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180 Journal fur praktische Chemie N. F. Band 139. 1934 Mitteilung aus dem 11. Chemischen Universitats-Laboratorium, Wien Zur Kenntnis der Photopyridinreaktion Von F. Feigl und V. Anger (Eingegangen am 29. November 1933) Vor einiger Zeit haben El. Freytag und W. Neudertl) dariiber berichtet, da6 sich Pyridin beim Bestrahlen mit ultra- violettern Licht braungelb farbt, an Dichte zunimmt und daB diese braune Losung sich rnit sauren Lbsungen aromatischer primarer Amine zu farbigen Korpern verbindet. Dieses ,,Photo- pyridin'c, dessen Zusammensetzung und Konstitution noch un- bekannt ist, entsteht auch beim Bestrahlen von rnit Pyridin durchtranktem Papier rnit der Quarzlampe und die genannten Autoren haben durch Antupfeln eines so erzeugten Papiers mit sauren Losungen aromatischer primarer .Amine charakte- ristische Farbflecke erhalten, die spezifisch fiir den Nachweis dieser Gruppe von organischen Verbindungen sind. Im Hin- blick auf einen Ausbau der Tilpfelanalyse zum Nachweis orga- nischer Verbindungen haben wir auch die Photopyridinrektion uberpruft und, da sich ihre Zuverlassigkeit erwiesen hat, ver- sucht, durch Aufklarung der Natur des Photopyridins diesee auf synthetischem Wege darzustellen und fur analytische Zwecke zu verwenden. Einen Anhaltspunkt iiber die Natur des Korpers erhielten wir durch die Beobachtung, daB Photopyridinpapier die Aldehyd- reaktion mit fuchsinschwefliger Saure 2, zeigt, sowie daB er durch Sauren zerstiirt wird, ferner durch die Angaben von F. Lieben und V. G.etreuer3), daB bei der Uviolbestrahlung I) Dies. Journ. [2] 136, 15 (1932); vgl. auch H. Freytag, dies. 4 H. Schiff, Ann. Chem. 140, 93 (1866). s, Biochem. Ztschr. 269, 1 (1933). Journ. [2] 136, 193 (1933).

Zur Kenntnis der Photopyridinreaktion

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Page 1: Zur Kenntnis der Photopyridinreaktion

180 Journal fur praktische Chemie N. F. Band 139. 1934

Mitteilung aus dem 11. Chemischen Universitats-Laboratorium, Wien

Zur Kenntnis der Photopyridinreaktion Von F. Feigl und V. Anger

(Eingegangen am 29. November 1933)

Vor einiger Zeit haben El. F r e y t a g und W. Neuder t l ) dariiber berichtet, da6 sich Pyridin beim Bestrahlen mit ultra- violettern Licht braungelb farbt, an Dichte zunimmt und daB diese braune Losung sich rnit sauren Lbsungen aromatischer primarer Amine zu farbigen Korpern verbindet. Dieses ,,Photo- pyridin'c, dessen Zusammensetzung und Konstitution noch un- bekannt ist, entsteht auch beim Bestrahlen von rnit Pyridin durchtranktem Papier rnit der Quarzlampe und die genannten Autoren haben durch Antupfeln eines so erzeugten Papiers mit sauren Losungen aromatischer primarer .Amine charakte- ristische Farbflecke erhalten, die spezifisch fiir den Nachweis dieser Gruppe von organischen Verbindungen sind. Im Hin- blick auf einen Ausbau der Tilpfelanalyse zum Nachweis orga- nischer Verbindungen haben wir auch die Photopyridinrektion uberpruft und, da sich ihre Zuverlassigkeit erwiesen hat, ver- sucht, durch Aufklarung der Natur des Photopyridins diesee auf synthetischem Wege darzustellen und fur analytische Zwecke zu verwenden.

Einen Anhaltspunkt iiber die Natur des Korpers erhielten wir durch die Beobachtung, daB Photopyridinpapier die Aldehyd- reaktion mit fuchsinschwefliger Saure 2, zeigt, sowie daB er durch Sauren zerstiirt wird, ferner durch die Angaben von F. L i e b e n und V. G.etreuer3), daB bei der Uviolbestrahlung

I) Dies. Journ. [2] 136, 15 (1932); vgl. auch H. F r e y t a g , dies.

4 H. Schi f f , Ann. Chem. 140, 93 (1866). s, Biochem. Ztschr. 269, 1 (1933).

Journ. [2] 136, 193 (1933).

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von Pyridin Ammoniak entsteht. Durch Uberlegung der mog- lichen und wahrscheinlichen Reaktionen kamen wir zu der Vermutung, da8 die Einwirkung des ultrarioletten Lichtes moglicherweise eine Hydrolyse des Pyridins unter Ringsprengung zur Folge haben konnte. Das zu erwartende Reaktionsprodukt ware d a m der Glutaconaldehyd, der gemB6

H H

~ I--\ N=CH-CH=CR-CH=CH-NH- (z> * . W O ,

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') Ber. 57, 1622 (1924); 59, 1166 (1926). Ber. 57, 1622 (1924). ') Ann. Chern. 3.3, 316 (1904).

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Nach unseren Befunden sind demnach auch die Photo- pyridinfarbstoffe Kondensationsprodukte oon Glutaconaldehyd mit aromatischen Aminen, also Dianile des Glutaconaldehyds: [R-N=CH-CH=CH-CH=CH-NH-R]. HX (HX = 1 S&ure%quiv.j

Fur das Photopyridin selbst kommen daher folgende drei Verbindungen in Frage:

1. Freier Glutaconaldehyd 2. Pyridiniumsalz der Glutaconaldehyds 3. Ammoniumsalz des Glutaconaldehyds.

Da der freie Glutaconaldehyd in atherischer Losung farblos und nicht sehr bestandig, das Pyridiniumsalz in Losung, wie wir feststellten, rosarot, das synthetisch dargestellte Am- moniumsalz aber gelbbraun und von gleichem Farbton wie das bestrahlte Pyridin ist, diirfte dem Photopyridin folgende Kon- stitution zukommen:

womit auch sein leichter nbergang in Pyridin durch Erhitzen, wie es F r e y t a g beschrieben hat, zu vereinbaren ist.

Unsere Versuche mit dem synthetischen Photopyridin, also dem Ammoniumsalz des Glutaconaddehyds, Filtrierpapier zu imprapieren und dieses fur den Tiipfelnachweis primarer aromatischer Amine zu verwenden, fuhrte zu etwas niedrigeren Erfassungsgrenzen als bei der Verwendung des durch Bestrahlen nach F r e y t a g hergestellten Papiers. Hingegen erhalt man mit dem Natriumsalz des Glutaconaldehyds, das nach der Vor- schrift von Baumgar t en (a. a. 0.) leicht herstellbar ist, an- nahernd dieselben Erfassungsgrenzen, wenn man je 1 Tropfen Reagenzlosung und Probelosung auf einem Tiipfelpapier zu- sammenbringt. Diese Nachweisart hat den Vorteil, daB das Praparat bestiindig ist und sich das 3estrahlen von Pyridin- papier eriibrigt.

CHO-CH=CR-CH=CH-O-NH,,