermittelt) sowie die Menge an Extraktionsfliissigkeit (Trichloressigs~ure bzw. Wasser) zu berfieksiehtigen. Wir stellten fest, dab das PufferungsvermSgen des Gewebes im Bereich von 60--100% zugesetztem Wasser unab- hangig yon der H5he des FremdwassergehMtes ist.

HARM, 1%.: Diese Z. 109, 113 (1959). 2 STAU~F, J.: In H. M. I~AWEN, Biochemisches Taschenbueh. S. 629. Berlin-GSttingen-

Heidelberg. : Springer 1956.

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Zur Biochemie der Fleischreifung. I I I 339

E r g e b n i s s e

Wie die Abb. 1 erkennen l~il]t, liegen die Titrationskurven von Muskelgewebe verschiedener Tiere recht eng beieinander. Dal~ die Kurven des schlachtwarmen Materials etwas st/~rker streuen, ist verst~ndlich, denn dank der schon inner- halb der ersten Std post mor tem einsetzenden Abbauvorg£nge wird man nicht

~ o

3 ¢ Y G 7 ~H

t I

~ . . ~ Z ?hge o@eb57g/

~- # 7 plq Abb. 1. Titratio~tskurve~ des zerkleinerten, schlachtwarmen (a) bzw. des 7 Tage abgeMingten (2 ° C) Dorsalm~lskels

(b) dreier verschiedener Tiere

in allen F~llen gleiche Zust~tnde erfaBt haben. Bei aller Ahnlichkeit im Verlauf der Kurven ergeben sich aber doch aus der Tatsache, dab sich sowohl in Abb. 1 a (schlacht- warm) als auch in Abb. 1 b (7 Tage naeh dem Schlaehten) die Kurven schneiden, gewisse Unterschiede in der Pufferungskapazit~t der einzelnen Muskelproben.

Innerhalb der ersten 24 Std nach dem Sehlachten ~ndert sich die relative Lage der Titrationskurven in charakteristischer Weise. Wie aus Abb. 2 hervorgeht, zeigt die Kurve des 24 Std gelagerten Muskels einen mvai steileren Verlauf als die des schlachtwarmen Fleisches. Dies bedeutet, dal~ das Pufferungs- Ja vermbgen im Ganzen gesehen wghrend der ersten Phase der postmortalen Vergnderungen { B0 stark zunimmt. Eine Ausnahme maeht jedoch ~ - der unterste Teil des alkalischen Astes der Titra- "~ I0 tionskurve, der beim schlachtwarmen Muskel steiler verlguft als beim gelagerten. Bei lgngerer ._~ e Lagerung des Muskels tritt , wie Abb. 2 zeigt, keine wesentliche Verschiebung der Titrations- 10- kurve mehr ein.

Einen besseren Einblick in die Xnderung -3 der Pufferungsverh~ltnisse gestattet die aus den Werten der Titrationskurve berechnete pa-Ab- Mngigkeit der Pufferungskapazit~t. Wie Abb. 3 fiir zwei der untersuchten Fleische zeigt, n immt

\ \

".+~

+ ~.~ ,". ¢ $ e 7 pH

Abb. 2. Ein/luB der Abhangezeit au] die Ti- trationslcurven des Rindermuskels. Abh~nge-

zeit: 2 Std ( . ) , 1 Tag (×) , 3 Tage (O), 6 Tage (A), 9 Tage (+ ) nach dem Schlachten

vor ahem im pu-Bereich 3 4 das Pufferungsverm6gen innerhalb der ersten 24 Std nach dem Schlachten stark zu. Gleichzeitig erfghrt die Pufferkapazitgt des Muskelge- webes im pu-Bereich > 6 eine bedeutende Abnahme. Den letzteren, etwas iiberrasehen- den Befund priiften wir in einer besonderenVersuchsreihe nach, bei welcher das 24 Std abgehgngte Fleisch zungchst mit NaOH auf den p~-Wert eingestellt wurde, den der Muskel in schlachtwarmen Zustand besaB. Ein so hergestellter Muskelbrei zeigte

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3 ¢ 0 B. HAlgM :

/g

S CpH

bei Zusatz bestimmter Mengen NaOH hShere p.-Werte als ihn die frische Muskulatur (2 Std naeh dem Sehlaehten) naeh Zusatz der gleiehen NaOH-Menge zeigte (Tab. 1). Auch dieser Versuch ergab also, dab der Muskel unmittelbar nach dem Schlachten bei Pu > 6 eine wesentlieh hShere Pufferkapazitgt besitzt als nach 24 Std.

o. I¢ o/ -o ~ . . ~ .

+--\ ",,,,,

~ . . o

¢

$ pH a

Abb. 3. Pu]/ erungskapazitgt yon schlachtwarmem und 24 Std gelagertem Muskel im p~-]3ereich 3--7,5L Abh~ingezeit: 2 Std (Fleiseh I: . - - . : p~ 6,63; Fleisch I I : A - - A , p . 6,43). --24 Std

(Fleisch I: O - - -O, PH 5,43; Fleisch I I : A - - A , p~ 5,50)

× \'!

& ¢ $

Tabelle 1. Einflufl des Abhiingens au/ die pH-Anderung des Mus~elgewebes bei Zusatz von NaOH.

Fremdwasserzusatz: 60%

Zu 10O g Muskel

zugesetzte ~NaO]~

in mvat

4,0 6,0 8,0

10,0

p~-Werte bei

Fleisch~ A _ Fleisch~ B

2 Std I 24 Std 2 Std I 24 Std

nach dem Schlachten

unver~ndert I eingestellt lunvergndert] eingestellt

6,88 7,20 7 7 0 7 ~ 0 7,09 7,64 7,62 8,40 7,40 8,04 8,53 8,95 8,30 8,60

Entspreehend dem Verlauf der Titrations- kurven (Abb. 2) gndert sich das Pufferungs- verm5gen des Muskelgewebes bei weiterem Ab- hgngen nicht mehr wesentlieh (Abb. 4). Nur bet den hSchsten (Pu 7,5) und niedrigsten (PH 3,0) der untersuchten pH-Werte ist eine charak-

teristisehe Verschiebung zu beobachten. Mit zunehmender Abh/ingezeit nimmt hier das Pufferungsverm6gen zu.

Um zu erkennen, zu welchen Anteilen Proteine einerseits und niedermolekulare Ex~raktivstoffe andererseits an der Gesamtpufferung des Gewebes beteiligt sind,

war es notwendig, die

. 4 0 - - o

T % ¢ s 8 Z-pH 8 ~ s e

J d.'pH a

~H Abb. 4. Puf/erkapazitgt yon 1--8 Tags gelagertem Muskel im p~-Bereich 3 7,5. Abhgngezeit: 1 Tag ( o - - o ) ; 5 Tage (O--- O);8 Tage ( × -- -- × ) nach dem

Schlachten. (SIuskel zweier verschiedener Tiere)

Titrationskurven von Trichloressigsgureextrak-

ten aufzunehmen. Wir mSchten hier auf die Wie- dergabe dieser Kurven verzichten und geben le- diglich die daraus berech- neten Pufferkapazitgten ffir das Beispiel eines ein- zigen Muskels an. Die Ti- tration wurde yon Pu 5,3-- 11 durehgeffibrt. In diesem ps-Bereich ist mit keiner ptfffernden Wh'- kung der Triehloressig-

sgure (pK 0,7) zu reehnen. Wie aus Abb. 5 zu ersehen is% steigt die Pufferkapa- zitgt des Muskels innerhalb der ersten 24 St4 nach dem Schlaehten fiber den

1 E r l g u t e r u n g de r Pu f fe rkapaz izg t d A / B siehe Tex t . o pH

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Zur Biochemie der Fleischreifung. I I I 341

gesamten untersuchten p.-Bereich hin an. Die Zunahme der Pufferung ist jedoch untersehiedlich; sie n immt von p . 5,3 mit steigendem p . zu, durehliiuft bei p . 7 ein Maximum, n immt darm wieder ab, um dann bis p~ 9 wieder etwas anzustei- gen. Von diesem p . an bleibt die Differenz zwisehen dem sehlaehtwarmen und

zp ~B &PHg c

/ o

I ~.x~×--×-.Y

Z: 2~ Zik

\ ° \ ° °.-" . . . . . .

f

,18L 8 7 8 ~q /0 ~VpH Abb. 5. Pu]]erl~apazitiit yon protein/reien Extrakten schlachtwarmen und abgeMingten Rindermuskels. Ab- h~tngezeit: 2 Std ( i - - o ) ; 24 Std (O O) ; 48 Std

( x - - - x ) nach dem Schlachten

24 Std gelagerten Muskel bis p . 11 ziemlich konstant.

- {

~o o \ ~ ,.o-O-o, ~ 8 _

gPHge

7 g s z zpH Abb. 6. PuMerungskapazitdt yon proteinfreien Extrakten 2 bis 9 Tage abgehgngten Ri~ldermuMcels. Abhi~ngezeit: 2 Tage ( i - - i ) ; 4 Tage (O . . . . O) ; 7 Tage ( x - - . - - x ) ;

9 Tage ( + - - - - - + ) nach dem Schlachten

Bei langerem Abh/~ngen des Fleisches gndert sich im pH-Bereich 5,3--6,8 die Pufferkapazitgt des proteinfreien Extraktes nieht mehr. Wohl aber n immt sie im gesamten iibrigen p,-Bereich (6 ,8 - -11 )mi t zunehmender Lagerdauer des Muskels lang- sam zu (Abb. 6). Zwisehen 7 und 9 Tage ab- geh/ingtem Fleiseh waren allerdings keine Untersehiede mehr festzustellen. Bei dieser dutch das Reifen bedingten Erh6hung des Pufferungsverm6gens sind zwei Maxima zu verzeiehnen. ])as eine liegt um p~ 8,2--8,3, das andere, flachere erstreckt sich yon PH 9,7--10,4.Verschiebungen bei l%-Werten > 10 zu berficksichtigen, erscheint uns nicht sinn- roll, da in diesem Bereich hoher p~-Werte bereits wghrend der Titration Ammoniak fl/iehtig wird (Geruch !).

T~belle 2. Sticlcsto//gehalt der Trichlor- essiffsgureextrakte des t~indermuskel8

(gleicher Extrakt wie bei Abb. 5 und 6)

Gesamt- N je ml Dauer des N- Gehalt Triclfloressig- Abhiingens des Muskels s~tureextrakt

% m g

2 Std 24 Std 2 Tage 4 Tage 7 Tage 9 Tage

3,62 3,56 3,59 3,59 3,60 3,68

2,22 2,24 2,48 2,34 2,34 2,39

Die Menge derin den Triehloressigsgureextrakt fibergehenden Stiekstoffsubstanzen nimmt nut in den ersten 2 Tagen post mortem etwas zu, doeh ist diese Zunahme nut gering (Tab. 2).

U m beurteflen zu k6nnen, zu welehen Anteilen die strukturellen Muskelproteine (vor allem Aetomyosin) einerseits und die wasserl6sliehen Muskelproteine anderer- seits an der Eiweigpufferung des Gewebes beteiligt sind, wurde die Titrationskurve des wgBrigen Muskelextraktes aufgenommen. Die aus diesen Titrationen erreehneten

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342 1~. H~M~:

Werte der Pufferkapaziti~t sind ffir das Beispiel eines Muskels in Tab. 3 angeffihrt. In diese Tabelle sind ferner die ffir den gleichen Muskel geltenden Pufferkapazit/~ten des gesamten Gewebes sowie des proteinfreien Extraktes (Trichloressigs~ureextrakt) aufgenommen. Aus dicsen Werten 1/£Bt sich die den strukturellen Proteinen, den wasserlSslichen Proteinen und den Nichtprotein-Substanzen zukommende Puffer- kapazit~t berechnen.

Tabelle 3. PuMerungskapazitdit ~ des gesamten Gewebes, des wdiflrigen Extraktes und des

protein]reien Extraktes eines Rindermuskels, 2 und 24 Std nach dem Schlachten

PH

5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5

10,0

I 1Vfuskelgewebe A

4,4 3,6

11,3 9,5

5,3 5,8 6,2 6,5

6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5

10,0

w~13rig, wasserlSslich, strukturelle )/[uskelextrakt Protein Protein

B B--C (A--B)

3,1 3,6 4,6 4,0 3,6 3,3 3,1 3,1 3,2

4,6 3,6 3,8 3,7 3,3 3,0 2,9 2,9 3,0

proteinfreier Muskelextrakt Gesamtprotein

C A--C

2 Std nach dem Schlachten 1,7 2,7 1,8 1,8 2,0 2,4 8,9 2,3 7,2 2,1 1,9 1,8 1,9 1,9

24 Std nach dem Schlachten 2,5 2,8 3,0 2,8 3,2 3,0 3,1 3,4 2,9 2,6 2,5 2,6 2,6

1,3 0,5 1,6 2,2 6,7 1,7 5,5 1,5 1,4 1,3 1,2 1,3

2,1 0,7 0,6 2,2 0,6 2,4 0,6 2,8 0,4 0,4 0,4 0,3 0,4

I)iskussion

1. Pu/ /eruug des schlachtwarmen Muskels

Unmittelbar nach dem Tode des Tieres ist das PufferungsvermSgen des Muskels vorwiegend dutch die Pufferkapazit/it des Muskeleiwefl]es bestimmt. Bei PH 7,0 z. B. entfallen etwa 80 % der Gesamtpufferung auf die Proteine (Tab. 3); 75 % der Protein- pufferung (bei p~ 7) werden yon den strukturellen, die restlichen 25% yon den wasserl6slichen Proteinen iibernommen. Die yon p . 6 an mit sinkendem p~-Wert ansteigende Pufferkapazit/~t des schlachtwarmen Fleisches (Abb. 3) 1/il~t sich ebenfalls mit der Proteinpufferung erkli~ren, denn sowohl die Titrationskurven des Actomyosins 1 als auch die des Myosins 2 zeigen ein yon p . 6 an mit sinkendem p~-Wert zunehmendes PufferungsvermSgen dieser strukturellen Muskelproteine. Wie sich aus der Form dieser Titrationskurven ergibt, lieg~ das Minimum der Pufferung ffir ~¢[yosin und Actomyosin zwischen PH 6 und p , 9. Aber schon WWB~R a wies darauf hin, dal3 die Muskelproteine, insbesondere das Myosin, much bei pH 7 ein recht kr/~ftiges Pufferungs- vermSgen besitzen.

1 DUBUISSON, 1Vf., U. G. I:IAMOIR: Arch. int. Physiol. 63, 313 (1943). MI~IALYI, ]~.: Enzymologi~ 14, 224 (1950).

3 WEBEr, H. H. : Ergebn. Physiol. 86, 122 (1934).

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Zur Biochemie der Fleischreifung. I I I 343

Auffa l lend is t bei unseren Versuchen die s t a rke p . - A b h a n g i g k e i t der Puf ferung vor al lem der s t ruk tu re l l en Pro te ine im pH-Bereich 5 - - 7 (Abb. 2, Tab. 3). Da sich aus den T i t r a t i o n s k u r v e n der re inen Muskelprote ine Ac tomyos in und Myosin ffir diesen pH-Bereich nur eine geringe pH-Abhangigkei t der Pufferung ergibt , mug m a n annehmen, dal~ im fr ischen Muskel hinsicht l ich der Pro te inpuf fe rung andere Ver- hal tnisse herrschen als bei isol ier ten Prote inen. Hie r kSnnten vor al lem sterische Ef fek te eine Rolle spielen. W i r sprachen schon frfihcr yon einem , ,Stereo-Effekt ''1, der bei der Muske lhyd ra t a t i on yon besonderer Bedeu tung sein kann. Es is t mSglich, dal~ die s t a rke A b n a h m e des PufferungsvermSgens be im fJbergang yore PH 7 ZU Pn 5 - - 6 auf jene , ,Verdichtung" der P r o t e i n s t r u k t u r zur i ickzufi ihren ist, die wir berei ts frfiher 2 mi t der a m isoelektr ischen P u n k t (I. P.) des Muskels gegebenen Verne tzung der P e p t i d k e t t e n erklar ten. Die Prote in-Pufferkapazi t i~t des Gewebes dfirfte also n ich t nur yon der Anzah l der vorhandenen saueren und basischen Gruppen des Eiweii~es, sondern auch yon den ri~umlichen Verhal tn issen der Gewebes t ruk tu r b e s t i m m t sein.

l~ ich t -Pro te in -Subs tanzcn s ind an der Gesamtpuf fe rung des sch lach twarmen Muskels bei PH 7,0 ZU e twa 20% bete i l ig t (Tab. 3). I m pH-Bereich > 5 weisen diese Subs tanzen ein M a x i m u m der Pu f f e rkapaz i t a t bei PH 7 auf. Die max ima le Puffer- k a p a z i t a t schwacher Sauren l iegt bei e inem pH-Wert, tier g]eich ihrem pK-Wer t is t (PH = pK) ; ffir schwache Basen grit PH = --pK3. I m prote infre ien E x t r a k t des fr ischen Muskelgewebes k o m m e n somit ffir die Puf ferung bei PH 7 (Abb. 5) neben dem zunachs t nur in geringen Mengen vorhandenen Or thophospha t (P~2 = 7,2) die phosphory l i e r t en I n t e r m e d i a r p r o d u k t e der Glykolyse, deren p ~ - W e r t e zwischen 6 und 6,5 liegen, sowie Adenos in t r i phospha t (ATP ; PK2 = 6,48), vor ahem aber das zu 0 , 3 - - 0 , 4 % im R inde rmuske l vort iegende Carnosin (P~:2 = 6,83) ~ in Be t rach t . I n ger ingerer Menge s ind ferner Subs tanzen anwesend, die erst bei wesent l ich hSheren pR-Werten ihr max ima les Puf fe rungsvermSgen en t fa l ten (Abb. 5) und bei denen es sich wahrscheinl ich u m freie Aminosi~uren hande l t (vgl. unten) .

Es erhebt sich schliei~lieh noch die Frage, ob die relativ starke ,,Proteinpufferung" des sehlaeht- warmen Muskels nieht auf der Gegenwart yon ttydrogencarbonat beruht, das n~tiirlieh nieht im Tri- ehloressigsaure-Extrakt erscheinen kann. Tatsachlich spielt bei der Pufferung im lebenden Muskel das Hydrogencarbonatsystem eine gewisse Rolle. FENN 5 sowie I~VING u. Mitarb. 6 haben aber gezeigt, dal3 das Hydrogencarbona~ als solches beim PH des lebenden Muskels (7,0--7,2) nur wenig puffert und nach den Folgerungen, die BATE-SMITh 4 aus den Resultaten dieser Autoren zieht, ist nieht damit zu rechnen, dal~ 2 Std (oder langer) post mortem dieses Puffersystem noeh eine merldiehe Rolle spielt. Ware dies nicht der Fall, dann miiSte der schlaehtwarme Muskel um p~ 6 ein besonders starkes Pufferungsverm6gen aufweisen, denn der pK~-Wert des Hydrogencarbonats betragt in biologischen Systemen, wie z. B. Blutplasma 6,10 :. Wir aber fanden bei PH 6 fiir das Gesamtgewebe ein Minimum der Pufferkapazitat (Abb. 3). Wir sehen daher keine Veran- lassung, die Hydrogencarbonatpufferung in unsere Diskussion fiber die Pufferung des post mortem- Muskels einzubeziehen.

2. f4"nderung des Pu/]erungsvermSgens w~ihrend der ersten 24 Std nach dem Schlachten W~hrend der ers ten 24 S td nach dem Schlachten t r i t t im p~-Bereich ~ 5 eine

Zunahme der Puf fe rkapaz i t~ t des Muskels ein, die mi t s inkendem pH-Wert s t a rk z u n i m m t (Abb. 3). Diese Ande rung ist, ebenso wie die schwache Abnahme der

1 HAlViM, R. : Zit. S. 337, Anm. 1. Vgl. S. 337, Anm. 1.

3 STAVFF, J. : Zit. S. 338, Anm. 2. 4 BATE-SMITH, E. C. : Zit. S. 337, Anm. 2. 5 FENN, W. O. : Amer. J. Physiol. 85, 207 (1928).

IRVING, L., t t . C. FOSTER U. J. K. W. FERGUSO~: J. biol. Chem. 95, 95 (1932). 7 BLADERGttOEN, W. : Physikalische Chemie in Medizin u. Biologie. S. 249, Basel: Wepf 1949.

Page 8: Zur Biochemie der Fleischreifung. III. Mitteilung. Das Pufferungsvermögen des Rindermuskels

344 R. HAM~:

Pufferung beim Ubergang yon p~ 3,5 zu p~ 3,0 auf die glykolytisehe Bildung yon Milchs/iure (PK = 3,9) zur/ickzufiihren. Milehs/iure iiberwiegt im abgeh/~ngten Fleiseh mengenm/iBig bei weitem alle iibrigen Niehtprotein-Substanzen, die fiir eine Pufferung im saueren Bereieh des Muskel-I. P. in Betraeht kommen (Tab. 4).

Aueh bei p~-Werten > 6 w/ire auf Grund der freiwerdenden Phosphors/iure eine post mortem zunehmende Pufferungskapazit/it des Gewebes zu erwarten. Uber- rasehenderweise ist dies aber nieht der Fall. Es nimmt im Gegenteil bei PH 7 die Pnfferkapazit/it des Muskels innerhalb der ersten 24 Std stark ab (Abb. 3). DaB es sieh nicht etwa um eine Abnahme an puffernden NiehteiweiBstoffen handelt, ergibt sieh eindeutig aus Abb. 5: die Pufferkapazit/~t des proteinfreien Extraktes erf/ihrt in diesem p~-Bereieh bei eint/igiger Lagerung des Muskels eine betr/iehtliehe Zunahme. Wir wiesen sehon oben darauf hin, dab aueh eine Abnahme in der Hydrogenearbonat- pufferung nieht diskutabel ist. Es kann sieh somit nur um eine Abnahme der Protein- Pufferung handeln.

Man kBnnte einwenden, dab man hier neben dem nntersehiedliehen PnfferungsvermSgen schlaehtwarmen und abgehi~ngten Fleisehes aueh die MBgliehkeit einer nnterschiedliehen Dif- fusion der zugesetzten NaOH innerhalb des Gewebebreies beriieksichtigen muB. Nimmt man aber an, dab die Permeabilit~t des frisehen Muskelgewebes fiir NaOH trotz der relativ intensiven Zerkleinerung geringer is~ als die des gelagerten l~leisehes (das Gegen~eil kommt nieht in Betraeht), so w~re ein entgegengesetzter Effekt zu erwarten: infolge geringerer Permeabilit~t des Gewebes miigte weniger NaOI-I mit dem Eiweig in Weehselwirkung treten, die ,,Pufferung" miiitte dann also im sehlachtwarmen Fleiseh geringer sein als im abgeh~ngten. Das Gegenteil aber wird beobaehtet.

Aus der Protein-Pufferung bei p~ 7 muB man demnaeh folgern, dab innerhalb der ersten 24 Std post mortem die Anzahl der verf/igbaren basisehen Gruppen im EiweiB abnimmt. Unsere friihere Untersuehnng der pH-Abh~tngigkeit der Muskel- hydratation ergab, dab naeh dem Sehlaehten bei der Entwicklung des rigor mortis die Zahl der verf/igbaren Carboxylgruppen abnimmt, wobei wir vermuteten, dab das gleiehe aueh fiir die basisehen Gruppen gilt 1. Diese letztere Annahme wird dureh die t~esultate der vorliegenden Arbeit best/itigt. Bei PR 7 d/irfte eine Pufferung dureh Carboxylgruppen entspreehend dem Gleiehgewieht:

+gaN" t~. COON ~ +H~N. R- COO- + t t +

nieht mehr aussehlaggebend sein; hier ist die Pufferung dureh basisehe Gruppen gemgg dem Gleiehgewieht:

+H3N. I~- COO- ~ H2N. t~. COO- + H + entscheidend.

Aus den fr/iheren wie aueh aus diesen Versuchen ergibt sich somit, dab wghrend der ersten 24 Std naeh dem Sehlachten die verf/igbaren basisehen und saueren Ladungsgruppen des MuskeleiweiBes abnehmen. Wir folgerten sehon friiher aus der pa-Abh/ingigkeit der Muskelhydratation, dab die Abnahme an verfiigbaren polaren Gruppen auf einer dureh den Einbau yon Ca ++- (und Zn++)-Ionen in die Protein- struktur bedingten Vernetzung und Verdiehtung des Gewebes beruht. Dieser Ein- bau zweiwertiger Ionen wirkt sich nur auf der basischen Seite des Muskel-I. P. aus (auf der saueren Seite ist die Kationenbindung zu locker) 1. ])amit d/irfte es auch zusammenh/ingen, dab wir bei 1% 5--6 keine Abnahme der Proteinpufferung beobachten (vgl. z. B. Tab. 3).

Im Gegensatz zur Proteinpufferung nimmt die Pufferung im proteinfreien Extrakt auch bei pu-Werten > 6 w/ihrend der ersten 24 Std nach dem Sehlaehten zu (Abb. 5). Da die maximale Verschiebung der Pufferungskapazit$t bei pH 7 liegt, wird es sieh

HA~, R. : Zit. S. 337, Anm. 1.

Page 9: Zur Biochemie der Fleischreifung. III. Mitteilung. Das Pufferungsvermögen des Rindermuskels

Zur Biochemie der Fleischreifung. I I I 345

hier wohl aussehlieglieh um Zunahme an Orthophosphat (pKe 7,2) handeln, welches dureh enzymatisehe Spaltung yon ATP, Kreatinphosphors~ture und Hexosephosphor- s/~ureester freigesetzt wird. Der postmortale Anstieg der Pufferkapazit/~t bei h6heren pR-Werten, der bis p~ 9 zunimmt, dfirfte vor allem auf das Auftreten yon Ammoniak (--pK 9,25) zuriiekzufiihren sein. Bekanntlich steigt der Ammoniakgehalt des Gewebes innerhalb der ersten 24 Std naeh dem Sehlaehten stark an 1. ])as Ammoniak wird dureh enzymatisehe Desaminierung yon Adeninnueleotiden freigesetzt 2.

3. Pu//erungsvermSgen im Zustand des Rigor mortis I m Zustand des Rigor mortis (24 Std naeh dem Sehlaehten) liegt die Puffer-

kapazit/tt der yon uns untersuchten Muskeln bei PH 7 ira Bereich yon 5,3--6,2. Diese Werte st immen gut fiberein mit der von BATE-SMITIt 3 ffir den p~-Bereich 6--7 im l~igor-Zustand gefundenen Gesamtpufferung des Rindermuskels (Sehenkel und Wade) yon 5,3--5,6. Bei PH 7 entfallen im Gegensatz zum sehlaehtwarmen Muskel nur etwa 50 % der Gesamtpufferung auf das MuskeleiweiB (Tab. 3). Dieser Wert ist wesentlich h6her als die von BATH-SMIT~ gefundene Eiwei6pufferung des Rinder- muskels, die dieser f/Jr den Rigor-Zustand mit nur 27- -39% der Gesamtpufferung angibt. 80 % der Proteinpufferung werden nach unseren Versuchen (Tab. 3) yon den strukturellen Proteinen bestritten, die restlichen 20 % yon den wasserlSsliehen Muskel- proteinen. 50 % der Gesamtpufferung entfallen auf Nichtprotein-Substanzen. ~'tir diese teilt sich nach BATE-SMITH die Pufferkapazitgt bei PH 7 etwa in folgender Weise auf: 67% Phosphatpufferung, 24% Carnosin-Pufferung, 2% Milchs/~ure- pufferung und 7 % Pufferung durch nicht identifizierte Substanzen.

4. Jt'nderung des Pu//erungsverm6gens bei 1--9tiigigem Abhiingen Fassen wir aueh hier wieder zun/tchst die Gesamtpufferung des Gewebes ins Auge,

so erhebt sieh die Frage, ob die lediglich beim h6ehsten (Pn 7,5) und niedrigsten (p . 3,0) der untersuehten pH-Werte zu beobaehtende Zunahme des Pufferungs- verm6gens w~hrend des Abh~ngens (Abb. 4) auf einer~nderung der Protein-Pufferung beruht. Aus den Abb. 5 und 6 geht hervor, dag die Verschiebung der Pufferkapazit/~t bei p . 7,5 im proteinfreien Ex t rak t w~hrend einer Abhgngezeit yon 1--9 Tagen nach dem Sehlachten nur 0,17 Einheiten betr/tgt, w/~hrend sie beim Gesamtgewebe immerhin 0,8--1,0 Einheiten ausmacht. Auf der basischen Seite handelt es sieh also eindeutig in erster Linie um eine Zunahme der Proteinpufferung. Das gleiehe wird man f/it die noeh st/~rkere Zunahme der Pufferkapazitgt bei PH 3,0 (Abb. ¢) annehmen dfirfen, denn es ist unwahrseheinlieh, dab sich nach Ablauf der Glykolyse wghrend der Reifung in gr6Berer Menge sauere Niehtprotein-Verbindungen bilden.

Man kann daher aus unseren Versuchen folgern, daI~ wghrend mehrt£giger Fleisehreifung die verf/igbaren basischen und saueren Ladungsgruppen des Proteins zunehmen. Wir kommen damit zu dem gMchen l~esultat, zu dem wir von einer ganz anderen Seite her, n~mlich fiber das Studium der l%-Abhgngigkeit der Muskel- hydratat ion gelangt sind 4. Wie wir dort bereits darlegten, d/irfte diese zumindest teilweise sterisch bedingte Freisetzung yon verffigbaren Ladungsgruppen auf einer proteolytiseh bedingten Auflockerung des Gewebes beruhen. Wir mSehten hier nochmals darauf hinweisen, da6 bereits die Spaltung weniger Peptidbindungen genfigen d/irfte, um eine solehe Aufloekerung der Struktur zu erreichen.

1 Se~WARZ~Se~E~, t~.: Z. gerichtl . Med. 39, 421 (1948). 2 BENDALL, J . 1~., u. C. L. DAVEY: Biochim. biophys. Acta 26, 93 (1957). 3 BATE-SMITH, E. C.: Zit. S. 337, Anm. 2. 4 HA~VLM, I~.: Zit. S. 337, Anm. 1. Z. Lebensmitt.-Untersuch., Band 109 24

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346 R. H A ~ :

Die Pufferkapazit/it des proteinfreien Extraktes nimmt w/ihrend der Reifung raerklieh zu (Abb. 5 und 6). Da die maximale Zunahme im pH-Bereich 8,2--8,3 sowie 9,7--10,4 liegt, mfissen die pK-Werte der ffir die Pufferungszunahme verantwort- lichen Substanzen yon entspreehender GrSBenordnung sein (vgl. oben). In den

letzten Jahren wurde unsere Tabelle 4. Nichtprotein-Substanzen im gelagerten Muskel

(mit Ausnahme der Mineralstoffe)

Substanz

Milchs/~ure . . . . . . . . Krea t in in (-{- Kreat in) . . Carnosin . . . . . . . . Carnit in . . . . . . . . . IMP . . . . . . . . . . Imidazolpeptide . . . . . ~-Alanin . . . . . . . . Bernsteins/~ure . . . . . . Glykols/~ure . . . . . . . Anserin . . . . . . . . . Ammoniak . . . . . . . Taur in . . . . . . . . . Citrullin . . . . . . . . Harnstoff . . . . . . . . Serin . . . . . . . . . . Isoleucin . . . . . . . . Leucin . . . . . . . . . Hist idin . . . . . . . . . Methionin . . . . . . . . Glutamins/~ure . . . . . . Glutamin . . . . . . . . Glykokoll . . . . . . . . Arginin . . . . . . . . . Lysin . . . . . . . . . . Asparaginsaure . . . . . . Phenyl~lania . . . . . . Valin . . . . . . . . . . Tyrosin . . . . . . . . .

p. der maximalen

Pufferkapazit/it (fib. pH-Werte

> 6)

(3,90) (3,57)

6,83; 9,51

6,04 6,8--7,8

9,69 (4,32) (3,83)

7,04; 9,49 9,25 8,74

(1,8) 9,15 9,68 9,74

6,10; 9,18 9,21 9,47 9,13 9,60

9,04; 12,48 8,95; 10,53

9,82 9,24 9,72 9,12

Konzentration nach WOOD u. BENDER (vgl. Text )

%

14,6 10,31

3,7 3,3

> 2,6 1,88 1,32 1,26 0,98 0,75 0,42 0,32 0,26 0,11 0,10 0,08 0,08 0,03 0,01

Kenntnis fiber die niedermole- kularen Extraktivstoffe des Muskels, insbesondere fiber die freien Aminosauren durch eine R e i h e y o n A r b e i t e n 1 w e s e n t l i c h e r w e i t e r t . A u f G r u n d d iese r A r b e i t e n , v o r a l l e m a b e r a u s d e r s e h r v ie le S u b s t a n z e n u m - f a s s e n d e n U n t e r s u e h u n g v o n WOOD u n d B]~ND~ER 1 e r g i b t s i ch ffir d ie i m M u s k e l e x t r a k t e n t h a l t e n e n N i c h t p r o t e i n - S u b - s t a n z e n d ie i n T a b . 4 g e g e b e n e A u f s t e l l u n g . Die M e n g e n a n - g a b e n n a c h WOOD u n d B~N- DER b e z i e h e n s i ch a u f die T r o e k e n s u b s t a n z h a n d e l s f i b - l i eh h e r g e s t e l l t e n F l e i s e h e x - t r a k t e s , sie l a s s e n s ich also n u r r e e h t b e d i n g t a u f d ie i n f r i s e h e m G e w e b e e x t r a k t h e r r - s e h e n d e n B e d i n g u n g e n a n w e n - den . I m m e r h i n a b e r g e s t a t t e n sie e i n Absch /~ tzen d e r K o n - z e n t r a t i o n s v e r h / ~ l t n i s s e .

V e r g l e i e h t m a n die in Ta- be l le 4 a n g e f i i h r t e n p ~ - W e r t e d e r m a x i m a l e n P u f f e r u n g m i t d e n v o n n n s g e f u n d e n e n p~- B e r e i c h e n d e r m a x i m a l e n P u f -

ferungszunahme bei ps-Werten > 6, so scheiden von vornherein neben Orthophos- phat (PK2 7,2) aueh Carnosin, Anserin, Inosinmonophosphat (IMP) und Imidazol- peptide als ffir die Pufferungszunahme mal~gebende Verbindungen aus. Wahrschein- richer hingegen ist es, dab neben freiem Ammoniak, dessert Konzentration bei 1/ingerem Abh/~ngen nieht mehr wesentlich zunimmt 2 vor allem freie Aminos/iuren hier eine Rolle spielen. DvorAK 3 konnte eine Zunahme an Alanin, Taurin, Serin, G l u t a m i n , G lye in , V a l i n , M e t h i o n i n u n d L e u c i n w g h r e n d d e r R e i f u n g nicht n a c h - weisen . D a g e g e n s t e l l t e e r q u a l i t a t i v e in d u r c h l%ei fungsprozesse b e d i n g t e s A n - w a e h s e n f o l g e n d e r A m i n o s ~ u r e n l e s t : G l u t am i ns /£u re , A r g i n i n , L y s i n , H i s t i d i n , T y r o -

1 TALLAN, H. i . , ST. MOORE u. W. H. STEIN: J. biol. Chem. 211, 927 (1954). - - GI~CGEI~, J. D., J . B. WACn'rE~, D. M. DoTY u. B. S. SCnWEmSRT: Food Res. 19, 410 (1954). - - WooD, T. : J . Sci. Food Agrie. 1956, 196. - - DAVEr, C. L. : Nature (London) 179, 209 (1957). - - GRAU, R., u. A. B 5 ~ : Fleischwirtseh. 1O, 70 (1958). --DVORAK, Z.: ~eskoslovensk~ Biologie 5, 236 (1956). - - WOOD, T., u. A. E. BENDER: Bioehem. J. 67, 366 (1957).

2 SeHWAaZFISC~E~, F. : Zit. S. 345, Anm. 1. 8 DVORAK, Z.: Ceskoslov. Biol. 5, 236 (1956).

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Zur Bioehemie der Fleisehreifnng. I I I 347

sin, Phenylalanin und Asparagins~ure. Die drei letztgenannten Aminos~urea sollen bei der Reifung neu auftreten, also im Ex t rak t des frischen Muskels nicht nach- weisbar sein. Die pK-Werte dieser Aminos~uren bzw. die p~-Werte ihres maximalen Pufferungsverm6gens be[ PH > 6 (Tab. 4) lassen es als durehaus mSglieh erseheinen, dab sie als Gesamtheit eine dureh die Reifung bedingte maximale Zunahme der Puffer- kapazit/~t im p~-Bereich 9,7--10,4 hervorrufen.

• Das zweite Maximum der Pufferungszunahme bei p~ 8,2--8,3 1/~gt sieh jedoch nieht mit dem vermehrten Auftreten an freien Aminos/iuren erkl/~ren. In Anbetraeht dessen aber, dag die pK2-Werte der meisten Dipeptide zwisehen 7,6 und 8,5 liegen 1, halten wir es f/Jr reeht wahrscheinlich, dag die Zunahme der Pufferungskapazit~t des proteinfreien Extraktes in diesem pH-Bereich einem mit der Reifung zunehmenden Auftreten yon niederen Peptiden zuzuschreiben ist. Diese Frage kann natiirlich nur auf analytisehem Wege entschieden werden.

Der N-Gehalt des Trichloressigs~ureextraktes n immt w/ihrend der ersten zwei Tage naeh dem Schlaehten nur wenig und dann bei weiterem Abh/~ngen - - trotz der zunehmenden Pufferung durch freie Aminos~uren und Peptide - - nieht mehr zu. Wie wir bereits friiher erSrterten ~, wurde schon von verschiedenen Autoren auf diese iiberrasehend geringe Zunahme an Extrakt-St ickstoff w/ihrend der Reifung hin- gewiesen.

Zusammen[assung Es wurde die J~nderung des Pufferungsverm6gens des gesamten Gewebes, der w~g-

rigen Ext rak te und der proteinfreien Ext rakte des Rindermuskels w/~hrend eines Zeit- raumes yon 2 Std bis zu 9 Tagen naeh dem Sehlachten untersueht, wobei w/~hrend des Abh~ngens bei q-2 ° C bakterielle Einfliisse naeh M6glichkeit eingeschr/~nkt wurden.

I m sehlaehtwarmen Muskel entfallen bei p~ 7 etwa 80% der Gesamtpufferung auf Proteine; 75 % der Proteinpufferung werden yon den strukturellen, 25 % von den wasserl6sliehen Proteinen ~bernommen. Aus den Pufferungskurven wird gesehlossen, dal3 die Protein-Pufferkapazitgt des Gewebes nieht nur yon der Anzahl der Ladungsgruppen des EiweiBes, sondern aueh yon dem r/~umliehea Bau der Gewebestruktur best immt wird.

W/~hrend der ersten 24 Std naeh dem Sehlachten n immt die Pufferkapazit£~ des Muskels bei PH < 5 infolge Milchs/~urebildung zu, bei pH-Werten > 6 n immt sic hingegen ab. Diese Abnahme beruht auf einem Absinken der Proteinpufferung und wird mit der wghrend der Entwieklung des Rigor morris eintretenden Verdichtung der Muskelstruktur erkl/trt (Abnahme an verftigbaren basisehen Gruppen).

I m Zustand der Totenstarre entfallen bei PK 7 nur noeh 50 % der Gesamtpufferung auf das Muskeleiweig. 80% der Proteinpufferung werden yon den strukturellen Proteinen, der Rest yon den 15slichen Muskelproteinen bestritten. Die Bedeutung yon Mflchsgure, Orthophosphat, Carnosin, Ammoniak und Hydrogencarbonat fiir die Pufferkapazitgt des proteinfreien Extraktes wird diskutiert.

W/~hrend des weiteren Abh/~ngens nimmt im Zeitraum yon 1--9 Tagen naeh dem Sehlaehten die Gewebepufferung nur bei hohen (PH 7,5) und niederen (p~ 3,0) pn-Wer- ten zu. Dies wird mit einer Zunahme yon basischen und saueren Ladungen des Ei- weiges erkl/~rt und mit proteolytischenVorggngen in Zusammenhang gebraeht. Die Zu- nahme der Pufferkapazit/~t des proteinfreien Muskelextraktes w/~hrend der Reiflmg wird auf das Auftreten yon freien Aminos~turen und niederen Peptiden zur/ickgefiihrt.

1 ]~DSALL, J. T. : In Co~ , E. J., u. J. T. EDSALL, Proteins, Amino Acids and Peptides as Ions and Dipolar Ions. S. 84. New York: Reinhold Publ. Corp. 1943• - - STAUFF, J. : Zit. S. 343, Anm. 3.

HaMM, R. : Zi~. S. 337, Anm. 1. 24*