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955 Da nun die Diffusion an der Wand \-or sich geht, kiinrien niir die iri der Nlhe der Wand sich befindenden Moleciile daran theil- nehmen; da aber diese Moleciile jedes fir sich dieselbe lebendige &aft enthalten wie die Moleciile der Gase im ungemischten Zustande, so muss die Diffusion stattfinden, als waren die Gase irn ungemischten Zustande in dem gemeinschaftlichen Raume zugegen. Jeder Resfand- theil der Misch .ng wird demnach diffundiren, als wLre er allein im gemeinscbaftlichen Raurne zugegen., Es resultirt demnach, dass bei der Mischung von Gasell, d e r e n T emperatur und Druck dieselben sind, dieTemperatur und der Druck unverandert bleibeu; und ehenfalls bleibt das Verhaltniss, in welchem die gemischten Gase diffundiren, dasselbe, als w a r e n die G a s e jedes fur sich im gemeinschaft- lichen Raume zugegen, - selbst wenn gleiche Voluinina der Gase hei gleichem Druck und gleicher Temperatur eine ungleich grosse Anzahl (n und N) von Moleciilen ent- halten. Selbsverstandlich diirfen die Gase nicht auf einander chemisch einwirken. Die oben citirte, auf die Diffusion sich stiitzende Argumentation von Hrn. Naumann beweist demnach auch nicht, dass n = N. Da Hr. N. gleichwohl aus diesen Argumenten die lebendige Kraft der einzeluen Moleciile verschiedener Gase gleich gross setzt, was dasselhe ist wie n = N, so fihrt er demnach ohne Beweis in die Formeln hioein, was eben zu beweisen war. Es ist einleuchtend, dass hier durchaus nicht von ,,gewissen chemischen Anschauungen' oder von ,,chernischem Gewissen' die Rede ist; es hrrndelt sich nur um zwei pbysilnalische Theorien, die mechanische Warrnetheorie und das Avogadrosche Gesetz, und es ist die Frage, ob das Avogadrosche Gesetz eine nothwendige Consequenz der mecha- nischen Warmetheorie sei. Bis auf Weiteres ist die Antwort: Nein; e s verlangt nicht die mechanische Warmetheorie, dass gleiche Volumina verschiedener Qase unter denselhen aueseren Urnstanden eine gleiche Anzahl vou Moleciilen enthalten; es widerspricht aber anderseits diese Annahme nicht der genannten Theorie. Universitatslaboratorium zu Kopenhagen , December 1F70. 272. Julius T homsen: Znr Chlorbereitung ans Chlorwasserstoff und Sauerstoff. (Eingegangen am 8. December; verlesen in der Sitznng von Hrn. Wichelhaus.) In der Abhandiung des Hrn. Henry Deacon, die mir freilich nur durch den Auseug im Ohemkchen Centralblatt No. 46 p. 723 bekannt ist, heissi es: ,,die Reaction selbst ist eine Whoquelle, da

Zur Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und Sauerstoff

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Page 1: Zur Chlorbereitung aus Chlorwasserstoff und Sauerstoff

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Da nun die Diffusion a n der Wand \-or sich geht, kiinrien niir die iri der N l h e der Wand sich befindenden Moleciile daran theil- nehmen; d a aber diese Moleciile jedes fir sich dieselbe lebendige &aft enthalten wie die Moleciile der Gase im ungemischten Zustande, so muss die Diffusion stattfinden, als waren die Gase irn ungemischten Zustande in dem gemeinschaftlichen Raume zugegen. Jeder Resfand- theil der Misch .ng wird demnach diffundiren, als wLre e r allein im gemeinscbaftlichen Raurne zugegen.,

Es resultirt demnach, dass bei d e r M i s c h u n g v o n G a s e l l , d e r e n T e m p e r a t u r u n d D r u c k d i e s e l b e n s i n d , d i e T e m p e r a t u r u n d d e r D r u c k u n v e r a n d e r t b l e i b e u ; u n d e h e n f a l l s b l e i b t d a s V e r h a l t n i s s , i n w e l c h e m d i e g e m i s c h t e n Gase d i f f u n d i r e n , d a s s e l b e , a ls w a r e n d ie G a s e j e d e s f u r s i c h i m g e m e i n s c h a f t - l i c h e n R a u m e z u g e g e n , - s e l b s t w e n n g l e i c h e V o l u i n i n a d e r G a s e h e i g l e i c h e m D r u c k und g l e i c h e r T e m p e r a t u r e i n e u n g l e i c h g r o s s e A n z a h l ( n u n d N) v o n M o l e c i i l e n e n t - h a l t e n . Selbsverstandlich diirfen die Gase nicht auf einander chemisch einwirken.

Die oben citirte, auf die Diffusion sich stiitzende Argumentation von Hrn. N a u m a n n beweist demnach auch n i c h t , dass n = N. Da Hr. N. gleichwohl aus diesen Argumenten die lebendige Kraft der einzeluen Moleciile verschiedener Gase gleich gross setzt, was dasselhe ist wie n = N, so f ihr t er demnach ohne Beweis in die Formeln hioein, was eben zu beweisen war.

Es ist einleuchtend, dass hier durchaus nicht von ,,gewissen chemischen Anschauungen' oder von ,,chernischem Gewissen' die Rede ist; es hrrndelt sich nur um zwei pbysilnalische Theorien, die mechanische Warrnetheorie und das Avogadrosche Gesetz, und es ist die Frage, ob das Avogadrosche Gesetz eine nothwendige Consequenz der mecha- nischen Warmetheorie sei. Bis auf Weiteres ist die Antwort: N e i n ; e s v e r l a n g t n i c h t d i e m e c h a n i s c h e W a r m e t h e o r i e , d a s s g l e i c h e V o l u m i n a v e r s c h i e d e n e r Q a s e u n t e r d e n s e l h e n a u e s e r e n U r n s t a n d e n e i n e g l e i c h e A n z a h l vou M o l e c i i l e n e n t h a l t e n ; es widerspricht aber anderseits diese Annahme nicht der genannten Theorie.

Universitatslaboratorium zu Kopenhagen , December 1F70.

272. Jul ius T homsen: Znr Chlorbereitung ans Chlorwasserstoff und Sauerstoff.

(Eingegangen am 8. December; verlesen in der Sitznng von Hrn. Wichelhaus.) In der Abhandiung des Hrn. H e n r y D e a c o n , die mir freilich

nur durch den Auseug im Ohemkchen Centralblatt No. 46 p. 723 bekannt ist, heissi es: ,,die Reaction selbst ist eine W h o q u e l l e , da

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4 Volumina Salzsaure und 1 Volumen Sanerstoff 2 Volumina Wasser und 2 Volumina Chlor geben; bei der Vereininigung von Sauerstoff und Wnsserstoff werden nach F a r r e und Sil b e r m a n o 34462 Warme- einheiten frei, bei der Vere in ighg von Chlor mit Wasserstoff nur 23763, so dass die bei der Reaction auftretende Warrne 10679 Warrne- einheiten betriigt, we!:he vom Wasser und Stickstoff absorbirt werden; diese Wlirmeentwickelung geniigt, um die durch Strahlung verloren gehende W l r m e zu ersetzen".

Die Reaction ist freilich eine Wlrmequclle; aber mit Riicksicht auf die GrBsse tauscht sich der Verfasser. Ich verweise mit Riick- sicht auf diese Frage auf das, was ich im Jahre 1854 in Pogg. Ann. Bd. 92, p. 40 mitgetheilt habe:

,,Ganz anders verhalt es sich, wenn :zugleich Sauerstoff zugegen ist; unter diesen UmsfBnden wird selbst Platin in Chlorplatin ver- Bndert, denn dann zersetzt der Sauerstoff den Chlorwasserstoff in Wasser und Chlor. Auch dieses stimml. mit der Theorie iiberein; denn es ist*)

(H, 0) = 58016" '2 (H Cl) = 47792

( H 2 0) > 2 (HC1). D i e Z e r s e t z u n g d e s C h l o r w a s s e r s t o f f s d u r c h d e n S a u e r - s t o f f (atmosphlrische Luft) in Chlor nnd Wasser geschieht bekannt- lich schon bei ziemlich niedriger Temperatur.

Wlhrend einerseits der Sauerstoff den t r o c k n e n Chlorwasser- stoff zersetzt, wird anderseits d a s W a s s e r v o m C h l o r u n t e r Sir u c r s t o f f e n t w i c k e l u n g z e r s e t i t , wenn iiberschiissiges Wasser v-orhanden ist; denn es ist

idso

(H, 0 Aq) = 69488 2 (€1 C1 Aq) = 78364

also 2 (HC1 Aq) > (H, OAq),

welches ebenfalls mit der Erfahrung iibereinstimmt, und es zeigt auch der Versuch, dass die erstere Zerlegung, die des Chlorwassrr- sto% durch Sauerstoff, nicht rnoglich i s t , wenn das Genienge eine gewisse Menge Wasserdampfe enthalt, wie es z. B. der Fall isL, wenn man atrnor;pharische Luft durch concentrirte Salzsaure leitet; denn hier sind die Verhaltnisse nicht mehr die vlrspriinglfchen; die Affiiiitht zwischen dem Wasser und dem Chlorwasserstoff verhindert die Zer- setzung, ganz iibereinstirnmend mit dem, was; aus den Zahlen hervorgeht".

Aus dem Inhalte dieses Citats geht drmnach hervor, dass die

") In meiner citirten Abhandluug sind die Zahlen fur 0 = I angegeten; hier sind sie fitr A = 1 herechnet und die Aeqoivslentformeln durch Molecular- toilnelii ersetzt.

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Griisse der bei der Reaction des Sauerstoffs auf gasfiirmige Chlor- wasserstoffsaure freiwerdenden Wiirme 10224 W i r r n e e i n h e i t e n f i i r j e d e s A t o m S a u e r s t o f f betriigt, oder n u r h a l b s o vie1 Wlirrne als von Hrn. H e n r y D e a c o n berechnet wird; denn seine Zahl 10ti79 gilt fur 1 i\equivalent Sauerstoff. Die Ursachc ist diejcnige, dxss 131.. D. die bei der Hildnxig des Wassers sich entwickclxicle \Viirnie in Rcchnung gebracht hat, anststt dicjeriige, weklie die 13iltluxig des Wasserdampfes begleitet.

Universitatslaboratorium zu Kopenhagen, 1)eceinbei. l > T O .

2'73. C. W. Blomstrand: Zur Kenntniss der gopaarten Sluren des Schwefels.

(Vorliufige Mittlieilnng. Eingey.ugen am S. Decbr.; verleseii i n tier Sitzoug voii Hrn. W i c h e l h a u s . )

Ich habe friiher (diese Ber. 1869, 202) meine Ansichten iiber die gepaarten Stickstoffverbindungen, worin 2 oder mehrere Stickstoffatome cinander binden, kurz angefuhrt. E s war rneine Absicht, noch eirr- ma1 darauf zuriickzukornmen. Ich tiride n1ic.h aber ~ I I R besonderen Grun- .den veranlasst, bis auf D-eiteres dieae Xttlieiliiiig aufiuschieben, uxn uber eiriige \.'ersuclie, die ich zur i'rufurig nii.itier Auffmsuiig yon den SSu- reri des Schwefels, und zwilr besonders denjenigen, die mehr a19 I , \ to rn Schwefel enthalten, angestellt hnbe, in griisster Eiirze vor- Iiiutig zii berichten.

L'eber die beicleii von Alters her bekannteu, einfachen Saurcn, die S c l i w e f ' e l s i i u r e und die s c h w e f l i g e S a u r e , bin ich meines- theils nie in Zweifel gewesen, weil ich's irnmer als einfache Thatsache gerechnet habe, dass der amphogene Schwefel, wenn er, an Sauerstoff gebunden, als Grundlage eines Shreradicales auftritt, nicht mehr wie vorher 2-atoniig, sondern zu gleicher Zeit quantitativ mehratbmig und qualitativ beziehungsweise positiv wirkt, gleichwie iiberhaupt die Stei- gerung des Atomwerthes eine Schwiiclinng des an sich Negativen oder l'ositivcn hervorzurufen scheint.") Es sirid mir also, gemass dem zu- erst von F r a 11 k l a n d ausgesproehenen*Siittigungsgesetze, die Schwe-

felsaure H 0 SO2 0 H , die schweflige Saure H 0 SO 0 H und das Anhydrid, in eelclier E'orni diese Siiure, gleichwie die Kohlensaure, am liebsten auftrirt -- aiigenscheinlich , weil der geringe Saucrstoff- gehdt noch riicht zu entschicden sauren Eigensehaften veranlassen li~rrin - SO2. Hieraus folgt aiich die Zusammeriseteung der B e t h e r -

:j 1 ure ii €1 0 SO2 0 R und H 0 8 0 0 R, welche le tz tce , gleichwie die

\'I I V

V l I Y

*) Z. B. Clilor treibt sehr leicht des I-atomige halogene Jon am seinen Ver- Das mehratornige Chlor wird ebenso leicbt ans seinen Verhindun- bindungtm am.

gw uiit SnuerhtuR durch Jod ausgetrieben.

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