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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Zur Biogenese des Cyanidins I. Mitt.: Versuche mit Acetat — [1 — 14 C] und Acetat — [2 — 14 C] Von HANS GRISEBACH Aus dem Organisch-chemischen Institut der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg (Z. Naturforschg. 12 b, 227—231 [1957] ; eingegangen am 23. Dezember 1956) Versuche mit markiertem Acetat stützen die Hypothese von BIRCH, nach der der Ring A des Cya- nidins bei der Biosynthese in Rotkohlpflänzchen durch eine „Kopf-Schwanz" Addition von Acetyl- einheiten gebildet wird. Im Jahre 1921 veröffentlichte ROBINSON 1 eine Hypothese, nach der die Biogenese der Anthocyane und der chemisch mit ihnen verwandten Verbindun- gen aus einer C 6 — C3 - und einer C6 -Einheit erfolgt. Dabei nahm ROBINSON an, daß der Aufbau des Mol.- Gerüstes zunächst bis zu einer gemeinsamen Vor- stufe für alle Abkömmlinge verläuft und sich dann gabelt, während PAECH 2 die Auffassung vertritt, daß der Oxydationsgrad des fertigen Moleküls schon vor dem Zusammentritt der beiden Molekülteile fest- gelegt ist. Über die Natur und die Biogenese der Phenylpropan-Einheit (C 6 — C 3 ) liegen bereits einige experimentelle Ergebnisse vor 3 . So fanden GEISS- MANN und HARBORNE 4 in Albino-Formen des Löwen- mauls (Antirrhinum maius) Ester der p-Cumar- säure und der Kaffeesäure, welche in direkter che- mischer Verwandtschaft zu den Flavonen der ge- färbten Genotypen von A. maius stehen. Man kann also annehmen, daß in diesem Falle der genetische Block in den Albino-Arten auf dem Wege der Farb- stoffsynthese nach der Bildung der Phenylpropan- Körper liegt. Besonders interessant sind die Ver- suche von REZNIK 5 , der zeigen konnte, daß in der Seitenkette mit 14 C markiertes Coniferin, D-Syrin- gin, D-Glucovanillin und Ferulasäure bei Weizen und Sonnenblume in das Flavonol Tricin eingebaut 1 Siehe R . ROBINSON U. G . M. ROBINSON, J. Amer. chem. Soc. 61, 1605 [1939]. 2 K. PAECH, Biochemie und Physiologie der sekundären Pflanzenstoffe, Springer-Verlag'l950, S. 189. 3 Ausführliche Literatur bei H. REZNIK, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 2. Abhand- lung 1956, Springer-Verlag, Heidelberg 1956. 4 T. A. GEISSMANN U. J. B. HARBORNE, Arch. Biochem. Bio- physics 55. 447 [1955]. 5 H. REZNIK, Privatmitteilung; vgl. auch H. REZNIK, Natur- wissenschaften 44, 13 [1957]. 6 Siehe z.B. K. V. THIMANN U. Y. H. EDMONDSON, Arch. Bioche mistry 22, 33 [1949]. 7 B. D. DAVIS in „Amino Acid Metabolism" S. 799, Johns Hopkins Press, Baltimore 1955. wird. Allerdings wurde bei diesen Versuchen bisher noch kein Abbau durchgeführt, so daß noch zu be- weisen ist, ob diese Vorstufen unverändert, d. h. ohne vorangehenden Abbau der Seitenkette einge- baut werden. Die Tatsache, daß die Bildung der Anthocyane durch Zuckerzufuhr gefördert wird, ist schon lange bekannt 6 . Aber erst durch die Arbeiten von DAVIS, SPRINSON und Mitarbb. 7 ' 9 konnte gezeigt werden, daß die Biogenese der Phenylpropan-Körper, zu- mindest bei E. coli, über die Stufen Glucose —>- 2- Keto-3-desoxy-7-phospho-glucoheptonsäure —>• 5-De- hydrochinasäure 5-Dehydroshikimisäure —Shi- kimisäure -> Prephensäure erfolgt. Auch bei Neu- rospora verläuft nach TATUM und GROSS 8 die Bio- genese der Protocatechusäure über die Stufe der Shikimisäure. Sehr wahrscheinlich ist die Shikimi- säure auch in der Pflanze als Vorstufe einer großen Anzahl von aromatischen Verbindungen anzuneh- men. EBERHARDT 10 konnte erstmals beweisen, daß die Shikimisäure in die Phenylpropan-Einheiten des Lignins eingebaut wird. Aus den bisherigen Ergeb- nissen liegt es daher nahe anzunehmen, daß der Ring B des Flavangerüstes (I) aus der Shikimisäure, bzw. die Phenylpropan-Einheit aus der Prephen- säure stammt *. 8 E. L. TATUM U. S. R. GROSS, J. biol. Chemistry 219, 797 [1956], 9 P. R. SRINIVASAN, M. KATAGARI U. D. B. SPRINSON, J. Amer. chem. Soc. 7 7 , 4 9 4 3 [1955]. 10 G. EBERHARDT U. W . J. SCHUBERT, J. Amer. chem. Soc. 78. 2835 [1956]. * Für die Beteiligung einer C6 C3-Einheit mit dem Ring B als Kern spricht die Tatsache, daß die Substituenten am Ring B der Flavan-Derivate bevorzugt in der gleichen Orientierung vorkommen wie im Coniferylalkohol, in der Kaffeesäure und anderen Phenylpropan-Abkömmlingen der Pflanze.

Zur Biogenese des Cyanidins - Max Planck Societyzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/12/ZNB-1957-12b-0227.pdf4.0 International License. Dieses W erk wurde im Jahr 2013 vom V erlag Zeitschrift

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  • This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

    Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

    Zur Biogenese des Cyanidins I . Mi t t . : Versuche mit Acetat — [1 — 14C] und Ace ta t — [2 — 14C]

    V o n H A N S G R I S E B A C H

    Aus dem Organisch-chemischen Institut der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg ( Z . Natur f o r s chg . 12 b, 2 2 7 — 2 3 1 [1957 ] ; e i n g e g a n g e n am 23 . D e z e m b e r 1956)

    Versuche mit markiertem Acetat stützen die Hypothese von BIRCH, nach der der Ring A des Cya-nidins bei der Biosynthese in Rotkohlpflänzchen durch eine „Kopf-Schwanz" Addition von Acetyl-einheiten gebildet wird.

    Im Jahre 1 9 2 1 veröffentlichte R O B I N S O N 1 eine Hypothese, nach der die Biogenese der Anthocyane und der chemisch mit ihnen verwandten Verbindun-gen aus einer C 6 — C3- und einer C6-Einheit erfolgt. Dabei nahm R O B I N S O N an, daß der Aufbau des Mol.-Gerüstes zunächst bis zu einer gemeinsamen Vor-stufe für alle Abkömmlinge verläuft und sich dann gabelt, während P A E C H 2 die Auf fassung vertritt, daß der Oxydationsgrad des fertigen Moleküls schon vor dem Zusammentritt der beiden Molekülteile fest-gelegt ist. Über die Natur und die Biogenese der Phenylpropan-Einheit (C 6 — C 3 ) liegen bereits einige experimentelle Ergebnisse v o r 3 . So fanden G E I S S -M A N N und H A R B O R N E 4 in Alb ino-Formen des Löwen-mauls (Antirrhinum maius) Ester der p-Cumar-säure und der Kaffeesäure, welche in direkter che-mischer Verwandtschaft zu den Flavonen der ge-färbten Genotypen von A. maius stehen. Man kann also annehmen, daß in diesem Falle der genetische Block in den Albino-Arten auf dem Wege der Farb-stoffsynthese nach der Bildung der Phenylpropan-Körper liegt. Besonders interessant sind die Ver-suche von R E Z N I K 5 , der zeigen konnte, daß in der Seitenkette mit 1 4C markiertes Coniferin, D-Syrin-gin, D-Glucovanillin und Ferulasäure bei Weizen und Sonnenblume in das Flavonol Tricin eingebaut

    1 Siehe R . ROBINSON U . G . M. ROBINSON, J . Amer. chem. Soc. 61, 1605 [1939].

    2 K. PAECH, Biochemie und Physiologie der sekundären Pflanzenstoffe, Springer-Verlag'l950, S. 189.

    3 Ausführliche Literatur bei H. REZNIK, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 2. Abhand-lung 1956, Springer-Verlag, Heidelberg 1956.

    4 T. A. GEISSMANN U . J. B. H A R B O R N E , Arch. Biochem. Bio-physics 55. 447 [1955].

    5 H . R E Z N I K , P r i v a t m i t t e i l u n g ; v g l . a u c h H . R E Z N I K , N a t u r -wissenschaften 44, 13 [1957].

    6 Siehe z.B. K. V. THIMANN U . Y. H. EDMONDSON, Arch. Bioche mistry 22, 33 [1949].

    7 B. D . D A V I S in „Amino Acid Metabolism" S. 799, Johns Hopkins Press, Baltimore 1955.

    wird. Allerdings wurde bei diesen Versuchen bisher noch kein Abbau durchgeführt, so daß noch zu be-weisen ist, ob diese Vorstufen unverändert, d. h. ohne vorangehenden A b b a u der Seitenkette einge-baut werden.

    Die Tatsache, daß die Bildung der Anthocyane durch Zuckerzufuhr gefördert wird, ist schon lange bekannt6 . Aber erst durch die Arbeiten von D A V I S , S P R I N S O N und M i t a r b b . 7 ' 9 konnte gezeigt werden, daß die Biogenese der Phenylpropan-Körper, zu-mindest bei E. coli, über die Stufen Glucose —>- 2-Keto-3-desoxy-7-phospho-glucoheptonsäure —>• 5-De-hydrochinasäure 5-Dehydroshikimisäure — S h i -kimisäure - > Prephensäure erfolgt. Auch bei Neu-rospora verläuft nach T A T U M und G R O S S 8 die Bio-genese der Protocatechusäure über die Stufe der Shikimisäure. Sehr wahrscheinlich ist die Shikimi-säure auch in der Pflanze als Vorstufe einer großen Anzahl von aromatischen Verbindungen anzuneh-men. E B E R H A R D T 10 konnte erstmals beweisen, daß die Shikimisäure in die Phenylpropan-Einheiten des Lignins eingebaut wird. Aus den bisherigen Ergeb-nissen liegt es daher nahe anzunehmen, daß der Ring B des Flavangerüstes ( I ) aus der Shikimisäure, bzw. die Phenylpropan-Einheit aus der Prephen-säure stammt *.

    8 E . L . T A T U M U . S. R . G R O S S , J . biol. Chemistry 2 1 9 , 7 9 7 [ 1 9 5 6 ] ,

    9 P. R. SRINIVASAN, M. K A T A G A R I U . D. B. SPRINSON, J . Amer. chem. Soc. 7 7 , 4 9 4 3 [ 1 9 5 5 ] .

    1 0 G . EBERHARDT U . W . J . SCHUBERT, J . Amer. chem. Soc. 7 8 . 2 8 3 5 [ 1 9 5 6 ] .

    * Für die Beteiligung einer C6 — C3-Einheit mit dem Ring B als Kern spricht die Tatsache, daß die Substituenten am Ring B der Flavan-Derivate bevorzugt in der gleichen Orientierung vorkommen wie im Coniferylalkohol, in der Kaffeesäure und anderen Phenylpropan-Abkömmlingen der Pflanze.

  • Dagegen ist über die Biogenese der C6-Einheit, welche dem Kern A des Flavangerüstes entspricht, bisher noch nichts Sicheres bekannt. Nach R O B I N -SON11 handelt es sich dabei um Phloroglucin oder ein ähnliches, leicht umwandlungsfähiges Interme-diärprodukt. In Blättern, die sich im Herbst hochrot verfärben, soll vorher Phloroglucin nachweisbar sein, während in grün bleibenden Arten nichts da-von, oder nur sehr wenig vorhanden ist12 . Nach den Arbeiten von KURSANOW13 soll die Biosynthese des Phloroglucins über die Stufe des meso-Inosits erfol-gen. Die Versuche über die Quercetinbildung bei Clamydomonas eugametosu, nach denen die Vor-stufe des Ringes A das Phloroglucin sein soll, wel-ches seinerseits aus meso-Inosit gebildet wird, sind

    wegen der Fragwürdigkeit des dabei angewendeten Kopulationstestes anzuzweifeln l o . Bei wachsenden Kulturen von Spirodela fanden T H I M A N N und Mit-arbb. 16, daß die Anthocyanproduktion durch Gabe von meso-Inosit um 40% gesteigert wird. Bei Gegen-wart von genügend Zucker hatte der meso-Inosit je-doch keinen Einfluß auf die Anthocyan-Produktion.

    1953 veröffentlichten B I R C H und D O N O V A N 1 7 eine Hypothese, nach der eine Reihe von Orcin- und Phloroglucin-Derivate durch „Kopf-Schwanz" Ad-dition von Acetyleinheiten gebildet werden. Diese Acetat-Hypothese hat inzwischen durch eine Reihe von experimentellen Befunden eine starke Stütze er-fahren 18. Nach B I R C H 18 erfolgt die Biosynthese des Flavangerüstes auf folgendem Weger

    OK

    - C H = C H C 0 2 H 4- 3CH3C02H

    ; - CH = CH - C0CH,C0CH,C0CH,C02H

    Mit Hilfe von meso-Inosit-14C konnte gezeigt werden, daß der meso-Inosit keine Vorstufe bei der Bio-synthese des Cyanidins darstellt19.

    Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es nun, durch Anwendung von markiertem Acetat Anhaltspunkte über die Biogenese des Ringes A beim Cyanidin zu erhalten. Als Versuchsmaterial erschienen Rotkohl-Keimlinge am geeignetsten, welche den Farbstoff Rubrobrassicin (II) 20 enthalten, der nach Hydrolyse Cyanidin ergibt.

    ,OH H3CO

    H O - < ^ CH—CH—COO—

    H3CO \ I

    I I OH

    - O H

    O • C6H904 (OCH3) C6HuO5

    Methode

    Aufzucht der Rotkohlpflänzchen

    Rotkohlsamen der Sorte Dauerrot wurden durch 6-minütiges Behandeln mit 1-proz. Bromwasser sterili-siert. Die Auskeimung erfolgte unter sterilen Bedingun-gen in Petrischalen auf Filtrierpapier, welches mit glas-destill. Wasser angefeuchtet war. Als Beleuchtung dien-

    11 R. ROBINSON, „ T h e Structural Relations of Natural Pro-ducts" . The Clarendon Press, Oxford 1955.

    1 2 K . P A E C H , Z i t a t 2 , S . 1 9 2 . 13 A . L. KURSANOW, Synthese und Umwandlung der Gerbstoffe

    in der Teepflanze, VEB Verlag Volk und Gesundheit, Ber-lin 1954.

    14 A . J. B I R C H , F. W . DONOVAN U . F. Möwus, Nature [London] 172. 902 [ 1 9 5 3 ] .

    15 F .J .RYAN, Science [Washington] 122, 470 [ 1 9 5 5 ] .

    ten 4 Osram-Leuchtröhren (2 Stück HNT und 2 Stüde HNI) im Abstand von 50 cm.

    Bestimmung der Einbaurate von Acetat-l-uC mit und ohne Gegenwart von Glucose

    Je 10 Pflänzchen erhielten 1. eine Lsg. von 2 mg Na Acetat-[1-14C] in 1cm3 dest. Wasser, 2. die gleiche

    1 6 K . V . THIMANN, Y . H . EDMONDSON U . B. C . R A D N E R , Arch, Biochem. Biophysics 34, 305 [ 1 9 5 1 ] .

    17 A . J. BIRCH U . F. W . DONOVAN, Austr . J. Chem. 6, 360 [1953 ] ,

    18 A . J. BIRCH, „Perspectives in Organic Chemistry" S. 134 bis 154, Interscience Publishers, Inc. , New York 1956.

    1 9 F . W E Y G A N D , W . BRUCKER, H . G R I S E B A C H u . E . SCHULZE, Z . Naturforschg. 12 b, 222 [1957 ] .

    2 0 A . F R E Y - W Y S S L I N G u . F . B L A N K , B e r . S c h w e i z , b o t . G e s . A 5 3 , 5 5 0 [ 1 9 4 3 ] .

  • Lsg. wie in 1 plus 4,5 mg Glucose (Molverhältnis 1 :1 ) , 3. die gleiche Lsg. wie in 1 plus 45 mg (Molverhältnis 1 : 10). Man ließ die Pflänzchen 60 Stdn. unter sterilen Bedingungen wachsen. Dann extrahierte man das Cya-nidin und reinigte es, wie nachfolgend beschrieben. Die Konzentration des Cyanidins bestimmte man spek-trophotometrisch bei 540 m/u. Die gesamte Farbstofflsg. von je 10 Pflänzchen wurde dann auf ein kleines Volu-men eingeengt und auf einem Meßschälchen zur Trock-ne gebracht.

    Versuch mit Acetat-[l-uC]

    Die Lsg. von 20 mg Na-Acetat-[l-14C] (Aktivität 0,5 mC/mMol) in 10 cm3 Glucoselsg. (2,5 • 10~2 mo-lar) wurde auf 100 Rotkohlpflänzchen am 4. Keimungs-tag verteilt. (Die Anthocyanbildung ist nach E B E R -HARD 2 1 zwischen dem 3. und 5. Keimungstag am stärk-sten.) Nachdem die Pflänzchen die Lsg. durch die Wur-zeln aufgenommen hatten, ließ man noch 4 Tage auf Filtrierpapier, welches mit einer 2,5 • 10~2-m. Glucoselsg. angefeuchtet war, weiterwachsen. Der Versuch erfolgte unter sterilen Bedingungen. Zur Aufarbeitung wurden die Wurzeln abgeschnitten. Die Sprosse der Pflänzchen verrieb man im Mörser mit Sand und 20-proz. Salz-säure. Dann wurde zentrifugiert und der Rückstand 2-mal mit 20-proz. Salzsäure ausgewaschen. Nach die-ser Behandlung zeigte der Rückstand keine nachweis-bare Radioaktivität mehr. Zur Hydrolyse des Glykosids erhitzte man die Lsg. 3 Min. zum Sieden und entzog der Lsg. nach dem Erkalten das Cyanidin durch Aus-schütteln mit Amylalkohol. Ein kleiner Teil der amyl-alkoholischen Lsg. wurde aufsteigend mit Wasser/Eis-essig/konz. HCl (10 : 30 : 3 vol.) chromatographies. Etwa 38% der auf dem Papierchromatogramm gemes-senen Aktivität hatte den gleichen i?/-Wert wie das Cya-nidin (Rf = 0,5). Die restliche Aktivität hatte einen Rf-Wert von 0,9. Dieser Anteil wurde nicht weiter unter-sucht. Die Hauptmenge des Farbstoffes wurde wie folgt gereinigt: Der amylalkoholische Auszug der Hydro-lysenlsg. wurde zunächst mit Wasser und dann mit 1-proz. Salzsäure gewaschen. Dann setzte man etwa das 6-fache Volumen Benzol zu und schüttelte das Cyanidin mehrmals mit 1-proz. Salzsäure aus. Der salzsauren Lsg. entzog man den Farbstoff durch Ausschütteln mit Amylalkohol. Die amylalkoholische Lsg. wurde auf ein kleines Volumen eingeengt und die methanolische Lsg. von 100 mg synthetischem Cyanidin zugegeben. Dann versetzte man mit dem gleichen Volumen 7-proz. Salz-säure und destillierte den Alkohol ab, bis sich der Farbstoff an der Flüssigkeits-Oberfläche abzuscheiden begann. Durch Stehen im Eisschrank ließ man vollstän-dig auskristallisieren und kristallisierte nochmals auf die gleiche Weise um. Eine Probe des so gewonnenen radioaktiven Cyanidinchlorids wurde aufsteigend mit dem oben erwähnten Lösungsmittel-Gemisch chromato-graphiert. Nur die Farbstoffzone (/fy = 0,5) war radio-aktiv.

    2 1 F . E B E R H A R D , P l a n t a 4 3 . 2 5 3 [ 1 9 5 4 ] .

    Alkalischmelze des Cyanidinchlorids

    100 mg des radioaktiven Cyanidinchlorids wurden unter Stickstoff im Silbertiegel mit 1 g Kaliumhydroxyd plus 1 g Natriumhydroxyd während 8 Min. zwischen 230° und 250° gehalten. Man ließ unter Stickstoff er-kalten und löste die Schmelze unter Durchleiten von Stickstoff in wenig Wasser plus 4,3 cm3 konz. Salzsäure. Die saure Lsg. wurde dann mit Kochsalz gesättigt und eine wäßrige Lsg. von 50 mg Phloroglucin plus 50 mg Protocatechusäure hinzugegeben. Dann wurde 6-mal ausgeäthert. Dem ätherischen Auszug (I) entzog man die Protocatechusäure mit Bicarbonat und wusch dann mit Wasser. Die Bicarbonatlsg. wurde sofort in 2-n. Salzsäure einfließen gelassen. Die saure Lsg. ätherte man mehrfach aus und löste im Äther weitere 50 mg Protocatechusäure. Dann engte man zur Trockne ein und kristallisierte den Rückstand aus Essigester plus Petroläther um. Die so erhaltene Protocatechusäure vom Schmp. 195" war radioaktiv. Das Phloroglucin verbleibt im ätherischen Auszug (I). In diesem wurden weitere 300 mg Phloroglucin gelöst und dann zur Trockne eingedampft. Den Rückstand kristallisierte man 1-mal aus Wasser und dann aus Essigester plus Petroläther um. Man erhielt so 290 mg radioaktives Phloroglucin vom Schmp. 116°.

    Trinitrophloroglucin

    Die Darstellung erfolgte aus 260 mg Phloroglucin nach F R E U D E N B E R G 2 2 . Ausbeute an Trinitrophloroglucin nach 2-maligem Umkristallisieren aus Essigester plus Petroläther 110 mg, Schmp. 170°.

    Brompikrinspaltung des Trinitrophloroglucins

    Diese erfolgte in der von E H R E N S V Ä R D 23 angegebenen Apparatur mit 40mg Trinitrophloroglucin. Ausbeute: Bariumcarbonat nach Abzug des Blindwertes aus C-Atomen 2.4.6 87,6 mg, das sind 97% der Theorie. Ba-riumcarbonat nach Abzug des Blindwertes aus C-Ato-men 1.3.5 42 mg, das sind 46% der Theorie.

    Messung der Radioaktivität

    Alle Abbauprodukte wurden nach Verbrennung als C02 im Gaszählrohr gemessen. Die sonstigen Aktivitäts-Bestimmungen erfolgten mit dem Gasfluß-Zählrohr.

    Ergebnisse

    Die bei Gabe von Natriumacetat-[l-14C] mit und ohne Gegenwart von Glucose bestimmte Einbaurate und die spezifische Radioaktivität des Cyanidins zeigt Tab. 1.

    2 2 K . F R E U D E N B E R G , H . FIKENTSCHER U. W . W E N N E R , L i e b i g s A n n . C h e m . 4 4 2 , 3 0 9 [ 1 9 2 5 ] .

    23 G . EHRENSVÄRD. A r k . K e m i 5 , 3 0 7 [ 1 9 5 3 ] .

  • Molverhältnis Xa-Acetat-[l-1 4C]

    /Glucose

    Gesamtmenge gebildetes Cyanidin

    [7l

    spez. Aktivität Einbaurate

    Molverhältnis Xa-Acetat-[l-1 4C]

    /Glucose

    Gesamtmenge gebildetes Cyanidin

    [7l Imp./Min./100 •/

    (bezogen auf Gesamtimpulse

    Xa -Acetat- [ l - l 4 C] in Nährlsg.)

    [%1

    1 : 0 6 1 1 6 3 5 0 0 , 3 6 1 : 1 1 0 3 1 6 3 0 0 0 , 5 8 1 : 1 0 1 7 2 1 2 5 5 0 0 , 7 6

    T a b . 1. E i n b a u v o n N a - A c e t a t - l - 1 4 C i n das C y a n i d i n mit u n d o h n e G e g e n w a r t v o n G l u c o s e .

    Der Abbau des radioaktiven Cyanidins erfolgte nach folgendem Schema.

    OH

    HO - O H NaOH/KOH 2 5 0 °

    HO OH HO,C —

    OH OH I NO.,

    HO OH Ba(OBr), 3Br3CN02 + 3C02 I I

    I 5 4 3 BaC03 BaC03 0 2 N X / N N O , (C 1.3.5) (C2.4.6)

    OH

    Die Ergebnisse der Radioaktivitäts-Verteilung zeigt Tab. 2.

    Versuch mit Acetat-[l-MC] Versuch mit Acetat-[2-14C]

    Imp./Min./m Mol Prozent Aktivität

    Imp./Min./m Mol Prozent Aktivität Imp./Min./m Mol von Trinitrophloroglucin Imp./Min./m Mol von Trinitrophloroglucin

    Trinitrophloroglucin 3292 100 4053 100 BaC03 aus CO., 2930 89 1340 33 (C 2. 4. 6) BaC03 aus Br3CNO, 264 8 — (67) (C1.3. 5)

    (67)

    T a b . 2 . E r g e b n i s s e des A b b a u e s von C y a n i d i n . M e ß f e h l e r + 3 P r o z e n t .

    Beim Versuch mit Acetat-[1-14C] befinden sich 89% der Radioaktivität in den 3 C-Atomen des Phlo-roglucinringes, welche die Hydroxylgruppen tragen. Beim Versuch mit Acetat-[2-14C] enthalten diese 3 C-Atome 33% der Aktivität. Beim Versuch mit Acetat-[2-14C] wurde die Aktivität in den C-Atomen 1.3.5 nur durch Differenzbildung erhalten.

    Diskussion

    Die spez. Aktivität des Cyanidins nach Gabe von Acetat-[1-14C] mit und ohne Gegenwart von Glucose

    läßt darauf schließen, daß Acetat in enger Bezie-hung zur Biosynthese des Cyanidins steht. Würde nämlich der Einbau des Acetats über eine Resynthese zur Glucose erfolgen, so sollte man bei Gegenwart von Glucose eine viel stärkere Hemmung des Ein-baues von Acetat in das Cyanidin erwarten. So fand z.B. R A F E L S O N 2 4 bei der Biosynthese des Trypto-phans aus Acetat-[1-14C], welche über eine Resyn-these zur Glucose verläuft, bei einem Molverhältnis Acetat/Glucose von 0,67 eine beträchtliche Vermin-derung des Einbaues von Acetat, während bei einem

    2 4 M . E . RAFELSON, jr., J. biol. Chemistry 213, 4 7 9 [ 1 9 5 5 ] .

  • Molverhältnis Acetat/Glucose von 1 : 10 praktisch kein Einbau des Acetats mehr erfolgte. Dagegen ist im Falle des Cyanidins bei einem Molverhältnis Acetat/Glucose von 1 : 1 keine Abnahme der spez. Aktivität des Cyanidins zu beobachten und bei einem Molverhältnis von 1 : 10 nimmt die spez. Aktivität nur um 23% ab. Da der Ring B des Cyanidins sehr wahrscheinlich über Glucose gebildet wird und auch dieser Ring radioaktiv war*, ist die geringe Ab-nahme der spez. Aktivität des gesamten Mol. bei Gegenwart von größeren Mengen Glucose verständ-lich, da dann die Resynthese des Acetats zur Glucose und somit der Einbau in den Ring B herabgesetzt wird. Weiterhin zeigt der Abbau des Cyanidins, daß Acetat-[1-14C] in spezifischer Weise in den Ring A des Cyanidins eingebaut wird. Diesen Einbau ver-deutlicht Formel III, wobei die schwarzen Punkte die Carboxylgruppen des Acetats darstellen.

    O H

    O H I I I

    Diese Radioaktivitäts-Verteilung steht völlig im Einklang mit der Hypothese von B I R C H 18, wonach der Ring A durch eine „Kopf-Schwanz" Addition von Acetyleinheiten gebildet wird. Bei einer Re-synthese des Acetats zur Glucose und nachfolgende Aromatisierung via Shikimisäure, sollte man nach den Versuchen von R A F E L S O N 2 4 und E H R E N S V Ä R D 2 5 erwarten, daß 3 benachbarte C-Atome des Ringes markiert wären, so daß die Summe zweier meta-ständigen C-Atome — nach dem durchgeführten

    Abbau läßt sich ja nur die Summe der 3 meta-stän-digen C-Atome und nicht ihre Einzelaktivität be-stimmen — kaum 89% der Gesamtaktivität betra-gen könnte. Auch der Versuch mit Acetat-[2-14C] zeigt einen bevorzugten Einbau der Methylgruppen der Essigsäure in diejenigen C-Atome, welche keine Hydroxylgruppen tragen und vice versa. Doch ist hier eine bedeutend stärkere Verteilung der Aktivi-tät als im Versuch mit Acetat-[1-14C] eingetreten. Dies läßt sich möglicherweise dadurch erklären, daß das Acetat sich zunächst mit dem Acetat-„pool" der Pflanze vermischt. Beim Durchlaufen des Tricarbon-säure-Zyklus kann nun im Falle von Acetat-[2-14C] Aktivität in die Carboxylgruppe gelangen, so daß im stationären Zustand eine Gleichverteilung der Aktivität zwischen Methyl- und Carboxylgruppe zu erwarten ist, während im Gegensatz dazu beim Ace-tat-[l-14C] keine Aktivität von der Carboxylgruppe in die Methylgruppe gelangen kann26.

    Sollten sich die erwähnten Vorstellungen über die Biogenese des Cyanidins durch weitere Versuche mit markierter Glucose bestätigen lassen, so läge hier der interessante Fall vor, daß in einem Mol. zwei Wege der Aromatisierung alicyclischer Verbindun-gen — der Weg über Glucose —> Shikimisäure und die „Kopf-Schwanz" Addition von Acetyleinhei-ten — von der Pflanze beschritten würden.

    Herrn Professor W E Y G A N D danke ich für die groß-zügige Unterstützung dieser Arbeit. Weiterhin danke ich Herrn Professor A. J. B I R C H , Manchester/England für wertvolle Hinweise, Herrn Professor 0. Th. S C H M I D , Heidelberg, für die Überlassung von Cyanidin und Herrn G . B I E S S A L S K I für die radioaktiven Messungen. Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t sei für eine Sachspende bestens gedankt.

    D e r A b b a u des C y a n i d i n s läßt k e i n e A u s s a g e ü b e r d ie re lat ive Akt iv i tä t d e r P r o t o c a t e c h u s ä u r e i m V e r g l e i c h z u m P h l o r o g l u c i n zu, da d i e A u s b e u t e n b e i d e r V e r b i n d u n g e n be i d e n k l e i n e n M e n g e n nicht b e s t i m m t w e r d e n k o n n t e n u n d somit d i e re lat iven V e r d ü n n u n g e n nicht b e k a n n t s ind .

    2 5 G . EHRENSVÄRD, A n n u . R e v . B i o c h e m i s t r y 2 4 , 2 7 5 [ 1 9 5 5 ] . 2 6 S. ARONOFF, T e c h n i q u e s o f R a d i o b i o c h e m i s t r y , S. 9 1 , I o w a

    State C o l l e g e Press 1 9 5 6 .